kagerou in deutschland von -Hikki- ([29.4. Kapitel 3 hochgeladen ^^ ]) ================================================================================ Kapitel 3: a kitten needs comfort --------------------------------- Dass der Regen mit der Zeit nachgelassen hatte, war ihm nicht aufgefallen. Auch dass das kleine Kätzchen unter seinem Jackenpulli eingeschlafen war, entging seinem in Gedanken versunkenen Geist. Er hatte das Zeitgefühl verloren, an seinem inneren Augen huschten Erinnerungen aus seiner Kindheit und Jugend vorbei, schreckliche Erinnerungen, beängstigende Erinnerungen...er hatte nicht unbedingt sehr viel Schönes aus dieser Zeit vorzuweisen. Immer schon war er der stille, zurückgezogene Freak gewesen, immer. Warum dann störte es ihn ausgerechnet jetzt so sehr, wo er doch gar nicht mehr deswegen gehänselt wurde? War es, weil er sich dadurch so sehr von seinen Freunden entfernte? Oder...weil er sich deswegen von einer ganz bestimmten Person entfernte...? Das Quietschen der zweiten Schaukel neben ihm riss ihn schließlich aus seinen Gedanken. Unbeachtet von ihm, war eine weitere Gestalt auf den Spielplatz gelangt und hatte sich neben ihn gesetzt. Er schloss die Augen, wollte seinen Blick nicht wenden, nur um jemand anderen vorzufinden als den, den er sich so sehr wünschte. Doch die Stimme des anderen ließ ihn zusammenschrecken. „Du bist wirklich ein Dummkopf, weißt du das? Einfach so in einer fremden Stadt, noch dazu in einem fremden Land, wegzulaufen!“ Shizumi versuchte seine Stimme ungehalten klingen zu lassen, doch man hörte ihm trotzdem an, wie erleichtert er war, nachdem er Yuana endlich gefunden hatte. Dieser saß immer noch unbewegt auf seinem Platz, während sein Bandkollege sich langsam erhob. Yuana konnte es nicht fassen, er war tatsächlich gekommen, hatte ihn wirklich gesucht... „Du hast dich sicherlich erkältet mit dieser leichtsinnigen Tat...“, murmelte der Größere vor sich hin, zog dabei seinen langen Mantel aus. Es spritzte etwas, und Yuana spürte einen leichten Sprühregen auf seinem Gesicht, obwohl es doch vom Regen schon ganz nass war. „Es tut mir leid,“ meinte Shizumi leise an ihn gewandt, gleichzeitig trat er hinter ihn und legte den Mantel um seine schmalen Schultern. Wofür entschuldigte er sich nur? Für das bisschen Wasser auf seiner eh schon durchweichten Haut? Oder wollte er sich für vorhin entschuldigen, wo er ihn mit seinen Worten verletzt hatte? Yuana sah verwirrt zu ihm auf, stellte ihm stumm aus seinen leicht geröteten Augen diese Frage. „Für beides,“ erklärte der Drummer verlegen und zog ihm im gleichen Atemzug auf die Beine. Einen Arm als Halt an dem Kätzchen unter seinem Pulli, den anderen zum Zusammenhalten der beiden Kragenstellen des viel zu großen Mantels folgte Yuana dem anderen, wobei er plötzlich dessen Wärme spürte, die noch immer im Kleidungsstück hing und nun sofort an seine durchnässten Glieder drang. Er fühlte es plötzlich ganz deutlich, diese Wärme in sich drin, während Shizumi einen Arm um ihn gelegt hatte und ihn so zurück lotste. Und ganz allmählich stiegen die Tränen in ihm auf, brachen kurz darauf aus seinen sowieso schon verheulten Augen. Er weinte stumm, nur hin und wieder konnte er das Schluchzen nicht ganz unterdrücken. Das Zittern seines ganzen Körpers konnte Shizumi jedoch nicht entgehen. Dennoch lief er stumm weiter und begann wie zufällig eines ihrer Lieder zu pfeifen, während er fast wie zufällig den Kleineren fester an sich drückte. Diesmal würde er ihm Halt geben können...wenigstens dieses eine Mal... Die anderen begrüßten ihn, als sei nichts weiter vorgefallen. Als sei das rätselhafte Verschwinden nicht geschehen, oder zumindest nicht in einer völlig fremden Stadt, denn das Yuana ab und zu verschwand, war ja eigentlich nichts Außergewöhnliches. Genauso wie seine Stimmungsschwankungen, durch die er binnen weniger Sekunden von einem Extrem ins andere verfallen konnte. Kindisch war er dabei jedoch nie. Entweder zynisch und depressiv, oder aber sarkastisch und versaut, fast schon zwingend lustig durch den Widerspruch an sich. Dennoch entsprach keiner dieser Zustände alleine seinem ganzen Wesen. Vielmehr war es die stetige Abwechslung zwischen den beiden. Einen Mittelweg hierbei zu finden, fiel daher deutlich schwer... Yuana jedenfalls konnte dies nur selten und wenn, dann nur bei seinen Freunden, wo er sich wohl und akzeptiert fühlte. Ansonsten, so nahm er an, war es seine ewige Angst, sich zu blamieren, die ihn sich extrem verhalten ließ. Und doch...irgendwie war auch dies ein Teil vom ihm und er würde nicht unbedingt sagen, dass er sich zwangsläufig verstellte, nur weil er etwas anders handelte, als er es vielleicht im bloßen Kreis seiner Freunde getan hätte... „Na, da hast du es wohl um einiges leichter, ne?“ Mit schief gelegtem Kopf beobachtete der Gitarrist sein neues kleines Kätzchen, das gerade Anstalten machte, an einem der Holzstühle hochzuklettern. Er selber lag bäuchlings ausgestreckt auf seinem Bett, den Rücken zum Fenster, an dem immer noch die Regentropfen ihre Bahnen zogen, die Beine in der Luft angewinkelt, den Kopf voller Gedanken über sich selbst. Sollte er sich deshalb egoistisch vorkommen? War er zu sehr auf sich selbst fokussiert? Wahrscheinlich waren auch das Gedanken, die im Endeffekt überflüssig waren. Die Realität sah immer anders aus und in dieser wusste sowieso niemand, was er gerade dachte, also konnte ihm auch niemand diese Gedanken vorwerfen. Ja, seine Gedanken konnte ihm niemand vorwerfen. Aber galt das auch für Gefühle, die leider bekannt waren, jedoch nicht ernst genommen wurden? Würde er jemals deswegen Probleme haben oder würde es ewig so weitergehen? Er am Rande der depressiven Phase, wann immer er an ihn und seine unerwiderten Gefühle dachte, und der andere, der trotz seiner Frechheit zu schüchtern war, ein Mädchen aufzureißen, und durch sein trampelhaftes, schusseliges Wesen nie mitbekam, was für Gefühle ihm entgegengebracht wurden... Irgendwie schien das ganze doch traurig... Mit zittrigem Arm lockte er vorsichtig das noch namenlose Kätzchen zu sich, hob es auf das Bett und legte es auf sein Kopfkissen, wo es sich sofort schnurrend zusammenrollte und sich von ihm kraulen ließ. Es war schon seltsam. Obwohl das kleine Ding so sehr von Menschen verletzt und verraten worden war, hatte es so leicht wieder Vertrauen zu einem von ihnen fassen können. Denn, obwohl es Shizumi zuvor misstrauisch beäugt hatte, während er Yuana geholfen hatte, die Wunden des Tieres zu desinfizieren und zu versorgen, schien es keinerlei Bedenken zu haben, jederzeit zu dem braunhaarigen Gitarristen zu laufen und ihm ohne jegliches Misstrauen zu begegnen. Seufzend vergrub Yuana sein inzwischen durch silberne Bahnen durchnässtes Gesicht im Fell seines kleinen Schützlings und legte sich neben ihn. Warum fiel es ihm nur so schwer, anderen Vertrauen zu schenken, wo doch seine Verletzungen schon längst verschlossen waren. Lag es daran, dass sie niemand versorgt hatte und sie deshalb nie ganz verheilen konnten? Und wenn dies der Fall war...konnte man solche Wunden nicht auch nachträglich noch heilen? Wenigstens eine geringe Hoffnung in diese Richtung besaß Yuana und diese ließ seine Tränen bald versiegen und ihn selber in einen schönen Traum verfallen. Zur gleichen Zeit saßen Daisuke und Shizumi zusammen im Cafe gegenüber ihres Hotels, tranken beide jeweils einen Milchkaffee und versuchten sich in Smalltalk. Dass die aber nicht der Grund für Daisukes Einladung gewesen war, schien Shizumi bereits Minuten später offensichtlich, sodass es ihn eher weniger wunderte, als Daisuke abrupt das Thema wechselte. „Gut, dass du ihn so schnell gefunden hast...“ In seiner Stimme lag etwas Lauerndes, während seine Augen herausfordernd blitzten. Irgendetwas führte der kleine, unschuldige Dämon vor ihm im Schilde, doch Shizumi hatte keinerlei Vermutungen, was dies sein könnte. Irritiert zuckte er mit den Achseln, trank schnell einen Schluck Kaffee, als könne er dadurch mehr Zeit gewinnen, bevor er seine Antwort geben musste. „Es war nicht allzu schwer. Ich habe ein paar Leute gefragt und er fiel doch relativ auf, da er als einziger den Regen nicht beachtet hatte und mit verlaufener Schminke herumlief...“ „Was ist das für ein Kätzchen?“, fuhr der Sänger unbeirrt fort. „Er hat es gefunden, anscheinend von irgendwelchen Kindern oder Jugendlichen gequält. Abscheulich so was!“ Abscheu machte sich in Shizumis Ausdruck bemerkbar. Unwohl schüttelte er sich, wollte dieses Gefühl wieder loswerden. Zurück blieb ein Gefühl von Unwohlsein, ein schlechtes Gewissen, als wäre er es gewesen, der das Kätzchen so behandelt hatte. „Es erinnert mich ein bisschen an Yuana...“, meinte er schließlich zögernd, sah Daisuke unsicher an, der jedoch keine Miene verzog anhand dieses doch etwas komischen Vergleichs. „Nur dass er im Gegensatz zu dem kleinen Ding, das ihm nun so sehr vertraut, niemanden hat, dem er so sehr vertraut...“ „Er vertraut dir,“ wandte der Kleinere ein und mit einem Mal fühlte sich Shizumi noch unwohler in seiner Haut. Nervös zupfte er mit seinen Fingern an seinem Hemdärmel, lachte gekünstelt auf. „Er vertraut uns allen.“ „Nein, ich denke dir vertraut er am meisten.“ Daisukes Blick war durchdringend, nach einer Weile jedoch grinste er leicht und nickte dem Drummer zu. Er schien genau zu wissen, dass dieser unbewusst sehr wohl wusste, worauf er hinaus wollte, doch dies würde er nicht so schnell zugeben. „Worauf willst du damit hinaus?“, fragte er daher nervös, seine Stimme etwas zu hoch aufgrund seiner Unsicherheit und des Unglaubens. „Nun, meiner Meinung nach solltest du mal darüber nachdenken, dass Yuana vielleicht die Wahrheit sagt, wenn er betrunken ist...“ „Du spinnst!“ Wie um sich selbst davon zu überzeugen, wie lächerlich dieser Gedanke wäre, lachte Shizumi erneut auf. „Das kann doch unmöglich sein...“ Seine Stimme war fast schon flehend, ja, wenn er ehrlich war, wollte er über so eine Möglichkeit gar nicht so genau nachdenken. Yuana ernsthaft in ihn verliebt? Nie im Leben! Aber... „Möglich ist alles,“ wandte Daisuke seufzend ein, „Ich glaube auch, dass du das bereits weißt, also tu dir und ihm einfach den Gefallen und denk einmal ernsthaft darüber nach.“ Mit diesen Worten erhob er sich und verließ seinen Bandkollegen, um diesem zu ermöglichen, alleine über das ganze nachzudenken. Er hatte hiermit sich genug eingemischt, nun müssten seine beiden Freunde selber sehen, was sie aus ihrer jetzigen Situation machen würden. Nun müssten sie sich beide bald der Wahrheit stellen. Zufrieden mit sich selbst lief der kleine Sänger zurück ins Hotel, wo ihm im Eingangsbereich zufällig Kazu über den Weg lief. „Oi, Kazu! Lass uns shoppen gehen!“, rief er sogleich lachend und zog den durch seine gute Laune total verwirrten Bassisten widerspruchslos hinter sich her in Richtung Innenstadt. Und ganz langsam ließ der unheilverkündende Regen nach... Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)