Another solution von -Ray- ================================================================================ Kapitel 4: Please Come To Me ---------------------------- Sam: Sam saß unruhig in der U-Bahn. Er war auf dem Weg zur Psychiatrie, um dem kleinen Suizido wieder einen Besuch abzustatten. Seit Tagen spielte er mit dem Gedanken, ich erneut aufzusuchen. Er konnte sich auf nichts anderes mehr konzentrieren. Sam hatte ihm versprochen, ihm zu helfen. Dem Arzt Feuer unterm Hintern zu machen, damit dieser ihn loskettete war zwar sicher schon eine große Hilfe gewesen, doch ob es reichte? Nein, sicher nicht. Außerdem wollte er dem jüngeren nahe sein. Er wollte für ihn da sein. Trotzdem hatte er ein ungutes Gefühl, hatte Angst, dass Joey ihn erneut abweisen könnte. Doch in seinem Inneren wusste er, er hatte keine andere Wahl. Er musste ihn besuchen gehen, sonst würde er sich ewig stressen, mit der Frage, ob es dem kleinen mittlerweile besser ging. Er machte sich Sorgen. Wirklich ziemlich große Sorgen. Bei seinem letzten Besuch, hatte Joey ziemlich geknickt, gewirkt. Es war fast so, als wäre er gebrochen gewesen. Als wäre er innerlich zerbrochen, ohne das Sam dies beeinflussen konnte. Ohne, dass er es mitbekommen hatte. Ohne, dass er etwas dagegen unternehmen konnte. Ob es ihm mittlerweile besser ging? Als er an der richtigen Haltestation angekommen war, stieg er eilig aus und wandte sich zur Klinik. Von hier aus waren es vielleicht noch fünf Minuten zu Fuß. Diesmal hatte der Polizist keine Blumen dabei. Er fand es fast zu kitschig, einem Mann Blumen zu bringen. Das letzte Mal, hatte er sich zwar nicht so viele Gedanken darüber gemacht, doch diesmal wollte er nichts falsch machen. Schließlich kam er an der Klinik an und fragte nach der Rezeption, nach seiner Zimmernummer. Okay, immer noch die gleiche. Er ging nach oben, in den ersten Stock und wandte sich dann nach rechts. Mit wenigen Schritten war er bei dem Zimmer angekommen. Er klopfte kurz und trat dann ein. Joey saß an dem kleinen Tischchen und spielte gedankenverloren mit dem Zipfel seines Morgenmantels, den er trug. Langsam kam Sam näher. „Hey Kleiner!“ sagte er leise und trat neben den Suizidgefährdeten, depressiven, jungen Mann. Joey sah etwas überrascht auf. „Hey.“ Erwiderte er und sah dann weg. Joey: Etwas perplex wandte ich meinen Kopf in die andere Richtung. Verwundert sah ich geradewegs in Sams wunderschöne blaue Augen. Ich hatte die Tür gar nicht gehört. „Hey.“ Erwiderte ich seinen vorsichtigen Gruß. Er setzte sich zu mir und sah mich abschätzend an. „Wie geht’s dir?“ fragte er schließlich. Ich antwortete nicht, sondern wandte meinen Blick wieder ab. Ich sah nach draußen, zu der kleinen Esche, die einsam und allein, mitten im Park stand. Das Bild erinnerte mich ein bisschen, an mich selbst. Sam schwieg etwas bedrückt. „Bist du immer noch sauer auf mich?“ fragte er dann leise. Etwas verwundert wandte ich mich ihm zu. Ich suchte seine Augen und erkannte tatsächlich eine gewisse Geknicktheit in ihnen. Stumm schüttelte ich mit dem Kopf. Ich sah wieder in die andere Richtung, blickte sehnsüchtig zu dem blauen, wolkenlosen Himmel auf. Ich muss hier raus…wurde es mir erneut bewusst. Sam fragte mich erneut etwas, doch ich bekam es gar nicht mit. Anteilnahmslos sah ich nach draußen, und tat so, als wäre ich gar nicht anwesend. Seine Fragen gingen an mir vorbei…ich hörte nichts. Bis er schließlich nach zirka einer halben Stunde meine Hand nahm und leicht an ihr zog. Meine Aufmerksamkeit glitt zu ihm. „Joey…du siehst furchtbar aus…was machen die hier drinnen nur mit dir?“ fragte er ziemlich ernst. Ich hatte das Gefühl, er würde eher zu sich selbst reden, als zu mir, trotzdem antwortete ich. „Sie tun so, als würden sei mir helfen… Doch das können sie nicht…mir helfen. …ich…fühle mich von Tag zu Tag schlechter…jeden weiteren Tag, den ich hier drin bin…ich fühle mich…als wäre ich schon längst gestürzt…“ Er wusste auf was ich anspielte. Er sagte nichts, sah mich nur an. Sein Blick war durchdringend. Ich hatte das Gefühl, er könne tief in mich hineinsehen, und genau erkennen, was in mir vorging. Schnell brach ich den Blickkontakt ab. Schließlich stand er auf und ging zur Tür. „Was tust du?“ fragte ich leise. „Ich gehe etwas regeln.“ Sagte er und verschwand. Verwirrt sah ich ihm nach. Seine Worte hatten zornig geklungen. Fast schon aufbrausend. Was hatte er vor? Schließlich stand ich auf und ging zum Bett. Ich legte mich hin, und rollte mich auf die Seite. Nach zirka einer halben Stunde kam der Polizist wieder zurück. Er setzte sich an meinen Bettrand und lächelte leicht. „Gehen wir!“ sagte er und fuhr mir kurz durchs Haar. „Wohin?“ fragte ich immer noch ziemlich verwirrt. „Zu deinem Arzt. Ich habe gerade den Richter angerufen…der für dich zuständig ist. Ich habe eine vorzeitige Entlassung bewirkt. Jetzt müssen wir nur noch zu deinem Arzt. Er muss die Papiere unterschreiben.“ Mit offenem Mund starrte ich ihn an. Was hatte er? Meinen Richter kontaktiert? Sam grinste nur wissend, und zog mich am Arm schließlich hoch. Dann zerrte er mich raus auf den Gang und suchte nach dem Arzt, der für mich zuständig war. „Er hat den Segen des Richters. Dieser hat einer vorzeitigen Entlassung zugestimmt.“ Erklärte Sam, noch ruhig. Ich saß etwas perplex neben ihm, im Büro meines Arztes. „Ja, dass kann schon sein. Aber er ist weder in der körperlichen, noch in der seelischen Verfassung wieder allein auf sich gestellt für sich zu sorgen. Momentan ist die Wahrscheinlichkeit eines Rückfalls bei zirka achtzig Prozent!“ „Gut, dann hat er eine zwanzig Prozentige Chance es zu schaffen. Ich denke, dass uns das reicht.“ „Und wo soll er hin? Seine Mutter nimmt ihn nicht auf, sein Vater ist nicht identifizierbar, er hat keine Freunde, keine anderen Verwandten.“ Der Arzt verschränkte die Arme vor der Brust, was meines Erachtens nach ein ziemlich schlechtes Zeichen war. Sam drehte sich zu mir um. Er sah mich lange an, suchte meinen Blick. Ich sah ihm in die Augen und spürte, dass es in seinem Kopf nur so arbeitete. Schließlich lächelte er. „Willst du zu mir?“ Ich runzelte die Stirn. Ich verstand nicht wirklich was er damit sagen wollte. Verwirrt schüttelte ich mit dem Kopf. „Ich…verstehe nicht.“ „Was ich sagen will ist…hast du Lust bei mir einzuziehen?“ Mit offenem Mund starrte ich ihn an. Hatte er mir gerade wirklich angeboten, bei ihm zu leben? Er lächelte sanft und schließlich antwortete ich nach wenigen Sekunden: „Okay…wenn du meinst, dass das gut geht!“ Er nickte grinsend und sah den Arzt an. „Sehen sie? Er weiß wo er hin kann!“ „Und was ist mit der Ernährung? Er isst nichts!“ „Er wird schon wieder essen, wenn man ihm ein bisschen Zeit lässt.“ Unwirsch schüttelte Sam mit dem Kopf. „Sie haben keinen Grund sich sorgen zu machen. Es ist alles geregelt. Unterschreiben sie einfach die Papiere und lassen sie uns gehen!“ Ein langes Schweigen trat ein. Der Polizist und der Weißkittel spießen sich förmlich auf, mit durchdringenden Blicken. Schließlich, nach einer halben Ewigkeit, wie es mir schien, nickte der Arzt. Dann setzte er seine Unterschrift, unter die Entlassungspapiere und überreichte sie uns. Grinsend stand Sam auf und schüttelte ihm form halber die Hand. „Vielen Dank.“ Der Arzt nickte und kam zu mir, um mich von dem Schlauch zu befreien. Es schmerzte kurz, als er die Nadel mit einem Ruck entfernte. Er drückte auf die Einstichstelle und griff nach einem Pflaster. Nach einer Weile, drückte er mir das Pflaster auf den kleinen, roten Punkt und nickte erneut. Ich stand auf und schüttelte ihm ebenfalls die Hand. Dann ging ich zur Tür. Sam folgte mir grinsend und ich lief schnell zurück in mein Krankenzimmer. Im Schrank suchte ich nach meinen Klamotten und zog mir im Bad meinen eigenen Kram an. Es war eigenartig wieder in meinen alten abgetragenen Klamotten zu stecken. Meine Jeans hatte ein paar Löcher, die Jacke war etwas zerschlissen, der Pullover wirkte eher grau, als schwarz und meine Schuhe waren auch schon etwas älter. Während ich mich umzog, wartete der Polizist in meinem Zimmer auf mich. Da ich keine Persönlichen Sachen besaß, gingen wir sofort los. Ich steckte meine Hände in die Hosentaschen und fühlte mich eigenartig befreit. Endlich weg von hier. „Wo wohnst du?“ fragte ich ihn schließlich leise. Irgendwie war es schon eigenartig, jetzt einfach zu ihm, einem für mich Wildfremden, zu ziehen. „In einem Viertel, nahe der Stadtmitte. Es ist nicht weit von hier. Mit der U-Bahn vielleicht eine halbe Stunde.“ „Okay…weißt du überhaupt was du tust?“ Etwas skeptisch sah ich ihn von der Seite her an. Er grinste leicht und zuckte mit den Schultern. „Klar, ich nehme einen obdachlosen ehemalig Drogensüchtigen, jungen Mann bei mir auf!“ Er zwinkerte mir zu. Verwirrt zog ich die Augenbrauen zusammen. „Hast du keine Angst, ich könnte deine Wohnung leer räumen, und dann über alle Berge verschwinden?“ Er lächelte breit. „Nö. Warum sollte ich?“ „Weil ich, wie du es vorher schon erwähnt hast, ein obdachloser, ehemalig drogensüchtiger, junger Mann bin, der weiß Gott nicht sehr Vertrauenswürdig erscheinen dürfte.“ Lachend legte er mir einen Arm auf die Schulter. „Weißt du…eigenartiger Weise vertraue ich dir! Obwohl du wirklich nicht sehr Vertrauenswürdig aussiehst, in deinen heruntergekommenen Klamotten aussiehst. Und jetzt halt die Klappe. Lass uns das Thema wechseln.“ Ich nickte etwas perplex. Dann kam mir ein Gedanke. „Sag mal…hast du überhaupt genug Platz?“ „Wird schon werden. Ich hab ein Doppelbett, das heißt, einen Schlafplatz hast du schon mal, außer du hast etwas dagegen, neben mir zu schlafen…dann kann ich natürlich auch im Wohnzimmer übernachten.“ Ich schüttelte mit dem Kopf und verneinte. „Gut. Ansonsten denke ich, haben wir sicher kein Problem.“ „Ich falle dir sicher zur last. Schon allein die zusätzlichen Kosten…“ gab ich zu bedenken. „Ach was! Ich wollte es schließlich so…wenn wir grad dabei sind, das erste, was wir machen sollten, ist in die Stadt zu gehen und dir etwas zum Anziehen zu kaufen.“ Ich nickte etwas unsicher. Das würde Geld kosten. Und ich konnte es ihm in absehbarer Zeit nicht zurückzahlen. Als hätte er meine Gedanken gelesen, meinte der Polizist schnell: „Mach dir wegen dem Geld keine Sorgen. Ich verdiene genug für zwei!“ Seine Worte beruhigten mich etwas…also war es wohl wirklich…okay… „Ich werde mir einen Job suchen, und es dir zurückzahlen.“ Sam schüttelte mit dem Kopf. „Hast du eine Ausbildung?“ „Nein…“ „Dann werden wir uns um einen Ausbildungsplatz kümmern…was für einen Abschluss hast du?“ „Real!“ „Gute Noten?“ „Relativ.“ „Wie kommt es dann, dass du auf der Straße gelebt hast?“ „Das…ist eine lange Geschichte…und ich glaube nicht, dass ich schon so weit bin, um sie Preiszugeben.“ Sam sagte nichts. Ich war froh, dass er nicht weiter auf das Thema einging. Meine Geschichte war momentan einfach noch zu viel, des Guten. Ich wollte noch nicht so viel von mir erzählen. Ich kannte Sam schließlich fast gar nicht…und es reichte schon, dass mein Psychologe alles aus mir heraus gezwungen hatte. Dadurch fühlte ich mich noch unsicherer. Ich hatte das Gefühl, auf eine eigenartige Weise…entblößt zu sein. Ich hatte meinem Psychologen auch von meinen Stricherjobs erzählt… Im Moment wollte ich das alles eigentlich am liebsten nur vergessen! In der U-Bahn saßen wir schweigend nebeneinander. Es war schon später Nachmittag und Sam erwähnte etwas von Kochen. Ich nickte nur etwas abwesend. Endlich waren wir bei seinem Haus angekommen. Er wohnte in einem Mehrfamilienhaus, in einer eher düsteren Gegend. Jedenfalls kam es mir jetzt, im dämmrigen Licht des frühen Abends so vor. Er zog mich mit hinein und wir mussten in den dritten Stock hoch. Er hatte die Dachwohnung. Zwei Zimmer. Als wir hereinkamen, kam uns sofort ein kleiner Pelzknäuel entgegen, was sich schließlich als eine kleine, getigerte Katze herausstellte. Neugierig beschnupperte sie meinen Schuh und miaute mich dann mit großen Augen an. Ich lächelte leicht und beugte mich zu ihr runter um ihr kurz über den Kopf zu streicheln. „Das ist Mike. Ein kleiner Rabauke. Ich habe ihn vor zwei Wochen auf der Straße aufgelesen.“ Ich sah ihn verwundert an. „Auf der Straße aufgelesen? Ist das so ein Hobby von dir?“ fragte ich ihn grinsend. Er zuckte zwinkernd mit den Schultern und zog mich mit hinein ins Haus. Wir zogen unsere Schuhe aus und schlossen die Tür hinter uns. Dann zeigte er mir seine kleine Wohnung. Der kleine Gang führte rechts zum Ess-Wohn-Kochbereich. Das Wohnzimmer war unterteilt in einen Wohnbereich, einen Essbereich, mit einem kleinen eingebauten Tresen als Raumteiler und dahinter befand sich die kleine Küchenzeile. Ich sah mich neugierig um, entdeckte ein paar Bilder an der Wand und betrachtete sie aus der nähe. Ein kleiner Junge spielte im Sandkasten, eine junge, hübsche Frau, und ein gutaussehender Mann in meinem Alter. „Dein Kind?“ fragte ich ihn leise. Er sah mich überrascht an und schüttelte dann lachend den Kopf. „Nein! Das bin ich als kleiner Junge. Die Frau daneben ist meine Mutter, als sie noch jünger war, und nein, bevor zu fragst, der Mann ist nicht mein Freund, sondern mein jüngerer Bruder. Er ist ein Jahr jünger als du.“ Ich nickte. Dann fiel mir etwas auf. „Sag mal…du weißt viel über mich, aber ich weiß fast nichts über dich…du kennst meine Akte, aber ich nicht deine!“ „Ja…du hast recht…was willst du wissen?“ „Wie alt bist du? Und wo bist du aufgewachsen? Hast du noch mehrere Geschwister? Und was bewegt dich dazu, einen Obdachlosen, Drogensüchtigen in deinem Haus aufzunehmen?“ Er lachte leise und verschränkte die Arme vor der Brust. Ich tat es ihm gleich und stand ihm wartend gegenüber. „Die Frage lässt dich scheinbar nicht mehr los…“ sagte er nachdenklich und sein Blick richtete sich auf meine Augen. Tief sah er mir in die Augen. Ich nickte. „Also…ich bin fünfundzwanzig, aufgewachsen in einem kleinen Dorf, ganz hier in der Nähe, ja, ich habe eine kleine Schwester und einen kleinen Bruder, meine Schwester ist neunzehn, was meine Bewegungsgründe angeht, kann ich sie dir nicht sagen, denn ich weiß es selbst nicht so genau...“ „Hm…“, machte ich nachdenklich. Er lächelte erneut, und meinte schließlich: „Weißt du, wie gesagt, ich vertraue dir. Ich weiß nicht warum, aber ich vertraue dir voll und ganz. Vielleicht denke ich, dass uns etwas verbindet, durch die Geschichte, auf dem Dach. Ich habe dir dein Leben gerettet, um nun gewollt, oder ungewollt, dass spielt keine Rolle. Vielleicht denke ich so, dass du mir vertraust, und ich dir damit auch vertrauen kann.“ „Das ehrt mich. Es verwundert mich aber auch. Ich glaube du bist der erste Mensch, der sich so sehr um das Wohlergehen eines anderen kümmert.“ „Nein…so bin ich nicht bei jedem. Eigentlich kenne ich das selbst nicht so von mir.“ Ich lächelte leicht. „Trotzdem bin ich dir dankbar.“ Er lächelte ebenfalls ein bisschen und zog mich anschließen wieder mit sich, weiter ins Bad. Eine Dusche, eine relativ große Badewanne, ein Klo und ein Waschbecken. Normal! Schlafzimmer sahen wir uns als letztes an. Er zeigte auf die rechte Hälfte. „Wenn es okay ist, schläfst du innen. Ich muss öfters mal früh raus, so geht es einfacher, wenn ich außen schlafe.“ Ich nickte leicht und setzte mich probehalber auf das Bett. Wie gern würde ich jetzt schlafen…dachte ich bei mir. Ich zwängte mich aus meiner dunklen Jacke und sah ihn kurz an. Sein Lächeln interpretierte ich als eine Zustimmung. Dann legte ich mich hin, rollte mich ein und schloss die Augen. Sam sagte nichts, sondern schloss einfach die Tür hinter sich zu. Ruhig schlief ich ein. Sam: Als er mit Kochen fertig war, ging er leise ins Schlafzimmer und sah auf den schlafenden jungen Mann. Joey hatte sich ganz klein zusammengerollt und schlief auf der Seite. Seine Arme schlangen sich fest um seinen Oberkörper. Fast sah es so aus, als würde er frieren. Sam nahm die Decke, vom angrenzenden Bett, und breitete sie über den Kleineren aus. Dieser seufzte leise und bewegte sich etwas. Dann öffnete er die Augen. „Ist dir kalt?“ fragte Sam sanft und setzte sich auf den Bettrand. Joey nickte leicht und schloss erneut die Augen. „Ich hab was zu essen gemacht. Kommst du?“ „Nein…später…“ sagte der Kleinere leise und zog seine Beine noch ein Stück an. Schließlich stand Sam wieder auf und ging aus dem Raum. Er ließ die Tür einen Spaltbreit offen und ging in den Wohnbereich, um ein bisschen in die Röhre zu glotzen. Es dauerte nicht lange, bis Joey schließlich etwas unsicher aus dem Schlafzimmer kam. Er rieb sich die Stirn und setzte sich neben Sam. „Hunger?“ fragte Sam leise und stupste den Jüngeren leicht mit der Schulter an. Joey nickte vage. „Ja…ein bisschen vielleicht.“ „Dann lass uns etwas essen.“, beschloss Sam lächelnd und zog Joey mit sich zur Küche. Joey: Etwas unsicher setzte ich mich auf einen der drei Stühle, die um den kleinen Tisch herum standen. Sam setzte mir einen Teller vor. Spagetti. Er holte sich ebenfalls einen und gab mir auch eine Gabel. Langsam nahm ich sie entgegen und sah kurz auf den Teller. Sam lächelte mich aufmunternd an und fing an zu essen. Nach einer Weile überwand ich mich endlich und aß ebenfalls ein paar Bissen. Erstaunlicher weise ging es sogar ganz gut. Mir wurde nicht übel, und ich konnte alles bei mir behalten. Nach einem halben Teller Spagetti Bolognese und einen Glas Orangensaft, ging ich wieder zurück ins Schlafzimmer, um weiter zu schlafen. Sam hielt mich nicht auf, ließ mich machen. Als ich mich wieder hinlegte, und mich tief in meine Decke mummte, fühlte ich mich richtig gut. Später wachte ich erneut kurz auf. Sam kam ins Zimmer, zwängte sich aus seinem Pullover und zog auch die dunkle Jeans aus. In Boxershorts und T-Shirt krabbelte er zu mir ins Bett und seufzte leise. „Musst du Morgen arbeiten?“ fragte ich leise. Er schüttelte gähnend mit dem Kopf. „Nein! Ich hab mir ein paar Tage frei genommen.“ Ich nickte leicht und schloss die Augen. „Gute Nacht.“ Murmelte ich leise. „Ja, gute Nacht, kleiner!“ bekam ich zurück. Lächelnd schlief ich wieder ein. Sam: Joey schlief am nächsten Morgen lang. Erst um halb zwölf hörte Sam, wie sich im Zimmer neben an, endlich etwas tat. Joey kam immer noch in seinen abgetragenen, alten Klamotten aus dem Zimmer getappt. Sein Schritt wirkte unsicher. Bestimmt war er immer noch etwas müde. „Willst du Duschen?“ fragte Sam und kramte im Schrank schon nach einem Handtuch. „Ähm…ja, gern!“ entgegnete Joey und nahm das Handtuch dankbar entgegen. „Warte…hier hast du was zum anziehen.“ Joey: Er hielt mir ein paar Klamotten entgegen, und ich nickte dankbar. Sogar daran hatte er gedacht. Wow. Ich verschanzte mich im Bad und schloss hinter mir zu. Langsam schälte ich mich aus meinen Klamotten. Im Spiegel sah ich etwas geschockt auf meinen Körper. Ich war total abgemagert. Nach kurzer Zeit drehte ich mich angeekelt weg. Ich wollte mich gar nicht sehen. Die Narben auf meiner weißen Haut, sprachen alle für sich. Die Augenringe zeugten immer noch von meinen Schlafstörungen. Wenigstens waren meine Augen nicht mehr so gerötet. Seufzend wandte ich mich zur Dusche und schaltete das Wasser ein. Mit geschlossenen Augen ließ ich mir das warme Wasser über den Kopf laufen und genoss das angenehm prickelnde Gefühl, dass sich auf meinem Körper ausbreitete. Ich seifte mich ein, wusch mir die Haare und stieg dann nach einer halben Ewigkeit, wie es mir schien, aus der Kabine um mich abzutrocknen. Die Sachen von Sam passten fast. Sie waren vielleicht ein bisschen zu groß, doch das war nicht so schlimm. Ich rubbelte mir mit dem Handtuch die Haare trocken, und hängte es dann an den Haken, an der Wand. Ich sah in den Spiegel und fuhr mir durch mein schwarzes Haar. Kurz grinste ich mein Spiegelbild an. Die schwarzen Haare waren wirklich perfekt. Gut das Mike die Farbe besorgt hatte. Der Junkie-Punk, der ebenfalls oft in einer der leer stehenden Lagerhallen gepennt hatte, hatte ihm den Vorschlag gemacht, sich die Haare zu färben. Ich hatte natürlich sofort zugestimmt, Mike hatte die Farbe besorgt, und mir mein Haar im Bach etwas außerhalb der Stadt gefärbt. Mittlerweile war es wieder etwas herausgewachsen, und ein brauner Ansatz stach etwas hervor, doch ich fand es gar nicht so schlimm. Es gefiel mir so eigentlich ganz gut. Sam: Als Joey aus dem Bad trat, war Sam gerade dabei, das Frühstück herzurichten. Mitten in der Bewegung hielt er inne, als er kurz aufsah. Joeys Haare waren noch nass und hingen ihm tief ins Gesicht. Sam stockte der Atem. Wow…ihm war noch gar nicht aufgefallen, wie gut Joey eigentlich aussah. Klar, er war immer noch abgemagert, wirkte durch die Klamotten ein bisschen schmuddelig und er hatte nach wie vor tiefe Augenringe, doch sonst… Sein Gesicht war eher kantig geschnitten, seine Haut war schön, wirkte sanft und glänzend im Sonnenlicht. Seine Augen waren klar, ausdrucksvoll. Verrieten viel von seinen Gefühlen. Im einen Moment sahen sie traurig, bedrückt und zerbrochen aus, im nächsten Moment wirkten sie zornig, neugierig, oder zeugten sogar von einem leichten Lächeln. Joeys schwarze Haare passten gut zu ihm. Auch wenn sie nur gefärbt waren, waren sie wie geschaffen für den jungen Mann. Er bewegte sich anmutig, wendig, auch wenn er momentan eher geknickt und müde wirkte. Frauen fanden ihn sicher ziemlich attraktiv. Genauso wie Männer. Sam konnte sich langsam vorstellen wie sein Mitbewohner an das ganze Geld für die Drogen gekommen war. Seine eigenen Gedanken erschreckten ihn. Bei der Vorstellung, wie Joey es einem anderen besorgte, lief es ihm eiskalt den Rücken runter. Was hast du schon alles durchgemacht, kleiner? Fragte er sich in Gedanken. „Ich bin gleich so weit. Kommst du dann essen?“ Joey sah kurz auf, ihre Blicke kreuzten sich für einen Moment. Wut, unbändige Trauer und Verzweiflung. Joey: Ich konnte meine Emotionen nicht verbergen. Als ich aufsah, spürte ich genau, dass Sam gemerkt hatte, welche Gefühle ich momentan mit mir herum trug. Schließlich brach ich den kurzen Blickkontakt ab und nickte vage. Dann ging ich mit hängenden Schultern zurück ins Schlafzimmer, und setzte mich für einen Moment auf mein Bett um meine Empfindungen wieder unter Kontrolle zu bekommen. Als ich mich wieder gefangen hatte, tappte ich wieder in den Wohnbereich und setzte mich zu ihm an den Tisch. Er reichte mir das Brotkörbchen, schenkte mir Kaffee ein und wünschte mir einen guten Appetit. Ich nickte leicht, schmierte mir eine Butterbrezel und fing an zu essen. 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