Before you die von _Nira_ (Der Tod ist nicht das Ende) ================================================================================ Kapitel 5: Flashback - Auch eine Killerin kann weinen... -------------------------------------------------------- Einige Stunden danach saß Jess in einer Kneipe und trank schon mindestens ihr 4. Glas Wodka. Es war relativ leer, trotzdem schien es einigen nicht zu passen, dass die junge Killerin hier war. Es wurde viel gemurmelt und unruhige, teilweise entsetzte Blicke ruhten auf ihr. Jess war unter dem Namen Nemesis in der Unterwelt ihres Heimatlandes mehr als bekannt – und auch sehr gefürchtet. Es gingen teilweise merkwürdige Gerüchte über sie um, aber das alles kratzte sie herzlich wenig. Die einzige Tatsache, die sie im Moment am meisten störte, war die, dass Sky – der Mörder des einzigen Menschen, den sie je geliebt hatte – nach 4 unendlich langen Jahren wieder zurück in ihr Leben getreten war. Sie seufzte leise. >Warum? Wieso muss das sein? Ich hab gewusst, dass es irgendwann passiert, aber warum ausgerechnet jetzt?< dachte sie und seufzte. Plötzlich hörte sie hinter sich ein verdächtiges Klacken und Schritte, die näher kamen. Jess wartete den passenden Augenblick ab. Sie hatte schnelle Reflexe und denen verdankte sie auch meistens, dass sie heil davon kam. Schneller als irgendjemand gucken, geschweige denn reagieren konnte, wirbelte Jess herum, packte dabei ihre Waffe und erschoss den Typen, der sie unter die Toten befördern wollte. Mit einem Schnaufen ließ sie ihre Waffe an ihrem Gürtel verschwinden. "So ein Arschloch" schnaubte sie verächtlich. Dann setzte sich jemand neben sie. "Na, ist dein Frust mit dir durchgegangen?" fragte Kai grinsend. "Kann man so ausdrücken, ja!" erwiderte Jess. "Habt ihr schon irgendwas rausgekriegt?" Kai schüttelte nur leicht den Kopf. "Ich geb dem ne Kugel durch die Hand und der hält dicht" Jess konnte darauf nichts erwidern. Zu tief saß der Schmerz. Auch wenn sie über all die Jahre gelernt hatte, ihre Gefühle zu unterdrücken, so konnte sie den Schmerz über den Verlust von ihrem Freund nur schlecht unterdrücken. "Jess, ich weiß, dass das vielleicht nicht der passende Augenblick ist, aber... willst du vielleicht drüber reden?" fragte Kai nach einer Weile. Die Angesprochene seufzte leicht. Sie dachte wirklich erst daran abzulehnen, aber ihr würde es vermutlich danach besser gehen. "Ich hab dir zwar erzählt, dass ich Alex verloren habe, aber wie das damals passiert ist, weißt du nich" meinte Jess. Kai nickte nur leicht. "Du musst ja auch nicht, aber wenn du willst, kannst du das gerne machen" sagte Kai. Jess nickte. "Also, das war so..." *~* Flashback *~* Jess kam nachmittags zurück in die Wohnung von ihr und Alex. Sie kramte den Haustürschlüssel aus ihrer Hosentasche und schloss die Tür auf. Es war gerade mal 1 Woche her, als sie endlich ihre Ausbildung zur Auftragskillerin abgeschlossen hatte – und das gerade mal mit 17 Jahren! (das alles spielt ja jetzt 4 Jahre vorher!) "Ich bin wieder-" fing sie an, aber ihr blieb der Rest im Hals stecken, als sie durchwühlte Wohnung vorfand. >Was ist hier nur passiert?< dachte Jess entsetzt. Bei jedem Schritt klirrten Glasscherben unter ihren Schuhen. Ein furchtbarer Gedanke durchfuhr sie. >Warum sollte jemand Alex entführen? Das ergibt doch keinen Sinn!< stellte sie fest und dachte scharf nach. Plötzlich blieb sie wie angewurzelt stehen. Es war keine Woche her, als sie jemanden getötet hatte und von dem hatte ein Freund eine furchtbare Rache geschworen. Sie hatte das für eine leere Drohung gehalten – ein Fehler wie sich nun herausstellte! Was tun? Alex war weg, vermutlich entführt worden und wo um alles in der Welt sollte Jess suchen? >Okay Jess. Bleib ruhig. Immerhin hast du ne Vermutung... Ich hoffe es ist noch nicht zu spät!< dachte sie. Das war der einzige Fehler, denn man als Killerin machen konnte: Seine Feinde wissen lassen, dass du jemanden hast, den du liebst. Missmutig und auch voller Angst ging Jess zurück zum Hauptquartier. Jess klopfte an die Tür einer jüngeren Killerin, die sie aber auch schon sehr gut kannte. "Hey Kathi" begrüßte sie die Schwarzhaarige. "Hallo Jess. Brauchst du was?" erkundigte Kathi sich. Eigentlich hieß sie ja Katharina, aber den meisten war der Name einfach zu lang und deshalb riefen sie so gut wie alle Kathi. "Ja, kannst du mal ne Handypeilung laufen lassen?" stellte Jess die Gegenfrage. "Klar" antwortete sie. "Ich brauch nur die Nummer" "Kriegst du" sagte Jess. Nach einer Weile meldete Kathi sich wieder zu Wort: "Schau, da kommt das Signal her!" Auf dem Laptop blinkte ein roter Punkt auf einer Stelle in einem Stadtplan. "Ist das nicht das alte Fabrikgebäude, was eigentlich abgerissen werden soll?" fragte Jess. Kathi nickte. "Warum fragst du eigentlich?" wollte die Jüngere nun wissen. "Ich muss weg und zwar sofort!" erwiderte Jess ernst. "Du hast doch für heute gar keinen Auftrag" stutzte Kathi. "Hab ich auch nicht. Ich nehm die Sache alleine in die Hand" antwortete Jess. "Was ist denn los?" fragte Kathi besorgt. Jess seufzte. "Alex ist... entführt worden und ich muss ihn jetzt da raus holen" sagte sie und ließ dabei leicht den Blick sinken. "Jess! Du kannst den Auftrag nicht alleine in die Hand nehmen! Du hast vor gerade mal einer Woche deine Ausbildung beendet. Das kannst du nicht machen. Dafür fehlt dir die Erfahrung" rief Kathi entgeistert. "Glaubst du, ja? Nun, ich kenn einige die anderer Meinung sind!" erwiderte Jess. "Dann lass mich wenigstens mitkommen! Von dir kann ich eh noch ne Menge lernen!" meinte Kathi daraufhin. Jess seufzte genervt, aber eigentlich konnte sie der Schwarzhaarigen den Wunsch nicht verwähren, denn da Jess momentan die ungeschlagene Nummer eins war, konnte sich Kathi ruhig einige Sachen bei ihr abgucken. "Na gut. Ich nehm dich mit – ausnahmsweise. Normalerweise mach ich so was nicht, aber egal" sagte sie schließlich. Kathi grinste. "Hol deine Knarre und dann machen wir uns gleich auf den Weg" forderte Jess sie auf. "Ist gut" nickte Kathi. Draußen war es eisigkalt und Kathi bibberte vor Kälte, während Jess gelassen vorneweg lief und ihr das überhaupt nichts auszumachen schien. Sie wollte nur eins – und zwar ihren Freund zurück. Das letzte Jahr hatte sie – außerhalb ihrer Tätigkeit als Auftragskillerin – richtig genossen. Es war schön jemanden in der Nähe zu haben, der einen liebt. Sie hoffte nur, dass sie dieses Gefühl auch weiterhin genießen durfte. "Nimmst du mich mit rein?" fragte Kathi. Jess schüttelte leicht den Kopf. Kathi sah sie sauer an. "Was glaubst, was für nen Ärger ich mit unserem Vorgesetzten krieg, wenn dir was passiert!" argumentierte Jess Kathis Blick. "Stimmt auch wieder" gab Kathi sich geschlagen. Jess musterte das Gebäude von außen und hoffte irgendwo eine Stelle zu finden, wo sie unbemerkt reinschlüpfen konnte. Nachdem sie etwas passendes gefunden hatte, machte sie sich auf den Weg und Kathi musste notgedrungen draußen bleiben. >Viel Glück Jess< dachte sie. Ja, Jess würde Glück brauchen – und zwar großes Glück. Langsam lief Jess durch die dunklen Gänge. Jeder schritt hallte wider. Sie hatte offengestanden kein gutes Gefühl bei der Sache und wollte lieber wieder raus, doch der Gedanke an Alex, sowie ihr Stolz verboten ihr das. "Alex wo bist du?" flüsterte Jess leise und sah sich um. "Jess?" Die 17-jährige drehte sich um. Wieder fragte sie nach ihrem Freund und als sie ihn dann sah, wollte sie schon loslaufen, aber zwei recht stämmige Männer stellten sich ihr in den Weg. "Ich hab dir gesagt, dass du nicht so ungeschoren davonkommst Jess!" sagte plötzlich eine kalte Stimme, die Jess aber nicht ganz fremd war. Jess ließ den Blick sinken. "Folter mich oder mach sonst was mit mir, aber bitte... lass Alex aus dem Spiel. Er hat dir nichts getan" sagte sie. "Ich glaube mal, die Idee solltest du dir schön wieder aus dem Kopf schlagen" erwiderte ihr Gegenüber. "Alex zu töten ist der größte Fehler, den du machen kannst!" drohte Jess sauer. "Meinen Bruder zu töten und mich wissen zu lassen, dass du jemanden hast, den du liebst, war der größte Fehler, den du machen konntest. Ich hoffe das ist dir klar" erwiderter er. "Wer um alles in der Welt bist du?!" Jess war plötzlich ganz mulmig zu Mute. Irgendwoher kannste sie ihn doch, aber sie kam nicht drauf. "Sky" erwiderte er einfach nur. Jessys Nackenhaare stellten sich auf und ihr lief es eiskalt bei diesem Namen den Rücken runter. Sie knurrte leise. Es wäre ein Wunder, wenn Alex nicht sterben müsste. Aber, Jess hatte Hoffnung. Plötzlich richtete Sky seine Waffe auf Alex. Jessys zorniger Gesichtsausdruck, verwandelte sich augenblicklich in einen erschreckten. "Tu's nicht" sagte sie verzweifelt. "Nenn mir einen guten Grund, warum ich das lassen sollte" fauchte Sky zurück. "Weil... ich ihn liebe" erwiderte Jess, wenn auch etwas zögerlich. Sky grinste fies. "Jetzt hast du mir einen Grund gegeben, Kleine" sagte er. "Nein... bitte. Nicht Alex!" flehte Jess schon fast. Alex' Leben, so wie auch Jessys hingen in diesem Moment am seidenen Faden. "Bitte... ich tu alles, nur bitte, lass ihn am Leben!" Es war das erste Mal seit fast einem Jahr, dass ihr die Tränen in den Augen standen. PENG!!! Mit diesem Schuss schien Jessys Herz schmerzhaft in tausend Teile zu zerspringen. Nein... das konnte doch nicht wahr sein! Das durfte einfach nicht wahr sein! "Nein..." flüsterte sie fassungslos. In diesem Moment waren ihre Glieder vor Schreck und Trauer wie gelähmt. Sky hatte Alex doch tatsächlich mit einem Kopfschuss erschossen. Jess konnte sich nicht bewegen. Am liebsten wäre sie auf Sky losgestürzt und hätte ihn erschossen oder sonst was. Aber sie konnte nicht. Der Schmerz in ihrer Seele war unerträglich. Sky blieb neben ihr stehen. "Irgendwann, sehen wir uns wieder und ich schwör dir, dann bist du dran!" sagte er fies grinsend. Jess drehte sich zu ihm. Ihr standen die Tränen in den Augen. Gerade wollte sie sich auf ihn stürzen, wurde aber festgehalten. Jess sah zu ihrem Freund und plötzlich war sie wieder voll bei der Sache und versuchte es wegzustecken. Jetzt sprang die Trauer und der innerliche Schmerz in Frust und Wut um. Die junge Killerin befreite sich aus dem Griff des Typen, der sie festhielt und schlug ihn nieder. Der andere wollte seine Waffe ziehen, aber Jess war schneller und erschoss ihn kurzerhand. Den anderen vergaß Jess und ging erst mal zu ihrem Freund. Sie kniete sich hin, umarmte ihn und tat etwas, was sie ewig nicht mehr getan hatte: Jess weinte. Hemmungslos flossen die Tränen über ihr Gesicht und sie schluchzte immer wieder heftig, sodass ihr ganzer Köper zuckte. Leider, war sie noch nicht ganz allein mit ihrem Kummer, denn dass sie den anderen Mann vergessen hatte und ihn nur einfach ne feste Kopfnuss verpasst hatte, forderte jetzt seinen Tribut. Ein weiterer Schuss ertönte und Jess spürte kurze Zeit später einen stechenden Schmerz in ihrer linken Schulter. Sie schrie auf und damit auch gleichzeitig auch die Trauer raus. Immer wieder floss Blut an ihrer Schulter herunter und benetzte den Boden mit einigen roten Flecken. Jetzt hatte Jess alles verloren, was sie je gehabt hatte. Mit gebrochenem Herzen, gab Jess Alex noch einen Kuss auf die Stirn, nahm ihre P38 noch mit und ging raus. Draußen wartete Kathi noch auf sie. "Jess, was ist- ?!" setzte sie an, aber ihr blieben die Worte im Hals stecken, als sie die 17-jährige sah. Kathis Augen weiteten sich erschrocken und sie stürmte auf ihre Freundin zu. "Jess! Verdammt, was ist passiert?!" rief die Schwarzhaarige erschrocken. "Es ist vorbei, Kathi" sagte Jess heiser. "Alex ist tot... es ist vorbei" Kathi sah sie verwunderte an. Doch dann sah sie Jess weinen und das erklärte alles. "Komm... lass uns erst mal deine Wunden versorgen" Schweren Herzens nickte Jess und ging mit Kathi los... *~* Flashback End *~* "... ich hab daraufhin massig Ärger mit meinem Boss bekommen, weil ich den Auftrag auf eigene Faust gemacht hab und keinem – von Kathi mal abgesehen – etwas gesagt hatte" erklärte Jess. Kai nickte. "Aber, du hättest eh nichts machen können. Ich weiß, das hat dich hart getroffen. Aber, du musst jetzt stark bleiben. Wir brauchen dich alle. Versuch drüber wegzusehen, auch wenn’s schwer fällt" versuchte er sie etwas auf zu muntern. Jess lächelte leicht. Kai stand auf und wollte gehen. "Kai?" Er blieb stehen und drehte sich zu ihr um. "Danke" lächelte Jess zurück. Nun drehte Kai sich endgültig um und wollte rausgehen. "Hey, junger Mann, ich krieg noch 2.00€ (<.< verzeiht meine Unwissenheit gegenüber der Umrechnung in Rubel) von dir!" rief der Wirt. Jess – die ja mal wieder bei bester Laune war – nietete den Wirt so mir nix, dir nix einfach um. Sie blies den Rauch, der aus dem Lauf ihrer Pistole qualmte weg. "Stimmt so!" meinte sie und ging. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)