American Love Story von -Ray- (Tony and Mick) ================================================================================ Kapitel 1: Teil 1 ----------------- American Love Story Teil 1: Als mein Wecker klingelte, brauchte ich noch gut eine halbe Stunde, bis ich es endlich aus dem Bett schaffte. Langsam und vorsichtig griff ich nach meinen Klamotten, die schmuddelig neben meinem Bett lagen und zog sie an. Gähnend schlängelte ich mich durch den Verhau, der ausnahmsweise in meinem Zimmer herrschte, ins Bad und ließ mir erst mal eine Ladung kaltes Wasser über den Kopf laufen. Duschen war noch zu gefährlich. Nachdem mein Vater gestern wieder hoffnungslos betrunken nach Hause gekommen war, hatte es ziemlichen Ärger gegeben. Nun gut, ich war die Prügel ja gewohnt, was nichts an dem änderte, wie ich mich danach fühlte. Leer, ausgelaugt, voller Schmerz. Nun, es war ja nicht so, das mein Vater mich einfach nur schlug…die Worte, die er mir dabei an den Kopf warf, taten mir mehr weh, als jede Prügel, die ich bisher von ihm kassiert hatte. Sich von seinem Erzeuger als Stück Dreck, Wertlos, zu Nichts zu gebrauchen und als Lästig bezeichnen zu müssen, bringt einen auf Dauer dazu, diesen Mist auch noch zu glauben. Wenigstens war er diesmal so nett gewesen, und hatte seine Attacken nur auf den Oberkörper und auch die Arme beschränkt und nicht im Gesicht verteilt. Hätte er mir die Faust aufs Auge geschlagen, hätte ich mir wieder ewig viele dumme Fragen anhören müssen, von Mike, meinem besten Kumpel und von den Lehrern, die sich ja ach so sehr um mich sorgten. Die Schule, auf die ich ging, war schon eher eine von den nobleren. Eigentlich war es ja eine Privatschule, die Geld verlangte, doch auf meiner alten Schule hatte ich ein Stipendium absahnen können, weshalb sie für mich Kostenfrei war. Wieder in meinem Zimmer stellte ich mich noch schnell vor den Spiegel, kämmte mir meine dunkelblonden Haare zu Recht und richtete meine Klamotten. Wie immer trug ich das Hemd über dem Hosenbund und die Krawatte band ich lässig um meinen Hals. Dann griff ich nach der Jacke, die zu dieser ganzen Aufmachung noch dazugehörte. Jaaa, die Schule verlangte Uniform. Hemd, dunkelblaue Hose, dunkelrote Krawatte und die passende dunkelblaue Jacke dazu. Es war okay, besser als an anderen Schulen, und man durfte die Schuhe frei wählen. Ich trug wie immer meine grünen Chucks von Allstars Converse. Das einzige in das ich viel investierte. Schuhe. Schließlich ging ich endlich aus dem Haus und machte mich langsam, bedacht darauf, keine zu schnellen Bewegungen auszuführen, auf den Weg zur Schule. Ich brauchte zirka eine Halbe Stunde, bis ich endlich vor den Toren der recht großen Privatschule unserer Stadt stand. Schon am Eingang erwartete mich Mike, mein Kumpel, der mit mir in dieselbe Klasse ging. Ich hatte nicht viele Freunde auf der Schule. Die meisten wussten, aus welcher Gegend und von welcher Schule ich kam. Die Schüler, die hier zur Schule gingen kamen fast alle aus einer gehobenen Gesellschaft, Mike nicht ausgenommen. Mit dem einzigen Unterschied, das Mike egal war, woher ich kam, und was für einen gesellschaftlichen Stand ich hatte. Ich war froh darüber, dass er sich meiner von Anfang an angenommen hatte, ohne groß Fragen zu stellen oder zu urteilen. Deshalb bezeichnete ich ihn auch als meinen besten Kumpel. Er stellte nicht viele Fragen zu meiner Herkunft und bohrte nicht lange, wenn irgendetwas nicht mit mir stimmte. Wenn ich schlecht drauf war, ließ er mich meist in Ruhe, wenn ich Blessuren im Gesicht hatte, fragte er nicht viel. Wahrscheinlich dachte er sich seinen Teil. Entweder er vermutete, dass es tatsächlich an meinen Familienverhältnissen lag, und hielt trotzdem die Klappe, oder er dachte ich hätte eine Rangelei nach der anderen und es war ihm egal. In beiden Fällen war es mir ganz recht, dass er mich deshalb weder verurteilte, noch lange nervte. Als er mich sah, kam er lächelnd ein paar Schritte näher, schlug mir kurz freundschaftlich auf die Schulter, und drehte sich im gleichen Moment um, Richtung Schulhof. Ich war froh, dass er genau in diesem Moment nicht sonderlich auf mich achtete, denn der Gesichtsausdruck, den ich aufsetzte, als er mir genau auf die geprellte Stelle schlug, sprach Bände. So konnte ich einer weiteren Frage entgehen und ihm einfach nur zuhören, als er mir von seinem Wochenendausflug erzählte. Wir gingen sofort ins Gebäude, suchten unser Klassenzimmer und setzten uns auf die gewohnten Plätze in der vorletzten Reihe am Fenster. Gedankenverloren starrte ich nach draußen, sah der Sonne dabei zu, wie sie sich ihren Weg Richtung Zenit bahnte und hörte nur mit halben Ohr hin, als der Lehrer irgendwas von dem Schulball erzählte, der demnächst anstand. Ich wusste, dass ich wohl wieder mithelfen würde, mich überredete man schnell zu solchen Dingen. Außerdem empfand ich es immer als willkommene Abwechslung zum Unterricht. Als ich schließlich dazu aufgefordert wurde, bei der Dekoration der Turnhalle mitzuhelfen, nickte ich eher anteilnahmslos und widmete mich wieder dem Fenster. Ansonsten verlief der Unterricht wie immer. Eintönig und langweilig. Englisch war kein Fach, das mich sonderlich interessierte. Die Bücher, die wir dort lasen, handelten eh nur von der Nachkriegszeit, und die paar Vokabeln, die wir auswendig lernen sollten, hatte ich sowieso innerhalb weniger Minuten intus. Kein Fach, das mir sehr schwer fiel. Nach der Doppelstunde mussten wir das Klassenzimmer wechseln. Mathe. Mathe waren Mike und ich getrennt, er hatte stattdessen französisch. Ich setzte mich nach hinten in die letzte Reihe, neben Chris, der wie immer mehr Augen für Janine hatte, als für den Unterricht und langweilte mich auch dort ein bisschen. Auch Mathe war nicht sonderlich schwer für mich. Was mich in diesem Unterricht mehr störte, war die Klasse. Unsere Klassen teilten sich ja auf, und verbanden sich mit der Parallelklasse. Und diese bestand zu neunzig Prozent aus totalen Vollidioten. Da wäre einmal: Vollidiot Nummer eins: Mick Danes. Der absolut arroganteste Typ den es je gab und geben wird. Davon abgesehen, dass er ein reicher Schnösel war und seinem Erachten nach, gut aussah, flog die halbe Schule auf ihn. Er war so relativ der beliebteste Schüler, überall der Tollste, und überall dabei. Schülersprecher, nicht zu vergessen! Wie ich ihn hasste. Und wie der Rest ihn liebte! Kommen wir zu den restlichen 85 Prozent: Die Anhänger, wie ich sie gerne nannte. Mädchen, sowohl auch Jungs, die alle nur Mick hinterher liefen, ihn anhimmelten und auf Platz eins, seiner Freundschaftsliste landen wollten. Die Mädchen prahlten mit jedem Blick, den er ihnen zuwarf, die Jungs freuten sich über jeden Boxer, den er ihnen verpasste. Wie grausig. Wie kindisch. Wie primitiv. Und wie ich sie hasste! Nun, da ich in dieser Klasse also nur von Idioten umgeben war, gleich auch Idiot Nummer eins, der übertolle Mick, war der Unterricht ein graus, da ich ja zu dem, wenn man die neutralen wegrechnete, restlichem halben Prozent der gesamten Schule gehörte. Sprich: Ich war der einzige, der den Kerl hasste! Nun, da ich ja keine Verbündeten hatte, war ich also Außenseiter der gesamten Schule. Denn ich rannte ihm nicht hinterher, was ja schon als Schandtat galt. Wenn ich mir überlegte, welch wahnwitzige, unverständliche und unangebrachte böse Blicke ich schon bekommen hatte, weil ich ihn nicht gefragt hatte, ob er mit mir Partnerarbeit machte, wäre ich schon längst Tod. Sollten Blicke töten können, jedenfalls. Gut, wie gesagt, Schule scheiße, Klasse scheiße, Unterricht scheiße. Und da wir gerade dabei sind: Heute war es wieder übermäßig schlimm, weil auch dieser Lehrer nur vom Ball redete, und Mick natürlich wieder der erste war, der sich freiwillig für irgendeinen, für mich total sinnlosen, und doch so gehobenen, Posten meldete, der noch einen Partner brauchte, wo die gesamte versammelte Mannschaft wieder: „Ich! ICH! Ich!“ schrie. Wie ich es hasse. Und erst diesen Typen. Janine, lass deine Augen bei dir, dachte ich mir nur noch, als sie mich mit ihrem Blick erdolchte, so auf die art: „Ach ja, der böse Außenseiter, der unseren tollen Mick nicht anhimmelt.“ ARRRRG. I hate it!!! Nun gut. Ich bleibe ruhig, genieße den Tag, der Morgen ist klasse! Kommen wir zur nächsten Aktion meinerseits: In der Pause traf ich mich wie immer mit Mike am Fressautomaten, zog mir einen Schokoriegel raus und futterte, während Mike mir von Französisch erzählte, wovon ich sowieso null kapierte. Nicht wirklich fiel uns dabei auf, dass der Pausengong schon längst unsere Ohren betäubt hatte, und wir bis ans andere Ende der Schule mussten, für die nächste Stunde. Super! Mike drängelte sich schon mal vor, er hatte ja nicht den Schokoriegel in der Hand, ohne daran zu denken, diesen auch wirklich zu essen, und nicht nur gelangweilt anzuknabbern. Schnell schob ich mir das Ding in den Mund, schmiss die Verpackung in den vorgesehenen Mülleimer und jumpte los. Nun, wer hätte gedacht, dass die Putzdamen den Kübel direkt dann umstießen, als ich mich an ihnen vorbei drängeln wollte. Und wer hätte gedacht, dass ich dadurch unvorbereitet in eine riesige Pfütze rannte, die durch das Putzmittel dermaßen glitschig war, das ich nach einem gelungen Aufschrei, schlitternd und krachend auf dem Boden landete. Fünfundneunzig Prozent der gesamten anwesenden Schülerschaft, brach in großes Gelächter aus. Und ich? Nun ich saß natürlich auf dem Boden, wie ein begossener Pudel. Ich verzog Schmerzhaft das Gesicht, als ich versuchte aufzustehen. Verdammt, voll auf den Knöchel, als würde die Prügel des gestrigen Abends nicht schon reichen. I hate it!!! Etwas Perplex drehte Mick sich um, als alle um ihn herum zum lachen anfingen. Okay, er hatte den Aufschrei auch gehört, aber was war um Himmels willen jetzt so lustig? Als er den Jungen sah, der dort auf dem Boden saß und sich mit schmerzverzerrtem Gesicht den Knöchel hielt, kam dieser ihm verdammt bekannt vor… Ewig überlegte er, wer das doch gleich war, bis ihm endlich der Name einfiel. Tony…Tony…Tony Was-Weiß-Ich. Genau…aus Mathe, Sport und Chemie. Hatte er ganz vergessen. Wirklich lustig fand Mick dass nicht, wie sich sein Klassenkamerad dort auf dem Boden abmühte endlich aufzustehen. Immer noch war sein Gesicht schmerzverzerrt. Anscheinend hatte er sich den Knöchel umgeknickt, oder geprellt. Mick wollte schon auf ihn zugehen, und ihm helfen, doch dieser Tony versuchte probeweise aufzutreten, und ging dann humpelnd, aber zielsicher weiter. Also verkniff er sich, ihm seine Hilfe anzubieten und sah ihm lieber besorgt nach. Ihm war der Junge Mann nie so richtig aufgefallen, bemerkte er. Dabei hatte er wirklich schöne Gesichtszüge und Ausdrucksstarke Augen. Eigenartig. Mick drehte sich wieder zu Janine um, entschuldigte sich für seine Unterbrechung und hörte weiter zu. Humpelnd machte ich mich vom Acker, bevor die gesamte Schule noch einen Lachkrampf bekam. Musste ja nicht sein, das wegen mir alle an Sauerstoffmangel verreckten. Wie Peinlich. Und wie natürlich für mich. Eigentlich passierte mir dauernd so ein schusseliger Müll…doch diesmal hatte ich mir wirklich lange Zeit gelassen, bis es hier an dieser Schule auch zum ersten Skandal gekommen war. Weshalb die Schüler es wohl immer so lustig fanden, wenn man sich den Knöchel halb verrenkte und stöhnend auf dem Boden lag. Irgendwer hätte mir ruhig aufhelfen können, außer Mick natürlich, den ich sehr wohl gesehen hatte. Dachte ich mir, während ich mich in das Klassenzimmer begab…zu spät natürlich. Nun...einmal Nachsitzen war ja noch nicht die Welt. Nach der Schule erwartete mich schließlich der komplette Horror. Als hätte die peinliche Situation nicht schon gereicht, musste Oberbonzi auch noch auf mich zu kommen. Schnurstracks bahnte sich, Mister Beliebtheit, seinen Weg durch die Schülermassen, direkt auf mich zu. Ich wollte schon losgehen, oder eher humpeln, als er schließlich direkt vor mir zum stehen kam und mich besorgt musterte. „Geht’s? Alles klar? Hoffe du hast dich nicht schwer verletzt, bei dem grandiosen Sturz, den du hingelegt hast.“ Ein Amüsiertes Grinsen schoss ihm ins Gesicht, was mir wirklich den Rest gab. „Ach…“ antwortete ich nur, drückte ihn zur Seite und stapfte davon, darauf bedacht, nicht zu sehr zu humpeln. Fühlte der sich jetzt auch noch als Obermacker, weil er dabei war, wie die Nullfünf Prozent sich in die Pfütze gelegt hat, oder was? Witzbold. Oder was ich viel besser fand: Arschloch! „Hey…war ja nicht böse gemeint.“ Rief mir Mister Obertoll noch hinterher, doch ich beachtete es gar nicht, ignorierte ihn gekonnt und ging davon. Auf halber Strecke musste ich eine Pause einlegen. Verdammt…mir tat der Knöchel wirklich verdammt weh und die Lauferei verbesserte meinen Zustand nicht wirklich. Immerhin wusste ich, das ich noch genug zeit hatte, bis mein toller Vater heim kam. Bis dahin konnte ich mich in meinem Zimmer verschanzen und abschließen, in der Hoffnung, dass er gar nicht an mich dachte. Und meist klappte das ganz gut. Ging ich ihm so gut es ging aus dem Weg, ließ er mich auch in Ruhe. Nach einer weiteren halben Stunde, war ich schließlich daheim. Grußlos ging ich am Wohnzimmer vorbei, holte mir etwas zu futtern in der Küche, schnappte mir eine Wasserflasche und verschanzte mich in meinem Zimmer. Ich stellte alles ab, warf meine Tasche aufs Bett und ging noch mal kurz ins Bad, um mir einen gekühlten Waschlappen zu holen. Dann schloss ich meine Zimmertür ab. Mit dem Waschlappen auf dem Fuß, legte ich mich ins Bett und seufzte leise. Verdammte Schule. Blödes Arschloch. Scheiß Schüler. Alles Mist! Am nächsten Tag hatten wir Sport. Wieder eines dieser Fächer, bei dem ich immer der Depp war. Nicht das ich sonderlich unsportlich war, im Gegenteil, eigentlich hatte ich genug Ausdauer, Treffsicherheit und Eleganz. Das Problem war nur: Ich hatte ein Fable für Schussbahnen. Nicht sehr angenehm, wenn man Bälle magisch anzieht, und diese immer wieder abkriegt, ohne wirklich etwas dafür zu tun. Okay, ich sollte vielleicht nicht ganz so blöd rumstehen und darauf warten, dass irgendwer an mich abspielt. Was ja nicht bedeutet, dass man mich mit dem harten Fußball von hinten attackieren muss. Nun, als hätte meine gestrige Aktion nicht schon gereicht, kam ich schon heute wieder zu dem tiefen Bedürfnis, in der Aufmerksamkeit der gesamten Klasse zu stehen. Warum konnte ich nicht mal positiv den Macker spielen? Immer wurde ich mit Peinlichkeiten bestraft. Als wir also mehr schlecht als recht Fußball spielten, in der Halle, und irgendein Depp der Gegenmannschaft am Ball war, ging ich gekonnt zu Boden, als mich der Fußball, hart und schnell von der Seite am Kopf erwischte. Nun…wäre ich nur zu Boden gegangen, hätte ich es mit einem Lächeln abtun können, doch der Schuss war schon fast perfektioniert geschossen worden, und traf mich so dermaßen an der Schläfe, dass ich umkippte wie ein Stein, bewusstlos mit dem Kopf auf den Boden knallte und erstmal weg war. Grandios. Typisch. Und Schmerzhaft, wie ich im Nachhinein feststellen musste. Nun…warum nicht. Ich musste meinem Ruf als Zielscheibe ja gerecht werden. Mick folgte dem Ball mit den Augen, wollte sich schon in Bewegung setzen, um nach vorne zu Joggen, als er das Dilemma entdeckte, das kurz bevor stand. „Tony! Pass auf!“ brüllte er seinem Klassenkameraden noch zu, doch dieser reagierte nicht schnell genug. Der Ball traf ihn volle Kanne an der Schläfe. Tony kippte sofort um. Der Lehrer rannte sofort auf ihn zu und beugte sich besorgt über ihn. Auch die anderen Schüler näherten sich der Leiche und sahen auf ihren Kameraden herab. Janine konnte sich ein Kichern nicht verkneifen, wurde allerdings still, als ihr Sportlehrer sie vernichtend anblickte. Auch Mick kam näher, blieb eher außerhalb des Kreises stehen, da er Gaffer hasste, und erst Recht nicht dazugehören wollte. Der Lehrer rüttelte probehalber an Tonys Schulter, doch dieser entschloss sich scheinbar, vorerst keinen Mucks von sich zu geben. „Nun…hat ihn ganz schön erwischt. Wer hat ihn getroffen?“ er sah fragend in die Runde. Mick zeigte auf Chris, den Idioten und der Lehrer nickte. „Strafarbeit, Collins. Das musste wirklich nicht sein. Auch wenn es unbeabsichtigt war, der Schuss war viel zu schnell und hart. Nach der Stunde holen sie sich ihre Anweisungen in meinem Büro ab.“ Chris wollte protestieren, doch Mick dotzte ihm Vielsagend gegen die Schulter, und er blieb ruhig. „Nun…wir müssen ihn ins Krankenzimmer schaffen...hm...“ „Ich mach das schon.“ Bot sich Mick sofort an und trat an den Jungen Mann heran. Der Trainer nickte dankbar und forderte die Klasse zum weiterspielen auf. Mick beugte sich über den Bewusstlosen und sah ihn kurz an. Wirklich schöne Gesichtszüge…stellte er erneut fest. Dann schob er ihm vorsichtig einen Arm unter die Schultern und setzte ihn etwas auf. Dann griff er mit der anderen Hand unter die Beine des Jungen und hob ihn auf. Sofort fiel ihm auf, wie leicht Tony eigentlich war. Etwas überrascht sah er auf seinen Klassenkameraden herunter und drehte sich dann schließlich um, um ins Schulgebäude zu laufen. „Ach ja, Danes! Bleiben sie bei ihm, bis er aufwacht. Ich glaube nicht, dass die Schwester jetzt noch da ist!“ Mick nickte zur Bestätigung und machte sich dann auf den Weg. Im Krankenzimmer angekommen, legte er Tony langsam auf das Bett. Dabei rutschte sein Shirt etwas hoch. Erst bemerkte er es gar nicht, doch als er es wieder an seinen Platz ziehen wollte, entdeckte er halb verheilte Blutergüsse am Bauch. Etwas verwundert, beugte er sich über ihn und zerrte das Shirt etwas weiter hoch. Was er sah, brachte ihn kurz aus der Fassung. Überall waren Prellungen, Blutergüsse und kleine Schnittverletzungen, die schon fast nach einem Messer aussahen. Was ging hier vor? Schließlich zog der das T-Shirt sanft wieder über den Bauch. Er deckte Tony leicht zu und sah ihm dann besorgt ins Gesicht. Langsam wachte ich wieder auf. Stöhnend fuhr ich mir mit der Hand an die Schläfe und berührte kurz die Stelle, an der mich der Ball getroffen hatte. Okay…große Beule und klebrige Flüssigkeit. Nicht sehr schön. „Arg. Nimm deine Hand weg, am ende entzündet sich das noch. Warte!“ hörte ich eine mir altbekannte Stimme. Nein, nein, nein! Das kann nicht sein… Nicht der! Arg! Mein Lieblingsbonzi griff nach meiner Hand, zog sie weg und fuhr mir dann mit einem Tupfer oder so über die Wunde, um wohl das Blut zu entfernen, oder zu desinfizieren. Immer noch traute ich mich nicht, die Augen zu öffnen. Ich wollte ihn gar nicht sehen. „Verdammt! Du Arsch, das tut weh!“ schrie ich auf, als er mir das Desinfektionsmittel direkt in die Wunde drückte. Also doch nicht zum Säubern. „Da musst du jetzt durch. Warte, ich hab schon ein Pflaster vorbereitet.“ Als er fertig war, klebte er mir das Heftpflaster auf die kleine Platzwunde und klatschte kurz in die Hände. „So, Fertig!“ Schließlich wagte ich endlich die Augen zu öffnen. Seine breit grinsende Visage brachte mich fast zum Kotzen. Okay…die Übelkeit könnte auch von der Gehirnerschütterung kommen, die ich mir eindeutig eingefangen hatte. „Du warst ganz schön lang bewusstlos. Bist wohl etwas anfällig für so was, he?“ fragte er und zwinkerte dämlich. „Hahaha…wie lustig.“ Antwortete ich bloß und versuchte mich aufzusetzen, doch er drückte mich wieder zurück ins Kissen und schüttelte bestimmt mit dem Kopf. „Nein, Kleiner. Warte lieber noch ein paar Minuten.“ Ich riss die Augen auf und sah ihn ungläubig an. Kleiner??? Was erlaubte sich dieser aufgeblasene Grünschnabel eigentlich? Er grinste noch breiter, über meinen Gesichtsausdruck und verschränkte die Arme vor der Brust. „Was war denn gestern mit dir los? Ich hab das echt nicht ernst gemeint. Wusste ja nicht, dass du gleich so abweisend reagierst.“ Fragte er und sah mich lächelnd an. Ich schüttelte wirr mit dem Kopf. „Nichts war los. Ich war wie immer!“ „Oha! Hätte nicht gedacht, dass du so griesgrämig bist. Oder liegt´s an mir.“ Am liebsten hätte ich hysterisch aufgelacht, doch das konnte ich mir grad noch so verkneifen. Also sagte ich gar nichts, sondern rieb mir seufzend über die Augen. Scheiße ey, mein Kopf platzte gleich. „Schmerzen?“ fragte er leise. Ich nickte leicht. „Auch hier?“ fragte er weiter und drückte mir Vielsagend auf den Bauch, direkt auf eine der vielen Prellungen, die mein Vater mir zugefügt hatte. Ich riss erschrocken die Augen auf und sah ihn ungläubig an. „Ja…hab es gesehen. Zufällig. Wer war das?“ fragte er und sah mich durchdringend an. Ich schüttelte kurz mit dem Kopf und hob die Hand, um auf die Tür zu zeigen. „Hau ab, okay? Das braucht dich weder zu interessieren, noch geht es dich was an!“ „Erst wenn du mir die Frage beantwortet hast.“ Ich schüttelte erneut mit dem Kopf. „Verschwinde, Mann!“ „Nein.“ „VERPISS DICH!“, schrie ich ihn an, als er mir erneut widersprach. Diesmal war er erschrocken. Schließlich stand er auf und ging aus dem Raum. Er schien gemerkt zu haben, wie wenig ihn das was anging. Erleichtert ließ ich mich zurücklehnen und schloss die Augen. Nach der Schule war ich wieder halbwegs in der Lage dazu aufzustehen. Ich machte mich langsam auf den Weg durch die Gänge, sagte im Sekretariat bescheid, dass es mir besser ging, sagte Ja und Amen, als die Frau mich bat, zum Arzt zu gehen und machte mich dann auf den Heimweg. Auch heute war es extrem anstrengend, nach Hause zu laufen. Doch oh wunder, ich freute mich wie ein Schnitzel, als plötzlich ein Auto neben mir anhielt. Als ich jedoch die Stimme hörte, die mich bat einzusteigen, gefror mein freudiger Gesichtsausdruck sofort. Wer hätte gedacht, dass der Tag noch schlimmer kommen könnte. „Komm schon, Kleiner. Steig ein.“ Rief mir Mick zu und fuhr langsam weiter neben mir her, während ich mich abmühte, halbwegs auf den Beinen zu bleiben. Die Sonne brannte unnatürlich heiß herunter und die Kopfschmerzen wurden immer schlimmer. Auch das Schwindelgefühl war immer noch vorhanden, wenn auch nicht mehr so schlimm wie noch vor einigen Stunden. „Mal davon abgesehen, dass ich nicht Klein bin, Nein!“ entgegnete ich genervt. Der Kerl war mir jetzt echt zu viel. Ich war zu sehr damit beschäftigt mein Tempo zu halten. „Okay, okay. Steig trotzdem ein, ich sehe doch dass du gleich umkippst.“ Kurz sah ich zu dem Auto hin, wog ab, was schlimmer war. Sein Auto und seine Anwesenheit, oder die Schmerzen, und der Marsch nach Hause. Er hatte gewonnen. Lieber leiden! Also schüttelte ich nur kurz mit dem Kopf, musste dadurch einen Ausfallschritt machen, damit ich nicht umkippte, und ging weiter, entschlossen ihn fortan zu ignorieren. „Tony. Mach schon. Stell dich nicht so an!“ rief Mick mir zu. Schließlich gab ich auf. Wacklig und zitternd ging ich zum Auto, riss die Tür auf, ließ mich erschöpft auf den Sitz plumpsen und schmiss die Tür hinter mir zu. Schnell schnallte ich mich noch an, dann fuhr der Oberidiot weiter. „Na also. Ich entführ dich schon nicht, keine Sorge. Obwohl ich mir sicher bin, dass es besser wäre, dich ins nächste Krankenhaus zu fahren.“ „Untersteh dich. Und was das entführen angeht: Lächerlich!“ „Oh, du bist mal wieder besonders nett, wie es scheint. Nun gut, wo willst du hin?“ ich erklärte ihm kurz den Weg und er nickte zur Bestätigung. „Ist aber verdammt weit. Wie lang läufst du da?“ „Halbe Stunde.“ Antwortete ich kurz und bündig. „Und jetzt lass mich in Ruhe, ich hab Kopfschmerzen.“ „Ja, ja. Ist schon okay!“ Schweigend fuhr Oberbonzi mich zu dem kleinen, heruntergekommenen Haus, das meine Kranke Familie beherbergte. Ich stieg aus, murmelte so etwas ähnliches wie „Danke“ und ging zur Eingangstür um so schnell wie möglich in meinem Bett verschwinden zu können. Kein guter Tag heute. Morgen mache ich krank! Mick bemerkte sofort, dass Tony nicht da war, fragte einen aus seiner Klasse, ob er schon den ganzen Tag fehlte. Dieser überlegte kurz, nickte dann, schien wohl nicht wirklich realisiert zu haben, dass sein Klassenkamerad in Abwesenheit glänzte. Mit hochgezogener Augenbraue und Kopfschüttelnd drehte sich Mick wieder um und ging zurück zum Klassenzimmer. Was war hier eigentlich los? Ihm war nie aufgefallen wie unscheinbar Tony war. Was vielleicht auch daran lag, das er ihn selbst auch nie wirklich realisiert hatte. Dabei sah er verdammt gut aus, und war irgendwie auf seine Art auch total süß, auch wenn er pampig auf jede Frage reagierte, die Mick ihm stellte. Ob er ein Problem mit mir hat? Fragte er sich in Gedanken. Dass ihm diese Idee nicht schon früher gekommen war…hm… Ernsthaft überlegte er, ob er einen Krankenbesuch starten sollte, entschied sich allerdings dagegen. Der Kleine würde ihn massakrieren. Musste ja nicht unbedingt sein. Sterben mit Achtzehn, war nicht das, was er sich vorstellte. Also ließ er es, fragte stattdessen im Sekretariat nach, ob er für die ganze Woche abgemeldet war und ging zufrieden nach Hause. Morgen kam er wieder. Tatsächlich quälte ich mich am nächsten Tag mehr oder weniger aus dem Bett, schaffte es, kurz unter die Dusche zu springen, da musste ich auch schon los. Lässig gekleidet ging ich die Straßen entlang, und hoffte sehnlichst, dass mein Feind nicht wieder neben mir anhalten würde, um mich zum einsteigen zu nötigen. Musste nicht sein. Ich hatte Glück. Keine Attacke vom Oberbonzi, nur eine dumme Anmache von Janine, die mit ihrer Mistkarre (Mercedes Benz) an mir vorbeiratterte, und sich einen dummen Spruch einfach nicht verkneifen konnte. Ich hasste sie fast so sehr wie Mick, obwohl Danes wirklich nur schwer zu Toppen war. Morgen würden die Vorbereitungen für das Schulfest beginnen. Sie hatte tatsächlich den Ehrenplatz neben Vollidiot ergattern können. Ob sie deshalb schon auf der Todesliste stand? Nun…da sie, sie für gewöhnlich selbst aufstellte, war das eher nicht der Fall. Ob ich nachts Angst haben sollte, aus dem Haus zu gehen? Vielleicht wurde ich eines Tages von ein paar Wahnwitzigen Psychopathen erdolcht, die sich als Anhänger des Bonzis bezeichneten. Uhuhuh…gruslige Vorstellung. Muss nicht sein! Nun, Schule war wie immer. Eintönig, langweilig, herzzerreißend ätzend während Mathe. Oberbonzi konnte sich die kritischen Blicke nach hinten einfach nicht verkneifen, und beleidigte mich schon fast mit der unangebrachten Aufmerksamkeit, mit der er mich quälte. Wie konnte ich es nur so weit kommen lassen, IHM, dem Vollidiot Nummer eins aufzufallen? Ich hätte mir die zwei Aktionen innerhalb einer Woche echt verkneifen sollen. Dadurch musste man ja auch auffallen. Doch warum er? Whaaah! Nun…jetzt musste ich da durch, ließ mich mit besorgen Blicken des Bonzis attackieren und wartete sehnsüchtig auf der Pause, in der ich mich sofort zum Fressautomaten flüchten konnte. Am besten versteckte ich mich vorerst irgendwo hinter einem Mülleimer, um ihm nicht mehr aufzufallen. Vielleicht hätte ich doch nicht zur Schule kommen sollen! Endlich Pause! Dachte ich genervt, als es klingelte. Sofort stand ich auf, packte mein Zeug und rannte schon fast, als ich mich auf den Weg zum Fressautomaten machte, um meinen Kumpel Mike zu treffen. Dieser war logischerweise noch nicht da, so blieb mir nichts anderes übrig, als so unauffällig wie möglich an der Ecke zu stehen und blöd rumzuglotzen. Gammel-Look hoch drei! Nun, doch in der Regel fiel man ja am meisten auf, wenn man es am wenigsten wollte. Also wunderte es mich nur mäßig als Mister: Ich-bin-so-geil auf mich zukam und mich breit anlächelte. Angst! „Was?“ fragte ich genervt und sah ihn wütend an. „Alles klar bei dir? Hast dich erholt?“ fragte er zurück, ohne auf meinen aggressiven Unterton einzugehen. Wie sollte ich den Hammel jemals wieder loswerden? Puh! Ich rang mit mir, ihm eine normale Antwort zu geben, entschied mich allerdings für Standart. „Scheint wohl so, sonst wäre ich ja nicht hier!“ „Nun, da hast du recht. Wollte ja auch nur mal sicher gehen. Morgen auch dabei, bei den Vorbereitungen?“ „Wohl oder Übel. Jetzt mach dich vom Acker, bevor Janinechen sich noch in die Hose macht, von dem ganzen Gehüpfe, das sie da hinter deinem Rücken veranstaltet!“ Überrascht drehte er sich zu ihr um. Strike! Das war genug Ablenkung um mich sofort aus dem Staub zu machen. Endlich tauchte auch Mike auf, und ich ging ihm entschlossen ein paar Schritte entgegen, griff ihn dann am Arm und zerrte ihn mit mir mit, weit weg von diesem Ort der Idioten. „Was denn?“ fragte Mike leicht verwirrt und zerrte sich los. „Weg hier. Mick macht mich sonst noch fertig.“ Verwirrt sah Mike mich an. „Was?? Du hast dich mit ihm angelegt?“ Ich verdrehte genervt die Augen. „Nö. Warum sollte ich. Seit meinem Sturz vor zwei Tagen hängt der Spinner nur wie eine Klette an mir, was mich total verrückt macht!“ zischte ich zur Antwort. „Hä? Sei doch froh. Jeder andere würde dir die Füße küssen, würdest du mit ihm Tauschen.“ „Nun. Tauschen klingt gut, nur das mit dem Küssen muss nicht unbedingt sein.“ „Aber..“ „Nix aber. Der Typ ist so ziemlich der letzte, den ich in meiner Nähe haben will. Erstens will ich nicht erdolcht werden, zweitens ist er ein blöder reicher Schnösel, der sich für was besseres, und geiles hält.“ „Nun. Ich bin auch ein blöder reicher Schnösel, und Geil ist er auf jeden fall.“ Böse sah ich Mike an. „Laber nicht. Du bist kein bisschen wie er!“ Mike zuckte gleichgültig mit den Schultern. „Denk was du willst. Ich hab kein Problem mit ihm. Und du solltest dich glücklich schätzen. Er ist der beliebteste Kerl der ganzen Schule. Nur hätte ich nicht gedacht, dass er sich für Außenseiter interessiert!“ „Wer ist hier der Außenseiter?“ fragte ich zornig und dotzte ihn gegen die Schulter. Mike lachte nur und folgte mir in unser Klassenzimmer. Diesmal musste ich mir mein Leben nicht wieder von dieser gruseligen Putzfrau verderben. Nun, ich hätte nicht gedacht, dass ich mich schon so bald wieder in einer peinlichen Situation wieder finden würde, doch der nächste Tag war einfach zu perfekt dazu. In der vierten und fünften Stunde begannen wir mit den Vorbereitungen fürs Schulfest, Oberbonzi immer auf Trab, überprüfte die Orga und Dekoration. Nun, da ich ja einer der auserkorenen war, die die Dekoration machen durften, stand ich die meiste Zeit auf einer dieser schönen, wackelnden Leitern, die einem nicht wirklich das Arbeiten erleichterten, da man die meiste Zeit damit beschäftigt war, nicht umzukippen. Tja, in der Regel hatte ich ja einen ganz guten Gleichgewichtssinn, doch als dieser Typ mega Intelligent gegen die Leiter rannte, war selbst damit nicht mehr viel anzufangen. Aber ich will diese Geschichte noch etwas ausschmücken. Alles fing damit an, dass meine Lehrerin, die mich unendlich liebte für die Kreativität, die ich an den Tag legte, mich darum bat, die Beleuchtung neu auszurichten, weil Chris, der Depp, es einfach nicht auf die Reihe bekam. Ich schnappte mir also eine dieser tollen Wackelleitern und richtete sie aus, direkt NEBEN der Tür, damit niemand dagegen rannte, sobald er die Tür aufstieß und einen Schritt in die Halle machte. Tja, selbst wenn ich aufpasste verließ mich das Glück innerhalb weniger Sekunden. Die ganzen letzten eineinhalb Stunden musste ich mich schon mit den Blicken abfinden, die ein gewisser jemand, ich bevorzuge den Ausdruck: reicher Spießer, mir zuwarf, während er durch die Halle marschierte und jedem über die Schulter guckte. So auch mir, eigenartiger weiße öfters als bei Chris, obwohl dieser es sicher mehr nötig hatte, mit diesem unangebrachten Talent für gar nichts, höchstens Chaotismus. Nun, ich richtete also die Leiter aus, so sicher wie es nur möglich war, und stieg langsam, bedächtig nach oben, um sie nicht allzu sehr zum wackeln zu bringen. So stand ich nun da oben, drehte an den Lämpchen, richtete die Scheinwerfer aus, überprüfte die Verkabelung, und musste nebenbei auch noch bemerken, das Schnösel schon wieder hinter mir stand und mir zusah. „Schieb sie noch etwas nach links, die Rote von rechts“ meinte er schließlich. „Ja, ja, ist mir auch grad aufgefallen. Mach dir keinen Stress, ich krieg das auch alleine hin!“ „Nun, ich wollte dir ja nur einen Tipp geben.“ „Ich weiß, was ich tue.“ Gab ich genervt zur Antwort und schob dann jedoch tatsächlich die Rote etwas nach links. Es war ein guter Tipp gewesen, stellte ich fest, als ich auf die Bühle sah und das Lichtspiel beobachtete. War okay. Ich drehte mich wieder um und wollte gerade absteigen, als doch glatt so ein Vollidiot die Tür aufriss, losrannte und voll gegen die Leiter preschte. „Uwaaah!“ schrie ich auf, als sie schlagartig kippte. „Pass auf!“ rief im gleichen Moment der Schnösel. Nun, der Tipp kam etwas zu spät. Wie in Zeitlupe verlor ich den Halt und kippte nach hinten. Ich machte mich innerlich schon auf einen harten Aufprall und einem weiteren Tag im Krankenzimmer gefasst. Als das Spektakel vorbei war, musste ich mit erschrecken feststellen, das irgendwas nicht stimmte. Nun…wo blieb der harte Aufprall und die bohrenden Schmerzen? „Das ging ja grad noch mal gut. Hast du dich verletzt?“ hörte ich plötzlich eine sehr unangenehme Stimme, die eindeutig zu nah an meinem Ohr war. Ich riss die Augen auf, blickte direkt in Schnösels Gesicht. Wie ich es hasste. „Whaah! Lass mich sofort runter.“ Kreischte ich und wollte mich aus seinen Armen befreien, doch er ließ nicht sofort los, sondern wartete einen Moment. Einen Moment zu viel, meiner Meinung nach. Nun, endlich wieder auf eigenen Beinen, sah ich ihn böse an. „Wehe du machst das noch mal!“ Mick grinste breit, griff nach meinem Arm und zog mich an seine Brust. Kurz schloss er mich in die Arme und klopfte mir munter auf den Rücken. Total steif, ließ ich diese Folter über mich ergehen und sah ihn käseweiß an, als er mich los ließ und wieder etwas von sich wegdrückte. „Guck nicht so blöd, kleiner! Is ja nix passiert!“ Beinah hätte ich gewimmert. Doch das konnte ich mir gerade noch verkneifen. Als endlich wieder Leben in meine Arme und Beine kam, drehte ich mich entschlossen um und ging aus der Halle. Wahhh! Was war das? Der Kerl hatte mich umarmt. Einfach so! So ein Arschloch. Unglaublich! Mein Herz raste wie verrückt, und ich zitterte. Welch ein Schock. Tja, das war’s. Peinliche Aktion Nummer drei hinter mich gebracht, diesmal ohne bleibende Schäden. Von den Psychischen natürlich abgesehen, die da noch extra dazu kamen. Welch eine Schmach, der Kerl hätte mich nur noch küssen müssen, und ich wäre jetzt unter der Erde. Tod durch Erniedrigung, wie ich es nannte. Oder Tod durch psychischen Schock! Nun…wird schon. Ich verdrängte meine üblen Gedanken und ging getrost nach Hause. Genug von Schule, ich wollte hier weg. Drei Tage Später war der Ball. Samstagabend, kein Vater weit und breit. Ich zog mir meine schwarze Jeans, und das schwarze, eng anliegende Hemd dazu an und stahl mich getrost aus der Wohnung, vorbei an meiner besoffenen Mutter und ging gemütlich zur Schule um dem grandiosen Schulball einen Besuch abzustatten. Nun, ob es wirklich als Ball zu bezeichnen war, ist fraglich. Eigentlich war es eher so ne Schuldisco, hehe, was man auch nicht wirklich mit einer richtigen Disco vergleichen konnte, aber es kam dem wesentlich näher, als die Bezeichnung: Schulball. Nun, hin oder her, ich stapfte also dahin, holte mir an der Theke erst mal was zu trinken, logischer weise Alkoholfrei, da es ja eine Schulische Veranstaltung war, und suchte dann nach Mike, um mit ihm ein bisschen zu quatschen. Bonzi hatte ich noch nicht entdeckt, was mir nicht wirklich leid tat. Endlich neben Mike angekommen, wurde ich sofort in ein langweiliges Gespräch über seinen Hund verwickelt, der doch partout nicht Gassi gehen wollte. So ein Fiesling! Ich brauchte zirka zwanzig Minuten, bis ich mich von meinem Kumpel endlich befreien konnte, stellte meinen Becher auf einen der kleinen Bistrotische, die hier herum standen und bewegte mich auf die überfüllte Tanzfläche zu, um mir ein bisschen Luft zu verschaffen. Ich brauchte nicht lang um den Rhythmus zu finden, war sofort eins mit der Musik. Schließlich schloss ich die Augen, sperrte alles aus, was um mich herum geschah und tanzte. Suchend sah Mick in der Menge nach seinem Kleinen. Tony ließ auf sich warten, oder er selbst war einfach nur zu blöd, um ihn in diesem Gedränge zu sehen. Bis er ihn schließlich entdeckte. Auf der Tanzfläche. Jetzt bekam er gar nichts mehr mit von Janines Erzählungen. Er hatte nur noch Augen für diesen geilen Körper, der sich auf der Tanzfläche elegant und eindeutig gekonnt zur Musik bewegte. Wow! Hammer! Tatsächlich dauerte es nicht lange, da wurde der Kleine von einem süßen, kleinen, schnuckeligen Mädchen angetanzt, was ihn allerdings nicht sonderlich beeindruckte. Er beachtete sie gar nicht, hatte die Augen geschlossen und schien in einer anderen Welt. Und so sah Mick ihn auch. Wie in einer anderen Welt. Schließlich, nach wenigen Minuten ging Mick einfach auf die Tanzenden zu, seine Freunde total ignorierend. Am Rande bekam er mit, wie Janine ihm zornig hinterher rief, was das sollte, doch er achtete nicht auf sie, ging immer weiter, bis er schließlich ganz in der Nähe von Tony stand. Langsam bewegte er sich ebenfalls zur Musik, suchte seinen Rhythmus und näherte sich unauffällig dem Kleineren. Dieser bemerkte nichts davon, hatte die Augen immer noch geschlossen. Lächelnd betrachtete Mick den Jüngeren. Wow! Einfach nur Wow! Schließlich wagte er sich vor, kam Tony immer näher, bis sie schließlich direkt nebeneinander tanzten. Dann rempelte er ihn an, absichtlich natürlich und wartete auf die Reaktion. Überrascht öffnete Tony die Augen, drehte sich zu dem Übeltäter um und sein Blick erstarrte kurz. „Du Depp. Pass halt auf.“ Zischte ich und drehte mich wieder um, um weiterzutanzen. War ja klar, dass das nur einer gewesen sein konnte. Und war ja klar, dass dieser Mick Danes hieß, und scheinbar darauf aus war, mich zu ärgern. Plötzlich spürte ich wie der junge Mann immer näher kam. Bis sich schließlich unsere Körper berührten. Mick schlang mir eine Hand um den Bauch und passte sich meinen Schritten und Bewegungen an. Erst wollte ich ihn ja sofort wegstoßen, doch irgendetwas hielt mich davon ab. Also ließ ich Mick gewähren, ließ ihn näher an mich heran und zeigte ihm damit, dass ich vorerst nichts dagegen hatte. Sie wurden eine Einheit, tanzten eng an eng, Haut an Haut, bewegten sich gleich und waren perfekt aufeinander abgestimmt. *** hoffe es hat euch gefallen. :) über nen Kommentar freue ich mich Kapitel 2: Teil 2 ----------------- Es gefiel mir. Mick tanzte verdammt gut. Plötzlich spürte ich seinen Atem am Ohr und lehnte meinen Kopf zurück an seine Schulter. Als das Lied schließlich vorbei war und ein neues aufgelegt wurde, spürte ich erneut seinen Atem am Ohr. „Du bist verdammt süß!“ flüsterte Mick und ich spürte, wie ich eine Gänsehaut bekam. Schließlich wurde ich mir bewusst, was hier eigentlich gerade abging. War waren in der Schule! Und Tanzten! Zusammen! Dazu kam seine Hand die immer noch auf meinem Bauch lag! Und das schlimmste war: Ich hatte das zugelassen. Whaah! Sofort riss ich mich los. „Muss auf Toilette!“ murmelte ich leise und ergriff die Flucht. Scheiße ey, was war jetzt schon wieder in mich gefahren? Ich hatte einem Typen gerade erlaubt, mir total auf die Pelle zu rücken. Und es war nicht nur irgendein Typ gewesen, sondern Mick Danes, den ich bis vor kurzem noch gehasst hatte, wie die Pest, und mit dem ich jetzt Haut an Haut zu irgendeinem Lied tanzte. In der Schule! Weg hier, weg hier, dachte ich und ging zu den Toiletten. Ich sperrte mich erstmal in einer der Kabinen ein, versuchte mich wieder unter Kontrolle zu bringen, hätte am liebsten ein paar Mal kräftig mit meinem Kopf gegen die nächste Wand geschlagen, bis ich mich schließlich wieder beruhigte. Nach zirka zehn Minuten kam ich raus, leicht verpeilt, ohne natürlich darauf zu achten, dass vielleicht eine Horde Idioten gerade in dem Moment, wo ich heraus kam, einen jüngeren Jungen verprügeln könnten. Oha! Aber…Tony schafft es immer wieder! Denn genau das trat ein. Ich kam aus der Kabine, wollte mir gerade die Hände waschen, als mir endlich bewusst wurde, dass ich gerade mitten in einer Mischung, aus sexueller Vergewaltigung und brutaler Körperverletzung gelandet war. Uaaaahh. Wie schaffe ich das bloß immer wieder! Schnell wollte ich mich verdrücken, doch es war ja ständig so, wenn man nicht auffallen wollte, fiel man am meisten auf. „Hey, Marc. Halt ihn auf!“ rief einer der Jungs plötzlich und schon spürte ich einen harten Griff am Arm. Oh ja, ich liebte es. „Verdammt, Jeff, ich dachte du hättest nachgesehen, ob die Toiletten leer sind.“ Rief dieser Marc, eindeutig zornig. Ja, Jeff. Warum hast du nicht aufgepasst, du Depp!! Dachte ich ebenfalls. Besagter Jeff zog den Kopf ein und ging einen Schritt zurück. Nun fünf große Jungs gegen zwei kleine. Nicht sehr gerecht. Aber wann war das Leben schon gerecht. „Schlag ihm die Fresse ein, dann wird er bestimmt nicht quatschen.“ Schlug ein mir bisher namentlich noch Unbekannter vor, und ich bildete mir ein, jetzt schon in Ohnmacht fallen zu sollen um dieser Szene gekonnt entgehen zu können. Doch wenn ich schon einen Zahn verlieren sollte, dann doch bitte gerechtfertigt. „Wollt ihr euch nicht lieber Leute in eurem Jahrgang suchen, und die vermöbeln? Ich meine, ihr seit sicher drei, vier Jahre Älter, als der Kleine da, und ich finde es etwas…nun ja, wie soll ich sagen. Ich finde es etwas erbärmlich zu fünft auf einen Schwächeren einzuprügeln!“ Etwas verdutzt sah Marc mich an. „Ach ja? Du denkst also wir sollten lieber auf dich losgehen, anstatt den Hosenscheißer ran zunehmen?“ Ich schluckte. Nun, so wollte ich es eigentlich nicht unbedingt sagen… Hehe. Ich versuchte mich loszureißen, grinste entschuldigend und sah schon, wie er langsam ausholte um mich in den Zustand jämmerlicher Bewusstlosigkeit zu befördern, als plötzlich die Tür aufgestoßen wurde und Mick den Schlag von dem Kerl gekonnt abblockte. Schützend stellte er sich vor mich und sah die fünf gruselig an. „Nun…was geht hier vor?“ fragte er leise und gleichzeitig so bedrohlich, dass es mir eiskalt den Rücken runter lief, obwohl ich doch gar nicht gemeint war. Marc grinste nur dümmlich, winkte seine Leute zu sich und verschwand. Oh toll…Ich war so erbärmlich. Mick wartete noch einen Moment, ob sie auch wirklich verschwunden waren und drehte sich besorgt zu mir um. „Alles okay?“ fragte er leise. Genervt sah ich weg und verschränkte die Arme vor der Brust. „Was ist?“ fragte er weiter, als ich nicht antwortete. Ich knurrte nur leise und wollte an ihm vorbei, doch er hielt mich zurück. „Ach! Lass mich du Idiot. Hör auf mich die ganze Zeit zu Retten. Ich komm mir vor wie in einem World Disney Film, in der ich die Holde Maid und du der silberne Ritter bist! Schrecklich. Kotz!“ Damit drückte ich mich an ihm vorbei und verschwand aus dem Klo. Wenig später hatte ich das Gelände verlassen und war auf dem Heimweg. Nein ey, unglaublich. Das er es auch nicht lassen konnte. Dauernd tauchte er auf, wenn ich mich in „Gefahr“ begab, spielte den Helden und nervte mich damit noch mehr, als schon so. Als wäre er wirklich so toll. Ach… verdammt. Nun, wenn man genau überlegte, wäre ich wohl jetzt Tod, wenn er nicht gekommen wäre, aber das änderte nichts daran, das sich es einfach nur schrecklich fand, das er dauernd dann aufkreuzte, wenn ich ein Problem hatte. Taucht er auch eines Tages daheim auf, weil mein Vater mich halb Tod prügelt? Nun…wahrscheinlich wäre ich ihm dankbar, und würde ihn gleichzeitig auch auf ewig dafür Hassen! Bis zum Dienstag sah ich ihn nicht. Montag hatten wir weder Chemie, Mathe noch Sport, weshalb er mir kein einziges Mal über den Weg lief. Machte mir natürlich nichts aus, ich war regelrecht froh über die kleine Pause die er mir gönnte. Seine dauernde Anwesenheit brachte mich schier zur Verzweiflung. Nun, der Dienstag kam, und ich sah mich schon wieder konfrontiert, mit ätzenden Blicken, blöden Bemerkungen und einer Rettungsaktion. Doch diesmal sagte er nichts, guckte nicht und rettete nicht, davon abgesehen, dass ich es auch ausnahmsweise mal wieder schaffte, nicht in „Gefahr“ zu geraten. Ich Held! Etwas verwundert stellte ich fest, dass er mir im Gegensatz zur letzten Woche kein einziges Mal seine Aufmerksamkeit schenkte. Irgendwie eigenartig. Nun, was sollte man machen. Er schien mich scheinbar vergessen zu haben. Dieser Gedanke störte mich noch mehr, als seine Rettungsaktionen, was mich ebenfalls stark verwunderte. Warum wollte ich seine Aufmerksamkeit plötzlich haben? Tja, war wohl nix, Tony, denn dieser Typ hatte dich wirklich vergessen. Auch in den nächsten Tagen wurde ich weder angesprochen noch angesehen. Er ignorierte mich vollkommen, selbst wenn ich direkt neben ihm stand. Fies! Die Woche verging ohne irgendwelche Nennenswerten Ereignisse. Es war regelrecht langweilig gewesen, in der Schule. Weder wurde ich von einer Leiter geschmissen, noch wurde ich mit einem Ball attackiert. Okay, in Sport hatten wir auch ausnahmsweise keine Ballspiele gemacht, die für mich nach wie vor Lebensgefährlich waren. Also zog sich die Woche regelrecht hin, bis zum Wochenende, das doch, trotz Mick Danes, immer noch grausamer war als die Schulzeit. Nun, selbst da musste ich durch, obwohl ich mir schöneres Vorstellen könnte als ein ganzes Wochenende mit meinem Kranken, Drogensüchtigen Vater, der leider Gottes nicht auch Samstag und Sonntag auf dem Bau arbeitete, und somit keine Gelegenheit hatte sich durch einen Sturz den Hals zu brechen. Schade, Schade. Nun, da er mich schon lange nicht mehr drangsaliert hatte, war es dieses Wochenende wieder so weit. Samstag kam ich noch ganz gut davon, hatte mich den ganzen Tag im Zimmer eingesperrt und kam nur ab und zu mal kurz raus, um ins Bad oder in die Küche zu huschen. Sonntag wurde es schwieriger. Ein Tag ohne viel zu Essen kam ich ganz gut aus, aber am zweiten war es mir irgendwann einfach zu blöd und ich ging einfach vor in die Küche, holte mir was gescheites, machte mir was gescheites, wie auch immer und schob es mir zwischen die Zähne. Eigentlich hatte ich damit gerechnet, dass mein Vater auch diesen Abend in irgendeiner Kneipe versaufen würde, um dann Sturz betrunken nach Hause zu kommen. Nur hatte ich nicht damit gerechnet, dass sein Glück im Spiel heute mal wieder sehr gering war, und er durch den Verlust von 200 schließlich Sturz betrunken und übel gelaunt schon früher nach Hause kommen könnte. Tja, wie es scheint, hatte auch ich heute kein Glück. Gerade als ich in die Küche stapfen wollte, öffnete sich die Tür, mein Vater kam herein, sah mich, schlug mich, ging weiter, schnappte sich meine Mutter und verschwand mit ihr im Schlafzimmer. Nun, der Schlag war nicht sonderlich fest gewesen, weshalb ich ihn auch relativ gut wegsteckte, doch meine Mutter schien es nicht so gut angetroffen zu haben. Ich hörte sie Schreien, Kreischen, Wimmern und Weinen. Immer noch stand ich im Gang, auf dem Weg zur Küche, schloss die Augen und lauschte. Gott…der Kerl brachte sie noch um! Irgendwann nach zehn Minuten, hielt ich es nicht mehr aus, riss die Schlafzimmer Tür auf und stürmte hinein. Meine Mutter lag auf dem Bett, er über ihr, sie hatte blutige Striemen im Gesicht und Heulte. Als sie mich sah, riss sie Erschrocken die Augen auf, schüttelte mit dem Kopf und wollte mich verscheuchen, doch ich ignorierte sie, ging zu meinem Erzeuger und zerrte ihn von ihr herunter. „Du bringst sie um!“ schrie ich ihn an und stieß ihn zu Boden. Sein Blick wandte sich zu mir, erst war er erschrocken, überrascht, dann wandelte er sich schlagartig in Puren Hass und Zorn. „Du wagst es!“ murmelte er leise, rappelte sich auf und kam auf mich zu. Angespannt wich ich zurück, fest entschlossen mich zu wehren, obwohl ich wusste, dass ich es dadurch noch viel schlimmer machen würde. Schon holte er aus, traf mich mit der Faust an der Schläfe und diesmal war ich es, der auf dem Boden lag. Er gab mir einen Fußtritt, nahm mir die Luft, beugte sich über mich und griff nach meinem Hals. „Das wirst du bereuen!“ zischte er und würgte mich. Ich griff nach seinen Händen, versuchte sie Wegzuzerren, doch er war zu stark, trotz des Alkoholkonsums. Scheiße, er bringt mich um…stellte ich fest, versuchte verzweifelt nach Luft zu schnappen, doch nur ein Röcheln verließ meine Lippen. Ich schloss die Augen, spürte schon, wie ich langsam abdriftete, da ließ er von mir ab. Halb bewusstlos lag ich am Boden, atmete pfeifend ein und aus, versuchte meine Lungen wieder mit Sauerstoff zu füllen. Dann öffnete ich meine Augen wieder, sah meine Mutter, die wie Tod auf dem Boden lag, er über ihr. „Nein!“ wimmerte ich leise, griff nach seinem Fuß und zerrte daran. Er schwankte, wandte sich wieder zu mir und schlug mir mit der Faust direkt ins Gesicht. Wieder sah ich nur Sterne, wollte mich wehren, doch meine Arme waren wie gelähmt. Er verpasste mir einen Fußtritt direkt in den Magen, schlug immer wieder zu, bis ich schließlich fast nichts mehr mitbekam. Irgendwann ließ er von mir ab, verschwand aus dem Raum, ließ uns dort liegen und ging aus dem Haus. Meine Mum lag nur wenige Meter von mir entfernt, doch ich schaffte es nicht auf sie zuzurobben. Alles schmerzte, ich wimmerte leise, tränen liefen mir übers Gesicht. Als ich erwachte, lag ich auf meinem Bett. Meine Mutter saß neben mir auf der Kante und sah mich besorgt an. „Alles okay?“ fragte ich sie leise und schloss die Augen wieder. „Ja…alles okay. Aber du siehst nicht gut aus. Ich hab dir etwas Wasser gebracht.“ Ich nickte leicht und versuchte mich aufzusetzen. Scheiße ey, der Kerl hatte mich mal wieder total fertig gemacht. In einer halb sitzenden, halb liegenden Position streckte ich die Hand nach dem Glas aus und trank ein paar Schlucke. Ich hatte einen ekligen Geschmack im Mund. Eisen. Scheiße! „Gib mir einen Spiegel.“ Bat ich meine Mutter. Sie stand kurz auf, ging aus dem Raum und kam nach wenigen Minuten mit einer Schüssel warmen Wasser, einem Waschlappen und einem kleinen Spiegel wieder. Ich sah kurz hinein, griff dann nach dem Waschlappen und wischte mir das blut aus dem Gesicht. Oh Gott, ich sah schrecklich aus. „Hast du was zum kühlen?“ fragte ich meine Mum müde und sie zog ein Kühlpad heraus, das sie ebenfalls mitgebracht hatte. Ich drückte es mir gegen die Wange und gab ihr den Spiegel zurück. „Danke!“ Ich lehnte mich zurück und seufzte leise. Dann schlief ich wieder ein. Am nächsten Tag wäre ich am liebsten daheim geblieben, doch mein Vater hatte frei, ich wollte nicht mit ihm in einem Haus sein, wenn es sich auch vermeiden ließ. Langsam stand ich auf, ging stöhnend ins Bad, sah kurz in den Spiegel, hielt mir den Kopf unters Kalte Wasser, spürte wie mir schwindlig wurde und ging wieder zurück in mein Zimmer, die Zahnbürste im Mund. Ich suchte meine Sachen heraus, schälte mich langsam aus dem T-Shirt und der Jogginghose, die ich seit gestern trug und zwängte mich in ein weißes Shirt, die schwarze Hose und das weiße Hemd. Jede Bewegung war eine Qual, jeder Atemzug schmerzte, doch ich biss einfach die Zähne zusammen, machte weiter, zog die Jacke an, zerrte die Krawatte über den Kopf, sah noch mal kurz in den Spiegel und fuhr mir mit den Fingerspitzen leicht über die kleine Wunde, die ich an der Wange hatte. Die Schwellung war zurückgegangen, durch das Kühlpad, doch ich sah trotzdem ziemlich zerschlagen aus. Ich griff nach meinem Rucksack, schwang ihn mir vorsichtig auf den Rücken und verschwand dann aus dem Haus. Langsam ging ich die Straße entlang, scheiße ey, mir ging es richtig übel. Ich hatte Kopfschmerzen, die Prellungen taten weh und mir schwindelte leicht. Trotzdem ging ich weiter bis ich schließlich die Schule erreichte. Ohne viele Worte zu verlieren, stapfte ich mit Mike ins Klassenzimmer, setzte mich hin und versuchte mir krampfhaft nichts anzumerken. Mike fragte, woher ich die Wunde im Gesicht hatte. „Hingefallen!“ log ich ihn an und tat so, als würde ich dem Unterricht folgen. Bis zur Pause hielt ich es ganz gut aus. Immer noch hatte ich Schmerzen und mir war schlecht. Doch die Sitzerei war nicht sonderlich anstrengend, weshalb ich es ganz gut überstand. In der Pause stand ich notgedrungen auf, ging nach draußen an die frische Luft und lief langsam auf eine etwas abgelegene Stelle zu, bei der die Wahrscheinlichkeit entdeckt, oder angesprochen zu werden, geringer war. Schon jetzt spürte ich, dass ich nicht mehr weiter konnte. Kurz vor der Bank, die dort am Rande des Schulhofs stand, hielt ich an und hielt mir den Bauch. Scheiße, mach nicht schlapp, dachte ich und schloss kurz die Augen. Meine Beine waren ganz wacklig, gaben schließlich unter mir nach und ich stürzte zu Boden. Wieder übermannte mich der Schmerz, ich versuchte wieder aufzustehen, weiter zu gehen, doch ich konnte nicht, blieb liegen und hielt die Augen geschlossen. Nach wenigen Sekunden war ich weg. Mick entdeckte Tony schon nach wenigen Sekunden. Er sah nicht sonderlich gut aus, wirkte zerschlagen, Mick erkannte sofort, dass er Schmerzen hatte. Etwas besorgt folgte er ihm unauffällig. Tony ging nach draußen, wandte sich nach rechts und ging langsam und bedächtig weg von dem Trubel an eine etwas abgelegene Stelle. Was wohl mit ihm los ist, fragte sich Mick und lehnte sich gegen die Hauswand, des Schulgebäudes und verschränkte die Arme vor der Brust. Abwartend beobachtete er seinen Kleinen, der schließlich stehen blieb und eine Hand an seinen Bauch presste. Dann ging er in die Knie. Erschrocken stieß sich Mick von der Wand ab und ging auf Tony zu. Dieser versuchte kurz, sich wieder aufzurappeln, fiel dann ganz hin und blieb regungslos liegen. Mick beschleunigte seine Schritte, kniete sich neben seinen Klassenkameraden und drehte ihn auf den Rücken. Besorgt überprüfte er Puls und Atmung. Es war alles normal. Die Wunde an seiner Wange war noch nicht alt, vielleicht von gestern. Sie war eindeutig von einem Schlag, stellte Mick fest. Als er sich seinen Hals und seinen Bauchbereich etwas genauer ansah, verstand er, dass es hier um etwas Ernsteres ging. Kurz überlegte der junge Mann, was er am besten machen sollte, dann stand er auf, hob den Jüngeren hoch und verließ das Schulgelände. Mit schnellen weit ausholenden Schritten ging er zu seinem Auto, öffnete die Hintertür, legte Tony auf die Rückbank und setzte sich auf die Fahrerseite. Dann fuhr er los. Bei seinem Apartment angekommen, stieg er aus, hob seinen Freund vorsichtig aus dem Wagen und ging auf das luxuriöse Haus zu, das ihm gehörte. Die unteren beiden Wohnungen hatte er vermietet. Oben wohnte er. Das geräumige, große Apartment reichte ihm voll und ganz. Er könnte getrost noch ein zwei Leute bei sich aufnehmen, ohne an Platzmangel denken zu müssen. Er schloss die Wohnung auf, ging in sein Schlafzimmer und legte den Jüngeren auf das große breite Bett. Dann lief er in die Küche, holte etwas Wasser und ein sauberes, feines Tuch, griff nach seinem Verbandskasten und kam zurück ins Schlafzimmer um seinen kleinen Patienten zu versorgen. Vorsichtig schälte er Tony aus der Jacke und dem Hemd. Dann zerrte er das T-Shirt etwas hoch, untersuchte die Prellungen und kleinen Verletzungen, tat eine wohltuende Salbe auf die blauen Flecken und klebte hier und da ein Pflaster auf die offenen Wunden. Dann kümmerte er sich um Tonys Gesicht, nahm das warme Wasser und wusch das Blut aus seinem Gesicht. Bei seinem Sturz hatte er sich eine Weitere kleine Platzwunde zugezogen, die sich ja nicht unbedingt entzünden musste. Mick klebte auch dort ein Pflaster drauf und brachte das Zeug zurück in die Küche. Schnell packte er alles wieder weg, ging zurück und deckte Tony richtig zu, damit er nicht fror. Dann setzte er sich neben seinen Patienten, fuhr ihm besorgt durchs Haar und wartete ab. Als ich aufwachte, spürte ich wärme um mich herum. Jemand fuhr mir durchs Haar, immer wieder, hatte damit eine beruhigende Wirkung auf mich. Schließlich öffnete ich die Augen einen Spaltbreit, sah mich verwirrt um, und entdeckte schließlich Mick, der lächelnd neben mir auf der Bettkante saß und seine Hand schließlich weg nahm, als er merkte, dass ich wach war. „Wo bin ich?“ fragte ich ihn leise und sah mich erneut um. Ich kannte dieses Zimmer nicht. „Ich hab dich zu mir nach Hause gebracht. Du bist in meinem Apartment.“ Ich nickte leicht. „Danke!“ flüsterte ich leise und schloss die Augen wieder. Stöhnend hob ich meinen Arm und fuhr mir kurz über die Stirn. „Hast du Schmerzen?“ fragte Mick besorgt. Ich nickte leicht. „Hast du eine Tablette für mich?“ Er stand kurz auf, verschwand aus dem Zimmer und kehrte kurze Zeit später mit einer Tablette und einem Glas Wasser wieder zurück. „Hier!“ Er hielt mir das Zeug hin. Dankbar nahm ich es an, setzte mich leicht auf und schluckte die Tablette runter. Dann lehnte ich mich zurück in sein Bett, drehte mich auf die Seite, so gut es ging und schloss die Augen um wieder einzuschlafen. Kurz bevor ich erneut ins Land der Träume verschwand, spürte ich erneut Micks Hand, die mir sanft über die Schläfe fuhr. Als ich das nächste Mal erwachte, ging es mir etwas besser. Mick war nicht im Raum, was mich auf der einen Seite beruhigte, auf der anderen auch etwas traurig machte. In diesem großen, geräumigen Raum fühlte ich mich eigenartig allein, fast schon einsam. Ich setzte mich ächzend etwas auf, stopfte mir ein Kissen in den Rücken und lehnte mich wieder zurück. Wirklich auf der Höhe war ich nicht. Nach wenigen Sekunden hörte ich Geräusche im Nebenraum. Schritte kamen näher, die Tür öffnete sich und Mick kam lächelnd herein. „Wie geht’s dir?“ fragte er leise und setzte sich auf die Bettkante. Etwas besorgt sah er mir ins Gesicht, anscheinend sah ich so aus, wie ich mich fühlte. Schrecklich! „Es geht. Schon besser, Danke.“ Sagte ich ebenfalls leise und schloss seufzend die Augen. „Wie spät ist es?“ fragte ich Danes und atmete tief ein und aus, um das Schwindelgefühl auszuschalten. „Halb Sieben. Musst du nach Hause?“ Ich nickte, zuckte gleichzeitig mit den Schultern, entschied mich zu keiner konkreten Antwort. Weder wollte ich ihm zur Last fallen, noch wollte ich nach Hause… „Wahrscheinlich ist es besser, wenn ich gehe. Bin dir Lange genug eine Last gewesen.“ Gab ich vage an, und machte tatsächlich Anstalten, aufzustehen. Mick schüttelte mit den Kopf drückte mich sanft zurück ins Kissen und sagte: „Du fällst mir nicht zur Last. Du kannst bleiben solange du möchtest.“ Wieder zuckte ich nur mit den Schultern. Schweigend sah er mich an, sein Blick war verwirrender Weise besorgt. Lange sagte niemand etwas, bis er mich schließlich fragte, wie das passiert war. Ich schüttelte leicht mit dem Kopf. „Geht dich nix an.“ Sagte ich müde. Es schmerzte mich selbst, das sagen zu müssen, doch irgendwie konnte ich ihm nicht vertrauen. Zu groß war die Angst, vor einer Enttäuschung. Auch wenn es mir auf der Seele brannte, endlich loszuwerden, was seit Jahren zu Hause ablief. Was mich steht’s verfolgte, was mich so oft beinah umbrachte. Ich wollte so gerne endlich offen sein, mich jemandem öffnen. Zum ersten Mal aussprechen, was so offensichtlich war…was mich innerlich zerstörte, mir jede Hoffnung auf eine bessere Zukunft nahm. Die Schläge, die Worte, die Erniedrigung, die Angst… Doch es ging nicht. Ich konnte es ihm nicht sagen. Warum wusste ich selbst nicht. „Komm schon Tony. Du kannst mir vertrauen. Was ist passiert?“ Wieder schüttelte ich mit dem Kopf. „Lass es.“ Mick biss sich auf die Lippen, sein Blick wurde traurig. „Hasst du mich so sehr? Was habe ich getan, das du mich so sehr hasst?“ Erschrocken sah ich ihn an. Dann wandte ich den Blick ab, sah zur Seite. Ich spürte wie meine Wangen heiß wurden. Scheiße, was war denn jetzt los? Wie kam er darauf? Einen Augenblick später wurde mir klar, weshalb er mir diese Frage stellte. Mein Verhalten in den letzten Wochen war offensichtlich gewesen. Kalt, ablehnend, abweisend. Kein Wunder, dass er jetzt so reagierte. Schließlich riss ich mich zusammen, schüttelte leicht mit dem Kopf. „Ich…ich…ich hasse dich doch nicht.“ Stammelte ich. Meine Wangen waren Rot. Das ganze war mir verflucht peinlich. Immer noch starrte ich die Decke an, ließ den Kopf hängen, wollte nicht, dass er mir ins Gesicht sah. Dann spürte ich eine Hand an meinem Kinn, langsam hob er mein Gesicht an und fragte ernst. „Sondern?“ Wieder wurde ich verlegen, wollte darauf keine Antwort geben. Ich wusste keine Antwort. Seit Wochen ging er mir auf die Nerven, verfolgte mich, rettete mich, half mir, obwohl ich ihn nicht darum bat. Doch war das wirklich so schlimm gewesen, wie ich es mir dauernd eingeredet hatte? Hatte ich es nicht irgendwo sogar ein Stück weit genossen? Mich nicht danach gesehnt, endlich jemanden zu haben, der sich um mich kümmerte? Der Interesse und Besorgnis um mich hegte? Schweigen breitete sich aus. Plötzlich spürte ich, wie seine Hand sich bewegte. Sanft strich er über meine Wange, wanderte weiter zu meinem Nacken und vergrub sich in meinem Haar. Etwas verwundert sah ich auf, blickte in seine tiefblauen Augen und ließ mich von ihnen in den Bann ziehen. Langsam näherte sich sein Gesicht. Mein Blick wanderte weiter über sein Profil, blieb an seinen Lippen hängen. Leicht geöffnet näherten sie sich den Meinen, bis er schließlich kurz bevor sie sich trafen stoppte und auch die andere Hand in Bewegung setzte. Er tastete sich vor, legte sie behutsam an meine Seite und beugte sich noch ein Stück weiter vor, bis sich unsere Lippen trafen. Überrascht riss ich die Augen auf, war wie erstarrt, ließ diesen Kuss bewegungslos über mich ergehen. Sein Mund war sanft und weich, vermittelte mir ein Gefühl von Wärme. Nach wenigen Sekunden spürte ich, wie er sich wieder zurückzog. Seine Hände ließen von mir ab, seine Augen öffneten sich und sahen mich durchdringend an. Etwas Perplex sah ich ihn an, er schien erleichtert zu sein, dass ich ihn nicht zurückwies. Mein Herz klopfte wie verrückt, mein Blut pulsierte durch meine Adern. Ich fühlte mich Schwach, und gleichzeitig Stark, wusste beim besten Willen nicht, wie ich damit jetzt umgehen sollte. Er lächelte mich liebenswürdig an, was auch mir ein kleines lächeln entlockte. Wieder beugte er sich vor, diesmal sicherer als zu vor, legte mir seine Hand an das Kinn und zog mich etwas zu sich her, küsste mich erneut. Wieder wehrte ich mich nicht, ließ mich küssen, ließ seine weichen, warmen Lippen liebevoll über die meinen gleiten, spürte, wie es mir gefiel, wie ich anfing, es zu genießen. Plötzlich wurde er fordernder, seine Hand an meinem Kinn zwang mich den Mund aufzumachen. Ungeduldig fuhr er mit seiner Zunge in meinem Mund, fuhr mir gleichzeitig mit der freien Hand unter das Shirt, drängte mich weiter zurück in das Kissen und beugte sich weiter über mich. Erschrocken versuchte ich ihn wegzudrücken, doch er ignorierte es, seufzte leise gegen meine Lippen und machte weiter, ließ seine Hand nach unten gleiten, erst zu meiner Hüfte, dann zu meinem Oberschenkel. Ich zog die Luft ein, drehte meinen Kopf weg, verwehrte ihm somit einen weiteren Kuss. „NEIN!“ schrie ich laut und schlug seine Hand weg. Geschockt wich er zurück, sah mich aus aufgerissenen Augen verwirrt an. „Fass mich nicht an!“ fügte ich noch hinzu, rollte mich dann weg von ihm, und versuchte aufzustehen. Es gelang mir auf Anhieb, auf die Beine zu kommen. Ich rannte aus dem Zimmer, aus dem Appartement, weg von diesem Ort, weg von diesem Mann, der es wagte, die Wand zu durchbrechen, die ich seit Jahren verzweifelt aufrecht erhielt… Es kam mir vor, als würde ich eine Ewigkeit durch die Straßen laufen. Halb rannte, halb torkelte ich durch die Gassen, versuchte meine Orientierung aufrecht zu erhalten, doch ich kannte mich hier nicht aus. Hatte die Gegend noch nie gesehen. Es war fast dunkel, mir war kalt. Ich hatte nur ein Shirt an, nicht mal meine Schuhe hatte ich mitgenommen. Zitternd wurde ich schließlich langsamer, verschränkte die Arme vor der Brust und ließ den Kopf hängen, während ich weiter ging, verzweifelt nach einem Anhaltspunkt suchend, wo genau ich mich befand, wo dieser Weg mich hinführte. Als ich um die nächste Straßenbiegung ging, kamen mir die Häuser eigenartiger weise bekannt vor. Nicht, dass ich wusste, wo ich war, eher das Gefühl schon mal hier gewesen zu sein. Die Erkenntnis traf mich wie ein Schlag. Ich war im Kreis gelaufen. Das hast du perfekt hinbekommen, Tony, dachte ich bei mir. Mir war zum Heulen zumute, es war eiskalt, meine Füße taten weh und mir schmerzte der Kopf, von den Schwindelgefühlen einmal abgesehen. Schließlich kam ich zum stehen. Ich konnte nicht mehr weiter. Langsam ließ ich mich nach unten sinken, lehnte mich erschöpft gegen die Hauswand direkt neben mir und verschränkte die Arme um meine angezogenen Knie. Mit hängendem Kopf kamen mir die Tränen. Ich hatte alles vermasselt. Erst wies ich Mick ab, dann rannte ich ohne Schuhe und ohne Jacke aus dem Haus, verlief mich hoffnungslos und lief stundenlang im Kreis. Es gab keinen Anhaltspunkt, ich konnte nicht mal zu Micks Appartement, selbst den Weg hatte ich mir nicht gemerkt. Ich zitterte am ganzen Körper. Die Blessuren schmerzten, mein Kopf machte mir zu schaffen. Trotz der Kälte spürte ich kalten Schweiß auf meiner Stirn. Und jetzt? Wenn ich hier blieb würde ich in dieser Nacht sicherlich erfrieren. Die Temperatur fiel konstant, mittlerweile war es Stock dunkel. Nur die Straßenlaterne direkt neben mir spendete licht, ein kleiner Hoffnungsschimmer in dieser verlassenen Gegend… Nach einer halben Stunde hielt es Mick nicht mehr aus. Tony war ohne Jacke und ohne Schuhe aus dem Haus gerannt, draußen wurde es Dunkel und es war kalt draußen. Mick wusste, dass Tony ihm sicherlich auch diese Rettungsaktion übel nehmen würde, doch das war ihm egal. Ob er ihn hasste, oder nicht, Hauptsache es ging ihm gut und er war in Sicherheit. Also zog Mick sich an, nahm den Schlüssel zu seinem Appartement und ging aus dem Haus. Tony kannte sich doch gar nicht aus! Wer weiß, wo er jetzt steckte, ging es Mick durch den Kopf, während er durch die Straßen joggte und nach dem Jüngeren Ausschau hielt. Gründlich suchte er die Gegend ab, eine Straße nach der anderen. Bis er ihn schließlich fand. Eine Stunde lang, war Mick durch die Straßen gerannt und hatte ihn gesucht. Als er sich ihm näherte erkannte er sofort, dass Tony total am Ende war. Er saß an eine Hauswand gelehnt, hustete leise, atmete schwer und sah verfroren aus. Mick kniete sich vor ihm nieder, und sprach ihn leise an. Er reagierte nicht. Besorgt strich Mick ihm die Haare aus dem Gesicht. Der Jüngere war ganz abwesend, schien fast bewusstlos. Seine Haut war kalt und feucht. Sofort entledigte Mick sich seiner Jacke und zog Tony ein Stück von der Wand weg. Er legte ihm seine Jacke um die Schultern und griff ihm mit der rechten unter die Arme und mit der linken unter die Knie. Dann hob er seinen Freund hoch und machte sich auf den Weg nach Hause. Tony zitterte am ganzen Körper und stöhnte leicht gegen Micks Schulter. Mick brauchte knappe zehn Minuten, bis er wieder vor seinem Anwesen stand. Mit schnellen Schritten ging er hinein, lief die Treppe hoch und stieß die Tür zu seinem Appartement auf. Er brachte den Jungen Mann in sein Schlafzimmer und legte ihn ins Bett. Schnell deckte er Tony zu und holte warmes Wasser und ein Tuch aus der Küche. Mit sanften Handbewegungen wischte er dem Jüngeren über das Gesicht. Immer noch zitterte er am ganzen Körper. Seine Augen waren geschlossen, auf Micks Worte reagierte er nicht. Kurzerhand stellte Mick das Wasser auf den Boden, schlug die Decke zurück und legte sich vorsichtig neben den ausgekühlten, zerschundenen Körper und versuchte ihn mit seinem Körper zu wärmen. Nach einer weile spürte Mick, dass das zittern aufhörte. Auch Tonys Atmung beruhigte sich. Er schien zu schlafen. Erleichtert stand Mick vorsichtig auf, setzte sich wieder auf die Bettkante und fuhr Tony sanft durchs Haar. Er bereute nicht, dass er dem Jungen nachgegangen war. Wer weiß was passiert wäre, wenn Mick sich noch mehr Zeit gelassen hätte. Tony war nicht wirklich in der Verfassung, längere Zeit bei den Temperaturverhältnissen draußen zu sitzen. Ich hörte Schritte näher kommen und spürte, wie erleichtert ich war. Mit jeder weiteren Minute hatte sich mein Zustand verschlechtert. Mittlerweile spürte ich meinen Körper nicht mehr, ich driftete immer weiter ab in die Bodenlose tiefe, die sich unter mir geöffnet hatte. Eine mir vertraute Stimme sprach mich an, doch ich antwortete nicht, konnte nicht antworten. Jemand hob mich hoch, brachte mich weg, ich spürte die Wärme des Körpers, der mich fest umklammert hielt, spürte die Schritte, die mich jedes Mal etwas durchschüttelten. Ich brauchte lange, bis ich realisierte, dass es sich um Mick handelte, der mich wieder zurück in sein Appartement trug. Erst als ich den vertrauten Geruch der Laken wahrnahm, die sich unter mir befanden, wusste, ich, dass er es war, der mich zurückgebracht hatte. Das Bett war ausgekühlt, immer noch fror ich, mit dem einzigen Unterschied, dass ich wieder anfing, meinen Körper wahrzunehmen, auch meine Umwelt wurde etwas klarer. Wieder sprach er mich an, ich sagte nichts, hielt die Augen geschlossen und versuchte das Zittern unter Kontrolle zu bringen. Plötzlich spürte ich, wie er sich neben mich legte, und versuchte, mich mit seinem Körper zu wärmen. Etwas verblüfft verkrampfte ich mich im ersten Moment, wurde allerdings ruhiger, als ich die Wärme spürte, die er ausstrahlte. Schließlich wurde ich ganz ruhig, die Müdigkeit übermannte mich, und ich schlief ein. Ich erwachte von den Sonnenstrahlen, die durch Fenster hereinschienen. Es war ungewohnt hell, zulange war es her, seit ich unter diesen Umständen geweckt worden war. Als ich meinen Kopf zur Seite drehte und die Augen öffnete, sah ich Mick, der neben mir in dem breiten Bett lag und leise aus und einatmete. Etwas verwirrt sah ich ihn an. Nur langsam realisierte ich, wo ich mich befand, und was Gestern passiert war. Ich hob die Hand und fuhr mir leise seufzend durchs Haar, strich es mir aus dem Gesicht und sah dann wieder zu Mick, der immer ruhig neben mir schlief. Ein kleines Lächeln stahl sich auf meine Lippen. Er konnte es auch nicht lassen, mich immer wieder aus Gefahrensituationen zu ziehen. Normalerweise hätte ich es ihm ja übel genommen, doch diesmal war ich einfach nur froh, dass er mich doch noch gesucht hatte. Trotz meiner Abfuhr, trotz meiner Abweisenden Haltung, hatte er sich auf den Weg gemacht, mich zu finden. Ich war mir sicher, dass er mir das Leben gerettet hatte. Hätte mich kein anderer gefunden, hätte ich es sicherlich nicht geschafft. Lange sah ich ihn an. Seine schönen Gesichtszüge, die schwarzen, glänzenden Haare. Er lag komplett angezogen neben mir, hatte sich nicht mal die Decke über den Körper gezogen. Bei jedem Atemzug hob und senkte sich seine Brust. Es war eigenartig festzustellen, wie sehr er mich nur durch diese Handlung dazu brachte, das Leben richtig wahrzunehmen. Plötzlich regte er sich, seufzte leise und öffnete die Augen. Müde sah er mich an, als er erkannte dass ich wach war, lächelte er erleichtert. „Wie geht’s dir?“ fragte er leise, regte sich etwas, zog sein Knie näher an seinen Körper und richtete den Kopf etwas auf und schob seinen Ellenbogen darunter. Immer noch hatte er dieses sanfte, liebevolle Lächeln auf den Lippen. Ich konnte nicht anders, musste zurücklächeln, spürte gleichzeitig wie ich rot wurde. „Tut mir leid.“ Flüsterte ich leise und wandte den Blick von seinen Augen ab. Aus den Augenwinkeln konnte ich sehen, wie er leicht mit dem Kopf schüttelte. „Dir muss es nicht Leid tun, Tony. Ich habe dich bedrängt, es war meine Schuld.“ Diesmal war ich es, der verneinte. „Ich hab überreagiert. Ich wollte dich damit nicht verletzen, oder abweisen…ich…es hat mich überrascht, ich war überrumpelt, ich bin nicht der Typ für eine feste Bindung. Das liegt nicht daran, dass ich es nicht will…sondern an der Tatsache, dass ich nicht so offen sein kann, wie man es von mir erwarten würde. Ich kann nicht über mich selbst sprechen, ich kann dir nicht sagen, weshalb ich gestern zusammengebrochen bin, es geht nicht! Auch wenn ich es wollte, ich kann es nicht!“ Die letzten Worte brachte ich nur schwer heraus. Die Tränen schossen mir in die Augen, nur mit Mühe konnte ich sie zurückhalten. Mick hob langsam seine Hand, strich mir sanft über die Wange. „Hey…“ sagte er leise und lächelte erneut. Damit brach er den Bann. Ich lies meinen Tränen freien lauf, schluchzte leise. Mick rollte sich unter die Decke, kam vorsichtig näher und zog mich in seine Arme. Widerstandslos ließ ich es mit mir geschehen, vergrub mein Gesicht in seinem T-Shirt und rückte so nah an ihn heran, wie es möglich war. Beruhigend strich Mick, den ich vor wenigen Tagen selbst für einen Blick noch verflucht hatte, mir über den Rücken, sprach beruhigend auf mich ein, spendete mir damit Wärme und Trost. Nach wenigen Minuten hatte ich mich wieder im Griff, machte allerdings keine Anstalten, von ihm zurückzuweichen. Ich genoss diese Nähe, genoss sein Interesse an mir, seine Fürsorge, die ich bei jedem anderen abgelehnt hätte. Ich wusste selbst, dass ich mich schon viel zu weit geöffnet hatte. Ich hatte ihm erlaubt mich zu küssen, hatte ihm erlaubt mich in den Arm zu nehmen. Die Grenze hatte er längst überschritten, ich hatte es nicht aufgehalten, nun musste ich damit Kämpfen, ohne diese Wärme nicht mehr klar zu kommen. Mir war klar, dass ich verliebt war. Mir war klar, dass ich ein Stück weit jetzt schon abhängig von ihm war. Dass ich nicht mehr allein sein wollte, und es auch nicht mehr konnte. Auf der einen Seite machte mir dieses Eingeständnis Angst…auf der anderen Seite gab er mir ein so gutes Gefühl, dass ich über diese Angst getrost hinweg sehen konnte. Doch wie ging das ganze jetzt weiter? Ich selbst war zu schwach, um einen Schritt nach vorne zu wagen, und ihn hatte ich vor ein paar Stunden noch abgewiesen… Ich musste mich nicht mehr lange mit dieser Frage beschäftigen. Mick war hartnäckig genug, um sich ein zweites Mal vorzuwagen. Seine linke Hand, die immer noch auf meinem Rücken lag, regte sich langsam, wanderte zielstrebig zu meinem Kinn und hob mein Gesicht etwas an. Ich wandte meine Augen zu den seinen, sah Wärme und Liebe darin, erwiderte sein leichtes Lächeln. Er wischte mir sanft die Tränen aus dem Gesicht, dann beugte er sich über mich und gab mir einen liebevollen Kuss. Langsam tastete sich meine Hand zu seiner Brust vor, vergrub sich in dem Shirt und ich zog ihn etwas näher zu mir heran, gleichzeitig fing ich an, den Kuss schüchtern zu erwidern. Nach einer Ewigkeit, wie es mir schien, beendete Mick den Kuss, lächelte leicht gegen meine Lippen und zog seinen Kopf ein Stück zurück, um mir ins Gesicht zu sehen. Seine Finger strichen mir liebevoll durchs Haar, beruhigt und mit einem Gefühl der Sicherheit schloss ich die Augen. Es dauerte nicht lange, da war ich eingeschlafen. ENDE *** PS: Ich bedanke mich für eure Aufmerksamkeit Meine Absicht eine Fortsetzung zu schreiben ist schon gegeben, ja, aber ich kann ehrlich gesagt nichts versprechen. Zwar schwirren einige Gedanken nach wie vor in meinem Kopf herum doch ich bin mir nicht sicher ob es Ausreicht um etwas gutes daraus zu basteln. Mir persönlich hat diese Geschichte gut gefallen. Ich wollte sie schon lange mal endlich auf Papier bringen, wo ich sie doch schon Ewig mit mir Herumgeschleppt habe. Nochmals Danke für eure Aufmerksamkeit. Ich freue mich wenn ihr mir erzählt wie es euch gefallen hat :) Gruß Ray Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)