Edward - Bis(s) der Tag anbrach von Ricchan ================================================================================ Kapitel 14: Der Anfang vom Ende ------------------------------- Kapitel 14: Der Anfang vom Ender 24. Mai 1927 < Es war ein schöner Mittwochmorgen. Die Sonne hatte sich hinter einem dichten Wolkenvorhang versteckt und kalter Regen nieselte leise vor sich hin. Ein schöner Tag, ja, für mich! Würde heute die Sonne scheinen, müsste ich heute krankfeiern und könnte mir nicht die wirren Gedanken meiner Studienkameraden anhören, die sich öfters auch um meine Wenigkeit kreisten. Ich muss gestehen, das neue „Leben“, das Carlisle mir schenkte, hat mich noch eingebildeter werden lassen, als ich es ohnehin schon war. Aber ich denke jeder, der so gut aussieht wie ich und so beliebt ist, käme nicht um, ein bisschen selbstverliebt zu sein. Als ich in den Hof des großen Universitätsgeländes einfuhr, trat ich das Bremspedal durch, wendete geschickt und stand nach wenigen Sekunden, vollkommen ohne zurangieren, gerade in einer der Parklücke. Neidische Blicke von den jüngeren Studenten verfolgten mich, als ich aus meinem Waagen stieg und ihn abschloss. Ich liebte mein Auto. Und ich wusste, dass alle Leute dachten ich wäre Millionär – denn es war neuesten Schlitten auf dem Markt. Aber trotzdem… Es war mir immer noch zu langsam! Ich hoffte, dass der momentan überall einsetzende Fortschritt so weiter ging und dass ich in 20 oder 30 Jahren vielleicht endlich ein Auto fahren konnte, was die 200km/h Grenze locker überschritt. Und wenn es solch eine Maschine erst in 50 Jahren gäbe, dann würde mich das auch nicht stören… Ich war unsterblich! An meinem Alter und Aussehen würde sich auch in 1000 Jahren nichts geändert haben. Manchmal überleg ich mir, wie es wohl sein wird, später, in der fernen Zukunft, die außer uns keiner der heute lebenden Menschen je zu Gesicht bekommen wird! Es hat schon Vorteile ein Vampir zu sein, dachte ich nostalgisch und schritt elegant auf das große Eingangstor zu, das bereits offen stand und die Studenten willkommen hieß. Schnurstracks ging ich zum medizinischen Vorleseraum, der wie immer noch vollkommen leer war. Kein Wunder. Ich war ja auch wie immer zu früh dran. Um diese Uhrzeit war das Stimmenecho in meinem Kopf noch relativ leise. Es würde erst später lauter werden und mich in den Wahnsinn treiben, hätte ich nicht im letzten Jahrzehnt gelernt, es zu ignorieren und somit halbwegs normal denken und reden zu können. Doch heute war es etwas anders. Denn plötzlich vernahm ich einen zarten, hellen Klang. Selbst mein normales Gehör lauschte bereits auf die Schritte, die sich dem Saal näherten. Und dann stand ein kleines, blondes Mädchen im Türrahmen. Anscheinend war sie absichtlich so früh gekommen, dachte ich mir und fühlte mich durch ihre Gedanken direkt bestätigt. Ob ich überhaupt sein Typ bin? Vielleicht hat er ja auch schon eine Freundin?! Oder er ist schwul!? Oh, bitte, lieber Gott, lass ihn keins von beiden sein!! Lass ihn sich für mich interessieren!!! Also, ich muss schon bitten. Ich verkniff mir ein Lachen. Nur weil ich nie über Mädchen sprach und nicht auf einer der Stundentenpartys aufkreuzte, war ich doch wohl noch lange nicht homosexuell! Auf welche verrückten Ideen die Menschen nur immer kamen. Reiß dich zusammen, Amanda! So schlimm wird es schon nicht werden!, ermahnte sie sich und betrat vorsichtig den Raum. Ich blickte weiterhin zum Fenster hinaus, wie ich es schon getan hatte, als ich mich auf meinen Platz in der letzten Reihe der Sitzreihen nieder gelassen hatte. Natürlich hatte ich einmal kurz den Kopf gewendet um sie zu betrachten, aber davon dürfte sie nichts mit bekommen haben. Ich ließ mir also nicht anmerken, dass ich bereits wusste, dass sie da war. Ich wartete, bis sie sich geräuschvoll räusperte. Erst dann wandte ich mich zu ihr um. Stumm blickte ich ihr in die Augen und nickte höflich in ihre Richtung. „Gu~…Guten Morgen…Edward…“, begann sie stotternd und schluckte heftig. „Morgen.“, meinte ich nur und zeigte ihr ein kurzes lächeln. Sie lief purpurrot an. „I~…Ich wollte…“, ihre Stimme brach vor Schüchternheit. Amanda! Was soll das?! Rede gefälligst ordentlich! Was soll Edward denn von dir denken?! Was ich über sie dachte? Wie wäre es mit „Netter kleiner Snack, für zwischendurch!“ oder „Halt den Mund und komm her, damit ich meinen Durst stillen kann!“. Ihr Blut pulsierte heiß in ihren Adern und färbte ihre Wangen. Echt zum anbeißen. Schade, dass ich Vegetarier war, schoss es mir durch den Kopf und sofort musste ich mich selber schalten. Schade?! So etwas durfte ich noch nicht einmal denken, sonst bereue ich noch meine Entscheidung, Carlisle gefolgt zu sein! Ich schüttelte den Kopf so schnell, dass sie noch nicht einmal den Ansatz einer Bewegung hätte sehen können. „Also…“, fuhr sie fort und riss sich dann endlich zusammen. „Ich wollte dich fragen, ob du mal mit mir ausgehst!!“, schrie sie mich beinahe an. Ich veränderte meine Gesichtszüge, sodass ich überrascht wirkte, was natürlich nicht der Fall war. Amanda stand steif da und wartete auf meine Antwort. Nervös hüpfte sie von einem Bein aufs andere. Immer schneller floss ihr Blut und immer stärker wurde der Geruch, in dem kleinen stickigen Raum. „Tut mir Leid. Kein Interesse.“, sagte ich mit samtener Stimme. Ihr Körper fing an zu zittern, ihre Gedanken überschlugen sich, vollkommen verwirrt von meinen Worten und dem entgegen gesetztem Ton. „Aber…warum…?“, brachte sie krampfhaft hervor und versuchte die Tränen aufzuhalten. „Bist du schon vergeben? Bin ich nicht dein Typ?“, fragte sie schnell hintereinander und starrte mich dabei unentwegt an. „Weder noch.“, antwortete ich schlicht und sah ihr in die Augen, sodass sie ihren Blick senken musste. „Aber warum dann?!“ Die ersten Tränen liefen aus ihrem Augenwinkel und über ihre Wange. Es tat mir Leid, ihr mit meiner kühlen Art so eine Abfuhr zu erteilen. Ich konnte in ihrem Kopf lesen, dass sie noch nie abgewiesen wurde und nicht wusste, wie sie jetzt mit dem Gefühl umgehen konnte. Aber was sollte ich sonst tun? Zusagen, mich ein oder zwei mal mit ihr zu treffen, nur um es mir schwer zu machen und ihr am Ende weh zu tun?! Das konnte ich nicht. Das hätte ich nie einem Menschen antun können! Ich atmete aus und gab ihr die Antwort, die sich nicht hören wollte. „Es wäre besser, wenn wir uns nicht näher kämen.“ Das saß. Schlagartig fing sie an zu weinen und zu schluchzen. Ihre Schultern bebten. Schnell wandte sie sich um und rannte aus dem Raum. Ich folgte noch eine ganze Weile ihren Gedanken, bis sie in den Wald außerhalb des Gebäudes lief und somit aus meiner reichweite war. Vielleicht hätte ich jetzt ein schlechtes Gewissen haben sollen, aber das sollte mich erst später an diesem Tag einholen. Die Vorlesung war interessant und langweilig wie immer. Interessant, weil ich viele neue Sachen lernte und mir das Lernen großen Spaß machte. Langweilig, weil die Stimme meines Professors so einschläfernd war, dass viele der Studenten bereits ihre Köpfe auf den Tisch legten. In solchen Momenten wünschte ich mir auch schlafen zu können. Außerdem erntete ich heute böse Blicke und Gedanken, da natürlich die halbe Schule schon von dem Vorfall mit Amanda und mir gehört hatte. Ich stöhnte lautlos, als die monotone Stimme des Paukers meinen Namen rief. „Mr. Cullen, können Sie mir sagen, was man unter Homologie versteht?“, fragte er mich. „Homologie ist die Gleichwertigkeit von Strukturen im Bauplan verschiedener Lebewesen, auf Grund einer gemeinsamen Abstammung.“, antwortete ich direkt, ohne großartig nach zu denken. Unser Professor nickte zufrieden und fuhr mit seiner Lesung über die Entstehung des Homosapiens sapines fort. Warum fällt Evolution eigentlich mit unter das Medizin Studium? Als Arzt kann es mir doch egal sein, ob wir Gemeinsamkeiten mit unserer Beute hatten, oder nicht. Ich würde keinem Menschen den Armknochen eines Löwen einsetzen, nur weil sie gleicher Abstammung sind! Und wenn wir schon mal beim aufregen über die Biologie sind, warum gibt es eigentlich nur für die Menschen einen lateinischen Fachbegriff und nicht auch einen für uns Vampire oder für die Werwölfe, die irgendwo bestimmt auch noch existieren?! Das ist ja Rassendiskriminierung! Ich schmunzelte in mich hinein bei dem Gedanken. Das meine Spezies nicht in der Biologie mehr drin vorkam, lag wohl daran, das die Menschen uns vergessen hatten, obwohl wir doch immer noch unter ihnen lebten. Naja, berücksichtigen könnten sie uns doch trotzdem. Auch wenn sie nicht mehr an uns glaubten. Ich dachte gerne über meine Existenz nach, die so unglaubwürdig war, dass ich manchmal selbst daran zweifelte. Doch der leichte, unverkennbare Geruch des heißen Blutes, das durch die Venen der anderen Studenten floss, ließ keinen Zweifel daran wagen, dass ich wirklich war. Als es endlich läutete, atmete der gesamte Kurs erleichtert auf. Wieder eine Lesung geschafft, dachten alle wie im Chor, weshalb sich mir ein kurzes Lächeln auf die Lippen stahl. Hey, Edward!, rief plötzlich einer der Jungs hinter mir. Ich drehte mich zu ihm um und wollte schon antworten, als ich merkte, dass er nur gedacht hatte. Er ging gerade das gesamte Gespräch, das er mit mir führen wollte durch und sah dabei in meine Richtung. Das ich mich plötzlich zu ihm umwandte, verunsicherte ihn – er wich zurück. Dann fasste er sich und fragte mich das, was ich gerade eben schon gehört hatte. “Hey Edward… äh ...die Jungs und ich wollten gerne wissen… na ja …ob du mit zum Basketball kommst? Es ist doch jetzt Freistunde und außerdem hat es aufgehört zu regnen.“, meinte er etwas schüchtern, aber mit trotzdem kräftiger Stimme. Hinter ihm bauten sich die anderen Jungs auf, um ihn zu unterstützen. Ich warf einen schnellen Blick aus dem Fenster. Der Regen hatte nach gelassen, doch die dunklen Wolken hingen immer noch tief am Himmel. Also das Wetter sprach nicht dagegen. Und außerdem würde mir ein bisschen normaler Sport mal wieder gut tun. Immer nur rennen und jagen… Das war auch nicht immer ganz das wahre. „Klar, gerne.“, entgegnete ich und hätte mich ohrfeigen können. Das ich mich jetzt voll zurück nehmen musste, um die anderen bei einem Wurf oder Dribbling nicht zu verletzen. Die Jungs strahlten mich an, nahmen mir meine Tasche aus den Händen und schleiften mich mit hinunter zu den Umkleiden. Dort gaben sie mir einen passenden Sportanzug und Turnschuhe. Eigentlich eine ganz lustige Angelegenheit. Erinnerte mich irgendwie an meine High School Zeit, die ja jetzt auch schon 3 Jahre zurück lag. Wie schnell doch die Zeit vergeht. „Wow, du hast ja einen ganz schön durch trainierten Körper, Edward.“, meinte Sascha Orlay plötzlich, mit dem ich ungefähr ¾ meiner Studiengänge gemeinsam hatte, „Hätt ich dir so gar nicht zu getraut.“ Ich war gerade dabei mir mein rotes Trikot über zu ziehen und hielt in der Bewegung inne. „Warum hättest du mir das nicht zu getraut?“, fragte ich nach, weil ich dachte, es wäre eine menschliche Reaktion auf die Äußerung. Ich kannte die Antwort natürlich schon, aber das wusste Sascha ja nicht. „Na ja, du trägst halt immer Klamotten, die deine Muskeln überhaupt nicht zur Geltung bringen. Vielleicht wäre ab und zu etwas Kurzärmliges besser. Wenigstens im Sommer.“ Die anderen Jungs stimmten sofort ein und fingen nun an, sich über Aussehen und Mädchen zu unterhalten. Ich hielt mich größtenteils aus der Konversation heraus. Das war nicht unbedingt das interessanteste Thema, über das sich ein Gespräch lohnte. Als alle umgezogen waren, betraten wir den nassen Rasen. Die Mädchen hatten sich bereits auf der Tribüne gesammelt und riefen nun laut die Namen ihrer Lieblingsspieler. Bildete ich mir das nur ein, oder hörte ich hauptsätzlich meinen eigenen Namen über den Platz hallen? „Du bist ja ganz schön beliebt, Edward.“, meinte einer der Jungs, dessen Name mir gerade nicht einfallen wollte, und legte seine Hand auf meine Schulter. Nein, ich bildete es mir nicht nur ein. Das Spiel ging los und wir stellten uns in Position. Wir hatten vorher in der Umkleide schon Mannschaften gewählt, sodass wir jetzt direkt los legen konnten. Der Ball wurde angespielt und die Spieler schossen vor. Oder sollte ich lieber sagen „krochen“? Denn alle zusammen konnte längst nicht meine Geschwindigkeit erreichen. Das runde Leder war im gegnerischen Besitzt. Ich lief nach vorne und schnappte mir geschickt den Ball, als dieser gerade von einem Spieler zum anderen geworfen wurde. Dann dribbelte ich vorwärts und gab Sascha, der auch in meiner Mannschaft war, eine Korbvorlage, sodass er das Ding versenken konnte. So verlief das ganze Spiel. Unsere Gegner hatte kaum eine Gelegenheit na den Korb zu kommen, um überhaupt werfen zu können. Ich deckte die Fronten hinten ab und ließ niemanden hindurch. Die Mädchen pfiffen und kreischten. Ich wusste, dass ich gerade alle hier in Gefahr brachte! Nur einmal zu fest werfen oder zuschlagen, und ich könnte meinen Kameraden Arme und Beine brechen. Und obwohl ich immer auf der Hut war, spielte ich mit Enthusiasmus mit. Es machte mir wirklich großen Spaß. Dann, als sich das Spiel dem Höhepunkt zu neigte, ertönte plötzlich ein schriller Schrei, der in meinem Kopf wieder hallte. HILFE!!! hörte ich die flehenden Gedanken eines Mädchens. Ich erkannte die Stimme sofort. Es war die kleine Blonde von heute morgen – Amanda! Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)