Wenn ich für immer gehe von -Drahtseilakt ================================================================================ Kapitel 1: ... -------------- Nun stand ich hier, auf dem Dach eines Hochhauses. Es war irgendeines, ich wusste nicht welches und eigentlich war es mir auch egal, denn es machte keinen Unterschied… Der Wind wehte mir ins Gesicht und ich musste daran denken, dass es das letzte mal seien würde, dass ich den Wind nie wieder spüren würde, wie er mein Gesicht berührt und mit meinen dunkelblonden Haaren spielt. Ja, es würde das letzte Mal sein. Ob es gut oder schlecht war, konnte ich nicht beurteilen. Ich hatte mir so oft über unnötige Dinge den Kopf zerbrochen, dass wollte ich in den letzten Minuten meines Lebens nicht auch noch tun, ich wollte den Moment, der Moment, in dem ich hier, hier auf dem Dach, stand genießen, denn ich wusste, es ist das, was ich mir schon so lange wünschte, was ich so lange ersehnt hatte; Das Ende meines Leidens. Ich streckte meine Hände nach dem Geländer aus, was um das ganze Dach herum ging. Was die Leute sich wohl dabei gedacht hatten, als sie es so bauten? Haben sie denn nicht gewusst, dass es eh nicht davon abhalten konnte, dass ein Mensch hinunter fällt oder gar Selbstmord begehen könnte? Schon wieder so ein unnötiger Gedanke, kam es mir kurz danach in den Sinn und ich ermahnte mich selbst in Gedanken, dass doch seien zu lassen. Ich spürte den Stahl des Geländers an meinen Händen, die so blass waren, wie auch meine restliche Haut, fast so weiß wie Schnee. Dennoch nanntest du es Porzellanhaut, zerbrechlich, wunderschön, ohne Makel, sagtest du immer und wusstest genau, dass ich lächeln würde, denn darauf hattest du es abgesehen. Du sagtest immer, wie schön mein Lächeln war, wie wunderschön ICH war… Ich schwelgte in Erinnerungen und schloss die Augen. Ich konnte dein Bild genau vor meinem geistigen Auge sehen. Dein breites und dennoch sanftes Grinsen, deine blond-braunen Haare, fast wie meine, wie sie mit Sorgfalt etwas hoch gegelt waren. Deine schönen Augen, die glänzten, wenn du lächeltest. Die süße Stupsnase, die sich etwas weiter über den samten, wohlgeformten Lippen befand. Du warst und bist ein Traumtyp; mein Traumtyp. Aber das alles änderte sich Schlag auf Schlag…Ohne, dass ich es hätte verhindern können. Eine Träne löste sich aus meinem Augenwinkel und ich öffnete die Augen. Ich konnte die Tränen nicht länger zurück halten und ich musste es auch zum Glück nicht mehr, denn jetzt konnte mich keiner mehr aufhalten, gleich, in wenigen Minuten würde ich frei sein, endlich frei. Ich sah die Tränen, die eben meine Augen verlassen hatte auf das Geländer tropfen und eine, eine wurde sogar mit dem Wind, dieser sanften Briese, mit davon geweht. Ich stellte sie mir vor, als wäre sie mein Leben. Sie schien so wunderschön, aber sie drückte so viel Trauer und Verzweiflung aus. Die Verzweiflung und die Trauer, die auch mich so oft heimgesucht hatten. Die nie jemand hatte sehen wollen. Ich hatte mich immer unverstanden gefühlt, von allen, auch von dir, denn du hast mir nie zugehört. Ich liebte dich, aber ich kannte dich nie, dein wahres Gesicht hast du verborgen und ich habe es erst viel zu spät gemerkt. Dir ging es immer nur um deinen Ruf, du wolltest so viele Mädels haben wie du konntest und dabei waren dir die Gefühle dieser völlig egal. Ich wusste, dass du ein Macho warst, aber ich ignorierte es, denn ich liebte dich, ich war blind vor Liebe. Seit dem Moment, an dem ich dich sah, konnte ich dich nicht mehr vergessen, war verliebt und etwas anderes zählte nicht mehr. Meine Freundinnen warnten mich, aber ich hörte nicht auf sie; verließ mich weiter auf dich und glaubte jede Lüge, egal wie ungläubig sie auch klang. Du machtest mir immer schöne Augen und bei dir hatte ich zum ersten Mal das Gefühl, etwas wert zu sein, aber genauso, wie du mir dieses Gefühl gegeben hattest, so schnell hattest du es mir auch wieder genommen und es schmerzte so sehr, als ich das falsche Spiel endlich bemerkte. Als ich bemerkte, dass du mich die ganze Zeit über betrogen hattest, ich nur ein Spiel für dich war, dass du mich eigentlich gar nicht ausstehen konntest und das du dich hinter meinem Rücken über mich lustig machtest. Ich habe geweint, gefleht und gebettelt, dass das alles nur ein schlechter Scherz war, aber es war die Wahrheit und nichts anderes als die Wahrheit. Ich konnte es in deinen Augen lesen. Von diesem Punkt an war ich nicht mehr ich selbst, aber das merkte keiner. Freunde hatte ich durch dich verloren, weil ich sie im Stich lies, wegen dir und Familie, ach, was war die schon Wert? Eltern die alkoholsüchtig waren und ein großer Bruder der einen schlug, wenn man den Mund aufmachte. Mein Leben machte keinen Sinn mehr und ich floh in eine andere Welt, eine Welt, die ich mir selbst zusammen gestellt hatte, in die ich flüchtete, wenn ich keinen Ausweg mehr sah und der Schlüssel zu dieser Tür, in die andere Welt, war eine Rasierklinge. Ich musste sie nur ansetzen, an meinen Arm, und einmal kurz zuschneiden, dann lief das Blut und mich überkam ein Gefühl der Wärme und der Geborgenheit. Lange gab es nichts Schöneres als Dieses Gefühl und niemand merkte es, auch nicht du. Denn du hattest mich schon längst vergessen, während ich immer noch an dir hing und nicht loskam. Ich weinte so oft und dachte bald keine Tränen mehr zu haben. Ich wollte nicht mehr wegen dir weinen, einem Typen, der mich verarscht hatte, weil ihm langweilig war. Viele Tränen liefen über mein Gesicht, während ich mich an all das erinnerte, während ich einige Szenen aus meinem Leben noch einmal vor meinem inneren Auge abspielte. Die Augen hatte ich wieder geschlossen. Weiter spürte ich den Wind auf meiner Haut, der versuchte, meine Tränen zu trocknen, aber es brachte nichts, denn es kamen immer wieder neue hinzu. Von unten hörte ich einen Krankenwagen und musste lächeln. Hatten sie mich schon entdeckt? Wollten sie mich retten? Ich wusste nicht, wieso ich lächelte. Vielleicht, weil nun endlich jemand kam, der mir helfen wollte, der mich retten wollte aus dieser Finsternis, aber es war zu spät. Seht es ein. Ihr habt eure Chance verpasst; Ihr wart nicht da, als ich euch brauchte. Und mit diesem Gedanken kletterte ich langsam über das Geländer. Ich hatte keine Angst, nein, wovor auch? Es war meine Rettung. Es würde ein langer Flug werden, meine letzte Reise und ich würde sie nicht überleben… Auf einmal hörte ich Stimmen, aufgeregte Stimmen, hinter mir. Es schienen zwei Männer zu seien, noch nicht sehr alt und sie riefen mir etwas zu, wahrscheinlich, dass ich nicht springen sollte, aber ich verstand sie nicht. Ich hatte meine Seele schon lange verloren und nun würde auch mein Körper endlich folgen. Was brachte es, wenn man diese beiden Dinge trennte, die man so sehr zum leben benötigt? Trotz, dass ich mir sicher war, dass ich springen wollte, drehte ich mich noch einmal um. Ich sah die beiden Männer, wie sie mich flehend ansahen und auf einmal kam ein dritter hinzu. Keuchend und total außer Atem kam er oben an und beim zweiten Blick bemerkte ich, dass es du warst. Fragend sah ich dich an und du kamst zu mir rüber. „Was willst du?“, wollte ich fragen, aber meine Lippen waren fest verschlossen. „Spring nicht…Bitte…Es tut mir leid was passiert ist, aber als ich dich durch Zufall hier oben gesehen habe…“ Du sprachst nicht weiter und holtest einmal tief Luft. „Mir ist klar geworden, dass ich dich liebe. Verlass mich nicht.“ Ein glückliches Lächeln bildete sich auf meinen Lippen. Dies waren die Worte, die ich so geliebt hatte aus deinem Mund, aber sie hatten nie gestimmt. Doch diesmal war es anders. Du warst den Tränen nah und ich wusste, du meintest es ernst mit mir. Ich wollte dich umarmen, küssen und lies ohne nach zu denken das Geländer los. Ein kleiner Windstoß kam und ich verlor das Gleichgewicht. Ich kippte nach vorne um und fiel, fiel immer weiter. Ein kalter Windstoß kam mir entgegen, während ich weiter in die Tiefe stürzte. Ich hörte noch einen Schrei, den ich als deinen Vernahm. Er war laut gewesen und ich konnte genau deine Gefühle raushören; Entsetzen, Verzweiflung und auch Liebe… Es war das letzte was ich hörte, bevor ich auf dem harten Boden aufkam und mir alles schwarz vor Augen wurde. Ich fiel in einen Schlaf, der nie enden sollte, der Todesschlaf… Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)