Wenn Dämonenblut fließt... von Ryucama (...werden aus Todfeinden Verbündete) ================================================================================ Prolog: ...es bleibt nur die Flucht ----------------------------------- Es regnete. Sein weißes Haar hing ihm in pitschnassen Strähnen ins Gesicht. Mindestens zehn, wenn nicht sogar mehr Gewehrläufe waren auf ihn gerichtet. Er keuchte: "Was zum Geier tut ihr da? Ich dachte, wir stünden auf der selben Seite!" Sein Gegenüber, ein älterer Mann mit einer langen Narbe über das ganze Gesicht, lächelte. "Wir haben uns gegen die Dämonen gewandt. Auch du bist einer von ihnen, wie könnten wir dich am Leben lassen?" Der Weißhaarige fuhr auf: "Aber ich habe mit euch gekämpft, gemeinsam haben wir so viele Dämonen in die Hölle zurückgeschickt! Und jetzt wollt ihr mich umbringen? Habe ich nicht bewiesen, dass ich den Menschen helfe?" Der Alte lachte. "Tja, aber der Orden kann es sich nicht mehr leisten, ein dämonisches Mitglied in seinen Reihen zu haben! Stirb, Junge!" Er drückte ab, ohne dem Weißhaarigen eine Chance zu lassen, sich zu erklären. Blitzschnell kam das lange Schwert hoch, teilte die Kugel in zwei Hälften, die wirkungslos an ihm vorbeitrudelten. Er hielt das Schwert vor sich. "Na dann kommt!", hauchte er leise mit düsterer Stimme. Seine Klinge fraß sich unbarmherzig durch jeden Panzer, durch jeden Gewehrlauf, selbst durch einige der schlechter geschmiedeten Waffen der Ordensritter. Blut verwandelte den eigentlich griffigen Steinboden in eine schmierige Rutschbahn, auf der sowohl der Dämon, als auch die Menschen Schwierigkeiten hatten, das Gleichgewicht zu halten. Ein See aus Blut... so viele Tote... der Halbdämon keuchte und hieb mit dem rechten Arm nach einem der Ritter. Seine dämonischen Kräfte packten den Mann und schleuderten ihn meterweit davon, bis er an eine Wand krachte und daran herabsank. Doch der Dämon nahm das gar nicht mehr wahr, er musste sich auf seine anderen Gegner konzentrieren. Schlag folgte auf Schlag, Parade auf Parade. Seine Pistole war mittlerweile nutzlos, er hatte seine ganze Munition verschossen und immer noch kamen weitere Ritter. Der junge Dämon spürte, wie seine Kräfte immer mehr und mehr nachließen. Er begriff, dass er sterben würde, wenn er nicht schnellstens etwas unternahm. Mit einem verzweifelten Gegenangriff durchbrach er die Reihe seiner Gegner, hetzte durch die Tür und war mit zwei, drei riesigen Sätzen auf dem Dach des nächstbesten Hauses. Von dort floh er... An einem anderen Ort stand es um einen anderen Halbdämonen nicht viel besser. Er hielt seine beiden Pistolen im Dauerfeuer vor sich, erschoss Gegner um Gegner. Früher hätte es ihm etwas ausgemacht, Menschen zu töten, doch seit dem Ereignis beim Schwertorden... Als seine Gegner trotz des Kreuzfeuers immer näher kamen, ließ er die Waffen kreisen, verstaute sie und riss blitzartig sein langes, schweres Schwert vom Rücken. Mit einigen gezielten Stichattacken verschaffte er sich Luft, doch was er sah, raubte ihm auch noch die letzte Hoffnung. Die ganze Straße war voll von Menschen, die auf ihn zudrängten, alle bewaffnet, alle bereit, ihn zu töten. Er spürte den Biss eiskalten Metalls in seiner Seite und fluchte. Einem der Männer vor ihm war es gelungen, ihm einen Speer in den Bauch zu rammen. Triumph loderte in den Augen der Menschen auf, als sie sahen, wie der Halbdämon zurücktaumelte, als der Mann mit dem Speer diesen herumdrehte. Blut tropfte von den ehemals weißen Haaren des Halbdämons. So viele Menschen, die durch seine Hand gestorben waren. Und noch immer drängten neue heran. Nahm das denn gar kein Ende? "He, wenn ihr schon unbedingt sterben müsst, bringt euch doch gegenseitig um!", seufzte er und riss sich den Speer aus der Seite und stieß damit die Männer zurück. Dann kamen sie wieder und dem Dämon wurde klar, dass er nicht entkommen würde. Er würde sein Heil in der Flucht suchen, so unangenehm das auch war, besser, als hier sein Leben auszuhauchen war es allemal. Er nahm alle Kraft, die ihm verblieb, zusammen, stieß sich ab und sprang an die Hauswand rechts neben sich. Mit einem zweiten kraftvollen Sprung setzte er über die Kante auf das Dach. Dann rannte er... Wiederum woanders tropfte bereits Blut aus dem Mantel eines dritten Dämonen. Seine lange gekrümmte Klinge fuhr sirrend aus der Scheide und beschrieb einen tödlichen Halbkreis, in dessen Bahn Menschen aus tiefen Wunden blutend zusammenbrachen. Drei Hiebe mit dem Schwert und er hatte einen Moment Ruhe gewonnen. Elegant schwang er die Klinge, von der das Blut abperlte, als würde es den Stahl fürchten und schob sie in die schwarze Scheide zurück. "Kommt nur." Seine Stimme klang wie klirrendes Eis. "Ich fürchte euch nicht!" Seine Hand beschrieb eine hochmütige Geste und senkte sich dann erneut auf das Schwert. Wiederum zog er es und wieder rötete Blut den Boden. Wie viele waren das? Gegen so viele Menschen hatte er noch nie kämpfen müssen. Sie benahmen sich... wie eigentlich? Wie geistlose Opfer, wie Fleisch, das geschlachtet wurde. Ohne Emotionen - nun gut, außer Schmerz - taumelten sie auf ihn zu, versuchten nach ihm zu schlagen und starben durch sein Schwert. Ein endloser Zug zukünftiger Leichen, wie es schien. Der Halbdämon hatte nie etwas für Menschen übrig gehabt, aber dass sie sich so benahmen, jagte ihm Angst ein. Gruselig, dachte er, als er das Schwert erneut in die Scheide zurückschob, nur um es gleich wieder ziehen zu müssen. Wieder fielen Menschen unter seinem Wüten. Doch eines war dem Halbdämonen mit dem silbrigen Haar klar: lange würde er das nicht mehr durchhalten. Er musste zusehen, dass er eine Lösung für dieses Problem fand. Müde sah er sich um. Zwei Männer in Weiß standen inmitten der Menschen, die auf ihn zudrängten. Verachtung stand in ihrem Blick. Mit einem Mal wusste er, dass das alles hier durch sie verursacht wurde. Also würde es vielleicht enden,wenn er die Zwei erledigte! Er versuchte, sich mit dem Schwert einen Weg zu bahnen. Aussichtslos! Es waren zu viele, die ihn hinderten, vorwärts zu stürmen. Vier Kugeln auf einmal schlugen in Schulter, Brust und Arm ein und der Dämon taumelte. Die Menschen schienen ihn zu erdrücken. Messer rissen ihm die Haut auf, die fast sofort wieder heilte. Doch nicht schnell genug. Er würde umkommen, wenn er blieb. Er schüttelte den Kopf. Dafür würden sie eines Tages büßen. Niemand zwang ihn ungestraft zur Flucht. Aber ihm blieb nichts anderes übrig. Rasch, solange die Menschen noch nicht nähergekommen waren, steckte er das Schwert weg. Dann wandte auch er sich zur Flucht... Schon wieder eine Flucht im Prolog... das wird ja noch zur Gewohnheit! So, vielleicht ein wenig langer Prolog, aber es geht hier ja um drei Personen, die alle drei unterliegen! Ich hoffe, ich fange nicht allzu sehr mit OOC an, scheut euch bitte nicht, mir das zu sagen, wobei ich gleich klarstellen möchte, dass mir, speziell bei meinem ersten Opfer, wohl kaum eine Wahl bleiben dürfte... Also dann! Los gehts mit der eigentlichen Geschichte! Kapitel 1: Der Hass des Schützen -------------------------------- Jetzt gehts looohooos! Jetzt gehts looohooos! XD Na dann! Auf gehts! Dante stierte in die Flammen. Die knisternde und und flackernde Glut hatte etwas Tröstliches. Es regnete noch immer, so stark, dass ein ganzer Sturzbach an der Höhle vorbei Richtung Talsohle floss. Sein Rücken, dort, wo das Loch des Speeres im Stoff klaffte, war kalt. Er seufzte und wandte den Blick nach hinten, tiefer hinein in die kleine Höhle. Dort, wo der andere weißhaarige Dämon ruhte. Vergil hatte sich zusammengerollt und schien zu schlafen. Er war schwerer verletzt worden als er. Sein Zwilling hatte ebenso gegen seine Gegner verloren, wie er und - da fiel ihm auf: wo war Nero? Er sah das lange Schwert an der Wand lehnen und sah Neros langen dunklen Mantel am Eingang der Höhle schimmern. Der jüngere Halbdämon hatte es scheinbar noch immer nicht verwunden, von seinen Verbündeten verraten worden zu sein. Er hielt den Blick starr auf das Tal gerichtet, auf das kleine Dorf, in dem sie auf Ritter des Schwertordens Spardas gestoßen waren. Es hatte sie viel Mühe und noch mehr Glück gekostet, um den Kriegern zu entkommen. Die Menschen hatten mit dem Mut und der Stärke von Löwen gekämpft, ohne Rücksicht auf ihr eigenes Leben. Dante seufzte. Es war ein hässlicher Kampf gewesen. Doch es war nicht gut, wenn der Junge, wie er Nero im Geiste nannte, sich allzu viele Gedanken machte. Sie brauchten einen klaren Kopf. Wenn sie gezwungen waren, die Menschen mit Gewalt davon abzuhalten, sie umbringen zu wollen - mit anderen Worten alle ihnen feindlich gesonnenen Menschen zu töten - mussten sie ohne Emotionen handeln. Er strich über den Lauf Ebonys und seufzte erneut. Dann wandte er den Kopf und sah wieder in die Flammen. Wie konnte er Nero raten, sein Gehirn aus dem Kampf herauszuhalten, wenn er es selbst nicht fertigbrachte? Dante saß noch Stunden so da, bis Nero irgendwann zu ihm kam und sich ihm gegenüber niederließ. Er strich sich das feuchte Haar zurück und schlug den Mantel zurück. Seine rechte Hand schimmerte goldfarben. Er besaß eine Teufelsklaue. Früher, als er Nero kennengelernt hatte, hatte dieser seine körpereigene Waffe scheu verborgen gehalten, doch die Abenteuer, die der Junge erlebt hatte, hatten ihn reifen lassen und er schreckte jetzt nicht mehr zurück, die furchtbare Wirkung der Klaue freizusetzen. Er lehnte sich zurück und lächelte Nero an. "Hätte schlimmer kommen können, was?" Nero hob den Kopf. Das Misstrauen in seinen Augen war noch immer nicht ganz verschwunden. Dafür, schätzte Dante, war zu viel zwischen ihnen geschehen, als dass Nero sein Misstrauen und seinen Hass hätte ablegen können. Plötzlich krachte es und ein riesiges Geschoss raste haarscharf an Dantes Hinterkopf vorbei, um im hinteren Teil der Höhle einzuschlagen und Vergil aus seinem Schlaf zu reißen. Dantes Zwillingsbruder schlug die Augen auf und war auf den Beinen mit Yamato in der Hand. Die Klinge schimmerte im Licht der Flammen, als er den Kopf hob und sich nach dem Schützen umsah. "Es kommt von draußen!", stieß Nero hervor, sein Schwert ebenfalls in der Hand haltend. Dante nickte und jagte nach draußen, Ebony und Ivory im Anschlag und bereit, jedes lebende Wesen zu erschießen, das es gewagt haben könnte, sie anzugreifen. "Na los, zeig dich, Feigling!", fauchte er. "Oder soll ich dich holen kommen? Ich freue m..." Zu mehr kam er nicht, als zielsicher eine Kugel direkt zwischen seinen Augen einschlug. "Au! Mann, kannst du nicht woanders hinschießen? Immer zwischen die Augen!", seufzte Dante, dann hob er die Pistole und schoss zunächst ungezielt in die Richtung, aus der er den Schuss vermutet hatte. Gleich darauf bohrten sich zwei weitere Kugeln in seine Knie, treffsicher eine in jede Kniescheibe. Dante stürzte und fluchte. Da hastete auch schon Vergil, gefolgt von Nero, an ihm vorbei. Beide hielten ihre Schwerter kampfbereit in den Händen. Dante kämpfte sich auf die Füße, als seine Knie heilten und rannte seinem Bruder und seinem Freund hinterher. Er sah, wie Nero von einem riesigen Geschoss zurückgeschleudert wurde und fluchend am Boden aufkam, nachdem er einen kleinen Teil des Abhangs hinabgeschlittert war. Eine Bazooka, schätzte Dante und fühlte sich an Marys Kalina Ann erinnert. War sie hier? Eine vierte Kugel, die nur Millimeter an seinem linken Ohr vorbeizischte, belehrte ihn eines Besseren. Dies war ein Scharfschütze, der seine Kugeln so gezielt abfeuerte, um Munition zu sparen. Vergil wurde von mehreren Geschossen innerhalb kürzester Zeit getroffen und taumelte. Sein Angriff kam kurzzeitig zum Erliegen und Dante zog seine Schrotflinte hervor. Er feuerte ungezielt, vielleicht hatte er ja Glück. Ein Aufschrei erklang und ein verwischter schwarzer Schatten hastete hinter einem dornigen Busch hervor in Richtung eines Felsblocks, der wohl irgendwann einmal den Berg herabgerollt war. Doch er kam nicht so weit, denn inzwischen hatte sich Nero wieder aufgerappelt und hatte den Schützen mit einem gezielten Schuss seiner Blue Rose-Pistole zu Fall gebracht. Dann war Vergil bei ihm und holte aus, um dem Fremden das Schwert tief in den Leib zu rammen. Doch sein Gegner tat ihm nicht den Gefallen und ließ sich schlachten, sondern feuerte eine Salve aus nächster Nähe auf ihn ab. Vergil ging mit einem überraschten Laut zu Boden. Endlich kam auch Dante am Ort des Geschehens an. Er sah langes, zu einem Pferdeschwanz gebundenes nasses Haar und relativ zarte Schultern. Eine Frau? dachte er verwirrt und steckte die Pistolen weg, um nach dem Schwert zu greifen. Er würde keine Gnade walten lassen, egal ob dies ein Mädchen war oder nicht! Doch er kam nicht dazu, denn Vergil stieß ihn zornig zur Seite. Er hatte keine Gnade, zwei rasch beschworene Schwerter aus geistiger Energie nagelten die Fremde an den Felsen. Sie keuchte und Vergil schlug mit Yamato nach ihr. Das Mädchen flog meterweit davon und landete schwer am Boden. Sie kam nicht mehr auf. Vergil lächelte. "Das war es." Nero runzelte die Stirn, während Dante grinste: "Blödes Weib. Dachte wohl, wir würden Rücksicht auf sie nehmen!" Vergil trat auf sie zu, folgte Nero, der vorausgegangen war. "Ich glaube, dein Urteil über "ihr" Geschlecht war voreilig, Dante. Es ist ein Mann!" Vergil schnaubte: "Das interessiert mich nicht. Er hat versucht, uns zu töten!" Er holte aus und trat dem Mann in die Seite. Der Fremde stöhnte und krümmte sich schwach zusammen. "Was willst du?", fragte Nero. "Sprich mit uns! Oder willst du, dass wir dich töten?" Der fremde Mann regte sich nur noch sehr schwach. Der Regen durchnässte sein Gesicht, seine Kleidung, seinen ganzen Körper. Er lag im Schlamm. "Rede!", fauchte Vergil und stieß ihn mit dem Schwert an. Der Andere am Boden zuckte zurück. Dante grinste: "Er würde vielleicht gerne, aber wenn du ihn schlachtest, kann ers nicht mehr!" Vergil warf ihm einen Blick zu, gegen den ein Eisschrank Wärme verströmte. "Ver... dammte... Dämonen...", würgte der Andere hervor und selbst Neros Augen wurden schmal. Er schien geneigt, dem Menschen wenigstens die Chance auf ein Weiterleben zu geben. Dante - und Vergil sowieso - hatten längst beschlossen, den Menschen umzubringen, sobald er gesagt hatte, wer ihn geschickt hatte. "Sag uns, warum du uns töten wolltest? Gehörst du zum Schwertorden? Oder zur Anti-Dämonen-Fraktion? Rede endlich!", verlangte Nero. Der Andere sah auf. "Weder... noch..." Er hustete qualvoll. Offenbar war er bereits seit Stunden, wenn nicht Tagen hier draußen im Regen. "Ihr... müsst sterben... Rache... ver... fluchte... Dämonen...!" Vergil lachte freudlos und versetzte dem Fremden einen weiteren kräftigen Tritt, der diesem die Tränen in die Augen trieb. "Du Winzling willst uns umbringen?", höhnte Dante. "Lern erst mal kämpfen, du Zwerg!" Der Andere keuchte. Seine Lippen waren blau gefroren. Nero schien Mitleid mit ihm zu haben, trotz der Tatsache, dass er versucht hatte, sie alle umzubringen. Er sah auf und blickte sowohl Dante, als auch Vergil, tief in die Augen. "Nehmen wir ihn mit. Wenn er hier stirbt, kann er uns nichts verraten!" Dante zögerte, während Vergil Nero ansah, als sei er völlig abgehoben. "Kommt schon. Wir werden mit ihm fertig. Er ist nur ein Mensch. Solange wir ihm die Bazooka und das Gewehr abnehmen, müssen wir von ihm nichts befürchten! Dann bekommen wir bestimmt Informationen, vielleicht sogar über unsere Feinde!" "Falls dus noch nicht begriffen hast, Kleiner: er IST unser Feind! Warum sollten wir ihn nicht hier und jetzt in die ewigen Jagdgründe schicken?" Nero hielt Dantes scharfem Blick stand und schließlich gab Dante auf. "Also gut. Aber wehe, wenn er Theater macht! Dann kill ich ihn, bevor er "Tot" sagen kann!" Seine Finger strichen drohend über Ivorys Griff. Nero sah auf den Menschen herab. "Hast du gehört?" Der Andere nickte schwach und der jüngste Halbdämon hob ihn auf. Vergil strich sich das Haar zurück. "Narren!" Dann stolzierte er zurück zur Höhle. Als sich auch Nero mit seiner Last umwandte und Dante allein zurückblieb, sagte er sich leise: "Ich hoffe, wir machen jetzt keinen Fehler..." Das wäre das erste Kapitel! *boing* übrigens: wer sich fragt, wer denn dieser Mensch sein soll: er ist einer meiner eigenen Charas und taucht in keinem Dmc auf! XD Kapitel 2: Noch ein Dichter - oder: Die Erzählung ------------------------------------------------- Uffa, sorry, dass es so lang gedauert hat mit dem Weiterschreiben! Ich hatte einiges zu tun, aber jetzt gibts neuen Lesestoff! XD Ich bitte um Verzeihung für die manchmal etwas ruppige Ausdrucksweise (Gott, ich klinge wie ein Lehrer!) aber ich dachte, es würde ganz gut zu den Dreien passen. Ich würde mich über Kommentare sehr freuen! Es war kalt in der Höhle. Dante fröstelte und sah hinüber zu dem Stapel Holz. Noch immer tropfte Wasser aus den Ästen und dünnen Stämmen. So ließ sich kein Feuer in Gang bringen. Er schlang den Mantel fest um sich und sah, dass Vergil tiefer in der Dunkelheit hinter ihm dasselbe tat. Zumindest fror er nicht allein. Er seufzte und sah zu Nero hinüber. Dieser hockte über den Menschen gebeugt und versuchte, ihn am Leben zu erhalten. Der Fremde hatte in der Nähe einen Rucksack mit allerlei nützlichen Dingen versteckt gehabt, den Nero geholt hatte, als er den Menschen in der Höhle abgesetzt hatte. Leider war darin alles ebenso nass wie das Holz, das sie so dringend für ein Feuer benötigt hätten. Ein qualvolles Husten hallte an den steinernen Wänden wider, gefolgt von einem Aufstöhnen. Der Mensch litt Schmerzen. Nicht, dass es Dante sonderlich berührt hätte, aber irgendwie tat ihm der Mann als Ganzes leid. Seine Lage war wirklich nicht beneidenswert, er war krank, verletzt und in Gefangenschaft. "Dante! Komm, er ist wach!", flüsterte Nero. Vergil rief er gar nicht erst, bevor dieser noch auf die Idee kam, den Menschen ins Jenseits zu befördern. Mühsam stellte sich Dante auf die kalten Füße und schlurfte zu Nero hinüber. "Was?" Er sah auf den Mann hinab, dessen Lippen die Farbe von blauen Weintrauben angenommen hatten. Schimmernde graugrüne Augen sahen zu ihm auf, Augen, in denen Dante unter anderem Angst und leise Verzweiflung lesen konnte. Der Mensch zitterte, ob vor Kälte oder vor Furcht, vermochte Dante nicht zu sagen. Wahrscheinlich vor beidem. "Wem dienst du?", fragte er grob. Der Mann drehte den Kopf weg und Dante trat mit der Schuhspitze nach seiner Seite. Ein leises Schluchzen entrang sich der Kehle des Mannes und seine Augen wurden feucht. Er hustete. "Ich sags nicht nochmal! Wem dienst du?" Dante ließ sich in die Hocke sinken und hielt den Kopf dicht über dem Gesicht seines Gegenübers. "Dante...", begann Nero, als er sah, wie die Augen des anderen Halbdämons schmal wurden. "Niemandem... ich... diene niemandem...", würgte der Mensch hervor. "So, niemandem also. Warum sollten wir dir das abnehmen?", fragte Dante misstrauisch. Nero schüttelte den Kopf. "Tu mir den Gefallen und halt einfach die Klappe, ja? Du schadest der Sache mehr, als du nutzt, Dante! Lass mich mit ihm reden!" Dante sah den jüngeren Halbdämonen an und seufzte. "Also gut. Wenn du meinst, dass du aus diesem Idioten mehr herausbringst, dann tu dir keinen Zwang an!" Neros Augen blitzten. "Danke für deinen Großmut." Er wandte sich an den Mann, der auf dem Rücken lag und mühsam um Luft rang. "Tut uns leid, dass wir kein Feuer anzünden und dich wärmen können. Wie heißt du?" Der schlanke Mensch schien zu überlegen, dann drehte er den Kopf und sah Nero zögernd in die Augen. Schließlich sagte er: "Seneca." Seneca? Was war das denn für ein Name, dachte sich Dante. "Gut, du heißt also Seneca. Ich bin Nero, das hier ist Dante und der Verrückte mit dem Samuraischwert ist Vergil.", versuchte der jüngere Halbdämon es mit Sanftheit. "Wir werden dich nicht töten, solange du tust, was wir von dir verlangen." Dies brachte Nero einen eisigen Blick von Dante ein und er beeilte sich, hinzuzufügen: "Zumindest ich nicht. Wir sind auf der Flucht vor den Menschen. Man jagt jetzt uns, anstatt die echten Dämonen. Deshalb wäre es sehr von Vorteil, wenn du uns etwas über die Menschen erzählen könntest, wie ihre Stimmung ist und wie die Machtverhältnisse aussehen." Schweigen. Dann, als Dante schon die Geduld verlieren wollte, meinte Seneca leise: "Ich weiß nicht viel darüber. Ihr seid die Halbdämonen, die damals für das Erscheinen des Temen-ni-gru verantwortlich waren, oder?" Dante nickte widerwillig, während Nero schweigend verharrte. "Der Orden sagt, vor allem müssten die stärksten der Dämonen ausgerottet werden." Der Orden? An Neros Blick konnte Dante erahnen, dass der Jüngere genau dasselbe dachte wie er. "Der Schwertorden Spardas? Sie wollen diejenigen ausrotten, dessen Vater sie sich verschrieben haben?", stieß Nero überrascht hervor. "Vater? Soll das heißen..." Seneca war verunsichert. "Nein, nur Dante und Vergil. Ich nicht. Erzähl weiter!" Seneca senkte den Blick. Er hustete und keuchte dann: "Sie... wollen alle Dämonen... töten. Und sie... sagten, sie wollten mit... euch anfangen! Euer Blut... würde euch... wertvoller machen!" "Unser Blut?" Dante runzelte die Stirn. "Mehr... weiß ich nicht... darüber!" Der ältere Halbdämon warf seinem Freund einen fragenden Blick zu. "Was soll an unserem Blut so besonders sein?" Nero zuckte die Schultern. "Keine Ahnung. Um ehrlich zu sein klingt das ziemlich seltsam." Angst schlich sich in Senecas Augen. "Ich sage... die Wahrheit!" Dante winkte ab. "Wer hat die Macht bei den Menschen?", wollte er wissen. "Ich glaube... der Orden.", meinte Seneca zögernd. "Es sind mehrere Parteien. Der Orden und... die Anti-Dämonen Fraktion sind stark. Es gibt... aber noch eine Gruppierung, die... nicht genannt wird... sie wirken... gefährlich!" Nero nickte. "Das wäre nicht das erste Mal. Sie sind an uns interessiert... aber was können sie mit unserem Blut wollen?" "Was immer sie damit vorhaben, sie werden es mit ihrem eigenen Lebenssaft erkaufen müssen!" Vergil stand direkt hinter ihnen. Er hatte jedes Wort mit angehört. "Worauf warten wir noch? Lassen wir sie leiden!" "Spinnst du?", entfuhr es Nero. "Hast du schon vergessen, was beim letzten Mal passiert ist? Sie haben keine Angst zu sterben! Wenn sie uns überwältigen, dann haben wir wirklich Probleme!" Dante seufzte: "Aber wenn wir nichts tun werden sie uns irgendwann finden. Wir müssen in Erfahrung bringen, was sie von uns wollen!" Nero meinte leise: "Wie sollen wir das anstellen? Sobald sich einer von uns den Menschen zeigt, werden sie uns schlachten! Ich meine, wir fallen auf wie bunte Hunde mit unserer Erscheinung!" Beide Zwillinge mussten resigniert zustimmen. Da mischte sich Seneca ein. "Ich könnte gehen." Vergils Augen wurden schmal. "Du? Bring mich nicht zum Lachen!" Auch in Neros Augen glomm Misstrauen auf. "Warum willst du uns helfen? Vor kurzer Zeit wollten wir uns noch gegenseitig umbringen, oder? Und du hast von Rache gesprochen!" "Ich weiß." Seneca klang betrübt. "Und ich hege immer noch den Wunsch, euch allen die Haut vom Leibe zu ziehen, allen Dämonen. Ich kann euch euer Misstrauen nicht verübeln. Wie solltet ihr auch anders handeln? Ich möchte euch tot sehen, ja, aber nicht so. Es soll ein fairer Kampf werden, nicht diese Hetzjagd, wie der Orden sie betreibt." Er unterbrach, hustete und räusperte sich. "Ich möchte nicht, dass man euch jagt wie Tiere und abschlachtet wie Vieh. So verdorben bin ich nicht..." Dante wusste, dass er nicht überzeugt aussah, ebenso wie Vergil und Nero. Seneca seufzte. "Ich schätze, ich komme nicht darum herum, meine Geschichte darzulegen....Also. Ich entstamme einer alten Familie von Dämonenjägern. Jeder von uns lernte bereits in frühester Kindheit, die Dämonen zu bekämpfen und sich selbst zu schützen. Allerdings brachte man uns auch bei, dass es auch gute Seelen unter den Dämonen gab, die uns beistehen konnten, anstatt nach unserem Leben zu trachten. Wir führten ein erfülltes Leben und waren angesehen. Doch es blieb nicht dabei. Denn irgendwann - ich war zu der Zeit gerade nicht zugegen - fielen Dämonen in das Viertel ein, in dem wir lebten. Meine Familie trat gegen sie an. Doch keiner von ihnen überlebte. Als ich zurückkehrte und sah, was geschehen war, fragte ich die verängstigten übriggebliebenen Menschen nach der Schlacht. Sie sagten mir, dass ein weißhaariger Dämon mit kalten Augen ohne innezuhalten jeden einzelnen von meiner Familie getötet und dessen Blut getrunken hätte. Ein Dämon mit einer gekrümmten, einseitig geschliffenen Klinge und einem langen Mantel!" Neros Blick raste zu Vergil und auch Dante konnte es sich nicht verkneifen, kurz zu seinem Bruder hinüber zu sehen. Vergil verzog den Mund zu einem abfälligen Grinsen. "Pah, glaubt ihr ihm das?" "Du musst zugeben, es klingt ziemlich nach dir!", ließ Nero fallen. "Es ist nicht schwer zu glauben, dass du sie alle umgebracht hättest, ohne mit der Wimper zu zucken!" Vergil schnaubte. "Umbringen ja, aber denkt ihr wirklich, ich hätte es nötig, Menschenblut zu trinken?" Nero sah den blaubemantelten Halbdämon an, als würde er es ihm tatsächlich zutrauen, doch Seneca fuhr in diesem Moment mit seiner Erzählung fort und machte einem weiteren Gespräch ein Ende. "Ich dachte zunächst, es sei der Dämon gewesen, der für das Erscheinen des Temen-ni-Gru verantwortlich gewesen war und beschloss, nach ihm zu suchen. Ich hörte mich um und fand schließlich heraus, dass er in der Stadt gesehen worden war." Senecas Blick wanderte hinauf zu Vergil. Seine Augen schimmerten eisig kalt und es war Dante klar, dass Seneca, hätte er seine Waffen gehabt, Vergil und wahrscheinlich auch Nero und ihn selbst ohne zu zögern umgebracht hätte. "Ich hätte nicht gedacht, dass du den Schneid haben würdest, dich noch einmal unter die Menschen zu wagen!" Soviel erst mal hierzu. Werde schauen, wann ich weiterschreiben kann! XD Kapitel 3: Im Dorf ------------------ Und weiter gehts! Mal sehen, wie sich die Dämonen entscheiden... und wie Seneca das anstellen will... ich hoffe, die Handlung bleibt zumindest einigermaßen realistisch.... XD Vergils Augen verengten sich zu schmalen Schlitzen. Seine Hand glitt lautlos auf den Griff Yamatos. "Treibs nicht zu weit!" Seine Stimme klang gefährlich leise. Seneca hielt seinem Blick nur wenige Sekunden stand, dann wandte er sich ab und nahm wieder Nero ins Visier. "Mittlerweile weiß ich mehr. Ich weiß, dass der kaltäugige Dämon nicht derselbe war, der für das Erscheinen von Temen-ni-gru verantwortlich war." Dante runzelte die Stirn. "Nicht? Aber wer hat sonst noch ein Schwert wie Yamato?" Seneca nickte. "Es gibt noch mehr. Der Mantel des Gesuchten war, wie ich in Erfahrung bringen konnte, ebenfalls blau. Irgendjemand versucht, euch schlechtzumachen. Weiß Gott, wer das tut." Nero nickte. "Das habe ich mir auch schon gedacht. Vergil... hast du noch was dazu zu sagen?" Der andere Halbdämon schwieg und sah nur reglos auf Seneca hinab. "Was sollen wir jetzt machen? Seneca gehen lassen oder warten?", fragte Nero. Dante seufzte und sah von Vergil zu Nero und von ihm zu Seneca. Dann wanderte sein Blick zurück zu seinem Bruder. "Ich glaube, das beste wäre, wenn wir warten würden. Aber es ist von größter Wichtigkeit, dass wir über unseren Gegner bescheid wissen! So wie es aussieht, kann keiner von uns ins Dorf hinuntergehen, unsere Haare würden uns in jedem Fall verraten, Nero, deine Klaue würde alles sogar noch schlimmer machen. Also bleibt uns nur die Option, Seneca hinunter zu schicken. Vielleicht kann er Erfolg haben." Vergil schnaubte: "Gib ihm auch noch seine Waffen zurück! Dann brauchen wir nur noch zu warten, bis er mit Verstärkung zurückkehrt! Ich sage, ich gehe und quetsche ein paar von diesen Versagern dort unten aus!" "Nein, Vergil!", unterbrach Nero. "Du würdest sterben, ehe du entkommen könntest!" Der Halbdämon mit dem blauen Mantel starrte den Jüngeren mit der Teufelsklaue an. "Sagst du mir hiermit, ich sei schwach?" "Nein! Ich meine damit, dass es Unsinn ist, wenn du dich in Gefahr bringst, wenn es einen einfacheren Weg gibt! Lass Seneca gehen - mit seinen Waffen!" Nero erwiderte den eisigen Blick des Älteren, bis dieser wegsah. "Meinetwegen. Aber beklagt euch nicht, wenn er euch erschießt, dann, wenn er zurückkommt!" Nero sah auf Seneca hinunter. Der junge Mann mit den dunkelblonden Haaren zitterte und bibberte stark. Ihm war kalt, sehr kalt. "Hast du Geld?" Seneca nickte. "Gut. Dann geh als erstes in eine Apotheke und kauf dir was, was deine Abwehrkräfte stärkt und die Erkältung kuriert. Es nutzt uns nichts, wenn du an Lungenentzündung stirbst!" Dante fuhr dazwischen: "Was willst du damit sagen? Hast du ernsthaft vor, länger mit ihm zusammen zu arbeiten?" Nero seufzte. "Weißt du, du und Vergil, ihr benehmt euch wie Kindergartenkinder. Wir sind, verdammt nochmal, in einer echt brenzligen Situation! Komm mal wieder von deinem hohen Ross runter und schalt dein Hirn ein! Ohne Seneca sind wir von Informationen ausgeschlossen und können nur warten, bis unsere Gegner angreifen!" Dante wollte auffahren. "Nein, sag nichts, Dante! Wenn sie uns in einer dummen Situation - zum Beispiel während zwei von uns schlafen - erwischen, werden sie uns in die Höhle einsperren und uns entweder aushungern oder alle drei erschießen! Ich habe keine Lust, mich massakrieren zu lassen, wenn direkt vor unserer Nase eine Chance sitzt, die uns das Leben retten könnte! Wir brauchen Seneca und ich werde nicht zulassen, dass ihr zwei Narren ihn tötet! Hast du mich verstanden?" Verblüfft starrte Dante den jüngeren Halbdämonen an. So etwas hatte er nicht von Nero erwartet. Schließlich erwiderte er widerwillig: "Also gut. Wenn du meinst, dass es so am besten ist! Aber wenn er auch nur eine falsche Bewegung macht, dann..." Er ließ offen, was dann passieren würde. Nero konnte es sich ohnehin denken. Langsam wandte sich der Jüngere wieder zu dem Menschen um, um ihm seinen Plan zu erklären... Seneca rückte die Bazooka auf seinem Rücken zurecht, dann überwand er die letzten Meter, die ihn noch vom Dorf trennten. Seine Finger waren blaugefroren und er spürte, dass auch seine Zehen ähnlich erfroren waren. Er würde sich in eine Bar setzen und auftauen, ehe er sich wieder zur Höhle am Berg aufmachte. Bei dem Gedanken an Vergils Worte kräuselten sich seine Lippen. Anfangs hatte er tatsächlich gedacht, den Mörder seiner Familie gefunden zu haben, doch dann wurde ihm klar, dass der Halbdämon es nicht gewesen sein konnte. Seine Familie hätte sich nicht von ihm überrumpeln lassen. Vergil war stark, ja, aber Seneca hatte im Kampf gegen ihn gemerkt, dass auch er große Schwächen hatte, Schwächen, die seine Familie gewiss bemerkt und ausgenutzt hätte. Vergil war es nicht gewesen. "Heda, wer bist du?", rief ihn einer der Wachmänner an. Seneca trat auf ihn zu und meinte: "Man nennt mich Seneca. Ich bin ein freier Dämonenjäger und war auf Jagd. Jetzt würde ich mich gern etwas hier im Dorf ausruhen!" Der Mann nickte und musterte ihn. Dann fragte er: "Erfolg gehabt?" Seneca lachte freudlos auf und log: "Sie sind mir entkommen. Ich hatte sie schon fast. Zwei Insektendämonen, solche mit Gottesanbeterinnen-Scheren. Hätten wohl viel Geld gebracht, aber ich habe ihre Spuren verloren und nicht wiedergefunden bei dem verdammten Regen!" Der Wachmann nickte erneut und sagte: "Gut. Du kannst passieren. Halte dich von den grau gerüsteten Soldaten fern." Ohne ein weiteres Wort zu verlieren, hob Seneca die Hand und setzte seinen Weg in die Stadt fort. Das lief ja besser als geplant. Er kam an einer Apotheke vorbei und besorgte sich ein Medikament, das seine Gesundheit wiederherstellen würde. Er lachte leise auf. Der junge Nero war ihm sympathisch, auch, wenn er ein Dämon war. Seneca fragte sich, ob er einer von denen sein könnte, die den Menschen helfen wollten. Dann straffte er die schmalen Schultern. Das würde die Zeit zeigen. Im Moment hätte er Nero und seine Begleiter, vor allem den eisig kalten Vergil, lieber heute als morgen tot gesehen. Aber irgendwie spürte er, dass es nicht gut war, wenn der Orden sie erwischte. Seneca vertraute seiner Intuition, sie hatte ihm schon oft das Leben gerettet. Warum also nicht auch dieses Mal? Wenig später ließ er sich mit einem wohligen Seufzen auf der Bank eines Wirtshauses nieder. Wenigstens jetzt wollte er sein Leben genießen. Er hatte gerade die Gabel hingelegt, sein Bier leergetrunken und den letzten Rest der Bratensoße auf seinem Teller mit einem Stück Brot aufgetunkt, da drang Lärm an sein Ohr. Seneca hob den Kopf und vernahm das Wort "Dämon". Er fluchte und erhob sich. Vor dem Fenster sah er Männer in grauen Rüstungen vorbeieilen. Rasch sammelte er seine Waffen auf, warf Geld für den Braten und das Getränk auf den Tisch und verließ eilig das Lokal. Er sah einen verwischten blauen Fleck über die Dächer hasten und fluchte noch einmal. Wie hasste er Vergil! Auf solche Leute wie ihn konnte man sich einfach nicht verlassen! Ordensritter verfolgten den flüchtenden Halbdämonen, wobei sie mit seltsam geformten Waffen auf ihn schossen. Ein Projektil traf und schleuderte Vergil vom Dach. Hart kam der Halbdämon unten im Schlamm auf. Seneca sah, wie der Dämon mit dem blauen Mantel vor Schmerz das Gesicht verzog, als weitere Schüsse ihr Ziel fanden. Er fragte einen Schaulustigen, der neben ihm an der Wand lehnte: "Mit was schießen sie da? Normalerweise spüren Dämonen sowas doch nicht!" Der Mann sah ihn seltsam an, erblickte dann jedoch die Bazooka und das Gewehr auf seinem Rücken und meinte: "Sie haben was von speziellen Waffen gesagt..." Seneca nickte. Er machte sich eine geistige Notiz, etwas über die Waffen herauszufinden. Dann trat er auf die Soldaten zu, die noch immer auf Vergil feuerten, der mittlerweile richtig Probleme bekam, er kniete im Schlamm und versuchte verzweifelt, den Kugeln, die noch immer wild auf ihn zupfiffen, auszuweichen. "Hey, glaubt ihr nicht, dass es langsam reicht?" Zwei der acht Soldaten drehten sich um. Vergil nutzte die Chance und türmte über die Dächer. Die Soldaten fluchten und nahmen die Verfolgung auf, wobei sie Seneca noch ein paar grobe Worte zuriefen. Seneca sah sich um und entdeckte einen grau gekleideten Mann, der in einem Hauseingang lehnte und sich dem noch immer fallenden Regen entzog. Er ging auf ihn zu. "Was willst du, Dämonenjäger?", fragte der Ordenspriester des Schwertordens, als den ihn Seneca erkannt hatte. "Nur ein paar Antworten auf einfache Fragen, Hochwürden." "Du willst Antworten? Wie kommst du darauf, dass ich sie dir geben könnte?" Seneca senkte den Kopf. "Ich habe Euch als Mitglied der Abteilung für Erforschung neuer Technologien erkannt. Falls Ihr Euch fragt, woher ich das weiß, ich habe bereits des Öfteren mit Euresgleichen zusammengearbeitet. Wie geht es Banes?" Der Priester lächelte ein halbes Lächeln. "Banes geht es gut, wie immer. Er säuft noch immer wie ein Loch, aber sonst kann er sich nicht beklagen. Was willst du wissen?" "Was ist das für eine Substanz, die ihr auf den Dämonen abgeschossen habt?" "Verstehe, du hast ihre Wirkung bemerkt!" Der Priester lachte. "Nicht schlecht, Dämonenjäger. Es ist ein speziell entwickeltes Mittel, das ihre dämonischen Kräfte unterdrückt. Ihre Verletzungen heilen nicht mehr so schnell wie die eines Dämons, sondern nur noch wie die eines Menschen, wenn überhaupt. Mehr darf ich dir nicht sagen!" Seneca nickte und sah ruhig die Straße hinunter. "Ich verstehe." In seinem Inneren raste es. Selbst wenn Vergil den Ordensrittern entkam, würde er in großen Schwierigkeiten stecken. Er musste zusehen, dass er ihn fand, wenn er ihn lebend zu Dante und Nero zurückbringen wollte. Oder waren ihm die anderen beiden etwa ebenso gefolgt? "Ich war lange unterwegs, Hochwürden. Wie steht es so in der Welt? Könnt Ihr mir Neues berichten?" Der Priester nickte. "Du willst wissen, auf was du achten musst, hm? Na gut, ich werde dir erzählen, was vorgeht..." Er erzählte es Seneca. Dann endlich bot sich ihm die Möglichkeit, sich zu entschuldigen, ohne dass es auffällig gewirkt hätte. Er ging in die Apotheke und stockte seinen Erste-Hilfe-Kasten auf. Er nahm besonders viel Verbandszeug und Wundheilsalbe mit. Vergil würde es brauchen. Auch, wenn er den Dämonen nicht mochte, wenn er starb, würde alles nur noch schlimmer. Er verließ die Apotheke und sah sich um. Keiner war zu sehen. Lediglich der Wachmann stand noch an seinem Platz und stierte nach draußen. Offenbar ärgerte es ihn, dass er nicht an der Jagd hatte teilnehmen können. Seneca beschloss, bei ihm vorbei zu gehen. "Hallo! Danke für den Tipp, ich bin unbehelligt zu meinem Bier gekommen!" Der Wachmann grinste. "Nicht wahr? Das hiesige Bier ist gut! Schade nur, dass du schon wieder gehst!" Seneca erwiderte das Lächeln. "Tja, ich versuche noch einmal, die Spuren wiederzufinden! Wünsch mir Glück!" Die Wache nickte und Seneca ging weiter. Kaum war er außerhalb der Sichtweite des Mannes, bog er nach links ab. In diese Richtung war Vergil verschwunden. Verwundert registrierte er, dass er sich Sorgen um den kalten Halbdämonen machte. Seneca hustete und seufzte. Wenn das so weiterging, kam er noch zu dem Punkt, an dem er Vergil das Leben schenken würde, wenn es daran ging, seinen Beruf auszuüben. Er rückte die schwere Bazooka zurecht und wrang das Wasser aus seinem Pferdeschwanz - ohne, dass es viel gebracht hätte. Es schüttete immer noch aus Eimern. Er hoffte nur, dass es den Dämonen inzwischen gelungen war, ein Feuer zu entfachen. Wenn sie noch lebten... Kapitel 4: ...der Schwertmeister fällt... ----------------------------------------- XD jetzt gehts mir sogar selber schon so, dass ich an so einer Cliffhanger-Stelle weiterschreiben will! *seufz* manchmal verstehe ich mich selber nicht... Also das ist ein Kapi, in dem Seneca zum Erzähler wird, da Dante ja anfangs nicht vorkommt. Ich hoffe, ich kann dadurch etwas Klarheit in seine verworrenen Charakterzüge bekommen! Seneca ging vorsichtig weiter. Immer wieder drohten seine Füße auf dem matschigen Boden auszugleiten, doch er schaffte es, auf den Beinen zu bleiben. Er richtete den Blick zurück auf das Dorf. Hier irgendwo musste es gewesen sein. Vielleicht fand er Vergils Spuren und konnte erkennen, wo er den Weg nach oben genommen hatte? Aufmerksam machte er sich daran, nach Spuren des Halbdämonen zu suchen. Etwa eine halbe Stunde später lehnte er sich fluchend an den Stamm einer dürren Birke. Es war, als hätte Vergil sich in Luft aufgelöst! Er hatte das Dorf umrundet, doch war er nirgends auf Spuren gestoßen! Da drang ein Laut an sein Ohr. Seneca legte den Kopf in den Nacken und lauschte. Da war es wieder! Es klang... schwach. Ein leises Wimmern, irgendwo in der Nähe! Seneca sah sich um, entdeckte aber kein mögliches Versteck. War es ein Tier? Oder war es etwa der kalte, abweisende Halbdämon, der ihn vor irgendetwas warnen wollte? Der Dämonenjäger beschloss, dem Geräusch zu folgen. Als er wieder in den strömenden Regen trat und eisiges Wasser in sein Genick lief, stieß er einen leisen Fluch aus. Er würde sich noch den Tod holen hier draußen! Seneca stieg ein paar Stufen, die aussahen, als stammten sie von Menschenhand, hinauf. Ein paar Ruinen lagen vor ihm. Menschen hatten sie einst wohl als stolze kleine Häuser erbaut, doch nun waren sie zerfallen und boten niemandem mehr Schutz. Niemandem... Seneca trat zwischen die Ruinen und meinte, auf dem Boden so etwas wie Stoff zu erkennen. Besorgt trat er näher und erkannte, wer hinter der verfallenen Mauer lag. Es war tatsächlich der, den er suchte. Vergil war nur noch ein Schatten seiner selbst. Blutend kauerte er sich in den winzigen Windschatten des Gemäuers, zitternd in der Kälte des Regens. Seneca warf alle Abscheu vor ihm über Bord und trat näher. Der Halbdämon blickte mit irrlichternden Augen zu ihm auf, zuckte zusammen und wich zurück. Er erkannte ihn nicht! Seine bebenden Hände umschlossen Yamato so fest, dass seine Knöchel - zumindest dort, wo sie nicht wund und aufgeschürft waren - weiß wurden. Entsetzt erkannte Seneca, dass Vergils Mantel mehr rot war als blau. Blut rann ihm aus dem Mundwinkel über das Kinn, den Hals und versickerte schließlich, vermischt mit dem Regenwasser, in seiner Weste. Seneca kniete bei ihm nieder und legte ihm vorsichtig - Vergil zuckte zurück und wollte Yamato ziehen, hatte aber nicht mehr die Kraft dazu - die Hand auf die Schulter. "Erkennst du mich? Vergil? Ich bin es, Seneca! Kannst du aufstehen?" Vergil sah ihn verwirrt an und nickte. Seneca war klar, dass ihn der Halbdämon nicht erkannte, er sah in ihm nur jemanden, der ihm helfen konnte. Vorsichtig nahm er Vergil das Schwert aus der Hand und zog ihn auf die Füße. Ein fataler Fehler, denn sogleich kippte ihm der blaugewandete Dämon entgegen, unfähig, das Gleichgewicht zu halten. Seneca ächzte, als er Vergils größeres Gewicht auffing und auf sich stützte. Der Halbdämon war fast einen halben Kopf größer als er und besaß breitere Schultern. Dementsprechend war er auch schwerer als Seneca selbst. "Versuche, einen Teil deines Gewichtes selbst zu tragen, ich werde dich stützen!", bemühte er sich zu sagen. Dann begann er, sich mit seiner Last den Berg hinaufzukämpfen. Mehrmals mussten sie ihren Weg unterbrechen, wenn Vergils Beine ihn einfach nicht mehr tragen wollten. Dann setzte Seneca ihn unter dem Dach eines Baumes - viel brachte es nicht, aber dennoch genug, um ihm sinnvoll zu erscheinen - ab und ließ ihn leidlich zu Atem kommen. Stets besah er sich dann die Wunden des Halbdämonen, nur um immer wieder festzustellen, dass die tiefen Schnitte, Kratzer und Einschüsse weder heilen mochten, noch aufhörten zu bluten. Seneca schauderte. Er hatte viele Dämonen verwundet, doch ihre Verletzungen hatten sich immer selbst geheilt, zu schnell, als dass es ihm richtig aufgefallen wäre. Vergil hingegen war nur ein Halbdämon, was bedeutete, dass seine Wunden sehr wohl bluteten, auch wenn sie schnell wieder heilten. Die Substanz der Projektile, die die Wundheilung verzögerte, hatte schreckliche Folgen für Spardas Sohn. Seneca wusste, dass sie die Höhle, in der Dante und Nero hoffentlich auf sie warteten, bald erreichen mussten, wenn er Vergil vor dem Verbluten retten wollte. Bei diesem Gedanken horchte er auf. Er wollte Vergil retten? Einen Dämonen? Seneca lachte freudlos auf. Was war er denn für ein Dämonenjäger? Doch dann gestand er sich ein: ja, er wollte ihn retten. Und zwar deshalb, weil er ihn später zum Duell fordern würde, um ihm mit eigener Hand den Gnadenstoß zu geben. Es war einfach nicht seine Art, sich neben einen Verletzten zu setzen und zu warten, bis dieser sein Leben aushauchte. Lieber gab er Vergil die Chance, ihn im Kampf umzubringen oder zu fliehen, als dass er ihn jetzt, wo er wehrlos war, zu töten. Vergil stöhnte auf und Seneca sah zu ihm hinüber. Der Halbdämon lehnte halb am Stamm einer Buche und hielt die Hände auf eine besonders tiefe Wunde in seinem Bauch gepresst. Noch immer sickerte Blut durch seine Finger. Seneca nahm seinen wirren Blick als Zeichen, dass es Zeit war, weiterzugehen. Mühsam lud er sich den Verletzten auf die Schulter. Dann trat er mit seiner Last wieder hinaus in den nicht enden wollenden Regen... Als sie oben bei der Höhle ankamen, erwartete Nero sie bereits. Seneca war froh, dass zumindest Dante und Nero geblieben waren, wo sie waren. Ein Verletzter reichte. Vergil hatte auf der letzten Etappe das Bewusstsein verloren und Seneca hatte sein ganzes Gewicht den Berg hinaufschleifen müssen. Nero sah sie und eilte ohne zu zögern zu ihnen hinaus in den Wolkenbruch. Er nahm Vergils anderen Arm und lud ihn sich auf. Zu zweit gelang es ihnen sehr schnell, den verletzten Halbdämonen ins Trockene zu schaffen. Drinnen schlug Seneca eine zögerliche Wärme entgegen und er sah, wie Dante sich von einem winzigen, rauchenden Feuerchen aufrichtete und ihnen entgegensah. Als er Vergil reglos zwischen Seneca und Nero erkannte, erbleichte er. "Was ist los?" , fragte er. Seneca und Nero luden ihre Last am Feuer ab und der Halbdämon mit der Teufelsklaue begann geschickt, Vergils Mantel und Weste auszuziehen. Seneca erzählte: "Ich war im Dorf und habe zu Mittag gegessen, um mich umzuhören. Da wurde Vergil entdeckt und die Soldaten verfolgten ihn. Sie haben mit speziellen Waffen, die die Wundheilung durch dämonische Kräfte unterbinden sollen, auf ihn geschossen. Ich habe ihn gesucht, nachdem er geflohen ist und ihn dann hier herauf gebracht." In ebendiesem Moment öffnete Nero die Weste, die Vergils Oberkörper bedeckte. Er stieß einen Laut des Entsetzens aus und starrte hinab auf den Verletzten. Seneca und Dante gesellten sich zu ihm und auch sie erkannten betroffen das Ausmaß der Mittel. Vergils Brust war eine einzige blutige Kraterlandschaft von Einschüssen. Die Soldaten hatten ihn offenbar doch noch erwischt, als er aus Senecas Blickfeld entkommen war, denn mehrere tiefe Schnitte von Messern und Schwertern klafften sowohl an seinem Oberkörper, als auch an Bauch und Armen. Es war Seneca ein Rätsel, weshalb der Halbdämon überhaupt noch lebte. Ein Mensch, und dessen war er sich vollkommen sicher, wäre längst an solchen Wunden zugrunde gegangen. Nero hob den Blick und sah Seneca und danach, länger, Dante in die Augen. Er schluckte. Seneca ahnte bereits was er sagen würde. "Er wird wahrscheinlich sterben." Dante richtete den Blick auf seinen Zwillingsbruder und meinte leise: "Warum? Du Narr! Es hätte gereicht, wenn der Mensch gegangen wäre..." Seneca spürte, dass Dante seine Abneigung ihm gegenüber noch immer nicht abgelegt hatte. Aber er sah auch, wie sich die Augen des Halbdämonen mit Tränen füllten. "Dante... ich habe noch Medikamente... Vielleicht..." Der Dämon mit dem roten Mantel wandte sich schroff ab. "Tu was du nicht lassen kannst! Ich werde dich nicht daran hindern!" So mühsam er seine Stimme ruhig halten wollte, Seneca hörte deutlich heraus, dass Dante unter dem Zustand seines Bruders litt. Mit einem harten Knoten in der Brust nahm er sein Gepäck vom Rücken und nahm den Erste-Hilfe-Kasten heraus. Nero sah ihn an und nickte. Dann machten sie sich daran, sich um den Verletzten zu kümmern... Kapitel 5: Die Entscheidung des Schützen ---------------------------------------- Und weiter gehts! Mal sehen, wie sich die Geschichte weiter entwickelt, oder? Stirbt Vergil tatsächlich? Wie wird Dante reagieren? Lassen sie Seneca am Leben? Viele Fragen... XD Fragen, auf die die Antworten ausstehen! Hmm, falls unter den Lesern solche sind, die Angst vor Blut haben oder unter einer zu starken Fantasie zu leiden haben, sollten sie den dritten Absatz wohl eher überspringen, das wird ne ziemlich blutige Angelegenheit! Neros Hände zitterten, als er den letzten Verband festzog. Sein Blick wanderte zu dem durchgebluteten Stapel Verbandszeug. Vergils Wunden bluteten noch immer, zwar nicht mehr so stark wie vor ein paar Stunden, als Seneca ihn gefunden hatte, aber noch immer zu stark, als dass man von Entspannung sprechen konnte. Noch immer hing Vergils Leben am seidenen Faden. "Wie geht es ihm, Nero?" Senecas leise Stimme drang an sein Ohr. Der junge Halbdämon, der aufmerksam über den Verletzten gewacht hatte, meinte: "Schlecht, wie zuvor. Er verliert noch immer zu viel Blut. Die Wunden wollen sich einfach nicht schließen!" Leise Verzweiflung klang in seinen Worten mit. "Wenn das so weitergeht, dann verlieren wir ihn!" Seneca nickte und sah auf den Verletzten hinab. Vergils Brust hob und senkte sich immer schwächer. Wie hatte das geschehen können? Der junge Mensch mit den dunkelblonden Haaren erhob sich und begab sich in den hinteren Teil der Höhle. In der Düsternis erkannte er undeutlich die Konturen des letzten Mitglieds der Gruppe. Dante hockte mit angezogenen Knien an der Wand, den Kopf in den aufgestützten Armen vergraben. Er schien zu schlafen. Seneca fragte leise: "Dante? Schläfst du?" Der Halbdämon hob den Kopf und fauchte: "Wie könnte ich? Mein Zwillingsbruder liegt im Sterben!" Seneca wich zurück, verletzt von den harschen Worten des Weißhaarigen. "Ich dachte, ihr beide mögt euch nicht besonders!" Seneca konnte sich einfach nicht zurückhalten, er musste fragen. "Verfluchter Idiot! Wir stehen uns nicht nahe, aber ich bin trotzdem sein Bruder! Er ist alles, was ich noch habe! Und du hast nichts besseres zu tun, als... ach, vergiss es!" Er ließ den Kopf wieder sinken. Seneca seufzte leise. Dante tat ihm leid. Anfangs hatte er so stark und unabhängig gewirkt. Jetzt, wo Vergil reglos am Feuer lag, gab er sich von einer ganz anderen Seite. Es war mitten in der Nacht, als Seneca von Neros Aufschrei geweckt wurde. "Seneca, hilf mir! Ich glaube, er... er stirbt!" Der junge Mann erhob sich und eilte hinüber zu dem Halbdämonen, der die Hand auf Vergils Brust gepresst hielt. Hilflos versuchte Nero, die wieder frisch aufgerissene lange Schnittwunde an Vergils Bauch zuzuhalten. Ohne viel Erfolg, das helle Blut sprudelte ihm nur so über die Finger. "Was... was soll ich tun? Ich bin kein Arzt!" "Ich weiß es nicht! Vielleicht... ach, verflucht, ich habe keine Ahnung!" Verzweifelt sah Nero auf die Wunde hinab. "Wenn wir die verletzten Adern abklemmen könnten... oder abbinden! Irgendwas, aber wenn wir nichts unternehmen, verblutet er!" Nero sah ihn mit großen Augen an. "Was soll ich machen?" Seneca nahm den Erste-Hilfe-Kasten und riss ein Päckchen mit sterilem Verbandstuch auf. "Wenn wir das auftrennen bekommen wir Fäden! Los, du kannst das mit deiner Klaue schneller!" Nero nickte und trennte mit fliegenden Fingern das Tuch ein Stück weit auf. Dann zog er mehrere Fäden heraus. Währenddessen suchte Seneca nach der zerfetzten Ader und fand sie schließlich auch. "Aber wie sollen wir das machen? Wir haben keine Werkzeuge dafür!", stieß Nero hervor. Dann veränderte sich sein Gesichtsausdruck, Hoffnung begann in seinen Augen zu schimmern. "Ich weiß! Meine Klaue! Vielleicht kann ich sie so verändern, dass sie klein genug ist!" Der junge Halbdämon schloss die Augen und konzentrierte sich. Seine rechte Hand veränderte sich, wurde schmaler und kleiner, bis sie locker in die Wunde an Vergils Bauch passte. Schaudernd nahm er einen Faden in die Hand und tastete nach der zerrissenen Ader. Seneca sah fasziniert, wie sich Neros Finger geschickt durch zertrenntes blutiges Gewebe kämpften und schließlich jene große Arterie fanden, die die Mengen an Blut freisetzte. Nero verzog vor Konzentration das Gesicht und keuchte: "Es ist zu schwer. Ich schaffe es nicht!" Seine Finger bebten und um ein Haar hätte er den Faden losgelassen. "Ruhig, Nero! Du hast es fast! Du musst die Ader nur noch abbinden! Das schaffst du auch noch!", wollte ihm Seneca Mut machen. Der Halbdämon schluckte, dann nickte er und machte sich an die Arbeit. Dante hörte Neros Ruf ebenfalls. Er saß noch immer so an die Wand gelehnt da, wie Seneca ihn vor Stunden gesehen hatte. Schmerz verzerrte sein Gesicht. Vor Jahren, als sich das Tor zur Dämonenwelt geschlossen hatte und er Vergil schon einmal verloren hatte, hatte es nicht so wehgetan wie jetzt. In ihm war nur stechender, sengender Schmerz. Er spürte nichts. Sein Kopf war leer. Benommen. Betäubt. Benebelt. Sein Bruder lag dort und starb. Und er selbst konnte nichts tun, gar nichts. Dante krallte die Finger um die Ellbogen und kauerte sich noch mehr zusammen. Er biss sich auf die Lippe und schloss die Augen, die ohnehin nur noch auf den Fels unter ihm starrten. Es tat so weh. Vergil, warum?, fragte er sich in Gedanken. Warum bist du gegangen? Er konnte sich keine Antwort darauf geben. Hätte er seinen Bruder zurückgehalten, wäre das alles nicht passiert. Wäre er selbst gegangen, er war sich sicher, dass er es ohne Schwierigkeiten überstanden hätte. Vergil verachtete Schusswaffen. Das war schon immer seine größte Schwäche gewesen. Immer war er im Vorteil gewesen, wenn er geschossen hatte. Er hätte zurückgeschossen, anstatt zu fliehen. Er hätte geschickt Ebony und Ivroy benutzt, um unverletzt zu bleiben. Er hätte die Schüsse parieren können mit Rebellion. Er hätte... Dante spürte, wie Tränen aus seinen Augen quollen und über seine Wangen rollten. Vergil hatte keine Chance gehabt. Seine aus geistiger Energie beschworenen Schwerter waren wirkungslos gegen Kugeln. Wäre er, Dante, gegangen, hätte es ein anderes Ende genommen. Doch er war zu feige gewesen. Er hatte Seneca blindlings vertraut. Auch, wenn sich gezeigt hatte, dass er im Recht gewesen war, was seine Intuition anging, er hätte Seneca nicht allein hinunterschicken dürfen. Vergil war gegangen, wo er hätte gehen sollen. Zitternd lehnte er sich mit dem Rücken gegen den Fels. Die Kälte biss in seine Glieder. Doch wenn er daran dachte, was für Schmerzen sein Bruder gerade litt, fühlte er sich nur noch schlechter. Warum hatte Vergil das getan? Dante legte die Stirn an die überkreuzten Unterarme und weinte... Es gelang Nero, die Ader zu flicken. "Bemerkenswert!", meinte Seneca leise. "Du gibst einen richtig guten Chirurgen ab, glaube ich!" Nero schauderte und sah auf die Wunde hinab, die endlich zu bluten aufgehört hatte. Das eine Ende des Fadens ragte noch heraus. "Was meinst du? Ob diese Substanzen irgendwann ihre Wirkung verlieren?", fragte er mehr sich selbst als Seneca. Der Mensch antwortete nicht. Warum auch? Alles weitere lag in Vergils und, wenn es ihn denn gab, Gottes Händen. Seneca sah Nero zu, wie dieser sich die Hände wusch, indem er sie in eine mit Regenwasser gefüllte Vertiefung im Fels legte und sie sauberrieb. Dann machten sie sich daran, die freigelegten Wunden wieder zu verbinden. "Ich glaube, du hast ihm gerade das Leben gerettet, Nero." Der junge Halbdämon mit der Teufelsklaue sah auf. "Glaubst du?" Seneca nickte und sagte: "Nun, ob es ihn rettet, weiß ich nicht genau. Zumindest hat es ihm mehr Zeit verschafft." "Zeit, die ich gerne nutzen würde, um zu schlafen. Aber..." "Aber?", fragte Seneca. Doch dann, als sich ein leichter Rotschimmer auf Neros Wangen legte, begriff er. Die Dämonen vertrauten ihm noch immer nicht ganz. "Ich verstehe. Ich kann euer Misstrauen natürlich nicht abschalten. Ich hätte kein Problem damit, Wache zu halten. Wenn du mir allerdings zutraust, dass ich euch alle drei im Schlaf töte, kann ich dir nicht helfen." Nero nickte. Müdigkeit ließ seine sonst so strahlenden Augen trübe werden. Er war am Ende seiner Kraft. "Dante bringt mich um, wenn ich mich schlafen lege!", seufzte er resigniert. "Aber ich kann ihn nicht wachen lassen. Du hast gesehen, in was für einem Zustand er ist." Nero schloss kurz die Augen und brachte sie nur mit Mühe wieder auf. "Was hast du? Du warst doch vorhin nicht so fertig." "Der Einsatz meines Devil Bringer erschöpft mich. Vor allem jetzt, wo ich seit Tagen nicht mehr richtig geschlafen habe." Seneca nickte. Nero war stehend k.o. und konnte sich doch nicht überwinden, sich einfach so schlafen zu legen. "Leg dich hin.", meinte Seneca leise. "Ich gebe dir mein Wort als Dämonenjäger, dass ich euch nicht angreifen werde." Nero sah ihn an. Die Müdigkeit lähmte ihn schon richtiggehend, er schlief mehr, als er wach war. Seneca sah, wie schwer es ihm fiel, nach jedem Blinzeln die Augen wieder zu öffnen. "Glaub mir. Ich habe Vergil zurückgebracht, oder? Warum hätte ich ihn mitnehmen sollen, hegte ich den Wunsch, euch jetzt, im Augenblick eurer größten Schwäche zu töten?" Nero seufzte und nickte schwach. "Ruh dich aus, Nero. Ihr seid bei mir in sicheren Händen." Ohne ein weiteres Wort oder lediglich eine Geste sank Nero zurück an die Wand, sein Kopf fiel ihm auf die Brust und er schlief binnen Sekunden ein. Seneca betrachtete den schlafenden Halbdämonen und lächelte. Wäre er an Neros Stelle gewesen, hätte er nicht anders gehandelt. Allerdings, und dessen war er sich sicher, hätte er nicht so lange durchgehalten wie der Dämon. Vergil zu ihren Füßen ruhte reglos auf Neros dunklem Mantel und Senecas Wolldecke lag wärmend über seinem geschundenen Körper. Sein Atem ging sehr flach, aber regelmäßig. Seneca glaubte, dass der Dämon sich wieder erholen würde. Ein leises Schluchzen riss ihn aus seinen Beobachtungen. Dante! Der dritte Halbdämon kauerte noch immer hinten in der Finsternis, fernab von Feuer und Wärme. Seneca hatte nicht gedacht, dass jemand wie Dante in der Lage war, Tränen zu vergießen, aber die letzten Stunden und speziell das leise Geräusch hatten ihn eines Besseren belehrt. Wieder fragte eine leise Stimme in Senecas Kopf, ob vielleicht auch Dante einer der Dämonen sein konnte, die den Menschen beistanden, anstatt sie töten zu wollen. Nero, und dessen war er sich mittlerweile sehr sicher, war einer von ihnen. Gegen seinen Willen begann er, die drei Halbdämonen - ja, auch den arroganten Vergil, wie er sich eingestehen musste - zu mögen. Seneca hatte sich nie viel unter Menschen aufgehalten. Es war ihm zuwider gewesen, wie schwach sie waren, wie verweichlicht und ängstlich sie sein konnten. Seine Familie hatte ihn Stärke gelehrt, Stärke und Mut. Wahrlich, er war lieber unter Dämonen gewesen, die sich nicht gescheut hatten, die Klinge mit ihm zu kreuzen und sich todesmutig ihm entgegenstellten, anstatt heulende und schreiende Menschen um sich zu haben. Sein Blick wanderte zu dem schlafenden Nero, glitt über Vergils ausgestreckte Gestalt und blieb in der Finsternis hängen, in der er Dante vermutete. In dieser Nacht, als er so allein mit drei Halbdämonen in der Höhle saß, beschloss er, bei ihnen zu bleiben und zu versuchen, ihnen aus ihrer Misere herauszuhelfen... Kapitel 6: Das Ende des Todesschlafs ------------------------------------ So, hat Seneca also beschlossen, bei den Dämonen zu bleiben! Vergils Zustand scheint sich ja auch gebessert zu haben... ich denke, es wird Zeit, mal an etwas anderes als Wunden, Feuer und Trauer zu denken! XD ja, auch Dämonen haben Hunger... Als Dante erwachte, fühlte er sich wie gerädert. Der Feuchtigkeit nach zu urteilen, regnete es immer noch. Sein Hintern war kalt wie ein Eiswürfel, sein Rücken verkrampft und seine Arme und Beine verspannt. Wie hatte er sich dazu herablassen können, hier hinten in der Kälte so zusammengekauert zu schlafen? Dann gab er sich selbst die Antwort darauf. Er hatte Angst gehabt. Große Angst. Vergil zu verlieren hätte bedeutet, völlig allein zu sein. Gut, er hatte Nero und diesen jungen Menschen, aber das war etwas anderes als die Beziehung zu Vergil. Er war sein Bruder, sein Zwilling. Dante erhob sich ächzend. Das erste, was er sah, war, dass Nero auf der Seite lag und tief und fest zu schlafen schien, die Linke umklammerte die Teufelsklaue. Dann sah er Vergil reglos auf seinem Lager liegen - ebenfalls schlafend. Dante runzelte die Stirn und fuhr zusammen, als Seneca spöttisch fragte: "Dachtest du, ich sei abgehauen?" Dante machte sich eine geistige Notiz, den Menschen nicht aus den Augen zu lassen - wenn er ihn denn fand in der Düsternis. "Hier bin ich, Dante." Kam es von rechts. Dante drehte den Kopf und sah, wie Seneca auf ihn zuging. "Hatte ich nicht gesagt, Nero sollte wachen? Warum schläft die Schnarchnase?" Seneca schüttelte missbilligend den Kopf. "Er hat deinen Bruder gerettet und war danach völlig fertig. Wenn es dir so wichtig gewesen wäre, dass einer von euch wachbleibt, warum hast du dann selbst nicht die Wache übernommen? Nero ist schon fast unter dem Reden eingeschlafen, also habe ich ihm gesagt, dass er sich hinlegen kann und ich über Vergil und euch wachen werde." Dante starrte den Mann vor ihm an. Offenbar hatte er Seneca falsch eingeschätzt. Der Mensch hatte seine beste Chance vergeben, sie alle umzubringen. "Warum?", wollte er heiser wissen. Seneca lächelte. "Ich habe beschlossen, dass ihr eine Chance verdient. Ich möchte euch helfen, die Menschen wieder zu Verstand zu bringen. Sieh es als eine Art Friedensangebot." Verwirrt sah Dante auf Senecas ausgestreckte Hand hinab. "Warum tust du das? Zuerst warst du doch so geil drauf, uns alle einen Kopf kürzer zu machen!" "Ich... ich weiß nicht genau, warum... ich glaube, ich mag euch irgendwie. Es täte mir leid, wenn euch der Orden umbringen würde. Zudem haben sie von wertvollem Blut gesprochen. Sie haben etwas mit euch vor, etwas schreckliches. Ich möchte, glaube ich, nicht, dass sie euch als Versuchskaninchen halten. Die Dämonen sind ein stolzes Volk. Gefangenschaft bekommt ihnen nicht, ich als Jäger muss das wissen. Vielleicht möchte ich nicht, dass jemand wie ihr auch noch von den letzten gejagt wird, die euch einst helfende Hände entgegenstreckten. Ich weiß es nicht." Dante zögerte noch immer. Er sah Seneca tief in die Augen, konnte aber keinerlei Falschheit darin entdecken. Schließlich schlug er ein. Seneca lächelte. "Na dann, lass uns nach deinem Bruder sehen!" Er ging hinüber zu dem Verletzten. Dort kniete er nieder. Dante zögerte. "Äh, Seneca?" Der Mensch sah auf. Dante spürte, wie sich Röte über sein Gesicht legte. "Hast du etwas zu essen? Ich hab seit Tagen nichts mehr gegessen..." Der Dämonenjäger grinste jämmerlich. "Ich fürchte nicht... tut mir leid!" Dante ließ den Kopf hängen. Wie um es noch zu unterstreichen, dass er Hunger hatte, knurrte sein Magen in diesem Moment vernehmlich laut. "Hat keiner von euch etwas gegessen?" Dante schüttelte den Kopf. "Nein. Seit mehr als vier Tagen nicht. Seit wir vertrieben worden sind, haben wir nicht mehr die Möglichkeit gehabt, Essen zu besorgen." Senecas Grinsen wurde breiter. "Mach dir keine Sorgen. Ich werde noch einmal ins Dorf zurückkehren und Essen besorgen!" Dante sah ihn dankbar an. Dann ließ auch er sich bei Vergil nieder. Schmerz jagte von seinem Herzen durch seinen ganzen Körper, als er auf seinen Bruder hinabsah. Vergils Gesicht war totenbleich, kalter Schweiß stand auf seiner Stirn und sein Atem ging so flach, dass Dante ihn zuerst gar nicht wahrgenommen hatte. Seine Lippen bewegten sich schwach. "Ich hätte gehen sollen.", murmelte er leise zu Vergil gewandt. "Es tut mir so leid, Bruder!" Seneca warf ihm einen Blick zu, den Dante nicht wirklich deuten konnte. Vielleicht war es Spott, vielleicht Mitleid. "Uaah...", kam es da von Nero. "Na, aufgewacht, Kleiner?" Der jüngere Halbdämon richtete sich mühsam auf. Auch sein Magen knurrte. "Ich fühl mich, als wäre irgendwer auf mir rumgesprungen in der Nacht...", seufzte er und streckte sich. "Wie geht es Vergil?" Senecas Blick wurde ernst. "Unverändert. Aber zumindest sind die Wunden nicht wieder aufgerissen. Scheint, als würden sie endlich heilen." Wieder knurrte Neros Magen und der junge Halbdämon errötete tief. "Hast du was zu essen?", erkundigte er sich schüchtern. Seneca lachte laut auf. "Ich glaube, ich werde jetzt hinunter ins Dorf gehen und was zu Essen kaufen! Und vielleicht eine Jagdwaffe, wenn ich eine geeignete finde!" Dante sah dankbar zu ihm hinüber. "Ich wäre dir ewig dankbar, wenn du das tun könntest!" Seneca nickte und nahm seinen Rucksack. Langsam leerte er ihn, lediglich die Geldbörse ließ er drinnen. "Na dann!" Er nahm sein Gewehr, die Bazooka ließ er, wo sie war. "Ich bin bald zurück!" Ohne ein weiteres Wort hob er den Arm zum Abschied und trat hinaus in den Regen. Nero fragte: "Wieso vertraust du ihm auf einmal? Ich dachte, du wolltest ihn so schnell wie möglich loswerden!" Dante sah auf den Höhlenausgang, durch den Seneca verschwunden war. "Dachte ich eigentlich auch. Aber er hat mir heute früh klargemacht, dass er uns wirklich helfen will. Dass er gestern, wo ihn die Menschen im Dorf jederzeit entdecken konnten, Vergil zurückgebracht hat, hat mich verunsichert. Dass er dir geholfen hat, ihn noch einmal zu retten und dann auch noch die Nachtwache zu übernehmen, ohne Nutzen daraus zu ziehen, hat meine Meinung über ihn wohl geändert..." Beide Halbdämonen sahen hinaus in den Regen. Nero meinte leise: "Willst du ihn noch immer umbringen?" Dante seufzte. "Ich weiß nicht. Vielleicht. Aber ich bin mir nicht sicher. Er hat uns wirklich geholfen." "Ja. Ich bin froh darum. Ohne ihn wäre Vergil uns wahrscheinlich weggestorben, gestern Abend. Er scheint es gut mit uns zu meinen." Dante nickte. "Wahrscheinlich..." Seneca eilte hinab in das kleine Dorf. Einen Laden hatte er bei seinem letzten Besuch gesehen. Fragte sich nur, ob er eine Jagdwaffe bekommen konnte, die seinen Vorstellungen entsprach. Seneca jagte gern mit dem Bogen, denn dessen Munition konnte man wiederverwenden, wenn man sich nicht allzu dumm anstellte. Außerdem war die altertümliche Waffe wesentlich geräuschloser als ein Gewehr. Zudem löste sich nicht zufällig irgendein Schuss. Der junge Dämonenjäger hatte schon öfter erlebt, wie sich die Angehörigen seiner Familie gegenseitig verletzten, als ihre Waffen losgingen, ohne dass sie es beabsichtigt hatten. Das war auch der Grund, weshalb Seneca auf futuristisch anmutende, hochtechnische Waffen verzichtete und bei seinem Gewehr und der Bazooka blieb. Was nutzte ihm eine Schusswaffe, die zwar verheerende Wirkungen hatte, dafür aber bei jeder noch so kleinen falschen Berührung losging? Als er das Dorf schließlich erreichte, sah er, dass wieder der schon bekannte Wachmann dort stand und hinausstarrte. Er ging grüßend an der Wache vorbei und meinte: "Meine Falle steht. Jetzt muss ich nur noch warten! Vielleicht kommen sie zurück... Schließlich gibts da draußen nichts als Wildnis!" Die Wache nickte und winkte ihn durch. Seneca grinste und begab sich zu dem kleinen Laden in der Nähe der Wirtschaft, in der er gestern gegessen hatte. Er sah sich in dem Geschäft um und beschloss, so viel wie möglich länger Haltbares mitzunehmen. Als er schließlich bezahlt hatte und sein Rucksack prall gefüllt war, fragte er: "Kann ich hier im Ort auch Jagdwaffen bekommen?" Der Besitzer, ein alter, verschrumpelter Mann mit rundem Gesicht, lächelte: "Für Dämonen? Nein, leider nicht." "Eigentlich meinte ich für Wild oder so. Damit ich mir meine Nahrung selbst jagen kann. Mein Bogen ist mir zerbrochen." Der Mann schüttelte den Kopf. "Nein, so etwas habe ich leider nicht im Angebot." Seneca nickte. "Ich verstehe. Na, trotzdem danke." Er nahm Gewehr und Rucksack wieder auf den Rücken und verließ den Laden. Auf der Straße kamen ihm mehrere Soldaten in Grau entgegen. Ordensritter. Seneca trat rasch zur Seite, doch einer von ihnen hielt ihn auf: "Hey, du! Warum trägst du ein Gewehr bei dir?" "Ich bin Dämonenjäger und gerade auf Jagd nach zwei Insektendämonen!", antwortete Seneca ohne zu zögern. Der Soldat sah ihn scharf an, dann meinte er kalt: "Komm uns nicht in die Quere. Wir suchen drei Halbdämonen, von denen zumindest zwei Spardas Söhne sein dürften, wenn es ihren Kräften nach geht. Wenn du sie sehen solltest, sag uns bescheid!" Seneca legte den Kopf schräg. "Söhne des Dämonen Sparda? Sollten die eigentlich nicht auf unserer Seite stehen?" Der Soldat zögerte, so, als ob er sich fragte, ob er Seneca trauen konnte. Dann zuckte er die Schultern und meinte: "Tun sie aber nicht. Wenn du sie siehst, töte sie nicht, sondern ruf uns. Wir brauchen sie lebend!" Seneca runzelte die Stirn. Lebend? Was wollten sie mit Dante, Vergil und Nero? "Wozu braucht ihr lebende Dämonen? Vor allem, wenn sie wirklich Spardas Stärke haben?", fragte er in einem ungläubigen Tonfall. Der Soldat meinte: "Verrats nicht weiter, aber wir brauchen ihr Blut. Mehr darf ich dir nicht sagen. Was meinst du? Sagst du uns bescheid?" "Was springt dabei für mich raus?", konterte Seneca gewandt. Der Soldat zog eine Augenbraue hoch. "Verstehe. Na, ich schätze, wenn wir sie kriegen, dürfte deine Belohnung ziemlich reichhaltig ausfallen..." Seneca grinste. "Okay. Wenn ich sie sehe, lasse ich es euch wissen." Er hob die Hand zum Gruß und drehte sich um. Als er das Dorf verließ, schauderte er. Ich muss ihnen das sagen, dachte Seneca. Die Dämonen sind in großer Gefahr! Er eilte den Berg hinauf, sorgsam darauf bedacht, schnell voranzukommen und trotzdem nicht gesehen und verfolgt zu werden. Heimlichkeit war jetzt oberstes Gebot! "Er kommt wieder." Nero klang abgespannt. Dante saß bei Vergil und kühlte ihm die Stirn. In der letzten halben Stunde hatte der Verletzte Fieber bekommen. Nun glühte Vergils Stirn vor Hitze. Dante machte sich Sorgen um seinen Bruder. Er war froh, dass er nicht allein über den dritten Halbdämonen wachen musste. Sein Magen knurrte und er seufzte. Bald würde der Hunger ein Ende haben. Als Seneca durch den Eingang trat, sah Dante zu ihm auf. Senecas langes Haar war patschnass und tropfte, ebenso wie alles andere an ihm. Gegen seinen Willen stieg Achtung vor dem Menschen in ihm auf. Ohne Widerworte ging er immer wieder hinaus in den strömenden Regen, um ihnen zu helfen. "Ich hab was zu Essen besorgt. Was wollt ihr? Wurst oder Käse?" Nero biss sich auf die Lippe und meinte dann: "Können wir beides bekommen? Ich bin halb verhungert!" Seneca grinste und packte beides aus. Er nahm auch noch seine Ausrüstungsgegenstände hervor und gab Nero ein Messer, mit dem er sich von beidem ein Stück abschneiden konnte. Als der jüngere Halbdämon probierte, stiegen ihm Tränen in die Augen. "Danke! Ich... bin dir so dankbar..." Seneca sah ihn verwundert an und Nero flüsterte: "Ich hab so lange schon nichts mehr gegessen... seit über fünf Tagen nicht... ich war unterwegs und wollte mir danach was besorgen. Aber dann wurde ich gejagt. Und ich hatte keine Gelegenheit mehr, meinen Hunger zu stillen!" Seneca sah auf. Nero begann mit Heißhunger zu essen. Die Dämonen mussten völlig ausgehungert sein. Auch Dante fiel nun über die Lebensmittel her. Beide genossen es, endlich ihre leeren Mägen füllen zu können. Seneca lächelte und öffnete sein nasses Haar, damit es trocknen konnte. "Esst ruhig. Es ist genug da, damit wir auch morgen noch genug haben." Er lehnte sich zurück. Da hörte er ein leises Stöhnen. Seneca fuhr herum. "Vergil!" Dante und Nero hielten inne. Beide starrten zum letzten Mitglied ihrer kleinen Gruppe hinüber. Der verletzte Halbdämon hatte die Augen halb geöffnet. Dante sprang auf und hastete zu ihm. "Vergil! Wie geht es dir! Bin ich froh!" Nero und Seneca sahen sich verwundert an. Einen solchen Ausbruch von Dante? Was war in den sonst so coolen Halbdämonen gefahren? "Du verdammter Idiot! Was hast du dir dabei gedacht, als du einfach gegangen bist? Du hättest sterben können!", redete sich Dante in Rage. Nero grinste. "Verflucht, hast du überhaupt eine Ahnung, was die mit dir gemacht hätten? Du könntest tot sein!" Vergil sah zu seinem Bruder auf und fragte sich wohl sonstwas. Er hauchte: "Was glaubst du, wer du bist?" Nero fuhr dazwischen: "Dante, das reicht jetzt! Vergil, glaubst du, du kannst was essen?" Seneca war sich dessen alles andere als sicher, aber der Halbdämon mit dem blauen Mantel meinte nach einem kurzen Zögern: "Ich glaube schon." Nero brachte ihm ein wenig klein geschnittene Wurst und Käse, dazu ein Stück Brot. "Iss langsam. Ich glaube nicht, dass ich allzu sanft war bei deiner Operation..." "Operation?", fragte Vergil leise. "Du warst am Verbluten. Man hat dich mit Mitteln vergiftet, die die Wundheilung verlangsamten. Hätte Seneca dich nicht gefunden und hergebracht, um dich dann mit mir versorgen zu können, wärst du jetzt tot." Vergils Blick suchte den von Seneca. "Seneca also..." Kapitel 7: Wenn das Glück sich wendet... ---------------------------------------- Und weiter gehts! So langsam sollte ich wohl endlich mal zur Sache kommen und nicht dauernd rumschnarchen... XD Oh und wie man vielleicht rauslesen kann, kenne ich mich wohl am besten mit Dmc 3 aus, deshalb kommen bevorzugt Waffen aus diesem Spiel vor. Ich hoffe, ich habe das richtig gedeutet und das Schwert, das Vergil neben Yamato und Beowulf führt ist tatsächlich Alastor... Dante strich seinem Bruder eine weiße Haarsträhne aus dem verschwitzten Gesicht. Vergil zuckte im Schlaf zusammen und versuchte die kühle Hand wegzustoßen. Endlich schlief der Verletzte wieder halbwegs ruhig. Gesättigt lehnte sich Dante zurück. Vor zwei Tagen war Vergil erwacht. Seitdem hatte Seneca immer wieder für Nachschub an Essen gesorgt. Er hatte einen Bogen erworben und jagte fortan immer wieder in der Wildnis, wobei er mehr oder weniger große Erfolge feiern konnte. Dante seufzte. Zumindest mussten sie nicht mehr hungern. Vergils Wunden schienen endlich zu heilen, zwar wesentlich langsamer als gewöhnlich, doch immerhin ging es bergauf mit ihm. Nero lehnte an der Felswand ihm gegenüber und sah ebenfalls auf Vergil hinab. "Was meinst du? Wie lange dauert es noch, bis er wieder vollständig genesen ist?", fragte er leise. Dante zuckte die Schultern. "Ich weiß nicht. Zwei, vielleicht drei Tage. Bin ich Arzt oder was?" "Scht, oder willst du ihn aufwecken, jetzt, wo er endlich schläft?", mahnte Nero ihn zur Ruhe. Dante seufzte erneut und zuckte leicht zusammen, als Senecas verschleimtes Husten durch die Höhle hallte. Seit der Regen aufgehört hatte und sie es nicht mehr wagten, ein Feuer zu machen, ging es rapide bergab mit Senecas Gesundheit. Der junge Mann nahm zwar ständig Medikamente ein, doch sein Körper forderte jetzt Tribut für die lange Zeit im Dauerregen. "Seneca? Kann ich dir helfen?", bot sich Nero an, als Seneca gar nicht mehr aufhören konnte zu husten und zu würgen. Der Blondschopf schüttelte den Kopf und meinte mit erstickter Stimme: "Es geht schon... Danke!" Nero warf ihm noch einen verunsicherten Blick zu, dann nickte er und wendete sich wieder Vergil zu. Dabei nahm er eine Bewegung von vor dem Höhleneingang wahr. Sofort sah er genauer hin und erkannte gerade noch den Ärmel einer Soldatenuniform. "Verdammt! Sie sind hier!", stieß er hervor. In fliegender Hast packten seine Finger den Griff der Red Queen und hoben das riesige Schwert mühelos an. Gleichzeitig sprang er auf die Füße. Dante sah ihn mit gerunzelter Stirn an und fragte alarmiert: "Was? Bist du sicher?" Seine Hände tasteten nach Ebony und Ivory. Selbst Vergil erwachte, als Nero sich vorsichtig zum Eingang der Höhle vorbewegte. Schlaftrunken fragte der verletzte Halbdämon: "Was ist los? Kommt jemand?" Mühsam setzte er sich auf. Auch seine Hand fand sofort den Griff seiner gekrümmten Klinge. Seneca trat neben ihn, die Bazooka im Anschlag und das Gewehr auf der Schulter, sodass er es im Notfall sofort einsetzen konnte. "Dante! Geh und sieh nach! Du kannst dich am besten von uns allen auf eine unerwartete Situation einstellen!", bat Nero vom Eingang her und Spardas Sohn trat zu ihm hin und spähte vorsichtig hinaus. "Schon recht, wenns hart auf hart kommt, darf wieder ich die Rübe hinhalten!", murmelte er und zog die Pistolen hervor. Rebellion und Agni und Rudra hingen locker in der Scheide auf Dantes Rücken. Er war bereit, loszukämpfen. Dann ging alles ganz schnell. Von rechts vor der Höhle raste eine ganze Salve von Projektilen heran. Dante reagierte blitzartig, ließ sich fallen und hechtete nach draußen. Er rollte sich über die Schulter ab und kam wieder auf die Füße mit beiden Pistolen im Anschlag. Er jagte eine Salve Dauerfeuer in die Richtung, aus der die Attacke gekommen war. Zwar traf er nichts, doch dafür gab er so Nero und Seneca die Zeit, sich zu postieren. Als die zwei anderen ihre Waffen abschossen und blutigen Tribut forderten - sie hatten einen anderen Blickwinkel und sahen so die Schützen, die Dante nicht hatte sehen können - wandte sich Dante um und sah, wie eine langgezogene Reihe von Soldaten und Ordensrittern ihre Waffen zog. Dante stieß einen anerkennenden Pfiff aus und steckte Ebony und Ivory weg, um stattdessen Agni und Rudra zu ziehen. Die Griffe der beiden Schwerter flogen nur so in seine Hände, gerade so, als hätten sie nur darauf gewartet, in Blut gebadet zu werden. Da schoss ein verwischter blauer Schatten an ihm vorbei, umrandet von Silber. Vergil mit Beowulf! Dante folgte seinem Bruder nur einen Sekundenbruchteil später. Beide Söhne Spardas krachten in die Schlachtreihe der Ritter und Soldaten. Vergils Tritte und Schläge wüteten nur so unter den Gegnern, aber bei Dante sah es fast noch spektakulärer aus, als er das Feuer- und das Windschwert am Griff zusammenfasste und einen flammenden Höllentornado erschuf, der bestimmt ein Dutzend der Soldaten erfasste, herumwirbelte und in Brand steckte. "Ihr wollt unser Blut? Fein, dann holt es euch!", schrie er, die Wut der Energie absondernden Schwerter übertönend. Er hörte, wie Vergil eine ähnliche Herausforderung brüllte und dann Alastor und Yamato gleichzeitig zog, als er merkte, dass ihn die Menschen zu überwältigen drohten. Derweilen wüteten Nero und Seneca nicht minder heftig unter den Soldaten der zweiten Front. Neros Red Queen machte ihrem Namen alle Ehre, die Klinge triefte nur so vom Blut ihrer Opfer, während Seneca im Hintergrund blieb und jeden Feind, der sich ihm bis auf zehn Meter näherte, eine Kugel in den Kopf jagte oder zwischendrin Nero mit der Bazooka eine kurze Atempause verschaffte. Gerade attackierten vier Männer gleichzeitig den schlanken Halbdämonen und Seneca hatte mit ein paar Schützen zu tun, die ihn aufs Korn genommen hatten, da brüllte Nero: "Kommt nur! Euer Blut wird fließen, bevor ihr unseres zu schmecken bekommt!" Er hieb mit seiner Teufelsklaue auf einen besonders frechen Menschen, der es wagte, sich Nero von hinten zu nähern. Der Mann starb, ehe er überhaupt begriff, was da über ihn gekommen war. Seneca feuerte die Bazooka ab und traf einen Steinbrocken in einem so günstigen Winkel, dass dieser sich löste und krachend abstürzte - genau in die Masse der Leiber, in deren Mitte sich Nero befand. Ein rascher Warnschrei seitens des Schützen veranlasste Nero, sich umzudrehen und rechtzeitig aus der Bahn der Zerstörung zu springen. Zwei Schüsse aus der Blue Rose, dann riss der Halbdämon mit der Teufelsklaue wieder das schwere Schwert hervor. Wiederum forderte es Blutzoll. Neros Haar hing gerötet und nass an seinem Kopf herab. Sein ganzer Körper war über und über mit Blut besudelt, und noch immer kamen die Menschen. Sein Inneres war ein kalter, harter Klumpen, in dessen Inneren sich seine Empfindungen schmerzhaft zusammenkrampften, wann immer ein Mensch sein Leben ließ. Nero wusste, sobald er zuließ, dass seine Emotionen die Kontrolle übernahmen, wäre er verloren. Wütend holte er mit der Klinge zu einem horizontalen Hieb aus. Er würde nicht untergehen! Auch, wenn er dafür im Blut der Angreifer baden müsste! Derzeit sah es auch bei Dante und Vergil nicht viel anders aus. Beide Zwillinge trieften ebenfalls vor Blut, doch sie hieben noch immer mit derselben zornigen Intensität um sich. Agni und Rudra fraßen sich wie glühende Fräsen durch die Leiber ihrer Feinde, versengten Haare und Kleider, setzten Fleisch in Brand und zerrissen Stahl mit purer Kraft. Immer wieder beschwor Dante die Höllentornados, sprang hoch und sandte X-förmige Wellen aus Wind und Feuer gegen seine Feinde oder fasste beide Klingen zu einer zusammen und wirbelte sie herum, um sich Luft zu verschaffen. Er sah hinüber zu seinem Bruder. Trotz seiner Verletzungen schlug sich Vergil tapfer. Alastor und Yamato schnitten wie Blitze durch die Reihen der Angreifer, kreisten in Vergils Händen, um dann wieder auf die Gegner hinabzufahren. Immer wieder, erkannte Dante, fing ein solcher Kreisel Yamatos auf Vergil gezielte Kugeln ab und schoss sie zurück auf ihre Absender, die das meist nicht überlebten, egal wie versteckt sie sich hielten. Dante warf einen raschen Blick hinauf zu Seneca, der noch immer im Höhleneingang hockte und gerade das Gewehr nachlud und sah zu Nero, der die zweite Front beschäftigt hielt. Er überschlug rasch die Zahlen der noch vor ihnen liegenden Gegner und stöhnte. Das schafften sie niemals! Es waren einfach zu viele! "He, Vergil!", brüllte er und fuhr fort, nachdem ihm Vergil mit einem raschen Nicken symbolisierte, dass er zuhörte: "Es sind zu viele! Das schaffen wir nicht ohne Vaters Erbe!" Vergil nickte und trat einem Menschen emotionslos ins Gesicht, dem es gelungen war, Yamatos Klinge zu unterlaufen und damit drohte, Vergil zu verletzen. Der Mann stürzte und verschwand aus Dantes - und wohl auch aus Vergils Gesichtsfeld - das Gewühl schwappte einfach über ihn hinweg. Dante spürte kalten Stahl, der in seine Seite biss und zögerte nicht länger. Er setzte die Macht Spardas frei und verwandelte sich in einen Dämonen. Vergil ein paar Schritte weiter tat es ihm gleich. Aus den Augenwinkeln sah er, wie sich auch Nero anstrengte und die Teufelsklaue wilder herumwirbeln ließ. Dantes Schwerter kreisten noch schneller herum und töteten noch mehr Menschen, die keineswegs angstvoll zurückwichen, sondern im Gegenteil noch beharrlicher auf ihn eindrangen. Da nahm er eine heranrasende Bewegung von hinten wahr, wollte springen, doch die Meute ließ ihn nicht. Dante stolperte und fiel nach vorne. Anstatt auf dem Bazooka-Projektil zu reiten, krachte ihm das Geschoss ins Genick und presste ihm den Kopf nach vorne auf die Brust - natürlich nicht, ohne verheerenden Aufprall am Hinterkopf. Dante schrie überrascht auf und ging zu Boden. Ein Aufbrüllen der Masse ließ Vergil noch auf die Misere seines Bruders aufmerksam werden, doch er war zu weit entfernt, um ihm noch helfen zu können. Dante kam nicht mehr auf die Füße, wurde niedergetrampelt und mehr als acht Schwerter bohrten sich eisig kalt in seinen Körper. Er kassierte einen Hieb gegen die Schläfe und stöhnte. Eine Nadel piekste ihn in die bloße Brust und lähmende, alles auslöschende Kälte ergoss sich in seinen Körper. Als die Dunkelheit nach ihm griff, spürte er nur noch, wie ihn bestimmt zwölf Hände packten und mit sich rissen. Dann nahm er nichts mehr wahr... Vergil sah mit Entsetzen, wie sein Bruder stürzte. Panisch versuchte er, sich zu Dante durchzuschlagen. Doch es waren zu viele. Diejenigen, die sich zuvor auf den anderen Zwilling konzentriert hatten, wandten sich jetzt Vergil zu, der seine kaum verheilten Wunden bereits wieder deutlich spürte, zusätzlich zu den kleinen Schnitten und Prellungen, die er im Gemetzel eingesteckt hatte. Seine Kräfte gingen zur Neige, und das immer schneller, jetzt, wo Dante außer Gefecht war. Vergil biss die Zähne zusammen, stieß ein zorniges Knurren aus und rammte Alastor einem Ordensritter durch die Brust. Prompt verkantete sich das Schwert und Vergil hatte Mühe, die Waffe wieder zu befreien. Erst im letzten Moment erkannte er ein auf sich zufliegenes Projektil, das einer Bazooka, wohl derselben, die schon Dante zum Verhängnis geworden war. Anders als sein Bruder duckte er sich unter dem Geschoss durch und entwand sich dem Griff zweier Männer, die ihre Chance gewittert hatten. Beide starben durch Yamatos Klinge, die ihnen rasend schnell entgegenzuckte und ihnen beiden die Kehle aufschlitzte. Doch für jeden, den Vergil tötete, kamen drei neue Angreifer nach. Es war hoffnungslos. Dante war nicht mehr aufzufinden. Vergil beschloss, sich zurückzuziehen. Er sah sich um und sah, dass auch Nero und Seneca dies begriffen hatten. Beide, Mensch und Halbdämon, schlugen sich zu ihm durch. Als sie bei Vergil ankamen, feuerte Seneca seine Bazooka noch einmal ab, um ihnen einen Fluchtweg zu schaffen. Alle drei hasteten durch den schmalen, sich blitzschell wieder schließen wollenden Korridor, den das Geschoss geschaffen hatte. Mehr als einmal wurden sie verletzt, aber ihre Entschlossenheit gab ihnen die Kraft, weiterzurennen. Mit knapper Not entkamen sie ihren Gegnern. Als sie kurz vor einem dichten Wald standen, sah Vergil noch einmal auf ihre Verfolger zurück. In der Ferne erkannte er einen Trupp Menschen, die etwas trugen, was verdächtig nach einem roten Mantel aussah. Vergil wandte sich mit schmerzverzerrtem Gesicht ab. Es war zu spät... Soviel hierzu. Nein, die Bazooka-Projektile, die auf Vergil und Dante zuflogen, stammen nicht aus Senecas Waffe. Ein Schütze der Ordensritter hat sie abgefeuert. Tja, so geht es weiter. Dante ist also fort... Kapitel 8: Flucht und Ausgeliefertheit -------------------------------------- Waaah, Hirnzwurbel beseitigt! (hoffe ich) Also kanns weitergehen! Es hatte wieder zu regnen begonnen. Seneca und die beiden Halbdämonen hatten Schutz unter dem dichten Blätterdach des Waldes gesucht. Ihre Gegner waren fort, abgeschüttelt im Dickicht des Unterholzes. Sie waren weg. Und mit ihnen Dante. Seneca sah zu Vergil hinüber. Das Gesicht des zurückgelassenen Zwillings drückte in keinster Weise aus, was er über den Verlust seines Bruders empfand. Unwillkürlich fragte sich Seneca, ob es Vergil etwa egal war, dass Dante in Gefangenschaft geraten war. In ebendiesem Moment entlud ein großes Blatt seine Last und das Wasser klatschte dem Halbdämon mit dem blauen Mantel über Kopf und Schultern. Vergil fluchte und Nero konnte sich ein Grinsen nicht verkneifen. Seneca schüttelte missbilligend den Kopf und schniefte demonstrativ. Es reichte, wenn einer von ihnen krank war! Nero ging voraus und spähte eventuelle Verfolger aus. Da meinte er plötzlich: "Ich glaube, da vorne ist jemand! Ich sehe und höre zwar nichts, aber das fühlt sich so komisch an..." Vergils Augenbrauen sanken herab. "Wenns weiter nichts ist als ein Gefühl, dass dich was in die Zehen zwickt!" Er ging weiter und ließ Nero einfach stehen. "Ich hab ein schlechtes Gefühl bei der Sache!", murmelte der Halbdämon mit der Teufelsklaue leise und folgte Vergil langsam. Seneca bildete weiterhin das Schlusslicht der kleinen Gruppe. Plötzlich schien der Wald vor ihnen zu explodieren. Grau gekleidete Männer spritzten aus allen Gebüschen, ein paar sprangen sogar aus den Bäumen. "Haben wir euch! Jetzt gehts euch an den Kragen!", lächelte einer von ihnen, ein älterer Mann mit einer langen Narbe quer über das Gesicht. Neros Lippen verzogen sich, offenbar kannte er den Ordensritter. "Auf sie!", kam der Befehl. Alle drei zogen ihre Waffen. Vergils beschworene Schwerter töteten erst einmal eine ganze Reihe der Ritter, ehe sie ihren Schock über die geistigen Fähigkeiten des Halbdämonen überwinden konnten und zum Angriff übergingen. Nero und Vergil mähten sich eine Schneise in die Angreifer, Seneca stand zwischen ihnen und tat, was er konnte, um keinen der Ordensritter in den Rücken der beiden kommen zu lassen. Wieder floss das Blut der Menschen in Strömen. Da schrie einer: "Hey, dich kenne ich doch!" Entsetzt sah sich Seneca nach dem Rufer um und erkannte in ihm den Soldaten, den er im Dorf getroffen hatte. Panisch langte er nach seinem Gewehr und legte auf den Mann an. Wenn er herausposaunte, dass er, Seneca, im Dorf gewesen war, würden sie ihre letzte Chance verspielen, noch an frische Informationen zu kommen! Seneca schluckte, dann schoss er die Waffe ab. Nero neben ihm schien genauso zu leiden wie er. Beiden fiel es schwer, weitere Menschen zu töten. Zumindest, dachte Seneca, hat Vergil keine Hemmungen, alles zu töten, was sich uns in den Weg stellt... Wenig später stand keiner der Menschen mehr. Das Trio machte sich wieder auf den Weg, auch wenn es Seneca hart ankam, dass sie die Toten nicht einmal begraben konnten. Doch es stand zu befürchten, dass Verstärkung in der Nähe war und so wagten die Drei es nicht, sich allzu lange auf dem Schlachtfeld aufzuhalten, sondern schlugen sich wieder in die Wälder. Als sie am Abend rasteten und Seneca Wache halten sollte, ließ er seinen Blick über das kleine Lager und seine Begleiter wandern. Neben dem noch schwach glimmenden Feuer lagen die Reste des Abendessens, eine Tüte mit Brot und Schinken, dazu ein bisschen Wurst und ein Schluck Wasser. Nicht gerade luxuriös, dachte sich Seneca, aber zumindest Essen. Er zog seine Decke fester um seine schmalen Schultern und strich sich eine widerspenstige Haarsträhne aus den Augen. Er sah zu Nero hinüber. Der jüngste Halbdämon hatte sich zusammengekauert und lag auf der Seite nahe dem Feuer. Seine Linke umfasste in Höhe des Handgelenks die Teufelsklaue. Er zuckte immer wieder zusammen, murmelte lautlos irgendwelche Wörter. Seneca schüttelte den Kopf. Wieso schlief Nero nur so unruhig? Hatte er Schmerzen? Sorgte er sich um Dante? Seine Kralle öffnete und schloss sich langsam. Vielleicht, überlegte Seneca, hatte er sich überanstrengt und jetzt tat ihm die Klaue weh... Dann glitt sein Blick in Richtung Vergil. Der andere Halbdämon saß an einen Stamm gelehnt und hatte die Rechte noch immer auf Yamato liegen. Sein Atem ging ebenso unruhig wie der von Nero. Immer wieder hielt er inne, so, als lausche er auf etwas. Seneca runzelte die Stirn, als sich die Finger Vergils fester um die Schwertscheide schlossen. Irgendetwas stimmte nicht mit dem Sohn Spardas. Doch er traute sich nicht, ihn zu fragen. Vergil war derjenige, der ihm noch immer relativ unbekannt war. Seine Reaktionen auf Senecas Versuche, ein Gespräch anzufangen, reichten von einfachem ignorieren bis hin zu offener Feindseligkeit. Seneca seufzte und lehnte sich zurück. Was brachte es? Er sollte den beiden Dämonen ihren Schlaf lassen. Ein paar Stunden noch, dann würde er Nero wecken und den Dämon bitten, den Rest der Nacht zu wachen... Kälte. Eisiger Stahl, der in seine Handgelenke biss. Müdigkeit. Mehr nahm er zunächst nicht wahr. Mühsam gelang es ihm, die Lider zu heben. Eine steinerne Decke. Er befand sich in einer Höhle, der Beschaffenheit des Steines über ihm nach zu urteilen. Wasser rann von den nicht ganz rechtwinkligen Wänden, auf denen Moose wuchsen. Dante versuchte sich aufzurichten, stieß aber nach nur wenigen Zentimetern an einen stählernen Ring, der seinen Kopf auf seinem Lager hielt. "Lager" war eigentlich das falsche Wort. Es war ein bloßer Steinklotz, wenn Dante die Kälte unter seinem Rücken richtig deutete.Er versuchte, die Hand zu heben und begriff, dass auch an seinen Handgelenken Stahlbänder lagen, die ihn banden. Auch an seiner Hüfte und seinen Fußknöcheln verhinderten Fesseln, dass er sich zu viel bewegen konnte. Man hatte ihm den Mantel abgenommen. Dante seufzte. Was glaubten sie, wen sie vor sich hatten? Er sammelte Kraft, dann stemmte er sich gegen den Stahl, in der Erwartung, dass das Metall nachgeben würde. Doch nichts passierte. Da sagte eine leise Stimme: "Vergiss es. Dieser Stahl würde nicht einmal nachgeben, wenn dein Vater daran zerren würde." Dantes Kopf ruckte herum. "Was meinst du damit?", fragte er in den Raum hinein, als er feststellte, dass niemand hier war. "Dass diese Fesseln für dich nicht zu zerbrechen sind.", antwortete die Stimme, die geisterhaft aus dem Nichts zu kommen schien. "Für wen hältst du dich? Für Gott?", stieß Dante zornig hervor und riss noch einmal an den Bändern, die ihn hielten - ohne Erfolg natürlich. "Was habt ihr mit mir vor?", wollte Dante wissen. Die Stimme lachte. "Das wirst du gleich sehen!" Eine Tür öffnete sich. Dante glaubte, dass sich der Eingang zu der Kammer, in der er lag, bei seinem Kopf befand, denn er sah keine Öffnung im Fels. Dann traten zwei Männer in langen weißen Kitteln auf ihn zu. "Das ist er also. Hätte nicht gedacht, dass er so menschlich wirkt!", meinte der eine, ein großgewachsener, kräftiger Bursche. Sein Begleiter, kleiner und schmächtiger, mit fettigen dunklen Haaren grinste: "Gut gebaut ist er ja schon! Aber vergiss nicht, er ist eine Bestie!" Dantes Augenbrauen sanken herab. "Hey, hört mir jetzt mal zu: ich weiß, dass ich gut aussehe, aber würdet ihr die Güte besitzen, mich vielleicht erst mal von diesem Stein loszubinden? Hier wirds allmählich kalt!" Der Große lachte. "Hör dir ihn an! Glaubt, er wäre zum Vergnügen hier! Na, das werden wir ihm austreiben, was?" Der Dünne nickte und zog etwas aus seinem Kittel hervor, irgendetwas plastikartiges mit einem Haufen Schläuchen. Dante konnte sich nicht vorstellen, was das sein sollte. "Hast du sie?", fragte der Schmächtige und der Große nickte. "Hier! Fein säuberlich verpackt und steril!" Er zog irgendetwas hervor, das Dante wegen der großen Pranken des Mannes nicht sehen konnte. Der Dünne strich über Dantes Ellenbeuge. Dann drückte er auf eine bestimmte Stelle. "Gib schon her!", entriss er seinem kräftigen Begleiter den Gegenstand. Dante zuckte zurück, als er es erkannte. Es war eine Kanüle, und zwar eine ziemlich große! Unfähig, sich zu wehren, musste er mit ansehen, wie der Dünne die Kanüle mit einem der Schläuche des Plastikdinges verband und dann die Nadel senkte, um sie in Dantes Armbeuge zu versenken. "He, äh, glaubt ihr wirklich, dass das eine gute Idee ist? Ich meine..." Weiter kam Dante nicht, als ihm der Große einen kräftigen Schlag über den Mund verpasste. "Halt dein vorlautes Maul und sei still!", fauchte der Dünne. "Sonst stech ich noch daneben und muss nochmal anfangen!" Dante verdrehte die Augen, um sehen zu können, was der Schmächtige gerade machte, denn der Kräftige hielt seinen Kopf auf dem Stein. Er sah, wie die Kanüle angesetzt wurde und spürte den Stich, fühlte, wie das kalte Metall unter seine Haut drang und in seine Ader stach. "Na also, geht doch!", lobte ihn der Dünne und fixierte die Kanüle mit einem Klebepflaster. "Jetzt müssen wir nur noch warten!" Dante spürte, wie ihm flau im Magen wurde. Immer mehr und mehr Blut rann aus dem angestochenen Arm in den Plastikbeutel. Um ihn drehte sich alles. Seltsam. Normalerweise, wenn er im Kampf verletzt wurde, spürte er den Blutverlust gar nicht. Warum dann hier? Festgepinnt auf einem Steinblock, umgeben von zwei absolut hässlichen Menschen... Wieviel Blut man ihm bereits abgezapft hatte? Er sah hinauf zu den beiden Männern, die gebannt auf den Beutel starrten, der sich langsam mit Dantes Blut füllte. Dante schloss die Augen und drehte den Kopf mühsam zur Seite - was sich mit der Hand des Kräftigen auf der Stirn als nicht gerade einfach herausstellte. Der Mann wurde aufmerksam auf seinen Zustand. "Na? Übelkeit?" Dante stöhnte leise, als ihn eine Welle der Übelkeit überspülte und er Mühe hatte, nicht zu würgen. "Hey, siehst du das? Unserem kleinen Halbdämonen geht es nicht gut!", lachte der Dünne hämisch. "Er ist schon ganz blass!" Dante spürte, wie schwer sein Herz schlug. Alles drehte sich um ihn, selbst mit geschlossenen Augen ging es ihm nicht besser. Sein Atem ging tief und angestrengt. Er fühlte, wie seine Finger langsam kalt wurden. Mühsam fragte er: "Wieviel Blut wollt ihr mir noch abnehmen?" Seine Lippen wollten ihm fast nicht gehorchen, als er die Worte formte. "Tja, so viel, wie wir eben brauchen!" Dante lag schon eine scharfe Entgegnung auf der Zunge, aber er hatte nicht die Kraft, sie auszusprechen. Sein Körper war so schwer, so müde... Dann fühlte er, wie die Kanüle abgeklemmt und herausgezogen wurde. "So, ein bisschen was über eineinhalb Liter müsste reichen, sonst bringen wir ihn noch um!" Eineinhalb Liter? So viel Blut? Dante schluckte mühsam. "Willst du was zu trinken?", fragte der Große und dem Weißhaarigen gelang es mit knapper Not, den Kopf zu senken und wieder zu heben. "Warte." Er spürte, wie das Stahlband an seinem Hals abgenommen wurde und wie sein Kopf von der großen Hand des Mannes gestützt wurde. Schwach öffnete er die Augen. Eine Flaschenöffnung wurde an seine Lippen gesetzt. Dante trank gehorsam, obwohl er die Flüssigkeit kaum spürte, als sie ihm die Kehle hinunterrann. "Bist ganz schön geschwächt. Hattest wohl eine harte Zeit, ehe sie dich gefunden haben?", meinte der Mensch leise. Dante konnte nicht mehr antworten. Alles in ihm schrie danach, sich auszuruhen. "Noch nicht einschlafen! Zähl erst bis hundert. Damit sich dein Kreislauf zumindest einigermaßen wieder fangen kann!" Dante seufzte leise und gehorchte. Sein Kopf wurde wieder abgesetzt und das Band wieder um seinen Hals gelegt. Dann, er wusste nicht einmal, ob er tatsächlich bis hundert gekommen war, sank er in einen tiefen, traumlosen Schlaf. Vielleicht war es auch Bewusstlosigkeit... Armer Dante. Er kann einem ja wirklich leid tun, so festgenagelt und ausgesaugt... nicht mal seine Sprüche kann er mehr bringen, so fertig ist er... Kapitel 9: Dantes Martyrium --------------------------- XD dieses Kapitel wird hauptsächlich von Dante handeln, weil er ja im Moment die interessantere Lage hat. Ich hoffe, ich werde nicht zu brutal (was doch passiert ist); wenn ich mich mitreißen lasse, kann sowas schon passieren... und nein, ich stehe nicht darauf, anderen Leuten Schmerzen zuzufügen, sicher nicht ò.O! *schnief* Dante tut mir ja selber richtig leid! ACHTUNG: für diejenigen unter den Lesern, die Probleme mit Blut haben: dieses Kapitel handelt von schlimmster Folter! Ich würde euch in diesem Fall empfehlen, es zu überspringen! (wenn mir schon selber schlecht wird, und ich eigentlich nen ziemlich robusten Magen hab...) Er versuchte zu schlafen. Die Kälte, die durch den Stein in seinen Körper drang, ließ ihn frieren und hielt ihn wach, schon seit Stunden. Seit er aus seiner Ohnmacht erwacht war - und Dante war sich sicher, dass es Bewusstlosigkeit gewesen war - konnte er nicht mehr schlafen. Er musste ein mittlerweile dringendes Bedürfnis erledigen und außerdem tat ihm der angestochene Arm weh. "Na toll, hier lieg ich jetzt und frag mich, wann die wohl wiederkommen... geht's eigentlich noch?", fragte er sich mit einem Anflug von Galgenhumor. "Hey, wollt ihr mich hier verschimmeln lassen?", brüllte er dann. Doch außer, dass ihm die Ohren vom Widerhall klingelten, geschah nichts. Vorerst nicht, bis sich plötzlich die Tür öffnete und mehrere Leute, wahrscheinlich Männer, ihren schweren Schritten nach zu urteilen, hereinkamen. Dante grinste und bekam als erstes einen Fausthieb ins Gesicht. "Wofür war der denn?", fragte er frech und bekam als einzige Antwort noch eine schallende Ohrfeige hinterher. "Manno, immer auf die gleiche Backe!", grummelte er, diesmal leise, zweimal geschlagen zu werden, wenn er sich nicht wehren konnte, reichte ihm eigentlich. Die Soldaten öffneten die Stahlbänder. Einer von ihnen warnte ihn: "Selbst wenn du uns umbringen solltest, draußen warten acht Schützen, die nur darauf warten, dir einen Narkosepfeil in dein Maul zu jagen, also sei friedlich!" Dante seufzte: "Mann, achtzehn gegen einen? Denkt ihr nicht, dass das etwas unfair ist?" Die Augen des Anderen wurden schmal. "Du bist zu wertvoll, als dass wir dich einfach entkommen lassen könnten!" Sie rissen ihn an den Armen empor und er lächelte kläglich: "Würdet ihr vielleicht so freundlich sein, mich vorher auf eine Toilette zu bringen? Sonst mache ich noch eure schönen Uniformen schmutzig..." Der Angesprochene verdrehte die Augen, nickte aber. Zehn Minuten später, als Dante sich endlich hatte erleichtern können und man ihn dann Stockwerke in die Tiefe geführt hatte - die Treppen hinuntergestoßen traf es eigentlich besser - standen sie vor einer ziemlich verrosteten schweren Eisentür. Derjenige, der Dante vorhin angesprochen hatte, öffnete das Tor und gab Dante einen groben Stoß in den Rücken, der ihn in den Raum taumeln ließ. Spardas Sohn zuckte zurück, als er sah, was es für ein Raum war, beziehungsweise, was sich darin befand. Eine Streckbank stand neben einem glühenden Kohlebecken, Ketten hingen von der Decke, daneben lagen unterschiedlich große Käfige und standen Tische mit verschiedenen, grausam aussehenden Instrumenten und in einem Eck gewahrte Dante sogar eine Eiserne Jungfrau. Ein Folterkeller! Langsam drehte er sich zu den Soldaten um. "Was soll das werden?", fragte er leise. Er sah auf die Gewehrläufe und fragte sich, ob ihn eine Überdosis des Betäubungsmittels wohl umbringen könnte. Denn wenn nicht, die Folterinstrumente würden das sicher schaffen! Nur, auf welche Weise... "Hängt ihn auf. Und seid nicht zimperlich, hier handelt es sich um einen Dämonen!", klang da eine grobe Stimme hinter dem Wald aus Gewehren hervor. Ehe er sich auch nur verbal zur Wehr setzen konnte, sah Dante sich gepackt und zu den Ketten hinübergeführt. Als sich eiserne Ringe um seine Handgelenke schlossen und diese seine Arme nach oben zogen, bis er größtenteils bewegungsunfähig dazwischen hing, wurde ihm mulmig zumute. Seine Knöchel wurden ebenso gefesselt und die Ketten noch ein wenig weiter angezogen, bis Dante leise aufstöhnte. Dann fixierten die Soldaten die Kette, die seine Füße ruhig halten sollte. "Äh, würde es euch was ausmachen, wenn ich euch einfach sage, was ich vertrage?", probierte er es auf friedliche Art. Er wurde einfach ignoriert. "He, ich hab euch um was gebeten!" Da trat ein Mann in einem dunklen Gewand hervor und stellte sich Dante gegenüber. Obwohl der junge Halbdämon ein paar Zentimeter über dem Boden hing, überragte ihn der Mann noch um eine halbe Handspanne. Was für ein Riese, ging es Dante durch den Kopf. "So, du bist also mein kleines Opfer. Schade eigentlich, für deinen hübschen Körper gäbe es sicher bessere Methoden der Aufbewahrung!" Dante konnte sich ein Grinsen nicht verkneifen. "Ich weiß. Und da du es offenbar auch weißt, hättest du was dagegen, wenn du mich runterlassen würdest?" Das breite Gesicht des Mannes verzog sich, als er lautstark zu lachen begann. Ein überwältigender Mundgeruch schlug Dante entgegen. "Was für ein loses Mundwerk! Tut mir leid, Schätzchen, aber das ist nicht drin. Dafür reizt mich dein narbenloser Körper zu sehr!" Dantes Augen weiteten sich, als der Mann eine glühende Zange aus dem Kohlebecken zog. "H-hey, man kann doch über alles reden, oder? Ich glaube nicht, dass du das hier wirklich tun willst!" Der Mensch schüttelte den Kopf. "Urteile nicht vorschnell über mich! Glaub mir, es macht mir einen Höllenspaß, so etwas zu tun!" Wieder ebenso laut lachend holte er aus und trieb Dante das glühende Eisen in die Seite. Dante konnte einen Aufschrei nicht unterdrücken. Der Gestank von verbranntem Fleisch stieg auf, seinem eigenen Fleisch, realisierte der Halbdämon mit zusammengebissenen Zähnen. Die Soldaten zogen sich rasch zurück, wie Dante gut sehen konnte und ließen lediglich zwei Männer in derselben Kluft wie den Breitgesichtigen zurück. Einer von beiden, Dante erkannte ihn wieder, es war der Dünne mit den fettigen Haaren, der ihm schon am Tag zuvor unangenehm gewesen war, hielt ein Klemmbrett in den Händen und notierte sich etwas. Der Foltermeister, wie Dante den Großen im Geiste nannte, grinste und stach noch ein weiteres Mal zu, diesmal in seinen Oberkörper. Dante gelang es nur mit äußerster Mühe, einen weiteren Schrei zu unterdrücken. "Sieh an", kam es vom dritten im Bunde, einem unauffälligen Grauhaarigen, "er kann sich ja ganz schön beherrschen! Gib ihm alles, was du hast!" Der Foltermeister ließ sich das nicht zweimal sagen und legte das Eisen, das sich mittlerweile etwas abgekühlt hatte, in das Kohlebecken zurück und nahm stattdessen lange gekrümmte, mit dunklem Blut verkrustete Haken von einem Tisch. Dante zuckte zusammen, als er ihren Sinn begriff. "Nein! Nicht!", stieß er leise hervor, doch seine Peiniger kannten kein Erbarmen mit ihm. Dante wollte sich herumwerfen, als der Meister die Haken an seine Haut ansetzte, um sie ihm mit schnellen Bewegungen vom Körper zu reißen. Ein blutiger Kratzer blieb zurück und der Mann winkte seinen grauhaarigen Gehilfen zu sich. "Halt ihn fest, sonst klappt das nicht!" Der andere Mensch gehorchte und fasste mit festem Griff Dantes Hüften. Der Halbdämon fauchte: "Na toll, zuerst kettet ihr mich fest und dann könnt ihr es nicht mal richtig machen?" Er fing sich dafür lediglich einen weiteren Schlag über den Mund ein, aber sonst erreichte er nichts. Das Eisen drang blitzschnell unter seine Haut und riss einen handgroßen Fetzen aus dieser von Dantes Körper. Die Augen des Halbdämonen füllten sich mit Tränen, die er nur mit Mühe wegblinzeln konnte. "Gratulation, du beherrscht dich wirklich gut!", lächelte der Schwarzhaarige, notierte wieder etwas und der Foltermeister hielt Dante das blutige Stück seiner eigenen Haut unter die Nase. Der Sohn Spardas würgte und spürte, wie das gekrümmte Eisen in der anderen Hand des Mannes sich tief in die Wunde bohrte, die schon wieder dabei war, sich zu schließen. Dante keuchte und der Mensch drehte das Instrument herum. Der Grauhaarige lachte, als Dantes Blut über seine Hände lief. Seine Finger spielten mit der klebrigen Flüssigkeit und Dante wurde noch übler als zuvor. "Also das finde ich praktisch! Dich kann man ja immer wieder quälen!", grinste der Foltermeister und riss irgendetwas aus Dantes Körper heraus. "Hups, da hab ich wohl ein Organ erwischt!", lachte er mit einem widerlichen Gesichtsausdruck, als Dante aufbrüllte. Der Schwarzhaarige meinte: "Vorsicht, treibs nicht zu weit! Auch Dämonen können sterben! Er nutzt uns nichts mehr, wenn du ihn umbringst!" "Weiß ich selber!", maulte der Meister und zog eine lange blutige Linie von Dantes rechter Schulter bis hinab auf seine linke Hüfte. Der Halbdämon spürte, wie eine Träne aus seinem linken Auge rann. Da lachte der Grauhaarige: "Sieh dir das an! Der Kleine kann ja heulen!" "Verpiss dich einfach, ja?", fauchte Dante und wandte den Kopf ab, als ihm der stinkende Atem des Foltermeisters ins Gesicht schlug. "Und du könntest dir ab und zu mal wieder die Zähne putzen!" "Immer noch so redselig? Nun, das können wir ändern!", meinte der Mann und drehte den Haken kurzerhand um. Dann ließ er ihn blitzschnell nach oben rucken und riss dem Halbdämon wieder ein Stück Haut vom Körper, diesmal nahe der Schulter. Dante zuckte zurück und keuchte: "Drecksack! Pass nur auf, wenn ich dich in die Finger bekomme!" "Was dann?", fragte der Grauhaarige und fasste in die tiefe Wunde an Dantes Seite, die sich wieder schloss. Seine Finger wühlten darin herum und ließen Vergils Zwilling schmerzerfüllt aufstöhnen. "Willst du uns lynchen? Tja, dazu kommt es wohl nicht..." Währenddessen hatte der Foltermeister die Eisenklingen weggelegt und die Zange wieder hervorgeholt, die nun wieder in einem hellen Rot glühte. "Wie heißt du eigentlich?", wollte er wissen, als der Grauhaarige die Hand aus der Wunde zurückzog. Dante spie ihm entgegen: "Das geht dich einen Scheißdreck an!" und schrie gleich darauf so laut auf, dass sein Schrei von den Wänden widerhallte, als der Foltermeister die glühende Zange zielsicher in die sich schließende Wunde an Dantes Seite presste. Er zwickte irgendetwas ein, spürte Dante, und riss daran herum. "Puh, dass du so rangehst!", lachte der Schwarzhaarige und schrieb sich etwas auf. Er war offenbar derjenige, der den Bericht anzufertigen hatte. Der Dämonensohn versuchte, sich auf seine Umgebung zu konzentrieren und nicht auf die Schmerzen zu achten, die ihm das glühende Eisen in seinem Leib zufügte. Tränen rannen ihm ungehemmt über das Gesicht und er versuchte, nicht zu schluchzen, was ihm zumindest zweimal so gründlich misslang, dass der Schwarzhaarige darauf aufmerksam wurde. Dante biss die Zähne zusammen und schwor, keinen Laut mehr über seine Lippen kommen zu lassen. Es hielt gerade mal zwei Minuten. Der Foltermeister wühlte in der Wunde herum und riss mal an diesem, mal an jenem Stück in Dantes Inneren - mit einer noch immer glühenden Zange, wohlgemerkt! Dann traf er auf eine Stelle, die Dante einen gellenden Schrei ausstoßen ließ, als sie verbrannte. "Oh, sieh an, da haben wir wohl die Schwachstelle! Das ist... der Magen?" Entsetzen überspülte Dante und ließ ihn einen Moment sogar den Schmerz vergessen. Der Meuchler hatte sich bis zu seinem Magen vorgewühlt? Was mochte er auf diesem Weg alles zerstört haben? Dante kannte seinen Körper, wusste, über welche immensen Heilkräfte er verfügte, doch er wusste auch, dass ihm Grenzen gesetzt waren. Was, wenn das Erbe seines Vaters nicht ausreichte, um diese Verletzungen zu heilen?" Doch jede weitere Überlegung wurde zunichte gemacht, als der Mann noch einmal in genau jene Stelle zwickte, die Dante schon vorher solchen Schmerz zugefügt hatte. Eine Welle der Übelkeit überspülte Spardas Sohn, dann wurde ihm schwarz vor Augen... ...mit einem Aufschrei fuhr er aus dem Schlaf. Seine Hand lag um das gekrümmte Schwert gekrampft und er sah sich orientierungslos um. Er keuchte: "Dante! Was zum..." Seneca auf der anderen Seite des kleinen Lagerfeuers fragte besorgt: "Was ist los, Vergil? Alles in Ordnung?" Sogar von Nero, der zuvor geschlafen haben musste, kam ein leiser, undeutlicher Laut der Frage. Vergil ließ sich zurücksinken. "Es ist Dante. Er... er hat Schmerzen... große Schmerzen...", murmelte er langsam. Warum konnte er spüren, was sein Bruder fühlte? Senecas Augen durchschossen ihn mit Blicken, Blicke, die nicht nur besorgt und verunsichert waren, sondern auch Mitleid enthielten. Vergil fluchte: "Was geht euch das an, verdammt? Wahrscheinlich hat er sich den Kopf gestoßen oder sowas! Mein dämlicher Bruder bringt sowas mit Sicherheit zustande!" Doch in seinem Inneren wusste er, dass dem nicht so war. Dante war dem Tode nahe. Beinahe gegen seinen Willen sorgte Vergil sich um seinen Zwillingsbruder. Was taten sie Dante nur an? *würgs* (geistige Notiz: nie wieder solche Horrorgeschichten schreiben!) Sowas zu schreiben, macht wirklich KEINEN Spaß! Und dabei bin ich erst am Anfang, ja, das ist nicht die einzige Qual, die ich Dante antun muss... (aber hoffentlich die einzige, bei der mir so dermaßen flau im Magen ist!) Und ich hoffe, das Kapi fällt nicht in den Adult-Bereich, ich kann sowas immer nicht einschätzen... Kapitel 10: Geschwisterbande ---------------------------- Es war kalt. Eine Decke lag über seinem schmerzenden, ausgestreckten Körper. Trotzdem fror er. Ein schwerer Ring, der seinen Hals band. Nur mit Mühe bekam er die Augen auf. Dante zuckte mit einem Aufschrei zurück, als er eine massige Gestalt vor sich erkannte, fürchtete, die Folter sei noch immer nicht zu Ende. Eine warme Hand legte sich auf seine Wange. Er wollte sie wegschlagen, doch seine Kraft reichte nicht. "Beruhige dich, kleiner Dämon. Ich tue dir nichts!", sagte eine Stimme, die Dante bekannt vorkam. Langsam nahm seine Umgebung Formen an. Vor ihm saß nicht der Foltermeister, sondern der andere Mann, der dabei gewesen war, als der mit den fettigen Haaren ihm Blut abgenommen hatte. Dante zuckte zurück, als ihm der Mann durchs Haar strich. "Schsch, hab keine Angst. Ich bin der Letzte hier, der dir Schmerzen zufügen würde." Dante krümmte sich, als ein stechender Schmerz von seinem Bauch ausgehend durch seinen ganzen Körper jagte. Der Mann seufzte und wandte sich ab. Dann, als er sich wieder über Dante beugte, hielt er einen kleinen Becher in der Hand. "Trink das. Es wird dir die Schmerzen nehmen." Der Halbdämon wich zurück. "Damit ihr mich willenlos machen könnt? Vergiss es, so blauäugig bin ich nicht!" Müde sah ihn der Andere an. "Also gut. Ich habe die Aufgabe, dich nach all der Folter immer wieder gesund zu pflegen. Ich werde dir nichts tun. Vertrau mir, das ist wirklich nur ein Schmerzmittel." Dantes Augen verengten sich. "Woher soll ich wissen, dass du mich nicht belügst? Pfft, du bist nur ein Mensch und Menschen lügen nur allzu gerne!" "Was soll ich tun, damit du mir Glauben schenkst? Mir liegt nichts daran, dich zu quälen, aber dich davon zu überzeugen könnte schwierig werden..." Dante sah ihn aufmerksam an. "Nimm den Ring ab." Ein heikles Unterfangen. Denn wenn der Mann es tatsächlich tat, war Dante ungebändigt, unangekettet. Offenbar war ihm das auch klar, denn er runzelte die Stirn. "Also gut.", meinte er dann. "Aber ich möchte auch etwas von dir dafür." "Was wäre?", fragte der Halbdämon misstrauisch, doch der große Mensch nahm ihm einfach nur den Ring ab, der störend um Dantes Hals lag. Als er das Eisen neben Dantes Kissen ablegte, meinte er: "Ich möchte wissen, wie du heißt, kleiner Dämon. Nicht mehr und nicht weniger." Er hielt ihm wieder den Becher hin. Zögernd nahm Dante ihn schließlich. Nachdenklich sah er auf die klare Flüssigkeit hinab, die darin schwappte. Dann setzte er ihn an die Lippen und trank ihn in einem Zug aus. "Nun?", wollte der Mann wissen. Spardas Sohn zögerte noch immer. "Dante." Der Mensch nickte. "Ich verstehe. Danke, Dante." Er erhob sich. "H-hey, wo wollen Sie hin? Und wie heißen Sie?", fragte der Halbdämon verunsichert. Der Mann lächelte. "Ich habe noch andere Pflichten. Aber du kannst dich darauf verlassen, dass ich dich wieder besuchen komme, morgen, um nach dir zu sehen. Und du willst meinen Namen wissen? Nun, jeder hier nennt mich Banes. Leb wohl, Dante." Damit ging er und ließ den Verletzten allein im Raum zurück. Dante sah, wie sich die Tür hinter Banes schloss. Fröstelnd zog er sich die Decke fester um die Schultern. Langsam, spürte er, ließ der Schmerz nach. Was wohl noch alles auf ihn zukommen würde? Vergil lehnte unterdessen wieder an einem Baumstamm. Seine kalten Augen glitten über die schlafenden Gestalten von Nero und Seneca. Beide waren erschöpft, Seneca von den Strapazen des ständigen Umherziehens, Nero, weil er seit Tagen nicht mehr richtig schlief. Auch jetzt wälzte sich der jüngere Halbdämon ständig herum, seufzte und umklammerte die Teufelsklaue in seinem rechten Arm. Wenn er es genau betrachtete, stellte Vergil fest, dass er derjenige war, der noch am ehesten zum Kämpfen in der Lage war. Nicht, dass er es ich unbedingt wünschte, diese aufdringlichen, selbstmörderischen Menschen waren ihm irgendwie unheimlich, aber zumindest würde er sich schützen können. Ein schmerzhaftes Zucken in seiner Brust riss ihn aus seiner Lethargie. Was war das nur? Immer dann, wenn ihn dieser Schmerz überfiel, spürte er die Gegenwart seines Zwillingsbruders nur allzu deutlich. Diesmal überlagerte sich der Ausblick auf die Waldlichtung und dem Lager mit einer Gefängniszelle. Vergil spürte Kälte. Kälte, Schmerz und Angst. Und Dante, im Zentrum dieser Gefühle. Er fühlte, wie sich Dantes Inneres zusammenkrümmte und seine Seele leise weinte. Vergil schüttelte den Kopf. Was wurde das noch alles? Sicher, er machte sich Sorgen um seinen Bruder, aber so hatte er ihn noch nie wahrgenommen! Langsam bekam er es mit der Angst zu tun... Ups, das wars schon wieder für dieses Mal. XD aber das nächste Kapi lässt bestimmt nicht so lang auf sich warten wie diesmal! Kapitel 11: Die Fänge der Dämonenfürsten ---------------------------------------- Hm... endlich komme ich dazu, weiterzuschreiben! *sorry* Dieses Kapitel ist endlich komplett Vergil gewidmet, Dante (der Arme!) hat diesmal Pause und darf sich erholen! XD Regen tropfte von seinen Haarspitzen in seinen Kragen. Einzelne Strähnen hingen ihm triefend ins Gesicht. Mit einer ärgerlichen Handbewegung wischte Vergil sie zurück, dorthin, wo sie hingehörten. Langsam, betont ruhig sah er sich um. Sie waren umzingelt. Senecas Hand lag zitternd auf dem Gewehr, das er von der Schulter genommen hatte. Ob er vor Kälte oder vor Angst zitterte, konnte Vergil nicht mit Sicherheit sagen. Wohl eher vor Kälte. Neros Finger hielten den Griff der Blue Rose fest umschlossen, jederzeit bereit, dem nächstbesten Gegner eine Kugel in den Kopf zu jagen. Aber auch er wusste, wenn sie gezwungen waren, ihre Waffen zu benutzen, war es vorbei. Bis jetzt hatten die Dämonen sie in ihren Wäldern toleriert. Aber nun... Vergil wandte sich mit einem ärgerlichen Knurren wieder zum Anführer der Dämonen um. Ein großes, warziges Biest mit einer Nase wie eine Kartoffel und stechenden, orangerot glühenden Augen, das herablassend auf Vergil und seine Begleiter hinabblickte. "Ihr zieht schon viel zu lange hier durch den Wald!", fauchte es mit einer kehligen Stimme und begleitete seine Aussage mit einer ausholenden Geste auf das Unterholz. "Durch unseren Wald!" Vergils Augen wurden schmal. "Das interessiert mich nicht. Wir sind auf der Flucht vor euren Feinden, den Menschen, falls du das vergessen hast!" Knollennase, wie Vergil ihn im Stillen taufte, grollte: "Weil sie nach euch suchen! Ihr, die Söhne beider Rassen, seid ihr Ziel! Solange sie euch jagen, lassen sie uns zufrieden! Aber wenn wir euch verstecken, greifen sie uns an!" Er schüttelte den Kopf. "Ich sage, ihr sollt verschwinden, alle drei! Verlasst unseren Wald!" Vergil grinste hämisch. "Und wenn wir bleiben?" Er merkte sofort, dass er einen Fehler begangen hatte. Knollennase knurrte etwas und sofort sah Vergil, wie die Dämonen, die sich zuvor noch peinlich genau im Schatten gehalten hatten, hervortraten und ihre Waffen zogen. Senecas Schultern verspannten sich sichtlich und auch Nero runzelte verunsichert die Stirn. "Uns liegt nichts daran, euch mit in den Ruin zu treiben. Ursprünglich wollte ich euch um Hilfe bitten, denn allein schaffen wir das nicht mehr, vor allem jetzt nicht, wo mein Bruder in ihre Hände gefallen ist. Mit eurer Stärke aber könnten wir in der Lage sein, die entsprechenden Gegner auszulöschen und den Frieden wieder herzustellen!", beschloss Vergil, dem Dämonen Honig ums Maul zu schmieren, auch wenn er sich selbst dafür hasste. Bitten und Betteln gehörten nicht zu den Dingen, die Spardas Sohn gerne tat. Es offenbarte eine Schwäche, die er mehr hasste als alles andere. Doch zumindest schien der Dämon Gefallen daran zu finden. "Und du willst uns Menschenblut kosten lassen? Das gefällt mir irgendwie..." Der große, grobe Dämon nickte einem seiner Begleiter zu und lachte. "He he, und ich wäre der Anführer, der die Idee dazu hatte! Ich würde im Ruhm baden können, und in Menschenblut noch dazu... was für eine glänzende Vorstellung!" Vergil lächelte in sich hinein, während er nach außen hin noch immer eine unbewegte, kalte Miene zur Schau stellte. Das lief doch besser als erwartet. Doch der Triumph währte nicht lange. "Was geht hier vor sich?", schnitt plötzlich eine helle, kalte Stimme durch den Wald. Knollennase zuckte zusammen und sah sich um. Dann sprang er hektisch einen Schritt zur Seite und fiel auf ein Knie herab. "Meister, verzeiht!" Er neigte den großen Schädel hinab und Vergil besah sich den Neuankömmling. Eine schlanke, hochgewachsene Gestalt trat durch die Farnwedel, vor denen Knollennase zuvor noch gestanden hatte. Langes, blutrotes Haar fiel dem Geschöpf bis auf die Hüften hinab. Totenbleiche Haut und goldene Augen strahlten Vergil aus einem wunderschönen, aber eisig kalten Gesicht entgegen. Ein echter Dämon. Ein Machthaber, wie er ohne Mühe erkannte, ein Fürst, wie auch Vergils Vater einer gewesen war. "Sieh an, zwei Halblinge und ein Mensch. Was führt euch minderwertige Kreaturen so tief in unser Stammesgebiet?", wollte der Dämon mit einer Stimme wissen, die süß und klar klang, aber einen Nachhall wie Eissplitter hatte. Nero gab ein unartikuliertes Krächzen von sich und der Dämon mit dem roten Haar lachte auf. "Ah, ich verstehe! Du bist der Junge von diesem lächerlichen Schwertorden! Und du..." Sein Blick glitt über Vergils Gestalt, musterte ihn von Kopf bis Fuß. Seine Augen strahlten einen gierigen Glanz aus, der jedoch sofort wieder verlosch, als er Vergils aufmerksamen Blick bemerkte. "Ich hätte nicht gedacht, dass Abschaum wie du sich in unsere Reiche wagt.", stellte er kühl fest und Vergil musste an sich halten, sich nicht mit Yamato in der Faust auf sein Gegenüber zu stürzen und ihm seine Überheblichkeit aus dem Sinn zu prügeln. Der Blick des Dämonen wanderte weiter und verharrte schließlich auf Seneca. Der junge Mensch schien unter diesen goldenen Augen zusammenzuschrumpfen, seine Schultern sanken in sich zusammen und seine Finger krampften sich fester um das Gewehr. Vergil wurde klar, dass Seneca noch nie einem wahrhaftigen Dämonenfürsten gegenüber gestanden hatte. "Ein kleines Menschlein wie du wagt sich in Begleitung zweier Halbdämonen" Vergils Hand zuckte bei der Aussprache von Neros und seines Standes zu Yamatos Griff, erst im letzten Moment gelang es ihm, sich zurückzuhalten. Der Tonfall und die Art, wie der Dämon dieses "Halbdämonen" ausgesprochen hatte, machte ihm unmissverständlich klar, dass sie so gut wie nichts galten hier, sogar noch weniger als Menschen. "hier in diese Wälder? Sieh an, entweder bist du besonders dumm oder besonders mutig. Wohl eher dumm, schätze ich." "Komm zur Sache!", knurrte Vergil und der durchdringende Blick des echten Dämonen wanderte wieder zu ihm. "Mit dir rede ich nicht, Abschaum!" Er wandte sich an die Knollennase, die noch immer auf einem Knie reglos hinter seinem Gebieter verharrte. "Sag mir, wie glaubst du..." Nero wagte noch einen Vorstoß. "Bei uns nennt man wenigstens seinen Namen, bevor man Forderungen stellt!" Der Unterbrochene fuhr herum und schrie: "Halt dein Maul du Ungeziefer von einem Halbling!" Doch als sich Nero nicht um den eisigen Blick scherte, lachte er gekünstelt auf. Amüsiert warf er sich eine Strähne seines Haares zurück auf den Rücken. "Andererseits... ich denke, es könnte nichts schaden, wenn auch ihr Unwissenden ein wenig Weisheit erlangt! Nun, du wolltest meinen Namen wissen, Kind? So will ich ihn dir nennen! Ich bin Ariev, der Herr über die Dämonen dieser Wälder!" Er wandte sich zu seinem Gehilfen um und sagte irgendetwas zu ihm. Dann meinte er, an Nero gewandt: "Ich wäre dafür, dass ihr jetzt möglichst schnell unsere Wälder verlasst, denn sonst kann ich nicht dafür garantieren, dass ihr lebend wieder herauskommt!" Nero schluckte, doch dann meinte er standhaft: "Das können wir nicht. Wir werden von aller Welt gejagt und haben keinen Platz mehr, wohin wir gehen könnten!" Vergil sah ihn an und dann Ariev. Der Dämonenfürst machte keinen Hehl aus seiner Missgestimmtheit. Dann wanderte sein Blick wieder zu Vergil. Verachtung und Hass sprach aus seinen Augen. Instinktiv wollte Vergil einen Schritt zurückweichen, unterließ dies jedoch, als ihm klarwurde, dass Ariev genau das erwartete. "Mut in deinen Augen, Verachteter?" Vergil knirschte vor Zorn mit den Zähnen, als der Rothaarige ihm ein vernichtendes Lächeln schenkte und seine nadelspitzen Eckzähne enthüllte. "Ja, ich sehe Mut in deinen Augen. Sie strahlen, vor Stolz und Stärke. Du bist wahrlich der Sohn des Verräters. Und du bist auch derjenige, der einen meiner treusten Untertanen tötete. Ich sehe seine Waffen an deinen Händen und Füßen." Beowulf war bei Ariev gewesen? "Allein für diese Tat sollte ich dich in der Luft zerreißen. Aber andererseits..." Er trat auf Vergil zu. Alles in dem Halbdämonen schrie danach, sich umzudrehen und zu rennen, bis er zusammenbrach, als Ariev die Hand ausstreckte und seine Wange berührte. Die Finger des Dämonen waren eiskalt. Wieder teilten sich seine Lippen und zeigten Vergil die tödlichen Fänge. "Du bist hübsch, mein Guter, und immerhin zur Hälfte menschlich!" Vergil schrie auf, sowohl zornig, als auch erschrocken, sprang einen Schritt zurück und schlug Arievs Hand beiseite. "Behalt deine Pfoten bei dir, dreckiges Miststück!" Irgendwas schien sich in Arievs Augen zu verändern. Vergil konnte den Blick nicht mehr von dem goldenen Strahlen nehmen, auch wenn er es sich noch so sehr wünschte. Er hörte, wie sowohl Seneca, als auch Nero aufschrieen, als sie gepackt und fortgezerrt wurden. "Ihr werdet diesen Ort nicht mehr verlassen. Sei versichert, Verräterbrut, ich lasse dich nicht mehr gehen!", meinte Ariev mit leiser, tödlich kalter Stimme. Dann ließ er Vergil mit seinen Untergebenen allein. Als die Dämonen ihn fesselten, glaubte Vergil zu spüren, wie die Falle über ihnen dreien zuschnappte... Soviel hierzu. Ich gebe zu, ursprünglich war es etwas anders geplant, aber die Idee mit Ariev ging mir nicht mehr aus dem Kopf. Ariev ist übrigens ein Verwandter von Nevan (wie man vielleicht - hoffentlich - an Aussehen und Gehabe erkennen konnte...), allerdings hat er deutlich mehr Macht und ist auch wesentlich stärker. Wohin das noch führen wird? ^^ Kapitel 12: Auf Gedeih und Verderb ausgeliefert ----------------------------------------------- Hm, jetzt gehts weiter. War ja echt nicht besonders nett, an so einer Stelle aufzuhören... *schäm* aber immerhin kommen in diesem Kapi beide Brüder vor... hähä, was bin ich doch für ein böses Geschöpf! *teuflisch grins* Allerdings frage ich mich, ob das nicht in die Adult-Sektion fallen könnte, schließlich könnte man auch anderes draus schließen, wenn mans nicht komplett liest... *stirnrunzel* "Wach auf!" Zum bestimmt hundertsten Mal rissen ihn die scharfen Worte aus seinem Dämmerzustand. Dante stöhnte und legte den Kopf in die Hände. Seine Ellbogen lagen auf einem schweren hölzernen Tisch, er selbst saß auf einem dreibeinigen Hocker ohne Lehne. Es war unbequem, doch in seiner Müdigkeit sanken ihm die Augen sofort wieder zu und diesmal ließen sie ihn in Frieden. Dante spürte, wie er in die Welt des Schlafes eintauchte. Doch dann, er nahm es gerade noch halb bewusst wahr, wie die Muskeln seiner Arme sich entspannten, knallte er mit voller Wucht mit der Stirn auf die Tischplatte. Fluchend kam er wieder hoch und sah sich belämmert um, wer ihm die Ellbogen weggezogen haben könnte. Sein Gegernüber, der Grauhaarige aus der Folterkammer, grinste und notierte sich etwas auf seinem Klemmbrett. Da wurde Dante klar, dass er den Schmerz in seiner Stirn selbst zu verantworten hatte und errötete leicht. "Verdammt... wie lange wollt ihr mich noch hier festhalten?", murmelte er und schob den eisernen Ring, der um seinen Hals lag, ein Stück nach oben. Die Kette, die daran befestigt war, klirrte leise und Dante seufzte. "So lange wie nötig, Missgeburt!", meinte der Grauhaarige ohne von seinen Notizen aufzusehen. "Wie lang sind wir jetzt schon hier?", fragte Dante mit schleppender Stimme, um seinem Gegenüber nicht die Genugtuung zu geben, ihn wieder wecken zu müssen. "Etwas über fünfzig Stunden. Warum fragst du?" Dante ließ den Kopf hängen. Seit über zwei kompletten Tagen hockte er nun schon auf diesem Stühlchen, angekettet und ohne eine Minute Schlaf. Immer wieder, wenn er nahe dran war, einzuschlafen, weckten sie ihn. Und das auf unterschiedlichste Art und Weise. Angefangen hatte der Mann mit den fettigen schwarzen Haaren. Er hatte Dante immer wieder Eiswasser ins Gesicht gekippt, wenn er zu müde wurde. Dann war der Foltermeister gekommen und hatte ihn jedesmal geschlagen, wenn er eingeschlafen war. Nun war der Grauhaarige dran und riss ihn jedesmal wieder mit ein paar scharfen Worten in die Wirklichkeit zurück. Dante sank mit dem Oberkörper auf den Tisch und überkreuzte die Arme, um seinen Kopf weicher zu betten. Doch wieder, kaum dass er die Augen zugetan hatte, zischte der Mensch ihm zu, er solle aufwachen. Der Halbdämon ächzte, gähnte und rutschte auf dem Hocker hin und her, um eine bessere Sitzposition zu finden. Einmal war er tatsächlich eingeschlafen und dann hintüber gefallen. Dummerweise war sein Kopf genau auf der Kette gelandet, was ihm heftigstes Kopfweh beschert hatte, das ihn selbst jetzt noch peinigte. Obwohl es jetzt wohl eher vom Schlafmangel kam. Langsam begriff Dante. Sie wollten sein Stehvermögen testen. Und dazu hielten sie ihn wach, bis er zusammenbrach. Vielleicht, wenn er ihnen ein glaubwürdiges Theater vorspielte... doch dann fiel sein Blick auf seinen Peiniger. Seine Hoffnungen sanken. Der Mann sah so aus, als könnte er alles durchschauen. Müde ließ Dante die Arme hängen und legte sich mit dem Kinn auf die Tischplatte. Ein leichter Funken Mitleid schien in den Augen des Anderen aufzublitzen, der jedoch rasch wieder verschwand. Dante seufzte noch einmal schwer. Er hoffte immer mehr, dass ihn sein Bruder und seine Freunde endlich befreien würden. Allein würde er es nie mehr hier herausschaffen... Doch ebendiese andere Gruppe saß ebenfalls fest. Sie hockten in einem unterirdischen Verlies, angekettet an oberschenkeldicke Baumwurzeln, hungrig und entwaffnet. Vergil hatte getobt wie ein tollwütiger Stier, doch es hatte alles nichts genutzt. Sie hatten ihm sowohl Yamato, als auch Alastor und Beowulf abgenommen, genauso wie sie Seneca und Nero ebenso von ihren Waffen befreit hatten. Die Dämonen gingen auf Nummer sicher. Nicht, dass sie es gebraucht hätten. Mittlerweile hätte selbst Vergil sich schwergetan, unbewaffnet auch nur gegen schwächste Dämonen eine gute Figur abzugeben. Sie hatten in den zwei Tagen kaum Nahrung bekommen, lediglich Wasser und ein wenig altes, hartes Brot. Seneca hatte große Schwierigkeiten damit gehabt, es überhaupt essen zu können, da ihm seine Zähne nicht mehr nachwuchsen, wenn er sie sich ausbiss. Vergil glaubte gehört zu haben, wie sich der junge Mensch sich in den Schlaf geweint hatte, vor Hunger, Kälte und Krankheit... und Hilflosigkeit. Auch, wenn er es wohl nie zugegeben hätte, konnte er ihn verstehen. Sie hingen an Ketten, die furchtbar kalt waren und Druckstellen hinterließen, wenn sie nicht sogar die Haut wundscheuerten. Es war kalt und einsam, sie hatten nur eine einzige Fackel, die ihnen notdürftig Licht spendete. Vor Stunden hatte man sie zuletzt losgemacht, damit sie essen und ihre Notdurft verrichten konnten. Vergil ächzte leise und bewegte die verspannten Schultern. Die Ketten ließen ihm kaum genug Spielraum, um sich auch nur hinsetzen zu können. Seine Arme hingen fast gestreckt zwischen den Fesseln, genauso wie die Neros. Seneca war der Einzige, den man nur mit einer Kette um den Fuß bedacht hatte. Einen Menschen schätzten sie wohl nicht so gefährlich ein. Warum auch? Er war mit seinen Kräften am Ende. Seneca lag auf der Seite, zusammengekrümmt, die Arme fest um seinen Körper geschlungen, um sich zu wärmen. Sein Gesicht war totenbleich und immerwieder schüttelte ihn ein bestialischer Husten, so stark, dass der junge Mann Schwierigkeiten hatte, Luft zu bekommen und ihm die Tränen in die Augen stiegen. Mit einem bedauernden Blick auf seinen Begleiter fragte sich Vergil, ob es das Ziel der Dämonen war, sie alle umzubringen, langsam und qualvoll. Und da war auch noch... Vergil stöhnte, als sich wieder Bilder von Dante über seine Wahrnehmung legten. Sein Bruder saß auf einem Hocker, den Kopf in den Armen vergraben, müde, ausgelaugt und verzweifelt. "Verdammt!", fluchte der Halbdämon mit dem blauen Mantel leise. "Verdammt, verdammt, verdammt!" Nero am anderen Ende ihres Kerkers hob fragend den Kopf, sogar Seneca sah auf. "Was ist?", wollte der jüngere Halbdämon mit gesenkter Stimme wissen. Vergil wandte den Kopf ab. "Dante. Er befindet sich in einer ähnlichen Situation wie wir. Und wir haben absolut keine Möglichkeit, von hier zu entkommen!" Nero runzelte die Stirn, nickte dann aber und ließ den Kopf wieder hängen. Seine Hände schlossen sich zu Fäusten und öffneten sich wieder. "Wenn wir nur zumindest diese Ketten loswürden...", sinnierte er, wurde dann aber von einem lautstarken Husten Senecas unterbrochen. Speichel lief dem Menschen aus dem Mundwinkel, als er sich krümmte und versuchte, den Schleim aus seiner Lunge hervorzuwürgen. Vergils Abscheu gegenüber dem Mann flackerte wieder auf, machte aber rasch einem Gefühl Platz, das er sonst immer erfolgreich unterdrückt hatte: Mitleid. Er drehte den Kopf weg und schloss die Augen. Wohin würde das noch führen? Später, Vergil wusste nicht, wie viel Zeit vergangen war, außer, dass es schon einiges gewesen sein musste, denn Nero war eingeschlafen und hatte laut zu schnarchen angefangen, hörte er plötzlich, wie sich die Tür ihres Gefängnisses öffnete. Unwillig brachte der Halbdämon mit dem blauen Mantel ein Auge auf - auch er hätte es fast geschafft, Zuflucht im Reich der Träume zu suchen - und zuckte erschreckt zurück. Rotes Haar strich über seinen Kopf und goldfarbene Augen bohrten sich in seine Seele. "A-Ariev...", stammelte er überrascht und wich zurück, so weit es die Ketten zuließen. Verachtung schlich sich in den Blick des Dämonenfürsten und er wandte sich zu Nero und Seneca um. Anmutig erhob er sich und trat zu dem jüngeren Halbdämonen hin. "Sieh an, er schläft! Vielleicht sollte ich ihn im Schlaf erwürgen... seinesgleichen verdient es nicht, zu leben!", meinte er leise. Da wurde Vergil die Gestalt bewusst, die noch immer am Eingang des Kerkers stand. Knollennase. Schließlich, als Ariev prüfend die Hand an Neros Kehle gelegt hatte und der Halbdämon davon nicht einmal aufgewacht war, ließ er enttäuscht den Arm sinken. "Wie schade. Es macht mehr Spaß, wenn das Opfer bei vollem Bewusstsein ist..." Er trat zu Seneca hin, der sehr wohl aufwachte, als Arievs Schatten über ihn fiel. Zitternd kauerte sich der Mensch zusammen und der Dämon fragte: "Was ist? Hast du solche Angst vor mir?" Seneca schloss kurz die Augen, doch dann meinte er mit einem mutigen Blick direkt in Arievs goldene Augen: "Ich habe keine Angst vor dir. Es ist nur so, dass ich..." Der Rest des Satzes ging in einem qualvollen Husten unter, der Ariev überrascht zurückweichen ließ. "Ich bin krank. Und ich friere. Ihr habt wohl nicht sehr oft Menschen... zu Gast?" Mutig ist er, dachte Vergil. Ich hätte nicht gedacht, dass er in dieser Situation wagt, ihm das ins Gesicht zu sagen. Ariev jedenfalls schien vollkommen überrascht. Mit großen Augen sah er Seneca einen Moment lang an, ehe er ausholte und dem Menschen einen Hieb mit der Faust ins Gesicht versetzte. Senecas Kopf wurde zurückgerissen und der junge Mann keuchte: "Ich hatte nicht erwartet, dass du so freigiebig mit deinen Angriffen wärst..." Vergils Augen wurden schmal. Das hätte auch von Dante stammen können. Offenbar hatte Seneca beschlossen, dass Arievs Überheblichkeit am besten mit Trotz und Frechheit beizukommen war. Von Nero kam ein leises Lachen und Vergil wurde klar, dass der andere Halbdämon sehr wohl aufgewacht war. Ariev fuhr herum und Vergil erkannte an seiner Bewegung, dass der Fürst langsam zornig wurde. "Ich hätte nicht gedacht, dass du so sanft sein würdest, Ariev! He, Seneca, wer glaubst du schlägt härter zu? Vergil oder er?" So gut es eben ging, deutete er auf Ariev. Seneca spielte das Spiel mit und grinste: "Vergil auf jeden Fall. Ich würde sagen, er ist nichts anderes als verweichlicht und..." Zu mehr kam er nicht. Ariev trat ihm mit voller Wucht in den Bauch und Seneca krümmte sich röchelnd zusammen. Der Rotschopf wirbelte herum, mit vor Zorn geröteten Wangen. "Wage es noch einmal, mich verweichlicht zu nennen und ich röste dich am nächstbesten Spieß, bis du mich anbetest und bettelst, dass ich dich in Frieden sterben lasse!" Seneca, der merkte, dass er den Bogen überspannt hatte, schwieg eingeschüchtert und Ariev schien einen Teil seiner Überheblichkeit zurückzubekommen. Er wandte sich Vergil zu. "Nun zu dir, Verräterbrut. Ich habe lange nachgedacht, was ich mit dir machen soll. Ich denke, ich weiß jetzt, was dich am meisten treffen würde. Mit Schmerzen scheint man dich nicht beeindrucken zu können und auch Spott könnte auf die Dauer langweilig werden. Also habe ich mir etwas besonderes für dich überlegt!" Vergil sah ihn gelangweilt an. "Und weiter? Willst du mir einen Roman erzählen? Wort für Wort am besten noch?" Ariev blinzelte, offensichtlich aus dem Konzept gebracht. Doch er schien sich rasch wieder zu fangen. "Dieser Sarkasmus. Faszinierend, wie ähnlich du deinem Vater bist..." Er lächelte kalt und beugte sich zu Vergil hinunter. "Was für ein Glück, dass du nur ein halber Dämon bist, sonst müsste ich dich fürchten. Aber so... Binde ihn los!", befahl er der Knollennase. "He, was wird das?", fragte Nero verunsichert, als der große, unförmige Dämon Vergil die Ketten abnahm und ihm dann den Arm so brutal auf den Rücken drehte, dass Vergil Schwierigkeiten hatte, einen Aufschrei zu unterdrücken. "Ich leihe mir euren Freund für ein paar Stunden aus. Seid brav in der Zeit, ja?", lächelte Ariev ihm zu und befahl: "Bring ihn hinauf. Du weißt wohin. Und binde ihn gut fest, wir wollen doch nicht, dass er flieht!" Knollennase gab ein zustimmendes Brummen von sich, dann riss er Vergil mit sich fort - als der Halbdämon nicht gleich folgte, verdrehte er ihm den Arm nur noch um eine Winzigkeit weiter, was Vergil ein ersticktes Keuchen entlockte - und brachte ihn aus dem Kerker hinaus. Nero, Seneca und Ariev blieben zurück. Vergil wurde die Stufen hinaufgestoßen, einmal stolperte er und wurde brutal an den Haaren wieder auf die Füße gezogen. Als sie ins Freie traten, stach die Sonne in seine Augen, doch er hatte nur wenig Zeit, sich an das Licht zu gewöhnen, denn kurz darauf - Vergil wusste nicht, wie weit man ihn weggebracht hatte, er war wie geblendet - schubste ihn Knollennase in eine düstere Höhle, die mit schweren Vorhängen abgetrennt war. Er schob den Halbdämon in einen großen Raum, der trotz der kalten Luft und dem felsigen Ambiente relativ gemütlich eingerichtet war. Mal davon abgesehen, dass es ein Schlafzimmer war. Dann band ihn Knollennase grob mit festen Stricken an den Pfosten des Bettes und verschwand. "He, was soll das werden?", fragte Vergil protestierend, erhielt aber keine Antwort mehr. Zögernd ließ er sich auf der Matratze nieder. Die Fesseln rieben unangenehm an der ohnehin wunden Haut seiner Handgelenke und seines Halses. Was hatte Ariev mit ihm vor? Er musst nicht allzu lange warten. Der Dämonenfürst kam nur wenige Minuten später durch einen der Vorhänge in das "Zimmer" hinein. Seine Lippen verzogen sich zu einem Grinsen, als er Vergil reglos auf dem Bett sitzen sah. "Du bist ein braver Junge, das muss ich sagen!" Er trat auf den Halbdämon zu und strich ihm über das Haar. Vergils Augenbrauen zogen sich zusammen. "Na, na, kein so wütendes Gesicht, bitte! Du bist doch ohnehin noch fast ein Kind für unsere Begriffe!" Ariev lachte und fragte dann: "Wie heißt du? Welchen Namen gab dir dein verräterischer Vater?" Vergil überlegte einen Moment, ob er diesem aufgeblasenen Fürsten nicht einfach den Kopf in den Magen rammen sollte, stieß dann aber zwischen zusammengebissenen Zähnen hervor: "Das geht dich nichts an!" Arievs Lächeln erlosch. "Wie schade. Dann werde ich es eben aus deinen Gedanken herauspressen müssen!" Er fasste Vergils Kopf mit beiden Händen und legte die Daumen fest an seine Schläfen. "Ich bekomme immer, was ich will, notfalls auch mit Gewalt!", meinte er leise und sah tief in Vergils Augen. Ein stechender Schmerz in seinem Kopf ließ ihn zurückzucken, als er spürte, wie seine Gedanken regelrecht durchwühlt wurden. Er wollte ausweichen, doch Ariev ließ ihn nicht los, weder lockerten sich seine Finger, noch nahm er den strahlend goldenen Blick von ihm. "V-Verdammt, lass das!" Ariev grinste, dann zog er die Finger zurück. "Vergil also... tja, das passt zu diesem Verräter... wohl wahr..." Er fuhr dem gefesselten Halbdämonen durch die Haare, dessen bitterbösen Blick einfach ignorierend. "Und du hast sogar noch einen Zwillingsbruder! Ah, welch Ironie, dass er dir nicht helfen wird!" Vergil knurrte: "Was weißt du noch alles über mich? Bist du dir nicht zu schade, meine Gedanken zu durchwühlen?" Ariev lachte und seine Hand glitt von den weißen Haaren des Halbdämonen abwärts über den blassen Nacken auf die Schulter. Vergil, dem es langsam unangenehm wurde, dass sich ständig Arievs Finger an ihm fanden, fauchte: "Kannst du deine Pfoten nicht bei dir behalten?" Der Fürst lachte glockenhell, doch in seinen Augen stand nichts anderes als Verachtung. "Welcher Zorn. Du bist schon richtig niedlich, wenn du dich so wehrst!" Gleichzeitig spürte Vergil, wie Arievs andere Hand die Fesseln an Hals und Händen löste. Ungläubig starrte er den rothaarigen Dämonen an. "Was zum...?" Plötzlich riss ihm der Dämon den Mantel von den Schultern. "Zieh das aus!" Perplex starrte Vergil ihn an, tat dann aber, was Ariev verlangte. Es geschah wie unter Zwang, der Sohn Spardas war von diesen alles durchdringenden goldenen Augen wie gebannt. "So und jetzt lass uns ein wenig Spaß haben!", meinte Ariev und strich über Vergils Kieferlinie bis hinab zum Halsansatz. "Finger weg!", zischte Vergil und stieß die Hand beiseite. Wieder grinste der Dämonenfürst. "Ich denke, zumindest ich werde meinen Spaß haben. Du hingegen... ich weiß nicht, ob du das als Spaß bezeichnen wirst..." Dann, ohne Vorwarnung, beugte er den Kopf an Vergils linke Halsbeuge heran. Sein Atem strich eisig an der Haut des jüngeren Halbdämonen entlang. Vergil wich zurück, nur um dann von seinem Gegenüber eisern festgehalten zu werden. Er erschauderte, als sich die weichen, aber eisig kalten Lippen auf seine Haut am Nacken senkten. "Ah... Ariev... nicht!" Ariev lachte ein leises, böses Lachen. "Jetzt schon verängstigt? Dabei habe ich noch nicht einmal angefangen!" Er strich über Vergils Rücken. "Nun, dann sollte ich wohl zur Sache kommen!", meinte er und seine Finger fassten Vergils rechte Schulter und den Rücken. "Du gehörst mir, halbblütiger Abschaum!", hauchte der Dämonenfürst, dann versenkte er die nadelspitzen Zähne in Vergils Hals. Der Halbdämon zuckte zurück, kurz vor der Panik, schlug nach Ariev, doch dieser packte seine Schulter nur noch fester und biss noch ein wenig tiefer zu. Vergil spürte, wie Blut aus der Wunde rann und von Arievs Mund gierig getrunken wurde. "Lass das... verfluchter Vampir...", keuchte er und versuchte sich - ohne Erfolg - aus dem Griff des Rotschopfes herauszuwinden, doch natürlich hörte der Dämonenfürst nicht damit auf. Die Kräfte verließen den Halbdämonen und seine Gegenwehr wurde schwächer, als Ariev mehr und mehr seines Blutes trank. Vergil zitterte und hatte nicht mehr die Kraft, sich aufrecht zu halten. Ariev ließ ihn behutsam und ohne seine Lippen von der heftig blutenden Wunde zu nehmen auf das Bett hinabgleiten. Vergil keuchte: "Nein... nicht... du... Mon...ster...", was dem Rotschopf ein leises Lachen entlockte. Schwärze griff nach ihm, gerade gelang es Vergil noch, die fordernden Schattenhände zurückzudrängen und sein Knie zwischen sich und Ariev zu schieben. Was diesen jedoch nicht im Geringsten störte, im Gegenteil, er schien sogar noch gieriger zu trinken. "A...riev..." Vergil spürte, wie Tränen über sein Gesicht rannen,wie sein Herz langsamer und langsamer schlug, wie Ariev schließlich von ihm abließ und auf ihn hinabsah. Der Dämonenfürst lächelte und entblößte blutige Zähne. "Ich wusste, dass es ein Genuss sein würde! Nun schlaf, junger Vergil. Regeneriere deine Kräfte. Ich bin noch nicht fertig mit dir!" Ariev sagte noch mehr. Aber Vergil bekam es nicht mehr mit, als er sich endlich in die Bewusstlosigkeit sinken ließ... Kapitel 13: Wenn Gift den Körper zerfrisst... --------------------------------------------- Hier ist es. Vollständig wiederhergestellt. Na ja, zumindest das, an was ich mich noch erinnere. Ich hoffe, es gefällt. Hab selten so ein langes Kapi geschrieben! Dante lag auf dem Rücken und versuchte, sein rasendes Herz zu beruhigen. Schmerzen peinigten ihn, ließen ihn nur noch schwerer atmen, als es ohnehin der Fall war. Um ihn herum standen drei Wissenschaftler, alle in steril-weißen Kitteln. Der mit den grauen Haaren, Dante nannte ihn im Stillen einfach Grauhaar, beugte sich über ihn. Derjenige, der schon beim Blutabnehmen dabeigewesen war, fragte: "Wie sieht es aus?" Grauhaar drückte ein Stethoskop auf die Brust des weißhaarigen Halbdämonen, lauschte auf Atmung und Herzschlag. "Wie wir erwartet haben. Er steht kurz vor dem Kollaps." Der dritte, ein Dante unbekannter, unauffälliger Wissenschaftler mit Brille, meinte: "Ich frage mich, ob er nicht noch eine höhere Dosis vertragen würde?" Grauhaar schüttelte den Kopf. "Nein, er ist ohnehin schon an seine Grenzen gestoßen. Noch mehr und er stirbt uns unter den Fingern weg." Dante keuchte. Seine Lippen bebten, doch seine Qual schien die Wissenschaftler nicht zu kümmern - nun, jedenfalls nicht in dem Sinne, dass sie ihm helfen würden. "Ich hab noch anderes zu tun. Wenn es hier nicht mehr zu sehen gibt..." Der unauffällige Mann wandte sich ab. Dante hätte ihm gern noch eine freche Antwort hinterhergeschickt, aber er hatte einfach nicht die Kraft dafür. Er hatte so schon Mühe, nicht einfach seinen Schmerz herauszuschreien und dann still und leise zu sterben. Sein Körper war am Ende. Warum verstanden sie es bloß nicht? Dante schloss die Augen und versuchte, den Schmerz zu ignorieren, was ihm natürlich nicht gelang. Er war so müde... und endlich spürte er, wie der Schlaf nach ihm griff. Ein leichter Stups riss ihn in die Wirklichkeit zurück und er öffnete mühsam die Augen. Grauhaar sah ihn besorgt an. "Nicht einschlafen, sonst könnte es sein, dass du nie mehr aufwachst." Dante drehte den Kopf weg und hörte, wie der mit den fettigen schwarzen Haaren dem Unauffälligen nachrief: "Schick uns Banes, ja? Er ist immerhin der Arzt, der sich um ihn zu kümmern hat!" Der Mann mit den grauen Haaren fasste nach Dantes Handgelenk und maß den Puls. "Viel zu schnell. Anscheinend wirkt das Gift. Aber seine Müdigkeit stellt mich vor die Frage, was da schon wieder schiefgelaufen ist... Wir werden es noch einmal überarbeiten müssen." Er sagte noch mehr, aber Dante hörte nicht mehr zu. Seine Nerven schrieen ihren Schmerz heraus. Doch alles schien auf einmal nicht mehr so wichtig zu sein. Da öffnete sich die Tür - Dante spürte es durch den kühlen Luftzug, seine Augen waren noch immer geschlossen. "Was soll das, Ryder? Wie kommt ihr auf die Idee, ihm in diesem Zustand eine so große Dosis zu verabreichen? Noch dazu, weil das De..." Dante bekam nicht mehr mit, was der große Mann noch sagte. Jetzt endlich gelang es ihm, alles auszuschließen. Die Schwärze, in die er sank, gab ihm zumindest die Ruhe, die er brauchte. Diesmal würden sie ihn nicht aufwecken können... "Dante, bitte wach auf. Bitte, lass es nicht für immer gewesen sein!" Jemand hielt seine Hand. Der Halbdämon quälte sich in die Wirklichkeit zurück. Und mit ihr kamen auch die Schmerzen wieder. Dante krümmte sich. Banes strich sanft über Dantes Kinn. "Du bist wach? Was für ein Glück, ich fürchtete schon, du seist endgültig gegangen!" Der Halbdämon sah zu dem Menschen auf und schloss mit schmerzverzerrtem Gesicht die Augen. Er bekam kaum noch Luft. "Atme ruhig, Dante! Sonst wird es nur noch schlimmer!" Banes sah besorgt aus. Seine Hand fasste die des Halbdämonen fester. Dante würgte und keuchte, doch seine Bemühungen blieben ohne Erfolg. "Ruhig, Dante, ruhig! Bitte, hör auf mich!" Dante versuchte es, ehrlich, doch die Atemnot war zu schlimm. Zudem peinigten ihn rasende Schmerzen, die seinen ganzen Körper marterten. Er wünschte sich, jemand würde ihm helfen. Aber Banes wusste offenbar nicht, was er tun sollte. Er saß hilflos neben ihm und sah auf seinen Patienten hinab. Dante wand sich vor Schmerz, biss die Zähne zusammen, um nicht aufzuschreien. Dazu hätte er wohl auch gar nicht die Luft gehabt. Er spürte, wie ihm Tränen in die Augen stiegen. Hektisch versuchte er, sie wegzublinzeln, was ihm jedoch nicht gelingen wollte. "Dante..." Banes ließ hilflos die Schultern hängen. Dann wischte er ihm sanft die Tränen von den Wangen. Der Halbdämon röchelte: "Hil...fe... Luft..." Der große Mensch berührte ihn an den Schultern. "Verzeih mir..." Seine starken Hände hoben Dante auf und setzten ihn auf. "Lehn deinen Kopf auf meine Schulter. Vielleicht wird es im Sitzen besser!" Seine warmen Finger drückten Dantes Kopf sanft hinab und die andere Hand legte sich auf den Rücken des Halbdämonen. "Sprich nicht. Ich weiß, du magst es nicht, wenn ich dich berühre, aber ich bezweifle, dass du ohne Stütze sitzen kannst." Zögernd lehnte sich Dante an den Menschen. Von ihm ging eine tröstende Wärme aus, die ihm Kraft gab. Als Banes begann, langsam seinen Rücken mit weichen Kreisbewegungen zu massieren, spürte Dante, wie die Atemnot ein wenig nachließ. Auch die Krämpfe in seinen Armen und Beinen ließen etwas nach. Banes meinte leise: "Sieht so aus, als wäre es tatsächlich hilfreich. Kannst du wieder atmen?" Der weißhaarige Halbdämon neigte den Kopf. Zum Sprechen hatte er nicht mehr die Kraft. Noch immer rannen ihm Tränen über das Gesicht, ohne dass er die Möglichkeit hatte, sie zurückzuhalten. Banes' Kittel war schon ganz nass, aber Dante sagte sich, dass der Arzt das wohl nicht übelnehmen würde. Er fühlte sich... geborgen. Banes wollte ihm nichts Böses. "Dan...ke...", stieß er hervor und der Mann vor ihm hielt überrascht in seiner Bewegung inne. "Dante... ich..." Beinahe sofort spürte der Halbdämon, wie seine Lunge wieder ihren Dienst aufzugeben schien. Er krümmte sich, würgte und keuchte. Die Hände des großen Mannes lagen warm und beruhigend auf seinem Rücken, doch die kräftigende Wirkung hatten sie verloren. Dante lehnte den Kopf an Banes' breite Brust und rang nach Luft. Speichel tropfte von seinen Lippen und Tränen flossen ihm aus geschlossenen Augen über das Gesicht. Banes begann wieder, ihn zu massieren. Langsam ließ der Schmerz wieder nach und der Halbdämon bekam auch wieder spärlich Luft. Sein Atem und sein rasendes Herz beruhigten sich. Er seufzte. "Dante, ich werde dafür sorgen, dass sie dich jetzt ein wenig in Ruhe lassen. Noch mehr und du brichst irgendwann noch endgültig zusammen!" Dante nickte schwach und spürte die starken Hände des Mannes, die wärmend über seinen Rücken strichen. "Du scheinst mir noch sehr jung zu sein. Weißt du, ich kannte mal einen jungen Mann, der dir sehr ähnlich war. Ein Dämonenjäger, der Dämonen mit solcher Inbrunst verfolgte, dass man glauben konnte, er wäre selber einer. Aber in seinem Herzen fand sich nichts als Güte. Ich weiß nicht, was aus ihm geworden ist, aber ich denke, du bist, ebenso wie er, tief in deinem Inneren ein gutes Geschöpf." Dante sah überrascht auf, als Banes fortfuhr: "Er half seinen Freunden, wo immer es ging und scheute sich nicht, auch unkonventionell zu handeln. Im Gegenteil, es schien ihm regelrecht Freude zu machen, die, die ihm vorgesetzt waren zu überraschen und ab und zu völlig absurde Dinge zu tun. Dinge, die er als richtig und gut erachtete." Der Halbdämon runzelte die Stirn und fragte leise: "Seneca?" Banes starrte ihn an. Seine Hand verharrte ruhig auf Dantes Schulter. "W...woher kennst du ihn?" Dante holte so tief Luft, wie er es wagte, ohne wieder Krämpfe befürchten zu müssen und meinte: "Er... er schloss sich uns an... um uns... aus unserer... Misere zu helfen..." Banes schluckte. Dann nickte er. "Das sieht ihm ähnlich. Es tut gut, zu hören, dass es ihm gut geht. Ich habe lange nichts von ihm gehört..." Dante hustete, keuchte dann. "Verzeih!", ein leichter Rotschimmer legte sich über das Gesicht des Menschen und er fuhr hastig fort, über den Rücken des Halbdämonen zu streichen, um dessen Körper zu beruhigen. Dante lehnte atemlos an Banes' Brust und dachte leise: "Wo bleibt ihr nur? Vergil, Nero, Seneca, bitte helft mir... allein komme ich nie wieder hier heraus. Aber beeilt euch... sonst krepiere ich hier noch elendiglich..." Vergil verfluchte lautlos den Fürsten der Dämonen. Sein Hals und sein rechtes Handgelenk schmerzten, dort, wo der Vampir ihn wieder und wieder gebissen hatte. Sein Zorn brannte in ihm wie eine lodernde Flamme, aber er hatte nicht die Kraft, Ariev dafür büßen zu lassen, was er ihm angetan hatte. Nicht mehr. Er war zu geschwächt. Seine Lippen bewegten sich, ohne einen Laut herauszulassen, der den Fürsten geweckt hätte. Vergil lag ausgestreckt auf dem Bett und starrte verdrossen die Decke der Höhle an, versuchte Arievs Hand, die der Dämon im Schlaf auf seine Brust gelegt hatte, zu ignorieren. Die langen Finger bewegten sich immer wieder ein wenig, gerade so, als fände es der Vampir selbst noch im Schlaf erheiternd, den Halbdämonen zu ärgern. Spardas Sohn mahnte sich zur Ruhe und holte tief Luft. Hätte er es lieber nicht getan. Denn so flog eine von Arievs langen, fedrig-weichen Haarsträhnen auf und drang ihm direkt in die Nase. Vergils Schultern krampften sich zusammen, als er ein Niesen unterdrückte, um den Dämonen nicht zu wecken. Ariev lag an ihn geschmiegt, das Haar in einer weiten Welle um seinen Kopf und die Beine an den Körper gezogen. Wie ein kleines Kind, bemerkte Vergil abfällig und nieste dann doch. Er hasste sich selbst dafür, dass er so schwach war. Arievs Atem strich seitlich gegen seinen nackten Arm und kitzelte ihn. Hilflos verdrehte der Halbdämon die Augen erneut gen Decke und gab ein leises Seufzen von sich. Zum Einen wünschte er sich, Ariev würde endlich aufwachen, um ihn in Frieden zu lassen mit den verdammten roten Haaren, zum Anderen war er ganz froh, dass der Vampir tief zu schlafen schien, denn dann kam er wenigstens nicht auf die Idee, ihn auszusaugen. Vergil biss die Zähne zusammen bei dem Gedanken, dass der Dämonenfürst nicht einmal Waffen benutzt hatte, um ihn gefügig zu machen. Er hatte ihn einfach gebissen und ihm den Lebenssaft ausgesaugt. Vergil hasste es, schwächer als sein Gegenüber zu sein. Und wenn er dann noch nicht einmal etwas dagegen tun konnte, machte ihn das rasend. Rasend - zumindest innerlich, denn Spardas Sohn hatte nicht einmal die Kraft, den Arm zu heben und sich von Arievs störenden Atem zu befreien. Er seufzte noch einmal. Und zuckte zusammen, als ihm plötzlich strahlendes Gold entgegenleuchtete. "Sieh an, du schläfst ja gar nicht, mein Kleiner!" Ariev strich ihm über die Wange und wuschelte ihm dann scherzhaft durch das weiße Haar. Vergil gab ein zorniges Knurren von sich und der Vampir lachte herzhaft. "Ach, ich liebe es einfach, dich zu ärgern, mein Lieber! Du bist so richtig schön unwillig!" Vergil wandte den Kopf ab und Ariev erhob sich. Er rief nach Knollennase, der auch gleich darauf den Kopf durch die Tür streckte. "Bring mir den Jungen mit der Teufelsklaue. Vergil scheint heute nicht in der Stimmung zu sein, meine Späße zu ertragen!" Er grinste, als er sah, wie die Augenbrauen des Halbdämonen herabsanken und die Augen schmaler wurden. "Na los! Beeil dich!" Knollennase nickte und verschwand hastig. Ariev wandte sich wieder Vergil zu. Diesmal war sein Gesicht ernst. "Ich bin noch nicht fertig mit dir..." Ein qualvolles Husten riss ihn aus seinem Dämmerschlaf. Nero öffnete müde die Augen und sah zu Seneca hinüber. Der junge Mensch würgte unter Schmerzen Schleim und blutigen Speichel hervor. Tränen rannen ihm über das Gesicht. Nero bewegte sich, soweit es die Ketten zuließen. Mitleid zerriss ihm fast das Herz. Seneca litt unvorstellbar. Die Feuchtigkeit und die Kälte, die hier in ihrem unterirdischen Gefängnis herrschten, fachten Senecas Krankheit nur noch weiter an. Der Mensch starb. Langsam und qualvoll. Nero atmete tief durch. Irgendetwas musste sich ändern, und zwar schnell. Er wollte nicht, dass Seneca starb. Der Mensch war ihm sympathisch. "Nero... Hilfe...", stieß er mit schmerzverzerrtem Gesicht hervor. Seneca konnte nichts essen. Das Brot war viel zu hart und zu alt. Er hatte es wirklich versucht, aber Nero hatte gesehen, wie übel ihm danach geworden war - von den schmerzenden Zähnen ganz zu schweigen. Nero hatte mit angesehen, wie sich der Mensch Nacht um Nacht in den Schlaf geweint hatte vor Hunger, Schmerzen und Kälte. Der Halbdämon sah seinen Freund an. Dessen Lippen waren blaugefroren, das Gesicht blass und die Augen glasig. Seneca zitterte stark. Seine Hände waren zu Fäusten geballt, die Fingernägel schnitten tief in seine Handflächen. Wiederum überkam ihn ein heftiger Hustenanfall. Da hörten beide, wie sich die Tür öffnete. Nero hob den Kopf und straffte die Schultern. Er wollte nicht, dass sie ihn in niedergeschlagener Haltung sahen. Gleich darauf sah er Knollennase die Treppe hinabsteigen. Der grobschlächtige Dämon warf einen missbilligenden Blick in den kalten Kerker, dann wuchtete er sein Gewicht in den Raum. Seltsamerweise richteten sich seine triefenden Augen auf Nero, anstatt auf Seneca. Doch als er an dem Menschen vorbeikam, der mühsam versuchte, ein Würgen zu unterdrücken, trat er ihm wuchtig in die Seite. Seneca krümmte sich wimmernd und Nero sah, wie ihm Tränen in die Augen stiegen, als er unter Schmerzen blutigen Schleim erbrach. Knollennase verzog angewidert das Gesicht. "Igitt, das ist ja widerlich!" Er packte Seneca an seinem langen, strähnigen Haar, zog ihn in eine sitzende Position hoch und rümpfte demonstrativ die Nase. "Und stinken tust du auch!" Seneca keuchte: "Kein... Vergleich... zu dir!" Knollennase sah ihn überrascht an, dann stieß er den Menschen so grob zu Boden, dass Senecas Hände den Sturz nicht abbremsen konnten und er mit dem Kopf auf die Erde knallte. "Treibs nicht zu weit!" "Ich sage nur das, wozu du mir die Inspiration gegeben hast!", stieß Seneca hervor und Knollennase trat ihm wuchtig ein zweites Mal in den Leib. Der Mensch unterdrückte nur mit Mühe einen Aufschrei und wich gepeinigt an die Wand zurück. Der Dämon nickte, dann wandte er sich Nero zu. "Heute braucht er dich! Na los!" Er packte die Ketten, an denen Nero hing und öffnete sie umständlich mit einem in seinen riesigen Pranken winzigen rostigen Schlüssel. Dann hob er den Halbdämonen auf, so rücksichtslos, dass er Nero beinahe die Schulter ausgekugelt hätte. Der Halbdämon mit der Teufelsklaue taumelte auf die Füße. "Pass doch auf! Ist doch nicht jeder genauso fett wie du!", fauchte er und rieb sich die schmerzende Schulter. "Komm endlich! Meister Ariev wartet nicht gern!" Er stieß Nero grob in den Rücken und ließ den Halbdämonen halb durch den Raum fliegen. Der Weißhaarige wandte sich noch einmal zu seinem Peiniger um. "Könntest du dafür sorgen, dass Seneca Hilfe bekommt? Hier unten wird er sterben!" Knollennase lachte, es klang grausam und höhnisch. "Das ist nicht mein Problem. Ich bin der Falsche für solche Dinge, da wirst du schon mit Ariev drüber sprechen müssen!" Er packte Neros ohnehin schmerzenden Arm, drehte ihn mit brutaler Kraft herum und stieß ihn die Treppe hinauf. Seneca blieb allein zurück. Als Nero in Arievs Raum gestoßen wurde, nahm er als erstes die warme Behaglichkeit darin wahr. Der Vampir schien es sich gerne gemütlich zu machen. "Sieh an, das ging schnell. Mein kleiner Halbdämon. Heute werde ich von dir kosten, nachdem ich bereits einige Tage lang das Vergnügen hatte, von deinem Freund hier zu trinken!" Nero hob den Kopf und begegnete Arievs goldenen Augen, die prompt auf das Bett hinter ihm wiesen. Erschreckt erkannte Nero, dass Vergil darin lag, totenbleich und völlig erschöpft. Aber zumindest war sein Begleiter wach und starrte Ariev hasserfüllt an. Noch war es nicht zu spät. Solange Vergil vor Hass brannte, würde er nicht aufgeben, das hatte Nero rasch gelernt. Der Schwertmeister lebte von seinem Zorn, der ihm unerwartete Kraft geben konnte. Da räusperte sich Ariev. "Ich will euer rührendes Wiedersehen natürlich nicht verderben, aber ich würde nun gerne zur Sache kommen!" Nero senkte den Kopf. "Ich verstehe. Ich... ich würde Euch nur gerne um etwas bitten..." Ariev, dem es zu gefallen schien, dass Nero sich nicht gegen ihn sträubte, sah ihn fragend an. Nero sank auf ein Knie herab. Auch wenn er es hasste, vor dem Dämonenfürsten das Knie beugen zu müssen, es ging um Senecas Leben! "Ich möchte nur, dass Ihr Euch Senecas, meines Begleiters annehmt. Er ist schwer krank und das Klima in diesem Keller bekommt ihm überhaupt nicht. Wenn Ihr nichts tut, wird er sicher sterben!" Ariev sah ihn nicht überzeugt an und Nero bat: "Bitte, ich tue alles, was Ihr von mir verlangt. Ich möchte nur, dass Seneca geholfen wird! Bitte, wenn es in Eurer Macht steht, dann helft ihm!" Der Vampirlord lächelte. "Hältst du mich für uninteressiert, was mit dem dritten meiner Gefangenen passiert?" Nero senkte den Kopf. "Ich dachte, Ihr würdet Euch nicht um einen einfachen Menschen wie Seneca kümmern..." Ariev schüttelte den Kopf. "Keineswegs. Sehr selten kommen Menschen freiwillig zu mir. Du hast mein Wort, ich kümmere mich darum, dass er sich von seiner Krankheit erholt." Nero sah nicht überzeugt aus und Ariev fragte mit hochgezogenen Augenbrauen: "Hältst du mich für so unwürdig?" Er winkte Knollennase heran. "Kümmere dich darum, dass der Mensch in einen geheizten Raum gebracht wird. Und gib ihm seine Medikamente, die er in seinem Rucksack hatte!" Der Dämon sah seinen Fürsten verwundert an, nickte dann aber. "Oh, und sei vorsichtig mit ihm! Ein Mensch ist ein zerbrechliches Wesen und wir wollen doch nicht, dass er uns wegstirbt, bevor ich das Vergnügen hatte, von ihm zu trinken!", fügte Ariev noch hinzu, dann winkte er seinen Lakaien hinaus. "Und nun zu uns! Steh auf!" Nero gehorchte mit noch immer gesenktem Kopf. Der Vampir fasste sein Kinn und hob den Kopf des Halbdämonen an, bis sich ihre Augen trafen. "Was für wunderschöne Augen du hast, kleines Geschöpf!" Er strich Nero über das Haar. "Eine Schande, dass du nichts wert bist. Aber andererseits, was will man von einem Halbling erwarten?" Binnen Sekunden wurde seine schmeichelnde Stimme eiskalt. Er beugte sich zu ihm hinunter. Sein Atem strich über Neros Hals. "Mh, wie liebe ich es, die Wärme eines lebenden Körpers zu spüren!" Seine Finger strichen über die Haut des Halbdämonen. "Es ist nur gut, dass euresgleichen nichts zählt. Ich kann tun und lassen, was ich will!" Ariev lachte grausam auf, dann versenkte er seine Zähne in Neros Hals. Nero versteifte sich, seine Hände formten sich zu Krallen. Doch anstatt von ihm zu trinken, schleuderte Ariev ihn sofort wieder von sich. Der Halbdämon mit der Teufelsklaue taumelte zurück, fiel hin und sah verwirrt zu dem Vampir auf. Angeekelt wischte dieser sich über die Lippen. "Igitt! Was hast du gemacht? Du schmeckst wie seit Wochen tot!" Er schüttelte sich angewidert. Nero sah hilflos zu dem Rothaarigen auf. "Was meint Ihr?" Seine Linke kroch nach oben zu seinem blutenden Hals. Ariev schrie: "Was ich meine? Du schmeckst wie eine verwesende Leiche! Was hast du genommen, dass du diesen Effekt erzielen konntest?" Der junge Halbdämon sah fassungslos in das bleiche Gesicht des Vampirs, das sich gerade vor Zorn zu röten begann. Da öffnete sich die Tür und einer von Arievs Leuten streckte den Kopf herein. "Meister? Was ist?" Ariev wandte sich an ihn. "Schafft mir dieses Stück Dreck aus den Augen! Ihn in unseren Wäldern zu haben ist regelrecht sündig! Werft ihn hinaus!", seine Stimme überschlug sich fast, so ekelte er sich vor Nero, der noch immer perplex am Boden saß. Brutal riss der Lakai den Halbdämonen auf die Füße. "Wohin soll ich ihn bringen?" "Aus dem Wald hinaus! Sofort!", schrie der Vampir und Nero fragte erschüttert: "Aber was ist mit Seneca?" "Um ihn kümmere ich mich, keine Sorge! Er ist nicht so abartig wie du!" Das war das letzte, was Nero von dem Dämonenfürsten hörte. Er wurde grob gepackt und nach draußen gestoßen. Kurz darauf spürte Nero, wie ihm irgendetwas so hart auf den Hinterkopf knallte, dass er prompt das Bewusstsein verlor. Er sank in die Dunkelheit. Nero erwachte, als man ihn gerade mit einem brutalen Tritt aus dem Wald auf eine Wiese beförderte. Es dämmerte gerade. Der Halbdämon sah nach oben und erkannte den bewölkten Himmel über sich. Er blickte zurück zum Wald. "Wage es ja nicht, noch einmal zurück in die Wälder zu kommen, Abschaum! Sonst werden deine Freunde als erstes dran glauben!", rief ihm einer der Dämonen noch zu, dann zogen sie sich soweit zurück, dass Nero sie nicht mehr sehen konnte. Aber der Halbdämon wusste genau, dass sie noch da waren und beobachteten, ob er auch wirklich ging. Einen Moment lang war er versucht, tatsächlich zurückzugehen, doch dann sah er Seneca vor sich, wie ihn die Dämonen langsam und qualvoll umbrachten und kehrte dem Wald den Rücken. Er ging langsam los. In der Ferne konnte er eine Ansammlung von Häusern sehen. Ein Dorf der Menschen. Vielleicht konnte er dort Unterschlupf finden. Vielleicht gab es dort kein Fernsehen oder ähnliches und die Menschen wussten nicht, dass er gesucht wurde. Vielleicht konnte er sogar Hilfe finden! Nero ging los. Auch wenn es ihm wie Verrat vorkam, dass er seine Freunde in den Klauen Arievs zurücklassen musste... Er ging mit hängendem Kopf auf das Dorf zu. Lediglich wenige hundert Meter trennten ihn noch von einer Nacht in Ruhe und Frieden! Eine stabile Holzpalisade, hinter der Häuser standen. Keine Stromleitungen von außen, also hatte er vielleicht tatsächlich Glück. Er würde die Menschen hier bitten, ihm ein Dach über dem Kopf zu gewähren, denn es roch nach Gewitter. Er beschleunigte noch einmal seine Schritte. Nero fühlte die Spannung, die in der Luft lag, deutlich. Es würde ein Unwetter geben und er würde froh sein, wenn er im Trockenen sein konnte! Hoffnungsvoll hob er den Kopf und sah auf den Eingang des Dorfes direkt vor ihm. Und zugleich mit seiner Hoffnung starb seine Zuversicht. Er sah eine graue Rüstung. Die Rüstung eines Soldaten. Nero wich zurück, mit vor Angst aufgerissenen Augen. Der Soldat war gerade aus einem der Häuser getreten und hatte ihn noch nicht bemerkt, wie es schien. Der Halbdämon spürte, wie sein Herz zu rasen begann. Er war unbewaffnet! Er musste hier weg! Doch es schien, als hätte das Glück ihn endgültig verlassen. Denn in ebendiesem Moment drehte der Soldat den Kopf und sah Nero direkt an. Ein, zwei Sekunden starrten sie sich an, Mensch und Halbdämon, Jäger und Gejagter. Dann öffnete der Mann den Mund zum Schrei und Nero fuhr herum und ergriff die Flucht. Doch wiederum hatte ihn das Glück verlassen, denn auf den Schrei des Soldaten hin stürmten gleich vier oder fünf Mann herbei, alle bewaffnet und bereit, auf alles zu schießen, was sich bewegte. Nero rannte und sah über seine Schulter zurück. Die Männer sahen nur sein weißes Haar, doch sie schlossen daraus, dass er einer derjenigen sein musste, die sie suchten. Der Halbdämon sah, wie drei von ihnen ihre Waffen auf ihn anlegten und beschleunigte seine Schritte. Kugeln pfiffen an ihm vorbei, gewöhnliche, aber auch solche mit langen Nadeln, in denen Nero das scheußliche Gift vermutete, das schon Vergil so zu schaffen gemacht hatte. Einen Moment lang sah er sich selbst tot auf der feuchten Wiese liegen, dann riss ihn ein stechender Schmerz zurück in die Wirklichkeit. Lähmende Kälte floss aus einem Pfeil, der ihn in den Oberschenkel getroffen hatte, in seinen ganzen Körper. Nero stöhnte auf und stürzte schwer, als ihn sein Bein plötzlich nicht mehr tragen wollte. Er versuchte sich aufzurichten, doch sein Bein versagte seinen Dienst und Nero stürzte erneut. Im gleichen Moment, als die Soldaten heran waren, spürte Nero, wie es zu regnen begann. Er warf sich herum, um einem weiteren Pfeil, der auf seinen Kopf zuflog, zu entgehen und knallte mit der Stirn gegen ein Bein, das ihn zurückstieß. Nero ging ein drittes Mal zu Boden und diesmal fühlte er, wie ein weiterer Pfeil in seinen Körper drang, diesmal knapp über der Hüfte. Anders als beim letzten Mal fühlte Nero nichts. Doch stattdessen begannen die Soldaten, auf ihn einzutreten und mit Schwertern und Messern auf ihn einzustechen. Der Halbdämon ächzte und wich zurück. Mehrere Wunden wurden ihm zugefügt, bis es ihm zumindest gelang, sich aufzusetzen. "Schaut sie euch an, diese Missgeburt! Macht sie fertig!", rief einer der Soldaten. Nero keuchte: "Nein! Nicht!" und hob schützend den Arm über das Gesicht, während er Stückchen für Stückchen zurückwich. "Ich... ich habe keine Waffe! Bitte!" Die Wunden in seinem Körper taten höllisch weh. Sie heilten, aber wesentlich langsamer, als Nero es gewohnt war. Er heulte auf, als ihn ein besonders harter Tritt mit dem Stiefel am Arm traf, diesen zur Seite fegte und Neros Gesicht traf. Ein Messer drang in seinen Oberarm und Nero biss die Zähne zusammen, um nicht aufzuschreien. Was war das nur? Es musste irgendein höllisches Gift sein, das auch bei einem Dämonen wirkte! Nero spürte jeden Tropfen, der ihn traf, dreimal so stark wie sonst. Als der Soldat schrie: "Nieder mit diesem Stück Abfall!", schossen Nero Tränen in die Augen. War er denn für niemanden mehr als ein verabscheuungswürdiges Geschöpf? Er wich noch weiter zurück, sein Arm gab nach und er fiel rücklings in den Schlamm, in den sich die Wiese binnen Sekunden verwandelt hatte. Ein wahrer Wolkenbruch ging über ihnen nieder. "Hey, das Gift scheint zu wirken!", meinte einer der Soldaten und trat nach ihm. Nero keuchte und schloss gepeinigt die Augen, als der Schmerz so viel stärker als normal durch seinen Körper schoss. "Auf ihn! Er wird schon nicht sterben!" Messer und Schwerter trafen ihn, verletzten ihn, zwar nicht schwer, aber durch das Gift in seinen Adern schmerzhafter, als Nero es sich jemals hätte vorstellen können. Er schrie, wich zurück und kämpfte sich schließlich auf die Beine. Sein rechter Fuß wollte nachgeben, doch Nero stützte ihn, so gut es ging, mit beiden Händen. Dann begann er, so schnell er konnte, davonzuhumpeln. Die Soldaten folgten ihm und droschen noch immer mit ihren Schwertern auf ihn ein. Nero schrie vor Schmerzen, brach in die Knie und zog sich wieder hoch. Ein weiterer Pfeil traf seinen Körper, dieses Mal in den Rücken und schleuderte Nero einen Schritt nach vorne. Beinahe sofort spürte der Halbdämon, wie auch das letzte Bisschen seiner Heilkraft versiegte. Ein Pfeil mit dem Gift, das die Heilkräfte nahm! Keuchend kämpfte er sich vorwärts. Seine Peiniger ließen nicht von ihm ab. Mit letzter Kraft aktivierte er seine Teufelsklaue, packte einen der Soldaten und schleuderte ihn so heftig gegen seine Kameraden, dass diese davongewirbelt wurden und keiner von ihnen mehr aufstand. Der Halbdämon verharrte einige Sekunden, dann setzte er seine Flucht fort. Es schüttete nur so. Nero spürte jeden einzelnen Tropfen, der auf ihm landete. Er war ins Gebirge hinter dem Feldlager geflohen. Niemand folgte ihm, wahrscheinlich wegen dem Regen. Es wurde langsam dunkel, der Himmel war jedoch trotzdem taghell, denn ständig zuckten Blitze über ihn. Nero zuckte zusammen, als ein krachender Donnerschlag sein überempfindliches Trommelfell marterte. Er umklammerte noch immer sein schmerzendes Bein mit mittlerweile steifen Händen. Blut rann ihm aus dem Mundwinkel, denn er hatte sich vor Schmerzen auf die Zunge gebissen, als er in einem Wasserrinsal ausgerutscht war und auch diese wollte nun nicht mehr heilen. Sein Gesicht war nass. Er wusste nicht, ob es nur Regen war. Es war ihm auch egal. Er hatte nur noch Angst, Angst und Schmerzen. Alles, was er wollte, war fort. Fort vom Lager. Fort aus dem Regen. Zu seinen Freunden. Zu Wärme. Aber er wusste, dass er nichts davon bekommen würde. Schmerzen peinigten ihn, zwangen ihn, langsamer zu gehen. Immer wieder rutschte er aus, fiel auf die Hände herab und riss sie sich auf. Seine Haut war zart und verletzlich wie die eines Neugeborenen. Nero kämpfte sich den steilen Hang hinauf. Er war völlig ohne Deckung. Doch niemand folgte ihm. Wasser prasselte auf ihn hinab, schmerzhaft, eisig kalt, wie ihm seine überreizten Nerven vorgaukelten. Blitze erhellten den Himmel, blendeten ihn, stachen schmerzhaft in seine empfindlichen Augen. Nero keuchte und hob einen Arm über das Gesicht, um die Helligkeit auszuschließen. Es funktionierte nicht, das einzige, was er damit erreichte war, dass sein Bein wieder nachzugeben drohte. Er war mittlerweile von Kopf bis Fuß bis auf die Haut durchnässt. Es schien kein trockenes Fleckchen mehr an ihm zu geben. Mühsam kämpfte sich der Halbdämon weiter. Die Zeit verlor jegliche Bedeutung für ihn. Das einzige, an was er noch dachte, war einen Schritt nach dem anderen zu machen und sich so weit wie möglich von dem Menschenlager zu entfernen. Fort, nur noch fort. Angst trieb ihn weiter. Einen Moment hielt er inne, als ihm der Gedanke kam, was passieren würde, wenn er hier draußen starb. Dann wären Dante, Vergil und Seneca ohne jegliche Hilfe in ihrer Gefangenschaft. Nein, sagte sich Nero, ich muss überleben! Ich muss Schutz finden! Er taumelte weiter, die Augen vor Schmerz zusammengekniffen und gebeugt wie ein Greis. Seine Hände schienen nur noch aus eisigem Schmerz zu bestehen. Es war ihm egal. Er kämpfte gegen alles, gegen den heulenden Wind, der ihm den Regen teilweise waagrecht entgegentrug, den Stein und das Wasser. Seine Lungen brannten schmerzhaft. Aber er musste weiter, durfte nicht verharren! Wenn er stehen blieb, das wusste er, würde er nicht mehr weitergehen. Dann würde er hier draußen erfrieren! Blind vor Regen und mittlerweile wohl auch vor Tränen schleppte er sich bergauf. Irgendwann, Nero hatte bereits jegliches Zeitgefühl verloren, ließ ihn ein lautstarker Donnerschlag heftig zusammenfahren und nach oben blicken. Der Himmel war taghell, weil ständig Blitze über ihn zuckten, doch eigentlich musste es tiefste Nacht sein. Nero biss sich auf die ohnehin blutende Lippe, schmeckte salziges Blut und ließ den Kopf wieder sinken. Seine Augen richteten sich auf seine Fußspitzen. Sein Mantel, ohnehin dunkel, war noch dunkler vor Wasser - und Blut. Noch immer hatten sich die Schwertwunden nicht geschlossen. Nero packte sein Bein fester, spürte, wie seine vor Kälte fast tauben Finger sich nur minimal fester um den verletzten Oberschenkel schlossen - auch diese Bewegung fügte ihm Schmerzen zu, doch zumindest gab sie ihm das Wissen, dass er noch lebte und nicht schon längst tot war. Er versank in den Anstrengungen, den Berg noch weiter zu erklimmen. Später, Nero wusste nicht, wieviel später, ging es nicht mehr. Sein Atem pfiff in seiner Lunge, als der Halbdämon einfach keine Kraft mehr hatte, um weiterzugehen. Er fiel vornüber auf die Hände. Diese fingen den Sturz nicht ab, sondern Nero lehnte sich mit seinem letzten Hauch von Kraft nach hinten, bis er auf Knien und Unterarmen lag. Der Schmerz schoss wie Nadeln aus Eis durch seinen gesamten Körper. Nero schrie. Seine Hände ballten sich zu Fäusten. Seine Fingernägel drangen durch die Haut und rissen sie auf. Es war ihm egal. Er wollte nur noch sterben. Er wollte keine Schmerzen mehr haben, nicht länger leiden müssen. Seine Lippen formten ein lautloses Gebet an einen, irgendeinen Gott, ihm zu helfen. Doch niemand kam. Tränen und Regen vermischten sich und liefen dem Halbdämonen über das erschöpfte, abgekühlte Gesicht. Sie liefen in seinen Kragen, tropften über Haarspitzen, die ihm ins Gesicht hingen, vermischten sich mit dem Rinnsal an Wasser, das den Berg hinunterrann. Regen prasselte schmerzhaft stark auf seinen Rücken. Sein Bein pochte vor Schmerz, ebenso wie seine Knie und Ellenbogen. Sein Blick richtete sich auf die Steine, auf denen er lag. Bald würde er auch so sein. Tot. Bewegungslos. Nero hob mit tränenverschleiertem Blick die Augen. Im Licht der Blitze sah er eine kleine Nische zwischen zwei halb aufeinander liegenden Felsen. Trockenheit und Schutz vor dem grausamen Wind. Aber wie sollte er es erreichen? Nero unternahm den sinnlosen Versuch, sich aufzurichten und sank sofort wieder herab. "Hil...fe..." Sein vermeintlicher Schrei war nicht mehr als ein Wimmern, das niemand hören konnte. Seine Hand streckte sich flehend nach dem kleinen Flecken Frieden aus. Mit schierer Willenskraft zwang sich der Halbdämon mit der Teufelsklaue, die Hand abzusetzen und Gewicht darauf zu verlagern. Sein verletztes Bein nachziehend kämpfte er sich zentimeterweise vorwärts. Er verlor die Schutz verheißende Dunkelheit vor sich nicht einen Sekundenbruchteil aus den Augen. Auf Unterarmen und Knien quälte er sich vorwärts, keuchend, wimmernd, weinend. Er musste es erreichen. Er war fast blind. Wasser strömte so stark in seine Augen, dass er kaum mehr etwas sehen konnte. Nur die Dunkelheit, die langsam näherkam. Seine Arme und wohl auch seine Knie waren blutig. Er zog eine Spur von Blut hinter sich her. Doch wenn es half, die winzige Höhle zu erreichen, wollte er es gerne opfern. Dann erreichte er den Überhang. Tatsächlich war es zwischen den Felsen trocken, windgeschützt und sogar etwas wärmer als im Regen. Nero fuhr unter einem gleißend hellen Blitz und dessen nachfolgendem überlauten Donnerschlag heftig zusammen und kämpfte sich die letzten Zentimeter in seine schützende Behausung für diese Nacht. Seine Schultern wollten hängenbleiben, aber Nero zwängte sich unter Schmerzen hinein. Er schrie heiser auf, als seine Haut über den Stein schabte, zuckte dann zusammen, als sein Gehör von seinem eigenen Schrei gemartert Schmerzen durch seinen Körper jagte und ließ sich in die trockene Dunkelheit fallen. Er zog mit letzter Kraft seine Beine ins Trockene und kauerte sich an den kalten Stein. Seine Zähne klapperten, seine Wunden bluteten noch immer heftig und sein Körper schrie regelrecht vor Schmerz, doch er hatte es geschafft. Er hatte Schutz gefunden. Vergil, Seneca und Dante würden Hilfe bekommen. Er würde in der Lage sein, sie zu retten. Wenn er diese Nacht überlebte. Dies war sein letzter Gedanke, dann schwanden ihm endgültig die Sinne... ah, das war es also. Dieses Kapitel hat mich noch bis in meine Träume verfolgt, ehrlich! Es ist bei Weitem nicht so gut wie das Original es davor gewesen ist, aber ich hab es zumindest versucht. ^^ würde mich über Kommis freuen. Kapitel 14: Neue Hoffnung ------------------------- aaaah, ich komm endlich dazu, weiterzuschreiben! *erleichtert* ich hab schon richtiggehend Wespen im Hintern gehabt deswegen, auch wenn ich lange Zeit keinen Peil hatte, wie es überhaupt weitergehen sollte! *grins* aber gut. Jetzt gehts also weiter! Ach ja: Hier ist ein Zeitsprung - etwa zwei Tage sind vergangen, also nicht wundern! ^^ Als er die Augen öffnete, sah er wenige goldene Sonnenstrahlen durch einen Spalt in den Vorhängen vor dem Eingang der Höhle dringen. Sein Blick suchte das winzige Stück Himmel. Es war rötlich verfärbt. Vergils Lippen verzogen sich zu einem kalten Lächeln. Es war Abend. Er lauschte. Ja, die Dämonen gaben Ruhe. Auch sie mussten sich irgendwann ausruhen. Vergil wusste, dass es nur Sekunden dauern würde, bis sie wieder in der Lage waren, gegen alles zu kämpfen, was sich ihnen in den Weg stellte, aber das war kein Problem. Wenn die Dämonen aufwachten, war es ohnehin zu spät. Er seufzte. Bald würde Ariev kommen. Langsam erhob er sich vom Bett des Dämonenfürsten. Er bedauerte ein wenig, dass er die weiche, warme Matratze verlassen musste, dann jedoch begann er, sich zu strecken und zu dehnen. Er musste in Topform sein, wenn er es wagte, Ariev herauszufordern. Vergil streckte seine geistigen Fühler nach seinen Waffen aus. Yamato und Alastor... Vergil schloss konzentriert die Augen. Die Schwerter befanden sich... gar nicht so weit weg. Beowulf lag auch dort. Im Kampf würde er dennoch mit seinen beschworenen Schwertern auskommen müssen. Ariev würde ihm keine Zeit lassen, an seine Waffen zu kommen. Vergil ließ seine Fingerknochen knacken. Jetzt oder nie! Lange musste er nicht warten. Nur allzu bald hob sich der Vorhang ein Stückchen und der rothaarige Vampir schlüpfte herein. Ariev runzelte die Stirn, als er sein Opfer reglos an der Wand stehen sah, den Mantel angelegt und den Kopf stolz erhoben. Der Dämonenfürst lächelte. "Sieh an, Vergil! Ich hätte nicht gedacht, dass du noch die Kraft hättest, zu stehen!" Vergils Augen wurden schmal. "Hältst du dich tatsächlich für so mächtig? Bring mich nicht zum Lachen!", gab er eisig zurück. Anstatt noch weitere Zeit mit Reden zu verschwenden, beschwor er fünf Schwerter gleichzeitig, die alle etwa auf der Höhe seines Körpers verharrten und drohend mit den Spitzen auf Ariev wiesen. Der Vampir lachte. "Oh, was ist das? Du willst also tatsächlich gegen mich kämpfen?" Er strich sich lässig das Haar zurück. "Dann komm, du Sohn des Verräters!" Vergil knurrte und ließ alle fünf Waffen aus geistiger Energie gleichzeitig auf Ariev zufliegen. Alle fünf zersplitterten und Vergil wartete nicht, bis Ariev eine Erwiederung schicken konnte, sondern feuerte Schwert um Schwert dem ersten Angriff hinterher. Der Vampir verschwand in der Masse der splitternden Schwerter aus der Kraft von Vergils Geist, doch der Halbdämon wagte nicht, innezuhalten, aus Angst, der Rotschopf könnte irgendwie in der Lage gewesen sein, die Attacken abzuwehren. Schließlich hielt er doch inne - und erbleichte. Ariev stand unversehrt am Eingang des Raumes. Der Dämonenfürst lachte mit geheuchelter Überraschung in der Stimme: "Ich kann es nicht glauben! Du greifst mich tatsächlich mit solchen Spielzeugen an? Damit? Wie lächerlich ist das denn!" Er warf sich stolz das Haar auf den Rücken. "Komm her!" Vergil schüttelte den Kopf und Ariev seufzte und trat dann selbst zu ihm hin. Seine goldenen Augen fixierten den Halbdämonen, doch diesmal wich Vergil dem fesselnden Blick aus und der Dämon griff nach seinem Handgelenk. Der Weißhaarige riss sich los und wich zur Seite hin zurück. "Treib es nicht zu weit. Du kommst hier nicht heraus!" Arievs Stimme verriet leisen Ärger. Er vertrat Vergil den Weg nach draußen. Der Halbdämon versuchte, sich an ihm vorbeizudrängen, doch es gelang dem Vampir, seinen Gefangenen zurückzuhalten. Schließlich unternahm Vergil den Versuch, über Ariev hinüberzuspringen, doch der Vampir erwischte sein Bein und schleuderte ihn zurück. "Nicht so schnell! Du bleibst hier!" Vergil kam hart auf dem Boden auf, die Luft wurde ihm aus den Lungen gepresst. Atemlos blieb er liegen, ehe er dann knurrte: "So nicht!" Ariev lächelte. "Du kommst nicht gegen mich an. Nicht einmal dein Vater konnte das, wenn er einen schlechten Tag hatte. Und du bist viel schwächer als er!" Vergil fauchte: "Das heißt nicht, dass ich nicht irgendwie an dir vorbeikomme!" Er kämpfte sich auf die Füße, schüttelte den Kopf, um ihn wieder klar zu bekommen und stürmte auf Ariev zu. In vollem Lauf rammte er ihm den Fuß entgegen, versenkte ihn tief im Bauch des Dämonen - und hatte Erfolg! Der Dämonenfürst taumelte zurück, die Hände vor den schmerzenden Leib gepresst und würgte. Vergil nutzte seine Chance, jagte an ihm vorbei und hetzte in die Richtung, aus der er seine Schwerter spürte. Er hastete in einen weiteren Höhlenraum - da lagen sie! Yamato fein säuberlich neben Alastor und Beowulf neben Neros Red Queen und Blue Rose. Vergil packte seine Waffen und wirbelte herum, als er plötzlich Ariev hinter sich spürte. Der Vampir lehnte im Eingang und lächelte: "Wie schade, dass dir das absolut nichts nutzen wird." Vergil sprang mit einem Fluch auf den Lippen auf ihn zu, mit Yamato in der Rechten und Alastor in der Linken. Ariev parierte zwei schnell geführte Schläge mit bloßen Händen und rammte Vergil die Faust ins Gesicht. Der Halbdämon stolperte zurück, kniff die Augen zusammen und schüttelte den Kopf und sah verwirrt zu dem Dämonenfürsten hinüber. Wie konnte das sein? Arievs Hände hätten zumindest zerschnitten sein müssen! Yamatos Klinge war rasiermesserscharf und Alastor hätte ihn zurückschleudern müssen! Doch der Vampir wies nicht den geringsten Kratzer auf! Vergil stürmte erneut auf seinen Gegner zu, doch wiederum wehrte der Rotschopf jeden Angriff ab, sei es mit dem Unterarm, der flachen Hand oder der Faust, die er ihm entgegendrosch. Spardas Sohn spürte die stählerne Kraft des Vampirs, wann immer dieser eine Attacke abwehrte. Sein Arm vibrierte unter den Gegenschlägen. Wieso war der Vampir so stark? Er war nur einen Sekundenbruchteil unaufmerksam, doch Ariev nutzte den schwachen Moment seines Gegners. Er packte Vergils Hände und entriss ihm gleichzeitig beide Schwerter, dann sogar noch Beowulf, den Vergil auf dem Rücken getragen hatte. Zugleich stieß er ihn so heftig zurück, dass sich der Halbdämon auf dem Hosenboden sitzend, wiederfand. Plötzlich sah sich Vergil wiederum unbewaffnet Ariev gegenüber. Schwer atmend sah er zu dem Rotschopf auf. Der Vampir lächelte und entblößte seine nadelspitzen Zähne. "Und schon wieder bist du mir gegenüber deutlich im Nachteil. Nein, lass es gleich bleiben. Die Bazooka wird dir auch nichts bringen!", fügte er hinzu, als er sah, wie Vergils Blick zu Senecas Schusswaffen, die an der Wand lehnten, hinüberschoss. Vergil fluchte und Ariev trat auf ihn zu. "Du lernst es wohl nur durch Gewalt?" Ariev holte aus. Der Halbdämon ächzte überrascht, wollte ausweichen, war aber zu langsam. Die Faust des Vampirs krachte ihm mit voller Wucht an die Schläfe und ließ Spardas Sohn Sterne sehen. "Gut. Dann werde ich es dir auch so beibringen!", hörte Vergil Ariev noch sagen, dann verlor er das Bewusstsein... Er erwachte. Licht stach in seine Augen. Stöhnend drehte er den Kopf weg und bekam dies mit brennenden Schmerzen in seinem Rücken quittiert. Er seufzte und setzte sich auf - und rannte mit dem Kopf voll gegen die Decke. Nero fluchte lautlos, als ihm bewusst wurde, dass er zwischen zwei Steinen lag, die eine Art natürliches Zelt bildeten. Der Hohlraum war nicht einmal groß genug, um aufrecht sitzen zu können. Er ließ sich zurücksinken, bis er wieder lag. Schmerz flutete durch seinen ganzen Körper. Viele Wunden, die halb bis gar nicht verheilt waren, sandten gleißende Stiche in sein müdes Gehirn, das gerade erst wieder erwachte. Nero krümmte sich zusammen und rückte so lange hin und her, bis er eine einigermaßen bequeme Position auf den Steinen seines improvisierten Lagers gefunden hatte. Nicht, dass er es genossen hätte, aber er war so müde! Langsam kam ihm wieder ins Gedächtnis, was geschehen war und er schauderte, als er daran dachte, wie er hatte leiden müssen. Er erinnerte sich nur allzu deutlich an die Masse der Qualen und flehte, so etwas nie wieder ertragen zu müssen. An diesem Punkt kam ihm, dass die Menschen vielleicht schon nach ihm suchten. Er musste hier raus und zusehen, dass er ein gutes Versteck fand! Die Schmerzen ignorierend quälte er sich schließlich aus dem Loch heraus und sah, dass die Sonne bereits tief über dem westlichen Horizont hing. Es war Abend, und nicht Morgen, wie er zunächst angenommen hatte! Nero sah hinab. Tief unter sich gewahrte er das Lager der Menschen. Träge Betriebsamkeit, keine Verfolger, soweit er sehen konnte. Nero lächelte. Hatten sie tatsächlich geglaubt, dass er nach diesem Angriff noch in der Lage gewesen wäre, weit zu fliehen? Wohl schon, denn sonst hätten sie Himmel und Hölle in Bewegung gesetzt, um seiner habhaft zu werden! Er wandte sich um und sah nach oben. Der Gipfel des Berges war weit entfernt. Aber relativ in der Nähe erkannte er einen Bergrücken, der vielleicht einen Weg bot, tiefer ins Gebirge vorzudringen. Er lächelte und nickte. Das war zu schaffen - selbst mit seinen Wunden. Er machte sich auf den Weg. Seneca lag auf dem schmalen, harten Bett und atmete zum ersten Mal seit Tagen tief ein. Sein Körper mochte geschunden worden sein und gequält, aber er hatte es überlebt. Dank Neros Bitte hatten die Dämonen ihn in eine kleine Höhle gebracht, in der es sich leben ließ. Es war wärmer als in dem Verließ unter der Erde, er hatte ein Bett, in das er sich verkriechen konnte. Und er hatte seinen Rucksack mit Essen! Die Dämonen hatte alles genauestens nach Waffen abgesucht. Seneca gestattete sich ein frostiges Lächeln. Aber leider waren sie nicht gründlich genug gewesen. Seine Rechte tastete nach der verborgenen Tasche in seiner Hose. Als er die Klinge spürte, die sich kühl gegen sein Bein drückte, grinste er noch breiter. Der Rucksack hatte mehrere Geheimtaschen und in einer davon hatte er ein Messer verstaut - für ebenden Fall dass ihm seine Schusswaffen abhanden kommen sollten. Die Klinge der Waffe war zwar nicht besonders lang, aber es reichte, um selbst einem Dämonen den Garaus zu machen. Die Antibiotika in seinem Erste-Hilfe-Kasten, die er sich glücklicherweise noch besorgt hatte, hatten seine Gesundheit soweit wiederhergestellt, dass es nicht mehr lange dauern würde, bis er die Kraft zurückgewonnen hatte, die er brauchte, um einen Ausbruch zu wagen. Nero war nicht zurückgekehrt, ebenso wenig wie Vergil. Seneca konnte nur hoffen, dass es ihnen gut ging. Er würde zunächst einmal neue Waffen besorgen müssen. Er seufzte. Neue Gewehre würden ihm nicht viel nutzen. Ganz davon abgesehen, dass er nicht mehr viel Geld hatte. Er würde zurück in die Stadt gehen müssen, zurück zum Anwesen seines Clans. Dort würde er Geld finden und Waffen, die selbst einem so aufgeblasenen, mächtigen Dämonen wie Ariev gefährlich wurden! Aber zunächst... musste er dafür sorgen, dass er gesund wurde und dass sie das Messer nicht versehentlich fanden und ihm seine Fluchtmöglichkeit zunichte machten. Er dachte nach. Zwei Mal am Tag kamen Dämonen, um nach ihm zu sehen. Wahrscheinlich erstatteten sie Ariev genauestens Bericht. Seneca nickte. Wenn es ihm gelang, einen von ihnen zu überraschen, wäre er in der Lage zu fliehen - vorausgesetzt, er lief nicht gerade den anderen Dämonen, die hier lebten, in die Arme. Ohne genaueste Planung würde er hier nie herauskommen. Seneca lächelte. Hier würde ihm sein Talent im Schachspielen zugute kommen. Er hatte sich nie darauf verlassen, sich kopflos in irgendwelche Schlachten zu stürzen. Immer hatte es irgendeinen Plan gegeben und im Regelfall war er immer gut durch seine Missionen gekommen. So sollte es auch diesmal sein! Der Halbdämon mit der Teufelsklaue hatte den Berggrat binnen einer Stunde erreicht und überschritten. Er kam gut voran, auch wenn er sein Bein, das sich noch immer sehr taub anfühlte, stützen musste. Die Schmerzen ignorierte er mit zusammengebissenen Zähnen. Er würde Hilfe suchen. Vielleicht konnte er ein paar Menschen finden, die Senecas Meinung teilten. Vielleicht war er in der Lage, Seneca, Vergil und schlussendlich auch Dante zu retten. Vielleicht hatte er Erfolg! Er sah auf. Mittlerweile stand der Mond am Himmel. Sein helles Licht leuchtete ihm den Weg. Nero seufzte. Zumindest war diese Nacht sternenklar. Eine weitere Nacht im Regen hätte ihm mehr Probleme bereitet. Irgendwie glaubte er zu wissen, dass sich nun alles zum Besseren wenden würde. Er ging weiter. Einige Stunden später sah er warmes gelbes Licht am Hang des gegenüberliegenden Berges. Er schöpfte Hoffnung. Eine Alm! Wenn es ihm gelang, bis dorthin vorzudringen mochte er Menschen finden, die bereit waren, ihm zu helfen! Er beeilte sich, um dorthin zu kommen. Ein paar Mal schien es fast, als hätte er sein Ziel aus den Augen verloren, doch es gelang Nero jedes Mal, das Licht wiederzufinden. Er kämpfte sich aufwärts durch das Unterholz des bewaldeten Hanges, bis er auf einen Feldweg stieß. Von da an legte er den Rest des Weges grinsend zurück. Jetzt würde er es bestimmt schaffen! Als er oben bei dem Licht ankam, erkannte Nero, dass es sich tatsächlich um eine Alm handelte. Das Haupthaus war solide gebaut, ebenso wie der daran anschließende Stall. Auf der Veranda stand ein Wäscheständer, an dem ein paar Handtücher hingen. Nero zögerte. Sollte er einfach hingehen und anklopfen? Oder sollte er erst durch das Fenster spähen? Er zuckte die Schultern und sah flüchtig durch die saubere Scheibe in den Raum. Warmes Licht, die Kante eines Tisches. Nero lief ein Schauer über den Rücken, als er sich die wohlige Wärme vorstellte, die drinnen herrschen musste. Hier draußen war es kalt. Er hob die Hand, um anzuklopfen. Dann hielt er noch einmal inne. Was, wenn auch hier Soldaten waren? Er wusste, einen Kampf würde er nicht durchstehen. Doch dann schüttelte er den Kopf und klopfte. Die Tür öffnete sich, nachdem er noch einmal angeklopft und laut gefragt hatte, ob jemand da war. Nero sah in das Gesicht einer älteren Frau mit ergrauten Haaren. Sie starrte ihn überrascht an. "Was wollen Sie hier?" Nero senkte den Kopf. "Ich... ich würde gern um eine Unterkunft für die Nacht bitten. Ich war lange unterwegs..." Die Frau musterte ihn. Ihre Blicke fanden Neros Wunden, ebenso wie die Teufelsklaue. Sie runzelte die Stirn. "Warum sollte ich einem Dämonen ein Dach über dem Kopf gewähren?" Nero seufzte. Sie war misstrauisch. Zu Recht, wenn er an Ariev und seine Leute dachte. "Mein Mann und meine Kinder wurden von Dämonen umgebracht. Warum sollte ich jetzt helfen, damit einer von diesen Bastarden nicht erfriert?" "Ich... ich wurde von meinesgleichen verstoßen. Ich bin nur zur Hälfte dämonischen Blutes. Ich habe unter den Menschen gelebt und war Dämonenjäger. Ich verlange nicht von Ihnen, dass Sie mir glauben, wenn ich sage, dass Ihnen von mir keine Gefahr droht. Das Einzige, was ich möchte, ist eine Nacht lang bei Ihnen schlafen - oder zumindest ein wenig Verbandsmaterial, denn ich bin verletzt, wie Sie sicher sehen..." Nero hoffte, dass das die Frau zufriedenstellte. Er wagte es nicht, ihr in die Augen zu sehen. "Sie... sehen ehrlich aus. Also gut. Kommen Sie herein. Es soll niemand sagen, dass ich jemanden auf meiner Schwelle habe erfrieren lassen!" Die Frau wirkte verunsichert, aber bereit, ihm zu vertrauen. Nero nickte dankbar und folgte ihr ins Innere des Hauses. Sie wies ihn an, die Schuhe auszuziehen und mit hineinzunehmen. Er gehorchte anstandslos und stellte sie neben in Paar derber Stiefel, die offenbar der Bewohnerin der Alm gehörten. Nero wurde an den Tisch gewinkt, den er schon durch das Fenster gesehen hatte. "Ziehen Sie Ihren Mantel aus. Ich will sehen, was ich für Sie tun kann." Die Frau schnalzte missbilligend mit der Zunge, als Nero nicht sofort gehorchte. Doch als er es schließlich tat, weiteten sich ihre Augen. "Das... wer war das?" Nero sah zur Seite. "Soldaten." "Soldaten? Etwa die unten am Fuß des Gebirges?" Er nickte. Die Frau sah ihn misstrauisch an. "Seit einigen Wochen macht der Schwertorden Jagd auf uns Halbdämonen - und dabei ist es ihnen egal, auf welcher Seite wir stehen. Ich war mit zwei weiteren Halbdämonen unterwegs, wurde jedoch von ihnen getrennt. Einer fiel ihnen in die Hände, der andere geriet in die Gefangenschaft von echten Dämonen. Ich entkam. Als ich den Soldaten über den Weg lief, attackierten sie mich und verletzten mich, und das, obwohl ich unbewaffnet war. Sie legten es wohl darauf an, mich zu töten..." Die Frau sah nicht überzeugt aus. "Sie... wirken nicht wie die Dämonen, vor denen man mich immer wieder gewarnt hat - und auch nicht wie die, die meine Familie umgebracht haben." Nero lächelte. "Oh, aber ich bin gefährlich für diejenigen, die mir Übles wollen. Aber nennen Sie mich bitte Nero. Ich komme mir so alt und steif vor, wenn Sie mich siezen!" Die Frau lachte. "Also Nero. Gut. Aber du musst mich dann auch Frieda nennen! Vielleicht können wir doch noch Freunde werden!" Sie besah sich Neros Wunden. "Wann bist du ihnen begegnet?" Der Halbdämon schüttelte den Kopf. "Ich glaube, gestern. Aber ich war einige Zeit lang bewusstlos. Es könnte auch sein, dass es länger her ist." Frieda nickte und berührte vorsichtig die Ränder einer besonders ausgefransten Wunde an Neros Schulter. "Ich glaube, ich hole jetzt besser den Erste-Hilfe-Kasten. Warte hier." Sie verließ den Raum und kehrte wenig später mit einer kleinen Box unter dem Arm und einer Schüssel Wasser samt Handtuch zurück. Nero lächelte dankbar und sie begann, seine Wunden auszuwaschen und zu verbinden. "Die haben dich ganz schön erwischt. Und du bist sicher, dass du auf der Seite der Menschen stehst?" "Ich habe mich nie zu den Dämonen hingezogen gefühlt. Sie neigen, noch mehr als die Menschen, dazu, Wesen, die nur halb von ihrem Blut sind, anzugreifen und zu töten. Ich lebte mit meiner Mutter bei den Menschen. Ich kenne nur sie. Ich will nicht zu den Dämonen zurück. Mein Beruf war es, sie zu töten, damit sie ihrerseits sich von den Menschen fernhielten." Frieda nickte und lauschte auf Neros knurrenden Magen. "Ich denke, es ist jetzt an der Zeit, dir etwas zu Essen zu holen. Du bist verletzt und müde. Wenn du gegessen hast, werde ich dir ein Bett herrichten, wo du dich ausschlafen kannst. Ich glaube nicht, dass es nötig ist, dass ich mir übermäßige Sorgen mache." Nero sah sie verblüfft an. "Aber... könnte es nicht sein, dass ich lüge und nur darauf warte, dich umzubringen?" Frieda lachte. "Das glaube ich nicht. Dafür bist du nicht der Typ. Glaub mir, ich spüre so etwas. Und ich weiß, dass du nicht auf solche Ideen kommst. Also dann..." Sie verschwand in der Küche und Nero sah ihr mit tränenden Augen nach. Es schien, dass sich ihr Schicksal endlich wendete... ah, das war es schon wieder. Ich hoffe, das Kapi gefällt. Dante kommt übrigens extra nicht vor, ich hab ihn schon nicht vergessen. Aber dieses Kapi gehört allein Vergil, Seneca und Nero. ^^ würde mich über Kommis freuen. Kapitel 15: Zwischenspiel ------------------------- und weiter gehts! Jaaaa, diesmal kommt Dante schon vor, keine Angst! ^^ Dante lag auf dem Bett, halb wach und halb noch in Träumen. Sie hatten ihn schlafen lassen. Was für ein Glück. Endlich konnte er wieder zu Kräften kommen. Banes hatte über seinen Schlaf gewacht. Er hoffte, dass man ihn weiterhin in Frieden lassen würde. Es reichte ihm. Wenn er schon nicht entkommen konnte - und das konnte er nicht, denn er hörte noch immer die Geräusche, die die Menschen vor seiner Zellentür machten - wollte er zumindest nicht dauernd Schmerzen erleiden müssen. Doch es schien, als hätte sein Schicksal etwas anderes mit ihm vor. Denn er hörte, wie sich schwere Schritte näherten. Banes. Und... jemand anderes... Wohl der mit den schwarzen, scheinbar immer fettigen Haaren. Als sich die Tür öffnete, nickte er und verzog das Gesicht. Der Mann hielt eine lange Nadel und ein Plastikding in den Händen. Dante seufzte. "Wieder Blutabnahme? Wieviel braucht ihr eigentlich noch von mir?" "Soviel wie nötig ist! Und jetzt halt still!" Dante hatte eigentlich vor, sich zu wehren, bis er nicht mehr konnte, aber als er in Banes' Gesicht sah, seufzte er und streckte gehorsam den Arm aus. Der Schwarzhaarige zog überrascht die Augenbrauen hoch und grinste. "Du hast ihn ja sogar erzogen, Banes!" Dieser sagte nichts dazu, sondern sah nur dankbar zu Dante hinunter. "Mach schnell, Iden. Ich möchte nicht, dass diese einfache Angelegenheit wieder Stunden dauert!" Der Schwarzhaarige nickte und zog eine Nadel hervor. Dante seufzte. "Wieso müssen das immer so lange dicke Teile sein? Reicht da nicht auch so ein kleines, schmales Röhrchen, muss es immer so eine fette Nadel sein?" Er fing sich eine Ohrfeige ein, dann spürte er den kalten Stich des Stahls in seinem Arm. "Halt dich ruhig, Halbdämon!" Banes sah ihn bittend an und Dante beschloss, fügsam zu sein. Was nutzte es ihm, wenn er sich gegen das Unvermeidliche sträubte? Als das Blut weiter und weiter aus ihm hinausströmte, wurde Dante langsam mulmig zumute. Hätte er sich wehren sollen? Was, wenn sie ihn diesmal töten wollten? Er versuchte, sich zu regen, aber gleich darauf spürte er, wie ihm furchtbar übel wurde. Er keuchte. Iden meinte schroff: "Lieg still, sonst gehts dir nur umso dreckiger!" Dante gehorchte und Banes füllte aus einer Flasche aus seinem Mantel einen Becher Wasser für ihn ein. Dann hielt er ihn dem Halbdämonen an die Lippen. "Trink langsam. Vielleicht hilft dir das." Dante schluckte gehorsam und ließ zu, dass ihm der Schwarzhaarige noch weiter Blut abnahm. Endlich zog er die Nadel heraus. Dante drückte den Finger auf die Wunde, damit der Blutfluss unterbrochen wurde und sich die Wunde schließen konnte. "Ich weiß nicht. Sollen wir ihm das Mittel überhaupt noch geben?" Banes klang besorgt. "Ja, natürlich! Du weißt doch, dass wir den Befehl dazu bekommen haben! Sie wollen ihn in Aktion sehen!" Iden lächelte boshaft. "Und ich auch!" Der Arzt senkte den Kopf. "Also gut. Aber ich bin nach wie vor der Meinung, dass das keine gute Idee ist." "Ach, lass es mich einfach machen!" Er nahm Banes einen Gegenstand aus der Tasche, den Dante als weitere Spritze erkannte, diesmal jedoch mit etwas gefüllt. "Nimm den Finger weg!" Die Stimme des Schwarzhaarigen klang grob. Dante gehorchte, warf ihm aber einen eisigen Blick zu. Dann jagte er ihm die Nadel in den Arm. "Na toll. Ich fühl mich wie ein Nadelkissen..." Doch dann spürte er den Schmerz, der ihm wie ein glühender Draht den Arm hinauffuhr. "Wah, was ist das denn?" "Schnauze!" Dante seufzte. Das konnte noch etwas werden... An einem anderen Ort lauerte Seneca auf seinen Wächter. Der Dämon, der ihm das Essen bringen sollte, musste bald kommen. Lange konnte es nicht mehr dauern. Seneca hielt das kleine Messer fest umklammert. Er würde es den Dämonen schon zeigen. Nero war fortgebracht worden und von Vergil hatte er auch seit Längerem nichts mehr gehört. Es wurde Zeit, dass er etwas unternahm! Da hörte er, wie sich die Tür öffnete und seine Lippen teilten sich zu einem Grinsen. Endlich! Er spürte, wie sein Blut in Wallung geriet und sich sein Herzschlag beschleunigte. Endlich konnte er wieder das tun, was ein Dämonenjäger tun sollte! Er wartete, bis der Dämon an ihm vorbei war. Dann trat er hinter ihn, rammte ihm die Klinge ins Herz und riss die Waffe des Dämons aus dessen Hand. Das teuflische Geschöpf zuckte, wirbelte herum und entwand so Seneca die Klinge. Der Dämonenjäger wurde fast von den Füßen gerissen, erst im letzten Moment gelang es ihm, sich zu befreien. Sein zweites Messer, das er erbeutet hatte, bohrte sich in den Rumpf des Dämons, brachte diesen zum Schreien und Seneca zum Lächeln. "Nein, so nicht!" Der Dämon riss das kurze Messer aus seinem Rücken und stach nach dem Dämonenjäger. Seneca wich zurück, stach seinerseits zu und traf den Gegner in die Kehle. Gurgelnd brach der Dämon zusammen und Seneca entwand ihm sein eigenes Messer. Dann packte er seinen Rucksack. Endlich konnte er fortgehen! Er schlich sich nach draußen. Die Dämonen lagen schnarchend kreuz und quer über den ganzen Platz verteilt. Keiner stand Wache. Ariev war wirklich ein Narr, wenn er geglaubt hatte, Seneca wäre so einfach ruhig zu halten. Der Dämonenjäger lächelte leise in sich hinein. Wenn er feststellte, dass ihm sein Gefangener entfleucht war, war Seneca schon weit weg. Jedenfalls hoffte er das. Langsam und vorsichtig, um die Schlafenden nicht zu wecken, machte er sich auf den Weg... Sein Genick knackte. Vergil seufzte und Ariev, der an ihm schlief, drehte den Kopf. Der Halbdämon erstarrte, befürchtete, sein Peiniger könnte erwachen. Doch nichts dergleichen geschah. Der rothaarige Vampir schlief friedlich weiterhin an seiner Seite weiter. Wie sollte das nur weitergehen? Der Dämonenfürst trank fast jeden Abend von ihm. Wenn er es nicht besser gewusst hätte, hätte Vergil behauptet, Ariev wollte mehr von ihm als nur sein Blut. Vergil war geschwächt, aber keineswegs ungefährlich. Doch dann wurde ihm klar, wie sinnlos diese Überlegung war. Der Vampir war ihm so weit überlegen wie Vergil einem Menschen überlegen war. Es war hoffnungslos. Die goldenen Augen konnten ihn immer wieder einfangen, ebenso wie der Rotschopf seine beschworenen Schwerter ohne Mühe abwehren konnte. Solange er nicht im Besitz Yamatos und seiner vollen Kraft war, war es müßig, sich über Ausbruchspläne Gedanken zu machen. Zunächst musste er seine ganze Kraft zurückbekommen. Doch dann stutzte er. Ariev hatte Yamato bereits abgewehrt. Und damals hatte er fast alle Kraft zurückgehabt. Es war schrecklich. Schlimmer als bei Mundus, denn damals hatte er zumindest noch die Hoffnung gehabt, dass Dante kommen und ihm helfen konnte. Aber jetzt saß er wirklich tief in der Tinte. Nero war fortgebracht worden und Seneca nutzte ihm nichts. Der Mensch war einfach zu schwach. Doch seine Bazooka... Vergil grinste, als ihm klarwurde, dass diese Waffe vielleicht tatsächlich das Gleichgewicht zwischen Ariev und ihm wiederherstellen konnte. Oder, wenn nicht, würde es Neros Blue Rose mit Sicherheit tun. Der Halbdämon mit der Teufelsklaue hatte Munition mit Anti-Dämonen-Wirkung benutzt. Diese war zwar schwächer als der Alptraum, den der jetzige Schwertorden Spardas benutzte, doch immerhin zeigte sie mehr Wirkung als normale Kugeln. Vielleicht ließ sich auch die Red Queen verwenden? Das Schwert, das nur eine Klinge hatte, war zwar schwer und Vergil persönlich zu unhandlich - er bevorzugte schnelle, schlanke Waffen wie Yamato - aber es könnte sich aufgrund der Länge gegen Ariev als nützlich herausstellen. Aber das würde sich zeigen, wenn er wieder bei Kräften war. Im Moment fühlte er sich zu schwach, um auch nur aufzustehen und im Raum umherzugehen. Vergil verfluchte Ariev im Stillen. Oh, wie er ihn hasste! Nero seinerseits hatte beschlossen, Frieda bei ihrer Arbeit auf der Alm zu helfen. Im Moment saß er auf einem dreibeinigen Hocker im Stall und lernte, eine Kuh zu melken. Zwar sah ihn das Tier noch immer verschreckt an, aber mittlerweile gelang es ihm, nicht zu fest zuzupacken. Der Halbdämon mit der Teufelsklaue wusste noch nicht so recht, wie es weitergehen sollte. Sollte er zurückkehren und versuchen, Vergil und Seneca zu befreien oder sollte er Dante helfen? Oder sollte er etwas ganz anderes tun? Er seufzte und die Kuh gab ein lautes Muhen von sich, als er wiederum gedankenverloren etwas fester als beabsichtigt zupackte. Nero zuckte zusammen. Er eignete sich nicht zum Bauern, das sah er schon... aber im Moment gab es nichts besseres zu tun. Seine Wunden heilten zwar, doch war er immer noch weit davon entfernt, gesund zu sein. Er verfluchte die Soldaten, die ihn so zugerichtet hatten. Wenn das alles nicht passiert wäre... er lehnte sich zurück, fasste schließlich den fast vollen Eimer und erhob sich, um zu Frieda ins Haus zurückzukehren. Als er den Stall verließ, stolperte er über eine Katze, die protestierend in der Dunkelheit des Stalles verschwand. Nero sah ihr nach und schüttelte den Kopf. Dann sah er auf den Milcheimer hinab. Er hatte Glück gehabt, nichts der Flüssigkeit war verschüttet. Dann verließ er den Stall endgültig. Frieda erwartete ihn schon. Der Frühstückstisch war reichlich gedeckt. Nero stellte die Milch in die Küche und ließ sich dann müde am Tisch auf den nächstbesten Stuhl sinken. "Na, du bist es wohl nicht gewohnt, so früh aufzustehen, was? Und die Arbeit scheint dir auch nicht zu bekommen!" Sie lächelte und drückte Nero eine Tasse Kaffee in die Hand. "Das ist es nicht. Du weißt, ich bin Dämonenjäger. Ich musste oft früh aufstehen oder habe nächtelang gar nicht geschlafen. Und gearbeitet habe ich schon öfters bis zum Umfallen. Aber da war ich nicht verwundet. Jedenfalls nicht so." Er wies flüchtig auf die Verbände an seinem Körper und seufzte. "Das ist wirklich nicht lustig. Es tut immer noch weh..." Frieda sah ihn an, stemmte die Hände in die Hüften und meinte: "Na dann siehst du jetzt einmal, wie es für einen Menschen ist, so verletzt zu werden wie ein Dämon." Nero nickte. "So ist es wohl. Er griff geistesabwesend nach einem Stück Brot und begann, es mit Marmelade zu bestreichen. Frieda ließ sich ihm gegenüber nieder. "Nimm es nicht zu schwer, Nero. Das schaffst du schon." "Ich bin mir nicht sicher. Meine Freunde sind in großer Gefahr." Sie nickte und goss sich ebenfalls Kaffee in ihre Tasse. "Aber sie sind in der Lage, der Gefahr zu trotzen, oder?" Nero biss gedankenverloren von dem Brot ab. "Ich hoffe es. Aber zumindest bei Seneca bin ich mir nicht sicher. Er ist krank gewesen und vielleicht hat Ariev - das ist der Dämon, der uns gefangenhielt - sein Wort, das er mir gegenüber gab, nicht gehalten. Ich habe Angst, dass ihm etwas zugestoßen ist. Er ist immerhin nur ein Mensch!" Frieda nickte und legte ihm besänftigend die Hand auf den Arm. "Wir Menschen sind nicht so hilflos und schwach wie du denkst. Er wird es schon schaffen." Nero ließ den Kopf hängen. "Er war so krank. Ich mache mir wirklich Sorgen um ihn. Und ebenso um Vergil, weil Ariev... ach, als ich ihn das letzte Mal gesehen habe, war er totenbleich und hatte kaum die Kraft, den Arm zu heben." Er seufzte. "Und dann ist da immer noch Dante, von dem ich gar nichts weiß, außer dass ihn die Soldaten haben und wahrscheinlich die schlimmsten Experimente mit ihm anstellen... ach, es ist zum Verzweifeln!" Nero schluckte. "Ich will einfach nur, dass es ihnen allen gut geht." Frieda nickte und seufzte nun ebenfalls. "Ich hoffe, dass das gut endet. Wenn du es tatsächlich schaffst, einen von ihnen zu befreien, kannst du ihn herbringen. Noch einen mehr zu ernähren, dürfte kein großes Problem sein. Ihr könntet von hier aus eure Angriffe starten." Nero sah sie überrascht an. "Ich hasse sowohl die Dämonen als auch die Soldaten. Beide haben mir mehr als genug weggenommen." Der Weißhaarige nickte. Aber zuerst musste er sich erholen. Seine körpereigene Waffe hatte er. Den Devil Bringer würde er gnadenlos einsetzen, wenn es zur Rettung seiner Freunde diente, das wusste er. Wenn er herausfinden sollte, dass einem von ihnen ein Haar gekrümmt worden war... er würde es sich selbst nie verzeihen... uffz... au, mein Genick fühlt sich an, als würds gleich abbrechen. Aber gut, zumindest ist dieses Kapitel geschafft. *freude* Kapitel 16: Erneute Qual ------------------------ Hm, mal sehen, was ich hier wieder fabriziere. ^^ sorry, dass es ein wenig länger gedauert hat als vorher angekündigt. Ich fürchte allerdings, dass das hier wieder in die Adult-Sektion fällt. Ich war mal wieder furchtbar grausam... sorry... der ganze erste Absatz ist eine einzige Qual für den armen Dante... Die Ruhe im Raum war himmlisch. Dante lag auf dem Rücken und döste. Wie göttlich war es, endlich einmal nichts tun und nichts fürchten zu müssen. Er genoss die Stille, genoss es zu spüren, wie seine Kräfte endlich zurückkehrten. "Ah, tut das gut..." Er schloss die Augen und drehte den Kopf zur Seite. "Wie lange habe ich schon darauf gewartet, endlich mal wieder in Frieden schlafen zu können!" Es hielt nicht allzu lang. Denn kaum war Dante eingeschlafen, riss ihn das schrille Quietschen der verrosteten Türangeln wieder in die Wirklichkeit zurück. Er fluchte. "Kann man denn nicht einmal seinen Schönheitsschlaf sanft beenden? Müsst ihr immer so hereinplatzen?" Entnervt hob er den Kopf - und erstarrte. Bestimmt zwanzig Gewehrläufe richteten sich auf ihn. Ryder, der Grauhaarige, stand zwischen den Soldaten. Seine Stimme klirrte wie Eis, als er sagte: "Wag es nicht, dich zu wehren. Wir haben unsere Mittel, dich ruhig zu stellen! Jetzt steh auf!" Dante verdrehte die Augen und meinte patzig: "Was soll das? Kann man es nicht einmal gemütlich angehen lassen?" Einer der Soldaten - ein ziemlich großer Kerl mit einer Narbe quer über die Stirn - trat vor und zog Dante grob an den Haaren auf die Füße. Der Halbdämon rieb sich den Schädel, als der Mann ihn endlich losließ. "Spinnt ihr jetzt vollkommen? Mann, das wäre nicht nötig gewesen!" Sprachs und fing sich einen Hieb mit der Faust ins Gesicht ein. Dante schüttelte sich. "Ist ja gut!" Ryder lächelte grausam auf. "Jetzt komm mit, oder willst du noch ein paar Hiebe verpasst bekommen?" Er wandte sich um und sah über die Schulter zurück zu Dante. "Los, komm endlich mit!" Dante zögerte noch eine Sekunde, wog die Chancen ab, die er gegen die Bewaffneten wohl hatte und zuckte dann die Schultern. Mit neunzehn Soldaten, die allesamt mit Anti-Dämonen-Waffen bewaffnet waren, ließ es sich nicht besonders gut mithalten. Also folgte er dem Grauhaarigen, der ungeduldig auf den Gang hinaustrat. "Komm, wir haben nicht ewig Zeit!" Der Halbdämon schlenderte gemütlich aus der Zelle heraus, um den Menschen zu provozieren, fing sich dann jedoch einen harten Stoß mit dem Gewehr in den Rücken ein und gehorchte mit finsterem Gesicht. "Danke, ihr fasst mich ja tatsächlich mit Samthandschuhen an!" Er ließ seine Nackenwirbel knacken und folgte dem Wissenschaftler in angemessenem Tempo, zweimal wollte er sich das Ding wirklich nicht in den Rücken rammen lassen. Sie brachten ihn wieder endlos lange Treppen nach unten. Dante fühlte sich unbehaglich, als die Luft immer kälter und die Wände immer feuchter wurden. Das hatte verdammte Ähnlichkeit mit... als sie vor einer Tür zum Stehen kamen, die der Grauhaarige mit geistesabwesendem Gesichtsausdruck öffnete, weiteten sich Dantes Augen. "Nein, nicht schon wieder! Das letzte Mal habt ihr schon so eine Unordnung in meinen Gedärmen hinterlassen, das müsst ihr..." Der Rest des Satzes ging in einem Würgen unter, als der Soldat, der neben Ryder gestanden hatte, ihm das Knie in den Magen rammte. Dann wurde die Tür geöffnet und der Halbdämon grob in den Folterkeller gestoßen. Dante verlor das Gleichgewicht und schlug der Länge nach hin. Direkt vor die Füße eines ihm bekannten Mannes... Er verdrehte die Augen. "Nicht du schon wieder!" Er wurde am Kragen gepackt und aufgehoben. "Hätte nicht gedacht, dass du so bald wieder auf den Beinen wärst! Aber gut. Ryder, befestigt ihn wie letztes Mal!" Der Foltermeister lächelte und atmete einen Mundvoll grauenvoll stinkender Luft aus, bei der Dante schlecht wurde. Weniger vor Ekel, denn vor Erinnerung an das letzte Mal, als ihm der Mann gegenübergestanden hatte. Dann packten ihn die Soldaten, ketteten ihn an und zogen ihn in genau dieselbe Haltung wie letztes Mal, nur dass sie diesmal die Ketten an seinen Füßen noch ein wenig fester anzogen und Dante das Gesicht verzog, als die Gelenke seiner Schultern protestierend knackten. Der Foltermeister lächelte, als Dante die Luft zwischen den Zähnen ausstieß. "Du weißt, was kommt, oder?" Der Halbdämon nickte. "Du weißt, dass du nichts tun kannst, um es zu verhindern? Lustig, nicht wahr?" Dante wandte den Kopf ab, fing sich dafür einen Fausthieb ein und seufzte. "Lass dir mal was Neues einfallen! Das hier wird auf die Dauer langweilig!" Der riesige Mann vor ihm lächelte. "Keine Sorge, das werde ich. Und du wirst dir wünschen, ich hätte es nicht getan!" Gleichzeitig zog er etwas aus dem glühenden Kohlebecken hinter sich und der Halbdämon wusste, dass ihm wiederum Stunden des Schmerzes bevorstanden... Dante schrie auf, als sich die glühende Klinge zum wiederholten Mal tief in sein Fleisch senkte und es zertrennte. Er glaubte ein Lächeln des Triumphes auf den Lippen des anderen zu sehen, doch wenn es tatsächlich so war, verschwand es so rasch, dass Dante sich nicht überzeugen konnte. "Hätte nicht gedacht, dass du erst jetzt schreist!", kam es trocken von Ryder, der diesmal das Klemmbrett in der Hand hielt und sich notierte, wie Dante auf die Schmerzen reagierte. Dante keuchte und sah auf seinen Bauch hinab. Blut, überall Blut. Kaum verheilte tiefe Wunden. Wie oft hatte ihn der Meuchler geschnitten? Er konnte es nicht sagen, nur, dass der Schmerz höllisch war. "Warum? Warum lasst ihr mich nicht einfach in Ruhe?", fragte er und biss die Zähne zusammen, als sich die Klinge wiederum in seinen Körper senkte. Der Foltermeister grinste. "Das wüsstest du jetzt wohl gerne, wie? Aber leider haben auch wir unsere Vorgaben. Tut mir leid, aber fürs Erste wirst du dich damit zufrieden geben müssen, dass es uns Spaß macht." Dante seufzte. "Doch wohl nicht wirklich, oder?" "Oh doch. Sehr sogar!" Der Foltermeister wandte sich um und legte die Klinge wieder ins Feuer. Der Geruch nach verbranntem Fleisch wurde stärker und Dante konnte ein schwaches Würgen nicht unterdrücken. Was waren das für Psychopathen? Als sich sein Peiniger wieder umdrehte, hielt er eine Art Schere in der Hand, die aber auch einer Zange ähnelte. "Kommt dir dieses gute Stück hier bekannt vor?" Dante schüttelte den Kopf und Ryder lächelte. "Nicht zu grob, ich hab noch mehr mit ihm vor!" "Tatsächlich nicht? Das ist aber schade. Dann werde ich es wohl noch einmal ausprobieren müssen! Vielleicht erinnerst du dich dann!" Er streckte die freie Hand aus und hinderte eine lange Wunde quer über Dantes Bauch daran, sich zu schließen. Wiederum musste der Halbdämon die Zähne zusammenbeißen, um nicht vor Schmerz aufzuschreien. "Vielleicht kommt es dir ja, wenn ich hiermit noch ein wenig herumwühle!" Er drückte die Schere hinein. Als Dante das Metall schmerzhaft kalt in seinem Inneren spürte, fragte er entsetzt: "Das ist aber nicht das Ding, was beim letzten Mal geglüht hat, oder?" Der Foltermeister lächelte. "Gut, dein Gedächtnis ist doch nicht so löchrig, wie ich zunächst angenommen habe!" Er schob das Instrument tiefer in Dantes Körper und der Halbdämon keuchte. "Nein! Nicht!" "Ups, zu spät!", grinste sein Gegenüber höhnisch und drückte die Zange zusammen. Dante brüllte vor Schmerz. "Der Magen tut weh, nicht wahr?", kam es von Ryder, der fleißig auf seinem Klemmbrett notierte. Dante konnte kaum atmen vor Schmerz. Endlich ließ der höllische Druck nach, dafür wühlte der riesenhafte Mann dann weiter in seinem Leib herum. Als er an eine besonders schmerzhafte Stelle stieß, zuckte Dante zurück, so gut es eben ging. "Oh, sieh an! Das ist... die Niere?" Er zwickte ein winziges Stück ein und Dante stiegen Tränen des Schmerzes in die Augen. "Ja, da haben wir eine Schwachstelle, wie? Soll ich weitermachen, Ryder?" Dieser nickte und der Foltermeister ließ Dante los. "Na dann! Mach dich bereit!" Dante schloss die Augen. Was hatte er vor? Wollte er ihn umbringen? Als er spürte, wie die Schere sich schloss, ganz langsam, schnürte sich ihm die Kehle zu. "Nein...", wimmerte er und wollte sich wehren, stellte dann jedoch fest, dass die Linke des Mannes fest auf seiner Hüfte lag und er nicht einmal zurückzucken konnte. Die Schere schloss sich wie in Zeitlupe, quetschte das Organ ganz langsam ein, schnitt schließlich. Dantes Atem beschleunigte sich, als der Schmerz durch seinen Körper schoss. "Das tut weh, nicht wahr?", bemerkte der Foltermeister. Er bewegte die Schere ganz leicht und Dante schrie auf. Dann drückte er die Schere blitzartig zu. Dante ging binnen eines Sekundenbruchteils die Luft aus. Sein Körper weigerte sich einfach, den Sauerstoff zu verarbeiten. Alles in ihm war Schmerz. Er konnte nicht zurückweichen, nicht atmen, nicht schreien. Seine Hände, die zuvor die Ketten umklammert hatten, öffneten sich und krampften sich zu Klauen. Dann bekam er wieder Luft. Sein gellender Schrei hallte von den Wänden wider, was dem Foltermeister ein böses Lächeln ins Gesicht trieb. Dantes Kopf sank vornüber, keuchte. Doch es war noch nicht alles. Er spürte, wie sich die Schere durch das zerschnittene Organ weiter aufwärts wühlte. Plötzlich hatte der Halbdämon wieder Schwierigkeiten, Luft zu bekommen. Ryder nickte. "Sei jetzt vorsichtig. Noch so eine Verletzung und er stirbt!" Dante hatte nicht mehr die Kraft, sich zu wehren, als auch noch der Grauhaarige herantrat und ihn festhielt. "Ich werde mich beeilen!", versprach der Foltermeister. "Er wird bei Bewusstsein bleiben, ich will ihn nur noch ein wenig erschrecken!" Zugleich schloss sich die Schere erneut, fügte Dante erneut grausamen Schmerz zu. Er würgte, wollte Luft holen, würgte wieder und erbrach dann einen Schwall voll Blut. "Oh, das war nicht beabsichtigt! Jetzt habe ich doch tatsächlich mit der Lunge auch den Magen erwischt!", fluchte der Foltermeister, wischte sich das Blut vom Kittel und Dante wurde übel. Als der Mann dann auch noch die Schere zurückzog und einen blutigen Fetzen Fleisch in der Zange hielt, wollte er sich am liebsten übergeben und dann leise sterben. Doch den Gefallen tat man ihm nicht. Der Mann hielt ihm das Stück Fleisch hin und sagte: "Das, mein Lieber, ist ein Stück deiner Lunge. Sieht lustig aus, nicht wahr?" Er besah sich Dante, der immer blasser wurde, legte schließlich das blutige Instrument weg und seufzte. Er wandte sich zu Ryder um und meinte: "Na dann, ich hab meinen Teil erledigt. Jetzt will ich sehen, was du noch für ihn hast!" Der Grauhaarige lächelte verschwörerisch. "Mal sehen, was er hiervon hält! Vielleicht bringt das wieder etwas Leben in ihn!" Er nahm einen kleinen Gegenstand aus der Tasche und stellte ihn zwischen verschiedene Zangen und andere Instrumente auf einen der kleinen Tische, die im Raum standen. "Sieh dir das gut an, kleiner Dämon. Ich bin mir sicher, dass dich das interessieren dürfte!" Dante runzelte die Stirn, doch als der Mann es einschaltete und ihm zugrinste, richtete sich sein Blick auf das kleine Objekt. Ein kleiner Projektor, erkannte er, als mehrere Gestalten geisterhaft schimmernd darüber erschienen. "Was soll das?", fragte Dante müde. Er wollte schlafen und sich erholen und nicht Filmchen schauen! Doch dann erkannte er in den Gestalten Soldaten. "Sieh hin. Wir haben so einiges unternommen, aber leider lief einiges verkehrt... Na, sieh es dir an!" Dante sah eine andere Gestalt ins Bild kommen. Helles Haar... einen deformierten Arm... einen Mantel... Er keuchte auf. "Nero!" Der jüngere Halbdämon sah die Soldaten, erschrak, wollte zurückweichen. Dante musste mit ansehen, wie die Soldaten ihn entdeckten, wie sie auf ihn anlegten, schließlich auf ihn schossen. Er sah Nero zusammenbrechen, mit einem Pfeil im Bein, sah ihn um Hilfe flehen, oder zumindest um Gnade. Er versuchte sich zu wehren. An der Stelle, wo er den Devil Bringer einsetzte, flackerte das Bild heftig. Er traf einige der Soldaten, doch nicht alle. Dante erkannte entsetzt, dass Nero unbewaffnet war. Die Männer drangen auf ihn ein, schlugen, traten ihn, bis sich der jüngere Halbdämon nicht mehr regte. "Nein..." Dante wandte den Kopf ab, als er sah, wie die Soldaten ihn hochhoben und ihn mitnahmen. Dann verschwand das Bild. "Was... was habt ihr mit ihm gemacht?", fauchte er, doch Ryder schüttelte den Kopf. "Sieh hin. Es ist noch nicht zu Ende..." Dante gehorchte. Das Bild tauchte wieder auf, diesmal zeigte es einen Kerker, ähnlich dem, in dem auch er gefangen gehalten wurde. Entsetzen überwältigte ihn schier, als er seinen Gefährten reglos auf einem schmalen Bett liegen sah. Man hatte ihm Mantel und Hemd ausgezogen. Über Neros Oberkörper verliefen schreckliche Wunden, die nicht heilen wollten. "Ihr verdammten..." Dante würgte, als sich ein stechender Schmerz in seinem Bauch bemerkbar machte. Gerade gelang es ihm noch, den Brechreiz zu unterdrücken. Währenddessen sah er, wie jemand ins Bild kam. Nero lag auf dem Rücken - reglos. Warum tat er nichts? Dante schreckte zurück, als er Banes in dem Neuankömmling erkannte. Der Arzt trat zu seinem Freund hin und ließ sich bei ihm nieder. Er strich über Neros nackte Schulter, seufzte. Dante runzelte die Stirn. Warum reagierte Nero nicht? Die Kamera - oder was auch immer - kam näher, brachte Banes näher ins Bild. Dante sah den Schmerz auf den Zügen des Arztes. Verunsichert sah er weiter zu, wie Nero fokussiert wurde. Der andere Halbdämon war totenbleich. Sein Haar war feucht vor Schweiß, die Lippen blutverschmiert. Dante schauderte, als er sah, dass seine Augen ebenfalls blutig waren. Hatte er Blut geweint? Doch dann erkannte er, dass Neros Augen weit offenstanden. Eine eisig kalte Hand legte sich um Dantes Herz. Der junge Halbdämon mit der Teufelsklaue blinzelte nicht einmal. Seine Augen starrten... blicklos nach oben. "Nein... Nein... Nero..." Dante flüsterte fassungslos den Namen des Jüngeren. Banes strich sanft über das weiße Haar seines Freundes, genauso, wie er es bei ihm selbst immer gemacht hatte. Dann schüttelte der Arzt den Kopf und Dante wurde noch kälter. Die Hand des Mannes legte sich über das Gesicht des Halbdämonen mit er Teufelsklaue und auf einmal war sich Dante sicher, dass seine Vermutung stimmte. Und tatsächlich, als Banes die Hand nach unten gleiten ließ, sie schließlich fortzog, waren Neros Augen geschlossen. In Dante stieg eine weißglühende Woge des Zorns auf. Er schrie: "Was habt ihr mit ihm gemacht? Redet, ihr feigen Schweine! Los! Macht das Maul auf und sagt es mir!" Er riss an den Ketten, jeder Schmerz war vergessen. "Sagt mir, was ihr mit Nero gemacht habt!" Ryder lächelte. "Ich wusste, dass dich das aus deiner Lethargie reißen würde. Was soll mit ihm sein? Er ist tot!" Dantes Augen weiteten sich. Gewissheit, nun hatte er Gewissheit! "Nero ist... tot?" Ryder nickte. Dante suchte nach Falschheit in den Zügen des anderen, fand jedoch nichts als Gleichgültigkeit und einen leisen Hauch des Bedauerns. Schließlich gab er es auf und ließ den Kopf hängen. "Nero..." Er spürte, wie ihm Tränen in die Augen stiegen. Hektisch blinzelte er sie weg, fühlte, wie wieder Übelkeit in ihm aufstieg. Er würgte, spuckte schließlich einen Mundvoll Blut aus. Ryder wandte sich ab und Dante spürte, wie ihm die Kontrolle entglitt. "Ihr verdammten Drecksäcke..." Der Foltermeister, der zuvor reglos an der Wand gelehnt hatte, grinste: "Ein Teufel, der um seine Freunde weinen kann? Wo gibts denn sowas?" Dante wandte den Kopf ab. "Lasst mich einfach in Ruhe, ja?" Ryder sah ihn an, der Sohn Spardas glaubte einen Moment lang Mitleid in seinen Augen schimmern zu sehen, doch wenn es das tatsächlich gewesen war, verschwand es so rasch, dass sich Dante nicht sicher sein konnte. "Ich glaube, das war etwas viel für dich, heute. Lassen wir den Rest." Er trat auf den Halbdämonen zu und nahm eine Spritze aus seinem Kittel. Zielsicher stach er die lange Nadel in eine Ader des Halbdämonen und fast sofort spürte der Weißhaarige, wie sich eine tiefe Müdigkeit seiner bemächtigte. "Kurier dich aus, wir brauchen dich noch für so einiges..." Ryder sagte noch mehr, aber Dante bekam das nicht mehr mit. Er sank in eine tiefe, erschöpfende Dunkelheit. Sein letzter Gedanke galt seinem Freund. Nero... Der leichte Regen, der wieder eingesetzt hatte, machte es ihm leicht, durch den Wald zu schleichen. Seneca machte sich keine Sorgen. Die Dämonen würden ihn nicht mehr finden. Jetzt trennte ihn nur noch dieser kleine Wald von den ersten Stadtvierteln. Und dann war es auch nicht mehr weit bis zum Anwesen seiner Familie! Er würde sich ausrüsten und dann Vergil und Nero befreien! Und dann würde er mit ihnen Dante aus seiner Misere befreien! Seneca lächelte. Alles würde sich zum Guten wenden! Als er endlich in der Stadt ankam, sahen ihn die Menschen mit großen Augen an. Seneca runzelte die Stirn, als ihn ständig Passanten anstarrten und sogar vergaßen, weiterzugehen. Doch dann sah er an sich herab und wusste, warum sie ihre Blicke nicht bei sich behalten konnten. Er war zerlumpt, auf seinem Hemd klebte eine Spur von Blut und Schleim. Er sah tatsächlich eher aus wie ein Landstreicher denn ein Dämonenjäger. Seufzend betrat er den Bus, der ihn in Richtung Heimat bringen würde. Selbst der Busfahrer sah ihn seltsam an und hätte wohl vergessen, ihn zu kontrollieren, wenn Seneca ihn nicht darauf hingewiesen hätte, dass er gerne eine Fahrkarte gehabt hätte. Dann war er endlich da. Das große Haus sah düster aus. Kein Licht brannte darin, der Garten war verwildert. Seneca seufzte erneut, als er das Gartentor aufschloss und das Anwesen betrat. Seit seine Familie ausgerottet worden war, war alles hier verlassen, denn er selbst legte keinen Wert darauf, ständig nach Hause zu kommen und wieder allein zu sein. Als er die Halle betrat und seine Schritte an den hohen Wänden widerhallten, fühlte er sich ein wenig an früher erinnert, als er noch ein Kind gewesen war. Damals war noch alles in Ordnung gewesen. Er hatte es gelernt, zu kämpfen und zugleich doch menschlich zu bleiben. Müde stieg er die Treppen hinunter in den Raum, an den sich das riesige Waffenlager seiner Familie anschloss. Als er dann unten ankam und den geheimen Code in das Zahlenfeld eingab, dachte er daran, was Dante und Nero wohl sagen würden, wenn sie diese Ansammlung gefährlicher Waffen sehen könnten. Selbst Vergil wäre wohl beeindruckt, denn auch eine Reihe verschiedener Schwerter fanden sich hier. Der Iris-Scanner fuhr heraus und Seneca sah tief in die Linse hinein. Ein grünes Licht blinkte und die schwere Schutztür fuhr zur Seite. Seneca sah in das Herzstück der Zentrale der Dämonenjäger seiner Familie. Die Elektronik funktionierte einwandfrei, wie er sah. Das Licht ging ohne Probleme an. Seneca nickte und betrat den Raum. Rechts fanden sich die Schusswaffen mit ballistischer Munition, daneben die Laserwaffen. Und links standen aufgereiht alle möglichen Stich-, Hieb- und Schlagwaffen. Seneca nahm sich rasch ein Scharfschützengewehr und eine kleine Laserpistole. Dann besah er sich die anderen Waffen und schüttelte den Kopf. Es war keine Bazooka mehr da. Er würde etwas anderes nehmen müssen. Zögerlich trat er an das Regal mit den futuristisch anmutenden größeren Schusswaffen. Vielleicht... Senecas Gedankengang wurde unterbrochen, als er einen Lichtstreif wahrnahm, der die gigantische Laserkanone in helles Licht tauchte. Langsam wandte er sich um, dann schlich sich ein leises Lächeln auf seine Lippen. Das könnte die richtige Waffe gegen Ariev sein! Seneca ging auf die gegenüberliegende Wand und die daranhängende Waffe zu. Dieses Objekt war erst entwickelt worden, als Seneca bereits alt genug gewesen war, um mit auf die Missionen zu gehen. Der junge Dämonenjäger starrte die Waffe an. Es war ein Schwert - oder besser ein überdimensional großes Chakram, das aus drei Schwertern bestand. Drei dünne, sehr leichte Klingen, die im Griff eine Vorrichtung hatten, dass man sie zusammenhängen konnte. Ein Irrlicht. Seneca strich ehrfürchtig über die stumpfen Seite einer der drei Klingen. Dann sah er auf das Regal daneben hinab. Da lagen sie. Drei dünne Schwerter, gekrümmt und auf einer Seite rasiermesserscharf wie Vergils Yamato, eine Stange mit Befestigungsmechanismen an jeder Seite und ein Ring mit drei Mechanismen. Wahrlich, ein Shiranui, wie Senecas Vater die Waffe genannt hatte, war äußerst gefährlich. Seneca griff danach. Man konnte eine Klinge einzeln benutzen, zwei einzeln oder auf der Stange als zweiseitiges Schwert oder als Irrlicht - als Chakram. Er lächelte. Das hier würde genügen, um Ariev den Garaus zu machen! Als er das Haus eine Stunde später verließ - gekleidet in ein enganliegendes schwarzes Gewand aus sehr reißfestem Stoff und einen dunklen Mantel, bewaffnet mit Laserpistole, Gewehr, Irrlicht und ein paar kleinen Messern, gestärkt durch die obligatorische Dämonenjäger-Pizza und mit reichlich Munition und Energiezellen ausgestattet - war er sich sehr sicher, dass er in der Lage war, seinen Freunden zu helfen... ah, das wars schon wieder! hui, das Kapi hatte es in sich. Mal wieder so eine Quälgeist-Session wie bei Dantes Martyrium... *sorry* und wie immer: ich freue mich über jeden Kommi, den ich kriege! ^^ Kapitel 17: Der Vampirfürst wird ausfallend ------------------------------------------- *verneig* sorry, dass es so lang gedauert hat! ich hoffe, dieses Kapitel entschädigt euch! ^^ auch wenn ich das jetzt einfach mal in die Adult-Sektion schiebe, weil ich nicht ganz einschätzen kann, wo sich die Grenze ziehen lässt! Als er erwachte, spürte er als erstes die beißende Kälte des eisigen Holzes, auf dem er lag. Das dünne Leintuch darüber konnte dem Brett nur wenig von seiner Härte nehmen und das flache Kissen in seinem Nacken half ihm auch nicht weiter. Eine Decke hatte er nicht. Sein Kopf dröhnte. Er seufzte und drehte sich auf die Seite, was sein Körper mit stechenden Schmerzen quittierte. Stimmt ja, dachte er, ich bin ja verletzt worden. Dante seufzte erneut und hob die Hand, um sich an die Stirn zu fassen, hielt dann aber inne, als ihm wieder alles bewusst wurde, was geschehen war. Sein Inneres zog sich zu einem schmerzhaften Knoten der seelischen Qual zusammen. Nero war tot. Umgebracht von eben den Soldaten, die einst seine Verbündeten gewesen waren. Er war allein gestorben, gehasst von seinen Peinigern, verlassen von seinen Freunden. Dante spürte, wie ihm Tränen in die Augen stiegen. Warum hatte das passieren müssen? Warum waren sie so grob zu ihm gewesen? Bei ihm selbst hatten sie doch auch immer peinlich genau darauf geachtet, dass er überlebte! Aber Nero war auch kein Sohn Spardas gewesen... Dante legte den Arm über das Gesicht, spürte, wie die kalte Haut von warmen Tränen benetzt wurde und betete, dass wenigstens Seneca und sein Bruder davongekommen waren. Dann hörte er, wie sich Schritte näherten. Rasch wischte er sich die Tränen vom Gesicht und hob - allerdings mit hämmernden Kopfschmerzen - den Kopf und sah sich in seinem Gefängnis um. Dabei wurde ihm bewusst, dass um seinen Hals ein massiver Stahlring lag, der ihn an die Wand kettete. Was sollte das? Fürchteten sie, er könnte die Fassung verlieren? Er könnte fliehen wollen? In seinem Zustand? Ihm fiel auf, dass die Tür eine schwere Stahltür, wie von einem Tresor, war. Er lachte freudlos auf. War er so wertvoll für sie, dass sie ihn wie ein Schmuckstück in einem Tresor aufbewahren mussten? Da öffnete sich die Tür. Dante ließ sich zurücksinken und erkannte Banes, der langsam nähertrat. Hinter ihm quetschte sich Ryder zur Tür herein und blieb schweigend an der hinteren Wand stehen. "Hallo, Dante." Banes kam bis an das Lager des Halbdämonen heran und ließ sich langsam bei ihm niedersinken. Dantes Augen wurden schmal. "Warum?", fauchte er leise. "Du weißt, dass ich..." "Deinen Namen nicht in Gegenwart anderer aussprechen soll. Ich weiß. Aber Ryder hat darauf bestanden, dass ich ihm alles erzähle, was zwischen uns vorgefallen ist! Er weiß bescheid!" Dante warf dem Grauhaarigen einen eisigen Blick zu. "Was soll das heißen, er weiß bescheid?" "Das, was es heißt. Bitte, Dante, versteh mich. Ich bin auch nur ein Angestellter und Ryder und ich sind Kollegen, die bestmöglich zusammenarbeiten sollen!" Banes sah betroffen aus, doch Dante war es nicht genug, ihn nur anzustacheln, er wollte mehr. "Oh, so wie zum Beispiel Schwerverletzten den Gnadenstoß zu geben?", zischte er leise und sah mit Befriedigung, wie sich Erschütterung auf dem Gesicht des Arztes ausbreitete, aber auch leise Verwirrung. "Was meinst du damit?" Dante lächelte kalt und setzte sich auf, auch wenn jede noch so kleine Bewegungen Linien aus brennendem Schmerz durch seinen Körper jagte. "Brauchst du das wirklich noch fragen? Es geht um Nero! Warum habt ihr ihn umgebracht? War er euch nicht wichtig genug oder diente es nur dazu, mich fertigzumachen? Verdammt, er war mein Freund!" Wiederum spürte Dante, wie seine Augen feucht zu werden drohten, doch er blinzelte die Tränen entschlossen fort. Banes wand sich unter dem stählernen Blick des Halbdämonen, wandte sich schließlich zu Ryder um. "Ich kann das nicht! Bitte!" Doch Ryder schüttelte ausdruckslos den Kopf und Banes richtete den Blick wieder auf Dante. "Ich... es tut mir wirklich leid..." Dante sah den Schmerz im Blick des Arztes, doch er war entschlossen, sich nicht davon beeindrucken zu lassen. "Das mit deinem Freund war... ein Unfall... es hätte nicht passieren dürfen..." "Ach und das ist alles? Ein bedauerlicher Unfall? Verflucht, für mich war Nero mehr als nur ein Forschungsobjekt! Und jetzt kommst du an und sagst mir, es sei nichts als ein Unfall gewesen, dass er sterben musste? Wie bescheuert bist du eigentlich, dass du mir das ins Gesicht sagst?" In Spardas Sohn flammte Zorn auf. "Du hast ja keine Ahnung! Für dich sind wir Halbdämonen doch nichts als verabscheuungswürdige Kreaturen, nicht wahr?" Banes' Gesicht wurde hart, doch seine Augen schrieen ihren Schmerz heraus. "Dante, bitte! Das ist nicht wahr und das weißt du auch! Ich hätte niemals zugelassen..." "Nichts weiß ich! Das einzige, was mir klar geworden ist, ist, dass ich von Anfang an besser daran getan hätte, dir nicht zu vertrauen!" Er wandte sich ab, biss sich auf die Lippe. Banes atmete tief durch, schüttelte schließlich den Kopf. "Dann bleibt mir wohl nur noch eines zu tun." Er erhob sich vom Bett und trat zur Ryder. "Leb wohl, Dante. Ich hoffe für dich, dass du irgendwann den Sinn des Ganzen hier begreifst!" Dante weigerte sich, noch einmal direkt zu dem Arzt und seinem Begleiter hinüberzusehen. Banes verließ den Raum rasch und mit gesenktem Kopf und hängenden Schultern, Ryder dagegen aufmerksam und misstrauisch, bemerkte er aus dem Augenwinkel. Dann fiel die Tür hinter ihnen ins Schloss und Dante war wieder allein. "Verdammt!", fluchte er. "Verdammt sollt ihr alle sein!" Seneca lief durch den nächtlichen, vom Regen tropfenden Wald. Vor gut einer halben Stunde hatte er Arievs Refugium erreicht. Nun wurde es Zeit, den Dämonenfürsten seiner Gefangenen zu berauben. Seneca wusste, dass ihm nicht viel Zeit bleiben würde. Er rechnete sich keine Chancen aus, solange es ihm nicht gelang, Vergil und Nero zu befreien, bevor der Vampir auf ihn aufmerksam wurde, würde er keine Möglichkeit finden, seinen Plan in die Tat umzusetzen. Er musste die beiden Halbdämonen finden, sie befreien und sie mit ihren Waffen ausstatten - und das möglichst schnell! Doch zuerst würde er am Wald ankommen müssen. Dann konnte er weitersehen. Die Dämonen verfügten über feinere Sinne als Menschen, deshalb würde es einer genauen Planung und Durchführung des Unternehmens erfordern. Ohne Sicherheitsvorkehrungen würde er es nicht weit bringen. Seneca seuftzte. Dies war wieder einer der Momente, in denen ihm seine Menschlichkeit nur zu deutlich auffiel. Wäre er ein Dämon wie Dante, Nero oder Vergil, könnte er einfach wie ein Wirbelwind ins Dämonenlager fahren, alles kurz und klein hacken ohne Rücksicht auf Verluste und seine Freunde befreien. Seine Wunden würden binnen Sekunden heilen und er hätte genug Ausdauer, um selbst nach einem harten Kampf noch stundenlang zu rennen. Doch so... Seneca sah nach oben. Der Mond stand hoch und voll am Himmel. Jetzt, nach dem langen Regen, war die Helligkeit, die er verströmte, geradezu blendend. Der junge Dämonenjäger kam sich vor wie mit einem Leuchtfeuer gekrönt, obwohl er sicherlich für menschliche Augen kaum zu erspähen war. Aber leider waren diese Augen, die auf ihn warten und nach ihm Ausschau halten würden, nicht menschlich... Der Vampir beugte sich über ihn, ein Tropfen Blut, vermischt mit Speichel, tropfte von seinen Fängen und seinem Opfer direkt ins Gesicht, auf die rechte Wange. Vergil biss vor Zorn die Zähne zusammen. Oh, wie er ihn hasste! Aber er konnte nichts tun! Ariev lächelte, zeigte erneut die spitzen Zähne und strich über Vergils Kinn. "Nein, wirklich, Vergil, du bist und bleibst ein unbeweglicher Eisblock!", neckte er den Halbdämonen und fuhr mit den krallenartigen Fingernägeln über Vergils Haut, ritzte sie und leckte dann das austretende Blut gierig auf. "Aber solange Abschaum wie du auch noch so gut schmeckt, habe ich nichts dagegen!" Vergil fauchte: "Das würde dir so passen! Nimm dich nur ihn Acht, irgendwann wirst du schon noch sehen, was du davon hast!" Der blasse Vampir grinste breit, strich Vergil sanft über das Gesicht, um seine Hand dann brutal in das Haar des Halbdämonen zu krallen und seinen Kopf tief ins Kissen zu drücken. "Ich an deiner Stelle wäre vorsichtig, wie weit ich es treibe, Vergil. Auch meiner Geduld sind Grenzen gesetzt!" Arievs Stimme klang freundlich, doch der Schwertmeister spürte deutlich die bitterernste Warnung in seinen Worten. "Ja? Aber was willst du mir denn sonst noch antun?", fragte er gespielt resigniert. "Noch viel mehr kannst du nicht tun. Du hast selbst gesagt, dass mich Schmerzen nicht interessieren." Im selben Augenblick wusste er, dass er den Bogen überspannt hatte, denn wo zuvor noch Zurückhaltung geherrscht hatte, nahmen Arievs Züge einen Ausdruck glühenden Zornes an. "Denkst du das tatsächlich, du Nichts von einem Mischling? Oh ja, es ist wahr, dich können Schmerzen nicht beeindrucken, aber es gibt noch etwas, das dir sehr viel mehr wehtun wird!" Er warf sich das Haar zurück. "Mal sehen, wie groß dein Selbstvertrauen nach dieser Nacht noch ist!" Zugleich legten sich seine langen Finger auf Vergils bloße Brust. Die Linke krallte sich in die helle Haut, die rechte jedoch glitt abwärts, bis auf die Hose hinab. Vergil zuckte zurück, wollte die Hand wegschlagen, doch ehe der Halbdämon reagieren konnte, drückte der Vampir die Krallen so tief in Vergils Brust, dass diesem die Luft wegblieb. Die Rechte drückte zu und Vergil ächzte vor Schmerz. "Ich weiß, dass dich Schmerzen nicht berühren. Doch es gibt noch weit subtilere Methoden, um einen Gefangenen seines Stolzes zu berauben, glaub mir. Ich habe Jahrtausende Zeit gehabt, um deinesgleichen studieren und brechen zu lernen!" Er nahm die blutigen Krallen von der Brust des Halbdämonen - die Wunden heilten natürlich sofort - und fasste sein rotes Haar, riss sich zwei oder drei Haare aus und packte dann die Handgelenke von Spardas Sohn. Vergil versuchte, sich aus der Umklammerung herauszuwinden, musste sich jedoch geschlagen geben, als Ariev die ausgerissenen Haare um seine Gelenke schlang und seine Hände fesselte. Die dünnen roten Haare waren fest wie Stahlseile, Vergil gelang es nicht, sie zu zerreißen, auch dann nicht, als Ariev ihn kurz losließ, um noch ein weiteres Haar aus seiner Mähne zu fischen. Vergil keuchte, als der Dämonenfürst seine gefesselten Handgelenke nahm und sie über dem Kopf des Halbdämonen an den Bettpfosten band. Dann sah ihn der rothaarige Dämon an. "Und, schon nicht mehr so selbstsicher, Vergil? Das war erst der Anfang!" Ariev lächelte, es hätte freundlich sein können, wenn sich nicht seine Hand schon wieder auf zuvor erwähnte Stellen verirrt hätte. "Behalt deine Pfoten bei dir!", schnappte Vergil, doch Ariev lachte nur. "Nicht doch, wir fangen doch erst an! Hörst du mir denn nicht zu?" Wiederum schloss sich seine Hand um Vergils Körper und der Halbdämon biss die Zähne zusammen, um nicht aus Versehen eine Kanonade von Beschimpfungen loszulassen. "Gar nicht mal schlecht. Hätte nicht gedacht, dass du dich beherrschen kannst!" Arievs Hand zog sich zurück, nestelte am Hosenknopf herum, während die Linke ihn nahezu spielerisch an den Haaren zog. Der Schwertmeister warf dem Dämonenfürsten einen Blick zu, der ihn sicherlich umgebracht hätte, wenn Blicke denn töten könnten. Doch so stachelte es Ariev nur dazu an, es weiter voranzutreiben. Seine langen Finger lösten den Knopf, öffneten die Hose und wühlten sich unter Vergils Wäsche. Ein Schleier flammenden Rots flog über das Gesicht des Halbdämonen, als er Arievs eiskalte Hand an Stellen spürte, wo er sie absolut nicht haben wollte. "Finger weg!", zischte Spardas Sohn, doch Ariev lachte nur. "Siehst du? Ich habe es dir doch gesagt. Ich weiß, wie man selbst deinesgleichen brechen kann!" Vergil fauchte, aber ohne Erfolg, stattdessen begann Arievs klamme Hand auch noch, den Bereich zwischen Hüfte und Knien zentimetergenau zu erfassen. Der Dämon lachte, als Vergils Gesicht die Farbe einer reifen Erdbeere annahm. "Ich weiß nicht, aber irgendwie bekomme ich doch Lust auf noch mehr Blut in deinem Gesicht!" Er begann, seinem Opfer mit beiden Händen die Hose auszuziehen und kicherte dabei wie ein vergnügtes Schulmädchen. Als Vergil schließlich unbekleidet neben ihm lag, grinste der Vampir. "Nein, ist das schön. So viele unberührte Adern, in die man beißen könnte!" Sein Gebiss funkelte und in Vergils Gedanken blitzte Angst auf. Er hatte sich schnell wieder unter Kontrolle, doch nicht schnell genug, um Ariev nicht seine Furcht zu offenbaren. "Endlich! Wusste ich es doch!" Seine Fingernägel gruben sich brutal in die Hüften des Halbdämonen, rissen blutige Furchen in die helle Haut, als Ariev die Hände abwärts zog. "Verdammter..." Vergil vollendete den Satz nicht, als er Arievs Zunge auf den heilenden Wunden spürte. Das rote Haar strich weich über seine bloße Haut, kitzelte ihn und ließ ihn den Vampir innerlich verfluchen. Ariev richtete sich auf. "Ich frage mich... was passiert wohl..." Seine blutigen Fingernägel legten sich erneut auf Vergils Haut, auf die Stelle, wo der Dämonenfürst zuvor mit dem Kratzen innegehalten hatte, doch wiesen sie eindeutig in eine andere Richtung. Ekel wallte in dem Weißhaarigen auf. Das wollte dieser Perverse doch nicht wirklich? Aber Ariev tat ihm den Gefallen nicht. Er schlug die Klauen erneut in die Haut und zog die Hände zusammen bis sich die Furchen trafen. Und natürlich gierte der Vampir auch nach dem Blut seines Gefangenen. Vergil erschauerte vor Ekel. "Willst du wohl bald aufhören?", flehte er so leise, dass er es selbst nicht verstand. Doch Ariev verstand die Worte sehr wohl und lächelte. "Nein, noch ist es noch nicht genug. Und das weißt du." Als der Dämon sein eigenes Gewand löste und schließlich abstreifte, versuchte Spardas Sohn sich loszureißen, doch das stählerne Haar gab nicht einmal einen Millimeter nach. Arievs eiskalte Haut drückte sich an seine. Vergil stieß zischend den Atem aus, als sich der Vampir genüsslich auf ihm ausstreckte und seine Wärme in seinen leichenhaften Körper aufsaugte. "Mmmh, du bist aber auch schön warm, kleines Nichts von einem Halbdämonen!", lächelte Ariev und sein Haar strich über Vergils Nase und brachte ihn zum Niesen. Er fauchte: "Verflucht sollst du sein, du Sohn eines..." "Nein, nein, keine Gewaltausdrücke bitte!", schnitt ihm der Dämonenfürst das Wort ab. "Ich will sehen, wie du reagierst, wenn ich wirklich tue, was du schon die ganze Zeit über am meisten fürchtest!" Seine Hand tastete über Vergils Körper, schloss sich um bekanntes Körperteil und ließ den Halbdämon die Augen verdrehen. "He, dass du mir nicht vor Schreck wegstirbst!", kicherte Ariev und drückte zu, was den Weißhaarigen vor Schmerz aufstöhnen ließ. "Ariev!" Die goldenen Augen des Rothaarigen wurden groß. "Ja?" "Lös... die Fesseln..." Vergil hasste sich selbst - und sein Gegenüber verständlicherweise noch mehr, dass er von dem Vampir dazu gezwungen wurde, ihn um etwas zu bitten, aber noch länger würde er dieser Folter nicht standhalten, das wusste er. Es war die einzige Möglichkeit, das Gesicht nicht ganz zu verlieren. Doch diesen Gefallen tat ihm der Rothaarige nicht. Vielmehr zwang er die Beine seines Opfers mit Gewalt auseinander. "Ich denke, du leidest noch nicht ganz genug!" Ariev hob mit einer Hand die Hüfte Vergils an und brachte sich in eine hockende Position, obwohl dieser zu toben begann. "Nein, wohl noch nicht. Also bleibt mir nur noch eines zu tun..." "Nein, du widerliches Stück Dreck! Das wirst du nicht tun!" Vergil riss an seinen Fesseln, warf sich herum und wand sich wie ein Aal in seiner Not, als er sah, wie erregt der Vampir von ihm war. Doch nichts half ihm, auch nicht, dass er seine Bemühungen noch einmal steigerte, als er Arievs lächelndes Gesicht näherkommen sah. Zum bestimmt hundertsten Mal senkten sich die scharfen Fänge in seine Haut, zerstachen die Adern, die ewig eisigen Lippen saugten das Blut heraus und ließen nur die Kälte zurück. Doch diesmal spürte der Halbdämon mit Entsetzen und Abscheu, wie Ariev noch an einer zweiten Stelle in ihn drang - ungleich schmerzhafter und rücksichtsloser. "Nein... nicht..." Seine Finger schlossen sich um die dünnen und doch unzerreißbaren Haare, seine eigenen Fingernägel bohrten sich in seine Handflächen, während in ihm der Zorn wuchs, größer als jemals zuvor. Er schwor sich, wie er so als Sklave unter dem Vampir lag, diesen büßen zu lassen, je blutiger, desto besser. Ariev würde bluten für seine Taten. Es würde ihm nicht gelingen, ihn, Vergil, Sohn Spardas, zu zerbrechen. Niemals. Selbst dann, als Ariev brutaler und brutaler wurde und Vergil den Rücken überkrümmte und sich seine Brust vom Laken abhob, sein Kopf sich tiefer ins Kissen drückte als ein sengender Schmerz ihm das Rückgrat hinaufschoss, schrie er nicht auf. Kein Wort, kein Laut des Schmerzes kam über seine Lippen. Sein Stolz würde nicht brechen, niemals. Auch dann nicht, als der Vampir erschöpft und überheblich grinsend von ihm abließ und ihn keuchend, ausgesaugt und zerschlagen zurückließ. Vergil wusste, dass sein Zorn ihm zu gegebener Zeit die nötige Kraft geben würde, um Ariev endlich seiner gerechten Strafe zuzuführen. Nur... jetzt war diese Zeit noch nicht gekommen. Dies war sein letzter Gedanke, dann driftete er davon in eine tiefe, traumlose Schwärze... ah, und das wars also wieder. ich hätte nicht gedacht, dass ich zu sowas fähig wäre... *erröt* und dabei hab ich gewisse Wörter mit Absicht vermieden! *zu Boden schau* Gottogott ist das peinlich, das zuzugeben... ^^ ich bin wirklich zu prüde! aber ich hoffe, es gefällt trotzdem! und hier schon obligatorisch: Kommis sehr erwünscht, egal ob Kritik oder Lob! Kapitel 18: Freiheit und Tod ---------------------------- ^^ na dann werd ich jetzt wohl mal zumindest ein Rätsel entschärfen, oder? Ich hoffe, meine Lösung gefällt euch... Als sich der Dämonenjäger regte, ging gerade die Sonne unter. Seneca streckte sich und sah hinunter auf den Boden. Alles schien ruhig. Keine Anzeichen von einem Entdecken. Der junge Mann grinste. Die Dämonen waren den Tag über immer wieder unter ihm vorbeigeschlichen, stets nach Eindringlingen wie ihm Ausschau haltend. Sie hatten nicht geahnt, dass Seneca ihnen näher war, als sie es sich vorstellen konnten, dass er sie hätte töten können, ehe sie auch nur begriffen, dass sie attackiert wurden. Hier, in der Krone der mächtigen Eiche, in der er saß, war er unentdeckbar für alle Gegner. Seneca hegte keine Angst, dass sie ihn zufällig entdecken könnten. Das Laub der Eiche verbarg ihn zuverlässig, außerdem sah kaum einer der Dämonen je nach oben. Doch lange würde er hier nicht mehr bleiben. Der Dämonenjäger sammelte seine Ausrüstung auf und machte sich bereit, den Baum hinabzuklettern. Als dann die Patrouille vorbei und zwischen den Baumstämmen verschwunden war, packte er den Ast, auf dem er stand und ließ sich nach unten gleiten. Seneca war vorsichtig, er achtete genauestens darauf, dass er kein noch so kleines Geräusch verursachte, als er sich immer tiefer hinabhangelte, bis er schließlich federnd auf dem Waldboden landete. Er sah sich um. Keine Spur von umherstreifenden Dämonen, der Mond wurde immer wieder von vorbeiziehenden Wolken verdeckt. Seneca stellte mit Freude fest, dass sich ein dichter Nebel am Boden bildete und langsam aufstieg und den Wald in weiße Schlieren hüllte. Er traute sich zu, mit der verminderten Sehfähigkeit Dämonen trotzdem schnell genug entdecken zu können und hoffte, dass seine Gegner es ihm einfach machten, indem sie ihn nicht bemerkten. Langsam schulterte er das Gewehr und machte sich auf den Weg in Arievs Heiligtum... Dann, etwa eine Stunde später - der Mond stand hoch und leuchtend am Himmel, erreichte er das Zentrum des Dämonenunterschlupfs. Seneca hatte unterwegs immer wieder an Wachposten vorbeischlüpfen müssen, er war glücklicherweise noch nicht dazu gezwungen gewesen, Shiranui oder die Laserpistole zu benutzen. Er hoffte, dass sein Glück noch weiter anhalten würde. Da sah er, wie eine rothaarige Gestalt in Begleitung von gut zwanzig Dämonen die Lichtung verließ. Die Untergebenen des Dämonenfürsten waren schwer bewaffnet und auch Ariev selbst trug Schwert und Dolch. Seneca musste an sich halten, um nicht laut aufzujubeln. Der Rotschopf würde höchstwahrscheinlich länger fortbleiben, was bedeutete, dass der schlimmste Gegner, auf den er treffen konnte, nicht im Lager war! Seine Chancen, Nero und Vergil zu befreien, erhöhten sich somit drastisch! Der junge Dämonenjäger lächelte grausam. Jetzt wurde es Zeit, ein paar der Kreaturen in die Hölle zurückzuschicken! Leise wie ein Schatten glitt er aus seinem Versteck, huschte wie ein kleines Nagetier von einer zur nächsten Deckung und näherte sich seinem Ziel immer weiter. Als er nur noch wenige Schritte von dem Baum entfernt war, unter dem das unterirdische Verlies lag, in dem er mit Nero und Vergil gefangengehalten worden war, bemerkte er, dass vor einem Höhleneingang ein Dämon herumlungerte, der verdächtig danach aussah, als würde er irgendetwas bewachen. Seneca runzelte die Stirn. Was mochte sich darin befinden? War das etwa das Gefängnis seiner Freunde? In diesem Moment sah er, wie der Dämon den Kopf in den mit Vorhängen verhängten Höhleneingang hineinstreckte, befriedigt nickte und dann - Seneca konnte sein Glück nicht fassen - seinen Posten verließ, um zu einem der zahlreichen Lagerfeuer hinüberzuwanken und sich etwas zu essen zu holen. Der Dämonenjäger glitt hinüber zum Höhleneingang, warf noch einen letzten sichernden Blick in die Runde, bemerkte jedoch, dass niemand dem Eingang oder ihm selbst Aufmerksamkeit schenkte und huschte ins Höhleninnere. Wärme schlug ihm entgegen, als er in einen von zwei Fackeln erhellten Raum blinzelte. Hier befand sich offenbar eine Wachstube und... Wachen! Seneca bemerkte die drei Dämonen, die an einem grob gezimmterten Holztisch saßen im selben Augenblick wie sie ihn. Er fluchte, riss zwei der Shiranui-Schwerter und das längliche Verbindungsstück hervor und setzte sie im Laufen zusammen. Die Dämonen waren so überrumpelt, dass sie einfach nur dasaßen und den Dämonenjäger entsetzt anstarrten. Seneca krachte in sie und enthauptete den einen so schnell, dass die Kreatur nicht einmal dazu kam, ihre Waffe zu heben. Doch die zwei anderen fassten sich, zückten ihre langen rostigen Sensen und gingen in Kampfstellung. Seneca fasste die Laserpistole mit der Rechten und das Schwert mit den Klingen auf beiden Seiten mit der Linken. "Na dann kommt!", flüsterte er und ließ sie kommen. Er fing beide synchron geführten Sensenhiebe mit den zwei Schwertern ab. Schmerz schoss ihm den Arm hinauf - die Dämonen waren kräftiger als angenommen! Doch anstatt die Waffe fallenzulassen, biss Seneca die Zähne zusammen, hob die Pistole auf Kopfhöhe des einen Dämonen und drückte ab. Der Dämon wurde zurückgeschleudert und zerfiel augenblicklich zu Staub. "Volltreffer...", murmelte Seneca und wollte auf den zweiten verbleibenden Dämon anlegen, doch dieser gestaltete sich als schwierigerer Gegner. Die Sense pfiff nur Millimeter an Senecas linker Schulter vorbei, ließ den Dämonenjäger zurückzucken. Das Geschöpf zögerte keine Sekunde, sondern setzte Seneca nach, schlug immer wieder nach ihm. Seneca gelang es nicht, die Waffe dazwischenzubringen, der Dämon unterlief die Schwertklingen immer wieder, zwang den Dämonenjäger, immer weiter und weiter zurückzuweichen, wenn er sich nicht in Stücke schneiden lassen wollte. Schließlich spürte der junge Mann den kalten Stein der Höhlenwand im Rücken. Der Dämon kreischte triumphierend auf, hob die Sense und ließ sie dann auf Seneca niedersausen, der die Schwertklingen fallen ließ und sich im letzten Moment nach vorne warf, der Kreatur direkt in die Arme. Seine Schulter landete auf der Brust des Dämonen, warf diesen glatt um und prellte ihm die Sense aus der Hand. Noch ehe der Höllenbewohner die Waffe wieder fassen konnte, hatte der Dämonenjäger die Pistole auf ihn gerichtet und drückte emotionslos ab. Er brauchte diesmal zwar zwei Schüsse, weil das Geschöpf noch zappelte, trotz durchlöchertem Schädel, aber schlussendlich gelang es ihm, auch noch den letzten seiner Gegner zu schlagen. Seneca streckte sich, hob seine fallengelassene Waffe vom Boden auf und baute sie wieder auseinander. Dann versteckte er die Sensen der drei gefallenen Dämonen, indem er sie in den Schatten unter dem Tisch legte. Er hoffte, dass zufällig hereinschauende Dämonen nicht so gute Augen hatten, dass sie die Waffen fanden. Dann wandte er sich einer der beiden mit Vorhängen verhüllten Türen zu. Er fand sich in einer Waffenkammer wieder. Überrascht erkannte er, dass ihm die Waffen bekannt vorkamen! Grinsend trat er an den Tisch heran, auf dem die Waffen aufgereiht lagen. "Ihr macht heute aber ganz schön viele Fehler, meine Lieben!", meinte er und griff nach seiner Bazooka. Die anderen Gegenstände ließ er liegen, obwohl es ihn in den Fingern juckte, über die Scheide von Vergils Yamato zu streichen und das schlanke Schwert herauszuziehen und zu betrachten. Er nahm sich vor, die Waffen zu holen, wenn sich eine Gelegenheit ergab, erneut unbemerkt in die Waffenkammer zu kommen. Er verließ den kleinen Raum wieder, um das letzte verbleibende Zimmer zu untersuchen. Dieser Raum war anders als die anderen. Er war behaglich eingerichtet. Schwere Vorhänge bedeckten einen Teil der Felswände und statt der qualmenden und rußenden Fackeln hingen hier Laternen. An einer Wand stand ein großes Bett. Ariev muss hier wohnen, dachte Seneca und trat weiter in den Raum hinein. Der dicke Teppich dämpfte jeden Schritt und ließ den Dämonenjäger den Kopf schütteln. So hatte er den Vampir nicht eingeschätzt. In diesem Moment sah er, dass in dem Bett jemand lag. Überrascht wich er einen Schritt zurück, seine Hand flog zu einem der Shiranui-Schwerter. Doch dann hielt er verblüfft inne. Er kannte diese Gestalt auf dem Laken! Verwirrt trat er näher und erkannte eine Schopf weißen Haares. "Was zum...?" Seneca sah auf Vergil hinab, der offenbar tief schlief. Sein Arm lag um das Kissen geschlungen, Seneca konnte deutlich die starken Muskeln daran erkennen. Vergils Körper war nur von einer dünnen Decke bedeckt, die aufgrund der Tatsache, dass sie den Oberkörper des Schwertmeisters entblößte, deutlich preisgab, dass der Halbdämon nicht eben viel anhatte. Doch der junge Mann erkannte auch die Blutspuren auf dem Laken und der Decke. Ariev musste ihn als Opfer missbraucht haben - und wohl noch zu mehr, wenn er die Zeichen richtig deutete. Zögernd fragte er sich, was er nun tun sollte. Er konnte ja Vergil schlecht aufwecken, wenn dieser so gut wie nichts anhatte! Doch dann schüttelte er den Kopf und berührte den Halbdämonen entschlossen an der nackten Schulter. Zuerst passierte gar nichts, doch als Seneca Spardas Sohn leicht schüttelte, schlug Dantes Zwilling die Augen auf. Der junge Mensch erkannte entsetzt, dass Angst in den Augen des Halbdämonen stand, die sich jedoch sofort verflüchtigte und Überraschung Platz machte, als er Seneca erkannte. "Ich bins, Vergil! Ich bin hier, um dich und Nero zu befreien!" Vergil rollte sich auf den Rücken, wobei er sorgsam achtgab, dass die Decke nicht verrutschte und mehr offenbarte, als unbedingt sein musste. Seneca sah, wie dem Halbdämonen die Röte ins Gesicht schoss, als ihm bewusst wurde, dass die Blicke des Menschen seine bloße Brust fixierten. Dann, Seneca lag eine Frage auf der Zunge, überraschte ihn Vergil erneut. Peinlich berührt zog Spardas Sohn die Bettdecke bis zum Kinn hoch und wich scheu dem Blick seines Retters aus. "W...was ist passiert?", traute sich Seneca zu fragen und Vergil drehte den Kopf weg. "Du willst es nicht wissen." Der junge Mann zögerte, doch dann dachte er, es sei besser, den Halbdämonen in Frieden zu lassen. Er drehte sich um und gab Vergil so die Gelegenheit, aus dem Bett zu steigen und sich anzuziehen. Als sich - entgegen seiner Vermutung - nichts rührte, wandte er sich wieder um. Vergil lag noch immer auf dem Bett, reglos, mit geschlossenen Augen. Seneca sah, dass Tränen in seinen Augen standen. Entsetzen lähmte ihn. Was mochte Ariev dem Schwertmeister angetan haben, dass dieser nun so zusammenbrach? "Was ist passiert?", fragte der Dämonenjäger nun doch. Vergil gab ihm keine Antwort, sondern blieb nur weiter bewegungslos liegen, während sich seine Hände in die Bettdecke krallten. "Vergil?" Der Halbdämon schlug die Augen auf und Seneca konnte nun deutlich sehen, wie feucht die hellen Augen waren. "Dreh dich um!" Der junge Mann glaubte eine Spur von Pein in der Stimme von Spardas Sohn zu hören, aber er war sich nicht sicher. Gehorsam tat er, was der Schwertmeister verlangte und diesmal hörte er, wie Vergil aus dem Bett stieg, seine Kleider vom Boden auflas und hineinschlüpfte. Dann trat der Halbdämon an ihn heran und meinte: "Was machst du hier?" Seneca sah auf und erkannte, dass Vergil sich wieder angekleidet hatte. "Ich bin entkommen und wollte dich und Nero retten, damit wir dann Dante befreien können!" "Nero ist nicht mehr hier. Ariev hat ihn fortschaffen lassen." Seneca nickte. "Das ist gut. Dann brauchen wir uns zumindest um ihn nicht zu kümmern. Sehr gut, die Flucht wird so einfacher." Er sah, wie sich Vergils Züge verhärteten. "Ich gehe nicht." "Was? Warum nicht? Bist du wahnsinnig? Wir müssen hier weg, bevor Ariev zurückkehrt!" "Nein. Du kannst gehen. Ich werde bleiben. Ich habe noch eine Rechnung mit ihm offen." Senecas Augen weiteten sich in ungläubigem Erstaunen. "Das ist nicht dein Ernst! Du willst doch nicht ernsthaft...?" Ein Blick in Vergils erstarrtes Gesicht zeigte ihm, dass der Schwertmeister es durchaus ernst meinte. "Ariev wird sterben, möglichst qualvoll. Es ist deine Sache, ob du hierbleiben und zusehen willst oder ob du gehst. Ich bleibe." Der Dämonenjäger schüttelte den Kopf. "Das ist Wahnsinn. Glaubst du im Ernst, dass du es mit ihm aufnehmen kannst?" Der Halbdämon lachte leise auf. "Ich weiß, dass ich es kann!" "Sicher! Und du hast dich von ihm so zurichten lassen, um seine Kraft zu testen, oder?", schoss Seneca trocken zurück. Vergil warf ihm einen eisigen Blick zu, doch der Mensch war noch nicht fertig. "Du weißt sicher schon, wie du ihn besiegen kannst, nicht wahr? Zur Not machst du dich einfach noch einmal zum Opfer und ermüdest ihn einfach, oder? Dann kannst du ihn hinterher ganz ohne Probleme erledigen - wenn du bis dahin noch lebst, versteht sich!" Vergils Mundwinkel zuckten, aber Seneca hatte sich in Rage geredet. "Wobei, ich bin mir noch nicht so sicher, dass er dich wirklich umbringen will mit seinen Aktionen. Könnte sein, dass er dich am Leben erhalten will, damit du ihn auch weiterhin amüsierst! Also er sah im Gegensatz zu dir fit aus wie ein Turnschuh, als ich vorhin sah, wie er das Lager verließ. Wer weiß, vielleicht kommt er halbtot zurück und du hast dann auch leichtes Spiel mit ihm? Wobei, ich glaube eher, dass es nach wie vor so sein wird, dass er dich mit Leichtigkeit schlagen kann und dich diesmal endgültig umbringt. Aber lass dir von mir nicht den Spaß am Sterben verderben, ich bin ja nur ein dummer Idiot von einem Menschen!" Vergil sah ihn verblüfft an, hatte sich dann aber rasch wieder unter Kontrolle. "Sei vorsichtig, du weißt, mit wem du sprichst!", antwortete er mit tödlich leiser Stimme und Seneca schüttelte den Kopf. "Oh ja, das weiß ich. Erinnere dich, ich habe dich gerade eben noch gesehen! Mich würde es nicht wundern, wenn du auf der Stelle zusammenbrechen würdest! Dein Gesicht ist bleich wie das Laken da! Gib es doch endlich zu, ohne Hilfe kommst du hier nicht mehr heraus! Aber wenn es für dich annehmbar ist, würde ich dich gern darum bitten, zunächst mit mir nach Nero zu suchen, ehe du dir von Ariev die Haut vom Leib schälen lässt!" Der Halbdämon zögerte, dann wandte er den Kopf ab. "Also gut. Ich helfe dir, Nero zu finden. Aber zuerst will ich meine Waffen holen!" Er ging voraus in Richtung Waffenkammer. Seneca folgte ihm grinsend. Indem er dem Schwertmeister die Gelegenheit gegeben hatte, sich aus der Affäre zu ziehen, ohne das Gesicht zu verlieren, hatte er Vergil auf seine Seite gebracht. Nun mussten sie nur noch entkommen! Als sie endlich alle Waffen so verstaut hatten, dass sie beide laufen konnten, ohne zusammenzubrechen - wobei Vergil den Großteil der Gegenstände trug - schlichen sie zum Eingang zurück. Seneca stellte leise fluchend fest, dass sich der Nebel größtenteils verzogen hatte. Sie würden gut zehn Meter ohne Deckung über die Lichtung laufen müssen. Er seufzte und sah Vergil fragend an, der ohne zu zögern nickte und ihm winkte, er solle vorauslaufen. Seneca atmete tief durch und zog den Vorhang zurück. Dann schoss er ohne ein Wort nach draußen, Vergil nur einen halben Schritt hinter sich spürend. Sie hätten es fast geschafft. Doch bei den letzten drei Schritten entdeckte sie einer der Dämonen und schlug sofort Alarm. Der Schwertmeister fluchte und wollte sich umdrehen und kämpfen, doch Seneca warf einen Blick über die Schulter und rief ihm zu: "Es hat keinen Sinn! Das sind viel zu viele, die schaffen wir nie alle!" Er sollte Recht behalten, denn binnen einer halben Minute waren ihnen bestimmt zweihundert Dämonen mit gezogenen Waffen auf den Fersen. Vergil gab sein Unterfangen auf und rannte hinter dem Dämonenjäger her. Sie preschten durch den Wald, hängten die Dämonen langsam ab. Seneca brüllte vor Vergnügen, als er sich zwischen den eng beieinanderstehenden Baumstämmen hindurchwand und immer wieder die Zischlaute hörte, die die Dämonen ausstießen, wenn sie stolperten, mit ihren zerrissenen Gewändern hängenblieben oder Zweige ins Gesicht bekamen. Seneca und Vergil jedoch wanden sich wie Aale durch das Dickicht, sprangen behände über knotige Wurzeln und umgestürzte Stämme und duckten sich unter tiefhängenden Ästen hindurch. "Du bist... wahnsinnig!", keuchte Vergil und tauchte unter einem Dornzweig hindurch. Seneca grinste zurück: "Ich... weiß! Aber es... macht Spaß!" Der Halbdämon verdrehte die Augen, sagte jedoch nichts, sondern sparte seinen Atem. Dann, ganz plötzlich, waren sie aus dem Wald heraus, rasten über Wiesen und zwischen Steinen hindurch. Rechter Hand lag ein von Palisaden umringtes Menschendorf, zur Linken türmte sich ein Berg auf. Seneca riskierte einen Blick nach hinten und stellte überrascht fest, dass ihnen die Dämonen nicht gefolgt waren. Er blieb stehen und sank erschöpft auf die Knie herab. Vergil kam neben ihm zum Stehen und stütze sich auf seine Oberschenkel. Auch er keuchte, aber Seneca sah, dass auch auf seinem Gesicht ein Grinsen lag. Der junge Mensch lachte: "Das war... wirklich... eine... interessante... Erfahrung!" Der Halbdämon nickte und stieß schwer atmend hervor: "Trotzdem... Öfters... muss das... eigentlich nicht... sein!" Die beiden Flüchtlinge sahen sich an und grinsten sich an. "Jetzt... müssen wir... nur noch... Nero... finden!" Seneca stand müde auf. "Dann... können wir... Dante retten!" Vergil nickte stumm und der Mensch betete innerlich, dass er irgendwann den Hass auf Ariev vergessen würde - oder zumindest so lange wartete, bis ihnen Nero und Dante zur Seite standen. Als gar nicht so weit entfernt jemand die Augen aufschlug, stieg ihm als erstes der Duft von Heu in die Nase. Fluchend kam er auf die Beine - die etwa knietief im Heu versanken. Nero taumelte, rutschte aus und landete mit dem Gesicht in besagtem getrocknetem Gras. Er kämpfte sich wieder hoch, nieste und rieb sich die Augen. "Bah, wie das juckt!", rief er aus und klopfte sich dann den Heustaub aus den Kleidern. Er musste eingeschlafen sein, als er sich nur kurz niedergelassen hatte, um Pause vom Heu umschichten zu machen. Noch einmal nieste er heftig, dann packte er die Heugabel und stapfte zum Scheunenausgang. Seufzend sah er nach oben in den Himmel, der teils von Wolken verhangen, teils von Sternen übersät war. "Ah, wie sehr wünschte ich, die anderen wären jetzt hier!", seufzte er und lehnte das Werkzeug an die Schuppenwand. Dann wandte er sich zum Wohnhaus um, um den Rest der Nacht drinnen zu verbringen. Doch da sah er ein Licht an einem der gegenüberliegenden Berghänge und erstarrte. Seine Augen weiteten sich, als er eine ganze Linie von Lichtern erkannte. Er hastete nach drinnen, wo er sich Friedas Schrotflinte griff und dann wieder aus dem Haus jagen wollte, um den Eindringlingen den Laufpass zu geben. Doch dann hielt er inne, überlegte und hinterließ der Bäuerin schließlich ein paar kurze Zeilen, in denen er ihr erklärte, was passiert war. Eines wusste er. Es war kein Zufall, dass hier Fremde auftauchten. Und sie kamen wohl auch nicht in friedlicher Absicht, dafür trieben sich hier zu viele Dämonen herum. Nero schüttelte den Kopf. "Nicht einmal hier lassen sie mich in Frieden!" Er verließ das Haus und zog die Tür hinter sich zu. Dann, mit einem letzten Blick auf das Haus, machte er sich auf den Weg, um die Ankömmlinge gebührend zu begrüßen und sie von Friedas Heim fernzuhalten... Etwa eineinhalb Stunden später erreichte er die Wanderer. Ihre Fackeln hatten ihm zuverlässig den Weg gewiesen. Es waren tatsächlich Soldaten, wie Nero mit einem Schaudern an ihren grauen Rüstungen erkennen konnte. Doch weiter vorn ging noch einer, der einen langen, dunklen Mantel trug. Nero runzelte die Stirn. Dann atmete er tief durch, legte die Schrotflinte an und rief: "Keine Bewegung! Der erste, der sich rührt, ist ein toter Mann!" Die Soldaten fuhren herum, erstarrten dann aber, als sie Nero mit dem Gewehr in der Hand dastehen sahen. Alle bis auf einen. Der in dem Mantel trat näher. Nero richtete den Gewehrlauf auf ihn - und erstarrte. "D-das gibts nicht! Dante?" Vor ihm stand Spardas Sohn! Überraschung zeichnete sich auf dem Gesicht Dantes ab. "Nero? Was machst du denn hier? Ich dachte, du seist draußen irgendwo krepiert?" Der jüngere Halbdämon hielt verwirrt inne und Dante meinte: "Komm schon, Kleiner. Leg das Ding weg, bevor du dir damit noch wehtust!" Nero blieb irritiert stehen. "Aber... was machst du bei den Soldaten?" Er senkte zögernd die Waffe und Dante lächelte. "Nun, sagen wir es so: ich habe neue Verbündete gefunden." Der Halbdämon mit der Teufelsklaue entspannte sich und die Soldaten traten zu ihm heran. Zu spät merkte er, dass sie Waffen in den Händen hielten. Nero sah sich umzingelt und reagierte ganz instinktiv, indem er mithilfe des Devil Bringer seine Gegner zurückschleuderte. "Was tust du, Dante? Warum hetzt du diese Leute auf mich?", rief er vollkommen durcheinander. Auf dem Gesicht des Anderen breitete sich ein mildes Lächeln aus. "Ich glaube, ich muss dich auf den neusten Stand der Dinge bringen. Ich bin nicht mehr so harmlos wie früher..." Dante fasste den Griff Ivorys, zog die Pistole hervor und richtete sie auf Nero. "Und jetzt sei ein braver Junge und leg die Knarre weg, ja?" Nero riss die Augen auf, als er plötzlich auf den Lauf der Waffe und Dantes Hand, die diese Waffe hielt, starrte. "D-Dante, was soll das?" "Tu einfach, was ich dir sage!", verlangte Spardas Sohn, doch Nero schüttelte den Kopf. "Nein. Ich werde mich nicht kampflos ergeben, nicht, nachdem ich so viel durchgemacht habe, um freizukommen!" Dante zuckte die Schultern, meinte lässig: "Auch gut. Dann werden wir um einen kleinen Kampf wohl nicht herumkommen!" Er zog auch noch die zweite Pistole hervor und richtete sie auf Nero. Zu seinen Lakaien meinte er: "Haltet euch zurück. Dies ist ein Kampf zwischen Nero und mir!" Dann drückte er ab, bestimmt acht Mal hintereinander. Nero wich aus, sprang davon, schoss zurück und lud im Fliehen wieder nach. Dante folgte ihm nicht, sondern zielte seelenruhig auf ihn, verfehlte ihn aber immer wieder. Dann ging der jüngere Halbdämon zum Angriff über, näherte sich seinem Kontrahenden. Dieser sprang zurück, schoss erneut auf ihn und hetzte dann davon, um nachzuladen. Nero stockte. Was war das denn? Er setzte ihm nach, riss im Vorbeigehen einem Soldaten, der sich rasch duckte, das Schwert aus der Scheide und hob es, um Dante anzugreifen. Die Klinge war zu leicht für ihn, lag schlecht in seiner Hand, die doch die wesentlich schwerere, perfekt ausbalancierte Red Queen gewohnt war. Trotzdem, eine schlechte Klinge war besser als gar keine. Doch Dante hatte mit dieser Art des Angriffs gerechnet, steckte die Pistolen weg und zog sein eigenes Schwert. Neros Klinge krachte gegen Dantes, wurde zurückgeprellt und Nero erkannte eine tiefe Scharte darin. Dante grinste breit, schwang das Schwert, das Nero als Force Edge erkannte und schlug zurück. Der Jüngere konnte erst im letzten Moment ausweichen, konnte keinen Konter setzen. Immer wieder musste er Dantes Gewalthiebe parieren. Sein Arm begann zu schmerzen, wurde immer schwerer und schwerer, als sich der Kampf hinzog. Es wurde ein Duell, das wahrlich sehenswert war. Bei Fackelschein tauschten sie Schwerthiebe aus, setzten nach, wichen zurück und parierten oder feuerten Schüsse aus ihren Waffen ab. Beide suchten nach einer Lücke in der Verteidigung ihres Gegenübers. Nero war klar im Nachteil, aber es gelang ihm immer wieder, den Soldaten mit seinem Devil Bringer entweder die Pistolen oder die Nachlademagazine zu entreißen und so seine Schussbereitschaft aufrecht zu erhalten, obwohl er längst keine Munition für die Schrotflinte mehr hatte. Dante hingegen feuerte seine Pistolen meist so lange ab, bis beide Magazine leer waren, dann zog er sich zurück und lud rasch nach, ehe er mit einer Gewalt, die Nero immer wieder erstaunte, wieder auf ihn losging. Der Kampf zog sich immer weiter hin. Beide wurden müde, je später es wurde. Und dann endlich, als Nero schon fast die Hoffnung auf einen Sieg aufgegeben hatte, gab sich der ältere Halbdämon eine Blöße. Seine Klinge pfiff über Neros Kopf hinweg, als sich dieser unter dem gewaltigen horizontalen Hieb geduckt hatte. Nero stach zu, ohne Rücksicht zu nehmen. Er hätte nie damit gerechnet, dass er tatsächlich Dantes Deckung durchbrechen könnte. Aber er tat es. Seine schartige Klinge drang mit einem schrecklichen schabenden Widerstand in den Körper des anderen Halbdämonen, der vor Schmerz aufbrüllte. Nero wollte überrascht innehalten, doch Dante verlor das Gleichgewicht und trieb die Klinge nur noch tiefer in seinen Körper hinein. "Nein! Dante!" Nero schrie auf, als ihm das Schwert aus der Hand gerissen wurde. Dante taumelte, Blut rann ihm aus dem Mundwinkel, er sank auf die Knie hinab. Mit entsetzlicher Klarheit erkannte der jüngere Halbdämon, dass sein Freund tödlich getroffen war. Er würde sterben, wenn er nichts tat. Nero trat zu Dante hin, vielleicht konnte er ihm helfen, indem er die Klinge herauszog! Dann würde die Wunde vielleicht heilen! Entschlossen packte er das Heft des Schwertes, zog es aus Dantes Körper. Doch anstatt sich zu schließen, schoss ein Schwall hellroten Blutes aus der schrecklichen Wunde. Nero stiegen Tränen in die Augen, als er seinen Freund taumeln, schließlich in die Knie brechen sah. "Dante!" Mit einem einzigen großen Schritt war er bei ihm, fing ihn auf, als der andere Halbdämon vornüber zu kippen drohte. Der Halbdämon mit der Teufelsklaue legte Spardas Sohn sanft auf dem Boden ab. "Ruhig, Dante! Ruhig! Die Wunde wird heilen!" Was sie nicht tat. Nero sah mit Tränen in den Augen, wie der Blutfluss unverändert blieb. Dante wurde bereits kalt. "Ne...ro... rette..." Der Rest ging in einem Röcheln unter, Dante spie Blut. "Nein! Nicht sterben!", wimmerte Nero, doch er konnte nichts tun. Er sah, wie die Augen seines Freundes ihn fixierten, dann starr wurden und brachen. Sein Körper erschlaffte in Neros Armen. Der Jüngere begann zu schluchzen. "Nein, nicht! Dante!" Er presste den toten Körper seines Freundes an sich. Das weiße Haar war mit Blut durchtränkt, die Lippen blass. Nero heulte auf wie ein geschlagenes Tier. Da wurde er sich der Soldaten bewusst, die sich an ihn heranwagten. Nero sah nur noch die Waffen in ihren Händen, wusste, sie würden jetzt nicht mehr zögern, ihn zu töten. Er legte den Leichnam des älteren Halbdämonen ab, sprang auf die Füße und sah in die Runde. Er erkannte nur entschlossene Gesichter. Mit einem heiseren Aufschrei ergriff er die Flucht. Er rannte, rannte bis er Friedas Haus erreichte. Die Bäuerin erwachte von den schweren Tritten auf der Veranda und kam schlaftrunken die Treppe hinab. Als sie Nero erkannte, der blutbesudelt und völlig aufgelöst zur Haustür hereingestürmt kam, schaltete sie sofort das Licht an und trat zu dem Halbdämonen hin. Nero schluchzte auf und sie breitete die Arme aus. Er warf sich an ihre Brust und begann hemmungslos zu heulen. Sie schloss ihn in die Arme, strich über sein verschwitztes Haar und kümmerte sich nicht darum, dass er ihr Nachthemd mit dem Blut beschmutzte, sondern hielt ihn fest. Er weinte, bis er erschöpft zu Boden sank. "Was... h-habe ich getan? I-hich habe... Dante..." Frieda hielt ihn fest, strich ihm über das Haar wie eine Mutter ihrem Kind. "Beruhige dich, Nero. Es gibt einen bestimmten Grund dafür, da bin ich mir sicher! Schsch... ruhig!" Nero schüttelte den Kopf. "Nein! Er... er hat... mich angegriffen! Wieder und... w-wieder!" Er schluchzte. "Ich wollte ihn nicht... töten..." Die Frau nickte. "Ich weiß, Nero. Ich weiß. Scht, ich bin ja da!" Nero nickte und drückte sich an sie, die Augen vor seelischer Qual geschlossen und noch immer weinend. Er wusste, er würde dieses Bild, wie Dante in seinen Armen starb, nie wieder vergessen... und das wars von meiner Seite mal wieder! ^^ jaja, ich bin böse, nicht wahr? Ersetze ein Rätsel und bin dann so grausam. *böse grins* Kapitel 19: Eine tödliche Nacht ------------------------------- sorry, dass es so lange gedauert hat! *erröt* aber irgendwie hatte ich diverse Probleme bezüglich des Schicksals gewisser Personen. Ich hoffe, ich hab sie so hinbekommen, dass sie logisch erscheinen! *hofft auf Zustimmung* Schmerz. Nichts anderes. Nur Schmerz. Alles tat ihm weh. Sein Körper fühlte sich zerschlagen an. Seine Heilkräfte mussten aufgebraucht sein. Er würde sterben. Aber warum spürte er dann immer noch diese höllischen Qualen? War es nicht genug, dass... ja, dass was eigentlich? Er erinnerte sich an nichts mehr - glaubte er. Doch dann fiel es ihm langsam wieder ein. Nacht. Männer an seiner Seite. Ein nächtlicher Angreifer. Ein Feind, jünger als er. Ein kurzes Gespräch, an das er sich nicht mehr erinnern konnte, weil alles wie vernebelt war in seinem Gehirn, dann folgte ein schrecklicher Kampf. Er erinnerte sich im selben Maße, wie die Schmerzen in den Hintergrund traten. Dante stöhnte. "Wie... ist... das... nur möglich?" Er war doch getötet worden. Wie war es dann möglich, dass er ihm gegenübergestanden hatte? Dante spürte, wie seine Hände sich ohne einen bewussten Gedanken zu Fäusten ballten. Nero war tot gewesen, er hatte es gesehen! Und dennoch hatte er gegen ihn gekämpft - und verloren. Der jüngere Halbdämon schien talentierter zu sein, als es zuvor den Anschein gehabt hatte. Doch warum hatte er überhaupt gegen ihn gekämpft? Dante zermarterte sich das Gehirn, aber es wollte ihm nicht einfallen. Warum? Nero war sein Verbündeter - gewesen. Was immer er gesagt hatte, nach dem Kampf war der Jüngere bestimmt nicht mehr zu einem Bündnis bereit. Frustriert schlug er die Augen auf. Überrascht registrierte er, dass das Licht zwar blendete, aber erträglich war. Er war dem Tod nahe gewesen... tödlich verletzt durch Neros Klinge, die ihn unter der Achsel durchbohrt hatte. Seine Rechte fühlte sich taub an, aber keineswegs tot. Dante konzentrierte sich und stellte fest, dass er die Finger problemlos bewegen konnte, solange er den mittlerweile zu einem dumpfen Pochen abgeklungenen Schmerz ignorierte. Aber als er den Blick auf seinen Körper richtete, erkannte er keine Wunde, die sich schloss und auch keine, die sich vor Kurzem erst geschlossen hätte. Verwirrt richtete er sich auf - und bezahlte dies mit hämmernden Kopfschmerzen. Stimmt, dachte er, Nero hat mich einmal seitlich am Kopf erwischt. Er seufzte. Was war passiert? Um seinen Hals lag ein schwerer Ring aus Eisen, der seine Bewegungsfreiheit einschränkte. Unter normalen Umständen kein Hindernis, aber Dante war sich keineswegs sicher, auch nur auf beiden Füßen stehen zu können, ohne zu schwanken. Er fühlte sich schwach. Nicht einmal nach seiner absoluten Niederlage gegen Vergil damals hatte er sich nicht so erschöpft gefühlt. Sein Blick fiel auf eine Gerätschaft, die neben der schmalen Pritsche, auf der er lag, stand. Ein Tropf? Wozu das denn? Erschreckt zog er die Nadel aus seiner linken Armbeuge, die er zuvor nicht bemerkt hatte. Der Blutfluss versiegte nahezu sofort. Aber warum auf einmal so schnell? Dante war verwirrt. Gerade eben noch hätte er gewettet, in den nächsten zwei Minuten zu sterben und jetzt reagierte sein Körper wieder mit den gewohnten Fähigkeiten? Der Halbdämon verstand es nicht. Da hörte er, wie die Tür geöffnet wurde. Seine Augen wurden schmal, als er die vertraute Gestalt des großen Arztes erkannte. "Was willst du hier?", zischte er leise und sah mit leiser Befriedigung, wie Banes zusammenfuhr. "Du bist wach?" "Sehe ich tot aus?", schoss Dante zurück und der Arzt zuckte erneut zusammen. "Nein, wohl nicht..." "Ich warte auf eine Antwort, falls es dir entgangen sein sollte!" Der große Mensch ließ Kopf und Schultern hängen. "Ich weiß. Ich habe mich um dich gekümmert. Du warst sehr krank, weißt du? Das Mittel hatte starke Nebenwirkungen, die dich fast umgebracht hätten!" Dante runzelte die Stirn. "Was für ein Mittel?" Banes sah auf einmal aus, als hätte Dante ihn getreten. "Mist..." "Was? Rede endlich, verdammt! Ich kanns nicht leiden, wenn man dauernd nur um den heißen Brei rumredet!", entfuhr es Dante und der Arzt seufzte schwer. "Also gut... ich hätte dir nicht sagen dürfen, dass du ein Medikament bekommen hast! Tut mir leid, aber auch ich hab meine Vorgaben!" Dante schüttelte den Kopf. "Kannst du mit deinem Gelaber auch was aussagen? Verdammt, Medikamente dürften bei mir nichts ausmachen! Ich bin ein Dämon, schon vergessen? Mann, komm zur Sache!" "Entschuldige. Ich... es tut mir leid, dass ich dich angelogen habe..." "Angelogen?", Dante sah Banes verwirrt an. "Wann hättest du mich angelogen?" Der Arzt schüttelte den Kopf. "Die Projektion. Dein Freund ist nicht gestorben, an jenem Tag... es war eine Fälschung. Als er seine Teufelskralle eingesetzt hat, hat er unsere Streitkräfte überwältigt und ist geflohen. Er war zwar schwer verletzt, aber wir haben ihn mehr nicht finden können. Ryder hat mich angewiesen, es dir zu zeigen, damit wir deinen Willen brechen konnten. Es tut mir leid." "Meinen Willen... brechen? Wozu?" Dante war interessiert. Doch Banes schob der Diskussion den Riegel vor. "Das darf ich dir nicht sagen - noch nicht. Bitte, hab Geduld. Mit der Zeit werde ich dir immer wieder ein bisschen mehr verraten, ich verspreche es. Aber ich darf es dir jetzt noch nicht sagen. Wir brauchten dich geschwächt, sonst hätte es nicht funktioniert!" Dante seufzte und wandte den Kopf ab. "Du bist nicht sehr hilfreich." "Ich weiß!", jammerte Banes. "Aber sie reißen mir den Kopf ab, wenn ich es dir verrate! Bitte, Dante!" Der Halbdämon grinste. "Also gut. Spielen wir das Spielchen. Wenn es dich glücklich macht. Aber zuerst möchte ich alles wissen, was mit Nero danach passiert ist!" Banes sah krank aus. "Die Spur verlor sich. Wir wissen nur, dass er in die Berge geflohen ist. Mehr nicht. Aber er muss am Leben sein, denn er hat dich so zugerichtet." Wieder etwas, was Dante nicht verstand. "Woher weißt du das?" Der Arzt stöhnte gequält auf. "Ich darf es dir nicht sagen!" "Also gut! Na, geh schon, ich seh doch, dass du mir nichts mehr sagen wirst, bis du dir sicher sein kannst, dass es gefahrlos ist! Mir geht es gut soweit, deshalb bist du doch hergekommen!" Banes nickte und wandte sich zum Gehen. Der Halbdämon dachte schon, er würde ohne ein weiteres Wort gehen, doch der große Mensch meinte noch leise: "Ich bin froh, dass du lebst..." Dann ging er. Dante blieb zurück, allein gelassen und noch verwirrter als zuvor. "Was zum Geier habt ihr mit mir vor? Ich werde es herausfinden, das schwör ich euch! Aber zuerst..." Er ließ sich zurück auf die harte Pritsche fallen und legte den Kopf auf das dünne Kissen. "...brauch ich noch ein wenig Schlaf..." Dante schlief, noch ehe er den Satz vollenden konnte. "Hier ist es gut. Wir sollten vielleicht nicht mehr weitergehen. Nicht, dass wir uns noch verlieren oder uns verlaufen! So etwas können wir nicht gebrauchen, ich habe das Gefühl, dass uns die anderen beiden dringend nötig haben!" Seneca sah sich auf der kleinen Lichtung um und nickte zufrieden. Der Halbdämon in dem blauen Mantel blieb ebenfalls stehen und stierte in den Wald vor ihnen. "Diese zwei Narren sollen sehen, wo sie bleiben! Mich interessiert nur Ariev!" Seneca schüttelte den Kopf. "Unvernünftig wie immer, Vergil? Du erinnerst dich daran, was er mit dir angestellt hat, als du das letzte Mal versucht hast, dich gegen ihn aufzulehnen?" Vergils Kopf ruckte herum. In seinen Augen stand eisige Kälte. "Wag es nicht, mit irgendjemandem darüber zu sprechen, Mensch!" "Und wenn schon. Es ist vorbei." Langsam nahm der junge Dämonenjäger den Rucksack vom Rücken und begann, seine Ausrüstung auf der Lichtung auszubreiten. "Ein Zelt habe ich zwar nicht dabei, aber es dürfte auch so gehen, wenn wir ein Feuer machen!" "Kein Feuer!", zischte Vergil. "Sie finden uns, wenn wir ihnen einen solchen Hinweis geben!" Seneca, der nicht genau wusste, wen der Halbdämon mit "sie" meinte, seufzte. "Es ist zu kalt hier für ein Lager ohne Feuer. Wir würden erfrieren." "Du vielleicht." Kopfschüttelnd stemmte der junge Mensch die Hände in die Seiten. "Tu nicht so. Du bist auch noch nicht völlig wiederhergestellt. Außerdem kommst du ohne mich nicht gegen die Menschen - und gegen Ariev wohlgemerkt - an. Du brauchst mich. Und ich brauche ein Feuer. Okay, ein Kleines sollte reichen, aber zumindest brauche ich Wärme!" Vergil zog es vor, nicht darauf zu antworten. Ein Streit hatte wenig Sinn. Als sie dann beim Essen saßen, Seneca hatte einen einfachen Eintopf mit getrocknetem Fleisch zubereitet, das er als Proviant bei sich gehabt hatte, fragte der Mensch leise: "Glaubst du, wir haben eine Chance, Nero und Dante heil wiederzufinden?" Der Schwertmeister antwortete nicht. Dann, als Seneca sich wieder seinem Essen gewidmet hatte, meinte der Halbdämon: "Es kann mir egal sein, wie es ihnen geht, solange sie mir nur die Menschen vom Hals halten, damit ich mich um den Vampir kümmern kann!" "Immer am kämpfen, wie?" "Was geht es dich an?", fauchte Vergil plötzlich aggressiv. "Das ist nichts, was ein kleiner Mensch wie du versteht!" Seneca schüttelte langsam den Kopf. "Ich glaube, du irrst dich. Ich verstehe deine Motive sehr wohl. Du bist jemand, der immer danach strebt, stärker zu werden. Macht ist das Einzige, was für dich zählt. Wenn du eine Niederlage einstecken musst, gibt dir dein Zorn die Kraft, wieder aufzustehen und weiterzumachen. Allerdings ist es Ariev gelungen, diese Quelle zu zerschlagen. Und jetzt fragst du dich, wie du dieses Ungeheuer bezwingen sollst, am besten ohne meine Hilfe." Stille. Dann: "Was bist du? Psychologe? Verdammt, ich habe dich nicht um deine Meinung gebeten!" Seneca grinste. "Ich weiß. In der Hinsicht seid ihr euch sehr ähnlich, weißt du? Dante will auch nie wissen, was gut für ihn ist." Der Halbdämon schnaubte. "Sei ruhig und iss!" Der Mensch zog es vor, seinen eisigen Gefährten zufrieden zu lassen, bevor sein Essen kalt wurde. Doch Seneca wusste, er hatte der Maske des Anderen einen Hieb verpasst. Er musste nur noch sehen, ob dieser Hieb auch eine Kerbe geschlagen hatte... Nach dem Essen - es war bereits stockfinster - breitete Seneca seine Decken auf einem weicheren Fleckchen Moos aus, das noch in der Nähe des Feuers lag und kroch darunter. Die Nacht würde wirklich eisig kalt werden, dachte der Dämonenjäger, als er seinen Atem beobachtete, der als kleine Wölkchen in Richtung Himmel aufstieg. Er hoffte, dass ihm das winzige Feuer genügen würde... Seneca sah zu Vergil hinüber. Der Halbdämon lehnte an einem Baumstamm und starrte in den nachtschwarzen Himmel. Sein Gesicht zeigte einen merkwürdigen Ausdruck. Es war nicht so ausdruckslos und kalt wie sonst, sondern zeigte Spuren von... ja, von Sorge. Vergil hatte Angst, begriff Seneca. Auch wenn er es sonst gut verbarg, wenn er sich unbeobachtet fühlte, konnte man es sehen. Doch was nutzte es? Der Halbdämon würde nie zugeben, dass Zweifel an ihm nagten. Seneca schloss die Augen. Wenn sie die anderen beiden wirklich fanden, würde sich zeigen, wie das alles hier ausgehen würde. Wenn nicht - war es egal, denn Seneca wusste, dass er sterben würde, falls ihre Kraft nicht reichte. Müdigkeit senkte sich wie ein schwerer Schleier über ihn und er schlief binnen Minuten ein, mit dem Bild Vergils vor Augen, wie er in die Nacht starrte. Seneca erwachte zitternd, bebend. Sterne strahlten frostig vom Himmel herab. Sein Körper war ein einziger Eiszapfen. Er spürte seine Beine kaum mehr und seine Arme fühlten sich auch bereits taub an. Das Atmen tat weh in der eisigen Luft. Er wollte sich bewegen, wollte die Decke fester um seine Schultern ziehen, aber es war zu kalt. Er konnte sich kaum mehr rühren. Mit einem Mal wurde ihm bewusst, dass es zu kalt war. Das Feuer war nur noch ein schwaches Glimmen. Zu kalt... er würde erfrieren, wenn er kein Feuer mehr hatte! Doch er konnte nichts tun. Er würde sterben. Ohne die Möglichkeit, sich selbst zu retten. Es war zu kalt gewesen. Da bemerkte er eine Bewegung neben sich. Etwas streifte ihn. Dann spürte er, wie die Decke angehoben wurde und wie es spürbar wärmer wurde. Er war verwirrt. Doch dann erkannte er im schwachen Licht weiß schimmerndes Haar. Die Decke legte sich wieder um ihn. Gegen seinen Willen stiegen ihm Tränen in die Augen, als er begriff. Warmer Atem strich über seine leichenkalte Halsbeuge, er fühlte, wie sich ein warmer Arm um seine Schultern legte, seinen Kopf an eine warme Brust drückte und ihn vor dem Erfrieren rettete. Seneca schloss die Augen wieder und eine einzelne Träne rann ihm über das Gesicht. Vergil, dachte er nur, ich danke dir... An einem anderen Ort sah jemand müde aus dem Fenster. Nero und Frieda hatten sich lange unterhalten, ehe die Bäuerin den Jungen unterbrochen und ihn ins Bett geschickt hatte. Nero machte sich noch immer Sorgen. Frieda wusste, dass es ihn schwer mitnahm. Er hatte seinen eigenen Freund getötet. Es war ein Unfall gewesen, aber dennoch konnte Nero den Vorfall nicht einfach so abtun. Dieser andere Dämon hatte ihm sehr viel bedeutet. Und eben diese Zuneigung, die der Halbdämon empfand, raubte Frieda nun den Schlaf. Sie starrte nach draußen, als ob sie dort die Antwort auf ihre Fragen finden könnte. Warum war er in der Lage, zu leiden? Sie hatte immer gedacht, Dämonen wären nicht dazu fähig, Schmerz zu empfinden. Warum half er ihr? Warum erinnerte er sie nur so an ihren ermordeten Sohn? Nero war höchstwahrscheinlich fast ebenso alt wie sie selbst, wenn man bedachte, dass Dämonen wesentlich länger lebten als Menschen. Warum also... ihre weiteren Überlegungen wurden durch eine Beobachtung unterbrochen, die Frieda erschreckt zusammenzucken ließ. Am gegenüberliegenden Hang, etwas unterhalb der Baumgrenze, war Licht! Waren es die Soldaten, die Nero gejagt hatten? Oder war es ein Waldbrand? Wanderer würden kein Feuer über Nacht brennen lassen! Die Menschenfrau erhob sich von ihrem Platz am Fenster. Sie musste es überprüfen, am besten sofort! Solange es Soldaten waren, hatte sie nicht zu viel zu befürchten, aber wenn es tatsächlich ein Brand war - auch, wenn sie das nach dem langen Regen für unwahrscheinlich hielt - musste sie sich Sorgen machen. Leise, um Nero nicht zu wecken, ging sie die Treppe nach unten und nahm ihren schweren Mantel vom Haken. Als sie in die Stiefel schlüpfen wollte, hörte sie ein Knarren auf der Treppe. "Frieda? Was ist los?" Nero stand dort, schlaftrunken und nur mit einer Hose bekleidet. Frieda schüttelte resignierend den Kopf. "Geh wieder schlafen, ehe du dich noch erkältest!" Ihr Blick fiel anklagend auf seine bloßen Füße auf der kalten Treppe. Doch Nero erwiderte: "Du willst allein hinausgehen? Bei dieser Kälte?" Frieda nickte. "Glaub bloß nicht, das hätte ich noch nie getan. Ich habe ein Licht auf der gegenüberliegenden Seite gesehen. Ich muss nachschauen, ob es sich um einen Brand handelt, denn sonst bekommen wir ernsthafte Schwierigkeiten." Der Halbdämon seufzte. "Und wenn nicht? Was, wenn es Banditen sind? Warte kurz, ich komme besser mit!" "Das ist keine gute Idee! Es könnten Soldaten sein...", beeilte sich Frieda zu sagen, doch Nero hob die Hand und bedeutete ihr, zu schweigen. "Mit gewöhnlichen Soldaten werde ich fertig. Warte auf mich, wenn du unbedingt gehen willst. Allein lasse ich dich jedenfalls nicht los!" Frieda lächelte, als er wieder nach oben hastete und sich rasch anzog. Dann, als er wiederkam und sich durch das vom Schlafen verstrubbelte Haar fuhr, meinte sie: "Danke, Nero. Du weißt nicht, wie glücklich es mich macht, dass du hier bist." Der Halbdämon mit der Teufelsklaue lächelte verunsichert und schlüpfte in Mantel und Stiefel, als Frieda, bereits fertig angezogen, die Taschenlampe aus dem Schrank nahm und in ihre Handschuhe schlüpfte. Dann zogen die beiden los. Etwa zwei Stunden später, der Himmel war sternenklar und es war eiskalt, meinte Nero leise: "Hier irgendwo muss es sein. Mach das Licht aus, sonst sehen sie uns noch, wenn es tatsächlich Menschen sind. Ein Feuer ist jedenfalls nicht zu sehen." "Das heißt noch nichts!", flüsterte Frieda. "Vielleicht sehen wir es jetzt gerade nur noch nicht! Lass uns weitersuchen!" Nero zuckte resignierend mit den Schultern und folgte der Bäuerin. Er hoffte, dass es nichts ernstes war, was sie hier suchten... Kurz darauf stießen sie auf eine kleine Lichtung. Frieda wollte schon weitergehen, doch Nero, der die besseren Augen hatte, hielt sie zurück. "Warte! Ich glaube, wir haben unser Feuer!" Die Frau blieb stehen und sah zurück auf die friedlich aussehende Lichtung und entdeckte eine kleine Feuerstelle. "Du hast Recht! Das ist es! Aber wo sind..." Sie vollendete den Satz nicht, denn sie sah die dunkle Erhebung ein kleines Stückchen von dem erloschenen Feuer entfernt. "Oh mein Gott! Wer bleibt bei diesen Temperaturen außerhalb des Hauses, hat kein Zelt und lässt sein Feuer ausgehen?", fragte sie, doch Nero war schon auf dem Weg. Nero hatte eine Vorahnung. Soldaten hätten Wachen aufgestellt, Wanderer ein Zelt dabeigehabt. Doch wer keine Ausrüstung hatte, hatte auch keinen Unterstand, der ihm Wärme spenden konnte. Langsam und besonders leise trat er zu der Erhebung, die er als menschliche Umrisse erkannte, heran. Überrascht sah er weißes Haar im Sternenlicht schimmern. Vergil! Es war tatsächlich Vergil! Der Halbdämon lag in eine Decke gewickelt auf dem Boden und schien tief zu schlafen. Sein Atem ging ruhig und gleichmäßig, gerade so, als würde er bei sommerlichen Temperaturen im Freien schlafen. Und an seine Brust geschmiegt lag... Seneca! Vergils Hand lag auf dem Hinterkopf des Menschen, geradezu sanft und vorsichtig! Nero konnte ein erschüttertes Aufkeuchen nicht unterdrücken. Frieda hinter ihm erstarrte und Vergil schlug die Augen auf. Er realisierte sofort, dass etwas nicht stimmte, ließ Seneca los und hob den Kopf. Er entdeckte Nero, der erschreckt zurückgewichen war, erkannte ihn an den ebenso weißen Haaren und fragte: "Wie kommst du denn hier her?" Seine Stimme hatte die gewohnte Eiseskälte und Frieda, die hinter Nero stand, zuckte unwillkürlich zusammen. "Wir hatten Angst, dass es sich bei eurem Feuer um einen Waldbrand handeln könnte. Was macht ihr hier?", wollte er leise wissen und Vergil sah ihn ausdruckslos an. "Wie sieht es denn aus, hm?" "Na, ich bin mir nicht sicher...", meinte Nero und sah demonstrativ auf den schlafenden Seneca hinab. Vergil ließ ihn los und richtete sich auf. "Vergiss es! Es war zu kalt für ihn. Morgen hättest du ihn sonst steifgefroren mitnehmen können." "So? Und das soll ich dir glauben?", grinste Nero süßlich und Vergil fauchte: "Behalt deine perversen Fantasien für dich, verdammt! Ich hab dich nicht nach deiner Meinung gefragt!" Er schien Frieda hinter Nero zu bemerken und fügte hinzu: "Und du bist auch nicht allein, wie ich sehe! Wen hast du da angeschleppt?" In diesem Moment erwachte auch Seneca und sah sich müde um. Frieda straffte die Schultern und trat aus Neros Schatten heraus. "Mein Name ist Frieda und ich wohne auf der anderen Seite des Tales, wenn es recht ist! Euer Feuer hat mich besorgt, deshalb bin ich gekommen! Und wer seid ihr?" Vergil musterte sie mit Blicken, die tödlich gewesen wären, hätten Blicke allein denn diese Kraft gehabt. Seneca dagegen schüttelte seine Müdigkeit ab, richtete sich ebenfalls auf und stellte sich wohlerzogen vor: "Mein Name ist Seneca. Ich bin Dämonenjäger und helfe Vergil hier. Wir haben unser Lager hier aufgeschlagen..." Frieda nickte und besah sich die beiden Fremden. Sie schien zu begreifen, dass Vergil, ebenso wie Nero, ein Halbdämon war und Seneca ein Mensch wie sie selbst. Sie kam zu einem Entschluss. "Hier draußen könnt ihr nicht bleiben. Kommt doch mit uns, in meiner Alm ist noch genug Platz, außerdem habt ihr es dort warm." Seneca lächelte dankbar und erhob sich. "Das wäre zu freundlich! Wir kommen gerne mit!" Er begann, seine Ausrüstung aufzusammeln, während Vergil sich Zeit ließ und nur seine Waffen wieder an sich nahm. "Wie seid ihr Ariev entkommen?", wollte Nero wissen, doch Vergil gab ihm keine Antwort, sondern gab vor, seine Waffen zu richten, damit sie ihn beim Gehen nicht behinderten. Kurz darauf brachen die Vier in Richtung von Friedas Alm auf. Seneca gab ihm einen kurzen Abriss ihrer Flucht und Nero erzählte seinerseits, wie er entkommen war. Allerdings warf der junge menschliche Dämonenjäger immer wieder einen nachdenklichen Blick in Vergils Richtung. "Was war wirklich los?", wollte Nero schließlich wissen, als er Seneca wieder einmal beobachtete. "Nichts", meinte Seneca schlicht. "Als wir lagerten und ich bemerkte - ich habe schon geschlafen - dass das Feuer aus war, fürchtete ich, erfrieren zu müssen. Und dann kam Vergil und hat sich zu mir gelegt, um mich zu wärmen. So einfach ist das." "Nichts...sonst?", wollte Nero verunsichert wissen und Seneca schüttelte den Kopf. "Nichts. Er hat mich damit vor dem Erfrieren gerettet, weißt du. Ein Mensch hält diese Kälte nicht aus ohne Wärmequelle." "Glaube ich gerne!", fröstelte Nero. "Wenn es selbst mich friert hier! Ich frage mich, wie es Frieda wohl geht?" Er warf ihr einen bedeutungsvollen Blick zu, doch die Bäuerin lächelte nur. "Mach dir keine Sorgen. Ich bin die Kälte gewohnt." Nero nickte und wandte sich wieder Seneca zu, um mit ihm zu sprechen. "Ich bin froh, dass es euch gut geht. Ich habe mir solche Sorgen gemacht. Und außerdem... muss ich euch noch etwas sagen..." Als sie dann an der Alm angelangt waren und sich in der wohligen Wärme des Wohnzimmers niederließen - Frieda brühte einen wärmenden Tee auf - meinte Nero leise: "Ich muss euch etwas erzählen..." Vergil sah ihn gelangweilt an, während Seneca aufmerksam an seinen Lippen hing. "Ich... ich... ich habe..." "Was?", unterbrach Vergil grob und Nero schluckte schwer. Schließlich meinte er schlicht: "Ich habe Dante getötet!" Vergils Inneres schien zu Eis zu erstarren. Dante, tot? Einfach so? Getötet von Nero, einem Halbdämonen wie ihm selbst? Das konnte nicht sein, oder? Er spürte... ja, es war Trauer. Trauer und Schmerz. "Wie?", stieß er hervor, die Stimme nicht ganz so beherrscht wie er es geplant hatte. "Er reiste mit Soldaten. Ich wollte ihn einladen, mit mir zu Frieda zu kommen. Aber er sträubte sich dagegen und... und... wir haben gekämpft." Nero biss sich auf die Lippe. "Es war ein harter Kampf. Ich habe immer wieder versucht, ihn zu überzeugen, aber er wollte mir nicht zuhören!" Nero wandte den Blick ab, doch Vergil sah die Tränen trotzdem, als Nero hervorwürgte: "Es ging so schnell... ich hätte nie gedacht, dass ich in der Lage sein würde, ihn zu treffen... ich habe ihm das Schwert... durch die Brust... es war ein Unfall, wirklich... ich wollte das nicht... glaubt mir!" Er vergrub den Kopf in den auf den Tisch gelegten Armen und begann zu schluchzen. Seneca legte ihm den Arm um die Schultern und strich ihm sanft über das Haar. Seine Augen verrieten seinen Schmerz. Vergil selbst... er spürte den schmerzhaften Stich im Herzen. Er hätte nie gedacht, dass ihm sein Bruder so viel bedeuten würde. Dante. Er und Vergil hatten sich gehasst, hatten sich aber auch gegenseitig in gewisser Weise bewundert, wurde dem Schwertmeister jetzt klar. Dante war irgendwie immer da gewesen... jetzt zu wissen, dass er tot war... Vergil zwang sich, ruhig zu atmen und sich nichts anmerken zu lassen. In ihm tobte ein Sturm der Gefühle. Trauer um seinen toten Zwillingsbruder, Zorn auf Nero, weil er es gewagt hatte, seinen Gegner zu erledigen, Schmerz über den Verlust und die Erkenntnis, jetzt ganz allein zu sein vermischten sich mit der Angst vor der Ungewissheit. Jetzt, wo Dante nicht mehr da war, gestand sich Vergil ein, dass er Angst hatte, Ariev gegenüberzutreten. Ohne seinen Bruder, der die Neigung hatte, immer im unpassendsten Moment aufzutauchen, fehlte ihm etwas. Vergil seufzte. Die anderen, die es hörten, sahen ihn überrascht an, doch er kümmerte sich nicht darum. Er fragte die Frau, die gerade mit einer Teekanne aus der Küche kam, wo er schlafen konnte und stand dann auf, um sich zurückzuziehen. Seneca und Nero sahen ihm nach. Beide glaubten zu wissen, wie schlecht es dem Schwertmeister gehen musste. Frieda schenkte ihnen Tee ein und die beiden Gejagten tranken schweigend. Es dauerte noch lange, bis sie wieder in der Lage waren, ohne Schmerz sprechen zu können... *sniff* bin ich gemein? ersetze ein Rätsel durch ein neues? aber zumindest haben sich jetzt Vergil, Nero und Seneca wiedergefunden. Wenigstens ein kleiner Trost, oder? Kapitel 20: Desaster -------------------- ...langsam aber sicher neigt sich die FF dem Ende. Mal sehen, ob ich diesmal auch gegen Ende nachlasse, wie sonst so oft. ^^ *drückt sich selbst die Daumen* Es wird Zeit, ein Rätsel zu lösen. Dante lag auf dem Rücken. Sein Blick richtete sich auf die Decke über ihm, schien den massiven Stein zu durchdringen. Der Halbdämon konnte sich nicht rühren. Stählerne Bänder hielten seinen Oberkörper, seine Beine und seinen Hals nieder, fesselten ihn an den Stahltisch. Er versuchte bestimmt zum hundertsten Mal seine Fesseln zu sprengen, doch wie zuvor ohne Erfolg. Und langsam ließen seine Körperkräfte nach. Er hing an einem Tropf, der langsam irgendein Mittel in seinen Leib pumpte. Dante konnte spüren, wie sein Hirn vernebelte. Er war allein. Banes hatte sich nicht blicken lassen, ebenso wenig wie Ryder oder ein anderer der Ärzte und Folterer. Was hatten sie nur mit ihm vor? Er kam sich vor, als sei er nichts anderes als ein Versuchskaninchen. Was er wohl auch war. Ein Seufzer entrang sich seinen Lippen. So ungern er es zugab, er vermisste seine Freunde. Nero und Seneca und... ja, auch Vergil. Selbst die Damen, auf die er im Laufe seiner Karriere gestoßen war, wären ihm jetzt als Gesellschaft recht gewesen. Nur irgendwer, der ihm hier heraushelfen konnte. Irgendwer... Er driftete davon... Dann plötzlich fand er sich in einem grauen Raum wieder. Er konnte sich frei bewegen, doch irgendetwas war anders als zuvor. Es war weniger, weil er sich wieder bewegen konnte, sondern da war ein seltsames Gefühl in ihm. Sein Körper fühlte sich... anders an. Ja, anders. Aber wie genau? Dante hatte Schwierigkeiten, es zu beschreiben. Was mochten sie ihm eingetrichtert haben? Irgendein Medikament, das seine dämonischen Abwehrkräfte außer Kraft setzte oder zumindest so geschickt umging, dass sein Körper es nicht registrierte. Aber was bewirkte es? Griff es den Geist an? Dante konnte sich gut vorstellen, dass das alles, was er da um sich herum sah, nichts anderes als ein Produkt seiner verwirrten Phantasie war. Warum? Und dann veränderte sich die Umgebung. Das Grau verschwand. Plötzlich sah sich Dante wieder in der natürlichen Welt wieder. Und vor ihm... tauchten Gestalten auf. Gestalten, die er kannte! Mit einem Mal schwammen Schleier vor seinen Augen, rot glühende Schleier des Zorns. Wiederum fragte sich der Halbdämon, weshalb es ihn zornig machte, diese Personen vor sich zu sehen, wo es doch absolut keinen Grund dafür gab. Aber der Zorn musste eine Ursache haben. Die Schlieren wurden immer dichter, bis das ganze Blickfeld des Halbdämonen mit der Röte überlagert war. Und Dante verlor sich in seiner Wut... Finsternis herrschte in dem ruhigen Zimmer. Lediglich das Atmen der drei Schlafenden war zu vernehmen. Nichts, was ungewöhnlich war. Das Mondlicht schien silbrig kalt durch das geöffnete Fenster, durch das die kalte Nachtluft ins Innere des Raumes gelangte. Bis sich plötzlich die Augen des Einen mit einem Schlag öffneten. Graue Augen starrten die Holzdecke an. Eine Präsenz! Der Weißhaarige hielt unbewusst den Atem an. Das war nicht möglich! Es konnte nicht sein! Es sei denn... Sein Blick wanderte zu dem anderen Schlafenden mit den weißen Haaren. Dieser lag auf der Seite, die Teufelsklaue mit der Linken fest umklammert. Vergils Lippen verzogen sich. Nero, dieser Narr. Er hatte sich tatsächlich geirrt! Der Schwertmeister setzte sich auf. Wie deutlich konnte er ihn spüren! Dieses Gefühl, seinem Zwillingsbruder nahe zu sein! Wie lange hatte er es nicht mehr gespürt! Und nun... Dante war ihm so nahe, als stünde er direkt neben ihm. Vielleicht war er es ja tatsächlich. Leise, um die anderen nicht zu wecken, erhob er sich von seiner Schlafstatt. Yamato, Beowulf und Alastor lagen direkt neben seinem Bett auf dem Boden. Alle drei Waffen nahm der Halbdämon an sich. Als er die silber glänzenden Handschuhe überstreifen wollte, regte sich der Mensch. "Vergil?" "Schlaf. Das hier ist meine Aufgabe." Doch nun war Seneca wach. Er richtete sich halb auf. "Wo willst du mitten in der Nacht hin?" "Geht dich das etwas an, Mensch?" Vergils Betonung des letzten Wortes ließ keinen Zweifel daran, wie sehr er Seneca für dessen Menschlichkeit verachtete. Doch an diesem schien es abzuprallen. "Was ist los?" Der Schwertmeister schüttelte den Kopf und richtete den Blick in Richtung Fenster. Seneca, der ihn gegen das einfallende Licht sah, erkannte nur die weißgekrönte Silhouette des Halbdämonen. "Leg dich wieder schlafen. Das ist mein Kampf. Ich werde es nicht noch einmal sagen." Eine leise Drohung klang in den ruhigen Worten von Spardas Sohn mit. Seneca ignorierte diese. "Willst du etwa jetzt gegen Ariev ziehen? Vergiss es, allein lasse ich dich nicht gehen! Und sei es nur, dass die anderen Dämonen abgelenkt werden!" Vergil fuhr herum. "Ariev interessiert mich einen Dreck! Lass mich in Ruhe!" Damit ging er festen Schrittes aus dem dunklen Zimmer. Der junge Dämonenjäger sah ihm nach. Dann schwang auch er die Beine aus dem Bett. "Oh nein, Vergil. So lasse ich dich nicht davonkommen!" In ebendiesem Moment regte sich auch der letzte Schlafende. "Uh, was... ist los?", murmelte Nero schläfrig. Seneca sah zum Bett des anderen Halbdämonen hinüber. "Vergil ist gerade eben aufgebrochen, um jemandem den Garaus zu machen. Kommst du mit?" Mit einem Schlag war Nero hellwach. "Was? Und wem, wenn ich fragen darf?" Seneca schüttelte den Kopf, besann sich dann darauf, dass der Halbdämon das nicht sehen konnte und meinte: "Wenn ich das wüsste! Er klang sehr entschlossen. Ich bin mir nicht sicher, ob es gut ist, ihn allein gehen zu lassen! Was, wenn er beschlossen hat, die Menschen, die Dante gefangen halten zu attackieren? Wir sollten ihm wirklich folgen!" Doch Nero war sich dessen bei Weitem nicht so sicher. "Glaubst du, er würde so etwas dummes wirklich tun? Vor allem mitten in der Nacht, wo er doch Stunden braucht, bis er überhaupt aus diesen Bergen draußen ist? Nein, da geht es um etwas anderes, da bin ich mir sicher. Und vielleicht wäre es diesmal besser, wenn wir ihn allein lassen. Vergils Stolz ist größer als jede andere seiner Emotionen. Wir sollten es uns nicht mit ihm verderben!" Seneca hielt dagegen: "Aber was, wenn er unterliegt? Wir brauchen ihn im Kampf gegen Ariev und die Menschen! Komm schon, lass uns zumindest nachsehen, was er vorhat. Wenn es so ist, dass er zurecht kommt, können wir immer noch zurückgehen!" Nero schwieg unentschlossen. Dann meinte er: "In Ordnung. Aber wir greifen nur ein, wenn es sich wirklich nicht vermeiden lässt!" Damit erhob auch er sich von seiner Ruhestätte. Seneca rüstete sich bereits wieder aus und auch Nero griff nach seinen Waffen. Als er das vertraute Gewicht von Blue Rose und Red Queen spürte, lächelte er. "Oh ja, das wurde Zeit. Vielen Dank, dass ihr mir meine Waffen wiedergebracht habt!" Kalter Wind ließ seinen Mantel fliegen. In der Dunkelheit wirkte das Blau richtiggehend schwarz. Der Schwertmeister lächelte. Vor ihm leuchteten Fackeln in der Düsternis der Nacht. Er war hier. Er spürte es. Hinter sich nahm er ein Geräusch wahr. Ein Seufzen wollte sich über seine Lippen stehlen, doch Vergil unterdrückte es im letzten Moment. Die beiden Narren waren ihm also tatsächlich gefolgt. Er bemerkte eine Reflexion, die wohl vom Mondlicht auf einer Blankwaffe stammte. Nero nahm es ernst. Vergil fragte sich, was der Mensch ihm wohl erzählt haben mochte. Oder spürte auch er es? Die Nähe des so lange Verschollenen, ja, tot Geglaubten? Er machte einen Schritt nach vorne. Bald mussten ihn die Fackelträger entdecken, wenn sie nicht von ihren Feuern geblendet waren. Soviel Sehstärke konnte man einem minderwertigen Menschen zutrauen. Vergils Lippen verzogen sich zu einem Lächeln. Zumindest er würde es sehen, dass sich jemand näherte. Kurz glaubte der Halbdämon einen roten Mantel unter den Menschen aufblitzen zu sehen, aber noch war er zu weit weg, um sich sicher sein zu können. Er ging weiter. Mochten ihm die beiden Verfolger auch weiterhin nachschleichen. Es kümmerte ihn nicht. Dies war sein Kampf! Dann erreichte er die Gruppe. Männer schrieen überrascht auf, zogen Waffen. Vergils Schwert fuhr blitzartig aus der Scheide, fuhr wieder hinein. Kugeln schwarzer Energie zerrissen Menschen, ehe diese auch nur ihre Waffen ganz aus den Scheiden und Halftern hatten. Judgement Cut... welch eine Technik, dachte sich der Schwertmeister. Ein Urteil war es, wahrlich. Ein Urteil, das unumgänglich war. Es forderte den Tod. Ein Schwert, das blitzartig Mengen an mörderischer Energie freisetzte. Menschen waren nichts. Sie interessierten ihn nicht. Als die erste Reihe fiel, sah der Halbdämon seinen wahren Gegner. Das Rot wirkte wie Blut im Licht der Fackeln. Er selbst stand noch außerhalb des Lichtkreises, im kalten weißen Mondlicht. "Komm..." Und Dante nahm seine Herausforderung an. Seneca und Nero hingegen, die dem Schwertmeister gefolgt waren, sahen es mit Entsetzen. "Was tut er da? Ist er vollkommen wahnsinnig geworden?", flüsterte Seneca und zuckte zusammen, als die Menschen, die Vergil die Sicht versperrten, fielen. Blut färbte den Boden dunkel. Der junge Dämonenjäger erschauerte. "Ich hatte ihn für jemanden gehalten, der..." Die Worte blieben ihm im Halse stecken. Nero sah das Rot im selben Augenblick. Rot und weiß... und das metallische Schimmern von Stahl. "Un-unmöglich! Ich-ich habe ihn doch...!" "...getötet? Wie kann er dann hier sein?", presste Seneca hervor. "Ich weiß es nicht! Aber er starb in meinen Armen! Ein Irrtum ist ausgeschlossen! Ganz sicher!" Beide sahen mit an, wie erst Dante das Schwert zog - es war wiederum Force Edge, fiel Nero auf - und dann auch Vergil Yamato in der Scheide lockerte. "Sollen wir eingreifen?" "Noch nicht. Wenn er Schwierigkeiten bekommt, dann vielleicht. Jetzt wäre es für uns gefährlich, denn ich bin mir sicher, Vergil wäre alles andere als erfreut, wenn wir uns einmischen!", gab Nero zurück. Seneca nahm die Bazooka vom Rücken. "Also gut. Dann warten wir." Das ihm so vertraute Gesicht lächelte das ihm so vertraute - und verhasste - Lächeln. "Also fangen wir an?" Vergils einzige Antwort bestand in einem kalten Blick. Dante winkte seine Leute zurück und nahm das Schwert vom Rücken. Zu Vergils Erstaunen handelte es sich nicht um Rebellion, sondern um Force Edge, das Schwert ihres Vaters. Er lächelte. "Ist dir dein Erbe nicht mehr gut genug?" Dante sah ihn fragend an, dann das Schwert. "Es ist ebenso ein Erbe wie Rebellion. Na dann, Bruderherz. Fangen wir an!" "Sei bereit, eine Lektion von mir zu lernen!", flüsterte Vergil, dann schoss er vorwärts. Yamato blitzte auf, beschrieb einen leuchtenden Bogen, krachte gegen Force Edge und wurde zurückgeschmettert. Anstatt gegenzuhalten, deckte der ältere der Zwillinge seinen Bruder mit schnellen, nur ungenau gezielten Schlägen ein. Dante wehrte sie alle ab. So kam er nicht weiter, wusste Vergil. Ohne innezuhalten, riss er Alastor hervor und attackierte den rotgekleideten Halbdämonen mit beiden Schwertern. Funken sprühten, als die beiden schweren Schwerter aufeinanderkrachten. Vergil lächelte. Indem Dante gegenhielt, gab er sich eine Blöße. Yamato sauste heran, brachte Dante einen Schnitt in die Seite bei. Diesmal zog sich der Jüngere zurück, feuerte aus einer seiner Pistolen eine Salve Kugeln ab. Wie immer der Unterlegene!, dachte sich Vergil, fing die Kugeln mit Yamatos Schwertkreisel ab, reihte sie hintereinander auf dem Boden auf und schickte sie dann zurück, wie ein Mensch einen Golfball abgeschossen hätte. Nur waren diese Geschosse wesentlich schneller und tödlicher. Dante zuckte zurück, wehrte sie mit einem senkrechten Hieb des Schwertes ab. Noch während er die Bewegung zu Ende führte, war Vergil heran, drosch ihm den Knauf von Alastor auf die Brust und trieb den jüngeren Zwilling weiter zurück. Yamatos scharfe Klinge brachte ihm unzählige blutige Schnitte bei. In diesem Moment begriff Vergil, dass etwas nicht stimmte. Dante hätte ihn nie so weit kommen lassen. Entweder war er noch angeschlagen vom Kampf gegen Nero oder aber... Der Schwertmeister sprang zurück. Tatsächlich. Die Wunden schlossen sich wesentlich langsamer, als er es von seinem Bruder gewohnt war. Dante zog beide Pistolen, feuerte Schuss um Schuss auf Vergil ab, ohne Erfolg zu haben. Der Halbdämon mit dem blauen Mantel bewegte sich zu schnell, als dass ihn gewöhnliche Kugeln treffen konnten. Wieder lächelte der Ältere. Dante würde es niemals lernen. Dachte es und spürte, wie sich eine Kugel in sein Bein bohrte. Gut, er berechnete zumindest voraus. Doch das allein würde nicht reichen. Vergil schickte eine Handvoll beschworener Schwerter auf seinen Bruder, die zwar allesamt an ihm abprallten, doch es gab ihm immerhin genug Zeit, Yamato mit dunkler Energie aufzuladen und erneut die zerstörerischen Kräfte freizusetzen, die bereits die Menschen das Leben gekostet hatten. Auch Dante entkam ihnen nicht. Der Halbdämon im roten Mantel wurde zurückgeschleudert und ging zu Boden. Vergil verfolgte ihn nicht. Dante war schwach genug, dass er ihm die Chance geben konnte, wieder auf die Beine zu kommen. Dante schüttelte den Kopf. Sein Körper vibrierte, zum Teil vor Adrenalin, zum Teil vor Schmerz, der anstachelnde Wellen durch sein Nervensystem jagte. Oh ja, das war etwas anderes als der Kampf gegen Nero. Dies war ein Ausdauertest gewesen, wer von ihnen länger hatte durchhalten können. Hier, der Kampf gegen Vergil, war eine Technikaufgabe. Sein Bruder war brilliant mit dem Schwert, das musste Dante ihm zugestehen. Und zudem war er schneller als er selbst. Die finstere Energie Yamatos ließ sein Blickfeld zersplittern. Einen Augenblick lang sah er die steinerne Decke der Zelle, in der er gelegen hatte - lag? Um seinen Körper lagen noch immer die Stahlbänder - doch dann war wieder der nächtliche Wald vor seinen Augen. Er saß auf dem Hosenboden, vor sich Vergil, der in aller Seelenruhe Yamatos Klinge reinigend durch die Luft gleiten und in der Schwertscheide verschwinden ließ. Der Ältere attackierte ihn nicht, sondern wartete, bis sich Dante wieder erheben konnte. Also folgte der Jüngere der Einladung, sprang auf die Füße und schoss auf seinen Bruder zu. Vergil schien damit gerechnet zu haben, denn Alastor flog ihm blitzschnell in die Hand, fing Force Edges Hieb ab und ließ erneut Funken springen. Wieder züngelte Yamatos Spitze heran, doch diesmal war Dante vorbereitet und feuerte mit der Pistole in der anderen Hand aus nächster Nähe drei, vier Kugeln ab. Eine traf Vergil in den Hals, ehe er sich zurückziehen konnte. Ein leises Triumphgefühl wallte in Dante auf. So musste er agieren! Für seinen Bruder unerwartet, damit er nicht mehr darauf reagieren konnte, nicht einmal mehr mit seiner übermenschlichen Schnelligkeit! Ebony und Ivory waren irgendwie seltsam. Dante erinnerte sich nicht, sie so langsam erlebt zu haben. Das Nachladen ging bei weitem nicht so flüssig wie sonst! Doch er hatte keine Zeit, sich darüber Gedanken zu machen. Er deckte seinen Bruder mit einem Kugelhagel ein, der diesem Mühe machte, ihn allein mit der schlanken Klinge ihres Vaters abzuwehren. Dante fluchte, als seine Magazine schon wieder leer waren. Doch anstatt wieder lange nachzuladen und neu anzulegen, ließ er die geladenen Pistolen stecken und benutzte wieder das Schwert. Ein Fehler, wie sich herausstellte. Vergil war es gelungen, einige wenige Kugeln zu fangen und schickte diese auch prompt zurück. Dante wurde zweimal in die Brust und einmal in die Hüfte getroffen. Glatte Durchschüsse, alle drei, glücklicherweise. Er konnte weiterkämpfen. Doch die Treffer hatten die Flüssigkeit seiner Bewegung beeinträchtigt, gaben seinem Bruder die Zeit, das Schwert in Position zu bringen, und er rammte es Dante emotionslos durch den Bauch. Der jüngere Halbdämon erstarrte. Vergils Augen schimmerten eisig wie kalte Sterne im schlechten Licht. "Wann lernst du es endlich? Du wirst nie gegen mich bestehen, wenn du dieselben Fehler immer wieder machst!" Dantes Zorn wuchs. Er wollte Vergils Hand wegschlagen, sich Yamato aus dem Leib ziehen, doch sein Zwillingsbruder ließ ihn nicht, sondern drehte die Klinge herum, sodass die geschärfte Seite nun nach oben zeigte. Dante ächzte und seine Finger schlossen sich um die Klinge. "Und wie immer machst du den Fehler, der dich den Sieg kosten wird." Vergil zog das Schwert heraus, rammte Dante den Knauf ins Gesicht und zog in derselben Bewegung Alastor zu einem gewaltigen horizontalen Hieb und brachte Dante einen tiefen Schnitt in den ohnehin verletzen Bauch bei. Der jüngere Halbdämon keuchte. Wiederum zersplitterte das, was er sah. Rote Fäden wie von Blut zogen sich in seinen Blick. Er sank auf ein Knie herab. Doch gleichzeitig spürte er das kalte Metall der Stahlbänder an seiner Brust. Der Schmerz fühlte sich seltsam an. Die Wunden heilten zu langsam. Die Felswand begann sich über ihm zu drehen. Dante schloss die Augen. Als er sie wieder öffnete, sah er Vergil vor sich stehen, wie er Alastor schwang und die Klinge damit reinigte. "War das schon alles?" Dante kämpfte sich auf die Füße. So nicht! Seneca schüttelte den Kopf. "Was ist mit Dante los? Ist er wirklich so viel schlechter als Vergil?" Nero neben ihm biss sich auf die Lippe. "Das glaube ich nicht. Als ich gegen ihn gekämpft habe, habe ich mir wirklich schwergetan. Vielleicht hält sich Dante zurück?" Seneca war anderer Meinung. "Ich weiß nicht. Für mich sieht das aus, als würde er alles geben. Vielleicht ist Vergil tatsächlich so viel besser als sein Bruder." "Mit dem Schwert auf jeden Fall. Ich glaube, Dante hat ihn nur ein einziges Mal besiegt. Jedenfalls kommt Vergil zurecht." Seneca nickte. Doch dann runzelte er die Stirn. Er wandte den Kopf. "W-was ist das?" Nero folgte seinem Blick und sah, was er meinte. "Ist das... Feuer?" "Das kommt von Friedas Alm!", rief Seneca aus und sprang auf. Auch Nero erhob sich und spähte in die Richtung, aus der der Feuerschein kam. "Verdammt, du hast Recht!" "Wir müssen zurück!" Nero sah zurück zu den Brüdern, die sich wieder gegenüberstanden. "Das können wir nicht-" "Vergil kommt allein zurecht! Frieda braucht unsere Hilfe!", schnitt ihm der Mensch das Wort ab und begann, zurückzulaufen. Nero sah von Vergil zum Feuerschein und zurück. Dann folgte er Seneca mit großen Schritten. Als sie wieder an der Alm ankamen, stand diese bereits lichterloh in Flammen. Drei oder vier Männer in grauen Rüstungen standen davor und lachten. Sie hielten ihre Waffen im Anschlag. "Merk dir, Weib, dass niemand, aber auch gar niemand, der Dämonen Unterschlupf gewährt, es verdient zu leben!" Die beiden jungen Dämonenjäger stoppten überrascht ihren Lauf. Entsetzen breitete sich auf beiden Gesichtern aus, als sie einen Schmerzensschrei aus dem Haus hörten. "Frieda!" Neros Hand schloss sich um die Red Queen, doch Seneca hielt ihn zurück. "Nein! Ich kümmere mich um die Soldaten! Du gehst und rettest Frieda!" Der junge Halbdämon sah seinen Freund dankbar an, nickte und hetzte an den Soldaten vorbei in das brennende Haus. Als die Männer überrascht auf Nero anlegen wollten, schrie Seneca: "Keine Bewegung! Der erste, der sich rührt, hat ein Loch im Schädel!" Langsam, sehr langsam wandten sich die Soldaten um und sahen den Dämonenjäger mit dem Gewehr in der Hand dastehen. "Ich meine es ernst!" Derweilen war der Kampf im Wald in eine neue Runde gegangen. Dante attackierte Vergil mittlerweile bevorzugt aus der Ferne. Nicht, dass es ihm viel gebracht hätte. Der Ältere von Spardas Söhnen wehrte die Pistolenkugeln so gekonnt ab, als wären es schwach geworfene Bälle. Seine Klinge pfiff pfeilschnell durch die kalte Nachtluft, brachte Dante ein ums andere Mal schwere Verletzungen bei. Yamato ließ sich zu schnell führen, als dass der Jüngere sich dagegen hätte wehren können. In seiner Überlegenheit ging Vergil sogar dazu über, Alastor zu werfen und stattdessen mit Beowulf vorzustoßen, Dante ein paar harte Schläge und Tritte zu verpassen und sich dann zurückzuziehen, ehe der Andere auch nur dazu kam, das Schwert hochzubringen. Was war mit ihm los? Warum war der Rotgekleidete so schwach? Und warum löste er nicht die Verwandlung in seine Teufelsform aus? Bemerkte er denn nicht, dass er am Verlieren war? Vergil war zu schnell und zu stark, als dass Dante noch etwas hätte ausrichten können. Eine Kugel traf Vergil seitlich an der Schläfe. Ein Streifschuss. Wie lächerlich. Zwei beschworene Schwerter fanden ihr Ziel, ließen Dante zurücktaumeln. Endlich! Der Jüngere wurde müde! Da fiel Vergil auf, dass Force Edge nicht mehr in der Hand seines Bruders lag. Er trug es auch nicht auf dem Rücken. Hektisch suchte der Schwertmeister den Boden ab, fand das schwere Schwert jedoch nicht. Ein Sirren hinter ihm ließ ihn den Kopf drehen. Force Edge trudelte heran, scheinbar schwach und ungefährlich, doch Vergil wusste um die Wucht eines geworfenen Langschwertes. Er wollte ausweichen, spürte jedoch in dem Moment, als er sich vom Boden abstoßen wollte, wie vier Kugeln gleichzeitig ihr Ziel trafen. Zwei in die Brust, eine in den Kopf und eine ins linke Knie. Vergil wurde zurückgerissen, bekam das Schwert in den Rücken und wurde zu Boden geschleudert. Er hustete und spuckte einen Mundvoll Blut. Seine Stirn schmerzte, dort, wo ihn Dantes Kugel getroffen hatte. Er sah seinen Bruder näherkommen, sah dessen Gesicht im Mondlicht überheblich grinsend schimmern und hatte Mühe, auf die Füße zu kommen. Force Edge steckte tief zwischen seinen Rippen, das Atmen war eine Qual mit zehn Zentimetern Dämonenstahl in der Lunge. Vergil keuchte, versuchte, die Klinge zu entfernen, doch seine Arme waren zu kurz, als dass er auch nur die Parierstange des Schwertes erreichen hätte können. Dante lächelte, trat hinter seinen Bruder, der sich kaum rühren konnte. "Sieht so aus, als hättest du wieder verloren." Mit einem brutalen Ruck trieb er das Schwert noch tiefer in die Brust seines Bruders. Vergil schrie auf und spuckte erneut Blut. "Frohes Sterben, Bruderherz!" Dantes Stimme troff vor Hohn, als er die Hand auf die Schulter des Älteren legte und diesen niederdrücken wollte. Vergil zischte: "Verreck an deinen Worten!" Gleichzeitig zog er alle Energie, die sich noch in Yamato befand, aus der Waffe heraus und umgab sich mit einem blau leuchtenden Schutzschild. Dante, der Force Edge noch immer umklammert hielt, wurde von ihm weggeschleudert und nahm dankenswerterweise sein Schwert mit. Sofort spürte der Ältere von Spardas Söhnen, wie die schreckliche Wunde heilte, ebenso wie die Schusswunden. Er ließ den Schild sinken und sandte die Energie in das Schwert seines Vaters zurück. Dante war erneut auf seinem Hinterteil gelandet. Er schüttelte den Kopf, als versuche er, ihn wieder klarzubekommen. Vergil trat heran. "Diesmal bist du zu weit gegangen. Meine Geduld ist zu Ende!" Mit dem letzten Wort riss er Yamato hervor und trieb seinem Zwillingsbruder die Klinge tief in die Brust, genau durchs Herz. Dante erstarrte, seine Finger griffen nach dem Schwert, das Vergil, genau wie zuvor, herumdrehte. Der jüngere Halbdämon ächzte, würgte. Der Schwertmeister hingegen sah kalt auf ihn hinab und gestattete sich nicht einmal ein Lächeln. Er wartete auf den Tod seines Gegenübers. Und er musste nicht lange warten. Dantes Hände umschlossen Yamatos Klinge, ohne dass er noch die Kraft hatte, es aus seiner durchbohrten Brust herauszuziehen. Dann sank er zurück. Blut rann ihm aus dem Mund über die bereits bleicher werdende Haut. Vergil verharrte noch eine Sekunde länger über dem Leichnam seines Bruders, dann zog er Yamato zurück, reinigte die Klinge und schob sie seelenruhig in die Scheide zurück. "Ich finde dich. Und wenn es das letzte ist, was ich tue. Dieser Kampf war nicht unser letzter!" Er wandte sich um und verließ den Kampfplatz, ohne noch einmal zurückzusehen. Dante schrie. Er spürte den Stahl eisig kalt in seinem Körper. Vergil beugte sich über ihn, doch er hörte die Worte, die sein Bruder an ihn richtete, nicht mehr. Wieder verloren. Doch diesmal wartete nur noch der Tod auf ihn. Durch seinen eigenen Bruder... Dante hätte weinen mögen, doch er hatte nicht einmal mehr dazu die Kraft. Er bemerkte, wie sich seine Wahrnehmung erneut veränderte. Alles wurde grau. War das der Tod...? Kälte um seine Brust... seinen Hals... seine Beine... warum fesselte man einen Toten? Dante verstand es nicht. Er war so müde. Erschöpft schloss er die Augen. Schwärze senkte sich um ihn... Die Männer ließen ihm nicht die Wahl. Alle Vier entschlossen sich, auf ihn zu schießen. Einer nach dem Anderen starb. Sie rechneten nicht mit Senecas nahezu übermenschlichen Fähigkeiten, die es ihm fast mühelos ermöglichten, einfachen Gewehrkugeln auszuweichen. Seneca hatte dies eigentlich nicht tun wollen, aber ihm blieb keine Wahl. Als alle vier Soldaten tot waren, sah er zu dem brennenden Haus auf. Hoffentlich fand Nero Frieda schnell. In dieser Flammenhölle konnte ein Mensch nicht lange überleben! Nero kämpfte sich durch die Hitze und die Flammen. Das Haus brannte vollständig. "Frieda!", keuchte er hervor. "Wo bist du?" Er hustete. Vor ihm tauchte die Treppe auf. Nero legte die Hand auf das Geländer, verbrannte sich und taumelte sie dann hinauf, ohne sich abzustützen. "Frieda!" Er erreichte das Obergeschoss. Schweiß rann ihm in Strömen über das Gesicht. Die Red Queen war so heiß, dass er glaubte, sein Mantel würde jeden Moment anfangen zu brennen. Er musste sich beeilen. Auch ein Dämon wie er konnte nicht viel länger in dieser Hitze überleben! Durch wabernde Schlieren glühend heißer Luft erkannte er Friedas Schlafzimmer. Ohne zu zögern eilte er hinein. Nichts. Das Bett und die Vorhänge brannten lichterloh, ebenso wie der Teppich. "Frieda!", schrie der junge Halbdämon. Niemand antwortete ihm. Entweder war die Bäuerin nicht mehr hier oder sie war bereits tot. Nero ließ seinen Blick über das brennende Zimmer streifen und erkannte keinen Hinweis auf die Menschenfrau. Schließlich verließ er den Raum. Es war so heiß! Er taumelte den Gang entlang zu dem Zimmer, in dem sie vor Kurzem noch geschlafen hatten. Kurz blitzte ein Gedanke in Neros Verstand auf, der die Frage an ihn richtete, wie es Vergil wohl gehen mochte. Doch der junge Halbdämon mit der Teufelsklaue verbannte ihn und betrat das Zimmer. Es war nicht ganz so heiß wie in Friedas Raum, doch auch hier brannte es bereits. Vor dem Fenster lag ein brennender Schrank - der einzige Fluchtweg neben der Tür. Nero sah, dass aus dem hölzernen Fußboden Flammen bis auf Hüfthöhe hinaufleckten. Für einen Menschen eine tödliche Falle. Er wollte den Raum bereits wieder verlassen, da fiel ihm eine dunkle Gestalt auf, die hinter dem brennenden Bett, in dem er selbst geschlafen hatte, kauerte. "Frieda!", brüllte er über das Getöse der Flammen hinweg. Die Gestalt zuckte zusammen und Nero wusste, er hatte gefunden, wen er gesucht hatte. Er sprang über die Feuerwand hinweg, eilte zu dem wimmernden Häufchen Elend, das Frieda war. Die Bäuerin war zitternd in sich zusammengesunken, wohl als der Schrank ihr den Fluchtweg versperrt hatte. Ruß verschmierte ihr Gesicht. Nero kniete bei ihr nieder. "Kannst du laufen?" Sie sah zu ihm auf und er erkannte, dass Tränen ihr Gesicht verschmierten. Sie versuchte, aufzustehen, scheiterte jedoch kläglich. Ihre Tränen flossen stärker und sie schluchzte gequält ob der Hitze, die im Raum herrschte. Nero legte den Arm um sie. "Ich bringe dich hier raus. Vertrau mir!" Die Bäuerin lehnte sich dankbar an ihn, klammerte sich an ihn, als er sie auf die Arme nahm und sich auf die Füße kämpfte. Jetzt mussten sie nur noch möglichst schnell hier heraus! Seneca stand vor dem vollkommen in Flammen stehenden Haus. Er machte sich Sorgen. Was machte Nero so lange da drin? Auch einem Halbdämonen musste es zu heiß werden in bloßem Feuer! "Beeil dich!", betete der Dämonenjäger. "Bitte, beeil dich!" Neben ihm tauchte eine Gestalt aus dem Schatten des Waldes auf. Seneca erkannte einen blauen, blutbespritzten Mantel. "Vergil! Nero ist da drin!" Der Schwertmeister hob den Kopf, richtete den Blick auf das Haus. "Bitte, kannst du nicht...?" "Vergiss es. Er ist selbst schuld, wenn er verbrennt!" "Aber du kannst nicht-" "Schweig, Mensch! Ich wiederhole mich ungern. Ich werde nicht da hineingehen!" Seneca biss sich auf die Lippe. Langsam musste es eng werden! Mit einem Krachen barst der Dachstuhl. Das Obergeschoss sackte in sich zusammen. Was ehemals das Wohnzimmer und der Eingangsbereich gewesen war, musste jetzt nur noch eine glühende, brennende Ruine sein. "Nero!" Seneca ballte die Hände zu Fäusten. Tränen stiegen ihm in die Augen, als er seinen Freund - und Frieda - eingeklemmt unter irgendwelchen Stützbalken, die brannten, eingeklemmt sah. Sie würden lebendig verbrennen! "Bitte, du musst etwas tun, Vergil! Ich bitte dich!" Der Schwertmeister reagierte nicht. Wieder krachte es und ein Funkenschauer erhob sich in die Nacht. Seneca schnürte sich die Kehle zu, als er erneut befürchtete, Nero von Balken erschlagen zu sehen, brennen zu sehen. Doch dann rührte sich etwas. Das Küchenfenster, welches ohnehin bereits geborsten war und brannte, knackte und brach. Eine schwarze Gestalt schoss heraus und landete schwer auf der brennenden Veranda, entfernte sich dann rasch vom Haus. "Nero!" Seneca rannte zu seinem Freund, der Frieda wie ein Kind auf den Armen trug. Die Bäuerin hatte die Arme um Neros Hals geschlungen und weinte und hustete. Sie war völlig aufgelöst. Als Nero sie in sicherer Entfernung ablegte, schien sie zu begreifen, dass sie in Sicherheit war. Sie packte Nero fester, drückte ihn an sich. Senecas Augen waren feucht, als er hörte, wie sie ihm ein leises, schluchzendes "Danke" zuflüsterte. Der Halbdämon wischte sich über das Gesicht. Ein unaufmerksamerer Beobachter hätte geglaubt, Nero wische sich einfach nur den Ruß und den Schweiß vom Gesicht. Doch Seneca sah, dass es Tränen waren... das war schon lange geplant. Vergil und Dante im Zweikampf. (und Nero und Seneca als hilflose Zuschauer, oh ja!) jetzt ist also dieses Rätsel gelöst. ^^ Arme Frieda. So hat sie also ihr Heim verloren. Und die Gruppe darf sich ein neues "Hauptquartier" suchen. XD aber zumindest leben sie alle vier noch. Kapitel 21: Zusammentreffen --------------------------- *sich schämend in eine Ecke verkriecht* tut mir leid, dass ich den Eindruck erweckt habe, in der Versenkung verschwunden zu sein. Dabei fehlt doch gar nicht mehr viel, um die FF zu komplettieren! *kopfschüttelnd den Stift wieder in die Hand nimmt* Jetzt aber! Viel Spaß beim Lesen - und nochmal sorry für die ultralange Wartezeit! Als Seneca die Tür aufstieß, hätte er beinahe laut aufgelacht. Dieses Haus war erbaut worden, um als Hauptquartier für Dämonenjäger zu dienen - nicht als Unterschlupf für die Gejagten. Er führte die Halbdämonen in die Düsternis. Nero, der Frieda trug, bemerkte leise: "Ist es hier immer so dunkel oder ist das Absicht?" Seneca grinste. "Keine Sorge. Ich habe das Licht nicht absichtlich aus gelassen." Er trat zum Schalter und betätigte ihn. Zum ersten Mal seit Jahren erstrahlte die Halle wieder in ihrem Glanz. Das große Wappen seiner Familie, das das zerschlagene Horn eines Dämonen und das schimmernde Schwert eines Jägers darüber darstellte, flößte ihm wie immer neuen Mut ein. Nero sah ebenfalls nach oben zu der gegenüberliegenden Wand oberhalb der Freitreppe. "Nett habt ihr es hier..." "Es lebt außer mir keiner mehr, der dir gefährlich werden könnte. Ich bin der letzte meiner Familie." Er ging auf die Treppe zu. "Kommt. Oben können wir Frieda ablegen und ich werde nachsehen, was ich noch zu essen habe." Nero folgte ihm sofort, denn die Menschenfrau war auf die Dauer doch recht schwer geworden und Dantes Zwilling hatte sich geweigert, sie zu tragen. Oben angekommen legte er sie auf einem der vielen Sofas in dem geräumigen Wohnzimmer ab, in dem sich Senecas Familie immer getroffen hatte, wenn es darum ging, neue Missionen zu planen. Seneca bedeutete den Dämonen, Platz zu nehmen und verschwand durch eine Seitentür in die Küche, um zumindest Getränke zu bringen. Bei Wein und ein wenig kaltem Braten aus Senecas Reisevorräten - der menschliche Dämonenjäger hatte nichts anderes Essbares mehr gefunden - setzten sich die Drei zusammen, um die nächsten Schritte zu planen. Seneca begann: "Also, das wichtigste Problem ist jetzt zunächst, Dante zu befreien. Wenn ich das richtig verstanden habe, Vergil..." Er sah hinüber zum Schwertmeister und dieser nickte kaum merklich. "...war dein Kampf gegen ihn nicht das Ende. Gehen wir also davon aus, dass es sich um eine Art Klon gehandelt hat, der, aus welchem Grund auch immer, in der Lage war, gegen dich anzutreten. Dante muss folglich noch leben und wird irgendwo in ihrem Hauptquartier gefangen gehalten. Wir müssen ihn nur befreien." Nero nickte, während der Halbdämon im blauen Mantel ruhig blieb. "Die Schwierigkeit besteht darin, hineinzugelangen, ohne ebenfalls in Gefangenschaft zu geraten oder getötet zu werden. Besonderes Augenmerk liegt hier auf dir, Seneca. Du bist am verletzlichsten von uns Dreien. Auf dich…“ Seneca unterbrach. „Nein, Nero. Ich brauche keinen Aufpasser. Ich kann mich selbst schützen. Vielleicht bin ich nicht so gefährlich wie du und Vergil, aber ich bin nicht wehrlos. An euch liegt es, Dante zu befreien, ja, aber ich kann euch zumindest den Rücken freihalten.“ Vergil seufzte. „Du hältst große Stücke auf dich, Kleiner. Ein Treffer und du bist tot.“ Nero und Seneca sahen den Halbdämonen mit dem blauen Mantel perplex an. „Du… machst dir Sorgen um mich?“ „Nein. Aber ein Kopfschuss und wir haben niemanden mehr, der uns den Rückweg frei hält.“ Seneca biss sich auf die Lippe und sah zur Seite. „Das ist ein Risiko, das ich einzugehen bereit bin. Ich bin Dämonenjäger - und ihr beide schuldet mir noch ein Duell. Wäre es nicht unendlich schade, wenn ihr sterben würdet und eure Schuld nicht begleichen könntet? Nur weil ich mich zurückgehalten habe?“ Vergil schnaubte, während Nero kopfschüttelnd bemerkte: „Du hast keine Chance gegen uns, Seneca. Und das weißt du ebenso gut wie ich. Ich will dich nicht verletzen…“ Senecas Faust knallte auf den Tisch. „Nein! Hört endlich auf, mich zu verhätscheln! Ich bin sehr gut allein in der Lage, auf mich aufzupassen. Ich komme mit - und das ist mein letztes Wort!“ Nero seufzte. „Also gut. Dann sollten wir uns vielleicht eher darauf konzentrieren, was wir machen, um Dante freizubekommen. Vergil?“ Der Angesprochene warf Nero einen kalten Blick zu. „Wenn ich ihn finden will, finde ich ihn auch.“ „In Ordnung. Dann brechen wir bald auf, ehe sie einen neuen Klon von Dante erzeugen können!“, Neros Stimme klang entschlossen. Die beiden anderen nickten. Es tat weh. Die Welt schwamm vor seinen Augen, bedeutungslos, schwerelos. Sein Blick konnte nichts lange festhalten, ehe er wieder fortdriftete. Er hatte Schmerzen. Fast war es, als spürte er Yamatos Klinge noch immer in seinem Leib. Verloren… wieder… Dante ächzte. Warum war er noch am Leben? Vergil hatte gewiss lange genug gewartet, um ihn verbluten zu lassen! Einen Halbdämon wie ihn konnte man am sichersten dadurch töten, dass man ihm eine Wunde beibrachte und die Waffe darin stecken ließ, bis er verblutete - und Vergil hatte das natürlich gewusst. Warum also war er noch am Leben? „Ruhig, Dante. Überstürz nichts.“ Banes! Dante drehte den Kopf zur Seite. „Was… willst du?“ „Es gibt Neuigkeiten. Wir werden eine Möglichkeit finden, dich nicht mehr dauernd diesen Höllenqualen aussetzen zu müssen! Nur noch ein wenig länger!“ Dante zischte: „Und was bringt mir das jetzt? Es tut jetzt weh, falls dir das entgangen ist! Aber ihr seid ja die perfekten Forscher…“ Banes wich zurück, und Schmerz stand auf seinem Gesicht. „Ich weiß. Es gefällt mir ja auch nicht, was sie immer wieder mit dir anstellen, aber ändern kann ich deshalb noch lange nichts!“ Der Halbdämon biss sich auf die Lippe. „Lass mich einfach in Ruhe, ja? Ich hab gegenwärtig genug mit mir selber zu tun, da brauche ich dich Schlaumeier nicht auch noch!“ Eigentlich hatte er nicht so grob sein wollen. Aber die Situation beeinflusste scheinbar sein Denken. Jedenfalls schien Banes jetzt begriffen zu haben, denn er zog sich zurück. Dante, wieder allein, schloss schmerzgepeinigt die Augen. Wann würde dieser Terror endlich ein Ende haben? Das Trio lag derweilen inmitten der Hecken, die das Gebäude des Ordens umgaben. Nero deutete auf ein höherliegendes Fenster. „Dort oben sollten wir nicht gesehen werden. Es ist ein alter Lagerraum, der schon lange nicht mehr benutzt wird. Wir müssen einfach nur vorsichtig sein, wenn wir springen.“ Seneca seufzte. „Scherzkeks, kannst du mir jetzt auch noch verraten, wie ich da hochkommen soll? Ich bin kein Springbock! Einer von euch beiden wird mich mitnehmen müssen oder ich muss mir einen anderen Weg hinein suchen!“ Sein Blick wanderte wie zufällig hinüber zu Vergil, doch der gab vor, ihn nicht zu sehen. Und Nero meinte: „Nein, wir machen es anders. Du gehst einfach durch den Haupteingang. Du bist menschlich - und du bist ein Dämonenjäger. Dir werden sie nichts tun. Versuch einfach, dich durch die Tür hinter dem Altar zu schleichen. Dann die Treppen hinauf bis in den dritten Stock. Im rechten Korridor warten wir auf dich, ja?“ Seneca nickte resigniert. „Also gut. Machen wir es so. Aber wehe, ihr wartet nicht auf mich!“ „Halt! Was machen wir dann?“ Vergils Stimme war leise, aber bestimmt. „Wir können nicht einfach mit dem Kopf durch die Wand rennen.“ „Stimmt, diesmal nicht. Hm, ich schätze, sie halten Dante unterirdisch fest, also müssen wir irgendwie in die Katakomben kommen.“ Nero dachte kurz nach. „Ich glaube, ich weiß es. Es gibt ein kleines, kaum benutztes Treppenhaus, das wir benutzen können. Es führt bis in die Kellergewölbe hinab. Dort müssen wir dann einfach suchen.“ „Vergil, kannst du Dante nicht irgendwie aufspüren? Ich meine, ihr seid doch dämonische Zwillinge oder so…“ Vergil warf Seneca einen frostigen Blick zu, sagte jedoch: „Ich kann ihn wohl aufspüren, wenn er nicht zu versteckt ist.“ Nero nickte beruhigt. „Gut. Dann sollten wir es wohl einfach so machen. Auf geht’s.“ Die Drei erhoben sich und machten sich an die Arbeit. Seneca sah zu, wie zuerst Nero, dann Vergil den Sprung nach oben wagten, dann huschte er leise wie ein Schatten davon, verbarg sich hinter einer Hecke, die direkt neben dem Weg zum Haupteingang stand. In einer ruhigen Phase schlüpfte er, gerade so als wäre es normal für einen Dämonenjäger, im Gebüsch herumzukriechen, auf den Weg und ging festen Schrittes los. Niemand sprach ihn an, auch wenn einige Besucher ihn schon etwas seltsam ansahen. Seneca richtete den Blick auf sein Ziel, das große hölzerne Portal mit den kunstvollen Schnitzereien war sorgfältig bewacht. Auch wenn er nicht glaubte, dass ihm die Wächter Probleme bereiten würden, es war klüger, auf Nummer sicher zu gehen. Ohne Schwierigkeiten kam er ins Innere des großen Gebäudes. Er folgte dem Gang und gelangte so in die große Haupthalle mit dem Altar. Überall waren Leute. Das würde alles andere als einfach werden, schließlich konnte er nicht einfach so in einen abgesperrten Bereich spazieren und glauben, dass man ihn lediglich damit durchkommen ließ, dass er sagte, er wäre auf dem Weg zu einem Treffen mit Freunden... Nein, es musste anders gehen. Er ging gemächlichen, aber zielstrebigen Schrittes auf den Altar zu. Vorne angekommen bemerkte er einen weiteren kleinen Seitenaltar, vor dem mehrere brennende Kerzen standen. Seneca kam die rettende Idee. Er kniete vor dem Altar nieder. Er war sich sicher, dass er beobachtet wurde, so nah am Eingang zum eigentlichen Inneren des Gebäudes musste es Sicherheitsvorkehrungen geben. Aber niemand sprach ihn an. Seneca behielt seine kniende Position noch ein wenig länger bei, um auch ja niemandem verdächtig zu erscheinen. Dann, als er sicher war, dass jeder sich wieder seinen eigenen Angelegenheiten zugewandt hatte, erhob er sich ehrfürchtig. Langsam ließ er seinen Blick über die Anwesenden schweifen. Wie er erwartet hatte. Er hatte keinen Verdacht erregt. Ein kleines Lächeln huschte über seine schmalen Lippen. Dann marschierte er raschen Schrittes auf die kleine Tür hinter dem Hauptaltar zu, öffnete sie und schlüpfte hindurch. Jetzt musste er nur noch Nero und Vergil finden! Er spürte die Bewegung mehr, als dass er sie tatsächlich sah. Ein Schwert lag an seiner Kehle, eine federleichte Berührung nur, die sich jedoch blitzschnell in eine rasende Bewegung verwandeln konnte, ihm den Hals bis zum Rückgrat durchschneidend. Seneca erstarrte und Vergil nahm die Klinge weg. Seine kalten Augen blitzten. „Hast ja ganz schön lange gebraucht, Mensch!“ Nero trat kopfschüttelnd aus dem Schatten. „Kommt. Wir haben keine Zeit zu verlieren! Ich will nicht noch einmal gegen Dante antreten müssen!“ Yamato sang, als Vergil das Schwert mit einem anmutigen Schwung zurück in die Scheide steckte. Der Halbdämon mit dem blauen Mantel blieb ruhig stehen, bis Nero seufzend vorausging. Seneca schloss sich Nero an, der irgendwie unruhig wirkte. Als er ihn jedoch darauf ansprach, meinte der Weißhaarige nur: „Ich bin mir nicht sicher, ob wir unbemerkt durch die Katakomben kommen. Sie werden Dante sicher bewachen, schließlich ist er ihr größtes Geheimnis, wenn du so willst. Ich will nicht zum Mörder werden, nur weil wir entdeckt werden.“ Seneca nickte. „Ich verstehe was du meinst. Auch ich bete, dass wir Dante finden können, ohne dass uns der halbe Orden auf den Fersen ist.“ Als er die Augen öffnete, war etwas anders als zuvor. Dante runzelte die Stirn. Das Licht in seiner Zelle war wie immer, die Tür natürlich zu. Es war keiner hier. Und doch... Dante fuhr sich über die Augen. Irgendetwas... Moment! Perplex betrachtete er sein rechtes Handgelenk. Langsam, ganz langsam sickerte eine Erkenntnis durch. Er war nicht mehr gefesselt! Kaum hatte er begriffen, sprang er von seinem Lager auf – nur um hilflos durch den Raum zu taumeln, weil sein Kreislauf ihn im Stich ließ. Dante fühlte sich noch immer furchtbar schwach, aber zumindest nicht mehr dem Tod nahe. Außerdem... war er frei! Er grinste breit. Er mochte zwar unbewaffnet sein, aber er war nicht mehr an irgendwelche Tische gefesselt. Mit einem leisen Gefühl des Zorns schwor er sich, es auch nicht mehr so weit kommen zu lassen. Jetzt brauchte er nur noch zu warten, bis jemand die Tür öffnete, dann konnte er sich auf ihn stürzen und sich in Sicherheit bringen! Dante seufzte und ließ sich auf dem Bett, auf dem er so lange gelegen hatte, nieder. Er fragte sich, wie es seinen Gefährten wohl ging. Ob sie überlebt hatten...? Dann gab er sich selbst die Antwort. Er hatte gegen Vergil und auch gegen Nero gekämpft – dass er verloren hatte, tat nichts zur Sache, hier ging es darum, dass beide überlebt hatten – und er bezweifelte, dass sich Seneca so leicht hätte umbringen lassen. Als er so von seinem Sitz die Tür gegenüber betrachtete, fragte er sich, ob er sein Glück versuchen und nachsehen sollte, ob abgesperrt war. Irgendwie war es hier langweilig... aber andererseits, wenn er hier sitzen blieb, hatte er die besten Chancen, seinen Peinigern zu entkommen. Ein Überraschungsangriff wäre die einfachste Möglichkeit, glaubte Dante. Doch dann runzelte er die Stirn, als ihm klarwurde, dass er genausogut jetzt schon einen Ausbruchsversuch unternehmen konnte. Wenn er nur vorsichtig genug war bei seinem Versuch, die Tür zu öffnen. Sie war sicherlich bewacht von der anderen Seite, schon allein deshalb, um zu verhindern, dass irgendein Unbeteiligter über ihn stolperte. Dante erhob sich langsam – sein Kreislauf kam zwar wieder in Schwung, wie er es von seinem Körper gewohnt war, aber das war noch kein Grund, Kraft zu verschwenden, die er sicher später noch brauchen konnte – und ging zur Tür, drückte behutsam dagegen. Umso überraschter war er, dass sie sich tatsächlich öffnen ließ, ohne jegliche Probleme! Dante fluchte lautlos, riss die Tür auf, als ihm bewusst wurde, dass die Wachen draußen sicher nicht sehr begeistert waren, wenn sie feststellten, dass ihr Häftling zu entkommen versuchte. Umso überraschter war Dante, als er erkannte, dass die Tür tatsächlich bewacht war, die Wächter aber auf den Boden gesunken waren und tief und fest schliefen. Neben ihnen standen Tabletts mit leeren Tellern. Dante beugte sich darüber und konnte einen schwachen, kaum wahrnehmbaren Geruch herausfiltern, von dem er annahm, dass es ein Betäubungsmittel war. Aber wer würde ihm helfen, zu entkommen? Egal. Er musste hier weg, bevor diese Schlafmützen wieder zu sich kamen. Dante machte sich kichernd auf den Weg. Endlich frei! Er würde sich nicht noch einmal einfangen lassen! Vergil blieb stehen. Nero bemerkte es sofort, während Seneca ein wenig länger brauchte. Der Dämonenjäger drehte sich zu den beiden Weißhaarigen um. „Was ist?“ Nero zuckte ahnungslos mit den Schultern. Vergil meinte leise: „Dante... bewegt sich.“ „Sollte er wohl, oder?“, versuchte Seneca es mit einem scherzhaften Spruch, erntete dafür aber nur einen frostigen Blick von Spardas Sohn. „Wie meinst du das, Vergil? Verändert sich seine Position?“ Ein kaum merkliches Nicken seitens des Blau gekleideten Halbdämonen zeigte, wie verwirrt Vergil war. Das Trio hatte erwartet, Dante in irgendeinem Verlies vorzufinden, an Armen und Beinen gebunden und hilflos. Dass er jetzt durch dieses unterirdische Labyrinth streifte, war zugegebenermaßen bemerkenswert. „Vielleicht wollen sie einen Klon von ihm erschaffen! Los, beeilen wir uns!“, regte Seneca an und Nero nickte mit sorgenvollem Blick. „Wir haben keine Zeit zu verlieren.“ Sie eilten weiter. Dann, an einer Kreuzung, blieben beide Halbdämonen wie angewurzelt stehen. Seneca wich hastig einen Schritt zurück für den Fall, dass es zum Kampf kommen sollte, während Nero die Red Queen hervorzog. Vergil hingegen blieb einfach nur reglos stehen. Dann trat eine Gestalt aus dem Schatten. „Ich hätte nicht gedacht, dass du dich traust, in einem so unpassenden Aufzug durch die Gegend zu laufen!“ Vergils Stimme klang spottend, jedoch nicht so verletzend wie sonst. Allein diese wenigen Worte überzeugten Seneca, dass sie es hier nicht mit einem weiteren Klon zu tun hatten, sondern mit dem Original. „Zugegeben, es ist ein wenig frisch hier, aber andernfalls hätte doch niemand Gelegenheit, einen Blick auf meinen wohlgeformten Oberkörper zu werfen, oder?“ Seneca atmete auf. „Dante!“ Er begann zu lachen. „Bin ich froh, dir geht es gut!“ Der Neuankömmling seufzte. „Gut würde ich anders bezeichnen. Aber zumindest stehe ich nicht mehr unter Drogen. Hat einer von euch meinen Mantel und meine Waffen gesehen?“ Nero schüttelte den Kopf. „Das nicht. Aber bist du sicher, dass es dir gut genug geht? Du wirkst ziemlich blass!“ Dante grinste. „Sicher. Alles wäre besser, als noch länger in dieser Zelle herumzuliegen. Gib mir einfach meine Waffen zurück und alles ist in bester Ordnung.“ Er sah sich um. „Seltsam, ich hätte schwören können, ihr hättet sie... ich spüre Rebellion ganz in der Nähe!“ „Glaubst du, du kannst sie finden?“, fragte Seneca und der zweite Sohn Spardas nickte. „Natürlich, schließlich ist Rebellion mehr als nur ein Schwert. Es muss hier irgendwo sein – gibt es hier in der Nähe eine Tür in ein Zimmer oder so?“ Vergil runzelte die Stirn und wies hinter sich. Sein Bruder nickte ihm dankbar zu und stolzierte an dem Trio vorbei. Wenige Minuten später war Dante wieder voll ausgerüstet. Dankbar strich er über den roten Mantel, über die Griffe der Pistolen und der Schwerter. „Ich habe sie schon irgendwie vermisst. Und jetzt... hätte ich irgendwie Lust, ein paar dieser verdammten Gefängniswärter zu verprügeln!“ Seneca schüttelte den Kopf. „Wenn du mich fragst, wäre es am besten, wenn wir uns einfach, so schnell es geht, aus dem Staub machen! Wer weiß, wieviele Kräfte sie aufbringen, wenn sie feststellen, dass nicht nur einer, sondern drei Halbdämonen mit außergewöhnlicher Kraft in der Nähe sind!“ Nero nickte zustimmend. „Ja, ich bin auch nicht besonders scharf darauf, als Zielscheibe missbraucht zu werden. Diese verfluchen Kugeln tun wirklich weh, wenn man keine Selbstheilungskräfte mehr hat!“ Ohne auf die anderen zu warten, setzte er sich in Bewegung. Dante folgte ihm schulterzuckend, Vergil stoisch ruhig. Seneca grinste. Das war ein Grüppchen! Aber er war froh, dass sie wieder alle vereint waren. Diesmal folgte Seneca den Dämonen bis hinauf ins Obergeschoss, wo Vergil und Nero schon zuvor angekommen waren. Er weigerte sich schlicht, wieder den Spießrutenlauf durch den Altarraum zu laufen, sondern bat stattdessen Nero, mit ihm auf dem Rücken nach unten zu springen. Zuerst schien es, als wollte der Halbdämon mit dem schwarzen Mantel sich weigern, doch dann, als Seneca ihn regelrecht flehend ansah, nickte er resigniert. „Also gut, aber nur dieses eine Mal!“ Er neigte sich, damit Seneca auf seinen Rücken klettern konnte. Dann sprang er, ohne auf Vergils schemenhaftes Grinsen und Dantes Gelächter auch nur zu reagieren. Der Aufprall unten war ziemlich hart, anders als Seneca es erwartet hatte, Nero ging richtiggehend in die Knie dabei. Aber andererseits hatten sie beide zusammen doch einiges an Gewicht. Dante und schlussendlich Vergil kamen mit der Eleganz von Katzen unten an. „Na das war doch mal ein Anblick...“ Dante vollendete den Satz nicht, runzelte die Stirn. Plötzlich hoben alle drei Halbdämonen die Köpfe. Anstelle von Schalk blitzte nun Wachsamkeit in den Augen des Rotgewandeten. Neros Blick schoss hektisch hin und her, während Vergils Hand bereits zum Schwertgriff kroch. „Hattest du wirklich geglaubt, es wäre so einfach, mir zu entkommen?“, fragte da eine Stimme, kalt und klar wie durchschimmerndes Eis. Nahezu synchron fuhren alle Vier herum. Doch ehe sie auch nur einen Blick auf ihren Gegner werfen konnten, fragte eine zweite Stimme: „Hast du dich also befreit? Gar nicht mal schlecht, muss ich sagen. Aber dennoch, es reicht noch nicht.“ Seneca erschauerte, als ihn die Erkenntnis durchzuckte. Sie waren umzingelt! *drop* Cliffhanger... sollte nicht nur Spannung erzeugen, sondern auch als sprichwörtlicher Tritt in den Hintern für mich selbst wirken. oO' ist ja wirklich peinlich, wie lange ich dafür gebraucht hab. egal. Jetzt ist die Gruppe also endlich wieder vereint. Auf gehts zum großen Showdown! Kapitel 22: Ein Drei-Parteien-Kampf ----------------------------------- Es geht endlich weiter. So langsam nähert sich die FF ihrem Ende. Endlich kann ich auch den Cliffhanger auflösen. Tschuldigung nochmal dafür. Und jetzt viel Spaß beim Lesen! Seneca sah sich um. Er spürte, wie ihm eiskalt wurde. Er wollte gar nicht daran denken, was gleich unweigerlich folgen würde. Auf den Gesichtern der Halbdämonen spiegelten sich die unterschiedlichsten Gefühle. Dante, der ihm am nächsten stand, lächelte breit. Nur aus der Nähe konnte man sehen, wie eingefroren es wirkte. Neros Blick schoss unruhig zwischen den beiden Parteien, die sie eingekesselt hatten, hin und her, während Vergil äußerlich stoisch ruhig schien und alles gelassen hinnahm. Doch Seneca sah auch, wie seine Finger sich immer wieder um Yamatos Heft schlossen und sich wieder öffneten, um dann wieder fest zuzupacken. Alle drei Halbdämonen waren nervös. „Was für eine hübsche Versammlung. Sagt bloß, ihr habt euch all die Arbeit nur für uns gemacht?“, ließ Dante einen seiner bekannt lässigen Sprüche hören, doch Seneca sah, wieviel Überwindung ihn das kostete. Er wusste, dass sie, sollte alles gleichzeitig auf sie losstürmen, keine Chance haben würden. Das Gelände eignete sich nicht für einen Kampf gegen Massen. Seneca sah zu den Feinden hinter ihnen. Es war eine langgezogene, drei Reihen starke Schlachtformation der Ritter des Schwertordens. Grob geschätzt glaubte Seneca, mindestens hundert Menschen zu sehen, die ihnen gegenüberstanden. Sie hatten sich vor dem Eingang aufgepflanzt, zielten jetzt mit Pistolen, Gewehren und diversen Blankwaffen auf sie. Entschlossenheit stand in ihren Mienen, und wenn einer Angst hatte, so verbarg er sie gut. Seneca wandte sich erschauernd um. Auf der anderen Seite ging es nicht so geordnet zu. Eine johlende, brüllende und geifernde Menge diverser Kreaturen hatte sich am Waldrand versammelt, verbarg sich teilweise in den Hecken, die den Wald vom Grundstück des Schwertordens trennen sollten. Dämonen. Und an ihrer Spitze stand eine hochgewachsene, Seneca auf unangenehme Weise bekannte Gestalt – Ariev. Der rothaarige Vampirdämon lächelte. „Ich hätte nicht gedacht, dass wir so schnell wieder aufeinandertreffen. Hast du dich schon gut erholt, Vergil?“ Wenn Blicke töten könnten, wäre Ariev sicher zu einem Häufchen Asche verschmort, dessen war sich Seneca sicher. Vergils Augen schienen nur noch aus brennendem Hass zu bestehen, Seneca war froh, dass der Halbdämon auf seiner Seite war. Er betete, dass er sich niemals jemandem zum Feind machte, der seinen Hass so auslebte wie der Schwertmeister. Dante indes, der seinen Bruder diesbezüglich ja genau kannte, sah stirnrunzelnd zu ihm hinüber, sagte aber nichts. Stattdessen fragte Nero: „Was wird das hier? Warum bist du uns gefolgt, Ariev?“ Der Rothaarige schwieg beharrlich, was Nero zornig zu machen schien, denn er wandte sich brüsk um und drehte das Gesicht den wartenden Rittern zu. „Und ihr? Was führt euch her?“ Einer der Ritter, ein großgewachsener, schwerer Mann, trat vor. Nero erkannte ihn wieder. Es war einer der Männer, die ihnen damals im Wald aufgelauert hatten. Seltsam... er hatte gedacht, alle Menschen wären getötet worden, doch der Kerl mit der langen Narbe im Gesicht hatte ganz offensichtlich überlebt. Er war einerseits froh darum, doch andererseits würde vieles einfacher werden, wenn weniger Menschen an diesem Gefecht teilnehmen würden. „Was uns herführt, wollt ihr wissen? Seid ihr wirklich so einfältig, oder steckt mehr dahinter? Euch wollen wir, was sonst? Wir brauchen euch, die ihr ewig jung bleibt und ewig eure Kräfte mehren konntet!“ „Niemals!“, zischte Ariev. „Sie gehören mir! Allesamt!“ Nero runzelte die Stirn. Beim letzten Mal hatte sich der Vampirfürst aber ganz anders angehört. Vergils Lippen verzogen sich zu einem boshaften Lächeln, sah Nero. „Futterneid, du dreckiger Blutsauger?“, wisperte er so leise, dass nicht einmal Seneca, der neben ihnen stand, ihn hören konnte. Ariev hingegen hörte ihn ganz genau – und wurde blass vor Zorn, wenn man die winzige Veränderung der Farbnuancen seines Gesichts „erblassen“ nennen konnte. „Du wagst es, mich... mich... Blutsauger zu nennen?“ Er warf arrogant das rote Haar in den Nacken. „Dafür wirst du büßen, das schwöre ich dir!“ Er hielt inne, die Augen schmal und den Blick fest auf Vergil gerichtet. „Oder sollte ich vielleicht erst allen hier erzählen, was ich mit dir veranstalten durfte? Wie wäre das, mein kleiner Halbdämon?“ Allein wie er das Wort betonte brachte Nero bereits in Rage. Wie Vergil es schaffte, dennoch ruhig stehen zu bleiben und sich nicht tobend auf Ariev zu stürzen, war Nero ein Rätsel. Der Dämon im blauen Mantel flüsterte nur: „Er gehört mir. Ich will Ariev!“ Dante ließ die Hand auf die Schulter seines Zwillingsbruders klatschen. „Gerne. Mit diesem halb verwesten Scheusal lege ich mich nur ungern an. Soll ich mich dann um die anderen kümmern?“ Vergil schnaubte nur, während Arievs Hände sich zu Fäusten ballten. „Verwestes Scheusal? Was glaubst du, wer du bist, Verrätersohn? Ich war schon alt, da warst du noch nicht mal in der Lage, deinen eigenen Namen zu nennen!“, zischte er. Doch Dante schenkte ihm nur ein strahlendes Lächeln. „Sage ich ja. Halb verwest, nicht so jugendlich frisch wie ich!“ Seneca warf ihm einen warnenden Blick zu. „Lass es nicht eskalieren! Er explodiert gleich.“ „Wäre mir auch recht. Dann hätten wir es wenigstens nur noch mit einem Gegner zu tun.“, gab Dante schlagfertig zurück. Nero sah zu Ariev hinüber. Der rothaarige Dämon schäumte vor Wut, befahl seinen Dämonen, sich zum Angriff bereit zu machen. „Vergil, du und Seneca, ihr nehmt die Dämonen. Dante und ich kümmern uns um den Schwertorden. In Ordnung?“ Er konnte die Spannung beinahe greifen, die in der Luft lag. Ein falsches Wort, eine falsche Bewegung genügte, und dieses Pulverfass konnte hochgehen. Nero war bedacht darauf, alles in die richtige Bahn zu lenken, wenn beide Parteien zuerst angriffen, mochte es sein, dass sie dazwischen zermahlen wurden. Irgendwie musste es ihnen gelingen, aus dem Hexenkessel zu entkommen, oder beide Armeen dazu zu bringen, sich gegenseitig niederzumetzeln, anstatt über sie herzufallen. Er wollte gerade Dante um Unterstützung bitten – der Halbdämon im roten Mantel wäre sicherlich eine Hilfe, die Stimmung unter den Anwesenden zu manipulieren – da regte sich etwas am Eingang des Gebäudes. Eine Gruppe von Soldaten kam heran. An ihrer Spitze stand ein schlanker, ausgezehrt wirkender Mann in einem weißen Mantel. Nero fuhr zusammen, als er rotbraunes Haar erkannte. Das konnte nicht sein! „C-Credo?“ Seneca sah sich zu ihm um, doch Nero hatte nur Augen für den Neuankömmling. Das durfte nicht wahr sein! Nero betrachtete den Mann näher und stellte plötzlich erleichtert fest, dass ihm nicht sein Ziehbruder gegenüberstand, sondern lediglich ein Mann, der diesem sehr ähnlich sah. Der Fremde postierte sich in der Mitte der Schlachtreihe, den Halbdämonen genau gegenüber. Nero erkannte jetzt deutlich die Unterschiede zu seinem Verwandten, auch wenn die Gestik und die Haltung des Mannes ähnlich waren wie die Credos. Das Haar war ein wenig länger und deutlich von grauen Strähnen durchzogen, der Bart war anders geschnitten und die Augen hatten eine deutlich andere Farbe. Der Ritter sah ihn direkt an. „Ich glaube nicht, dass wir Dämonen direkt vor unserer Haustür erlauben können. Vor allem nicht solche, die Spardas Andenken nicht ehren.“ Er hob die linke Augenbraue – noch ein Zug, der Nero fremd vorkam. Dante wandte sich um und bemerkte aalglatt: „Sicherlich. Jedoch wären wir euch dankbar, wenn ihr uns fürs Erste verschonen könntet. Wir brauchen nämlich einen freien Rücken, wenn wir euch helfen sollen.“ Kichernd sah der Mensch zur Seite. „Nicht doch. Ihr müsst euch doch nicht um solches Gesindel kümmern. Das erledigen wir für euch.“ Auf einen Wink hin hoben die Menschen ihre Waffen, richteten sie auf die am Waldrand wartenden Dämonen, die ebenfalls in Kampfstellung gingen. „Jedoch...“ Der Weißgewandete sah zu Vergil und Dante hinüber. „...können wir es uns auch nicht leisten, solch wertvolle Geschöpfe wie euch einfach so ziehen zu lassen. Und zur Not werden wir euch mit Gewalt aufhalten.“ Die Soldaten, die mit ihm gekommen waren, zückten jetzt ebenfalls ihre Waffen. „Ihr habt die Wahl. Entweder kommt ihr freiwillig mit, oder wir holen uns euch!“ „Dann wirst du erst an mir vorbeimüssen!“, fauchte Ariev, jetzt wirklich zornig, weil man ihn einfach so ignoriert hatte. „Wir machen es wie geplant!“, beschloss Nero und wandte sich demonstrativ zu den Menschen um. Dante tat es ihm gleich, während Vergil und Seneca sich zu den Dämonen drehten. „Wir haben noch eine Rechnung offen, Blutsauger! Und diesmal, das garantiere ich dir, werde ich nicht versagen!“, hörte Nero Vergil sagen. „Gerne doch! Du gehörst mir!“, schrie Ariev, dann schoss er ohne Vorwarnung vorwärts, auf die Halbdämonen zu. „So nicht! Schnappt euch unsere Schätze!“, befahl der Weißgewandete auf der anderen Seite und ging ebenfalls zum Angriff über. Soldaten und gewöhnliche Dämonen standen einen Augenblick überrumpelt da, dann setzten sich beide Gruppen mit wildem Geschrei in Bewegung. Nero fühlte sich, als wäre er das Eisen zwischen Hammer und Amboss, das gleich in Form geschlagen werden würde. Er zog blitzschnell das Schwert. Und dann waren der Weiße und seine Leute auch schon heran. Dantes Hand hielt Rebellion so locker, als wöge das riesige Schwert nichts. Die Klingen pflügten behände durch die Luft, zogen ihre blutige Spur durch Leiber, die zuvor noch nach Dantes Blut gelechzt hatten. Es war ihm eine Qual, dass er die Menschen töten musste, aber anders ließen sie sich nicht aufhalten. Dante ließ Rebellion kreisen, blockte den Hieb eines Keulenträgers und stieß diesen zurück. Doch anstatt sich auf den Hosenboden zu setzen, fing sich der Mann wieder und ließ stattdessen einen anderen an seinen Platz treten. Für Menschen mit so kurzer Lebensspanne waren sie erstaunlich gut ausgebildet. Sie kämpften zusammen, als hätten sie nie etwas anderes getan. Dante blutete bereits aus einem kleinen Schnitt im Gesicht, wo ihn eine Schwertklinge getroffen hatte, sowie aus einer Wunde, die ein Streifschuss in seine rechte Wade gerissen hatte. Er ließ den Blick ein wenig schweifen, während er lässig die Attacken der Männer abwehrte. Das Dämonenheer und die Schlachtformation der Menschen hatten sich ineinander verkeilt, das Kampfgeschehen wogte chaotisch hin und her. In der Mitte jedoch, wo sie fochten, war ein kleiner freier Platz geblieben – keiner, weder Soldat, noch gemeiner Dämon, wagte sich an die Meister der Kampfkunst heran aus Angst, zwischen die wirbelnden Klingen zu geraten. Dante kassierte einen Schlag mit der flachen Seite irgendeines Schwertes gegen die Schulter und konzentrierte sich wieder auf den Kampf. Zwei sich sehr ähnlich sehende Männer, wohl Brüder, nahmen ihn in die Zange. Der eine, ein Schwertträger, hatte ihn getroffen, während der andere ihn die ganze Zeit mit seinen wirbelnden Klingen – ein Stab, an dessen Enden zwei hauchdünne Klingen saßen – traktierte. Dante fand einfach keine Möglichkeit, mit beiden kurzen Prozess zu machen, denn sobald er seine Deckung auf der einen Seite öffnete, schlug sein Gegner auf der anderen Seite zu. Er fluchte. Irgendwie würde er den beiden Herr werden! Nero indes hatte eine ähnlich schwere Aufgabe. Der Weißgekleidete höchstselbst konzentrierte sich auf ihn. Beide führten das schwere Schwert ihres Ordens, Nero unterstützt von seiner Teufelsklaue, der Weiße von einem runden, schön geschmiedeten Schild. Und nicht nur die Schnelligkeit seines Gegenübers machte Nero Probleme. Der Fremde bewegte sich mit einer katzenhaften Anmut, führte das Schwert in einer Technik, die dem Halbdämonen so vertraut vorkam, dass ihm beinahe Tränen in die Augen stiegen. Immer wieder sah er Credo vor sich, anstelle eines vollkommen fremden Menschen, der ihm den Tod wünschte. Er konnte nicht alle Aufmerksamkeit auf den Kampf richten, immer wieder überkam ihn die Erinnerung. Er schniefte. „War das schon alles, Junge?“, fragte der Fremde sanft. „Wenn ja, dann kannst du auch gleich mit mir kommen, ohne dich weiter mit mir zu prügeln.“ Nero sah auf, mit zornig zusammengezogenen Brauen stürmte er seinem Gegner entgegen, die Red Queen erhoben und bereit zum Zuschlagen. Doch der Weiße tat ihm den Gefallen nicht. Immer wieder tauchte er unter der Waffe hinweg oder parierte Schläge mit dem Schild. Trotz allem war er sehr wendig und Nero begriff, dass man ihm mit Absicht einen solchen Gegner geschickt hatte. Der Mann sollte ihn an Credo erinnern, nicht nur in Aussehen und Ausrüstung, sondern auch in der Art, wie er mit ihm sprach. Zornig riss Nero die Waffe herab und griff gleichzeitig mit der Teufelsklaue nach dem hochgereckten Schild, um ihn zur Seite zu drücken. Aber sein Gegner lächelte nur und zog ihm sein eigenes Schwert über die Klaue. Fluchend ließ Nero los und ließ flüssiges Feuer über die Red Queen rinnen, um vielleicht doch durch Zufall die Gewänder seines Gegenübers in Brand zu setzen. Fast hätte er auch Erfolg damit gehabt, doch im letzten Moment machte der Mann einen Ausfallschritt zur Seite und brachte den Schild zwischen sich und das flammende Schwert. „Du musst tatsächlich noch viel über den Kampf mit Schwert und Schild lernen. So geht das jedenfalls nicht.“, belehrte ihn der Andere. Nero schüttelte den Kopf. Nein. Credo wäre nie so schulmeisterlich mit ihm umgegangen! Er musste sämtliche freundschaftlichen Gefühle beiseite schieben, wenn er diesen Kampf gewinnen wollte! Mit neuem Elan stürzte er sich auf den Weißen. Wenn Selbstbeherrschung bezahlt würde, dachte Vergil, wäre ich reich. Alles in ihm schrie danach, in pure Raserei zu geraten. Doch er wusste, sobald er seine Deckung aufgab, würde Ariev ihn zerfetzen. Der Dämonenfürst führte ein schlankes, gerades Schwert in den Kampf, mit dem er ebenso geschickt umzugehen vermochte wie Vergil mit Yamato. Der Schwertmeister war sich im Klaren darüber, dass er nur mit dem Schwert seines Vaters eine Chance gegen den Rotschopf hatte, mit Alastor oder selbst mit Beowulf wäre er niemals schnell genug, um den zuckenden Hieben auszuweichen, mit denen ihn Ariev eindeckte. Wieder raste der andere Dämon heran, das Schwert in der Hand war nur mehr als Lichtstreif zu erkennen. Ariev war verflucht schnell, schneller als Vergil und außerdem ebenso ausdauernd. Und irgendwie gelang es dem Vampir immer wieder, in seinen toten Winkel zu gelangen, wo er Vergil treffen konnte. Auch jetzt spürte er wieder den eisigen Biss der Waffe in seinem linken Oberschenkel. Vergil zischte unartikuliert und schlug nach Ariev, der jedoch wendig wie ein Aal dem Hieb auswich und sich aus der Reichweite des Halbdämons mit dem blauen Mantel zurückzog. Ein Fluch ließ Spardas Sohn aufmerken. Ariev wischte sich, auf ein Knie herabgesunken, eine dünne Blutspur von der Wange und wandte sich in Senecas Richtung. Der Mensch grinste und Vergil sah seine Chance. Noch ehe Ariev lossprinten konnte, um sich des Menschen zu entledigen, hetzte er vor, trieb dem Vampirfürsten zwei beschworene Schwerter in den Rücken und holte aus, um ihm endgültig den Rest zu geben. Doch er hatte nicht mit Arievs Reaktionsschnelligkeit gerechnet. Yamato prallte funkensprühend gegen das schlanke Schwert des Dämonen und wurde zurückgeschleudert. Vergil spürte sengenden Schmerz, als die Wucht des Schlages seinen Arm hinauffuhr. Keuchend wich er zurück, doch nicht schnell genug. Ariev war schneller als ein Blitz wieder auf den Beinen und packte Vergil am Kragen. „Schluss jetzt, mein Freund. Auch wenn ich dich erst halb schlachten muss, ehe ich dich mitnehmen kann, ich werde es tun, das schwöre ich dir!“ Er leckte sich genussvoll über die Lippen, verlagerte das Gewicht – und stieß Vergil emotionslos das Schwert in den Bauch. „So. Und jetzt sorge ich dafür, dass du deine Kräfte richtig verpulvern musst!“ Er drehte die Klinge herum und der Schwertmeister hätte um ein Haar Yamato fallen gelassen. Vergil konnte ein Keuchen nicht unterdrücken, als Eiseskälte von dem Stahl in seinem Körper auszugehen schien. Er sah an Arievs Hand, die seine Kehle hielt, vorbei und erschauerte. Die Hand des Dämonenfürsten war von einer dünnen Eisschicht bedeckt, und diese setzte sich das Schwert entlang fort. „Na, Vergil? Siehst du jetzt ein, dass ich dir hoffnungslos überlegen bin?“ Ariev lachte hell auf und bewegte die Waffe ein Stückchen. Diesmal konnte Vergil sich nicht zurückhalten und schrie auf. Die Kälte breitete sich immer weiter in seinem Körper aus! Ariev grinste, weidete sich an den Schmerzen seines Opfers. Bis er plötzlich erstarrte. Hinter seiner Schulter sah Vergil Senecas Gesicht auftauchen. Blutbespritzt. Mit einem Ausdruck von kalter Berechnung in den Augen. Ariev erschauerte. Mit einem harten Ruck wurde der Halbdämon im blauen Mantel zurückgestoßen, das Schwert des Dämonenfürsten glitt aus der Wunde und der Rothaarige schwankte, stürzte schließlich. Seneca flüsterte: „Na, wie fühlt man sich so mit einem durchtrennten Rückgrat? Kein angenehmes Gefühl, nehme ich an?“ Vergil sah auf den schlanken Menschen hinab. Seneca hielt eine monströse Waffe in der Hand, einen Ring auf dem drei gekrümmte Schwertklingen saßen, die so dünn waren, dass er sich unwillkürlich fragte, welcher Waffenschmied in der Lage war, eine solche Klinge zu schmieden ohne dass sie beim ersten Aufprall zersprang wie Glas. Alle drei Klingen waren blutverschmiert. Vergil begriff. Seneca musste den Ring in Rotation versetzt haben, und wie die Klingen einer Fräse hatten sich die Schwerter tiefer und tiefer in Arievs Rücken gegraben, bis sie dessen Rückgrat zertrennt hatten. Ariev keuchte und Vergils Blick richtete sich wieder auf den Fürsten. Das Blut, das zuvor in einem dicken Strahl aus seinem Rücken geschossen war, lag wie ein roter Umhang auf dem Boden. Ariev selbst jedoch erholte sich bereits wieder. Die schreckliche Wunde hatte sich schon fast wieder geschlossen! Vergil packte Yamato fester – auch sein Körper regenerierte sich – und holte aus, um dem Vampir den Kopf von den Schultern zu trennen. Doch wieder, wie zuvor, war der Fürst zu schnell. Arievs Hand schoss hoch, packte Yamato und drückte es mühelos zurück. „So nicht, meine Freunde!“ Er griff um, umklammerte Vergils Handgelenk mit der Gewalt eines Schraubstocks, verdrehte und brach es schließlich. Spardas Sohn ächzte, der Vampir lächelte kalt und stieß ihn zurück, sodass Vergil auf dem zertrampelten Gras landete. Dann fuhr er mit der Gewalt eines Orkanes zu Seneca herum. Vergils Augen weiteten sich. Nicht so sehr, weil er um Seneca, der jetzt sicher sterben würde, trauerte, sondern eher deshalb, weil der Dämon noch immer, trotz einer solch schweren Verwundung, so unfassbar schnell war. Ariev packte Seneca an der Kehle und zerrte ihn zu sich heran – was der Mensch dazu nutzte, ihm als sozusagen letzte Tat noch einmal eine der Klingen in den Leib zu rammen. Der Rotschopf lächelte. „Eigentlich hatte ich vor, dich ganz genüsslich auszutrinken, mein Junge. Aber diese Möglichkeit ist dir jetzt verwehrt.“ Er küsste Seneca auf die Lippen, nein, es war kein Kuss, sondern ein schmerzhafter Biss in Lippen und Zunge des Menschen. Ariev ließ ihn auch sofort wieder los. Er musste kaum einen tiefen Schluck von Senecas Blut getrunken haben. Vergil spürte, wie sein Handgelenk wieder heilte und sprang auf. Mit einem wilden Schrei auf den Lippen stürzte er vorwärts, um vielleicht doch noch zu verhindern, dass der Vampirfürst seinen Verbündeten umbrachte. Er schoss mit der Gewalt einer Kanonenkugel nach vorn, die Stelle anvisiert, wo der Stoff von Arievs Gewand zerrissen war. Und gerade in dem Sekundenbruchteil, in dem Yamato Arievs Rücken berührte, schleuderte der Dämon den Menschen davon. Seneca segelte mehrere Meter durch die Luft und krachte mit voller Wucht mit dem Rücken quer gegen einen Baumstamm. Vergil hörte, wie Senecas Knochen brachen. Ohne ein Wort, selbst ohne einen Ausdruck des Schmerzes im Gesicht sank der junge Dämonenjäger zu Boden, wo er reglos liegenblieb. Spardas Sohn indes attackierte. Ihm blieb keine Zeit, um nach Seneca zu sehen, jetzt war die einzige Möglichkeit, um Ariev zu erledigen! Er zog Yamato über Arievs ungeschützten Rücken, zog blutige Furchen in die helle, leichenblasse Haut, nur um dann wieder zurückweichen zu müssen, als sich der Vampirfürst zu ihm umdrehte, Senecas monströse Waffe in der Hand. „Hm, ich hatte mich schon gefragt, ob die letzte Erfindung meines alten Erzfeindes mit dessen Tod in Vergessenheit geraten wäre. Offensichtlich nicht. Oder sollte ich besser sagen, jetzt ist sie es?“ Ariev lächelte. „Nun. Möchtest du ausprobieren, wie es sich anfühlt, von einer Sense wie dieser in seine Einzelteile zerschnitten zu werden?“ Vergil wich eine Winzigkeit zurück und Arievs Grinsen wurde breiter. „Offenbar nicht. Zu schade, dass du keine Wahl hast!“ Er hob die Klingen. „So fühlt es sich also an, ein Irrlicht in der Hand zu haben!“ Er holte aus. Doch ehe er die schreckliche Waffe in Rotation setzen konnte, schnitt eine Stimme über das langsam leiser werdende Schlachtengeschrei von außerhalb. „Lass das Ding fallen, wenn du leben willst!“ Dante! Vergil fluchte. Dass ihm sein verdammter Zwillingsbruder auch immer in die Quere kommen musste! Der zweite Zwilling stand breitbeinig vor einem Haufen bewusstloser oder toter Menschen – so genau vermochte Vergil es nicht zu sagen, und es war ihm auch egal, um ehrlich zu sein – und hatte mit seinen Pistolen auf Ariev angelegt. Der Dämonenfürst zögerte und gab Vergil Gelegenheit, sich nach Nero umzusehen. Der jüngste der drei Halbdämonen rang noch immer mit dem weißgekleideten Menschen. Beide waren in Blut gebadet, wieviel von wem stammte, war nicht feststellbar, aber Nero schien innerlich mit etwas zu ringen, ansonsten hätte er dem Mann schon längst den Garaus gemacht. „Du willst mich also töten, Dante?“, versetzte der Rotschopf und Vergil richtete den Blick wieder auf das Geschehen. Der Halbdämon im roten Mantel lächelte. „Sicher. Ich lasse keinen Dämonen am Leben, der Menschen bedroht.“ Ariev grinste. „Glaubst du wirklich, du könntest mich erledigen, Welpe? Selbst Sparda fürchtete mich!“ „Ach wirklich? Nun, dann ist es wohl gut, dass ich anders als mein Vater bin!“ Dante schenkte dem rothaarigen Dämonen sein schönstes Lächeln, dann drückte er eiskalt ab. Die zwei Kugeln fuhren Ariev in Stirn und Herz, rissen den Fürsten zurück. Er ließ das Irrlicht fallen. Aber wenn Dante gedacht hatte, dass dies bereits alles gewesen wäre, so täuschte er sich. Ariev schüttelte sich, wischte sich das Blut aus dem Gesicht und richtete sich wieder auf. „Oh nein, so nicht. Das wäre zu einfach.“ Ariev warf sich das rote Haar auf den Rücken zurück. „Es ist Zeit für euch, dass ihr verzogenen Rotzlöffel eine ernsthafte Lektion lernt!“, schrie er und hetzte vorwärts. Vergil sah mit Genugtuung, wie schwer sich sein Bruder tat, die blitzschnellen Hiebe des Dämonenfürsten zu parieren. Immer wieder fing er sich Schnitte und Kratzer ein, kam seinerseits jedoch kaum zum Gegenangriff. Vergil lächelte kalt. Sein Bruder war Ariev noch weniger gewachsen als er selbst. Doch glücklicherweise waren sie nicht jeder allein. Als der Schwertmeister mit in den Kampf eingriff, wurde klar, dass Ariev zwar stark war, gegen zwei Halbdämonen dieser Stärke jedoch nur verlieren konnte. Vergil und Dante drängten den Älteren systematisch in die Enge, zwangen ihn, sich wechselweise immer dem einen oder dem anderen zuzuwenden und für den Übrigbleibenden eine Lücke in der Defensive zu öffnen. Der Vampir blutete aus vielen Wunden, den zerfetzten, tiefen, die Dante mit Rebellion geschlagen hatte, ebenso wie den glatten, langen, die von Vergils Yamato stammten. Langsam wurden sie ihm Herr. Doch dann, als Ariev vollkommen in die Ecke gedrängt war und mit dem Rücken an der Dornenhecke stand, tat der Vampir etwas Unvorhergesehenes. Mit einem spitzen Schrei drängte er vorwärts, verpasste Dante einen von Schulter zu Schulter reichenden tiefen Schnitt in die Brust und hetzte an den Brüdern vorbei, um dann mit einer vollendet flüssigen – und bluttriefenden – Umdrehung und einem darauffolgenden Riesensatz über die Hecke im Wald zu verschwinden. Vergil hätte ihm nachgesetzt, doch Dante hielt ihn zurück. „Warte. Wir müssen Nero helfen.“ Der Schwertmeister hätte ihm gern entgegnet, dass er sich einen Dreck um den Jungen scherte, doch in diesem Moment gelang es Nero endlich, den vernichtenden Schwertstoß anzubringen und den Anderen am Herzen zu durchbohren. Mit zusammengebissenen Zähnen stand er schließlich vor dem Toten. Der Halbdämon im blauen Mantel sah sich um. Arievs Dämonen waren bis auf den letzten vernichtet oder geflohen, lediglich Ritter und Soldaten standen noch. Und sie sannen auf Rache für ihre getöteten Kameraden! Seufzend hob Vergil das Schwert ein weiteres Mal. „Also noch mehr Opfer für Yamato. Schön. Kommt!“ Doch so weit sollte es nicht kommen. Denn ehe die Männer losrennen konnten, um sich in einen sinnlosen Tod durch die Dämonen zu werfen, erklang eine gebieterische Stimme. „Halt! Sofort aufhören! Das ist ein Befehl!“ Dante erstarrte. „Nicht er!“, wisperte er. Aber es war der Mann. Der grauhaarige Foltermeister, der auf den Namen Ryder hörte! Tatsächlich stand der Forscher in seinen üblichen Kleidern am Eingang und starrte ihnen entgegen. „Gegen diese Geschöpfe kämpfen zu wollen ist purer Wahnsinn. Unsere Forschung hat ergeben, dass wir sie niemals vollständig kontrollieren können – und dass es klug wäre, auf ihre Mithilfe zu vertrauen anstelle sie umbringen zu wollen. Zieht euch zurück, und zwar jetzt sofort!“ Die Soldaten gehorchten! Dante konnte es nicht fassen. Was würde dieses Monster in Menschengestalt noch alles aushecken? Wartete schon die nächste Herausforderung auf sie? Nicht, dass Dante zu erschöpft wäre, um noch weiterzukämpfen, aber er wollte erst sehen, wie es um Seneca stand. Ryder nickte und winkte der zweiten Gestalt, die noch im Schatten des kleinen Eingangs stand, herauszutreten und die Ritter hindurchzulassen. Dante erkannte erstaunt, dass es Banes war, der mit Ryder gekommen war. Der dunkelhaarige Arzt richtete den Blick auf sein ehemaliges Opfer. „Dante...“ Der Halbdämon sah zur Seite, in Senecas Richtung. „Kümmere dich um ihn. Er ist sicher schwer verletzt.“ Banes runzelte die Stirn, folgte dann aber Dantes Blick und stieß einen überraschten Schrei aus. „Großer Gott! Junge!“ Er rannte zu dem Baum hinüber, an dessen Wurzeln Seneca lag. Dante sah, wie er bei dem Menschen niederkniete und ihn sanft untersuchte. Ryder indes hatte drei Ritter aufgehalten und ging nun langsam zu dem Haufen von Verletzten und Toten hinüber, um die Lebenden auszusondern und zu versorgen. Langsam trat Dante zu Banes hin, der vorsichtig über Senecas Wirbelsäule strich. „Ich... sein Vater und ich waren Freunde. Ich hatte geglaubt, er sei ebenfalls umgekommen...“ Banes biss sich auf die Lippen und Dante sah, dass Tränen in den Augen des Mannes standen. „Dante...“ „Wie geht es ihm?“ Der Arzt schüttelte den Kopf und Dante spürte, wie ihm kalt wurde. Seneca... „Er lebt. Gerade noch so. Der Aufprall hätte ihn eigentlich umbringen müssen. Er ist mit voller Wucht gegen den Baum geprallt. Seine Wirbelsäule ist gebrochen, mehrfach. Mehrere Rippen sind gebrochen. Was er an inneren Verletzungen hat, möchte ich mir nicht einmal vorstellen.“ Er sah auf. „Geht. Bitte. Ryder und ich haben die Soldaten zwar fortgeschickt, doch wenn die Oberen davon Wind bekommen, werden sie euch wieder jagen. Ich werde dafür sorgen, dass Seneca gut versorgt wird.“ Dante zögerte. Nero, der neben ihn getreten war, fragte: „Wird er überleben?“ Banes seufzte schwer. „Ich kann es noch nicht sagen. Kehrt zu Senecas Haus zurück – von dort kommt ihr doch, oder? So wie das Shiranui aussah, als der Junge es benutzt hat, hat er es sicher von dort geholt. Ich werde euch eine Nachricht zukommen lassen, ob er noch lebt, und wenn ja, in welchem Krankenhaus er liegt.“ Seine Hand lag sanft auf Senecas bleicher Wange. Das lange Haar hatte sich aus dem dünnen Lederband in Senecas Nacken gelöst und lag jetzt verschwitzt auf dem Boden. Der Dämonenjäger wirkte so jung, fand Dante. Er nickte. „In Ordnung. Tu dein Bestes. Ich will ihn nicht verlieren.“ Banes, der einen lockeren Spruch erwartet hatte, zuckte angesichts von Dantes ernsten Worten zusammen, nickte aber. „Ja. Verlasst euch auf mich. Ich werde ihn nicht aufgeben, wenn es auch nur die kleinste Chance gibt. Aber jetzt solltet ihr wirklich gehen.“ Er deutete auf den Eingang. „Sie werden euch nicht mehr viel Zeit lassen.“ Dante neigte den Kopf. „Danke. Und... viel Glück.“ Er wandte sich um. Ohne auf die anderen zu warten – sie folgten ihm sowieso – setzte er über die Hecke und verschwand im Wald. Er betete für Seneca, dass der junge Mensch überleben würde. Es würde ihm leid tun, den Jungen zu verlieren. Doch Banes war erfahren, außerdem schien ihm wirklich etwas an Seneca zu liegen. Dante straffte die Schultern, während er so durch den Wald rannte. Seneca würde überleben, dessen war er sich sicher! Epilog: Das Ende der Nacht -------------------------- Dies ist also das letzte Kapitel der Fanfiction. Ich danke allen, die dabei geblieben sind über so lange Zeit und hoffe, es gefällt euch noch immer. Mein Stil mag sich über die Zeit verändert haben, aber meine Bewunderung für diese Spiele und ihre Charaktere ist ungebrochen. ^^ insofern: viel Spaß beim Lesen des letzten Kapitels! Es war schwärzeste Nacht, als er sich erhob. Sein kalter Blick durchdrang die Finsternis ohne die geringsten Schwierigkeiten. Langsam schlüpfte er in seinen Mantel und sah zum Fenster. Es war Neumond, niemand würde ihn sehen, wenn er das Haus verließ. Niemand, bis auf etwaige dämonische Wächter... Er strich sein weißes Haar zurück. Sie würden ihn nicht aufhalten können. Niemand konnte das. Seine Hand schloss sich um sein Schwert und wie immer wurde er ruhig, als er es aufhob. Die langen gelben Bänder an der Scheide hingen herab, schwangen etwas, als er sich umdrehte. Die beiden schlafenden Gestalten in den anderen Betten würdigte er keines Blickes. Sie waren es nicht wert, informiert zu werden, sie wären ihm ohnehin nur im Weg. Doch dann fiel ihm wieder ein, was er zu tun gedachte. Kurz glitten seine kalten grauen Augen zurück zu dem Bett, an dessen Ende der rote Mantel lag. Dante hatte ihn gerettet, gestern auf dem Schlachtfeld. Er schüttelte sich. Nein. Er würde Ariev auch ohne die Hilfe seines störenden Zwillingsbruders töten können. Entschlossen verließ er das Haus, sah weder zurück, noch kümmerte er sich darum, ob er Lärm machte oder nicht. Diese beiden Siebenschläfer würden ohnehin nicht aufwachen. Er verschwand in der Dunkelheit. „So gehst du also, rennst wieder mal blind in dein Verderben. Muss ich dich immer wieder raushauen, du Vollidiot?“, flüsterte Dante und trat vom Fenster zurück. Sein Bruder hatte es von Anfang an auf den rothaarigen Dämonenfürsten abgesehen. Und Dante wusste genau, allein würde Vergil untergehen, wie er schon damals gegen Mundus verloren hatte. Er erschauerte, als ihn böse Erinnerungen überkamen. Als er erfahren hatte, dass Vergil der weiße Ritter gewesen war, unter Mundus' Befehl gezwungen durch dessen unfassbare Macht... Dante schluckte. Wie leicht hätte er wie sein Bruder enden können! Allerdings hatte ihm Vergil dabei geholfen. Dadurch, dass Mundus den anderen Zwilling geschlagen hatte, hatte er geglaubt, einen weiteren leichten Gegner vor sich zu haben. Er hatte Dante unterschätzt, wie so viele andere auch. Doch Ariev hatte bereits gegen ihn gekämpft, und er hatte Dante in arge Bedrängnis gebracht. Wenn es erneut zum Zweikampf käme, würde er unterliegen, dessen war er sich sicher. Wenn einer eine Chance gegen den Vampir hatte, so war es Vergil mit seiner selbst für Dämonen unfassbaren Schnelligkeit - aber auch Vergil hatte bereits gegen Ariev verloren! Bedeutete das, dass sie schlussendlich ihren Meister gefunden hatten? Er trat zu Neros Bett. Der jüngere Halbdämon schlief friedlich, hatte sich fest in die Decke gewickelt und den dämonischen Arm um das Kissen geschlungen. Unwillkürlich fragte sich Dante, wie man mit einem solchen glühenden Etwas als Unterarm schlafen konnte, doch dann zuckte er mit den Schultern. Wahrscheinlich Gewohnheitssache, wie so vieles. Er seufzte. Ihm blieb keine wirkliche Wahl. „Nero?“ Er brauchte keine zweite Frage, der Jüngere war sofort hellwach. „Was ist?“ „Ich werde gehen. Mein dummer Bruder meint schon wieder, den Helden spielen zu müssen. Nur vergisst er dabei eine Sache – der Held bin ich, nicht er.“ Nero runzelte die Stirn. „Also was?“ „Er wird Ariev suchen.“ Der jüngere Halbdämon schluckte. „Ich komme mit.“ Dante schüttelte den Kopf. „Nein. Bleib bei Seneca. Ich habe das Gefühl, dass er dich dringender braucht. Zu zweit sollten wir diesen Blutsauger schon trocken legen können. Hat immerhin gestern auch geklappt.“ Nero sah nicht überzeugt aus. Doch er seufzte nur und meinte: „Sei vorsichtig. Ich möchte dich nicht noch einmal verlieren.“ Dante lächelte. „Ich doch nicht. Immer Kopf und Kragen riskieren, schon vergessen? Keine Angst. Der Dämon, der mir in die Suppe spuckt, ist noch lange nicht aus der Hölle gekrochen!“ Er wandte sich um und wollte seinen Mantel vom Bett auflesen, doch Nero hielt ihn zurück. „Bitte, Dante! Wenn du es auf die leichte Schulter nimmst, wird er dich schlachten und du endest als sein Frühstück! Wenn einer gehen sollte, bin ich es.“ Er zögerte, dann fügte er hinzu: „Es schien, als würde ihm mein Blut nicht schmecken. Vielleicht hilft das?“ Dante lachte leise auf. „Als ob ich ihm eher schmecken würde. Mit einer pulverisierten Zunge schmeckt man nicht eben viel, wusstest du das?“ „Aber das ist der Punkt! Er hat Vergil gefangen gehalten, um von ihm zu trinken! Mich hat er sofort, nachdem er einen Schluck getrunken hatte, rauswerfen lassen!“, versuchte Nero es erneut, doch Dante winkte ab. „Ich mache keine Scherze, Kleiner. Dieser Blutegel wird sich schon bald wünschen, er wäre in der Hölle geblieben und würde dort andere Dämonen aussaugen. Gegen Vergil und mich kann er nicht gewinnen. Und im Gegensatz zu meinem Bruder nehme ich auch kurzfristige Allianzen in Kauf, um dieses Ziel zu erreichen.“ Es war sein letztes Wort, denn er nahm brüsk seinen Mantel auf, schlüpfte hinein und verließ das Zimmer. Nero war klug genug, um ihm nicht zu folgen. Als Dante durch die leeren Straßen eilte und versuchte, Vergils Spur zu folgen, musste er unwillkürlich an Seneca denken. Wie es dem jungen Dämonenjäger jetzt wohl ging? Rebellion fühlte sich schwer auf seinem Rücken an. Dante richtete den Blick stur geradeaus. Zwei Schwerter Spardas würden Ariev vernichten. Jedenfalls hoffte er das. Und wenn nicht... Er berührte sachte Ivorys kalten Lauf. Der Vampir wäre nicht der erste, der ihn unterschätzte. Er war so vertieft in seine Überlegungen, dass er die Sense erst im letzten Moment sah und ihr auch nur noch mit äußerster Mühe ausweichen konnte. Der Dämon kicherte und tauchte in den Boden. Dante fluchte und wollte über das Stück Straße hinwegspringen, da packte ihn etwas um die Hüfte und zerrte ihn zurück, hackte mit einem blutig roten Schnabel auf ihn ein und kreischte ohrenbetäubend. Die Reaktion des Halbdämons kam zu spät. Eine blutig rote Furche zog sich über seine Brust und Dante riss das Schwert hervor, um den Angriff zu parieren. Doch anstatt sich zurückzuziehen, attackierte das blutige Vieh nur umso heftiger. Spardas Sohn verbiss sich einen Kommentar und schlug stattdessen mit einem mächtigen Überkopfhieb zu. Hatte er jedoch gehofft, die Kreatur würde zu Staub zerfallen, so täuschte er sich. Zwar schnitt er sie in der Mitte entzwei, doch die beiden Hälften wurden nur zu unförmigen Bluttropfen, ehe sie sich erneut manifestierten und jetzt zwei Vögel bildeten. Dante fluchte herzhaft und riss Ebony und Ivory hervor, um einen anderen Trick zu versuchen. Wenn die Dämonen das Schwert nicht fürchteten, konnten vielleicht Pistolen helfen. Doch gerade, als er auf beide Kreaturen anlegen wollte, traf ihn etwas hart in den Rücken, ließ ihn stolpern. Der Sensendämon! Ein zweiter Schlag folgte dem Ersten, doch diesmal war Dante schnell genug, ihm auszuweichen. Aber zum Gegenschlag kam er trotzdem nicht, denn jetzt attackierten ihn die fliegenden Dämonen erneut, hackten ihm in den Nacken, in Arme und Beine. Dante zischte, jetzt wirklich wütend, und machte einen Satz nach vorne, wobei er den Dämonen mit der Sense schlicht umrannte und zu Boden schickte, wirbelte dann herum und schoss die blutigen Vögel emotionslos ab. Zu seiner Erleichterung versteinerten die Kreaturen, kaum dass sie von seinen Kugeln getroffen waren. Er holte aus und zerschlug die Steine und diesmal zerfielen die Dämonen zu Staub. „So und jetzt zu dir! Wusstest du schon, wie es sich anfühlt, eine armlange Klinge im Leib zu haben? Nein? Na dann wird’s ja Zeit!“ Er schoss vorwärts, das Schwert waagrecht vor sich haltend und trieb die Waffe in den dürren Körper des Dämons. Kreischend wand sich die Kreatur, wobei Dante ihm nur ein Stirnrunzeln schenkte. Er drehte die Klinge herum und beförderte den Dämonen diesmal endgültig ins Jenseits. Seufzend sah er sich dann um. Von seinen Widersachern waren nur noch Staubhaufen übrig. „Immer dieses Kleingemüse, das sich auch schon für wichtig hält!“, murmelte er, dann machte er sich an Vergils Verfolgung. Doch er kam nur ein paar hundert Meter weiter, dann wurde er erneut aufgehalten. „So, so, wen haben wir denn da? Ist das nicht ein Menschlein mit dämonischem Blut?“ Ein meckerndes Lachen ertönte. „Du schmeckst bestimmt nicht schlecht!“ Ein Sirren, sowie ein flackernd gelbes Glühen warnten Dante und ließen ihn der Attacke ausweichen, ehe sie ihm Schaden zufügen konnte. Der Feuerball schlug wirkungslos in den Boden ein und schwärzte die Erde. „Sieh an, der Braten bringt sein Feuer gleich mit? Was für ein Service!“, grinste der Halbdämon im roten Mantel angesichts eines Dämons, dessen Kopf und geschwungene Hörner die einer Ziege waren. „Nur schade, dass ich Wichtigeres zu tun habe, als mit dir zu Abend zu essen!“ Er hob Rebellion, holte aus und warf die lange Klinge nach dem Ziegendämonen, der zwar ausweichen konnte, sich dafür aber auf seinen Allerwertesten setzte. Plötzlich schien alle Überheblichkeit aus der Kreatur gewichen zu sein, denn als sie sich aufrappelte, erkannte Dante Furcht in den quer stehenden Ziegenpupillen. „I-ich werde nicht verlieren! Du bist Futter!“, meckerte die Kreatur verunsichert und hob die Klauenhände, um einen weiteren Zauber zu wirken. „Nicht für Pflanzenfresser wie dich!“, gab Dante zurück und warf Rebellion erneut – und diesmal traf er. Mit einem schrillen Kreischen verendete der Dämon. „Sammle ich denn alles auf, was hier noch so herumläuft?“, seufzte Dante. Hohl klingende Schritte ließen ihn die Augen verdrehen. „Ja, ja, ich bin ja schon still!“ Noch während er die letzten Worte aussprach, fuhr er herum und zwang sein Schwert in einen kraftvollen horizontalen Hieb, schleuderte die hinkende Kreatur mit dem Sensenarm zurück. Zwei weitere Marionetten torkelten mit zerschnittenen Fäden auf ihn zu, über seinen gestürzten Gegner hinweg, diesen nicht einmal beachtend. Dante hob Ebony und drückte ab. Der linke Dämon taumelte, sein Kopf unkontrolliert auf den dürren Schultern rollend, doch noch immer vorwärts schwankend. Dante seufzte. Was musste er noch tun? Die Kreatur schien sich wieder zu fangen, denn ihre Schritte wirkten plötzlich wieder sicherer, auch wenn sie nun noch ein gutes Stück von dem Halbdämonen im roten Mantel entfernt war. Sein Begleiter jedoch holte bereits zum Schlag gegen Dante aus. Der Halbdämon biss die Zähne zusammen und fuhr wie ein Wirbelwind unter die Marionetten, zerteilte sie, bis die übrig bleibenden Stücke von selbst zu Staub zerfielen. „Ich hab keine Zeit für euch!“, fauchte Dante, als er neue Marionetten heranschwanken sah. Anstatt die Kreaturen eine nach der anderen zu erledigen, wandte er sich um und rannte. Er durfte Vergil nicht verlieren! Er geriet in tiefes Unterholz, als er weiter voranhastete. Der Wald war pechschwarz und Dante hatte Mühe, hier noch den Weg zu sehen, den sich sein Bruder gebahnt hatte. Ein Zischen ließ den Halbdämonen erneut und diesmal wirklich resigniert den Kopf drehen und die Augen gen Himmel rollen. „Was ist denn jetzt schon wieder?“ Vier Kreaturen traten aus dem Wald, jede trug ein glimmendes Amulett um den Hals. Das türkisblaue Leuchten ließ Dante den Kopf schütteln. „Was tut ihr nur? Aber gut. Wenn ihr sterben wollt, bitte.“ Er wollte schon losstürmen, da hob die erste Kreatur die Klauenhand und tauchte blitzartig direkt vor Dante auf, schlug mit ihrem scharfkantigen Stab nach ihm und versenkte die Klauen in der Brust von Spardas Sohn. Zeitgleich sprangen auch die anderen Dämonen vorwärts, Dante sah nur einen Wirbel von Türkis, Amuletten an Kordeln, Klauen und Holzstäben auf sich zurasen, dann wurde er auch schon getroffen. Zwei Treffer am Bein, mehrere in den Oberkörper und einen am Hals, sowie zwei in die Arme. Dem Halbdämonen entfuhr ein leises Ächzen. So viele Wunden auf einmal taten weh! Doch Dante zögerte nicht, sondern schlug zurück. Die erste Kreatur enthauptete er, noch während sie versuchte, ihm den Stab in den Hals zu rammen, die zweite fiel unter seinem Rückhandschlag. Mit den anderen beiden rang er länger, aber hauptsächlich deshalb, weil sie ihn, ähnlich wie die anderen Dämonen zuvor, wechselseitig angriffen und wesentlich schneller waren als ihre Vorgänger. Dante biss die Zähne fester und fester zusammen, je länger sich der Kampf hinzog. Er hatte keine Zeit für so kleine Fische! Immer wieder wichen ihm die Kreaturen mit teuflischer Gewandtheit aus, auch wenn sie selbst dadurch die Chance aufgaben, ihn treffen zu können. Doch wenn Dante sie gehen ließ, würden sie ihm mit Vergnügen die Klauen in die Kehle rammen! Mit einem Schrei stürzte er sich erneut auf die Dämonen und taumelte doch nur wieder ins Leere, als beide Gegner sich blitzartig von ihm zurückzogen. Er fluchte und konzentrierte sich, versuchte, ein Muster in ihren Bewegungen zu erkennen. Dann endlich erwischte er den ersten mit einem Rückhandschlag, den er einem Angriff auf die andere Kreatur angefügt hatte und konnte ihn zur Strecke bringen, indem er ihm mit seinen Pistolen den Kopf durchsiebte. Der Zweite fiel nur Sekunden später durch Rebellion. Keuchend blieb Dante einen Moment lang stehen. Was sollte das? Er sah sich um, fluchte. In der Hitze des Kampfes hatte er den Weg verlassen! Er hatte Vergils Spur verloren. Als Nero am Morgen das Krankenhaus betrat, in das man Seneca gebracht hatte – im Briefkasten hatte er eine kurze Nachricht gefunden – und wo er jetzt noch lag, fühlte er sich mehr als unwohl. Der sterile Geruch machte ihm zu schaffen, mehr, als er sich je eingestanden hätte. Er war fast froh, als man ihn nicht zu dem Dämonenjäger lassen wollte. Verlassen stand er in der Eingangshalle und sah sich um. Menschen kamen und gingen, alle besorgt, manche mit einem Lächeln auf den Lippen, doch die meisten ignorierten ihn. Seinen Arm hatte er vorsorglich unter Verbänden verborgen, man hielt ihn wohl für einen Patienten. Er ließ sich auf eine der Bänke fallen und wartete. Dann sah er die massige Gestalt eines Mannes in einem weißen Kittel auf sich zukommen. Banes sah ihn ernst an. „Ich habe für ihn gesorgt. Aber wo sind die anderen beiden? Ich hatte gehofft, Dante würde mit dir kommen.“ Nero schüttelte still den Kopf und der Arzt bedeutete ihm, ihm zu folgen. Sie gingen durch die langen, unpersönlichen Gänge und schließlich murmelte Nero: „Sie sind losgezogen, um Ariev zu erledigen, diesen Blutsauger. Aber Dante wollte nicht, dass ich mitkomme, sondern nach Seneca sehe.“ Der Arzt neigte den Kopf. „Ich verstehe. Nun, das ist auch eine Art...“ Er wirkte so deprimiert, dass sich Nero unwillkürlich fragte, ob Seneca überhaupt noch lebte. Dennoch wagte er nicht, die Frage zu stellen. Als sie nach oben fuhren, in die Intensivstation, wusste der junge Halbdämon zumindest, dass der Dämonenjäger noch am Leben war. Trotzdem war etwas an Banes' Haltung, das ihn zögern ließ. Sie betraten eines der Zimmer und Nero konnte einen Schauer nicht unterdrücken, der durch seinen Körper lief. Seneca lag blass und zerbrechlich auf dem Bett, angeschlossen an Schläuche und Kabel, mit Verbänden, Pflastern und all dem grausamen Kram, den die Menschen brauchten, um gesund zu werden. Nero sah zu Banes auf und wisperte: „Was hat er?“ Der Arzt schüttelte den Kopf. „Wir haben ihn stundenlang operiert. Alles, was du hier siehst, ist nichts im Vergleich zu der einen Wunde, die...“ Er brach ab, rang die Hände. Plötzlich wirkte er sehr verwundbar, fand Nero, und allein diese Tatsache verunsicherte ihn. Kleinlaut fragte er: „Was denn?“ Er wagte erneut einen Blick auf dieses Häufchen Mensch, das da in dem weißen Bett lag und sich nicht regte außer einem schwachen Atmen. Banes zögerte. Dann sah er Nero an. Tränen standen in seinen Augen, als er sagte: „Sein Rückgrat ist gebrochen. Selbst, wenn alles wieder heilt, er wird nie wieder gehen können.“ Und, zum ersten Mal wirklich sprachlos, schwieg Nero. Dante erreichte die Lichtung, als die Sonne im Zenit stand. Er sah die vielen Staubhaufen, die langsam immer kleiner wurden, je mehr Wind darüberstrich, und er sah das Blut, das den Boden tränkte. Anzeichen eines wirklich heftigen Kampfes. Immer wieder sah er hauchdünne Schnitte in Erde, Wurzeln und Baumrinde. Untrügliche Anzeichen dafür, dass Vergil hier gewesen war – vor Stunden. Dante fluchte. Warum hatte er nur nicht besser aufgepasst? So hatte er den ganzen Spaß verschlafen! Er schritt auf die Lichtung. Hätte er nicht so lange suchen müssen, wäre er vielleicht noch rechtzeitig gekommen. Doch je länger er sich umsah, desto mehr Fragen taten sich auf. Warum hatte Vergil gegen all diese Dämonen gekämpft? Warum nicht nur Ariev? Und wo waren die beiden überhaupt? Weder fand Dante Hinweise auf das Verbleiben des Dämonenfürsten, noch auf seinen Bruder. Er folgte der Schneise der Vernichtung, die sich hinter einigen besonders großen Bäumen fortsetzte. Doch anders als auf der Lichtung fanden sich hier kaum mehr tote Dämonen. Hier ein Fetzen blauer Stoff, dort ein rotes Haar. Ariev und Vergil hatten gekämpft. Mittlerweile war Dante richtiggehend unruhig. Wo waren die Kontrahenden? Schneller und schneller schritt er aus, ließ seinen Blick nur noch flüchtig über die stummen Zeugen des Kampfes gleiten, die sich immer wieder fanden. Vergil, wo bist du?, dachte Dante nur noch, während er durch den Wald rannte. Er fand mehr und mehr Blut, ließ sich schließlich bei einer besonders großen Pfütze nieder und legte die Fingerspitzen darauf. Zurückzuckend keuchte er: „Vergil! Nein!“ und sprang wieder auf. Sensibilisiert durch die Berührung mit dem Blut spürte er, was von wem war – und das Blut seines Bruders überwog das des Vampirs bei weitem! Plötzlich bekam Dante Angst. Nicht noch einmal!, flehte er stumm. Er folgte dem zerrupften, zerschnittenen und verbrannten Pfad durch den Wald. Er wusste, er machte sich gerade eben selbst verrückt – Vergil konnte auf sich aufpassen, verdammt – doch er glaubte zu ahnen, dass sein Bruder Hilfe brauchte. Weiter und weiter folgte er den Spuren. Bis er an die Klippe kam. Dante blieb stehen, wie vom Blitz getroffen. Sein Gesicht verlor schlagartig alle Farbe. „Nein... nein... nein...“ Sein Blick verschwamm. „Warum...“ Er machte einen taumelnden Schritt vorwärts, streckte die Hand aus, machte einen weiteren Schritt. Seine Stimme brach, als er immer weiter, gebetsmühlenartig „Nein!“ flehte. Dann erreichte er den Streifen freien Felsens und Sandes, hinter dem die Klippe lag. Als er auf die Knie fiel, berührten die Finger seiner ausgestreckten Hand den Griff des Schwertes, das da aufrecht in der von Blut aufgeweichten Erde steckte. Ein rotes Haar war in einer Schleife um den Griff gebunden, wehte in einem kaum wahrnehmbaren Luftzug. Yamato. Vergil hatte verloren. Wiederum. Und wieder war er in der Gewalt eines Dämonenfürsten. Es würde keine Rückkehr geben. Diesmal nicht. Nach ihrem Zweikampf in Mundus' Arena, lange später, war Vergil wie durch ein Wunder lebendig zurückgekehrt. Unwahrscheinlich, dass das noch einmal geschah. Ariev würde ihn eher töten, als ihn gehen zu lassen. Und hier, von der Klippe weg, wo die Spuren endeten, konnte niemand ihnen jemals mehr folgen. Spardas Sohn sackte in sich zusammen. Er konnte seinem Zwillingsbruder nicht mehr helfen. Als er den Kopf in den Nacken legte und in seiner Qual aufschrie, rannen ihm Tränen über die Wangen. Vergil war fort. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)