Digimon Legends von -Apple- (Der Stoff aus dem Legenden gemacht werden) ================================================================================ Kapitel 9: Freunde für immer ---------------------------- Es regnete in Strömen. Er wusste nicht, warum sie sich bei diesem Wetter mit ihm draußen treffen wollte und dann auch noch um diese Uhrzeit. Da vorne stand sie im Regen und hatte nicht mal eine Kapuze oder einen Schirm. „Hey!“, begrüßte er sie lächelnd, hielt seinen Schirm über sie und wollte sich runterbeugen um sie zu küssen, doch sie wendete ihr Gesicht ab. „Du wolltest mit mir reden?“ Sie schaute ihn sauer an. Hatte sie geweint? Sie schnaufte und spielte ungelenk mit ihren Fingern. Sie machte den Eindruck, als wüsste sie nicht wo sie anfangen sollte. Nervös ging sie ein paar Schritte hin und her. Er verfolgte sie mit den Augen und hatte ein seltsames Gefühl, das er nicht so richtig zuordnen konnte. Sie seufzte. „Wie konntest du mir das antun?“, brach es vorwurfsvoll aus ihr heraus. „Ich weiß nicht, was du meinst.“ „Jetzt spiel nicht den Dummen! Ich hab euch gesehen!“ Er lachte trocken. „Uns gesehen? Ich weiß nicht mit wem du mich gesehen haben willst-“ „Letzte Woche! Wir waren verabredet! Und ich wollte dich am Proberaum abholen!“ „Das…wusste ich gar nicht, dass du mich abholen wolltest...“ „Ja…ich wollte dich spontan überraschen und dann…dann hab ich euch gesehen! Wie ihr euch geküsst habt…und, und…euch… befummelt habt!“ Ihre Stimme brach und sie begann zu weinen. „Aber…da war doch nichts.“ Er versuchte sie zu beruhigen, indem er sie umarmte, doch sie stieß ihn weg. „Ich weiß nicht wen du da gesehen haben willst, aber ich war das sicher nicht!“ Er versuchte darüber zu lächeln, doch dies gelang ihm nicht so recht. Das Gefühl, dass sie sie gesehen hatte, brannte unter seiner Haut. „Verkauf mich nicht für dumm!“, schrie sie unter Tränen. „Ich weiß doch, wie mein Freund aussieht! Gib es wenigstens zu!“ Er schwieg und sie schluchzte. Es hatte wohl wenig Sinn alles abzustreiten. Wahrscheinlich würde das alles noch schlimmer machen. „Ok.“ Seine Stimme versagte und sie verstummte, blickte ihn aus verheulten Augen an und wartete auf eine Erklärung. „Was ‚ok’?“ Ihre Stimme zitterte. „Es war so. Ich hab dich betrogen. Und das war nicht das erste Mal. Zwischen uns läuft schon länger was.“, gab er mit kühler Stimme zu und blickte zu Boden. Jetzt wo sie sie sowieso schon gesehen hatte, konnte sie auch die ganze Wahrheit erfahren. „Was?“ Sie fing wieder an zu weinen. „Du elender Mistkerl.“ Sie ohrfeigte ihn…und er konnte es selbst nicht glauben, dass er zurückschlug! Es war mehr Reflex als Absicht. Doch er war sehr erschrocken, wahrscheinlich fast mehr als sie, die nun weinend zusammenbrach. Er bückte sich augenblicklich zu ihr herunter und umarmte sie, entschuldigte sich tausendfach, doch sie wehrte sich gegen ihn, schlug um sich und drückte ihn von sich. Sie riss sich los, schubste ihn weg und lief so schnell sie konnte die Straße entlang, durch den strömenden Regen. Er blieb auf dem nassen Boden sitzen und starrte geschockt vor sich hin. Sein Herz schlug ihm bis zum Hals. Was hatte er getan? Sein nasses Haar hing ihm in die Augen. Der Schirm lag auf der Straße und der Wind spielte mit ihm… Der große Glatzkopf mit nacktem Oberkörper stand im seichten Wasser und versuchte sein Netz aus diesem zu ziehen, doch es schien irgendwo zu hängen. Er zog fester sodass langsam das Netz nachgab. Mit einem letzten Ruck riss es schließlich und er fiel nach hinten. „Mist, mein Fang!“ fluchte er. Seine Ausbeute entleerte sich gerade ins Wasser. Matt ließ seine Gitarrentasche am Ufer liegen, lief ins Wasser und versuchte das gerissene Seil wieder zu zuknoten, was sich allerdings als zu schwierig darstellte, da das Netz bis ans äußerste mit Fischen gefüllt war. Der Fischer schaute ihn aus verwunderten Augen an. Er war etwas überrumpelt von Matts unerwartetem Auftauchen. „Ok, ich halte das Loch hier zu und dann tragen wir den Fang gemeinsam aus dem Wasser.“, schlug Matt vor und wartete, bis der kräftige Fischer endlich aufstand. Dieser war immer noch verwirrt über die Hilfsbereitschaft und Kameradschaftlichkeit des Jugendlichen. „Meine Fischerhütte ist dort hinten hinter der Mauer.“, erklärte der Glatzkopf. „Wenn wir das Netz rein tragen würden…“ „Alles klar.“ Beide hoben das Netz an und schliffen es ächzend mehr durch den Sand, als dass sie es trugen, den Strand entlang zur Fischerhütte. Matts Hände taten schon nach kurzem Weg weh vom rauen dicken Seil und vom Gewicht des Fangs. Er hoffte, dass er noch genug Kraft bis zur Hütte hatte. In dem kleinen Heim des Fischers ließ Yamato erleichtert das Netz fallen. Er betrachtete seine roten schmerzenden Hände. „Na, das hat sich aber gelohnt.“, meinte er zum Fischer und deutete auf den üppigen Fang. „Im Moment läuft es gut.“, antwortete dieser und musterte den 17-jährigen. „Was machst du hier an einem solchen Tag?“ „Ich, ähm…“ Matt wusste nicht, was er ihm jetzt sagen sollte. Dass er eigentlich aus einer anderen Welt kommt und nicht weiß wo genau er sich hier befindet? Würde der Große ihm das glauben? „Was ist denn heute für ein Tag?“ „Heute ist Markt in Unruh. Alle Menschen sind dort und kaufen frisches Gemüse und frischen Fisch…den ich ohne dich nicht verkaufen könnte“, fügte der Fischer an. „Was kann ich dir Gutes tun?“ Er flickte das Loch im Netz. Matt überlegte. Er wusste weder wo er hier war, noch was er hier tun sollte. Die anderen waren sicherlich auch hier, aber am Strand hatte er sie nicht entdeckt und er suchte diesen schon eine ganze Weile ab. „Naja…“, begann er. „Hier am Strand scheint nichts los zu sein, vielleicht können Sie mir sagen wo ich am besten nach meinen Freunden suchen sollte!?“ „Ihr habt euch verloren?“, harkte der kräftige Fischer nach ohne von seiner Arbeit aufzusehen. Die Hütte sah wie ein typischer Ort für Fischfänger aus. Überall an den Wänden befanden sich Angeln und Köder und auch Fischtrophäen. Sogar ein riesiges leeres Aquarium stand dort. „Ja, wir haben uns verloren. Wir kommen eigentlich nicht von hier und haben uns verirrt und jetzt weiß ich weder wo ich bin, noch wo ich hingehen könnte um die anderen zu suchen.“, erklärte Matt. Gelogen war das alles ja nicht. Der Fischer musterte ihn erneut kurz, während er einige Dinge aus seiner Hütte in eine Ledertasche packte. „Du bist hier an der Schädelbuchtküste. Heute ist der Strand wie leergefegt, also wirst du hier kein Glück haben, jemanden zu finden. Hör zu, ich biete dir einfach an, mit mir nach Unruh zu kommen. Das ist die zentrale Stadt des Landes und dort leben die meisten Menschen. Früher oder später kommen dort mal alle vorbei.“ Yamato nickte nur. „Danke.“ „Hey, du hast meinen Fang gerettet und somit mein Einkommen für heute. Das ist das mindeste, das ich tun kann.“ Der Fischer haute Matt kumpelhaft auf die Schulter, worunter dieser beinahe zusammen brach. Immerhin war der Mann fast zwei Köpfe größer und um einiges breiter und muskulöser als der blonde. Der Glatzkopf zog das Netz aus der Hütte und wies Matt an, ihm zu folgen. Draußen neben dem Gebäude stand eine größere Handkarre, in den er seinen Fang hievte und seine Tasche warf. „Los geht’s!“, meinte der Fischer und zog die Karre mühelos hinter sich her. Matt war überrascht, dass sie sofort aufbrachen und lief neben dem Mann her. Mit einem letzten Blick auf den Strand fiel ihm auf, dass er beinahe seine Gitarre vergessen hatte und lief diese noch eben holen. „Wie heißt du, Junge?“, fragte der Fischer, als Matt etwas außer Atem wieder zurück kam. Mit nassen Schuhen durch den Sand zu laufen war nicht leicht. „Yamato.“, antwortete er. „Ich bin Sanro.“ Matt musterte das riesige Tattoo an Sanros Oberarm. Er sah eigentlich mehr wie ein Krimineller aus, mit seiner Glatze, den riesigen Schatten unter seinen müden Augen, seinem stämmigen, muskulösen Körper, dem kräftigen Kiefer und der schlangenförmigen Tätowierung. Aber Sanro schien ganz in Ordnung zu sein. Sie wanderten einige Stunden und sahen nichts als Sand und Felsen. Matt glaubte schon, Unruh würde inmitten einer Wüste liegen. Sanro erzählte ihm während der Reise allerhand über die Schädelküste und seinen Fischerberuf. Unermüdlich zog er die Karre hinter sich her, was durch den Sand wahrscheinlich nicht einfach war. Die Sonne brannte und Matt konnte sich nicht vorstellen, dass der Fisch bei ihrer Ankunft noch frisch sein sollte. Ein Blick auf den Fang verriet ihm, dass dieser in der Sonne wunderbar glänzte und noch immer feucht zu sein schien, obwohl sie schon stundenlang unterwegs waren. Er versuchte gar nicht erst, sich diese Tatsache irgendwie zu erklären. „Nicht mehr weit.“, brummte Sanro. „Dort vorne kannst du schon die Stadtmauern erkennen.“ Tatsächlich konnte man in einiger Entfernung eine Anhöhe und Stadtmauern erkennen. Zwar wirkten diese von der Hitze sehr verschwommen, aber man konnte sie doch noch erkennen. Ein großer Turm ragte über diesen in den Himmel. Sanro hielt dem verschwitzten Matt eine Flasche gefüllt mit Wasser hin. „Du scheinst geschafft. Machst so was wohl nicht oft.“, merkte der Glatzkopf an. „Nein, eigentlich nicht.“, antwortete Matt und nahm dankend die Flasche an. Er leerte sie fast ganz und schüttete sich den letzten Rest über seine verschwitzten Haare und Gesicht. Das tat gut! Das letzte Mal, dass er so eine lange Strecke am Stück wanderte, war als er zum ersten Mal in der Digiwelt landete. „Was machst du denn sonst?“, harkte Sanro nach. Matt überlegte, was er meinen könnte. Er wusste nicht, ob er so was wie eine Band kannte, doch er beschloss, ihm von den Teenage Wolves zu erzählen. „Ich habe eine Band, bin Sänger und Gitarrist.“ Sanro schien interessiert. „In der Schädelbucht leben Zoras. Die haben auch eine Band, die Indigo-Gos…sind ganz berühmt und die Sängerin hat eine wundervolle Stimme. Jeder kennt und liebt ihre Lieder. Sie treten auf dem Karneval in der Milchbar Latte auf, das solltest du nicht verpassen!“ Matt nickte. Er wusste zwar nicht, was ein Zora war und welche Instrumente sie spielten, aber wenn sie so berühmt waren, schien ihre Musik nicht schlecht zu sein. Für diese Welt zumindest. „Ich werd’s mir überlegen.“, antwortete er. Eigentlich hatte er keine Lust einem Karneval beizuwohnen, er wollte nur schnell nach Hause. Nach kurzer Zeit kamen die beiden endlich vor den Toren Unruhs an. Das grüne Gras um die Stadtmauern leuchtete saftig und bewies Matt, dass die Stadt nicht in einer Wüste lag. Sie betraten die Tore und standen mitten in West-Unruh. Der Soldat auf dem Wächterposten begrüßte Sanro freundlich. Viele Menschen liefen die Einkaufspassage auf und ab. Der Fischer und der Digiritter gingen schnurstracks gerade aus und kamen bei einer großen Turmuhr an, auf deren Vorplatz noch mehr Menschen umherwuselten. Der Markt war schon in vollem Gange. Yamato begleitete Sanro noch bis zu seinem Stand, bedankte sich dafür, dass er ihn hergebracht hatte und machte sich, mit seiner Gitarre bepackt, auf den Weg Unruh zu erkunden. Er hoffte, dass er hier tatsächlich einige der anderen Digiritter finden würde und sich auch etwas ausruhen könnte. Neugierig schlenderte der blonde Jugendliche über den Marktplatz, drängte sich durch die Menschenmassen und landete schließlich im momentan wenig belebten Ost-Unruh. Sein Magen meldete sich. Wie lange hatte er schon nichts mehr gegessen? Und dann noch diese Wanderung! Yamato war total fertig und wollte nur noch etwas essen. Er ging zu einem der Bomber-Jungen, der vor einem Haus, das wie eine riesige Schatztruhe aussah umherlief und zu spielen schien, und fragte diesen nach einem Laden oder einem Restaurant, in dem man etwas essen könnte. Dieser deutete auf das gegenüberliegende Gebäude, den Gasthof zum Eintopf. „Wenn du so tust als würdest du zu den Artisten gehören, dann kannst du etwas auf Gormans Rechnung essen. Anju kann sich nämlich die Gesichter der Gäste nicht gut merken.“, lachte er. „Und denke daran: Wenn du Hilfe brauchst, wir Bomber sind immer da!“ Der Junge salutierte und ging weg. Yamato schaute ihm verwundert hinterher und dachte sich seinen Teil, aber beschloss dann, seinem Rat zu folgen. Er betrat den Gasthof zum Eintopf und entdeckte an der Rezeption eine junge rothaarige Frau, die sich verbeugte und ihn freundlich begrüßte. „Willkommen im Gasthof zum Eintopf. Wie kann ich Ihnen helfen?“ Matt lehnte sich locker an die Theke und versuchte seinen Charme spielen zu lassen, so gut das mit seinem Hunger ging. Er blickte ihr cool in die Augen und grinste schief. Der 17-jährige strich sich mit der Hand durch sein leuchtendes Haar. „Wie heißt du?“ „Anju.“, antwortete sie etwas verlegen. Er war froh heute mal frei zu haben und segnete diesen Markt dafür. Den ganzen Tag lag er schon faul im Bett und ruhte sich aus, stopfte sich mit Essen voll und war für den Moment jedenfalls ein wenig glücklich. Auch wenn er diesen verfluchten Ort immer noch nicht verlassen konnte. Nicht einmal den Zaun, der das Observatorium von den Ebenen von Termina abschirmte, konnte er erklimmen. Leidig schaute er auf seine verwundeten Hände. Stacheldraht, an dem man nicht einmal die Stacheln erkennen kann ist übel! Genauso wie diese Welt. Er lag auf dem Bett und schloss die Augen, bis sich ein Bedürfnis meldete. Energiegeladen hüpfte er vom Bettgestell, verließ sein Zimmer und schwang sich enthusiastisch die Treppe ins Erdgeschoss runter. Wie immer warf er dabei einen kurzen Blick in den Empfangsbereich, bevor er um die Ecke bog, aber plötzlich stoppte er in der Bewegung. War das Matt? Er ging noch einmal zurück um sich diesen Kerl genauer anzusehen. „Anju…ein schöner Name.“, wiederholte Matt gespielt verträumt. „Nun ja, ich gehöre zu Gorman und hab etwas Hunger. Wo kann ich denn hier etwas essen?“ Anju errötete etwas und sah nervös aus. Gormans Truppe war nun schon ein paar Tage hier und eigentlich wissen die Artisten wann es etwas zu essen gibt. Sie überlegte sich, ob er sie gerade anmacht. Aber vielleicht waren noch gar nicht alle Artisten eingetroffen!? „Mittagessen ist leider schon vorbei.“ Yamato zog eine gespielt traurige Mine. „Oh, wirklich? Dabei komme ich gerade von einer langen Reise und habe solchen Hunger.“, betonte er übertrieben und rieb sich den Bauch. „Aber, dann kann man ja nichts machen.“ Er drehte sich um und wollte wieder rausgehen. „Warte!“ Matt blieb stehen. „Vielleicht ist noch etwas übrig, ich schaue in der Küche nach.“ Anju ging eilig in die Küche und Matt konnte sich ein Siegergrinsen nicht verkneifen. Hatte diese Junge doch tatsächlich Recht. Das war doch wirklich Matt, der schamlos mit Anju flirtete, nur um an Essen ranzukommen! Tai schüttelte den Kopf und trat zur Rezeption. „Hey, Matt!“ Dieser schaute ihn überrascht an. „Tai...“ Beide starrten sich gefühllos an. „Tut mir leid, es ist leider nichts mehr…“ Anju verfiel in Schweigen, als sie die beiden sah. „Er kann den Rest von mir haben, ich habe nicht alles aufgegessen.“, sagte Tai zu Anju, jedoch ließ er den Blick nicht von Matt ab. „…ok.“, meinte Anju etwas kleinlaut. „Mein Zimmer ist im ersten Stock!“ Sie ließen den Blick immer noch nicht voneinander ab. „Dann gehen wir hoch!“, erwiderte Matt kühl. „Ja, gehen wir hoch!“, wiederholte Tai. Sie schwiegen und man merkte, dass sie sich nicht besonders wohl gesonnen waren. Keiner wollte zuerst den Blick von dem anderen abwenden, als würden sie einen Wettbewerb veranstalten. Anju blickte zwischen den beiden hin und her und fühlte sich etwas hilflos. „Gehen wir.“, wiederholte Tai ein weiteres Mal, wendete sich ab und ging die Treppe hinauf. Yamato folgte ihm grummelig. Warum musste er ausgerechnet Tai als erstes treffen? Im Zimmer angekommen deutete Tai auf den Tisch vor dem Kamin und sagte, dass dort auf dem Tablett noch eine ganze Schüssel Suppe stünde, die zwar jetzt fast kalt sein sollte, aber es besser als nichts sei. Matt ließ seine Gitarre neben sich fallen, setzte sich und begann die Suppe hastig runterzuschlingen. Er hatte schon so lange nichts mehr richtiges gegessen, dass er jetzt einfach nur heilfroh über diese Mahlzeit war. Ohne abzusetzen schlürfte er die Suppe bis auf den letzten Tropfen aus und lehnte sich seufzend in den Stuhl. „Länger nichts mehr gegessen?“, fragte Tai, der sich auf das Bett setzte. „Ewig.“, antwortete Matt. Sie schwiegen sich an. Beide starrten in verschiedene Richtungen, bis sich Matt einen Ruck gab. Sie waren hier in einer Notsituation und mussten über ihre Differenzen hinwegsehen. „Wo sind die anderen?“, fragte der Leadsänger schließlich. Tai zuckte die Achseln. „Ich weiß es nicht. Ich würde sie suchen, wenn ich aus dieser verdammten Stadt raus käme, aber ich sitze hier fest. Die verdammten Wachposten an allen Ausgängen wollen mich nicht rauslassen, weil es ‚zu gefährlich’ sei.“ Er rollte mit den Augen. Matt nickte verständnisvoll. „Du bist auch der erste, den ich seitdem ich hier bin, sehe.“, fügte Taichi nachdenklich an. „Ich dachte schon, ich sei der einzige, der hier wäre, bis ich…“ Er hielt kurz inne. In Matts Gegenwart wollte er nicht ihren Namen erwähnen und verschluckte einfach das Satzende. Sein gegenüber zog eine Augenbraue hoch und wartete auf die Fortführung des Satzes. „Bis du…?“ „Naja…bis ich…Soras Digivice gefunden habe.“, murmelte Tai schließlich, was ihm sichtbar unangenehm war. „Ich schätze, dass wir alle hier irgendwo sind.“ Matt schaute auf die Blumenvase vor sich. Und wieder erfüllte Schweigen den Raum. Tai dachte darüber nach, was er eben gesehen hatte, wie Matt schamlos mit Anju flirtete, nur um kostenloses Essen zu bekommen. Gut, es war eine Notsituation, aber dennoch…er wusste nicht, was zwischen ihm und Sora genau passiert war, er wusste nur, dass er scheinbar fremd ging. Sora deutete mal so etwas an, aber darüber reden wollte sie nicht. Der braunhaarige Jugendliche überlegte, ob es damals auch mit so einem Flirt angefangen hatte, den Matt nur nutzte, um an irgendetwas ranzukommen und es plötzlich doch weiter ging, als erwartet. „Flirten scheint ja bei dir Mittel zum Zweck zu sein.“, bemerkte Tai. Der Gedanke drängte sich ihm zu sehr auf, als dass er ihn ignorieren könnte. Matt blickte auf. „Wie meinst du das?“ „Naja…eben hast du schamlos mit Anju geflirtet. Einzig und allein wegen etwas essbarem.“, erklärte Tai und schaute Matt vielsagend an. „Ich kann eben meine Wirkung auf andere optimal ausnutzen…und hab so schon manches gekriegt, was andere nicht bekamen!“ Matt grinste etwas schelmisch und dachte, das sei ein guter Witz zur Auflockerung. Bei seinen anderen Kumpels kann er so richtig Stimmung machen. Tai jedoch fiel alles aus dem Gesicht. Spielte der jetzt etwa darauf an, dass er ihm Sora weggeschnappt hatte? Er wurde sauer. „Schön für dich.“, knurrte er. „Aber im Endeffekt hast du doch nur alles verloren!“ Der Leadsänger war über Tais Reaktion leicht verwirrt. „Ich…weiß leider nicht wovon du redest.“, meinte Matt unsicher darüber, worauf Tai hinaus wollte. „Das weißt du ganz genau, Yamato!“, erwiderte dieser nur barsch. Matt hasste es, wenn Tai ihn ‚Yamato’ nannte. Das hatte er schon früher gehasst, als er noch mit ihm befreundet war. Und er wusste, wenn er ihn bei seinem Vornamen nannte, war er sauer! Und zwar ziemlich sauer. Er schnaubte. Bis eben hatte er gedacht, dass es vielleicht noch eine Chance auf ein Wiederaufleben ihrer Freundschaft gab, aber Tai war manchmal so stur und streitsüchtig…und vor allem mischte er sich ständig in Dinge ein, die ihn nicht zu interessieren brauchten. „Oh, tut mir leid, ich habe vergessen, dass dich mein Leben eigentlich nichts angeht.“, konterte Matt schnippisch. Nun sprang Tai vom Bett auf. „Doch, es geht mich seitdem ich mit Sora zusammen bin etwas an!“ Tai wurde langsam laut. Er hatte das Gefühl, Matt machte sich über ihn lustig. „Sora hat gar nichts damit zu tun! Halt doch einfach die Klappe wenn du keine Ahnung hast!“ Auch Matt stand schon. Das ging eindeutig zu weit, was bitte hatte Sora damit zu tun? Immerhin hatte er ja keinen Witz über sie gerissen. Das würde er auch niemals tun. Oder meinte Tai gar nicht den Witz von eben? Vielleicht spielte er darauf an… Ok, vielleicht war es nicht fair sie dafür zu benutzen, aber das war die einfachste und schnellste Möglichkeit…was sollte er denn sonst tun? Aber woher sollte Tai davon wissen? Hatte Sora ihm etwa davon erzählt? „Lass mich in Frieden, Yagami, mein Leben geht dich einen Dreck an! Genauso wie Sora! Ihr beide habt keine Ahnung, was ich durchmachen musste!“ Yamato funkelte sein gegenüber böse an. Musste er sich jetzt vor ihm rechtfertigen? „Sowas muss ich mir doch nicht bieten lassen!“, murmelte er, griff seine Gitarre und verließ zornig das Zimmer, knallte sogar die Tür hinter sich zu, um seinem Zorn Ausdruck zu verleihen. „JA, HAU DOCH AB!!!“, schrie ihm Tai hinterher und tritt an den Bettpfosten. Sauer ließ er sich auf die Matratze fallen, verschränkte die Arme und schaute böse an die Decke. Plötzlich sprang er auf und rannte nach draußen. Vor dem Gasthof stehend, konnte er nur noch erkennen, wie Matt die Stadt durch das Ost-Tor vom Soldaten, der sich gerade mit einer hübschen Frau unterhielt, unbemerkt verließ. Er schrie seinen Namen und dass er stehen bleiben solle, doch sein ex-bester Freund drehte sich nicht mehr um. Taichi wollte ihm folgen und ihn bitten da zu bleiben, doch der Soldat, der durch sein Rufen auf in aufmerksam wurde, hielt ihn unsanft auf. „Lassen Sie mich durch, ich muss jemanden aufhalten!“, drängte Tai, doch der Soldat schubste ihn barsch zurück. „Dir fällt auch jeden Tag etwas anderes ein.“ Der bewaffnete Mann schüttelte den Kopf. „Verschwinde, Junge!“ „Aber, Matt! Ich muss ihm folgen, ich muss ihn zurück holen!“ Tai versuchte sich erneut an ihm vorbeizuschieben, doch der Soldat ließ ihn auch diesmal nicht durch. „Die Stadt wird nicht verlassen! Ich habe niemanden rausgehen sehen!“ „Sie haben ja auch wild rumgeflirtet!“, schrie Tai ihn an und deutete auf die junge hübsche Frau, die sich das Schauspiel etwas ungelenk ansah. Er verlor nun endgültig seine Fassung, wenn er ihn nicht bald durchlässt, ist Matt sicher weg. Leichte Panik machte sich in ihm breit. „Wenn Sie mich nicht durchlassen wollen, dann muss ich Sie eben dazu zwingen!“ Er stellte sich kampfbereit vor ihn und wollte gerade auf ihn losgehen, als der Soldat ihm ungerührt die Speerspitze an die Kehle hielt. Tai stoppte unmittelbar in seine Bewegung und atmete scharf ein. Fast wäre er in einen Speer gelaufen! „Hau…ab!“, befahl der Soldat langsam mit drohender Stimme. Taichi starrte ihn einige Sekunden lang aus ungläubigen Augen an und ließ dann ab. Resigniert ging er zurück in den Gasthof. Gerade eben hatte er seine erste Chance, sich mit einem bekannten Gesicht zusammen zu tun, vertan. Den ersten kleinen Strohhalm, nach dem er greifen konnte, hatte er achtlos weggeworfen. Für einen dummen Streit. Warum musste er ausgerechnet jetzt damit anfangen? Aber er konnte einfach nicht vergessen, was Matt Sora und vor allem ihm selbst angetan hatte. Jedoch wusste er auch nicht, dass er und Matt eben von zwei völlig anderen Dingen sprachen… Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)