Mondzeiten von risuma (Eine Drachengeschichte) ================================================================================ Kapitel 33: Unerwartete Begegnungen ----------------------------------- „Shisara!“, schnappte Shizuka nach Luft, ihr war fast das Herz stehen geblieben. „So etwas fragt man doch keinen Fremden.“, versuchte sie sie zurecht zu weisen. Unschuldig blickte Shisara zu ihrer Mutter. „Nein, ich bin nicht dein Papa.“, antwortete Katsuya freundlich dem kleinen Wesen an seinen Füßen, denn er nahm an, dass Shizuka die Mutter der Kleinen war. „Hab ich etwas nicht mitbekommen?“, fragend schaute er zu Shizuka. „Ja und Nein,“ lächelte Shizuka, nachdem sie den ersten Schock überwunden hatte. „Bist du der Papa von meinem Bruder?“, mischte sich Shisara ein. Sie wollte wissen, wer dieses Männchen war, ihre Mutter schien keine Angst vor ihm zu haben und ihn gut zu kennen. „Nein, ich bin auch nicht der Papa von deinem Bruder.“, antwortete Katsuya immer noch ganz geduldig. „Aber du scheinst mir ein ganz schön neugieriges Persönchen zu sein.“, lächelte er Shisara an. „Ich bin Katsuya, der Bruder deiner Mama, und deshalb kann ich auch nicht dein Papa sein, und auch nicht der von deinem Bruder. Doch sag mir, wer bist du denn kleine Drachenlady?“ „Oh!“ Shisara wurde rot, denn eben wurde ihr erst bewusst, wie unhöflich sie gewesen war. „Ich bin Shisara.“ „Freut mich, dich kennen zu lernen, Shisara.“ Katsuya verbeugte sich höflich vor Shisara. „Aber jetzt möchte ich mit deiner Mama reden. Meinst du, du schaffst das?“ „Ja.“, antwortete Shisara kleinlaut. „Na, dann ist ja alles in Ordnung.“ Katsuya streichelte mit seinem Flügel leicht über Shisaras Kopf. „Also, wo waren wir stehen geblieben?“, begann er wieder und schaute Shizuka an. „Beim mitbekommen haben.“, antwortete Shizuka lächelnd. Sie würde nachher mit Shisara noch ein ernstes Wörtchen reden müssen, aber jetzt wollte sie erst einmal mit ihrem Bruder reden. „Sie sieht etwas ungewohnt aus.“, meinte Katsuya nach einem nachdenklichen Blick auf Shisara. „Bist du dir sicher, dass sie gesund ist?“ „Absolut sicher.“, antwortete Shizuka ernst. Sie überlegte, ob sie ihrem Bruder die ganze Wahrheit sagen sollte, oder eine kleine Lüge... „Und was macht dich so sicher?“, fragte Katsuya nach. Auch wenn er das Verhalten der Anderen nicht gut geheißen hatte, als sie Shizukas Sohn aus der Kolonie ausgestoßen hatten, dieses farblose Drachenmädchen würde gewiss Schwierigkeiten bekommen, wenn Shizuka eine mögliche Krankheit für die Anderen nicht glaubhaft widerlegen konnte. „Sie ist ein Mischling.“, entschied sich Shizuka für die Wahrheit. Katsuya schluckte. Das war ja fast noch schlimmer. Wie konnte seine Schwester mit einem Männchen einer anderen Gattung ein Junges zeugen? „Und welcher Rasse gehört ihr Vater an?“, fragte er vorsichtig nach. Shizuka musste lächeln. „Ihr Vater ist ein Rotauge.“ „Wie, ein Rotauge?“ Katsuya schaute sie ungläubig an. Shizuka machte dieses kleine Verwirrspielchen sichtlichen Spaß, und Shisara schaute aufmerksam zwischen den Beiden hin und her. Es gefiel ihr, wie die Beiden miteinander umgingen. „Dann… bist… du…nicht die… Mutter?“, irritiert blickte Katsuya zwischen den Beiden hin und her. Dann bekam die Frage der Kleinen ja gleich eine ganz andere Bedeutung. „Nein, ich bin nicht ihre Mutter, auch wenn ich sie ausgebrütet habe.“, erklärte Shizuka ihrem Bruder. „Doch ich hab von ihrer Mutter ihre Geschichte kennen gelernt.“ Jetzt war Katsuya vollends verwirrt. „Ihre Mutter ist ein Blauauge, sie sollte sich zwischen zwei Männchen ihrer Kolonie entscheiden, von denen sie keines richtig leiden konnte. Sie verließ die Kolonie um einen klaren Kopf zu bekommen, da sie von allen Seiten bedrängt wurde.“ Katsuya fühlte sich eigenartig berührt von Shizukas Erzählung. Es kam ihm irgendwie so bekannt vor. Ein Bild schob sich vor seine Augen… „Sie traf auf ein Rotaugenmännchen, erzählte ihm von ihrem Leid und er tröstete sie. Dabei kamen sie sich näher und am Ende trug sie ein Ei von ihm, ein Ei, das sie nicht behalten konnte, ein Junges, das sie nicht aufziehen durfte. So legte sie ihr Ei und hoffte für ihr Junges. Ich fand es, als es noch warm war und beschloss es auszubrüten und sie kam heimlich vorbei und erzählte mir ihre Geschichte.“ Katsuya hatte sich schon oft gefragt, was aus dem kleinen weißen Drachenweibchen geworden war – jetzt wusste er es. Sie hatte ein Ei bekommen, von ihm, von diesem einen Mal. >Du bist ja doch mein Papa.< stellte Shisara erstaunt fest. Erschrocken schnappte Katsuya nach Luft. Was war das denn eben gewesen? Hatte er eben tatsächlich die Stimme von Shisara in seinem Kopf gehört? >Ja, das hast du.< bestätigte Shisara seine Vermutung. Shizuka sah das verwirrte Minenspiel ihres Bruders und schaute ihre Tochter streng an. „Shisara, es gehört sich nicht, die Gedanken eines Anderen zu lesen!“ „Aber ich lese sie doch nicht, das kann ich doch überhaupt nicht.“, versuchte Shisara sich zu rechtfertigen. „Ich kann sie doch nur hören.“ Shizuka versuchte ernst zu bleiben, denn Shisara sah einfach zu niedlich aus, wenn sie versuchte sich zu verteidigen. Aber es ging nun einmal nicht… Katsuya erholte sich langsam von seinem Schock. „Bleibst du jetzt bei uns, Papa?“, forschte Shisara nach. Diesmal war es an Shizuka zu schlucken. Papa? Wie kam Shisara denn jetzt wieder darauf? „Was genau hast du in Katsuyas Gedanken gehört?“, fragte sie streng und duldete keinen Widerspruch. Shisara schaute sie von unten kleinlaut an und wollte gerade zu einer Antwort ansetzen, als sie draußen ein Geräusch hörte. Neugierig wie sie war, lauschte sie schon wieder fremden Gedanken und stürzte begeistert nach draußen. „Mama, schau, mein Bruder ist da!“ ~~~ Zurück im Tal, war Seth ziemlich schweigsam. Es hatte ihn mehr durcheinander gebracht seine Mutter zu sehen, als er angenommen hatte. Sie hatten sich direkt in die Augen gesehen, das konnte er genau spüren und es ging ihm bis ins Herz. Sie hatte ihn erkannt, obwohl er als Drache über ihr Haus geflogen war. Sie hatte ihn nicht vergessen, genauso wenig wie Jono von seiner Mutter vergessen wurde. Heimweh plagte ihn, auch wenn er es nie zugeben würde. Doch der Blick ihrer Augen hatte ihn zutiefst erschüttert. Jono legte sich neben Seth und spendete ihm Trost durch seine Nähe. Es war jetzt nicht an der Zeit zum Reden, das spürte er. Seth musste erst mit sich ins Reine kommen. Seth genoss die beruhigende Wärme, die von Jonos Nähe ausging, er konnte Jonos Trost jetzt gut gebrauchen. Jono legte seinen Flügel um Seth und zog ihn ganz dicht an sich. Seth lehnte seinen Kopf an Jono, atmete langsam seinen Geruch ein und wurde immer ruhiger. Auch wenn das Gefühl des Heimwehs noch nicht ganz verklungen war, Jonos Geruch vermittelte ihm Geborgenheit und… Ein sehnsüchtiges Kribbeln erfüllte ihn und Seth vergrub seine Nüstern ganz tief in Jonos Halsbeuge. „Schon gut,“ flüsterte Jono, „ich bin ja bei dir.“ Doch dann bemerkte er, dass sich die Stimmung des kleinen Weißen verändert hatte – er brauchte mehr, als nur Trost. Und genau das konnte er ihm heute auch geben… Vorsichtig begann er mit dem Paarungstanz, auf den Seth nur zu bereitwillig einging, und Jono war erstaunt, wie heftig die Paarung diesmal ausfiel. Doch hinterher blieb noch genügend Zeit für eine zärtlichere und langsamere Variante und kuscheln bis zum Sonnenaufgang. >Wollen wir an Vollmond deine Mutter besuchen?< wollte Jono am nächsten Morgen von Seth wissen. Er hoffte auf diese Weise Seth in ein Gespräch über seine Mutter verwickeln zu können, denn er wollte wissen, was Seth dachte und wie er sich fühlte. „Diesmal noch nicht.“, antwortete Seth leise. >Willst du mit mir darüber reden?< fragte Jono liebevoll. Seth schüttelte den Kopf. Er war noch zu durcheinander. Er konnte weder seine Mutter jetzt besuchen, noch über sie reden. Diese Gefühle waren einfach zu heftig für ihn und er war Jono dankbar, dass er nicht weiter nachforschte. >Aber friss es nicht zu lange in dich rein, ja?< bat Jono leise. „Ja.“, antwortete Seth leise. Aber Seth blieb auch die nächsten Tage in sich gekehrt, so sehr, dass Jono begann sich Sorgen zu machen, denn es gab nichts, dass Seth wirklich aufmunterte. Auch das gemeinsame Fliegen machte keinen wirklichen Spaß mehr und so entschloss sich Jono jemanden um Rat zu fragen. Der einzige Mensch der ihm einfiel, war Ishizu. So machte er sich auf den Weg zum See, an dem sie Ishizu getroffen hatte, doch als sie am See ankamen, konnte er von ihr keine Spur entdecken. Deshalb flog er weiter und entschied seine Mutter um Rat zu fragen. Vielleicht konnte sie ihm ja weiter helfen. Seth interessierte sich nicht wirklich dafür, wohin Jono flog. Er ließ sich einfach treiben und Jono machen, was er wollte, solange er nur mit Jono zusammen war. Denn von ihm getrennt sein – das wollte er nicht. Sie erreichten Shizukas Höhle genau in dem Augenblick, als Shizuka ihre Tochter zur Rede stellte: „Was genau hast du in Katsuyas Gedanken gehört?“ Seine Mutter hatte Besuch? Jono wollte gerade abdrehen, als ein kleiner Drache aus der Höhle gestürmt kam und rief: „Mama, schau, mein Bruder ist da!“ Bruder? Jono war verwirrt. Wer war das und wessen Bruder war gekommen? Jono schaute sich um und konnte keinen anderen Drachen, außer sich selbst, entdecken. Er war der Bruder? Aber von wem? Seine Mutter konnte das nicht sein, sie hatte doch gesagt, dass ihr Gefährte, sein Vater, sie verstoßen hatte, als sie nach ihm suchte. ~~~ Katsuya war wirklich erstaunt. Er wollte doch nur seine Schwester besuchen, wie er es immer wieder mal tat, doch diesmal war alles anders. Erst einmal dieses Drachenmädchen, das sich auch noch als seine Tochter herausstellte. Ein Mischling, wie es ihn eigentlich nicht geben durfte. Normaler Weise töteten die Ältesten einen Mischling, sollte es mal einen geben. Die Rassenreinheit war oberste Priorität, und genauso waren auch gemischte Partnerschaften nicht nur nicht erwünscht, sondern schlicht und einfach verboten. Nun hatte er also eine gemischte Tochter, von einem jungen mutigen Weibchen, dass sich zwar den Regeln ihrer Kolonie fügte, aber eigentlich lieber einen anderen Weg gegangen wäre. Sie mochte keinen der beiden potentiellen Partner, und als es geschah, dass sie sich paarten, und auch hinterher, schien sie es nicht zu bereuen. Als sie ein Ei trug, das sie niemals hätte tragen dürfen, beschloss sie, mutig wie sie war, diesem Leben eine Chance zu geben. Und es war ein ganz süßes Mädchen, wenn er ehrlich war, vorwitzig und neugierig, sie gefiel ihm die Kleine. Aber sie würde dies auch alles brauchen, in ihrem zukünftigen Leben. Und nun sagt dieses kleine Wesen doch tatsächlich, dass ihr Bruder da wäre. Doch nicht etwa der Sohn von Shizuka? Nein, das war unmöglich, seit 70 Jahren hatte ihn niemand mehr gesehen, seit jenem schicksalhaften Tag. Shizuka wurde sogar von ihrem Partner verstoßen, dies hatte es vorher noch nie gegeben. Neugierig, wer da wohl vor der Höhle sein mochte, folgte er den Beiden nach draußen vor die Höhle. Er war erstaunt ein Drachenmännchen zu sehen, und wenn er sich nicht ganz täuschte war es wirklich der Sohn von Shizuka. Es war wirklich etwas los und er würde ganz gewiss noch eine ziemlich interessante Geschichte erfahren. Noch neugieriger wurde er allerdings, als er den Menschen auf Jonos Rücken sah. Wer das wohl war? Und was hatte er mit Jono zu tun? ~~~ Jono schaute verblüfft auf die Gesellschaft die aus der Höhle trat. Zuerst ein Drachenjunges, noch nicht lange geschlüpft, dann seine Mutter, die etwas ärgerlich schien und zum Schluss ein Drachenmännchen, welches ihm sogar ein wenig bekannt vorkam. Shizukas Gesicht wandelte sich von ärgerlich in freudig überrascht, als sie Jono sah. Sie wunderte sich langsam über gar nichts mehr, und würde sich daran gewöhnen müssen, dass ihre kleine Tochter ihre Fähigkeiten vorläufig auch ständig einsetzen würde. Doch über Jonos überraschten Blick wunderte sie sich auf gar keinen Fall. Immerhin gab es jetzt ein Drachenjunges in ihrer Höhle und ihr Bruder war auch zu Besuch. „Äh, Hallo.“, sagte Jono zurückhaltend. „Hallo, Jono.“, antwortete ihm Shizuka. „Schön dich zu sehen. Ich hätte nicht so schnell erwartet euch wieder zu sehen.“ >Hallo, Seth.< grüßte sie Jonos Begleiter, doch Seth antwortete nicht auf ihren Gruß. „Was ist mit ihm?“, wollte sie von Jono wissen. „Er ist traurig wegen seiner Mutter.“, mischte sich Shisara ein. „Was ist geschehen?“, fragte Shizuka daraufhin. „Wir sind bei seinem Elternhaus vorbei geflogen, und er hat seine Mutter gesehen, als er ein Drache war.“, erklärte Jono ihr. „Uns seitdem ist er so?“, wollte Shizuka wissen. „Ja, er will nicht mit mir darüber reden, und es gibt nichts, dass ihn aufmuntert. Mein fröhlicher Seth ist einfach verschwunden, und ich weiß nicht, wie ich ihn wieder finden kann.“, seufzte Jono auf. „Am besten hilft gegen Heimweh, nach Hause zu gehen.“, meinte Shizuka. „Aber er will nicht, ich hab es ihm auch schon vorgeschlagen.“, sagte Jono geknickt. „Und wenn du einfach mit ihm hinfliegst?“, überlegte Shizuka. „Nein, das will er überhaupt nicht. Wenn Jono das macht, springt er von ihm runter.“, mischte sich Shisara wieder ein. Auch wenn er nicht mit ihm sprach, so hörte er ihrem Gespräch wohl zu, erkannten Jono und Shizuka. In diesem Fall war es wohl doch sehr praktisch, dass Shisara Gedanken hören konnte. Doch halt, er konnte die Drachensprache doch überhaupt nicht verstehen, wie kam dann diese Antwort zustande? „Er kann sich denken, was ihr gerade vorhabt, er würde an eurer Stelle auch nicht anders handeln.“, klärte sie Shisara auf. >Nein, ich fliege nicht mit dir zu deiner Mutter. Nicht bevor du es nicht selbst wünschst.< versprach ihm Jono erneut. >Aber bitte, sei doch wieder fröhlich.< flehte Jono ihn an. >Ich kann nicht.< gab Seth zurück. Shisara fand, Jono sollte sich über Seths Willen hinwegsetzen und ihn zu seinem Glück zwingen und meinte dies auch zu ihrer Mutter. >Das ist keine gute Idee, meine Kleine.< antwortete ihr Shizuka, >aber eine Ablenkung wäre vielleicht gar nicht mal so schlecht.< „Kennt ihr andere Menschen?“, wollte Shizuka von Jono wissen. „Ja,“ antwortete Jono, „aber Ishizu ist weiter gezogen. Ich weiß nicht, wo ich sie suchen soll.“ „Kennst du eine Menschenkolonie?“, forschte Shizuka weiter. Jono überlegte einen Augenblick. Ja, natürlich, dass er nicht gleich darauf gekommen war. Yugi und Tea, die beiden Menschenjungen im Wald… „Ja, ich weiß ungefähr, wo ein Menschendorf ist.“, meinte Jono jetzt schon etwas zuversichtlicher. „Und ich habe sogar zwei reizende Menschenjungen kennen gelernt.“, erklärte er seiner Mutter. „Am besten flieg ich gleich los.“ Froh eine mögliche Lösung gefunden zu haben, wollte sich Jono sofort auf den Weg machen. „Halt, nicht so voreilig.“, bremste ihn Shizuka aus. „Er wird bestimmt nicht alleine zu den Menschen gehen, oder nimmt er dich als Drache mit zu den Menschen?“, wandte sie ein. „Oh!“ Daran hatte Jono nicht gedacht. Enttäuschung breitete sich auf seinem Gesicht aus. „Aber, wenn du noch zwei Tage wartest, dann ist Vollmond…“, half Shizuka ihm auf die Sprünge. „Was hat der Vollmond denn damit zu tun?“, fragte Jono verständnislos. „Oh!“ kam es wieder eine Weile später. Jono hatte verstanden, er sollte mit Seth zu den Menschen gehen, wenn er AUCH ein Mensch war. Ja, das könnte klappen, fand er. Dankbar blickte er seine Mutter an. „Danke.“, seufzte er laut hörbar auf. Shizuka lächelte, als sie die sichtliche Erleichterung ihres Sohnes sehen konnte. Jetzt erst bemerkte Jono so richtig, in welcher Gesellschaft sie sich befanden. Das Drachenjunge war ein seltsames Rotauge, und als er den Blick des Kleinen spürte, schaute er überrascht in himmelblaue Augen. „Du hast aber auch eine Menge zu erzählen, wie mir scheint, seit wir hier gewesen sind.“, meinte er neugierig zu Shizuka. „Darf ich? Darf ich?“, bettelte Shisara. Sie war ganz hibbelig, sie wollte auch endlich an der Unterhaltung Teil haben. „Meinetwegen.“, erlaubte Shizuka ihr gutmütig. Sie war ja bis jetzt ganz brav gewesen, und hatte ihnen bei Seth auch eine ganzes Stück weitergeholfen. Shisara stellte sich stolz in Position und schaute Jono ganz fest an. Doch bevor sie begann, huschte sie noch einmal kurz zu ihm hin und steckte ihre kleinen Nüstern an seinen Bauch, denn höher kam sie noch nicht. „Hm, du riechst wirklich gut. Genau wie das Lager, das am Höhleneingang war. Ich mag dich, großer Bruder.“, und begab sich wieder an ihren ursprünglichen Platz. „Also, ich bin Shisara. Meine Mama Kisara ist ein weißes Blauauge und das da ist mein Papa.“, sagte sie stolz und zeigte auf Katsuya. „Aber meine Mama Kisara durfte mich nicht behalten, und so hat Mama Shizuka mich ausgebrütet und mit zu sich genommen. Aber das Katsuya mein Papa ist, weiß ich auch erst seit eben.“ Stolz schaute Shisara erst zu ihrer Mama und ihrem Papa, und danach zu ihrem Bruder. Sie war der Meinung, dass alles nötige gesagt war. Shizuka freute sich über den Eifer von Shisara, sie war eben doch noch ein ziemlich junger Drache, und liebte es offensichtlich im Mittelpunkt zu stehen. Katsuya zog eine eher zurückhaltende Miene, er wusste noch nicht, welche Entwicklung diese neueren Ereignisse nehmen würden. Aber Jono gab sich mit ihrer Erklärung vollkommen zufrieden, und gewann so die Sympathie von Shisara, die es sich natürlich nicht nehmen ließ, seinen Gedanken zu lauschen. „So, meine Mama hat dich als Kind angenommen, dann bist du ja wirklich meine kleine Schwester. Und was für eine hübsche noch dazu.“, lächelte Jono sie an. „Dann pass gut auf meine Mama auf, sie übernimmt sich leicht gerne.“, riet er ihr, mit einem zwinkern und schaute seine Mutter verschwörerisch an. „Das mach ich.“, sagte Shisara mit stolz geschwellter Brust. Shizuka lächelte zurück. Jono konnte wirklich gut mit Jungen umgehen, das hatte er früher schon bewiesen. Schade eigentlich, dass ihn nie ein Weibchen erhört hatte. „Aber wollen wir uns nicht erst einmal richtig begrüßen, so wie es sich gehört?“, schlug Jono vor. Das ließ sich Shisara nicht zweimal sagen. Viel zu lange schon wartete sie doch darauf, ihren Bruder kennen zu lernen. Ein kleiner Kopf näherte sich wieder dem großen Körper und beschnupperte ihn, so gut er ihn erreichen konnte, und Jono senkte seine Nüstern auf das kleine Wesen unter sich und nahm so seinen Geruch auf. „Hallo, Shisara, schön dich kennen zu lernen.“, meinte er freundlich, nachdem er fertig mit Beschnuppern war. „Ebenso.“, meinte Shisara kichernd und freute sich riesig von ihrem Bruder so ernst genommen zu werden. Katsuya räusperte sich. Wenn jetzt das allgemeine Begrüßen losging, dann war es jetzt an der Zeit, sich auch vorzustellen. „Ich bin Katsuya, der jüngere Bruder deiner Mutter.“, meinte er zu Jono. „Vielleicht kannst du dich ja noch an mich erinnern.“ Verlegen blickte Jono zu Boden. Es war ihm ja so peinlich, dass er seine Mutter nicht wieder erkannt hatte. Seth hatte seine Mutter gleich wieder erkannt. „Ja, ich kann mich noch an dich erinnern.“, sagte Jono leise und mit einem entschuldigenden Blick zu seiner Mutter. „Und du bist wirklich der Vater?“, wollte er dann doch wissen. „Das bin ich offensichtlich.“, erwiderte Katsuya. „Ich traf auf einem meiner Ausflüge auf ein ziemlich verzweifeltes junges weißes Blauaugenweibchen. Es sollte sich zwischen zwei Männchen entscheiden, doch sie mochte beide nicht, aber sie waren eine kleine Kolonie und die beiden Männchen hatten schon 10 Jahre darauf gewartet, dass sie endlich geschlechtsreif würde. Das Werben um sie empfand sie als Last, denn beide kämpften verbissen darum, nicht der Verlierer zu sein, das nächste Weibchen war nämlich noch ein Jungtier von 10 Jahren. Also hab ich sie getröstet, und dabei ist es dann passiert, dass wir uns gepaart haben.“ „Dann warst du ihr erster Partner?“, wollte Jono wissen. „Dann denkt sie sicher oft an dich.“, meinte er mitfühlend. „Hast du denn eine Gefährtin?“ „Nicht mehr, sie hatte eine unangenehme Begegnung mit Menschen, als sie auf der Jagd war, und wurde leider von ihnen tödlich verletzt.“, sagte Katsuya traurig. „Das tut mir aber leid.“, meinte Jono ehrlich. „Aber sag mal, wen hast du denn eigentlich bei dir?“, fragte Katsuya neugierig und zeigte auf Seth, der immer noch auf Jonos Rücken saß. „Das ist mein Gefährte Seth.“, erklärte ihm Jono und wartete gespannt auf seine Reaktion. „Gefährte?“, wollte Katsuya auch sofort verblüfft wissen. Doch nicht nur er, auch Shisara hörte jetzt ganz gespannt zu. Dies war wirklich eine äußerst interessante Familie, in der sie aufwachsen würde. „Ja, Gefährte.“, sagte Jono mit einem zärtlichen Lächeln. „Sooo ein Gefährte?“ Katsuyas Erstaunen nahm immer mehr zu. „Ja, sooo ein Gefährte.“, bestätigte ihm Jono. Shisara blickte befremdet zwischen den Beiden hin und her, und verstand gerade überhaupt nichts. Shizuka lächelte. Das kommt schon noch, dachte sie, aber Shisara lauschte gerade mal nicht ihren Gedanken. „Aber wie?“ Das konnte sich Katsuya jetzt gerade beim besten Willen nicht vorstellen. „Seth ist ein Mondkind, oder Kind des Bundes, genau wie ich.“, begann Jono mit seiner Erklärung. „So, wie ich mich zu Vollmond in einen Menschen verwandle, verwandelt er sich zu Neumond in einen Drachen, genauer gesagt in einen weißen Blauaugendrachen.“ Nun hatte Jono die vollkommen ungeeilte Aufmerksamkeit Shisaras. „Und in diesen Zeiten ist er mein Gefährte.“, beendete er seine Erklärung. Shizuka seufzte, sie wusste jetzt schon, Shisaras Fragen in Bezug – sooo ein Gefährte – würden nicht lange auf sich warten lassen. Die Kleine war noch nicht einen Mond alt, aber stellte Fragen, wie sie sie Drachenweibchen kurz vor der Geschlechtsreife stellten. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)