Mondzeiten von risuma (Eine Drachengeschichte) ================================================================================ Kapitel 57: Es geht weiter -------------------------- Ein kalter, scharfer Luftzug kitzelte Jono an der Nase. Unwillig brummend verzog er sich weiter unter die Decke, kuschelte sich dichter an Seth und bohrte seine Nase in dessen Halsbeuge. Genüsslich sog er den Duft ein, der von dieser Stelle ausging, und wäre auch sofort wieder im Reich der Träume versunken, wenn nicht ein kalter Tropfen seinen Hals berührt hätte. Und noch ein zweiter, ein dritter... Auch Seth wurde etwas unsanft von den kalten Tropfen geweckt, die auf sein Gesicht fielen, und ebenso, wie der Blonde wollte er sich erst tiefer unter die Decke verkriechen. Es dauerte aber nicht lange, bis das Geschehen sein Bewusstsein erreichte – alarmiert schreckte er hoch und suchte nach der undichten Stelle im Dach, und erkannte, dass er gar nicht in einer Hütte lag, sondern draußen im Freien geschlafen hatte. Seiner kuscheligen Wärmequelle beraubt, erwachte nun auch Jono vollends und wollte sich gerade beschweren, als auch er bemerkte, dass es nicht sehr vorteilhaft wäre, weiter draußen auf dem Plateau zu bleiben. Schnell standen beide auf, schnappten sich die Decken und beeilten sich, in die Höhle zu gelangen. „Autsch.“, murmelte Seth, als er sich auf das Lager niederlassen wollte und ein heftiges Ziehen in seinem hinteren Ende spürte. „Was ist?“, wollte Jono wissen, und wurde rot, als er sah, wie der Blauäugige sich vorsichtig auf ihrem Lager niederließ. Dabei fiel ihm etwas ein, und er huschte schnell noch einmal vor die Höhle. Er hatte das Gesuchte auch gleich gefunden und kam, um ein paar Regentropfen reicher, wieder zurück in die Höhle. „Iiiih, du bist nass.“, beschwerte sich Seth, als Jono sich zu ihm unter die Decke kuschelte. „Macht doch nichts, das trocknet wieder.“, meinte der Braunäugige lakonisch und kuschelte sich enger an seinen Geliebten. „Na toll, jetzt bin ich endgültig wach.“, beschwerte sich Seth, nachdem er Jonos kalte Finger auf seinem Bauch spürte. „Ja?“, kam es von dem Blonden, der nun hoffnungsvoll zu den blauen Augen aufblickte. „Ich kann auch nicht mehr schlafen.“ Jonos Finger gingen augenblicklich auf Wanderschaft, zuviel gab es, das sie berühren wollten. Doch am allerliebsten spielten sie mit dem kleinen Seth – und das ausgiebigst... Diesem gefiel die Aufmerksamkeit, die er erfuhr, ganz ausgezeichnet... ~~~ Die beiden Männer leisteten der weißen Drachendame ein wenig Gesellschaft, während das Jungvolk im Wald auf der Jagd nach Essbarem verschwand. Jeder hing eine ganze Weile seinen Gedanken nach. >Ist es immer noch schlimm für dich, dass deine Tochter ein Kind des Bundes ist?< brach Kisara nach einer Weile das Schweigen. Karim schreckte auf. „Äh... nein... na ja... so ganz hab ich mich noch nicht daran gewöhnt.“, antwortete Karim ehrlich. „Aber zum Glück ist sie ja noch ein kleines Baby...“ Karim ließ offen, was genau er damit meinte. Er fürchtete jetzt schon den Tag, an dem seine Tochter das Gewissen des Waldes sein würde, und hoffte inständig, es würde nicht so sein... >Ja, das ist sie, doch sie wird ein außergewöhnliches Kind werden.< nickte das Drachenweibchen und dachte daran, wie oft ihre eigene Tochter sie schon verblüfft hatte. >Auch Shisara ist ganz anders, als es Drachenkinder für gewöhnlich sind.< fuhr Kisara fort. >Sie überrascht uns immer wieder mit ihren Fähigkeiten. Sie ist ein ziemlich neugieriges Wesen.< „Oh ja, das kann ich mir sehr gut vorstellen.“, erwiderte Karim ernst. „Hoffentlich muss meine Kleine nicht darunter leiden, ein Kind des Bundes zu sein.“, fasste er seine Sorgen zusammen. „Aber ihr könnt es dem Dorf wenigstens erklären.“, mischte sich Hiroshi nun in das Gespräch ein. „Das macht es ihr auch nicht leichter.“, widersprach Karim kopfschüttelnd. „Wenn ich meine Großmutter richtig verstanden habe, so wussten immer nur die anderen Bewahrerinnen Bescheid, nicht mal der Rest der Familie. Ich habe es ja auch erst hier im Wald erfahren, als die Drachen herkamen, um meine kleine Tochter kennen zu lernen.“ „Doch jetzt weißt du es und kannst ihr helfen.“, meinte der Ältere besonnen. „Du musst dich nicht mehr von dem Gerede verunsichern lassen. Und“, fügte er nach eine Pause hinzu, „du kannst sie beschützen.“, endete Hiroshi leise. >Du hast deinen Sohn nicht beschützen können?< erkundigte sich mitfühlend das weiße Drachenweibchen. Karim stutzte kurz, bevor er den Satz für Hiroshi übersetzte. „Nein.“ Hiroshi schüttelte betrübt seinen Kopf. „Ich habe ihn selbst mit aus dem Dorf gejagt.“ „Oh.“ >Oh.< Stille kehrte zwischen den Dreien ein – das eben gesagte musste erst einmal verarbeitet werden. >Und das bedrückt dich?< wollte Kisara nach einiger Zeit wissen. Karim übersetzte wieder. „Ja, ich möchte mich bei ihm dafür entschuldigen, und hoffe, dass er mir verzeihen kann.“, antwortete der Schwarzhaarige. „Ich hoffe es inständig.“ „Ich glaube, er hat dir längst verziehen.“, meinte Karim nach einiger Zeit bedächtig. „Immerhin hat er doch seine Familie hergeholt.“ „Meinst du?“ Hoffnung keimte in dem Älteren auf. >Ganz sicher.< betätigte das Drachenweibchen mit einem kräftigen Nicken. Die Ankunft der Kinder unterbrach das Gespräch... ~~~ Tea genoss es tatsächlich mit Yugi wieder durch den Wald zu streifen und ihre Künste im Bogenschießen unter Beweis zu stellen. Sie war zwar lange nicht so gut, wie ihr Freund, doch das schmälerte ihre Freude längst nicht, wenn sie ein Kaninchen erlegte. Shisara war ebenso erfolgreich, doch als sie ein einzelnes Reh auf einer Lichtung stehen sah, konnte sie sich nicht mehr beherrschen, und versuchte es zu erlegen. Doch das Reh war ausgewachsen, ein junger Bock von ungefähr zwei Jahren, und hätten Yugi und Tea nicht mit ihren Bögen eingegriffen, so hätte dieser Kampf für das unerfahrene Drachenmädchen durchaus tödlich ausgehen können. So erlegten die Drei gemeinsam den jungen Rehbock und Shisara kam mit einigen leichten Blessuren davon, wenn auch ihr Stolz einen gewaltigen Dämpfer erlitten hatte. Mit dem Rehbock und immerhin noch sechs Kaninchen kamen die Drei wieder am Lagerplatz der Drachen an. Zerknirscht und kleinlaut legte Shisara den Rehbock vor ihrer Mutter nieder und wartete mit gesenktem Haupt auf das Donnerwetter, das nun folgen würde. Doch Kisara leckte nur die Wunden ihrer Tochter und stellte mit Erleichterung fest, dass sie nicht lebensgefährlich verletzt war. >Ich hoffe, du hast deine Lektion jetzt gelernt.< streng blickte sie auf ihre Tochter hinunter. Shisara nickte. >Das nächste Reh jagst du nicht vor nächstem Sommer – und auch nur wenn einer von uns dich begleitet. Und damit meine ich einen Drachen.< stellte das Drachenweibchen unmissverständlich klar. Bedrückt schlich Shisara auf den Lagerplatz Shizukas und rollte sich zusammen. Als Tea und Yugi ihr folgen wollten um sie aufzumuntern, hielt Kisara sie zurück. >Ich hatte ihr zwar nicht ausdrücklich verboten ein Reh zu erlegen, doch nun hat sie am eigenen Leib gespürt, dass sie ihr noch überlegen sein können.< erklärte Kisara den beiden Kindern. >Sie ist einfach noch zu klein, körperlich gesehen, um es mit erwachsenen Tieren aufzunehmen.< Die Kinder nickten. >Yugi, du kannst mit den Anderen zurück zum Lager gehen und morgen wieder kommen, wenn du willst.< wandte sie sich an den Jungen. >Es war schön, dich kennen zu lernen, Hiroshi.< wandte sich Kisara nun an den Ältesten Menschen in der Runde. >Mach dir wegen Seth keine Sorgen, er ist ein richtig nettes Männchen.< Gemeinsam machten sich nun die vier Menschen zurück auf den Weg zu ihrem Lager – und kaum dort angekommen, ließ ein lautes Flügelschlagen Hiroshi überrascht aufblicken. Ein schwarzer Drache landete recht dicht neben ihm, und auf ihm war, zu seiner Verwunderung, ein Gestell angebracht, auf welchem er eine schon etwas ältere Person ausmachen konnte. „Das nenn ich mal eine Art zu Reisen.“, murmelte er ziemlich überrascht. „Ja, nicht wahr?“, antwortete leise eine Stimme neben ihm. Hiroshi blickte sich um, und stand neben dem schwarzhaarigen Mädchen, das seine Tochter sein sollte. „Wir sind auch so hergekommen.“ ~~~ Ishizu kletterte etwas umständlich von dem Gestell hinunter und musterte interessiert den Fremden in der Runde. Nein, sie brauchte nicht zu fragen, sie wusste wer dort vor ihr stand. „Sei willkommen an unserem See, Vater von Seth.“, begrüßte sie den Dazugekommenen. „Eine unerwartete Begegnung und eine freudige Überraschung.“ Ishizu lächelte den jungen Mann vor sich an. „Mein Name ist Ishizu, ich bin die Heilerin hier.“ Mit diesen Worten streckte sie dem Jüngeren die Hand hin. Hiroshi schluckte. Ihm war ja nun schon so einiges passiert, aber das war dann doch ziemlich heftig für ihn. Dieser Frau konnte man sicherlich nicht so leicht etwas vor machen... Er ergriff die dargebotene Hand. „Mein Name ist Hiro-“, er zögerte etwas, bevor er fort fuhr, „-shi. Freut mich dich kennen zu lernen. Ich bin Bogenmacher.“ „Was hat dich hierher geführt?“, wollte die Ältere nun wissen. „Die Suche nach meiner Vergangenheit und nach meinem Sohn hat mich hierher geführt.“, antwortete Hiroshi knapp. „Und, hast du gefunden, was du gesucht hast?“, forschte Ishizu weiter. „Ja und Nein.“, war die ehrliche Antwort des Jüngeren. „Ich habe meine Erinnerungen noch nicht wieder, aber die Menschen gefunden, die mir dabei helfen können.“ Moka schluckte bei diesen Worten ihres Vaters – er gab die Hoffnung also nicht auf... Ein sanfter Druck auf ihren Schultern ließ sie sich umblicken und direkt in das Gesicht ihrer Mutter schauen. Auch sie blickte hoffnungsvoll drein... Shizuka hatte währenddessen still und abwartend dagesessen und zugehört. Sie hatte erfahren, was sie wissen wollte – doch jetzt hatte sie dringenderes zu tun. >Ich flieg dann jetzt zu Kisara.< meinte sie nur kurz zu Ishizu. >Sie wartet bestimmt sehnsüchtig auf Nachricht von Katsuya.< „Ja, mach das.“, antwortete die Heilerin. „Willst du nicht vorher noch das Gestell abnehmen?“, wollte sie von dem Drachenweibchen wissen. >Auf einen Tag länger kommt es doch jetzt nicht an.< meinte die Schwarze lächelnd. >Ich hab mich doch schon daran gewöhnt.< „Na dann, flieg los.“, grinste Ishizu. „Du kannst es doch bloß kaum noch erwarten, Shisara zu sehen...“ >Ertappt.< grinste das Drachenweibchen zurück und machte sich auf den Weg zum Drachenlager. Ein Reh, das leichtsinniger weise allein auf einer Lichtung stand, fiel ihr zum Opfer und wurde mit zum Lager genommen. Sie würde es mit Kisara teilen... „Willkommen zurück.“, begrüßte nun Kisara die Heilerin. „Wie geht es Katsuya?“ Damit stellte sie die Frage, die wohl jeden hier interessierte. „Er ist über den Berg und auf dem Wege der Besserung. Aber er ist noch zu schwach zum Fliegen, und muss sich erst noch erholen. Dann wird er wieder hierher zurückkommen.“, erklärte die Heilerin den Anwesenden. „Was ist geschehen?“, wollte Karim von seiner Großmutter wissen. „Gozaburo, hat Kisara gesucht und Katsuya angegriffen, als er zur Höhle seiner Schwester kam. Es gab einen ziemlich blutigen Kampf, den Gozaburo am Ende aber nicht überlebte – und Katsuya nur knapp.“, bekam Karim zur Antwort. Mehr wollte Ishizu dazu nicht mehr sagen... „Ich bin etwas erschöpft“, blickte die Älteste nun lächelnd in die Runde, „und würde mich sehr über einen heißen Tee freuen.“ „Ist schon fertig.“, meinte Tea mit einem Anflug von Röte in ihrem Gesicht und reichte der Ältesten im Wald eine Schale mit Tee. Als der schwarze Drache gelandet war, kam sie wie die Anderen neugierig dazu, aber sie fühlte sich etwas überflüssig und hatte sich deshalb ans Feuer gesetzt. Und da sie kurz vorher mit Moka zusammen Wasser vom See geholt hatte, dieses einfach übers Feuer gestellt, damit es heiß werden konnte. Ishizu war immer für einen Tee zu haben, dass wusste die Zehnjährige... „Oh, danke.“, bedankte sich Ishizu bei dem Mädchen. „Aus dir wird mal gewiss eine gute Ehefrau.“ Die Röte in Teas Gesicht verstärkte sich... Mit einem Becher Tee in der Hand setzten sich alle um das Feuer und tauschten die Erlebnisse der letzten Tage aus, die Mädchen gingen Kisara zur Hand, um das Essen für alle zuzubereiten. Am Abend, im Zelt, seufzte Kisara unglücklich auf. Jetzt, wo ihre Tochter sie nicht sehen konnte, konnte sie sich für einen Augenblick gehen lassen. „Ich bin sicher, das wird schon wieder.“, meinte die Ältere mitfühlend. „Gib ihm etwas Zeit – dann erinnert er sich ganz bestimmt wieder an euch.“ „Das sagt sich so leicht.“, antwortete die Jüngere bekümmert. „Aber WANN... WIE...“ Ihr ganzes Herzensleid brach durch und begütigend nahm Ishizu sie in den Arm und ließ sie weinen... „Morgen werd ich ihm einen Tee kochen.“, versprach sei der verzweifelt weinenden Frau und streichelte sie beruhigend über ihren Rücken, bis sie sich wieder beruhigt hatte. „Wie wär’s damit, wenn du ihm sein Lieblingsessen zubereiten würdest?“, nickte sie ihr aufmunternd zu. „Meinst du?“, meinte die Jüngere zögernd. „Bestimmt.“, bekräftigte Ishizu ihren Vorschlag. „Ich versuchs.“, sagte Kisara nach einem kurzen Augenblick des Überlegens. „Vielleicht find ich ja noch ein paar Beeren.“ ~~~ Das weiße Drachenweibchen blickte auf, als es das Schlagen von Flügeln hörte. Leichte Enttäuschung schlich sich in ihren Blick, als sie erkennen musste, dass es nur EIN großes schwarzes Rotauge war, das zum Lager der Drachen am See geflogen kam und das Reh, das Shizuka im Maul trug, ließ sie das Schlimmste fürchten. Bangend blickte sie dem älteren Weibchen entgegen, und hoffte, dass sie keine schlechten Nachrichten mitbrachte. Shisara spürte die Unruhe ihrer Mutter und schmiegte sich an sie. Shizuka landete, legte das Reh zu Kisaras Füßen und lächelte das weiße Drachenweibchen an. „Nun guck doch nicht so entsetzt. Katsuya geht es wieder gut. Er muss nur noch zu Kräften kommen, dann kommt er wieder hierher. Das Reh hab ich zum Essen mitgebracht.“ „Dann ist es ja gut.“, seufzte das weiße Drachenweibchen erleichtert auf. „Papa kommt bald wieder?“, erkundigte sich nun auch das Drachenkind neugierig. „Schööööön.“ Nun, da alles wieder in Ordnung schien, schielte das Drachenkind hungrig auf das Reh, welches seine schwarze Mutter mitgebracht hatte. Shizuka brauchte keine Gedanken lesen zu können, um zu wissen, was im Kopf ihrer kleinen Tochter herumging. „Nun greif schon zu, aber lass deiner Mama auch noch etwas übrig.“, schmunzelte das schwarze Drachenweibchen. Dies ließ sich Shisara nicht zweimal sagen und stürzte sich begierig auf das mitgebrachte Futter. Während das Drachenkind auf diese Weise abgelenkt war, erzählte Shizuka in kurzen Worten, was sich so alles zugetragen hatte. Kisara horchte auf, als die Rede auf Mahad und Mazakazu kam. Sie hatten sich also doch Gedanken um sie gemacht... Wie auch Shizuka befürchtete sie, dass Mahad Anspruch auf Gozaburos Junges erheben würde, aber Shizuka konnte ihre Sorgen entkräften. „Aber, wie geht es denn dir und deinem Ei so?“, lenkte Shizuka geschickt das Thema auf ein erfreulicheres Thema. Und nun wusste Kisara eine Menge zu erzählen, und wie rührend der Umgang Yugis mit ihrem Sohn im Ei wäre. „Soll ich dich einen Augenblick ablösen?“, erkundigte sich das ältere Weibchen mitfühlend. Immerhin konnte das weiße Drachenweibchen schon seit längerer Zeit sein Ei nicht verlassen... „Ja? Das würdest du wirklich tun?“ Sehnsucht klang in der Stimme des weißen Weibchens nach. Sie hatte in der letzten Zeit ihr Ei nur verlassen, um Kot abzusetzen – eine Runde fliegen, im See selbst fischen und vielleicht ein Wild jagen. „Sehr gern.“ Die beiden Drachenweibchen tauschten ihre Plätze und lächelnd blickte die Ältere dem weißen Drachenweibchen hinterher, als sie sich reckte und streckte und schließlich in die Lüfte erhob. Shisara kam herangekrabbelt und kuschelte sich an ihre schwarze Mama. Diese hatte sie doch auch sehr vermisst... ~~~ Ishizu rief am nächsten Tag ihren Enkel zu sich und unterhielt sich eine lange Zeit mit ihm. Karim machte sich recht bald darauf auf den Weg in sein Dorf, während Ishizu Hiroshi zurückbehielt, mit der Bitte, ihr doch so einige ihrer Gerätschaften zu erneuern. Der Schwarzhaarige erklärte sich sofort damit einverstanden und ließ sich von der Ältesten im Wald zeigen, um welche Dinge es sich dabei handelte. Als er sich einen Überblick verschafft hatte, begab sich Mokas Vater in den Wald, um nach geeigneten Materialien Ausschau zu halten. Ein ungewöhnlicher Laut lenkte die Aufmerksamkeit des Mannes auf sich, und so machte er sich auf den Weg, diesen zu ergründen. Erstaunt bemerkte er die kleine Herde Kühe, die dort in der Umzäunung stand – vier Muttertiere mit ihren Jungen. Was machten Kühe in einem Wald? Während er noch grübelte, hörte er Schritte und sah das Mädchen, welches seine Tochter sein sollte, herankommen. Er stand hinter einem Baum und wollte gerade hervortreten, als das Mädchen zu einer der Kühe trat und sich anlehnte. Es sah so niedergeschlagen aus - und es schien so, als suchte es Trost bei den Kühen. Er konnte sich sehr gut vorstellen, weshalb das Mädchen so traurig war und hätte es gern geändert... Das schwarzhaarige Mädchen unterhielt sich eine Weile leise mit der Kuh, griff dann nach dem Eimer, den es mitgebracht hatte und stellte ihn unter das Euter. Anschließend holte es sich einen Gegenstand vom Zaun, band ihn sich um den Bauch und setzte sich vor die Kuh. Doch was die Schwarzhaarige als nächstes tat, ließ ihn überrascht die Luft anhalten. Sie hielt die zu einer Schale geformte Hand unter eine Zitze, molk vorsichtig etwas Milch hinein und trank anschließend diesen ersten Schluck Milch... Genauso würde er selbst mit dem Melken anfangen... Ein Bild schob sich vor Hiroshis inneres Auge – ein kleines schwarzhaariges Mädchen, welches verbissen versuchte mit einer Hand in seine Hand zu melken, und immer wieder daneben traf... bis schließlich glückte, was es so unentwegt geübt hatte und es mit strahlenden Augen den Schluck Milch aus seiner Hand trank. „Mo-chan.“, flüsterte Hiroshi mit trockener Kehle und trat hinter dem Baum hervor. „Mo-chan.“, rief er leise und ging auf seine Tochter zu. Moka stieß erschrocken den Eimer mit Milch um und blickte entgeistert auf, als sie den Namen ihrer Kindheit hörte. „Mo-chan.“, wiederholte der Schwarzhaarige zärtlich und breitete seine Arme aus. Jetzt hielt das Mädchen nichts mehr an seinem Platz. Moka sprang auf und warf sich in die ausgebreiteten Arme ihres Vaters. „Papa.“, schluchzte sie und schämte sich ihrer Tränen nicht. „Du kennst mich wieder.“ „Ja, meine kleine Mo-chan.“ Hiroshi umarmte seine Tochter und streichelte beruhigend durch ihr schwarzes Haar. „Jetzt weiß ich wieder, wer du bist.“ Lange standen Vater und Tochter und umarmten sich, bis sich Kisa Moka anstupsend in Erinnerung brachte. „Ich glaub, da möchte jemand gemolken werden.“, lächelte Mokas Vater und streichelte vorsichtig über den Kopf der weißen Kuh. „Stimmt.“, grinste nun das junge Mädchen zurück und machte sich flugs an die Arbeit. Schnell waren die vier Kühe gemolken und Hiroshi machte sich mit seiner Tochter zurück auf den Weg zum Lager. ~~~ Kisara hatte beschlossen, den Vorschlag Ishizus auszuführen – mehr als schief gehen konnte es schließlich nicht... Sie holte den Beutel mit Getreidekörnern aus ihrem Gepäck, suchte sich zwei passende Steine und begann die Körner zu feinem Mehl zu mahlen. Als sie damit fertig war, ging sie in den Wald, um Beeren zu suchen. Erdbeeren würde es jetzt zwar keine mehr geben, aber einige späte Himbeeren würde sie gewiss noch finden können und für Brombeeren war es noch zu früh. Und sie hatte Glück, Kisara kam mit zwei Schalen voll Himbeeren zum Lager zurück. Wenn jetzt Moka mit der Milch kam, dann konnte sie die feinen Küchlein backen, die ihre Männer immer so liebten... Sie seufzte leise auf, während sie sich alles zurecht legte und auf die Milch wartete. Erwartungsvoll und leicht aufgeregt blickte die junge Frau immer in die Richtung, aus der ihre Tochter mit der Milch kommen musste. Doch ihre Geduld, vielmehr ihre Ungeduld, wurde auf eine harte Probe gestellt. Moka ließ sich heute aber besonders viel Zeit... Ishizu bemerkte die Blicke, die die Jüngere immer wieder Richtung Wald warf, füllte eine Schale mit Tee und setzte sich zu der jungen Frau. „Na, nach wem hältst du so sehnsüchtig Ausschau?“, erkundigte sich die Ältere lächelnd. Kisara fühlte sich ertappt und wurde leicht rot. „Nach Moka.“, antwortete sie verlegen lächelnd. „Und warum wartest du ausgerechnet heute auf sie?“, forschte Ishizu nach und trank einen Schluck Tee aus ihrer Schale. „Ich warte auf die Milch.“, meinte die junge Frau. „Ist denn keine mehr von heute Morgen da?“, wollte die Ältere nun wissen. „Nein.“, schüttelte die Jüngere den Kopf. „Und außerdem ist frische Milch am besten für das, was ich tun möchte.“ „Und was hast du vor zu tun?“, erkundigte sich nun Ishizu neugierig geworden. „Ich möchte Hiroshis Lieblingsküchlein backen.“, erklärte Kisara der Bewahrerin. „Das klingt ja richtig lecker.“, nickte die Ältere zustimmend. „Nun, dafür sind bestimmt nur die frischesten Zutaten das Beste.“ „Ja. Aber, wo bleibt Moka denn nur mit der Milch?“ Unruhig stand Kisara nun auf und wollte schon loslaufen, um nach dem Rechten zu sehen, als sie in der Ferne ihre Tochter zusammen mit ihrem Vater heran kommen sah. Erleichtert griff sie nach dem Eimer mit Milch und maß die Menge ab, die sie für die feinen Küchlein benötigte. Ein Strahlen zog über das Gesicht des Mädchens, als es erkannte, was seine Mutter vorhatte. „Oh, Mama, willst du...“ Doch Kisara schnitt ihr mit einem „Psst.“ das Wort ab. Verlegen blickte Moka auf den Boden, nur um gleich wieder den Kopf zu heben. „Mama, stell dir vor, Papa erkennt mich wieder.“, sprudelte es überschäumend aus ihr heraus. „Er hat Mo-chan zu mir gesagt.“ Überrascht hob die junge Frau ihren Blick und schaute den Mann neben ihrer Tochter zweifelnd an. „Es stimmt.“, bestätigte Hiroshi die Aussage seiner Tochter. „Ich kann mich wieder an Moka erinnern, wie sie verbissen versucht hatte, mich beim Melken nachzuahmen – und es ihr schließlich auch geglückt ist.“ Nun war es an Moka überrascht dreinzuschauen. „Das hab ich ja gar nicht gewusst.“, meinte sie ziemlich verlegen und traute sich überhaupt nicht, ihren Vater an zuschauen. „Nun, dann muss es ja eine echte Erinnerung sein, meinst du nicht auch?“, mischte sich Ishizu in das Gespräch ein. Ihr gefiel die Wendung, die die ganze Angelegenheit um Hiroshi gerade nahm, sehr. Dankbar blickten drei Paar Augen die Heilerin an. Kisara setzte inzwischen ihre angefangene Tätigkeit fort und bald schon lagen lauter kleine Küchlein auf einer Platte neben dem Feuer. Hier im Wald musste sie sich mit heißen Steinen behelfen, die sie ins Feuer legte, aber sie waren ebenso gut, wie die Steinplatte, die sie zu Hause gehabt hatte. Hiroshi indessen schaute interessiert zu, wie die junge Frau die Küchlein auf den heißen Steinen zubereitete. Ein Bild wollte sich vor seine Augen schieben, doch es gelang ihm nicht so recht. Kleine Kinderhände angelten ständig nach dem begehrten Gebäck... doch sie wurden stets mit sanftem Nachdruck beiseite geschoben. Langsam stieg ihm ein feiner Duft in die Nase, der ihm nicht ganz unbekannt schien, wenn er ihn auch wesentlich stärker in Erinnerung hatte. Es zuckte ihm in den Fingern, sich eins der kleinen Küchlein direkt vom Stein zu stibitzen... Das Bild vor seinem inneren Augen wurde deutlicher... Eine kräftige Männerhand wollte auch nach der begehrten Süßigkeit greifen, die noch auf einer großen Steinplatte lag... Lachend erklang die Stimme einer jungen Frau, während sie tadelnd sanft auf die Männerhand schlug. „Ihr werdet euch doch noch gedulden können, bis ich fertig bin, ihr zwei Naschkatzen.“ Warme, braune Augen blickten liebevoll die so ungeduldigen Besitzer der Hände an, und sie gehörten... ...zu dem Gesicht der jungen Frau, die gerade am Feuer saß und die kleinen leckeren Küchlein zubereitete. „Yuri-chan.“ Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)