Dementia von -Krone- (Snape X Harry) ================================================================================ Kapitel 1: Insomium ~ Ein Traum ------------------------------- Es war ein regnerischer Tag und die Sonne schien keine wirkliche Lust zu haben, sich zu zeigen. Als sie doch endlich hinter den Hügeln hervor kroch, war sie in dicke schwarze Wolken gehüllt. Es schien fast, als würde sie um den verlorenen Sommer trauern. Noch schliefen die Schüler von Hogwarts. Es war am Anfang des Schuljahres und Wochenende, so bestand keine Notwendigkeit für sie, früh aufzustehen. Bald würden die Gänge wieder von Menschen wimmeln und munteres Geschwätz würde doch noch ein wenig Helligkeit in den düsteren Tag bringen. Die Sonne schaute durch die Fenster der Türme von Hogwarts und fand schlafende Mädchen und Jungen dahinter. Sie alle sahen alle aus wie Engel. An einem jungen Mann fand die gute Sonne gefallen und beschloss, ihn ein wenig zu ärgern. Trotz ihrer Angst vor den großen Regentropfen strecke sie einen Arm unter den Wolken hervor und begann ihn ein wenig zu Kitzeln. Ein kleines Naserümpfen und ein Reiben war die Belohnung, doch das reichte ihr nicht. So strengte sie sich noch ein wenig mehr an und endlich schlug der Junge die Augen auf. Einen Moment lang fragte er sich, was ihn wohl geweckt hatte, dann räkelte er sich und tastete auf seinem Nachttisch nach seiner Brille. Noch im Halbschlaf versuchte er, den Traum zu greifen, aus dem Frau Sonne ihn geweckt hatte, doch es gelang nicht. Zurück blieb nur eine unbestimmte Ahnung von etwas Angenehmen. Er stand auf und die Sonne bemerkte, dass er nur Shorts trug. Ein wahres Schmuckstück hatte sie sich da ausgesucht. Der Junge gefiel ihr wirklich. Er war wirklich groß für sein Alter und hatte einen wachen, gleichzeitig aber ernsten Gesichtsausdruck. Das unordentliche Haar sprach von einem wilden Temperament. Das auffälligste aber war die Blitznarbe, die unter dem strubbeligen Pony hervorlugte. Harry schwang die Beine über das Bett und streckte sich erneut. Sein Rücken knackte laut und er musste ein leises Fluchen unterdrücken um keinen seiner Zimmergenossen aufzuwecken. Dann stand er auf und trat an das Fenster neben seinem Bett. Kurz überlegte er, ob er es öffnen sollte, aber das leise Plattern der Regentropfen hielt in davon ab. So setzte er sich nur auf das Fensterbrett und betrachtete das Wasser die dicke Scheibe hinunterlaufen und sich am unteren Rand des Rahmens sammeln. Er lehnte den Kopf gegen das kalte Glas uns fuhr nachdenklich mit dem Zeigefinger die Bahnen der Tropfen nach. Als es ihn fröstelte stand er auf und entschied sich, eine Dusche zu nehmen um die Zeit zu überbrücken, bis die anderen aufwachen würden. Er griff nach seinem Morgenmantel, warf einen kurzen Blick auf Ron, der leise aufgeschnarcht hatte und ging langsam die Treppe zum Bad hinauf. Seine Schritte machten kaum einen Laut auf dem dicken Teppich, doch als er die Tür zum Jungen-Baderaum öffnete, ertönte ein leises Quietschen, das ihn zusammenfahren ließ. Grinsend schloss er die Tür hinter sich. Er war wohl doch noch nicht ganz wach. Es war noch kein laufendes Wasser zu hören. Daraus schloss er, dass er wohl wirklich der erste war, der aufgewacht war. Er entschied sich für die hinterste Duschkabine und entledigte sich dann seiner Klamotten. Wieder fröstelte er. Als Harry unter der Dusche stand und das heiße Wasser über seinen Körper rann, versuchte er erneut, sich an den Traum der vergangenen Nacht zu erinnern. Er wusste nur noch, dass er diesen Traum schon einmal gehabt hatte und dass es ein wundervoller Traum gewesen sein musste, denn er war mit einem unbeschreiblichen Glücksgefühl aufgewacht. Zu gerne würde er sich erinnern. Noch immer in Gedanken schob er den schweren Duschvorhang beiseite und griff nach einer der Glasflaschen mit Seife. Nachdem er kurz daran geschnuppert und für nicht wohlriechend befunden hatte, stellte er sie zurück und nahm eine andere. Dass er dabei das halbe Bad überschwemmte interessierte ihn kaum. Das würde er später mit einem einfachen Schlenker seines Zauberstabes korrigieren. Die Flüssigkeit, die er nun in der Hand hielt roch besser und so begann er sich damit einzuseifen. Kleine Seifenblasen entkamen aus der Flasche, bevor er sie wieder zustöpseln konnte. Plötzlich zuckte ein Bild durch seine Gedanken und er wusste, dass es eines aus seinem Traum gewesen sein musste. Doch es war zu kurz, als dass er es festhalten konnte. Es war wie ein Déja-vu gewesen, was konnte ihn bloß erinnert haben? Doch er ließ von den Gedanken wieder ab, da sie ja doch zu nichts führen würden und nahm den Duschkopf aus seiner Halterung, um sich besser abspülen zu können. Er blickte an sich herunter und bemerkte zum ersten Mal, dass er inzwischen zu einem jungen Mann herangereift war. Sein sechstes Jahr auf Hogwarts hatte gerade angefangen und er schien sich in den Sommerferien irgendwie verändert zu haben. Noch vor wenigen Monaten war sein Anblick in der Dusche ein anderer gewesen. Er schüttelte auch diese seltsamen Gedanken ab, drehte den Wasserhahn zu und stieg aus der Dusche. Ihm wurde bewusst, dass er sein Handtuch im Schlafsaal vergessen hatte, also zog er sich die Boxershorts über den nassen Hintern und rubbelte sich notdürftig mit seinem Morgenmantel ab. Es war ein seltsames Gefühl, den Stoff auf der nassen Haut zu spüren. Er öffnete die Tür zum Schlafsaal so leise wie er konnte, aber das war nicht nötig, denn inzwischen waren die anderen ebenfalls aufgewacht. Ron saß aufrecht in seinem Bett und erzählte wild gestikulierend von einem verrückten Traum, den er in dieser Nacht gehabt hatte. Als Harry, den Bademantel vor der Brust haltend, eintrat, unterbrach er seine Ausführungen, um seinem Freund breit grinsend einen guten Morgen zu wünschen. Harry grüßte lachend zurück und huschte schnell zu seinem Schrank um sich richtig abzutrocknen und in frische Kleidung zu schlüpfen. Dann ließ er sich auf sein weiches Bett fallen. Er hatte Hunger. Im Laufe des Tages geschah etwas Seltsames. Nach und nach kehrten die Erinnerungen an seinen Traum zurück. Erst waren es nur vereinzelte Bilder wie am Morgen in der Dusche, dann setzten sie sich zu ganzen Szenen zusammen, ergaben gemeinsam Sinn und am Ende fragte Harry sich, warum der Traum ein derart gutes Gefühl bei ihm hinterlassen hatte. Der Traum hatte mit dem altbekannten grünen Lichtblitz begonnen, dem kalten Lachen, den Schreien seiner Mutter. Dann war er in tiefe Schwärze versunken und hatte in einem Wald die Augen wieder geöffnet. Es war Nacht und dichter Nebel waberte über den Boden. Harry hatte sich aufgerappelt und war langsam zwischen den Bäumen durchgegangen. Ihm war, als würde er dabei eine leise Musik aus seinem Herzen vernehmen, doch die Melodie war das einzige, was im Laufe des Tages nicht in seine Erinnerung zurückgekehrt war. Dann war er auf eine Lichtung gekommen, die von sieben hohen Bäumen gesäumt war. Auf der Lichtung hatte er eine bessere Sicht, denn der Nebel war weniger dicht als noch vorher und er erkannte an jedem Baum einen Menschen. Er trat auf den ersten Baum zu und vor dem Baum stand sein Vater und lächelte ihn an. „Ich gebe dir Selbstvertrauen, mein Sohn“, hatte er gesagt, ohne dabei die Lippen zu bewegen. Am zweiten Baum stand seine Mutter. Ihre Worte waren „Ich gebe dir Mitgefühl, mein Augenstern“. Hinter dem nächsten Baum stand der Dunkle Lord selber und Harry hörte ein wisperndes „Ich gebe dir Ruhm, mein Feind“. Und so ging er von Baum zu Baum und sah seine Freunde und Feinde, die ihn alle mit dem gleichen tieftraurigen Blick ansahen. Er sah Sirius, der ihm Mut gab, von Hermine erhielt er Weisheit, von Ron Vertrauen. Am letzten Baum jedoch stand Snape und was Harry von ihm hörte, verwirrte ihn vollends. „Ich gebe dir Leidenschaft, mein Geliebter.“ Dann versank die Lichtung in Nebel und nur Harry selber und sein Lehrer standen sich noch gegenüber. Als sie aufeinander zutraten, zerfiel Snape zu Staub und Harry überkam wieder die Dunkelheit. Als er abends wieder in seinem Bett lag, konnte er noch lange nicht einschlafen. Der Traum ließ ihn nicht mehr los. Er versuchte wütend zu verstehen, was sein Unterbewusstsein ihm mitteilen wollte und bereute fast, dass er bei Wahrsagen nicht aufgepasst hatte, als es um Traumdeutung ging. Doch er befürchtete fast, würde er Professor Trelawney nach der Bedeutung seines Traumes fragen, sie würde nur seinen baldigen Tod daraus zu lesen wissen. Und so schlief er endlich ein. Fast hoffend, dass er den Traum erneut träumen würde. Kapitel 2: Pensum ~ Eine Aufgabe -------------------------------- Als Harry am nächsten Morgen aufwachte, war er schweißgebadet. Und dieses Mal erinnerte er sich sofort an den Traum. Klein zurückbleibendes Glücksgefühl wie am Tag davor. Aber nun da er den Traum kannte, wäre er sich mit einem guten Gefühl auch seltsam vorgekommen. Noch immer versuchte er, den Traum zu verstehen, aber es gelang ihm nicht. Da einzige, was ihm dazu einfiel, waren die Visionen, die er im letzten Schuljahr gehabt hatte. Vielleicht war auch dieser Traum von einem Anderen verursacht worden? Aber wieso sollte das wohl jemand machen? Das ergab alles überhaupt keinen Sinn. „Harry, ist alles in Ordnung?“ Er hatte nicht mitbekommen, dass Ron schon wach war. Als er den Kopf zur Seite drehte bemerkte er Rons sorgenvollen Blick. Eigentlich war nichts in Ordnung, aber er wollte seinen Freund nicht wegen einem dummen Albtraum beunruhigen. Außerdem wollte er nicht wissen, was Ron sagen würde, wenn er ihm erzählte, er habe von einem Snape geträumt, der ihm seine Liebe gestand. Oder was es auch immer war. Also grinste er nur leicht und nickte. „Klar, Mann!“ „Dann ist ja gut“, sagte Ron erleichtert und setzte sich langsam auf, „du hast nämlich mal wieder im Schlaf gesprochen“ Schlagartig war Harry hellwach und saß mit einem Ruck ebenfalls kerzengrade im Bett. „Wie bitte? Was habe ich gesagt?“ „Keine Ahnung, ich konnte dich nicht wirklich verstehen. Hattest du einen Alptraum?“ „Ja, aber ich kann mich nicht mehr wirklich daran erinnern“, log Harry. Er fühlte sich nicht besonders gut dabei, seinem Freund nicht die Wahrheit zu sagen, aber alles andere wäre viel zu peinlich gewesen. Er ließ sich wieder nach hinten fallen und seufzte leise. Schon wieder gingen ihm die Bilder der Nacht durch den Kopf. „Ich gebe dir Leidenschaft, mein Geliebter“ – Was bedeutete das. Er raufte sich die Haare. Nach dem Frühstück saßen sie zu dritt in der Bibliothek und suchten nach Quellen für einen Zaubereigeschichte-Aufsatz. Es ging wieder um irgendwelche Zwergenaufstände im Mittelalter. Was war nur mit dieser Spezies los, dass sie die ganze Zeit Unruhen auslösen mussten? Und warum, bei Merlin, mussten sie das wissen? Harry könnte wetten, dass über neunzig Prozent der Zauberer, die die Schule abgeschlossen hatten, sich an keinen einzigen dieser Aufstände mehr erinnern konnte. Hermine würde eine der wenigen Ausnahmen bilden, denn sie war mit Feuereifer bei der Sache. Sie saßen in der hintersten Ecke der Bibliothek, wo sie wahrscheinlich so schnell niemand stören würde. Leider. Harry saß auf einem der Tische und blätterte unmotiviert in einem der Bücher, die Hermine aus den hohen Regalen zu ihm herunterschweben gelassen hatte. Das Schlimmste war, dass man in jedem Buch, nur ungenaue Notizen zu den Aufständen um Belrym den Stinkenden fand und so unzählige Bücher durcharbeiten musste, um nur einen groben Überblick über die Geschehnisse zu erhalten. Während er die vergilbten Seiten durchblätterte und sich kleine Notizen auf sein Konzeptpergament machte, drifteten seine Gedanken ungewollt immer wieder zu seinem Traum zurück. Wäre das Thema ihres Aufsatzes nicht so unglaublich langweilig gewesen, Harry wäre sich sicher gewesen, dass seine Freunde gemerkt hätten wie abgelenkt er war. Ron seufzte laut auf und klappte das Buch zu, das er gerade durchgeblättert hatte. „Hier steht auch nichts Neues drin. Binns hätte uns ruhig ein paar Bücher empfehlen können, meinte ihr nicht?“ Dann griff er sich das nächste. „Ron!“, klang es aufgebracht hinter einem der nahen Bücherregale hervor. Hermine hatte sich ein Stück von ihnen entfernt, aber keine Chance, dass sie auch nur eine Klage überhören würde. „Meinst du wenn du erstmal aus der Schule raus bist, wird es immer jemanden geben, der dir sagt in welchem Buch du nachschlagen musst?“ „Nein, aber nach der Schule werde ich nie wieder Informationen über Zwergenaufstände brauchen!“, grummelte Ron und blätterte die nächste Seite so heftig um, dass sie fast zu Staub zerfallen wäre. Die Bücher waren wirklich schon sehr alt. Auch Harry schlug nun sein Buch zu und stand auf. „Ich werde mich auch mal ein bisschen umsehen, glaube ich“, nuschelte er und streckte die verspannten Arme. Schon wieder hatte er gelogen, aber diesmal tat es ihm weniger Leid. Er ging durch die Reihen der Bücher und ließ seinen Finger über die rauen Buchrücken gleiten. Was genau er suchte, wusste er nicht, aber es musste hier in dieser Bibliotheca doch irgendetwas geben, das ihm helfen konnte diesen verrückten Traum zu vergessen oder ihn zumindest zu verstehen. Das erste Buch, das er fand war ein Zaubertrankbuch in dem ein Vergessenstrank aufgeführt war. Das Dumme war nur, dass man mit ihm nicht gezielt eine Erinnerung löschen konnte sondern je nach Dosierung ganze Partien des Gedächtnisses. Außerdem griff es das Kurzzeitgedächtnis an und das konnte er so gar nicht brauchen. Dann fand er ein Buch über Traumdeutung, aber da standen nur die gleichen albernen Dinge drin, die er auch schon im Wahrsageunterricht gehört hatte. Er blätterte es dennoch durch. Er sah zuerst unter dem Stichwort Feind nach. Dort stand, ein Feind würde für die Seiten an ihm stehen, die er selbst nicht mochte. Das Stichwort Liebesgeständnis fand er nicht im Register, also schaute er zuerst unter Liebe nach. „Wenn sie andere verliebt sehen, lassen Sie sich verführen, ihre Pflichten zu vernachlässigen“. Harry schnaubte verächtlich und wollte das Buch ins Regal zurückstellen, doch er stockte, denn nun wurde auch auf der anderen Seite ein Buch aus dem Regal genommen und zum Vorschein kam das starre Gesicht Professor Snapes. Der ausdruckslose Blick erinnerte ihn viel zu sehr an seinen Traum, als dass er in diesem Moment noch klar denken könnte. „Guten Tag, Professor“, grüßte er hastig und schob das Buch ins Regal zurück. Dann flüchtete er sich zurück zu seinem Aufsatz über die Zwergenaufstände um endlich diesen dummen Traum aus seinen Gedanken zu verbannen. Kapitel 3: Concursio ~ Ein Treffen ---------------------------------- Der Rest des Sonntages verlief zäh wie Haferschleim, nachdem die drei erstmal mit ihrer Arbeit in der Bibliothek geendet hatten. Nun saßen sie im Gemeinschaftsraum und langweilten sich. Das heißt, eigentlich langweilten sich nur Harry und Ron und der gesamte Rest der Schülerschaft – Hermine war in einen dicken Wälzer vertieft. Man hätte in diesem Moment eine Kanonenkugel neben ihr abfeuern können und sie wäre aus ihrer Lektüre nicht hoch geschreckt. Harry spielte antriebslos mit dem König von Rons Zaubererschach und starrte dabei ins Feuer. Noch immer platterte Regen gegen die hohen Fenster des Gryffindorturms und so hatte keiner Lust, die wohlige Wärme des Feuers zu verlassen. Keine, außer Harry Potter selber. Er wollte immer noch verstehen, aber solange er unter so vielen Menschen war, die alle leise durcheinander brabbelten, konnte er keinen einzigen klaren Gedanken fassen. Also entschuldigt er sich mit der Ausrede er habe etwas in der Bibliothek vergessen bei seinen Freunden und begann einen Spaziergang durch das Schloss. Kaum jemand trieb sich bei dem Wetter auf den Gängen herum und so begegnete er nur einer einzigen jungen Schülerin, die es aber ebenfalls eilig zu haben schien, in ihren Gemeinschaftsraum zu gelangen. Seine Beine schienen die alleinige Gewalt über seinen Körper zu haben, aber er kümmerte sich nicht darum. Solange er nur den Kopf frei bekam, war es ihm egal, wo sie ihn hinführten. Harry wiederholte im Stillen nochmal die Dinge, die er in dem Wahrsagebuch in der Bibliothek gelesen hatte. Die Seite die er an sich selbst am meisten hasste… liebte ihn? Zeigte ihm, was Liebe ist? Leidenschaft? Und seine Pflichten vernachlässigen. Was er am meisten an sich hasste, waren die Male, die Voldemort an ihm hinterlassen hatte. Und damit meinte er nicht die blitzförmige Narbe auf seiner Stirn, die ihn immer und überall als Harry Potter auswies. Nein, es waren die anderen Dinge. Sein Parsel. Dass der sprechende Hut ihn anfangs nach Slytherin stecken wollte. Und seine Pflicht war es, über Voldemort zu siegen. Keiner kann leben, wenn der Andere überlebt, so hatte die Prophezeiung gelautet. Aber das würde ja heißen… Harry lehnte sich an eine der kühlen Steinwände und fuhr sich durch das verschwitze Haar. Was für ein ausgemachter Blödsinn! Da lag es ja fast näher, dass der Traum einfach das bedeutete, was er zu bedeuten schien. Er würde ein Verhältnis mit Snape anfangen. Nicht in tausend Jahren! Und warum war er sich auch so sicher, dass der Traum überhaupt was bedeutete? Nur weil er einige Visionen von Voldemort empfangen hatte, musste das nicht bei jedem blöden Traum so sein. Als er einen starken Luftzug bemerke, sah er, wohin er eigentlich gegangen war. Es war die Galerie, die um den nassen Innenhof führte, in der er stand. Er lehnte sich gegen eine Brüstung und starrte gedankenverloren in den Regen hinaus. Wenn er nicht in der folgenden Nacht schon wieder dasselbe träumen wollte, dann musste er versuchen, an etwas anderes zu denken. Immer wieder hatte er Snapes ausdrucksloses Gesicht vor Augen und die geflüsterten Worte im Ohr. „Ich gebe dir Leidenschaft, mein Geliebter!“ Und dann auch noch die Begegnung in der Bibliothek. Normalerweise sah man Snape aufgebracht oder hämisch grinsend, wenn er in Harrys Nähe war, doch diesmal… Das gleiche wie aus Stein gemeißelte Gesicht. Plötzlich fragte er sich, ob Snape vielleicht den gleichen Traum gehabt haben konnte. Nur aus seinem Blickwinkel. Und dann fragte er sich wieder, ob dieser ihn nicht sogar verursacht haben konnte? Ein harter Griff um seinen Hals riss ihn aus seinen Überlegungen. Jemand hatte sich ihm unbemerkt von hinten genähert und der kratzige Atem verriet, dass es sich um Snape handelte. Was wollte er von ihm? „Na schau mal eine an, wen wir hier haben. Potter, hm? Was machen wir denn hier alleine?“ Snapes Stimme war leise, aber eindringlich. „Ich weiß ja nicht, was sie hier machen, Professor, Sir. Ich will nur ein wenig frische Luft schnappen“, antwortete er. Eigentlich war er nicht in der Position, sich Frechheiten erlauben zu können, aber er konnte die Worte nicht unterdrücken, die sich aus seiner Kehle zwängen wollte. Mit einer harten Bewegung wurde er umgedrehte und gegen eine der breiten Säulen gepresst. Wäre Snape noch ein paar wenige Zentimeter näher gekommen, es hätte so ausgesehen, als würden sie sich küssen. Nur die wütenden Gesichter der beiden Männer strafte diese ungehörige Annahme Lügen. Mit einem Arm, presste Snape seinen Schüler gegen den kalten Stein, die andere Hand, lag in festem Griff unter Harrys Kinn. Er konnte sich kaum rühren und wusste doch nicht, was er verbrochen habe. „Wird ja nicht frech, Potter“, spuckte Snape ihm entgegen. „Was wollen Sie denn überhaupt?“, fragte Harry und konnte den leicht panischen Unterton nicht aus seiner Stimme verbannen. „Als würdest du das nicht selber wissen!“ Er drückte noch ein wenig fester zu, kam noch ein bisschen näher. Und ohne dass Harry auch nur der Bruchteil einer Sekunde blieb, um zu reagieren, war es auch schon geschehen. Snape hatte seine schmalen, harten Lippen auf die seinen gedrückt. Harry wollte Widerspruch erheben, doch als er seine Lippen zum Protest öffnete, drang die Zunge des Anderen in seinen Mund ein und spielte dort ihr grausames Spiel. Und hinter ihnen prasselte der Regen auf den aufgeweichten Boden. Keiner sah, die befremdliche Szene und so konnte Harry sich auch keine Hilfe erwarten. Er hob die Arme um den Lehrer von sich zu schieben, doch dieser war um Längen stärker, als man bei der schmalen Gestalt annehmen mochte. Auch seinen Kopf konnte er nicht zur Seite drehen und so der Peinigung entkommen, denn Snape hielt ihn noch immer fest in seinem Griff. So beschränkte er sich darauf, Töne des Widerwillens von sich zu geben. Endlich unterbrach Snape den ungewollten Kuss, funkelte Harry böse an und raunte „Ich hoffe, das war Ihnen eine Lehre, Potter?“, dann wirbelte er herum und rauschte den Gang entlang. In Harrys Kopf herrschte nur noch Leere. Was war das grade gewesen? Er drehte sich wieder um und starrte weiter in den Regen hinaus, streckte seine Hand aus, um einige Regentropfen aufzufangen und sich die Stirn zu kühlen. Er wollte nur noch vergessen, was gerade geschehen war. Verdrängen. Kapitel 4: Vitium Male Utendium ~ Ein Missbrauch ------------------------------------------------ Harry wälzte sich schlaflos in seinem Bett umher. Immer neue, von Angst produzierte Adrenalinschübe hielten ihn wach. Es waren irrationale Ängste, die ihn quälten und sie ließen sich kaum in Worte fassen. Das Dunkel ließ ihn zittern, das Geräusch des Windes, der durch die Bäume des Verbotenen Waldes peitschte ließ ihm kalten Schweiß den Rücken hinunterlaufen und die Macht seiner eigenen Gedanken ließ ihn nicht schlafen. Ihm war so, als würden ihn schwarze, eiskalte Augen aus der Dunkelheit ansehen und jede seiner Bewegungen registrieren. Die Augen einer Person, die nicht hier sein konnte. Das Klopfen der Regentropfen machte ihn schier wahnsinnig. Er fühlte sich, wie ein Gefangener in seinem eigenen Körper. Wieder änderte er seine Lage, doch bequemer wurde es dadurch nicht. Und auch das Gefühl, beobachtet zu werden, verschwand nicht. Hätte er seinen Kopf gedreht, so hätte er den schwarzen Raben bemerkt, der am Fenster saß. Ein lautes Seufzen ließ Harry zusammenschrecken und es dauerte einen Moment, bis er registrierte, dass es nur von Neville kam, der geträumt hatte. Harry schwang die Beine über den Bettrand. Wenn er schon nicht schlafen konnte, dann wollte er zumindest etwas mit seiner Zeit anfangen. Wollte etwas tun, dass er sich vorgenommen hatte, seit er am Ende des letzten Schuljahres aus dem Ministerium zurückgekehrt war: die Heulende Hütte besuchen und dort die Scherben des zerbrochenen Spiegels vergraben, die Sirius ihm gegeben hatte. Nur eine würde er behalten, als Erinnerung an seine Schuld. So leise er konnte und einen prüfenden Blick in die Schatten auf der anderen Seite des Raumes werfend, stand er auf um seinen Tarnumhang aus seinem Koffer hervorzuholen. Ein knarzendes Geräusch entstand, als er den alten Koffer öffnete, doch es war so leise, dass es niemanden aufwecken konnte. Harry fröstelte, als er durch das dunkle Hogwarts schlich, obwohl er sich den dicken Pullover übergezogen hatte, den ihm Mrs. Weasley zum letzten Weihnachtsfest geschenkt hatte. Der Weg, zum Schlosstor erschien ihm länger als gewohnt, aber er wusste dass dies an seiner inneren Anspannung lag. Hätte er es riskieren können, er hätte sofort seinen Zauberstab erleuchtet. Doch so suchte er sich seinen Weg durch das Schloss im Dunkeln und wieder überkamen ihn ungewohnte Ängste. Zu der gesunden Befürchtung, es könne ihn jemand entdecken kam die Angst davor, es würde Snape sein und er wurde ihm erneut seine brutalen Küsse aufzwingen. Doch es geschah nichts, Harry erreichte das Haupttor ohne einen Zwischenfall. Nur sein Herz hämmerte in seiner Brust, dass er glaubte, es würde bald zerspringen. Die große, schwere Tür quietschte so erbärmlich, als er sie öffnete, dass er sich entschloss, auf seinem Rückweg die Schule über den Hof zu betreten. Dies war zwar ein großer Umweg, aber er hatte das Gefühl, das Geräusch hätte mindestens die halbe Schule aufgeweckt. Er schloss sie langsam wieder, um einen weiteren derart lauten Ton zu verhindern, schaffte es aber nicht ganz. Geduckt huschte er über die feuchte Wiese. Er hätte sich nicht ducken müssen, der Umhang machte ihn ja unsichtbar, aber es war vollkommen unwillkürlich. Zu seinem großen Bedauern war der Umhang nicht wasserabweisend und er hatte den Zauberspruch vergessen, den Hermine benutzte, um ihnen den Regen vom Hals zu halten. Er begann zu rennen, doch durchgeweicht war er trotzdem, als er endlich die Peitschende Weide erreichte. So viele Erinnerungen hingen an diesem Baum. Erinnerungen an seinen Paten, der jetzt tot war. Ermordet. Wie immer, wenn er daran dachte, stieg kalte Wut, vermischt mit unsagbarer Trauer in ihm hoch. Er wischte den Zorn jedoch weg, so gut er konnte. Er war hierher gekommen, um seinem Sirius Black zu gedenken, nicht um seinen Mördern Rache zu schwören. Er wollte diesen reinen Schmerz nicht entweihen. Harry schaute sich gründlich um, und fand schließlich einen geeigneten Stock, mit dem er den Knoten, der die Peitschende Weide außer Gefecht setzte, berühren konnte. Auf allen vieren kroch er in den schmalen Tunnel, der zur Heulenden Hütte führte. Irgendwie war ihm dieser vor drei Jahren noch ein ganzes Stück größer erschienen. Wieder tauchte kurz der Gedanke in ihm auf, wie sehr er sich doch verändert hatte. Er erinnerte sich an viele Bilder aus dem dritten Schuljahr. Wie plötzlich der große schwarze Hund vor ihnen aufgetaucht war, wie er Ron in diesen Tunnel gezerrt hatte. Und wie er Sirius das erste Mal gegenüber gestanden hatte, als er sich endlich aus diesem Loch aufrappeln konnte. Auch Snape hatte damals seine Rolle gespielt, aber das versuchte Harry in diesem Moment zu verdrängen. Hier ging es um etwas anderes. Leider war es ganz so einfach nicht, denn als er den Tunnel verließ und mit bedächtigem Schritt in das Zimmer trat, in dem sich damals alles zugetragen hatte, wartete dort Snape auf ihn. „Sie haben es immer noch nicht gelernt, ihren Geist zu verschließen, Potter, wie ich sehe?“ Das Grinsen auf seinem Gesicht drückte alles an Verachtung aus, was ein einzelner Mensch hervorbringen konnte. Harry wollte sich umdrehen und fortlaufen, doch Snape war schneller und packte ihn am Oberarm. „Lassen Sie uns doch Ihre Lektion von heute Mittag fortsetzen“ „Aber was… ich hab doch“, Harry sprach das Entsetzen aus den Augen und Snape schien das zu gefallen. Ein leises, klirrendes Lachen ertönte aus seinem Mund und es jagte Harry einen eiskalten Schauer über den Rücken. „Ich muss Sie bestrafen!“ Harry wollte aufschreien, doch Snape legte blitzschnell eine Hand auf seinen Mund. „Sie dürfen schreien, wenn Sie das möchten, aber Sie wissen doch selbst, dass Ihnen das nicht nützt“, raunte er ihm ins Ohr, „Erinnern Sie sich bitte daran, wo Sie hier sind“ Hermines Worte hallten ihm durch den Kopf: ‚die am stärksten bespukte Hütte von England’ und er wusste, das schreien sinnlos war. Seine Augen schienen es verraten zu haben, denn Snape nahm die Hand von Harrys Mund. „Sehen Sie, ich ahnte doch, dass Sie es besser wissen.“ Dann packte er auch seinen zweiten Arm. Harry wusste kaum, wie ihm geschah, doch mit einem Mal lag er auf dem Boden und sein Rücken schmerzte so sehr, dass er kaum atmen konnte. Und über ihm lag plötzlich sein Lehrer, jeder Ausdruck war aus seinem Gesicht verschwunden. Mit einem Ruck drehte er Harry auf den Bauch und schob seinen Umhang hoch. Harry versuchte, sich zu wehren, doch sein Rücken bereitete ihm derartige Schmerzen, dass er es kaum schaffte auch nur einen Arm zu heben. Und dennoch setzte er alle Kraft ein. Doch Snape war eindeutig der Stärkere. Außerdem hielt er ihn mit seinem gesamten Gewicht am Boden, was ihm einen eindeutigen Vorteil verschaffte. Langsam schob er einen Arm unter Harrys Hüfte und zog sie ein Stück in seine Richtung, so dass er die Knöpfe der Hose öffnen konnte. Sein fester Griff hinderte Harry an jeglicher Bewegung. Der wollte schreien, doch der Laut blieb ihm in der Kehle stecken. Er hatte geglaubt, Snape würde ihn verprügeln, doch was er in Wirklichkeit mit ihm vorzuhaben schien, war um so vieles Schlimmer. Tränen stiegen ihm in die Augen und er schluchzte tonlos. „Sie weinen doch nicht etwa, oder? Glauben Sie, tatsächlich, das würde mich umstimmen? Oh nein, das macht mich nur noch mehr an!“ Snape streifte Harry die Hose von den Hüften und öffnete auch seine eigene, ohne den Umhang abgelegt zu haben. Und dann schrie Harry doch. ~~~~~~ Ich werde erstmal nicht weiter schreiben, bis mich die Erleuchtung ereilt, was da überhaupt los ist. Ich hab ja mal so keine Ahnung! Kapitel 5: Consensio ~ Eine Übereinstimmung ------------------------------------------- Als Harry am nächsten Morgen erwachte, fühlte er sich im ersten Moment unglaublich fehl am Platz. Dann überlegte er, ob er geträumt hatte, oder ob das schreckliche Erlebnis tatsächlich Wirklichkeit gewesen war und er konnte es nicht mit Gewissheit sagen. Vielleicht war er ja gestern über seine Gedanken eingeschlafen und hatte die grausame Tat nur geträumt. Er hoffte, der Tag würde die Erinnerung trüben, wie es bei schlechten Träumen war, doch das geschah nicht. Schon beim Frühstück traf ihn der eiskalte Blick seines Professors und die Schmerzen in als er sich setzte waren der endgültige Beweis, dass er nicht geträumt haben konnte. Und auch während der Unterrichtsstunden tauchte vor seinem inneren Auge immer wieder das grimmige Gesicht Snapes vor ihm auf. Er hatte ihn behandelt, als hätte Harry selbst ihm etwas angetan. Nur was? Es konnte kaum sein, dass Snape ihm noch wegen der Erinnerung zürnte, die er sich im letzten Jahr angesehen hatte. Und wenn doch, dann fiel es ihm reichlich spät ein, ihn zu bestrafen. Nein, das konnte nicht der Grund sein. Harry war so in seine Gedanken versunken, dass er nicht merkte, dass seine Hauslehrerin Professor McGonagall sich vor ihm aufgebaut hatte und blickte mit einer hochgezogenen Augenbraue auf ihn herunter. „Das muss wohl eine anstrengende Nacht für sie gewesen sein. Schlafen sie künftig in ihrer freien Zeit und nicht in meinem Unterricht Potter!“ Alle Schüler lachten, aber sie wusste ja nicht, wie Recht sie mit ihren Worten hatte. Dann fragte er sich, ob es etwas bringen konnte, mit Snape zu sprechen, doch den Gedanken legte er unter „total wahnsinnige letzte Auswege“ ab. Er wusste nicht, was Snape ihm antun würde, wenn er sich freiwillig in die Höhle des Löwen begab. Und doch blitze die Idee immer wieder in ihm auf und am Abend gab er ihr schließlich nach. Er zog sich seinen Tarnumhang über und begab sich in die Kerker um Snape zu suchen. Die Karte der Rumtreiber verriet ihm, dass er sich in seinem Büro befand. Hatte denn dieser Mann kein Leben, dass er den ganzen Tag in seinem kleinen Kabuff verbrachte, zwischen eingelegten Tieren und getrockneten Kräutern? Harry klopfte vorsichtig an und war überrascht, dass die dunkle Holztür sofort aufflog. „Ich wusste Sie würden kommen“, schnarrte Snape, packte ihn am Kragen und zog ihn in den kleinen Raum um ihn auf den Stuhl vor seinem Schreibtisch zu drücken. „Hast mich wohl vermisst, Potter, hm?“ Diesmal sah Harry nicht weg, nein, er wollte dass sein Professor den ganzen Hass, der sich in ihm aufgestaut hatte, zu spüren bekam. „Ganz sicher nicht, Schniefelus!“ Die Hand seines Lehrers sauste so schnell auf ihn herab, dass er nicht mehr ausweichen konnte. „Nennen sie mich niemals wieder so!“ Snapes Stimme war leise, doch so scharf wie ein frisch geschliffenes Messer. Er stützte sich auf die Armlehnen von Harrys Stuhl und beugte sich tief zu ihm hinunter. „Niemals wieder!“ Und noch immer wandte Harry den Blick nicht ab. „Warum? Was habe ich Ihnen getan?“ Er war stark. Er konnte dass hier durchstehen, ohne sich erneut verletzen zu lassen. „Das solltest du doch wohl selbst am Besten wissen!“ Harry verwirrte es, dass sein Lehrer nun dazu übergegangen war, ihn zu duzen, doch er versuchte, es sich nicht anmerken zu lassen. „Nein, Sir, ich weiß es nicht!“ Harry stieß Snape von sich und sprang auf. „Ich weiß es nicht und ehrlich gesagt interessiert es mich auch nicht, so lange sie sich nicht an mir vergreifen!“ Jetzt schrie er und ging mit vor Zorn zur Faust geballten Händen langsam auf seinen Lehrer zu, der sichtlich erschreckt war. Bis zu diesem Zeitpunkt, hatte er immer die Kontrolle über das Geschehen und vor allem über Harry gehabt, doch das Blatt schien sich nun zu wenden. Also entschied er sich, nachzugeben. „Ich träume von Ihnen, Potter. Und ich bin mir sicher, dass SIE mir diese Träume schicken“ „Ich habe auch Träume, Professor!“ Harry funkelte ihn böse an. „Und Sie kommen darin vor. Das ist für mich aber noch lange kein Grund, ihnen Gewalt anzutun!“ „Sie haben… diese Träume auch?“ Nun schien Snape ernsthaft verwundert. „Keine Ahnung, ob wir das gleiche träumen. Ehrlich gesagt, will ich es auch gar nicht wissen. Ich will nur, dass Sie mich nie wieder anfassen!“ Er wollte an seinem Lehrer vorbei aus dem Raum rauschen, doch dieser hielt ihn am Arm fest. „Potter, es ist wichtig, dass Sie mir von diesen Träumen erzählen. Ich weiß, dass Sie noch immer nicht gelernt haben, Ihren Geist zu verschließen. Diese Träume… Sie könnten vom Dunklen Lord selber kommen.“ „So ein Mist!“, gab Harry zurück, „das würde doch keinen Sinn ergeben!“ „Du kannst nicht verstehen, wie der Dunkle Lord denkt. Was für dich keinen Sinn ergibt, kann für ihn der Auftakt zu einer erneuten Machtergreifung sein. Also bitte erzähl mir alles“ Harry war überrascht, welche seltsame Wendung die Ereignisse gerade genommen hatten. Es war, als hätte Snape zwei Charaktere, die je nach Situation zum Vorschein kamen. Der eine war grob, bösartig, brutal, während der andere nachdenklich und irgendwie verletzlich schien. Die letzten Tage, waren wie durch einen dünnen Schleier betrachtet an ihm vorbei gezogen. Dies war nur die Krönung der Ereignisse. Aber so schnell würde ihn nichts mehr überraschen. Also begann Harry zu berichten. Als er geendet hatte, schien der Lehrer noch verwirrter und sogar fast verstört. „Das ist der gleiche Traum, den ich auch habe. Natürlich träume ich nicht von ihren Eltern und Freunden, aber vom Prinzip her, ist es der gleiche Traum“ Sie standen sich eine Weile schweigend gegenüber, keiner traute sich, etwas zu sagen. Und geklärt war noch immer nichts. Dann sprach Snape. „Bitte geh jetzt, Potter. Es gibt einiges, über das ich nachdenken muss. Wenn ich zu neuer Erkenntnis kommen, werde ich dich hinzu ziehen.“ Kapitel 6: Agnitio ~ Eine Erkenntnis ------------------------------------ Die nächsten Tage verbrachte Harry in einem ständigen Zustand der Anspannung. Jedes Mall wenn er seinem Lehrer über den Weg lief hoffte er, er würde ihn ansprechen und hatte doch Angst davor. Und als würde eine unsichtbare Macht von all seinen Schritten wissen, hatten auch die Träume aufgehört. Er fühlte sich so, wie Snape aussah. Der war nämlich seit ihrem Gespräch noch blasser als sonst, die Haare hingen ihm in noch fettigeren Strähnen in die Stirn, seine Haltung war gebückt und er hatte tiefschwarze Ringe unter den Augen. Harry saß beim Abendessen in der großen Halle und beobachtete Snape wie er zitternd seine Gabel zum Mund führte. Es konnte nicht an der plötzlichen Erkenntnis liegen, dass nicht Harry sondern möglicherweise der Dunkle Lord ihm die seltsamen Träume schickte, dass es ihm auf einmal so schlecht ging. Wobei Harry sich sowieso fragte, wie sein Lehrer auf diese seltsame Idee kommen konnte. Eine Welle des Hasses wogte erneut in ihm hoch. Harry hatte viel über die Geschehnisse der letzten Zeit nachgedacht und auch über Snapes Wandlung, war aber zu dem Entschluss gekommen, dass er nicht glauben konnte, dass sein Lehrer echte Reue empfand. Es schien mehr Angst zu sein, die aus ihm sprach. Und verzeihen würde er ihm niemals können. Harry zuckte bei jedem lauten Geräusch zusammen, konnte kaum eine Berührung ertragen und hatte dauern rote, geschwollene Augen, da er ständig weinte. Natürlich war seinen Freunden aufgefallen, dass etwas mit ihm los war, aber er konnte ihnen nicht erzählen, was ihm passiert war. Er konnte es einfach nicht, so sehr er sich auch wünschte, dass es anders wäre. Inzwischen fragten sie ihn nichts mehr, sonders bedachten ihn nur mit mitleidigen Blicken. Snape stand vom Lehrertisch auf und Harry bemerkte den Blick eines verschreckten Eichhörnchens, mit dem er sich umsah, bevor er die Halle durch den Ausgang verließ, der hinunter in die Kerker führte. Irgendetwas wusste er. Wusste es, seit Harry und er miteinander gesprochen hatten. Und Harry wollte es ebenfalls wissen, schließlich ging es sie beide etwas an. Er entschuldigte sich kurz angebunden bei Ron und Hermine und folgte dem Zaubertranklehrer so unauffällig wie möglich. Es fiel scheinbar keinem auf, dass er die Halle auf der falschen Seite verließ. Er war so oft zum Nachsitzen bei Snape gewesen, dass er ihm auch mit größerem Abstand ohne Probleme folgen konnte. Als er Snapes Büro näher kam, hörte er auf einmal aufgebrachte Stimmen, die genau aus diesem zu kommen schienen. Und eine der beiden Stimmen gehörte Snape. Vorsichtig, um ja nicht gehört zu werden, schlich er sich an die Tür heran und versuchte, durch das Schlüsselloch etwas zu erkennen. Zu seinem Leidwesen erkannte er kaum etwas, bis auf Snapes Rücken, der die Sicht auf den Rest des Raumes versperrte. Doch die Stimmen reichten, um zu verstehen, um was es ging. Und auch um die andere anwesende Person zu identifizieren. „Du wehrst dich also, Severus?“ Es war die schnarrende Stimme von Lucius Malfoy. „Wieso greift Er auf diese Methoden zurück?“ Snape klang ungewöhnlich verängstigt und kriecherisch. Es passte in keinster Weise zu dem harten und unbeugsamen Auftreten, das er sonst an den Tag legte. Doch selbst ein Mann wie Snape bekommt wohl Angst im Angesicht der rechten Hand des Dunklen Lords. Aufgeregt legte Harry sein Ohr gegen die Tür um auch ja keines der Worte der beiden Männer zu verpassen. Er spürte, dass die Erklärung für alles ganz nah lag. „Warum? Weil du wertlos geworden bist. Du taugst nur noch als Werkzeug in Seinen Händen. Du selbst solltest am besten wissen, dass es deine eigene Schuld ist.“ „Was auch immer Er oder ihr denken mögt, ich war dem Dunklen Lord immer treu ergeben.“ Snapes Stimme zitterte so stark, dass es selbst Harry, der immer davon überzeugt gewesen war, dass sein Lehrer insgeheim noch Voldemort zu Diensten war, schwer fiel, ihm zu glauben. „Sei es so oder so, wir können es nicht wissen, du nützt unserer Seite nicht mehr. Albus Dumbledore ist bald kein Problem mehr für uns, wie du weißt. Also brauchen wir dich nicht mehr. Severus, du hast ausgedient.“ „Was kann ich tun?“ „Nichts, Severus, rein gar nichts!“ Dann zerriss ein Schluchzen die darauf folgende Stille und grünes Licht schien durch das Schlüsselloch. Entsetzt sprang Harry auf und riss die Tür zu Snapes Büro auf. Aber es war nur das Feuer des Flohnetzwerks, das den grünen Widerschein verursacht hatte. Snape fuhr mit rauschendem Mantel und Furcht einflößendem Gesichtausdruck herum. „POTTER!“ Der Aufschrei ließ Harrys Trommelfell beben. „Was haben Sie hier zu suchen?!“ „Ich wollte nur… Ich… Was hatte das zu bedeuten?“ Snape sog zischend die vom Kräutergeruch schwangere Luft ein. Beim Ausatmen schloss er die Augen. Dann schlug er sie wieder auf und schien sich wieder beruhigt zu haben. „Wie viel hast du gehört?“ „Nur, dass Vold- ich meine Du-weißt-schon-wer keine Verwendung für sie mehr hat. Was meinten Sie mit Seinen Methoden?“ Ein leises Seufzen, dann ließ sich Snape in den Stuhl hinter vor seinem Schreibtisch fallen und wand sich wieder Harry zu. „Hör zu, das ist alles nicht so einfach. Du wirst es mir wohl kaum glauben – und ich kann es dir nicht verübeln – aber als ich… als… In der Nacht in der Heulenden Hütte… Ich war nicht ich selbst.“ Harry lachte bitter auf. „Ich sagte doch, du musst mir nicht glauben. Fakt ist, dass unsere Träume tatsächlich vom Dunklen Lord selber kamen. Er wollte dir Angst einflößen und mir… Er wusste, wie ich reagieren würde, wenn Er mich genügend unter Druck setzt.“ „Aber sie hätten es nicht tun müssen!“ Harry wurde wieder wütend. Das waren doch nur Ausreden, die Snape ihm hier auftischte. Ausreden um sich selbst aus der Verantwortung zu ziehen. Er hasste ihn. Abgrundtief. Und doch musste er alles wissen. Er verspannte sich so sehr, dass er zitterte. Wenn er die Beherrschung verlor, würde ihnen das auch nicht weiterhelfen. Und vielleicht war Snape wirklich einfach nur ein bemitleidenswerter, trauriger alter Mann. Harry blieb stehen, um sich einen Vorteil gegenüber dem Anderen zu verschaffen, falls dieser sich entschließen sollte, wieder die Beherrschung zu verlieren und sah ihm tief in die bodenlosen schwarzen Augen. „Voldemort hat sie also benutzt. Wozu?“ „Kannst du dir das nicht denken, Harry? Er will deinen Widerstand brechen. Er will dich töten, aber inzwischen hat er begriffen, dass dein Geist zu stark ist“ Harry blickte wieder zu Boden und versank in Gedanken. ~~~~~~ So langsam macht sich das gute Stück und bildet sogar sowas wie eine sinnvolle Story aus... Kapitel 7: Consilium ~ Ein Entschluss ------------------------------------- Nun also das letzte Kapitel. Schlagt mich bitte nicht, wegen dem Ende! _________________________________ Harry konnte nicht sagen, wie lange sie sich schweigend gegenüber gestanden hatten. Es waren zu viele Informationen auf einmal gewesen und sein Hirn brauchte scheinbar eine Weile um sich auf die neue Situation einzustellen. Severus Snape war also von Voldemort manipuliert worden, ihm das anzutun. Das änderte nichts an seinem Hass und vor allem nicht an den Wunden auf seinem Körper und auf seiner Seele. Aber es hieß, dass sie von nun an scheinbar auf der gleichen Seite standen und gemeinsam das gleiche Ziel verfolgen sollten. Harry ballte seine Hände unbewusst zur Faust. Am liebsten hätte er alle Zurechnungsfähigkeit von sich abgeschüttelt und auf den Mann vor ihm zugestürzt um ihm wehzutun, wie er ihm wehgetan hatte, ihn zu brechen, wie er ihn gebrochen hatte, es ihm heimzuzahlen. Aber er klammerte sich mit all seiner Kraft an den letzten Rest seines Verstandes. Er durfte Voldemort nicht so in die Hände spielen. Er blickte wieder auf und bemerkte, dass Snape ihn aufmerksam beobachtet hatte. „Und jetzt?“ Harry wollte so viel mehr sagen. Wollte ihm seine Verachtung entgegen schreien, all seinen Hass. Wollte ausrasten. Doch er tat es nicht. Sei es, weil er nicht die richtigen Worte fand oder weil er zu schwach war. „Ich weiß, dass du mir niemals verzeihen kannst und das will ich auch nicht von dir erwarten. Aber vielleicht kannst du mir vertrauen und ich werde eine Lösung für uns finden.“ Harrys Augen verengten sich zu Schlitzen „Wagen Sie es nicht, von einem ‚Wir’ zu sprechen. Sie haben Recht, ich werde ihnen nicht verzeihen. Und vertrauen kann ich Ihnen auch nicht.“ Auf einmal trat ein Ausdruck in die Augen Snapes, den Harry niemals dort erwartet hätte. Fast war es Angst, fast war es ein Flehen, aber mehr noch eine unsagbare Verzweiflung. Und in dem Moment erkannte Harry, wie viel für Snape von seiner Mithilfe abhing. Es bereitete ihm eine unglaubliche Genugtuung es ihm zu verwehren. „Was haben Sie denn vor? Was wollen Sie denn tun? Meinen Sie, ich würde mich sicherer fühlen mit Ihnen an meiner Seite? Lieber würde ich jede Nacht meines Lebens diesen seltsamen Traum träumen. Träume können mich nicht verletzen. Aber Sie, Sie können es – und Sie haben es getan. Sie sind von meiner Hilfe abhängig, aber ich brauche nichts von Ihnen. Ich bin alleine besser dran!“ Der Ausdruck auf Snapes Gesicht verhärtete sich. Harry ahnte, was passieren konnte, wenn er seinen Lehrer zu sehr provozierte, doch dann würde er sich wehren können. „Harry, bitte, du musst mir helfen. Wir haben dasselbe Ziel, wir beide sind nun Voldemorts Feinde.“ Auch wenn die Worte immer noch flehend waren, der Tonfall des Zaubertränkemeisters hatte sich verändert. Eine leichte Drohung schwang in seiner Bitte mit und natürlich konnte auch Harry dies nicht überhören. Mit hochgezogenen Augenbrauen trat er einen Schritt zurück. „Das mag wahr sein, aber aus unterschiedlichen Gründen. Sie sind in seinen Augen ein dreckiger Verräter. Für mich sind sie es, weil sie nicht vollends zu Dumbledore gehalten haben, aber das ist jetzt nicht mehr von Bedeutung. Ich dagegen bin schon immer sein Feind gewesen. Nein, ich will Ihnen nicht helfen. Ich werde Ihnen nicht helfen. Weil Sie es nicht verdient haben!“ Wieder sprach der Hass, die pure Abscheu aus seinem Blick. Er hatte in diesem Moment jedes problemorientierte Denken abgelegt, aber tief in sich wusste er, dass ihm diese Entscheidung besser tun würde, als mit dem Verhassten zusammen zu arbeiten. Schon wollte Harry sich zum gehen wenden, als er mit festem Griff an der Schulter fest gehalten wurde. Er drehte den Kopf nach hinten und musste das Kinn ein wenig heben, um in die tiefschwarzen Augen Snapes blicken zu können. „Du wirst nicht gehen, Harry Potter. Das kannst du nicht, wir stecken beide in dieser Sache drin“ Harry schenkte ihm bloß einen verächtlichen Blick und versuchte, die starke Hand von seiner Schulter abzuschütteln. Doch Snape verstärkte seinen Griff nur noch mehr, und mit einer fast gekonnten Bewegung drehte er Harry um und drückte ihn gegen das Regal, das neben der Tür stand. Mit einem leisen Klirren fielen einige Gläser gegeneinander, ein Fläschchen stürzte um und fiel auf den Boden, wo es unbemerkt zerbarst. Der leichte Geruch von würzigen Kräutern breitete sich in dem kleinen Büro aus. Harry war sich bewusst, dass er sich nicht in der Position befand, Snape weiter zu reizen und dennoch konnte er es sich nicht verkneifen. „Sehen sie? Ich wusste, dass ich bei Ihnen nicht sicher bin. Sie bestätigen mich.“ Über seine Lippen huschte das überhebliche Grinsen, dass Snape schon an Harrys Vater so gehasst hatte. Mit einem Aufschrei des Zorns packte er Harry fester und wollte ihn zu Boden werfen, doch der taumelte nur leicht und konnte sich dann aus dem Griff des Lehrers befreien. Die Genugtuung stand ihm ins Gesicht geschrieben. In diesem Moment erwartete er nichts mehr und nichts hätte ihn mehr überrascht. Nicht, wenn Snape in Tränen ausgebrochen wäre und ihn um Verzeihung gebeten hätte, nicht wenn er ihn mit aller Kraft verprügelt hätte. Doch Snape blieb nur mit starrem, ausdruckslosem Gesicht in der Mitte des Raumes stehen. Die Arme hingen schlaff an seinem Körper hinunter und sein Blick ging durch Harry hindurch. „Und wagen Sie es nicht, mich jemals wieder anzufassen!“ Fast hätte Harry mit einer erneuten Attacke gerechnet, als er sich nun endgültig umdrehte und den Raum verließ, doch nichts geschah. Er atmete tief aus, als er die Tür hinter sich schloss. Jetzt erst erlaubte er seinem Körper zu reagieren und mit zitternden Knien rutschte er an der kalten, steinernen Wand zu Boden. Kurz schloss er die Augen und konzentrierte sich nur auf seine Atmung. Er fühlte einen dicken Kloß in seinem Hals sitzen, doch weinen wollte er nicht. Nicht jetzt, wo doch alles vorbei war. Harry konnte es nicht wissen, doch hinter der dicken Mauer aus rohem Stein war auch sein Lehrer zusammen gebrochen. Er hatte nun seine letzte Hoffnung aufs Überleben verspielt. Langsam erhob Harry sich wieder. Er konnte nicht einschätzen, wie viel Zeit vergangen war, seit er die große Halle verlassen hatte. Vielleicht waren ja alle noch beim Essen, vielleicht schliefen sie alle schon? Er vermied die Hauptflure und suchte sich einen verschlungenen Weg hinauf zum Gryffindorturm. Harry wollte nur noch schlafen. Es war schon dunkel und die Flure waren leer und so schätzte er, dass er doch einige Zeit in den Kerkern verbracht hatte. Auch der Gemeinschaftsraum war schon relativ leer, nur wenige Schüler brüteten noch über Aufgaben. Und in seinem eigenen Schlafraum war schon das Licht gelöscht wurden, alle schliefen den ruhigen Schlaf der Gerechten. Endlich konnte Harry sich in die weichen Kissen sinken lassen, sein Körper verlangte so dringend nach einem ruhigen Schlaf. Er schloss die Augen und sogleich entschwebte sein Geist. Dann fand er sich auf einer nebeligen Lichtung wieder, die von sieben kahlen Bäumen gesäumt war. ENDE Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)