Stirb langsam von _aliz_ (... und qualvoll [KaixHil]) ================================================================================ Kapitel 16: 16 - Auf den Weg in die Vergangenheit ------------------------------------------------- Stirb langsam… aber qualvoll ++++++++++++++++++++++ " Was machst du da? Warum rennst du vor mir weg?" Tiger. Ich kann nicht mehr. Elefant? Er ist es nicht. Danke. Er ist es nicht. +++++++++++++++++++++ 16 - Auf dem Weg in die Vergangenheit "Du dachtest, ich wäre er, stimmt´s?" Er sieht mich so an. Ich habe soviel Aufsehen erregt, ich habe so viel Ärger gemacht. Und er hat immer noch Verständnis. "Verzeih, ich wollte..." "Pssss. Es ist gut. Es ist okay. Ich verstehe dich. Ehrlich. Du konntest doch nichts dafür, ich hätte mich ja auch nicht so dort hinzustellen brauchen, es war doch klar, dass du mich nicht erkennen kannst." "Nein, sag das nicht." Er streichelt mir den Kopf. "Wo hast du eigentlich den Wagen her?" "Geknackt." " Du hast ihn gestohlen?" "Mach dir keine Sorgen. Das wird niemand bemerken. Ich hab ihn von ´nem Freier, du kennst den. Er ist ziemlich breit, "kümmert" sich um die neuen." Fettwanzt. Der Tiger redet so abfällig über ihn. Es tut gut, so etwas zu hören. Verdammt gut. "Und wohin fahren wir? Ans Meer?" Er sieht mich an. So tief. Und dann schaut er wieder auf die Straße. "Ja. Aber ich dachte, du willst dich vielleicht zuerst von deiner Mutter verabschieden." Ich schlucke. Wir fahren so lang. Ich versuche mich zu erinnern. Die Fahrt, als ich in den Puff kam. Damals lag ich noch auf der Ladefläche, Kofferraum. Jetzt sitze ich auf dem Beifahrersitz. Ich schaue auf die Uhr. "An was denkst du?" Tiger. An was denke ich? "Ich weiß nicht." "Aber ich." Er macht eine Pause. "Du hast Angst, stimmt´s? Du hast Angst, dass sie dich wegschicken." Ich weiß nicht. "Nein...nein. Ich glaube, nicht. Ich habe viel mehr davor Angst, sie überhaupt wieder zu sehen. Ich war sehr lange weg und ich weiß nicht, ob sich irgendetwas verändert hat. Und wie es sich verändert hat. Ob sie immer noch in der gleichen Wohnung wohnen? Was ist wohl mit meinem Zimmer?" Er schweigt. "Interessiert dich das wirklich? Was mit deinem Zimmer ist?" Ja. "Ja." "Ich verstehe dich nicht. Ich würde mir, glaube ich, auch viele Fragen stellen. Aber diese? Warum möchtest du das wissen?" "Wenn sie es ausgeräumt, renoviert oder vielleicht sogar zugestellt haben, dann weiß ich, dass ich ihnen egal bin. Und es schon immer war." Regentropfen schlagen gegen die Fensterscheibe. Ihr könnt sie ruhig mitnehmen. Wir sind bald da. Ich spüre es. Die Gegend kenne ich. Es sieht alles so anders aus. Und doch so gleich. "Was ist, wenn sie mich wegschicken?" "Dann fahren wir wieder." "Ist das dein Ernst?" So denkt er darüber? "Bitte, Süße, mach dir nicht so viele Gedanken. Du hast Angst, dass sich etwas verändert hat. Aber du hast genauso Angst davor, dass sich nichts verändert hat. Und ich verstehe dich. Aber was willst du tun? Wenn sie dich wegschicken, musst du dich nicht mit ihnen auseinadernsetzen. Du wirst dich fragen, was passiert ist, alles, was du dich jetzt schon fragst. Du wirst dir Vorstellungen, Wünsche und Hoffnungen machen. Für deine Familie. Aber was ist mit dir? Das ist deine Vergangenheit, dieses Dorf, das Haus, deine Familie. Vorerst. Vielleicht wirst du sie irgendwann wieder sehen. Das eine ist Zukunft, das andere liegt zurück. Ich bin hier. Und ich bin die Gegenwart, deine Gegenwart. Bestimmt werden wir bald selber Kinder haben. Und dann bist du eine hervorragende Mutter. Hörst du? Und wenn sie dich reinlassen, dann hast du Gewissheit. Aber weißt nicht, ob du sie wirklich haben willst. Lass es doch einfach auf dich zukommen. Diese vielen Fragen...sie machen dich kaputt. Du fragst zuviel und antwortest zu wenig. Sei einfach du selbst. Du hast doch nichts zu verlieren. Mach dir keine Gedanken was du sagst und was du tust. Das ist nebensächlich, alles nebensächlich. Du hast nichts zu verlieren. Eine Familie hast du hier schließlich nicht mehr." Er hat Recht. Aber ich höre es nicht gerne. Nicht von ihm und auch nicht von jemand anderem. Wenn ich selber so etwas sage, dann ist das okay, dann macht es nichts. Aber ich will es nicht von anderen hören. Von niemand anderem. Es ist manchmal so leicht, sich Dinge selber einzugestehen. Aber man möchte nicht, dass sie von Außenstehenden bestätigt werden. Gut, dass ich den Tiger habe. Sonst wäre ich ganz allein. Wir sind da. Ich sehe das Haus. Es hat sich nicht verändert. Nur noch mehr Putz ist abgebröckelt. Der Mond steht hinter dem roten Dach. Ich will hier weg. Was ist, wenn der Säufer mich schlägt? Ich habe den Tiger. Und wenn er auch hilflos ist? Hilflos gegen ihn? Quatsch. Der Tiger ist größer. Der Tiger ist stärker. Bei ihm bin ich sicher. Ich sehe ihn vor mir. Säufer. Bam. Meine Wange brennt ein bisschen. Sonst tut es nicht weh. Reine Gewohnheit. Reine Gewohnheit. Nicht mehr. Das ist doch vorbei. Das war doch alles vorbei. Das ist doch jetzt vorbei. Ich habe den Tiger. Aber was ist, wenn er mich nicht schützen kann? Was ist, wenn er mich nicht schützen kann? Was ist, wenn er mich nicht schützen kann. Wenn der Säufer ihn schlägt, ihn prügelt, bis er am Boden liegt, bis er blutet, bis er nicht mehr aufsteht. Bis er nie mehr aufsteht. Klingel. Er drückt die Klingel. Kein Zurück. Die Treppenstufen. Ich bin sie so oft rauf gekommen. Rauf gekommen nach Hause. Und doch nicht nach Hause. Ein ums andere Mal. Immer wieder. Und ich bin sie runtergegegangen. Lieber als rauf. Kein Zurück. Wir sind da. Die Tür. Abgesplittert. Niemand steht da und macht sie auf. Niemand. Mama? Sie ist tot. Er hat sie totgeprügelt. Schreie. Von drinnen. Sie lebt. Noch. Ich höre ihn. Alle Hoffnungen zerstört. Er ist betrunken. Es ist alles wie früher. Alles wie früher. Der Tiger legt seinen Arm um meine Schultern. Die Tür geht auf. Sie steht da. Sie steht da. Sie lebt. Ihr linkes Auge ist blau, rote Striemen, alles blau. Ihre Bluse ist aufgerissen. Nun weiß ich, wie es ist, vergewaltigt zu werden. Was ist schlimmer. Fremde Männer? Oder der eigene? Was denke ich? Worüber? Was sind meine größten Sorgen? Fragen? Meine Mutter steht vor mir. Sie lebt. Es geht ihr beschissen und sie lebt. Mama. Sie sieht mich an. Aus glasigen Augen. Sie sieht mich nur an. Ihr Gesicht ist leer. Ihr Gesicht ist so leer. Ich wünsche mir, dass sie etwas sagt. Egal, was. Jag mich weg. Aber sag etwas. Egal, was. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)