Possession von Riku (Sing Child) ================================================================================ Kapitel 1: Chapter 1 - The Struggle Within ------------------------------------------ Dedicated to: Rainy Chapter 1 – The Struggle Within Age: 10 Es war, als ob sie ihn nicht sehen könnten. Er stand da, in der Tür, seine fahrige Hand am Türrahmen. Mit geweiteten Augen und bebenden Lippen sah er ihnen zu, er sah ihnen zu und hörte jedes einzelne Wort. Sie sprachen über ihn und mit jedem Wort, das sie von sich gaben, wurden sie lauter. Die fleckigen, orangeroten Gardinen waren zugezogen. Das Licht der untergehenden Sonne tauchte den Raum durch den warmen Stoff in ein dämmriges Licht und warf lange Schatten, die jedes Mal erzitterten, wenn sein Vater mit der Faust auf den Tisch schlug. Severus war ein schmächtiger Junge mit weiten, ungewöhnlich flickenreichen Kleidern, das Haar so schwarz wie das Gefieder einer jungen und gesunden Krähe und so strähnig, als wäre es frisch gewaschen und mit dem Kamm gestriegelt. Seine dunkelbraunen, fast käferschwarzen Augen waren wässrig und glänzten wie zwei große, schwarze Seen in dem fahlen Licht, das in die Küche fiel. In einer Ecke, unscheinbar, stand ein Besen. Es war kein gewöhnlicher Besen. Severus wusste, dass man damit fliegen konnte. Er wusste, dass seine Mutter damit flog und er wusste auch, dass sein Vater das nicht konnte. Vielleicht war es das, was ihn so erzürnte. Vielleicht stritten sie sich deshalb Abend für Abend, Nacht für Nacht, dass selbst die Nachbarn es mitbekamen und wenn er versuchte zu schlafen, konnte er spüren, wie sein altes Bett erzitterte, konnte Schritte hören und die donnernde Stimme seines Vaters, schrille Schreie seiner Mutter, die sich verzweifelt zu verteidigen versuchte und ihm drohte, sie würde es tun, sie würde den Zauberstab gegen ihn richten, wenn er ihr zu nahe kam. Doch Severus wusste, dass sie das niemals tun würde. Als er die erste, kleine Träne auf seiner Wange spürte, ging er langsam rückwärts in den Flur und griff nach seinem weiten, langen Mantel, der aussah, als habe er ihn aus einem Second-Hand-Shop für sehr große Menschen. Besser er ging, bis seine Mutter, müde vom weinen, auf dem Sofa eingeschlafen war. Er würde auf dem Spielplatz warten, ein wenig schaukeln und sich die Zeit damit vertreiben, die goldbraunen Blätter vom Baum segeln zu sehen. Ihm war klar, dass jeder hier ihn und seine Familie für seltsam hielt und dass manche Menschen die Straßenseite wechselten, wenn sie ihm entgegenkamen, doch er hatte gelernt damit zu leben. Leise, ganz leise öffnete er die Tür und schloss sie ebenso lautlos hinter sich. Noch immer zitterten seine Hände und er faltete sie, als versuchte er die eine mit der jeweils anderen festzuhalten. Frische Luft schlug ihm entgegen, er schmeckte den Wind auf seinen Lippen und schloss für einen Augenblick seine Augen. Aus dem Haus waren dumpf die Schreie seiner Mutter zu hören, doch nun, da er draußen war, waren auch seine Tränen getrocknet. Er hüpfte die zwei Stufen vor dem Hauseingang hinunter und lief die Straße entlang. Die weiten Ärmel des Mantels, die er ein ganzes Stück hochgekrempelt hatte, schlackerten um seine Arme, als er lief. Seine Schritte wurden immer länger und schneller. Das Adrenalin, das er schon zuvor in seinen Adern hatte pulsieren gespürt, tat nun seinen Dienst und trieb ihn an, bis er am Ende der Straße, am Spielplatz angelangt war. Das Quietschen der Ketten an den Schaukeln war zu hören, als er sich keuchend an einem Baum abstützte und erst einmal nach Luft schnappte. Seine Wangen waren rot gesprenkelt, als er um den Baum herum bog und sofort stehen blieb. Schnell huschte er wieder hinter den Baum und klammerte sich an die schorfige Rinde. Nun konnte er sie lachen hören. „Wie spät ist es, Petty?“, rief das schöne, rothaarige Mädchen, das auf der Schaukel ihre Beine durch die Luft wirbeln ließ, wobei ihr langer, geblümter Rock hochflog und ihr die weißen Rüschen ins Gesicht wehten. „Halb sieben gleich…“, ertönte eine weitere, etwas murrende Stimme, die eindeutig zu der Schwester des Schaukelmädchens gehörte. Er hörte ein dumpfes Geräusch, ein leises Engelslachen. Dann, nach und nach, hörte die Schaukel auf zu quietschen. Ob sie wohl gegangen waren? Der Junge nahm sich vor noch etwas zu warten. Es knackte im Geäst. Er hielt die Luft an und lugte ganz vorsichtig am Baumstamm vorbei. Dann erschrak er. Direkt vor seiner Nase erkannte er die beiden leuchtend grünen Augen. Hellgrün, wie Gift, nein, wie frisches Gras mit zwei dunkelgrünen, moosgrünen Ringen und kleinen Sprenkeln. Er presste die Lippen aufeinander, ging einen Schritt zurück und wäre beinahe über eine Wurzel gestolpert. „Hast du dich versteckt?“, lachte das Mädchen und zwinkerte ihm fröhlich zu. Severus’ Herz raste. Um seinen Schock zu verbergen, setzte er eine grimmige Grimasse auf und verschränkte die Arme vor der Brust. Wieder knackte es im Geäst. „Lily?“, hörte er eine Stimme sagen, dann wurde das Mädchen an der Schulter gepackt. Ein abwertender Blick traf den Jungen von Seiten Petunias. Seine Augen verengten sich zu schlitzen, als er sie sprechen hörte. „Komm, Lily, das ist gefährlich wenn du mit so einem alleine im Gebüsch bist. Wer weiß, was dem im Kopf rumspukt.“ Lily reagierte nicht. Nicht im Geringsten. Sie sah sogar sehr interessiert aus, als Severus zu einer Antwort ansetzte. „Lass sie doch machen was sie will, das hast du nicht zu…“ – „Lily, wir müssen jetzt nach Hause, hat Mom gesagt!“, unterbrach ihn Petunia und zog ihre Schwester an der Schulter aus dem Gebüsch. Ein leises „Bye!“ konnte er noch hören, dann nahm Petunia das rothaarige Mädchen an die Hand und lief mit ihr über den Spielplatz, offensichtlich um einen Umweg zu nehmen. Severus ging um den Baum herum und sah den beiden nach. Lily, mit ihrem offenen Haar, das im Wind wie eine Flagge wehte und Petunia mit den beiden geflochtenen Zöpfen, die wie Hasenohren an ihrem Kopf herabhingen. Er lehnte sich gegen den Stamm und atmete tief ein und aus. Jetzt hatte er zumindest den Spielplatz für sich allein. Es war schlimm genug, dass seine Mutter unter diesem Menschen leiden musste. Er hatte nie eine richtige Beziehung zu seinem Vater aufbauen können. Es lag wohl daran, dass dieser niemals eine Beziehung zu der Welt der Magie, seine Welt und die Welt seiner Mutter hatte aufbauen können. Von nichts kommt nichts, hatte sein Englischlehrer immer gesagt. Ein Muggel, aber dennoch schlaue Worte. Es war damals so eine Art Kompromiss gewesen. Bis er elf Jahre alt war hatte er in eine Muggelschule gehen und dort lernen müssen, dann durfte er auch nach Hogwarts und dort Hexerei und Zauberei studieren, doch mittlerweile schien Severus’ Vater diesen Kompromiss vergessen oder verdrängt zu haben oder vielleicht wollte er ihn auch einfach nicht mehr. ‚Der Junge ist nicht dumm!’, sagte sein Vater immer und schwenkte dabei meist ein leicht lädiertes Rotweinglas in seiner Hand. ‚Aber du nimmst ihm mit deinem Hokuspokus jede Chance, die er hat, um ein normales Leben zu führen! Du lässt ihn verkommen und das auch noch absichtlich!’ Severus schüttelte es jedes Mal, wenn er daran dachte. Wenn er diese Worte in seinem Kopf widerhallen hörte. Er nannte ihn verkommen, einen Nichtsnutz, eine Missgeburt, einen Fehler oder einen ‚dummen Unfall, der hätte verhindert werden können hätte er nur bescheid gewusst’. Und dann schlug er zu. Er schlug nicht mit der flachen Hand, wie man eine Frau nun mal schlug. Er schlug seine Mutter mit der Faust und zog ihr an den Haaren, würgte sie, bis ihr Gesicht violette und blaue Flecken bekam. Severus konnte sich denken, was daheim gerade geschah. Er saß auf der Schaukel und trat in den Sand. Seine Haare waren ihm ins Gesicht gefallen. Er schämte sich für seinen Vater. Und er schämte sich für seine Mutter, dass sie sich überhaupt mit so einem Muggel eingelassen hatte. Diese Muggel waren doch alle gleich. Allesamt egoistische, taube und blinde, egozentrische Menschen, für die jede etwas skurrile Kleinigkeit gleich eine Abnormalität bedeuten musste. Severus spürte, wie seine kalten Finger sich fester um die Ketten schlossen. Er wollte nicht nach Hause. Er hatte Angst… Es war schlimm genug, dass seine Mutter unter diesem Menschen leiden musste, aber wenn sie schlief und die Rotweinflaschen auf dem Küchentisch leer waren, musste er sich schnell, klamm und heimlich auf sein Zimmer verziehen, damit das Gewitter nicht auch über ihm aufzog. ‚Hast du ein blaues Auge? Bist du schon wieder gefallen, du Tollpatsch?’, fragte Lily dann immer und Severus nickte stumm, er nickte und versteckte sein Auge wieder unter den Haaren. Wenn seine Lippe blutete, dann sagte er, er habe sie sich aufgebissen, denn ein einfaches ‚Es geht dich nichts an.’ nahm Lily Evans niemals hin. Als die Sonne hinter den kleinen Häuschen, die so eine wundervoll heile Welt vermittelten, verschwunden war, sprang er von der Schaukel und ging ein paar Runden um den Spielplatz, bis die Sterne am Firmament zu sehen waren und feine Schleierwolken am Himmel für den morgigen Tag gutes Wetter voraussagten. Dann ging er den gewohnten weg zurück. Seine Beine wurden mit jedem Schritt schwerer, bis sie zwei großen Bleigewichten gleichten. Er schleppte sich über den Gehweg, die Hände in den Taschen. An dem Haus der Evans blieb er kurz stehen und sah zum beleuchteten Fenster hinauf. Die Gartenhecken waren sehr gerade geschnitten, wie mit Magie, und der Rasen wie mit einer Nagelschere bearbeitet. In der Stube brannte Licht. Er roch köstliches Essen, Ente und Blumenkohl. Er spürte, wie ihm das Wasser im Munde zusammenlief und griff sich an den Kiefer, der von dem plötzlichen Speichelfluss beinahe schmerzte. Zuhause aß er immer alleine. Vor seinen Eltern bekam er einfach keinen Bissen runter. Es war, als wenn ihm jemand auf der Toilette zusah, er konnte einfach nicht, schon gar nicht unter den strengen Blicken seines Vaters. Schweren Herzens setzte er seinen Weg fort, schlurfte den Weg durch den verwilderten Vordergarten hinauf bis zur Tür und friemelte den Schlüssel aus der Tasche, um aufzuschließen. Er zögerte einen Augenblick, doch von drinnen war kein Laut zu hören. Das schloss öffnete sich, er schob die Tür auf, verstaute den Schlüssel wieder in seiner Manteltasche und schloss die Tür sehr leise, ehe er seinen Mantel an die Garderobe hing. Gerade wollte er die Treppe hinaufsteigen, als ihn eine tiefe, raue Stimme zusammenzucken ließ. Er sah starr die Treppe hinauf, wagte nicht sich umzudrehen. „Es ist viertel nach neun, Severus. Viertel nach neun!“ Der Junge warf einen kurzen Schulterblick zurück auf das umschattete Gesicht seines Vaters mit dem Dreitagebart. In seiner Hand hielt er eine leere Weinflasche. Severus wusste, dass seine Mutter wach war. Sogar ein Toter wäre von seinen Schreien erwacht. Immer wieder spürte er die leere Flasche auf seinen Rücken niederdonnern. Mit seinen Händen versuchte immer wieder die linke seines Vaters zu fassen, die ihn an seinem schwarzen Haarschopf festhielt. Ob Lily ihn wohl hören konnte? Ob sie wohl schon im Bett lag? Als sein Vater ihn losließ, kam ihm wieder der Geruch von frisch gebratener Ente in den Sinn. Die Flasche fiel zu Boden und ihr Hals zerbrach. Ob Lily sich wohl manchmal Sorgen um ihn machte? Severus traute sich nicht, die Augen zu öffnen. Er kauerte sich zusammen, zog die Beine an sich heran, mit nichts weiter als noch seinen viel zu weiten, weißen Shorts an. Lily würde ihm sicher zu Hilfe kommen, wenn sie nur wüsste… Er öffnete die Augen einen Spalt und sah an seinem Vater hinauf. Sein ganzer Körper zitterte, war angespannt. Ein wenig atmete er auf, als sein Vater nicht noch mal nach der zerbrochenen Flasche griff. Stattdessen öffnete dieser seinen Gürtel. Diese Nacht war das Haus ganz still. Niemand schrie und niemand weinte. Es waren keine Schritte zu hören und niemand schlug auf den Tisch. Severus lag auf der Seite in seinem Bett, hatte die Decke zurück gestrampelt und starrte gegen die Wand, aufmerksam lauschend. Von irgendwoher drang Schnarchen an sein Ohr. Ein leichtes Lächeln kräuselte seine Lippen, die Wangen noch immer rot und wund von den Tränen. Sein ganzer Rücken schmerzte. Als er sich zu Anfang auf den Rücken gelegt hatte, hatte er viele, blutrote Spuren auf dem schönen, weißen Laken hinterlassen. Doch nun war alles still. Es war eine schöne Nacht, der Sichelmond strahlte munter und geheimnisvoll in sein Zimmer und breitete sein silbriges Tuch über Severus’ schmerzendem Körper aus. Er war kein Kind mehr. Er wusste jetzt, dass es nicht an ihm lag. Es lag ganz allein an seinem Vater. Es lag an den Muggeln. -To be continued- Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)