Possession von Riku (Sing Child) ================================================================================ Kapitel 3: Chapter 3 - Sweet Arrogance -------------------------------------- Thanks to Janni, Rainy, xuxu713 and Jam for commenting the 2nd chapter. Thanks to all the others for favoring my fanfic. ♥ Dedicated to: Mousy Chapter 3 – Sweet Arrogance Age: 12 Severus war ein Kind des kalten Winters und, wenn man es so wollte, ein typischer Steinbock. Im letzten Jahr hatte er einen Artikel über sein Sternzeichen gelesen und sich tatsächlich beinahe hundertprozentig darin wieder erkannt, als ob der Tagesprophet seine Spitzel nach ihm ausgesandt hatte. Severus wusste, dass Muggel nicht an so etwas glaubten und wenn sie daran glaubten, dann waren sie so seltsam esoterisch veranlagt und taten so, als könnten sie zaubern mit irgendwelchen Dinkelkörnern. Ein paar richtige Hexen verdienten in der Welt der Muggel aber auch ihr Geld mit Wahrsagerei oder eben genau diesen Horoskopen. ‚Steinböcke sind, wie allgemein bekannt ist, sehr ruhige Menschen mit einem stillen, unaufdringlichen und zurückhaltenden Charakter. Zielstrebig, mit viel Konzentration und Ausdauer strebt er einen sicheren und dauerhaften Erfolg an. Manche empfinden den Steinbock als kühl und unnahbar, er braucht jedoch nur Zeit, bis er Vertrauen gefasst hat. Das bewahrt ihn auch vor Fehleinschätzungen und Verletzungen, mit denen der Steinbock nicht gut umgehen kann. Sie sind dafür gute Menschenkenner, denen man nichts vormachen kann, wer aber einmal sein Herz erobert hat, wird einen treuen, lebenslangen Freund haben.’ Trotz seiner naturgegebenen Gabe, Menschen nahezu perfekt einzuschätzen und an Gangart und Gesicht, den Augen zu erkennen, was wohl in ihrem Inneren schlummern mag, konnte er sich selbst mittlerweile immer schlechter einschätzen. Wenn er in den Spiegel sah, sah er meist an sich vorbei, ohne es zu merken. In einem Monat würde er dreizehn werden, ein Teenager und dennoch begann sein Körper schon jetzt sich mit rasender Geschwindigkeit so zu verändern, dass er dem Geschehen schon kaum mehr folgen konnte. Jeden Tag entdeckte er etwas Neues an sich selbst und mittlerweile war er schon fast der Meinung, in einem ganz anderen Körper, nicht mehr in seinem eigenen zu stecken. Das einzige, das ihm noch verriet, dass er sich nicht verirrt hatte und tatsächlich noch in seinem alten Körper steckte, waren die Narben. Sie erinnerten ihn immer wieder daran, wer er war und wo er herkam. Seine weiße Haut, die niemals braun wurde, da er sie stets unter einem Umhang versteckte, war am Rücken von dunklen Striemen überzogen, manche hoben sich ganz deutlich von der Haut ab, kleine Schluchten oder Hügel und wenn man mit der Hand darüber fuhr, hätte man meinen können, einen weichen, zarten Flickenteppich zu streicheln. Niemand, der noch klar bei Verstand war, hätte nachvollziehen können, weshalb man sich in seinem Fall noch mehr Narben zuziehen sollte, doch genau das war es, was Severus tat. Mit Schlägen hatte er immer besser umgehen können als mit Worten, mit den körperlichen Schmerzen besser als mit denen die so tief in seine Seele kratzten und dort vereiterte, alte Wunden wieder öffneten. Severus hatte es entdeckt, als irgend so ein Gryffindor ihn mit einem Stock gegen das Schienbein geschlagen hatte, weil diesem einfach nichts mehr eingefallen war, wie er Severus dazu hätte bringen können, endlich zu schreien. Als Severus die Schmerzen gespürt hatte, hatte er tatsächlich geschrieen, doch als die Gryffindors wieder abgezogen waren und er dort kauerte, sein Schienbein eng umschlungen, hatte er damit begonnen, die Schramme auf seinem Bein immer weiter aufzukratzen. Es war, als ob er sich selbst in den Schlaf wiegen musste. Wenn er diese Schmerzen spürte, wenn sich seine Haut öffnete, war es wie ein Ventil für ihn. Wenn ein Fahrradreifen zu stark aufgepumpt war, musste man auch ein wenig Luft rauslassen, ehe es platzte. Genauso hatte er dieses Gefühl empfunden und genauso hätte er es anderen Menschen beschrieben. Macht es einen Unterschied, wenn man von Muggeln abstammt? Wenn Severus an Lilys wunderschöne, grüne Augen dachte, fiel ihm oftmals auch diese Szenerie ein, damals, als er sie aufgeklärt hatte über die Welt der Zauberer. Sie hatten sich im Schatten der Bäume niedergelassen, ihr Haar so weich und warm, dass sogar der Wind nicht anders konnte, als damit zu spielen. Damals hatte er mit ‚nein’ geantwortet. Nein, sie hatte sehr viel Magie, das hatte er gesehen. Aber es war eine andere Magie, die er so faszinierend an ihr fand. Es war wie der Moment zwischen Nacht und Tag, die Wolken hoch getürmt am Horizont und vom Licht der stetig aufgehenden Sonne in ein zartes orangegelb getaucht, wie weiche Watte, der Himmel blau und ohne Zeichen für ein herannahendes Unwetter, doch genau das machte diese Art von Mage so gefährlich. Wenn er sie sah, sie seinen Namen aussprechen hörte, ihr kindliches, göttliches Lachen vernahm, sah er tatsächlich keine Zeichen für ein herannahendes Unwetter, solange bis es da war, schnell und ohne Vorwarnung wie ein Sturm an der See. Severus blickte ihr nach. Das Gelände der Schule wirkte mit einem mal so verlassen. Ihr Umhang wehte im Wind, flatterte und entfernte sich immer weiter von ihm, bewegte sich immer weiter in Richtung des Schlosses. Nur ein flüchtiges Winken hatte ihn so aus der Fassung gebracht. Etwas erschrocken von sich selbst war er, als er sich dabei erwischte, dass seine eigene Hand noch immer in der Luft hing, ein trauriges Überbleibsel einer ungesehenen Erwiderung ihres Grußes. Dies war einer dieser Momente gewesen, in denen diese Magie, dieser Fluch ihrer Präsenz, ihm alle seine Sinne geraubt hatte. Er merkte, dass er seine Umgebung wieder fühlen und ertasten konnte, als er eine Hand auf seiner Schulter spürte, ein fester Griff. Severus fuhr auf dem Absatz herum, gefährlich taumelnd und zupfte an seinem weiten Umhangärmel, seinen Schock unter dem Vorhang seiner fettigen Haare verbergend. Als er aufsah, vernahm er Gelächter. Reflexartig sprang er einen Meter zurück, als das grinsende Gesicht von James Potter vor dem seinen auftauchte. Er öffnete den Mund, wollte etwas sagen, doch er spürte, wie sich die Worte in seinem Hals verknoteten. Angst durchströmte ihn. „Sieh mal einer an, unser Schniefelus stellt schon wieder armen, kleinen Mädchen hinterher!“, bemerkte James und ging einen Schritt auf Schniefelus zu. Das bleiche Gesicht des Slytherin wirkte beinahe käsig gelb. Übelkeit überkam ihn und er musste ein paar Mal kräftig schlucken, Speichel sammeln und herunterschlucken, um sich nicht auf den Umhang des kraushaarigen Gryffindor zu übergeben. Das sah man ihm vermutlich an, denn nun begann auch Sirius Black zu lachen und er sah, wie Peter Pettygrew seinen Zauberstab aus seinem Umhang zog. Hastig machte Severus den Mund auf und zu, als hoffte er, dass irgendwann von selbst Worte daraus hervorsprudeln würden. Dann, endlich, fand er seine Stimme wieder. „Ich habe nichts und niemandem nachgestellt!“, schnarrte er mit sehr fester Stimme, wofür er sich einen Augenblick lang selbst bewunderte. „Für was haltet ihr mich eigentlich? Oder besser: Für was haltet ihr euch?!“ Severus atmete zischend durch die Zähne und griff nun auch langsam in die Tasche zu seinem Zauberstab. Sein plötzlicher Mut zauberte für einen Moment den Anflug eines Lächelns auf seine Lippen, was James nur spöttisch aufwiehern ließ. Ein einfaches aber aufforderndes „Wurmschwanz…“ war der Befehl für Peter, seinen Zauberstab auf Severus zu richten. Der Slytherin zuckte zusammen und hätte beinahe seinen eigenen Zauberstab fallen lassen, doch dieses Mal war er schneller. Er riss seinen Zauberstab hoch, deutete damit jedoch auf James und nicht auf Peter und seine Stimme klang schrill und panisch, als er den Zauberspruch rief. „Stupor!“ Ein grünweißer Lichtblitz schoss aus der Spitze seines Zauberstabes. Er umklammerte sein Handgelenk, um sicher zu gehen, dass nur Janes getroffen wurde, doch da hatte er Sirius leider unterschätzt. Mit einem heldenhaften Sprung hechtete er zu James und stieß ihn aus der Schussbahn. Mit einem lauten Knall wurde er selbst direkt an der Schläfe getroffen und wurde zwei Meter zurück geschleudert, an Remus Lupin und Peter Pettygrew vorbei. Severus zuckte erschrocken zurück, als er das sah und ließ seinen Zauberstab fallen. Rasch bückte er sich nach ihm, doch da ertönte plötzlich die Stimme von James Potter. „Impedimenta!“ Severus wurde am Schlüsselbein getroffen und taumelte zurück. Es war, als ob seine Bewegungen, seine Motorik durch irgendetwas gesperrt waren und er fiel rückwärts auf den Boden, sein Gesicht zum Himmel gerichtet. Nun endlich sah er, dass Wolken aufzogen. In naher Ferne vernahm er die Stimme erneut. Ein halblautes „Enervate“ ertönte, dann ein leises Stöhnen. Im Augenwinkel konnte er erkennen, wie sich Sirius wieder aufrappelte und James mit gedämpfter Stimme auf ihn einredete. Es dauerte jedoch nicht lange, bis Severus wieder ungeteilte Aufmerksamkeit galt. Er konnte kaum seine Hand heben, geschweige denn nach seinem Zauberstab greifen, als ihm Peter plötzlich in die Rippen trat. „Gar nicht mal so schlecht, nicht wahr, Schniefelus?“, hörte er die Stimme desjenigen ertönen, der ihn hier auf den Boden befördert hatte und dann sah er auch, wie sein höhnisch verzerrtes Gesicht hoch über dem seinen Auftauchte. „Impedimenta. Den kanntest du noch nicht, hab’ ich recht? Remus hat den Spruch in einem Buch für das dritte oder vierte Schuljahr gefunden. Nicht wahr, Moony?“ James wand seinen Kopf und sah wohl in Lupins Richtung. Severus konnte diesen nicht sehen, doch da er nicht antwortete, vermutete er ein Nicken. Mit einem leisen, angestrengten und lang gezogenen Seufzer, versuchte Severus sich aufzurichten, doch er konnte sich weder mit Armen noch mit den Beinen Abstützen. Seine Schultern schmerzten, dann fiel er zurück auf den Boden. Hilflos, wie ein Käfer auf dem Rücken. Ihm war schlecht und er spürte, dass ihm Tränen in den Augen standen. Diese schreckliche Ohnmacht löste eine tiefe Verzweiflung in ihm aus. Er wollte schreien, doch selbst seine Stimme war vor Angst beinahe gelähmt. Wenn er jetzt schrie… Ob Lily ihn hören würde? Ob sie kommen und ihn retten würde? „Dieser Bastard…“, hörte er Sirius keuchen, der wohl noch immer etwas angeschlagen war von dem Schockzauber, den Severus ihm auf den Hals gehetzt hatte – wenn auch nicht unbedingt absichtlich, schließlich hatte er James und nicht ihn treffen wollen. Doch die Tatsache, dass zumindest einer den Fluch abbekommen hatte, erfüllte ihn keineswegs mit Genugtuung. Er wusste, wie viel James an seinem arroganten Freund lag und so spürte er, wie sein Körper unkontrolliert zu zittern begann, als James Potter langsam auf ihn zukam. Der kraushaarige Junge mit der Brille beugte sich hinab zu ihm, dann ließ er sich mit seinem Knie direkt zwischen seine Beine fallen. Severus, dessen Stimme ihm noch immer versagt war, keuchte laut auf und seine Augen verdrehten sich. Den Mund weit aufgerissen, entkam gerade noch ein gequältes Gurgeln seiner Kehle. Schreckliche Übelkeit überkam ihn und ein stechender Schmerz raste durch seinen ganzen Körper. Für einen Moment wurde ihm schwarz vor Augen, die sein fahles Gesicht, beinahe bis in die Höhlen gedreht, schrecklich entstellten. Es dauerte eine ganze Weile, bis er wieder vollkommen bei Bewusstsein war und wahrnehmen konnte, dass der Gryffindor ihm seinen Zauberstab an den Hals bohrte. Er blinzelte ein paar Mal. Seine Sicht war verschwommen, Tränen standen ihm in den Augen, doch er konnte das süffisante Grinsen auf dem Gesicht des anderen erkennen. Er war ihm so nah, dass er sogar seinen heißen Atem auf seinem Gesicht spüren konnte. Tränen liefen Severus’ Gesicht hinab, liefen ihm in die Ohren und er wollte sich schütteln, wollte sich die Tränen wegwischen, doch beides blieb ihm versagt. Potter hatte sich rittlings auf sein Becken gesetzt. Sein Mund bewegte sich, doch er bekam nur die Hälfte von dem mit, was er von sich gab. „Tatze, wie denkst du, sollten wir diesen räudigen Köter bestrafen?“, flüsterte James mit einer sehr nachdenklichen Miene und bohrte mit dem Zauberstab in Severus’ Hals herum. Er konnte seine Schlagader wild pochen spüren. Plötzlich erschien Sirius in seinem Blickfeld. Er rieb sich den Hinterkopf, auf dem er offensichtlich gelandet war und lächelte gequält. Wieder stiegen Severus Tränen in die Augen, die er nun einfach nicht mehr aufhalten konnte. Ein bebendes Schluchzen ließ seinen Körper erzittern, als Sirius Black seine Stimme in höhnischem Tonfall erhob und sich nachdenklich ans Kinn fasste. „Hm, lass mich nachdenken… Er stellt Evans nach, die in seinen Augen doch ohnehin nicht mehr als ein ‚dreckiges Schlammblut’ ist, er hat mir einen Schockzauber verpasst, wollte eigentlich dich treffen und außerdem… verpestet er nun schon seit Monaten dieses Schloss mit seinem üblen Gestank. Ich weiß nicht. Lass mich nachdenken, hm…“ Beide setzten eine Denkermiene auf. Peter Pettygrew konnte man prustend lachen hören. Severus wollte es abstreiten, wollte ihnen sagen, dass er nichts von alledem getan hatte oder tun wollte… Warum half ihm niemand? War etwa gerade in diesem Moment niemand in der Nähe? Vor seinem inneren Auge lief ein Film ab, Schüler, die sich um ihn scharten und ihn schweigend anblickten, ein breites Lächeln auf den Lippen, während James ihm seinen Zauberstab immer fester in den Hals bohrte. Sicher sahen ihm grad alle zu und er konnte sich nicht rühren… Er wollte etwas sagen, wollte sich bewegen, diesen Jungen von sich runter werfen. Seine Sicht war verschwommen, die Tränen in seinen Augen waren wie Regenschleier. Mit jeder Sekunde, die verging, stieg seine Angst und Adrenalin wurde wie wild durch seine Adern gepumpt, sein Herz raste wie das eines verschreckten Kaninchens. Sollten sie doch machen, was sie wollten, aber diese Ohnmacht hielt er bald nicht mehr aus. Der heiße Atem des anderen auf seinem Gesicht trieb ihm die Schweißperlen auf die Stirn. Er durfte ihn verletzen, ihn schlagen, er durfte alles mit ihm machen, wenn diese elendvolle Demütigung nur endlich aufhörte… Severus strengte seinen Kopf an. Sein Rachen war trocken wie Wüstensand, doch er versuchte verzweifelt die Luft herauszupressend und seine Zunge, seine Lippen zu Worten zu formen. „Tu… mir… weh… aber…“, presste er mit gewölbtem Brustkorb hervor, dann fiel er wieder in sich zusammen. Im selben Moment schossen ihm erneut Tränen in die Augen. James hatte seine Stimme zu einem hämischen Lachen erhoben, leise, hochmütig und so kalt. Alle Kraft wich aus Severus’ Körper und er schloss seine aufgequollenen Augen. Seine Brust schmerzte und es schien, als würde sich ein Knoten aus Stacheldraht immer fester um sein Herz zusammenziehen. Bilder schossen ihm durch den Kopf, schöne Bilder von seiner wundervollen Mutter, wie sie in ihrer geblümten Schürze am Herd stand und ihn mit so viel Glück in ihren dunklen Augen anlächelte, Bilder von Lily mit ihrem roten Haar, auf der Schaukel, unter dem Baum in der Schattenmulde… „Finite.“, hörte er James Stimme plötzlich sagen und das Gewicht auf seinem Becken erhob sich langsam, der Druck auf seinem Hals ließ nach. Severus rührte sich nicht, er blieb liegen, die Augen geschlossen, konnte jedoch spüren, wie sich die Muskeln in seinem Körper langsam wieder entspannten und ihm auch das Atmen leichter fiel. Warum hatte Potter den Zauber aufgehoben? Er konnte Schritte hören, die sich langsam entfernten, Schritte, die näher kamen, irgendjemand flüsterte. Als Severus vorsichtig seine Augen öffnete und sich mit seinem dreckigen Ärmel die Tränen aus dem Gesicht und aus seinen Augen wischte, konnte er erkennen, dass James und seine Freunde gegangen waren. Er setzte sich auf und sah ihnen nach, drei schlanke Gestalten und ein kleiner, pummeliger Junge, die am Rand des Waldes dahingingen, als ob nichts geschehen wäre. Er glaubte zu erkennen, dass James sich noch einmal zu ihm umdrehte und ja, er winkte ihm zu. Einen Moment war Severus versucht, zurückzuwinken, doch dann erinnerte er sich an die anderen Schritte, die er vernommen hatte und als er sich umdrehte und einen Blick zurück über seine Schulter sah, erkannte er, dass nicht er es gewesen war, dem James so schelmisch zugewinkt hatte. Hinter ihm stand in vornehmen Freizeitumhang, der mit grünem Satin gefüttert war, Lucius Malfoy, gesäumt von zwei großen, kräftigen Slytherinschülern. Seine Arme waren vor der Brust verschränkt, sein platinblondes Haar sauber und straff zurückgebunden. Wenn man ihn so von unten betrachtete, besonders dann, machte er einen sehr majestätischen Eindruck. Sein junges Gesicht war glatt rasiert und seine schmalen, stahlgrauen Augen sahen den vier Gryffindorjungen nach, die nun über einen Bogen den Weg hinab zum Schloss eingeschlagen hatten. Neben dem Vertrauensschüler der Slytherins fühlte sich Severus noch schmutziger, als er ohnehin schon war. In seinen fettigen Haaren hing nun Laub und sein Umhang sowie sein Hinterkopf waren voller Dreck, den er zu allem Übel durch seine Tränen auch noch in seinem Gesicht verschmiert hatte. Severus’ Unterlippe zitterte und er zog seinen Kopf zwischen seine Schultern. Noch immer pochte das Adrenalin in seinen Venen. Hatte Lucius Malfoy ihm etwa gerade geholfen? Immerhin war er da und schon seine bloße Anwesenheit hatte James Potter dazu veranlasst, lieber das Weite zu suchen. Das Herz des Jungen raste, als Lucius um ihn herumging und mit seinen schneidenden Blicken den Gryffindors folgte, die ihre Schritte nun beschleunigt hatten und nur noch als vier schwarze Punkte in der Ferne zu erkennen waren. Severus folgte dem Blick des Älteren und atmete erleichtert auf. Erlösung durchflößte ihn wie ein warmer Strom und für einen Moment konnte er getrost die Augen schließen, ohne Angst haben zu müssen, dass irgendetwas passierte. „Danke…“, sagte er im Flüsterton, da er es doch noch nicht wagte, seine Stimme erneut zu erheben, da sich seine Kehle noch immer rau und trocken anfühlte. „Bilde dir lieber nichts darauf ein, Snape.“, erwiderte der blonde Schönling und wand sich dem am Boden sitzenden zu. Er zog eine Seite seiner Oberlippe ein Stückchen hoch und die Augenbrauen zusammen, musterte Severus recht angewidert, griff in seine Tasche und warf ihm ein weißes Taschentuch zu. „Es ist immer gut, wenn man einen Grund hat, den Gryffindors ein paar Punkte abzuziehen. Was dich angeht ist es ja wohl kaum schade…“ Mit recht dünkelhafter Miene wand er sich wieder von ihm ab. Seine beiden Freunde konnten sich ein verschmitztes Grinsen nicht verkneifen. „Willst du da sitzen bleiben?“, krächzte ihn einer der beiden an und folgte dann Lucius, ungläubig und noch immer grinsend den Kopf schüttelnd. Severus knetete das Taschentuch in seiner Hand. Dann richtete er sich langsam auf. Für einen Moment ging das auch ganz gut, doch schon im nächsten Moment spürte er, wie ihm erneut Tränen in die Augen schossen und er zu straucheln begann. Sein Herz raste so schnell, dass es auch jeden Moment hätte stehen bleiben können – und gerade hatte Severus nichts dagegen einzuwenden. Kraftlos taumelte er hinüber zum dichten Gestrüpp, dort, wo der Wald anfing, tastete sich von Baum zu Baum und ließ sich im Schatten fallen. Er spürte, wie ihm Dornen in den Rücken stachen, als er sich gegen einen mit Ranken bewachsenen Baum legte. Seine zittrigen, fahrigen Hände waren bleich, wie weiße Spinnenbeine. Er führte sie zu seinem Kopf und raufte seine Haare, ehe er laut und bebend aufschluchzte. Die Gedanken zerschnitten, doch es blutete nicht. Übelkeit überkam ihn, als er sich Strähne für Strähne das schwarze, fettige Haar aus seiner Kopfhaut riss. Ein Tropfen heißen Blutes rann an seinem Ohr vorbei, seinen Hals hinab. Er hielt die Haare in den Händen, zwischen den Fingern und begann sie klein zu rollen, zu kleinen, schwarzen, kugeliegen Nestern. Severus war gefangen. Gefangen im Körper der hässlichsten Gipspuppe. Er schob sich die Haare in den Mund. Sie schmeckten nach Blut und Tränen. Röchelnd und würgend schluckte er sie, griff sich an den Hals. Warum konnte er sich nicht einen Stoß geben? Warum konnte er aus diesem riesenhaften und breit gefächerten Sammelsurium an wunderschönen Masken nicht die finden, die ihn Lucius oder James ein wenig ähnlicher machte? Er raufte den Stoff seiner Hose, kratzte sich fortlaufend über das Bein, die weiche, weiße, bleiche Gipshaut. Gedankenströme, ohne Zusammenhang, zerschnitten, zerstört. Seine Kopfhaut brannte, es pochte, rhythmisch. Severus’ weiße Gipshaut platzte auf. Blut klebte unter seinen Fingernägeln. Diese süße Arroganz, die er so an James und Lucius bewunderte, die ihn trotz allem so zu ihnen aufblicken ließ. Ein Zeichen von Macht. Es waren sanfte, harte Machtküsse. Liebenswerte, angsteinflößende Zerstörungswut. Jedes Mal, wenn er James von weitem sah, bekam er eine Gänsehaut und verharrte in stiller Bewunderung, bis er sich selbst dabei erwischte, wie sein Herz schneller schlug, beim Anblick dieses blasierten Lächelns. Er liebte diesen Menschen. Und er hasste ihn. Er wollte ihn küssen und er wollte ihn schlagen. Severus hatte noch immer ein paar seiner Haare im Hals. Sie kratzten und machten ihm das Luftholen schwer. Seine Beine hatte er dicht an seinen Körper gezogen und umschlungen. Die Aufgeschürfte und –gekratzte Wunde an seinem Bein blutete leicht, ganz leicht und Bluttröpfchen für Bluttröpfchen rann an seinem Storchenbein herab, seine Haut liebvoll streichelnd und kitzelnd, ehe sie auf den feuchten Waldboden fielen und ihre rote Glut erlosch. Wenn Lily doch nur da gewesen wäre, an diesem Nachmittag. Sie hätte ihn gerettet… -To be continued- Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)