Possession von Riku (Sing Child) ================================================================================ Kapitel 4: Chapter 4 - Home Sweet Home -------------------------------------- Thanks to Rainy and xuxu713 for commenting the 3rd chapter. I feel really happy about it. ♥ Thanks to all the others for favoring my fanfic. ♥ Dedicated to: Rainy Chapter 4 – Home Sweet Home Age: 13 Form: 2 Es war vorauszusehen, dass Severus auch in diesem Jahr einen Einser-Durchschnitt haben würde. Dank Avery hatte er sogar in Verwandlung eine gute Note geschafft. In Verteidigung gegen die Dunklen Künste und Zaubertränke war er sogar Jahrgangsbester und Slughorn wäre ihm um ein Haar um den Hals gefallen, als er in der letzten Arbeit einen perfekten Schrumpftrank gebraut hatte. Der höfliche, nahezu kahlköpfige Lehrer war ja nun wirklich leicht zu begeistern, wie Severus bemerkt hatte, aber so wie es schien, gefielen ihm die kleinen Veränderungen, die er an dem Trank vorgenommen hatte. Dem fleißigen Schüler reichte das Basiswissen nicht, er wühlte sich beinahe jeden Tag durch dicke Wälzer in der Bibliothek, um sein Wissen zu erweitern und ergänzte und verbesserte so die Rezepte in seinem kleine, heilig gesprochenen Zaubertrank-Schulbuch, so wie seine Mutter es immer getan hatte. Das tat er schon seit dem ersten Jahrgang, aber so langsam kam er hinter das Geheimnis der magischen Flüssigkeiten und Gebräue. Manchmal fügte er ganz nach Gefühl eine Zutat hinzu oder ließ eine weg, ließ den Trank noch etwas köcheln oder stellte die Flamme niedriger, um danach feststellen zu dürfen, dass sein Gefühl ihn nicht getäuscht und er einen ausgezeichneten Trank gebraut hatte. Verteidigung gegen die Dunklen Künste beschäftigte ihn mehr denn je. Tag für Tag kursierten neue Gerüchte über den Dunklen Lord. Rosier, mit dem er mittlerweile kaum noch etwas zu tun hatte, da dieser sich den Älteren Schülern angeschlossen hatte, erzählte im Gemeinschaftsraum oft voller Stolz von den Erlebnissen seines Vaters und Mulciber, der nun Rosiers Platz an Averys und Severus’ Seite eingenommen hatte, erfreute sie auch beinahe täglich mit Geschichten seines Vaters, der angeblich mit dem Dunklen Lord einst hier in Hogwarts gewesen war. Der Grund, weshalb ihn der Unterricht so beschäftigte, war nicht, dass er sich gegen die Dunklen Künste wappnen wollte, er hegte eher Interesse an den Flüchen, Zaubern, Bannen und Kreaturen, gegen die sich alle anderen wappneten. Während sich alle anderen Schülern also noch mit dem Kitzelfluch Rictusempra und anderen Kindereien herumschlugen, schnappte Severus des Öfteren gefährliche Flüche und Zauber auf, die er sich sofort notierte. Ganz besonders hatte es ihm der Serpensortia angetan, den er bei Lucius Malfoy beobachtet hatte. In der Schule hatten sie ihn nicht gelernt, obwohl ein Erstklässler diese wunderschöne, giftige Kobra aus dem Ärmel hätte schütteln können. Zaubersprüche wie Expulso oder Confringo wagte er sich nicht auszuprobieren, da diese den Ruf hatten, mit ihren Explosionen tatsächlich für einige Zerstörung zu sorgen. Eines Tages wollte er an der Seite des schönen Lucius Malfoy kämpfen und dieser ganzen Blutschande endlich ein Ende machen. Schade bloß, dass dieser ihn nicht einmal ansehen wollte. Selbst Rosier, der sich bis vor kurzem noch Severus’ Freund geschimpft hatte, drehte ihm nun kontinuierlich den Rücken zu und ignorierte ihn, wie er die aufgedrehten Erstklässler oder die Hausgeister ignorierte. „Mach dir nichts draus.“, hatte Avery beim Abendessen gesagt, als Rosier sich mal wieder hinüber zu Lucius gesetzt hatte. „Wenn ich die Chance hätte, mit Malfoy befreundet zu sein, würde ich sie auch nutzen.“ Wo er Recht hatte, hatte er Recht. Lucius, der ewige Vertrauensschüler und Jahrgangsbester, war wirklich eine ganz tolle Partie und wenn man an seiner Seite sitzen durfte, wusste man schon automatisch, dass man eines Tages auch an Seiten des Dunklen Lords sitzen würde, so, wie der platinblonde Schönling ihn verehrte. Er hatte Geld, sah gut aus und hatte ein mehr als gesundes Selbstbewusstsein. Die Mädchen leckten sich die Finger nach ihm und auch Severus erwischte sich mehrmals dabei, wie er flatterndes Herzklopfen bekam, wen Lucius ihn zufällig im Vorbeigehen berührte. An seinem dreizehnten Geburtstag hatte er ihm sogar gratuliert und Severus war so verlegen gewesen, dass er nicht einmal hatte antworten können- „Herzlichen Glückwunsch, Snape. Nun bist du ein Teenager.“ Severus war puterrot angelaufen und hatte bloß verlegen gegluckst, was dem platinblonden Recken bloß ein kühles, blasiertes Lächeln aufs Gesicht gezaubert hatte. An diesem Tag hatte Severus auch Mulciber kennen gelernt, dessen Geburtstag zwei Tage vorher sogar richtig gefeiert wurde. Für Severus gab es keine Party, aber dafür einen lieben Brief und ein paar Sickel von seiner Mutter, die er bis zu diesem Tage gespart und sorgsam unter seiner Matratze versteckt hatte. Lily hatte sich für ihn etwas ganz besonderes ausgedacht. Sie hatte ihre eigene Katze Minouche schon vor einigen Wochen werfen lassen („Weil sie traurig werden, wenn sie nicht wenigstens einmal im ihrem Leben Kinder bekommen!“) und hatte ihm ein kleines, weißes Kätzchen inklusive Transportkorb geschenkt. Severus hatte noch nie in seinem Leben ein Haustier gehabt und freute sich daher umso mehr um das entzückende, kleine Tierchen, das sich sofort mit einem Platz neben seinem Kopfkissen anfreundete. Viviane. Er nannte sie Viviane. Die Zeugnisse waren bereits vergeben, die letzten Arbeiten geschrieben und in bereits zwei Tagen sollte es in die Sommerferien nach Hause gehen. Der junge Severus hatte sich schon oft gefragt, vor welchem Ort er sich mehr fürchtete, und welchen er eher als Zuhause bezeichnet hätte. Er konnte sich einfach nicht entscheiden. Er wusste, was daheim auf ihn warten würde. In ihren wenigen Briefen erwähnte seine Mutter Eileen niemals seinen Vater und grüßte auch nie, als ob dieser überhaupt nicht existieren würde. Immer, wenn er daran dachte, wie er die langen Wochen verbringen würde, spürte er diesen festen, harten Knoten in seiner Brust und musste heftig schlucken. Severus war kein schwacher Junge, er konnte viel aushalten, war ein kleines Stehaufmännchen, aber dieser Gedanke überforderte ihn beinahe ein wenig. Aber war es hier besser? War Hogwarts mehr Zuhause für ihn geworden, als das Haus seines Vaters? Das Schloss, auf dessen zahllosen Gängen er sich oft zu verstecken suchte, aus Angst, dass Potter und Black ihn finden und peinigen würden? Der Ort, an dem er jeden Morgen mit der Angst aus dem Bett stieg, sich zu blamieren und erneut als Lachnummer für die ganze Schule zu enden? Es war kein schöner Ort. Er wurde von den Schülern geschnitten und ausgelacht, sogar von vielen Slytherins. Er gehörte zu den Verlierern, den Strebern. Zu denen, die sich dummerweise von diesen schlammblutfreundlichen Gryffindors unterbuttern ließ. Er konnte froh sein, dass wenigstens noch Avery und Mulciber zu ihm hielten… auch wenn Lily diese hasste. „Übermorgen geht’s wieder nach Hause, Sev. Nehmen wir uns zusammen ein Abteil?“, fragte Lily an diesem Abend, als sie sich zusammen unter die Bäume am Rande des Sees gesetzt hatten und die Blasen in der Mitte des Sees beobachteten, die anscheinend von dem geheimnisvollen Ungetüm, das dort lebte, ausgingen. Die Sonne ging in dieser Jahreszeit erst recht spät unter und schwebte so noch recht hoch über dem Verbotenen Wald, spendete ihnen ihr warmes Licht und ließ den sonst so schwarzen See golden glitzern. „Mhm…“, antwortete der schwarzhaarige Junge und warf einen Stein ins Wasser. Eine knappe Antwort, aber die war Lily ja bereits von ihm gewohnt. Sie hatte seine Hand genommen und streichelte sie sanft mit ihrem Daumen. Severus zerriss es beinahe das Herz. Es war kaum zu glauben, dass dieses bezaubernde Mädchen nicht verstand, was es mit ihm anstellte. Dabei sagte man doch, dass Mädchen um einiges frühreifer waren als Jungen. War es nun also normal, dass Severus das Herz zum Hals schlug und Lily am Ende gar nichts spürte? Er hörte das Mädchen seufzen und wand sich ihr zu. „Stimmt etwas nicht?“ Er zögerte. „Willst… willst du auch nicht nach Hause?“ Ein wenig hoffnungsvoll weitete er seine Augen, doch Lily winkte schnell ab. „Doch, doch, ich freu mich doch!“, erwiderte sie schnell und lächelte süßlich. „Ich vermisse Tunia, Mum und Dad. Es ist nur, dass… Ach, ich werde das Schloss vermissen und diesen schönen See… Überleg mal, so viele Wochen ohne Magie. Ich halte das nicht aus.“ Sie lachte leicht. „Gut, es gibt Dinge, die ich ganz gewiss nicht vermissen werde.“ Sie warf ihm einen flüchtigen Blick zu, Severus verstand jedoch, was sie meinte und seufzte nun auch. „Die Zeit wird schnell rum gehen.“, log er. „Aber… was hast du gegen meine Freunde? Du musst sie ja nicht mögen, aber du sagst immer so gemeine Sachen über sie.“ Lily öffnete schockiert den Mund und zog ihre Hand weg. Severus biss sich auf die Unterlippe. Hatte er etwas Falsches gesagt? Er wollte doch ihre Hand spüren. Musste sie ihn so bestrafen? „Sev!“, rief sie vorwurfsvoll und der Junge zuckte sogar etwas zusammen. „Ich Sage gemeine Dinge über deine Freunde? Die sind doch noch viel gemeiner zu mir! Avery hat Milch über mein Schulbuch gekippt und von Mulciber brauche ich doch wohl gar nicht erst anfangen! Ich bin nur froh, dass du nicht mehr mit Rosier rumhängst, du passt doch gar nicht zu denen! Du bist doch so lieb und so verständnisvoll! Warum hängst du mit diesen Rowdys rum? Die sind doch alle kriminell…“ Sie schnaubte, lehnte sich an den Baum zurück und verschränkte die Arme vor der Brust. Severus fasste sich an die seine, um sein Herz zu beruhigen. Sein Gewissen begann ihn zu plagen und er versuchte verzweifelt diesen festen Knoten in seiner Brust durch tiefes Atmen loszuwerden. Er kaute an seiner Unterlippe herum, während seine Blicke nervös zwischen dem See und der Schönheit an seiner Seite hin und her zuckten. Schlammblut. Das war wahrlich keine schöne Bezeichnung für seine Lily. Aber wenn seine Freunde von Schlammblütern redeten, meinten sie damit gleich zwingend Lily, die immer so schön nach Lavendel duftete? Er hätte sie niemals so genannt. Severus wusste, wie sehr sie es ihm übel nehmen würde. Er hatte Angst, dass sie ihm böse sein würde und, dass es mit einer einfachen Entschuldigung nicht getan wäre. Wenn er dieses Mädchen verlieren würde, würde eine Welt für ihn untergehen. Das durfte nicht geschehen. Sie waren Freunde. Beste Freunde. Und so sollte es immer bleiben. Eines Tages würde er sie heiraten. Severus zuckte zusammen, als er ganz plötzlich zwei warme, weiche Lippen auf seiner Wange spürte und wäre beinahe umgekippt, bei dem Versuch, sich rückwärts von dem heißen Atem wegzubewegen und sich zu retten. Mir erschrocken geweiteten Augen blickte er in Lilys Gesicht, die leise kicherte und sich dann erhob. „Du kleiner Feigling.“, lachte sie und fuhr Severus durch sein fettiges, schwarzes Haar. „War doch nur ein Küsschen. Lippen beißen nicht.“ Ein süßliches Lächeln. Am liebsten hätte Severus sie wieder zu sich hinab auf den Boden gezogen, doch sie hatte sich zum Schloss gewand und streckte sich ausgiebig. „Ich pack jetzt meine Sachen, Sev. Wir sehen uns ja spätestens morgen beim Frühstück.“, sagte sie, doch Severus konnte ihren Worten kaum noch folgen. Eine Hand ruhte auf seiner Wange, die andere erneut auf seiner Brust, in der er sein rasendes Herz spüren konnte. Warum war er so zusammengezuckt? Er war doch kein Feigling, er hasste es, so genannt zu werden. Er hatte doch bloß nicht damit gerechnet… „Bye, Sev.“ – „B-Bye, Lil…“ Sie winkte ihm fröhlich zu und warf ihm noch einen Luftkuss zu. Als Lily sich umgedreht hatte, fing er den Kuss ein und drückte ihn an sein rasendes Herz. War da etwa doch mehr? Konnte Lily es auch spüren? Ein flüchtiges Lächeln, voller Glückseligkeit, kräuselte seine Lippen und er schloss für einen Augenblick sine Augen. Auf seiner Wange spürte er noch immer den sanften Kuss seiner besten Freundin. Es war mehr als nur ein Trugschluss, nun zu glauben, das dieser schöne Tag nicht mehr hätte ins Gegenteil kippen können. Severus merkte es schon, als ein kalter Wind aufzog und ihm die strähnigen Haare ins Gesicht trieb. Lily war längst hinter den Mauern des Schlosses verschwunden und die Sonne wurde gerade von den höchsten Bäumen des Verbotenen Waldes gestreichelt, als er in der Ferne Stimmen vernahm. Als er registrierte, dass es sich dabei um niemand Geringeren als einen gut gelaunten James Potter handeln konnte, sprang er auf und rannte los. Nicht jetzt, nicht heute. Er wollte keinen Streit mehr haben. So durch den Wind, wie er gerade war, würde er ohnedies den Kürzeren ziehen und dennoch erfüllte es ihn mit Gram, als er Potter, Black und Pettygrew lachen hörte, als sie sahen, wie er vor ihnen davon rannte. Feigling. Severus machte keinen Umweg, wollte geradewegs in den Gemeinschaftsraum laufen. Auf dem Weg begegnete er Rosier, der sich mit Avery und Mulciber unterhielt. Um ein Haar, wäre er in den blond gelockten Avery gerasselt. In letzter Sekunde konnte er schlitternd zum Stehen kommen und sich an der Ecke einer Abzweigung des Korridors keuchend festhalten. Irgendetwas wollte ihn weiter treiben. Es schrie in ihm, wollte ihn zum Laufen bewegen. Ja nicht stehen bleiben. Renn weiter. Renn in den Schlafsaal und versteck dich. Ein Blick hinter sich verriet ihm, dass Potter ihm nicht gefolgt war. Warum auch? Es war ja bloß Snape. „Snape…“, schnarrte Rosier nicht sonderlich begeistert und verschränkte die Arme vor der Brust. Avery lächelte ihm zu, während Mulciber nur weiter seine übliche, etwas dümmliche und nichts wissende Fresse zog. Severus nickte ihn zu und keuchte erschöpft. Das Haar hing ihm ins Gesicht und sein Gesicht schien trotz der Anstrengung fahl und bleich. Der schöne Rosier rümpfte die Nase, als ob er irgendwas ganz übles riechen würde. „Was macht ihr hier?“, prustete Severus und sah die drei fragend an. Keiner von ihnen antwortete. Sie warfen sich viel sagende Blicke zu, dann kehrte Mulciber ihnen den Rücken. „Ich mach da nicht mit.“, murmelte er bloß und schlurfte den Gang in Richtung Kerker hinab. Severus, dessen hastiger Atem sich langsam beruhigte, schien von außen wohl genauso verwirrt, wie von innen. Fragend blickte er abwechselnd von Rosier zu Avery. Wobei wollte Mulciber nicht mitmachen? Und warum standen sie hier mitten auf dem Gang? Hatten sie geredet und waren verstummt, als Severus zu ihnen stieß? „Geht es um mich?“, fragte Severus locker und drückte seinen Rücken durch, um sich nicht kleiner zu machen, als er war. Eigentlich war er gar nicht so locker. Die Blicke, mit denen sein ehemaliger Freund Rosier ihn bedachte, waren mehr als furchterregend. Zu seinem Entsetzen nickten beide. „Ja, wir haben auf dich gewartet.“, sagte Avery, noch immer lächelnd. „Weil wir eine Bitte haben.“ Severus stutzte. Damit hätte er nicht gerechnet. „Und die wäre?“ Er hob beide Augenbrauen und verschränkte die Arme vor der Brust. Zwei Schüler eines anderen Hauses waren stehen geblieben und beobachteten die drei misstrauisch. Avery sah zu Rosier, auf dessen Lippen sich nun ein gehässiges Grinsen gebildet hatte. Es schien, als ob Rosier dem anderen eine Antwort abnehmen sollte, die dieser nicht aussprechen konnte, doch so wie es aussah, verkündete Rosier die Bitte nur allzu gerne. „Wasch dich mal. Du stinkst.“, schnauzte er Severus an und leckte sich genüsslich über die Lippen, um sich diese Bitte noch mal auf der Zunge zergehen zu lassen. „Das sagen alle.“, warf Avery ein und sah Severus weit aufmunternder an, als der andere es tat. „Du hast Mundgeruch und riechst nach Schweiß. Diese Kleider trägst du doch bestimmt auch schon eine Woche.“ – „Wenn du dich überhaupt umziehst…“, knurrte Rosier. Avery nickte leicht. „Ja, also, Snape… Wir wollen dir nur helfen, verstehst du? Aber alle reden über dich und sagen so fiese Sachen und so.“ Rosier lachte hämisch. „Fiese Sachen? Als ob es Lügen wären! Seine Unterwäsche ist sicher schon ganz grau! Und die Haare sind keine Haare mehr. Wenn du die auswringst, kannst du eine ganze Friteuse damit füllen!“ Severus schluckte und fuhr sich durchs Haar, das Lily eben noch so liebevoll berührt hatte. Avery versuchte offenbar zu retten, was Rosier zerschmissen hatte. „Körperpflege ist ganz wichtig, besonders in der Pubertät. Hat dir das deine Mummy nicht gesagt?“ Tränen stiegen in die Augen des schwarzhaarigen Jungen. Er versuchte sie hinter einem Vorhang von Haaren zu verbergen und senkte seinen Kopf. Wieder dieses spöttische Lachen von Rosier. Nun lachten auch die beiden drei anderen Schüler, die sie beobachtet hatten. Begriff dieser stumpfsinnige Avery nicht, wie demütigend das war? Rosier wusste es mit Sicherheit. Mulciber schien es verstanden zu haben aber warum stand er ihm nun nicht einfach bei und verteidigte ihn? Severus wurde ganz schlecht. Er presste die Lippen aufeinander und schluchzte leise. Selbst wenn sie Recht hatten, war das einfach nicht fair. Sein Herz wurde ganz schwer und sackte ihm in die Hose. Nur noch zwei Tage, sagte er zu sich selbst. Noch zwei Tage und du bist hier für ein paar Wochen raus. „G-gut…“, stammelte er bloß leise. Er raufte seinen Umhang ein wenig hoch und taumelte mit tränenden Augen an Rosier vorbei, der noch einen Schritt zurück machte, als wolle er seiner Mundfäule ausweichen. Avery sah ihm schweigend nach. Noch immer war leises Kichern zu vernehmen, das eindeutig von den drei Zuschauern ausging. Severus schaltete ab und schlurfte mit sehr kleinen Schritten auf die Kerker zu. Er hörte die spöttischen Stimmen schon gar nicht mehr. Sie waren mit einem Mal so weit weg, dass sie nur noch ein leises Wispern in der Ferne waren. Mit zittrigen Knien ging er die Treppenstufen hinab in die Kerker, seinen Schlafsaal ansteuernd. Er fand nicht mehr als eine lange Schere in seinem Nachtschrank doch auch die musste reichen. Sie schien auf den ersten Blick sehr stumpf zu sein, bloß ihre Spitzen waren einigermaßen scharf. Die Decke seines Himmelbettes schien so unglaublich schwer, als er hinauf sah und sich langsam die Spitzen der offenen Schere in den linken Unterarm bohrte. Er sah er hin, als er merkte, wie die Klingen durch seine Haut drangen. Es war schwer aber mit einemmal ging es ganz schnell, als ob er den Widerstand seines Körpers gebrochen hatte. Es floss kein Blut. Mit leerem Blick drückte er die Klingen der Schere langsam zu, doch es schien nicht so zu funktionieren, wie er es sich vorgestellt hatte. Er spürte, wie die Klingen auf seine Sehnen drückten und seine Finger zuckten unwillkürlich. Der Schmerz war kaum zu spüren, doch genau das war es, was er wollte. Was kümmerte ihn das heiße Blut, das seinen Arm hinab sickerte. Er brauchte diesen süßen, heilenden Schmerz. Wut stieg in ihm auf, Wut auf sich selbst. Nicht einmal das konnte und langsam begann er sogar, seinen eigenen Körper zu riechen. Schweiß. Tränen liefen seine Wangen hinab, als er von Wut gebeutelt die Klingen der Schere in seinem Fleisch fest zusammendrückte und dann einmal mit einem Ruck um sich selbst drehte. Ein heiserer Schrei gellte durch den Schlafsaal. Severus war ein Stammgast im Krankenflügel. Manchmal nur wegen einem kleinen Schwächeanfall, den er ab und an erlitt, wenn ihm eine dieser Situationen zu sehr die Sinne raubten. Meistens jedoch war er selbst daran schuld. Die junge, hübsche Madam Pomfrey hatte schon oft offene Wunden an seinem Kopf schließen müssen, weil er sich einen zu großen Büschel Haare ausgerissen hatte. Sie ließ seine Haare sogar nachwachsen. Nachvollziehen konnte die blonde Krankenschwester das Verhalten des Jungen zwar nicht, aber sie versorgte stillschweigend seine Wunden, mittlerweile hatte sie sogar aufgehört, nachzufragen. Sie behandelte ihn und gab ihm ein Magenmittel mit, damit er nicht mehr solche Bauchschmerzen hatte, wenn er seine kleinen Haarnester oder Kieselsteine geschluckt hatte. Wenn sie seine Wunden schloss, blieb nichts weiter als eine Narbe übrig. Kleinere Wunden meldete er jedoch nicht einmal. Er wollte sie sich aufheben, um sie im Notfall aufkratzen zu können. Zum Beispiel, wenn er im Unterricht eine falsche Antwort gegeben hatte und die Schüler um ihn herum zu glucksen begannen. Es war ein heilsames Ventil, das er nach Belieben öffnen und wieder schließen konnte. Die unfreiwillige Fleischwunde an einem Arm hatte er melden müssen. Dass er mit der Schere so viel anrichten konnte, hatte er nicht gedacht. Seine Finger hatte er kaum noch bewegen können und für einen Moment hatte er richtig Panik bekommen, er würde nie wieder Schneckenhäuser mörsern oder Lily mit beiden Händen durch ihr Samthaar streichen können. Madam Pomfrey war ein Engel. Wenn auch meist ein wenig kaltschnäuzig. Das Stehaufmännchen alias Severus Snape. Er versuchte sich selbst immer wieder mit dem Gedanken zu ermutigen, dass er schon viel schlimmere Dinge durch gestanden hatte. Er wollte einfach immer weiter machen, der Welt zeigen, dass er es schaffen konnte, doch als er am Anfang der Sommerferien nicht einmal vom Bahnhof abgeholt wurde, war er so niedergeschlagen wie selten zuvor. Er stand vorm Bahnhof King’s Cross, neben ihm ein Wagen, der mit zwei Koffern und einem Transportkörbchen beladen war, in dem seine Katze Viviane saß, doch niemand war da, um ihn abzuholen. Kein staubiger, schwarzer Wagen, mit dem sein Vater sonst immer vorgefahren war. Viviane begann murrend zu maunzen und zu knurren. Sie drückte ihre Nase gegen die Gitter des Transportkorbes und hörte sich unglaublich wehleidig an. Nach vielen, unendlichen Diskussionen, die Lily mit ihren Eltern führte, erklärten die sich doch schließlich dazu bereit, Severus zumindest schnell vor seiner Haustier rauszuschmeißen, wenn sie schon da in die Gegend fuhren. „Siehst du, war doch gut, dass wir zusammen gewartet haben.“, meinte Lily etwas schnippisch, als sie gemeinsam auf der Rückbank des Wagens saßen. Sie hatte ein wenig gebraucht, um Severus von Mulciber loseisern zu können, dessen Eltern auch reichlich spät am Gleis aufgetaucht waren. „Danke…“, nuschelte er resigniert und berührte ganz kurz Lilys Hand, um sie danach wieder rasch zurückzuziehen. Er hatte das Gefühl, ohnedies schon argwöhnisch durch den Rückspiegel beobachtet zu werden. Lily beugte sich zu ihm rüber. Sie schien gemerkt zu haben, dass er ein wenig Respekt vor ihren Eltern hatte. „Es liegt nicht daran, dass du ein Zauberer bist, meine Eltern finden das toll… Sie sagen nur, ich bin noch zu jung für einen Freund.“ Sie kicherte leise. „Aber dabei sind wir ja nur beste Freunde. Na ja, du weißt ja wie Eltern so sind.“ „Ja…“, antwortete Severus monoton und sah aus dem Fenster. Nein, wusste er nicht. Seine Eltern waren nicht, wie normale Eltern. Und ob sie beide nur beste Freunde waren, daran hegte er auch langsam seine Zweifel. Aber das brauchte er der Schönen ja nicht gleich auf die Nase binden. Er spürte Lilys warme Hand auf der seinen und unwillkürlich bildete sich ein sanftes Lächeln auf seinen schmalen Lippen. Aus dem Kofferraum drang das Maunzen von Minouche und Viviane. -To be continued- Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)