Washuleins Märchenstunde von -Catayane- (Antimärchen einer andern Ebene) ================================================================================ Kapitel 1: Ein altes Märchen ---------------------------- Es war einmal in einem weit entfernten Land, wo es zwei große und mächtige Königreiche gab. Du wirst noch nie von jenem Land gehört haben. Es liegt schon lange zurück. Doch erinnere ich mich, dass einst der Prinz des einen Königreiches die Prinzessin des anderen heiraten wollte. Er war ein schöner und starker Mann. So ritt er los zum König des anderen Reiches und bat um die Hand seiner Tochter. Der alter König musterte den Prinzen eingehend und fragte ihn, ob der Prinz wirklich seine Tochter lieben würde, er hatte sie schließlich noch nie zuvor gesehen. Der Prinz sagte stolz heraus: "Mein König, das Anliegen, was ich darbringe, ist nur ein Vorwand, um mich von der Schönheit deiner Tochter zum Blinden machen zu lassen. So bitte ich euch, lasst die Prinzessin mich blenden, so dass ihre Schönheit meine letzte Freude sein soll, die ich gesehen, und lasst unsere Reiche zu einem ganzen verschmelzen." Die Worte des Prinzen klangen forsch, doch willigte der alte König ein und gab ihm seine Tochter zur Braut. Als der Prinz sie erblickte stand sein Herz beinahe still. Ihre Schönheit war überwältigend und sie strahlte wie tausend Morgen. Nie hatte er ein schöneres Wesen erblicken dürfen als dieses. Sie verliebten sich sogleich ineinander. Der Prinz nahm seine Braut mit in sein Königreich, wo die Hochzeit abgehalten werden sollte. Sie ritten den ganzen Tag lang und als die Nacht hereinbrach machten sie Rast auf einer Wiese. Erschöpft ließ sich die Prinzessin dort auf einen Fels sinken, um zu verschnaufen. Als der Prinz zu ihr gehen wollte, brach ein hallender Blitz zwischen ihnen ein und ein mächtiger Engel erstand zwischen ihnen. Der Prinz und die Prinzessin blickten wie gebannt auf ihn. Erbost sprach der Engel zu dem Prinzen: "Höre zu, du Einfältiger! Die Prinzessin wird niemals deine Frau werden. Ich will sie zu meiner Braut machen und stellst du dich zwischen uns, wird es dir schlecht ergehen!" "Pah, versetzte der Prinz forsch, "Dein Wort schreckt mich nicht! Sie wird meine Königin werden." Der Engel wandte sich zu der noch immer wie erstarrt wirkenden Prinzessin und sprach einen Zauber über sie aus, der sie in einen tiefen Schlaf sinken ließ. Der Prinz wollte zu ihr eilen, doch der Engel verfluchte den Prinzen abrupt und verwandelte ihn in einen hässlichen Zwerg. Als dies geschehen, flog der Engel wieder dem Himmel empor und verschwand aus der Sicht des Unglücklichen. So blieb der Prinz zurück und beweinte das Unglück, was ihn und seine zukünftige Frau getroffen hatte. Er versuchte sie zu erwecken, doch blieb sie stumm und achtete nicht auf seine Bemühungen. Die Nacht zog herein und der Prinz wachte in seiner scheußlichen Gestalt bei seiner Braut, um welche er tausend blühende Blumen drapierte und sie einem Schatz gleich aufbahrte. Ohne zu wissen, wie es nun weiter gehen sollte verweilte er an der selben Stelle noch drei weitere Tage lang, denn in sein Reich konnte er nicht zurückkehren, weil niemand ihn erkennen würde. In der Nacht des dritten Tages als der Prinz nach einem kurzen Schlummer plötzlich aufschreckte und sich umsah, entdeckte er unverhofft einen Korb mit hunderttausend Federn darinnen. Er nahm die Federn und schmückte die schlafende Prinzessin damit, sodass sie noch viel schöner wirkte als sie es schon tat. Als er die letzte Feder neben ihr Gesicht legte, erschien abermals der Engel und diesmal lachte er auf: "Du Narr! Nun ist sie mein! Die Federn sind der Preis für die Prinzessin und als du sie berührtest, nahmst du ihn bereitwillig an, du dummer Zwerg." Fassungslos stand de Prinz da und sah sich fast schon der Übermacht des Engels ausgeliefert. Er sah sich um und entdeckte sein Schwert, nach welchem er behände griff und den Engel zum Kampf forderte. Der Engel lachte erneut und willigte ein, denn er glaubte, dass ein Zwerg niemals seiner Macht gewachsen sein konnte. Er wollte gerade auf den verwunschenen Prinzen zugehen, als dieser in Windeseile in den Wald stürmte. Der Engel erwartete ein leichtes Spiel und ging auf die Jagd ein. Es fiel ihm nicht schwer mit dem Zwerg, dessen Beine doch so kurz waren, Schritt zu halten. Der Prinz jedoch rannte weiter und immer weiter, über Stock und Stein. Er war sich fast sicher verloren zu haben und dem Engel seine geliebte Prinzessin überlassen zu müssen. Da stolperte er plötzlich über einen großen Felsen, welcher in zwei Hälften geteilt war, wo eine Feder dazwischen lag. Der Prinz blickte sich nach seinem Verfolger um, welcher starr, auch etwas ängstlich einige Meter hinter ihm stand. Der Prinz rappelte sich auf und stieß dabei mit dem Fuß gegen den Felsen. Der Engel zuckte schmerzlich zusammen und der Prinz begriff. Er nahm sein Schwert und rammte es so in die beiden Hälften des Felsens, dass dieser wieder ein ganzer wurde. Während er dieses tat schrie der Engel auf und zerfiel in abertausende von weißen Federn. Der Prinz hatte es geschafft und erhielt seine wahre Gestalt zurück. Und auch die Prinzessin war, nachdem er wieder zu ihr zurückgekehrt war, aus ihrem Schlaf erwacht. Nun bestiegen sie ihre Pferde und ritten endlich in das Königreich des Prinzen, wo sie ihre Hochzeit hielten und glücklich und zufrieden waren, bis in alle Ewigkeit. Du wirst jetzt sicherlich glauben, dass du den Felsen nie erblickt hast, aber es gab ihn und er steht noch in dem Wald, in dem fernen Land. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)