Washuleins Märchenstunde von -Catayane- (Antimärchen einer andern Ebene) ================================================================================ Kapitel 9: Der Schneeflockenfischer ----------------------------------- Es war einmal vor Ewigkeiten ein kleiner Junge, der den Schnee liebte. Jedes Jahr wartete er voller Sehnsucht auf den Winter, wenn sich der Himmel grau färbte, dann weiß und schließlich etwas von ihm zur Erde segelte, das noch viel, viel weißer war. Der Junge lief dann immer nach draußen, starrte zum Himmel und war immer zur rechten Zeit da, wenn die erste Flocke fiel und ihm sanft auf der Stirn aufkam, wo sie sich in Wasser verwandelte und tränengleich seine Wange herunterfloss. Jeden Tag aufs Neue, wenn der Schnee kam, war er da und er genoss, als Erster die Flöckchen, die niedlichen, willkommen zu heißen zu ihrem kurzen Besuch auf der Erde. Doch ward nicht immer Winter auf der Welt und den Rest des Jahres musste der kleine Junge nun mit Warten verbringen. Dann saß er an einem Steg und blickte in das klare Wasser, in dem die Fische nur so schwirren sah, doch wenn man nach ihnen greifen wollte, dann huschten sie davon. Wie die Flocken es ähnlich taten, dachte der Junge. Und so hatte er eine Idee, wie er die Flocken vielleicht länger behalten konnte, ohne dass die zusammengedrückt und zu einem unschönen Klumpen wurden. Also ging er zum Fischer, der in der Nähe seine Netze hatte und er fragte ihn, wie er es schaffte, dass die Fische, nicht im Netz zu einem Klumpen wurden und sie noch lange bei ihm blieben und sogleich folgte auch seine Frage, ob man das auch mit Schneeflocken machen konnte. Da lachte der Fischer laut auf und nannte den Jungen einen kleinen Narren, wenn er denn dachte, dass Fische und Schneeflocken sich gleich benahmen, wenn sie gefangen wurden. Eher seien die Flocken wie Schmetterlinge, meinte er, als er das enttäuschte Kindergesicht sah. Da fasste der Junge eine neue Idee und machte sich auf zum Insektensammler, einem klugen Manne, wie man sich sagte. Und wieder stellte er dieselben Fragen. Und wieder lachte man ihn aus. Der Insektensammler meinte, dass Schneeflocken nicht seien wie Schmetterlinge, denn Schmetterlinge flögen auch noch, wenn sie im Netz waren, um zu entkommen, ebenso Fische, aber Schneeflocken, würde niemals, nicht einer Millionen von Tagen versuchen aus ihrer Gefangenschaft zu entfliehen. Da war der Junge traurig. Und als der nächste Winter kam, lauerte er auf den Schnee wie gewohnt und haschte mit vollem Eifer die erste Schneeflocke, die er dann in seiner Hand spürte. Er spürte das Zittern des armen Dings und dann das Wasser in seiner Hand. Sie versuchen doch zu fliehen, sagte sich der Junge. Sie machen es nciht wie die Fische und Schmetterlinge, sie sind listiger und verflüssigen sich einfach! Aber was konnte man dagegen tun? Er nahm sich eine Handvoll Schnee, soviel, dass er ihm nicht in der Hand zerlaufen konnte, und brachte ihn ins Haus. Dort setzte er sich an den Kamin und sah zu, wie er zu Wasser wurde. Wenn es warm war, schmolz Schnee, darin sah er den Fluchtweg der Flocken, die er haben wollte. Also musste er nur kälter werden, damit die Flocken diesen Fluchtweg nicht bekommen konnten. So lief er hinaus in den Schnee und legte sich dort hinein und harrte die gesamte Nacht aus, bis er ganz kalt wie eine Schneeflocke geworden war. Als dann am nächsten Morgen der Schnee wieder beginnen wollte zu fallen, schnappte er sich ein Netz, das er sich vom Fischer besorgt hatte und schwang es durch die Luft, dass die Flocken darin hängen blieben. Es klappte und verzückt schaute er sich seinen Fang an. Die Flocken konnte er in die Hand nehmen und sie schmolzen nicht. "Du hast meine frechen Kinder gefangen.", erklang plötzlich die Stimme der Mutter Winterwolke, "Wirst du sie mit wiedergeben?" "Ich will sie behalten.", sagte der Junge daraufhin. "Warum?", fragte Mutter Winterwolke. "Sie sind schön.", antwortete der Junge. "In jedem Jahr entfliehen sie mir und fallen zu früh zur Erde und kommen erst im Frühling wieder, obwohl ich sie so vermisse. Wenn du sie mir immer bei ihrem ersten Fall wieder einfängst und dann gen Himmel fliegen lässt, gewähre ich dir die Gabe, dass du nie wieder frieren musst und dir Eis, Schnee, Hagel und alle Kälte nichts anhaben können." "Aber ich will erste Schneeflocke behalten.", beharrte der Junge. Da lächelte die Mutter Winterwolke und sagte: "Wenn du es willst und bei dir sein will, so kannst du sie haben." Und im Schneehaufen erstand plötzlich ein Mädchen, reinweiß wie die Unschuld mit kristallen glitzernden Augen. "Ich will bei dir sein.", meinte das Mädchen und so geschah es dann auch. Die Schneeflocke, die immer als erste entflohen war und auch jene war, die den Jungen beim Fall immer berührte, blieb bei ihm und gemeinsam fingen sie die Flocken alle ein und warfen sie hinauf in den Himmel zu Mutter Winterwolke. Und auch deren Versprechen wurde war, denn der Junge spürte keine Kälte mehr und hätte nackend durch den Winter laufen können, so angenehm war es ihm. Und mit der Schneeflocke lebte er dann viele glückliche Jahre und Winter zusammen, bis sie eines Tages beide zu Wasser zerschmolzen und in das eisglitzernde Himmelreich eingingen. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)