Weil du da bist - Part Two von Rajani (Lew ist zwar weg... aber heißt das auch freie Bahn für Ty...?) ================================================================================ Kapitel 10: Verzweiflung ------------------------ >^^< ich musste die zwei kappis einfach an genau dieser stelle unterbrechen, in meiner datei war das erst nich so, aber das passt jetzt besser ^^ okay, los gehts „KAAAI!“ Der Schuss löste sich, doch er traf nicht Kai. „Tyson! Bist du wahnsinnig?“, sagte Kai entsetzt, wollte aufspringen, musste aber stattdessen Tyson auffangen. Mit ihm im Arm sank er zurück auf den Boden und drückte ihn an sich. Nein... Du Dummkopf! Nennst du das Liebe? Mich hier allein zurückzulassen? Eine Träne fiel auf Tysons Wange. Im selben Moment spürte Kai eine zitternde Hand an der seinen. Erschrocken öffnete er die Augen und schaute in Tysons. „Tyson! Du...“ Kai wusste nicht, was er sagen sollte. Sollte er schimpfen, heulen, sich freuen? „Hey... Wir können gern... über alles reden, aber... wärst du so nett,...-“, flüsterte Tyson, doch einer der Polizisten unterbrach ihn. „Ein Krankenwagen ist schon unterwegs. Ich habe grad angerufen.“ Kai nickte nur. Zu etwas anderem war er nicht fähig. In dem Moment ging die Glastür auf und Hiro und Brooklyn stürmten herein, während Leonit (sich wild sträubend) abgeführt wurde. Hiro war mindestens genauso entsetzt wie Kai. „Kai? ... Kann mich mal... einer ... runterbringen? ... Ich glaub nicht, dass die hier hochkommen werden...“, sagte Tyson und bemühte sich, sich die Schmerzen nicht anmerken zu lassen (eigentlich sinnlos). Hiro verstand und nahm seinen Bruder auf die Arme, jedoch nicht ohne einen Laut dessen. Kai sah der offensichtlich schmerzhaften Prozedur zu und folgte gemeinsam mit Brooklyn Hiro. Während der Fahrt im Fahrstuhl nach unten, tauchten auf Tysons Gesicht Schweißperlen auf und zwischen Hiros Füßen fielen ein paar Tropfen Blut zu Boden. Kai konnte dort nicht hinsehen. Er wischte stattdessen zittrig die Schweißperlen aus Tysons so ruhigem Gesicht. Kaum, dass sie unten ankamen, kamen ihnen auch schon der Notarzt und der Rettungsdienst entgegen. „Die Trage! Schnell!“ Tyson wurde auf die Trage gelegt und in den Krankenwagen geschoben. „Fahr du mit ihm, ich sag den anderen Bescheid und komme dann mit ihnen nach!“, sagte Hiro und schob Kai hinterher und in den Krankenwagen. Völlig geschockt saß Kai da und sah zu, wie die Ärzte versuchten die Blutung zu stoppen. Ohne großen Erfolg. In Windeseile bestellte der eine Blutkonserven und gab dem Krankenhaus Bescheid, sodass sie ihn sofort operieren konnten. Sobald es genügte, dass sich nur noch einer um Tyson kümmerte, wandte sich der zweite Kai zu. „Alles okay?“, fragte er. Kai reagierte im ersten Moment nicht. Seine Blicke ruhten auf Tyson. Er war nicht einmal zu irgendwelchen Gedanken fähig. „Hey. Wie geht's dir?“ Kai sah zu ihm. Der Arzt erkannte sofort den leeren Ausdruck in seinen Augen. „Ganz ru­hig. Das wird wieder. Er wird sofort operiert. Dein Freund hat echt Glück gehabt.“, sagte er. Kai schwieg und senkte den Blick. Glück? Das nennt der Glück? „Zeig mal deinen Arm.“ Der Arzt zog an Kais Arm und sah sich die Wunde an. „Na, das geht ja. Das machen wir, wenn wir da sind. Geht's so lange noch?“ Kai nickte. Hatte Leonit ihn wirklich er­wischt? So kam's ihm gar nicht vor... Hastig wurde Tyson in den OP geschoben, während Kai neben ihm herlief. Vor der Glastür blieb er stehen. Hier durfte er nicht rein und wenn er es noch so sehr gewollt hätte. Mit im­mer noch zittrigen Händen und Knien stand er dort und starrte auf die Tür. Die Schritte hin­ter sich hörte er nicht. Er bemerkte nicht, dass seine Freunde hinzukamen. Erst als er Hiros Hand auf seiner Schulter spürte, zuckte er zusammen und sah ihn erschrocken an. „Und?“, fragte Hiro nur. Kai aber seufzte nur. Was soll ich ihm denn sagen? Ich hab nicht die ge­ringste Ahnung, was sie da drin machen... Plötzlich ging die Tür auf und eine Schwester kam heraus. Sie ging auf ihn und die anderen zu, hielt dann aber vor Kai an. Kai schluckte. „Hier. Das hatte dein Freund bei sich. Ein Foto von ihm und dir. Leider...“, sagte sie und gab ihm ein Bild mit einem Loch drin. Das Loch war genau zwischen seinem und Tysons Kopf. Das Foto hatten sie irgendwann mal irgendwo gemacht. Kai war überrascht, dass Ty­son es noch hatte. Es war so alt. Er nahm es ihr ab und sah es sich lange an. „Wie geht es Tyson?“, fragte Max aufgeregt. „Ist irgendwer von Ihnen mit ihm verwandt? Sonst darf ich es nicht sagen.“, sagte die Schwester. „Ich bin sein Bruder. Mir können Sie alles sagen.“, sagte Hiro und trat vor. Er legte ein Hand auf Kais Schultern. „Und ihm auch. Die beiden wohnen und arbeiten zusammen.“, fügte er hinzu. Die Schwester nickte und bat Hiro und Kai, mit ihr zu kommen. Hiro folgte ihr, doch Kai blieb stehen. „Kai? Willst du nicht mit­kommen?“, fragte Hiro. Doch er ließ es bleiben, als Kai nicht reagierte. Wieso kümmert sich eigentlich keiner um ihn? Er steht völlig unter Schock! „Kai, willst du dich nicht wenigstens hinsetzen?“, fragte Ray nach ein paar Minuten, in de­nen er Kai beobachtet hatte. Mit einem Seufzen drehte sich Kai um. Dabei fiel ihm das Foto aus der Hand. Im selben Moment schwankte er gefährlich und Brooklyn sprang auf, um ihn zu stützen. Vorsichtig manövrierte er ihn zu der Sitzbank und hielt ihn fest. Kurz darauf kam Hilary mit Kenny angerannt und blieb außer Atem vor ihnen stehen. „Was ist passiert?“, he­chelte sie. „Tyson wurde angeschossen.“, sagte Brooklyn. „Oh mein... Und wie geht es Kai?“, fragte sie. Ray schüttelte den Kopf. „Er steht immer noch unter Schock.“, fügte er er­klärend und mit einem Blick auf Kai hinzu. „Wie lange-“ „Seit einer halben Stunde etwa.“, antwortete Max, noch bevor sie ihre Frage richtig aussprechen konnte. „Wie konnte das denn passieren?“, fragte Kenny. Doch niemand antwortete. Sie schauten nur alle zur Kai. Er kannte die Antwort darauf, aber er sagte nichts. Seufzend setzten sich Hilary und Kenny zu ihnen und schauten besorgt zu Kai, den Brooklyn fest im Arm hielt. Etwa dreieinhalb Stunden später wurde die Glastür geöffnet und Tyson herausgeschoben. Der Arzt, der ihn operiert hatte, blieb bei seinen Freunden stehen, die inzwischen alle aufge­standen waren und Tyson nachsahen. Eine Schwester blieb hinter ihm stehen. „Er ist außer Lebensgefahr. Sie müssen sich keine Sorgen machen, er wird wieder auf die Beine kommen. Nur um eins möchte ich sie noch bitten. Sorgen sie dafür, dass er sich nicht aufregt und sich keinesfalls bewegt. Er braucht jetzt viel Ruhe. Sein Körper muss einige Blutkörperchen neu bilden. Die letzte Blutkonserve hat nicht mehr ganz ausgereicht, aber das ist nicht so drama­tisch. Das schafft sein Körper auch allein.“, erklärte er. Mit einem Handzeichen bedeutete er der Schwester die Jungs und Hilary zu Tyson zu bringen. Vor der Tür hielt sie an und wand­te sich ihnen zu. „Ich lasse euch jetzt alle zu ihm, aber sobald er aufwacht, wäre es nett, wenn nur maximal drei bei ihm sind. Und wie gesagt, achtet darauf, dass er sich nicht auf­regt.“ Sie öffnete die Tür und ließ sie hinein. Brooklyn und Hiro sorgten für einen Platz bei Tyson, wo Kai sich setzen sollte. Alle anderen standen um ihn herum, oder setzten sich auf die anderen noch freien Plätze. Hiro war der Erste, der die Stille durchbrach. „Was ist denn überhaupt passiert? Das war doch der Russe, den Mr Dickenson eingeladen hat. Wieso hat der auf Tyson geschossen?“ Kai holte tief Luft. „Das hat er ja gar nicht. Er hat auf mich ge­schossen.“, sagte er leise. „Auf dich?!? Wieso denn das? Hast du ihm irgendwas getan?“, fragte Ray. „Nein... Aber er glaubt das.“ „Äh, wie jetz'? Was glaubt er?“ Hilary verstand nicht so recht, was Kai meinte. „Er glaubt, ich hätte seinen Bruder vom Dach gestürzt. Ab­sichtlich.“, erklärte Kai. „Und? Hast du?“, fragte Kenny. Kai bedachte ihn mit einem nach­denklichen Blick. „Nicht wirklich. Er ist selbst Schuld...“, sagte er dann leise. Doch ganz plötzlich brach es aus ihm heraus. „Verdammt, ich wollte ihn noch retten, aber... er war zu schwer! Selbst mit Tyson hätte ich's nicht geschafft!“ Ray runzelte die Stirn. „Und warum ward ihr auf dem Dach?“ „Das war, nachdem wir auf Serena und Ling aufgepasst haben. Ich hab den Vorschlag gemacht, dass wir auf's Dach gehen und einen Moment ausspannen. In dem Moment ist Lew aufgetaucht. Er...“ Doch Kai brach ab. Das wollte er nicht erzählen. „Er? Er, was?“, fragte Max. „Er hat uns angegriffen. Grundlos.“, log Kai. „Ich hab ihn von mir weggeschubst und dabei ist er bis zur Brüstung getaumelt. Ich konnte doch nicht ahnen, dass er da runterfällt.“ Zum Teil war das eine Lüge, aber die Wahrheit konnte er ihnen nicht sagen. „Und deshalb hat der jetzt auf dich geschossen? Weil sein Bruder bei einem Unfall gestorben ist, bei dem du dabei warst?“, fragte Hilary perplex. Unfall? Hab ich das jetzt wie einen Unfall geschildert? Das war Notwehr, aber doch kein Unfall! Kai musterte sie einen Moment ungläubig. „Hilary... Das war Notwehr, kein Unfall.“, erklärte Ray, dann wandte er sich wieder Kai zu. Was er da sagte, klang irgendwie nicht echt. „Aber eines wüsste ich doch noch gern. Du hast gesagt, dieser andere, den sein Bruder, hätte euch grundlos ange­griffen. Das kann ich mir nicht vorstellen. Warum schleicht er euch denn hinterher, wenn er euch aus einer Laune heraus angreifen wollte?“ Kai seufzte. „Ich weiß es nicht. Ich hab ihm nichts getan. Er ist mit Boris mitgekommen. Als Trainer.“, sagte er. „Du kanntest ihn doch. Tyson hat es mir gesagt. Da meinte er, du hättest ihm nicht gesagt, woher du ihn kennst. Er wüsste nur, dass er gerade noch rechtzeitig gekommen ist, bevor er dich-“ „Sei still! Hör auf, darüber zu reden! Ich will es nicht hören!“, unterbrach Kai Hiro laut. Ray stutzte. Ir­gendwas stimmt doch da nicht! ... Ah ja, ich erinnere mich! Tyson sagte doch, dieser Lew hätte ihn irgendwie angerührt. Ich frag mich, inwiefern... „Kai? Gibt es da irgendwas, was du uns sagen willst?“, fragte er. „Nein, nichts.“, log Kai. „Sei ehrlich. Irgendwas ist doch da! Die Geschichte, dass dieser Lew euch grundlos angegriffen hat, nehm' ich dir nicht ab!“ „Hör auf... Lass mich doch einfach in Ruhe!“, maulte Kai. „Kai! Ich will das jetzt wissen!“ Mit einem genervt klingendem Geräusch stand Kai auf und ging an Ray vorbei zum Fenster, von wo aus er in die Nacht starrte. „Was war wirklich?“, fragte Ray. „Nichts, das hab ich doch schon gesagt!“ „Du lügst.“ Ray schüttelte den Kopf. „Ich bin enttäuscht von dir. Wir sind deine Freunde, du kannst uns alles sagen.“, sagte er. „Aber das nicht!! Was passiert ist, bevor ich euch alle kennen gelernt habe, das geht euch nichts an! Niemanden von euch! Das ist allein meine Angelegenheit!“, sagte Kai wütend. „Nicht nur. Tyson hat mit uns darüber gesprochen. Hör mal, er macht sich höllische Sorgen um dich!“, sagte Ray. Kai sah ihn ei­nen Moment lang durchdringend an, dann- „Worüber hat er gesprochen?“ „Darüber, dass er dir helfen will. Aber du verweigerst ihm ja alles. Um dir helfen zu können, muss er wissen, was passiert ist, aber du sagst ihm ja nichts. Das einzige, was er weiß ist, dass dieser Lew dich angerührt hat. Was ist da noch alles, Kai? Das kann doch nicht alles gewesen sein!“, sagte Ray. Kai hatte das Gesicht verzogen, als Ray es ausgesprochen hatte. Hilary hatte die Augen aufgerissen und setzte zur Frage an, doch Kai war schneller. „Und wenn doch? Was, wenn das alles war?“ „Dann lügst du wieder. Du hast Lew doch schon vorher gekannt, oder? Ich glaube nicht, dass das so plötzlich kommt, was Tyson da meinte.“, sagte Ray. Kai verzog erneut das Gesicht. „Das ist meine Angelegenheit. Es geht euch wirklich nichts an, was er getan hat oder nicht! Es ist über fünf Jahre her und außerdem ist Lew tot. Warum sollte ich da jetzt noch großartig Theater machen?!“ Kai wandte sich wieder dem Fenster zu, während Ray hinter ihm knurrte. „Kai! Auch meine Geduld ist irgendwann am Ende!“, fauchte er, packte Kais Schulter und drückte ihn an die Wand. Kais entsetzter, erschrockener und gehetzter Blick irritierte ihn etwas. „Sag uns jetzt endlich die Wahrheit! Fünf Jahre lang zu schweigen, das ist Wahnsinn! Das hält doch keiner aus, ohne irgendwann mal zusammenzubrechen! Rede jetzt endlich!“ Kai sah erst zur Seite. „Was willst du denn hören? Dass ich nicht so bin, wie ihr mich kennt? Das ich nicht so bin, wie ich mich gebe, sondern mich lieber verkrieche?! Das ich über mich ergehen lasse, was man mit mir macht, ohne zu protestieren? Das ich weglaufe? Das ich Angst habe? Willst du das hören?“, fauchte Kai und sah ihm dann dabei fest in die Augen. Rays Griff lockerte sich etwas. „Wovor hast du Angst? Wovor läufst du weg?“, fragte er. „Vor meiner scheiß Vergangenheit, die euch alle nicht im Geringsten was angeht!! Ich will nicht darüber reden, kapier das endlich!“ Ray seufzte. „Warum nicht?“ „Warum? Du fragst mich allen Ernstes, warum??“ Kai schüttelte ungläubig den Kopf und befreite sich von Ray. „Lass mich einfach damit in Ruhe, ja? Ich will nichts mehr davon hören!“ Er setzte sich wieder und legte, tief durchatmend, die Hände an seine Stirn. Max kam näher, bedachte Ray mit einem anklagenden Blick und legte eine Hand auf Kais Schulter. „Bei seinem Geburtstag, da hast du ihm doch die Ringe geschenkt. Du hast gesagt, du schenkst ihm dein Herz. Aber du hast auch gesagt, er soll gut darauf aufpassen, es hat schon genug erleben müssen. Hat das was damit zu tun?“, fragte er vorsichtig. „Hört bitte auf damit... Ich will nicht darüber reden, warum versteht das keiner von euch?“, sagte Kai abwehrend. „Schon gut, ich möchte nur wissen, ob das was damit zu tun hat.“, sagte Max beschwichtigend. „Ja, hat es und jetzt lasst mich bitte damit in Ruhe!“ Kai schob Max' Hand weg und stützte sich wieder auf das Bett. Ray verdrehte genervt die Augen. „Na schön! Mach doch, was du willst! Dann komm von mir aus doch um in deinem Selbstmitleid!“, fauchte er. „Ray!!“ Max war schockiert, so etwas aus dem Mund seines Liebsten hören zu müssen. „Ist doch wahr! Sitzt da, redet über nichts und bemitleidet sich womöglich noch selbst! Muss das denn sein?“, rechtfertigte sich Ray. Doch noch bevor Max etwas erwidern konnte, stand Kai vor Ray und sah ihn wütend an. „Ich glaube nicht, dass du darüber reden würdest! Wenn doch, dann bist du für mich nichts anderes als ein Egoist, der im Rampenlicht stehen und das Mitleid anderer haben will! Ich weiß, welche Fehler ich begangen habe und dafür will ich kein Mitleid!“, sagte er. „Was denn für Fehler?“, fragte Ray. „Ich habe den Fehler gemacht, jemandem zu vertrauen! Ich habe jemandem vertraut und ihm verziehen, was er getan hat. Und genau das hätte ich nicht tun sollen! Hätte ich es nicht getan, wäre es allerdings nicht anders geworden! Ob nun so oder so, passiert wäre es doch! Ich hätte es nicht ändern können! Aber ich hätte vorher etwas tun können! Was ich nicht getan habe! Und das Ergebnis dieser Fehler, steht hier vor dir!“, fauchte Kai und setzte sich wieder. Rays weitere Fragen ignorierte er jetzt einfach. „Hörst du mir überhaupt zu? Kai!“ Ray fand diese totale Ignoranz nicht gerade nett. „Willst du damit sagen, dass du uns nicht vertraust? Kai! Antworte!“ Plötzlich ging Brooklyn dazwischen. „Das reicht jetzt, Ray. Denk doch mal an Kais Gefühle. Dir ist doch klar, wie's ihm jetzt geht, oder? Tyson wurde angeschossen und du diskutierst hier mit ihm über irgendwelche vergangenen Sachen, über die er nicht reden will. Lass es gut sein. Lass ihn einfach in Ruhe.“ Ray sah ihn ungläubig an. „Was? Ich hab doch eben schon gesagt, wir sind seine Freunde. Mit uns kann er über alles reden. Er kann uns vertrauen. Aber offensichtlich tut er das nicht. Nennst du das Freundschaft?? ... Ach, was rede ich eigentlich?! Du hast das ja nie richtig kennen gelernt!“, antwortete Ray. Max nahm seine Sachen und zog Ray entschlossen mit sich zur Tür. „Ray, ich glaube, wir gehen jetzt! Das ist genug. Brooklyn hat Recht, du solltest wirklich mal an Kais Gefühle denken!“, sagte er und zerrte ihn aus dem Zimmer. „Was war denn das jetzt?“, fragte Hiro. „Was war denn mit Ray auf einmal los? So kenn ich ihn ja gar nicht. Er ist doch sonst immer mit sich und allem anderen im Einklang. Die Reaktion passt irgendwie gar nicht zu ihm.“ Brooklyn setzte sich schulterzuckend wieder zu Hiro. „Frag mich nicht. So gut kenne ich ihn nun auch nicht.“, war dessen Antwort. Kai ließ seinen Kopf auf die Arme sinken, die er auf Tysons Bett gelegt hatte. Hiro deutete auf ihn und flüsterte zu Brooklyn: „Er ist erschöpft. Kannst du eine Decke holen?“ Brooklyn nickte und verschwand kurz. Leise drang Hiros Stimme in Kais Bewusstsein. „Kai. Kai! Wach auf!“ Verschlafen öffnete Kai die Augen und wollte sich aufrichten, doch ein Schmerz fuhr durch seinen Rücken und seinen linken Arm. „Er wacht auf.“, sagte Hiro. Die Schmerzen waren wie weggeblasen und sofort richtete sich Kai auf und schaute Tyson an, der ebenfalls langsam die Augen öffnete. „Na, kleiner Bruder? Gut geschlafen?“, fragte Hiro mit einem Lächeln. Nur Kai lächelte nicht. Als Tyson ihn anschaute, standen ihm die Tränen in den Augen. „Ich lass euch jetzt allein.“, sagte Hiro, tätschelte Kais Arm und ging dann mit Brooklyn hinaus. „Oh Mann, du Idiot!“, heulte Kai. Tyson lachte. „Was hätte ich tun sollen? Ihn dich umbringen lassen?“ „Besser ich als du!“, gab Kai zurück. „Bloß nicht! Warum bist du nicht einfach froh, dass al­les gut gegangen ist?“, fragte Tyson. „Kann ich nicht! Was wäre, wenn es nicht so gut gelau­fen wär? Was dann?“ Kai vergrub das Gesicht in den Händen. „Wieso denkst du darü­ber nach? Das ist doch jetzt nicht mehr wichtig, oder glaubst du, ich habe darüber nachge­dacht?“ „Wohl kaum. Sonst wärst du Dummkopf ihm ja nicht vor den Lauf gesprungen! Wieso hast du das gemacht?“ Tyson schloss für zwei Sekunden die Augen, bevor er ihn wie­der ansah. „Weil ich dich liebe. Ich will dich nicht verlieren. Und wenn du noch so kompli­ziert bist, verlieren will ich dich eben nicht.“ „Nur deswegen? Mein Gott, Liebe macht wirk­lich krank...“, sagte Kai. Eine Spur Sarkasmus war zu hören, aber Tyson ignorierte sie. In seinem Fall stimmte dieser Satz. „Was krieg ich dafür?“, fragte er. „Wofür?“ „Dafür, dass ich dein Leben gerettet hab.“, meinte Tyson ironisch. „Ich weiß, was du willst.“, sagte Kai und sah zur Seite. „So? Was denn?“ „Du willst die Wahrheit wissen. Alles. Hab ich Recht?“ Kai sah ihn an und wartete auf die Antwort. „Was alles?“, fragte Tyson. „Alles, was es über mich und Lew zu sagen gibt. Das wolltest du doch wissen.“ Dass das Kai etwas unange­nehm war, spürte Tyson. „Ja, das wollte ich, aber wenn du nicht willst, du musst nicht. Au­ßerdem hatte ich dir, glaube ich, gesagt, dass ich dir lange genug die Chance gegeben hatte. Mit mir brauchst du darüber nicht mehr zu reden.“, sagte Tyson. Kai erinnerte sich daran. Das war wieder einer ihrer Zwiste gewesen, in denen beide ihre Spannungen abgeladen hat­ten. Zu dem Zeitpunkt hatte Tyson einen Fehler begangen, den Kai ihm eigentlich nicht hat­te verzeihen wollen. Er hatte vor allen anderen seine Meinung geäußert, dass Leonit ihn wohl gefoltert habe und er hatte damit Mr Dickenson in Schutz genommen, der das ja nicht wusste. „Ja, ich weiß, aber...“, begann er. „Aber...?“ „Du hast doch gesagt, ich soll darüber reden! ... Verdammt, ich weiß selber, dass ich Hilfe brauche. Du kennst mich doch, ich neh­me ungern Hilfe an! Und schon gar nicht, von jemanden, der davon keine Ahnung hat.“, sagte Kai. Sein wütender aber auch verzweifelter Unterton war Tyson nicht entgangen. „Was soll das heißen, ich habe keine Ahnung?“ Kai sah auf. „Glaubst du, ich habe nicht ge­sehen, was er mit dir gemacht hat? Er hat dich nicht nur geschlagen und bedroht. Ich hab's gesehen, Kai! Ich bin nicht blind!“, sagte Tyson. Das ist nicht wahr! Er hat gesehen, dass er... Jetzt will er es doch erst recht wissen... „Nein... Wirklich? Das ist nicht dein Ernst.“ Kai sah ihn schmerzerfüllt an. „Leider doch. Umso mehr tut's mir Leid, dass ich nicht früher eingegriffen hab. Kannst du mir das verzeihen?“ „Was gibt es denn da zu verzeihen? Du hättest sowieso nichts tun können!“, sagte Kai. „Hätt' ich doch bloß auf dich gehört...“, fügte er leise hinzu. „Hättest du. Aber du hast nunmal deinen eigenen Kopf... Weißt du, was mir grad einfällt?“ Kai schaute ihn fragend an. „Du bist wie eine Katze. Geschmeidig, anhänglich und lieb aber auch kratzbürstig und sturköpfig.“, sagte Tyson lachend. Im selben Moment zischte er vor Schmerz auf. „Du solltest nicht lachen!“, sagte Kai und sprang auf. „Tut dir was weh? Kann ich dir helfen?“ Tyson musterte ihn mit großen Augen, dann grinste er. „Was ist denn los mit dir? Seit wann bist du so besorgt um mich?“, fragte er. Kai stutzte. Das er eben beinahe wie ein werdender Vater überreagiert hatte, war ihm gar nicht so richtig aufgefallen. „Schon gut, ich sag ja gar nichts mehr.“, murmelte er und setzte sich wieder. Tyson schmunzelte. „Das ist lieb von dir, dass du dich so um mich sorgst. Ich könnte mich fast daran gewöhnen.“ Kai musterte ihn irritiert. „Das... das ist nur die Revanche!“ „Weshalb denn?“ „Du hast dich doch auch um mich gesorgt! Soll ich das etwa nicht dürfen? Schließlich hab ich-“, doch noch bevor er den Satz beenden konnte, betrat ein Arzt das Zimmer. „Schließlich hast du was?“, fragte Tyson. Ihn interessierte das offensichtlich nicht. „Jetzt nicht!“, zischte Kai. Nach der Visite nahm der Arzt Kai mit sich. Die Streifschusswunde wurde immer noch nicht behandelt. Offenbar hatte keiner mitbekommen, dass Kai auch verletzt war. Die Ärztin reagierte etwas ungehalten, weil er selbst nichts gesagt hatte. Und wie Kai nun einmal war, konterte er im selben Tonfall mit „Wie sollte ich? Ich hab doch daran nicht gedacht!“ und sie verstummte. Genauso genervt kehrte Kai mit einem Verband zurück. „Nur weil ich die ganze Zeit an dich gedacht habe, fährt sie mich jetzt an, von wegen, ich hätte ja selber was sagen können! Was glaubt die eigentlich, woran ich eher denke? An mich oder dich?!“, be­schwerte er sich und starrte die Tür an, als würde sie jeden Moment mit einer Sense und ei­nem wahnsinnigen Blick hier auftauchen und ihn dafür köpfen, dass er so unfreundlich war. Tyson schmunzelte wieder. „Du bist genauso ein Dummkopf wie ich. Keiner von uns beiden denkt an sich selbst.“, sagte er. „Na dann sind wir immerhin keine Egoisten wie Ray!“ „Ray? Wieso, was hat er denn gemacht?“, fragte Tyson. „Er hat mich genervt. Er hat mir Vorwürfe gemacht, weil ich ihm und den anderen nicht vertraue. Ich vertraue ihnen ja, aber eben nicht so weit, dass ich ihnen mein ganzes Leben darlege. Nur wollte er das nicht ver­stehen. Ich hab ihm klar gemacht, was ich von ihm halten würde, wenn er tatsächlich über das reden könnte, was ich erlebt habe.“, erklärte Kai. „Achso. Und was würdest du von ihm halten?“, fragte Tyson weiter. „Ich hab gesagt, ich würde ihn für einen Egoisten halten, der einfach nur das Mitleid anderer haben will. Ich weiß, welche Fehler ich gemacht hab und hab ihm gesagt, dass ich dafür kein Mitleid will. Wenn er das will, von mir aus. Dann soll er doch mal durchmachen, was ich durchmachen musste.“ „Schon gut. Er hat's bestimmt nicht so gemeint.“ Tyson berührte sanft Kais Hand. „Oh doch, das hat er. Du kannst ihn ja gern fragen. Er wird sicher noch vorbei kommen.“, sagte Kai. „Wenn man vom Teufel spricht...“, fügte er hinzu, gerade, als die Zimmertür aufging und Ray und Max hereinkamen, hinter ih­nen Hiro und Brooklyn. „Und? Wie geht's ihm?“, fragte Hiro. „Gut.“ Kai stand auf und ver­schwand wieder ans Fenster. „Hey, Kai! Was ist los? Bleib hier.“, sagte Tyson und versuch­te ihm nachzusehen. „Lass ihn doch.“, murmelte Ray. Max stieß ihm seinen Ellbogen in die Seite und sah ihn finster an. „Was hast du denn gestern mit ihm gemacht?“, fragte Tyson vorwurfsvoll. „Ich hab ihn lediglich darauf hingewiesen, dass er seinen Freunden alles sagen kann! Sonst nichts.“, verteidigte sich Ray. Tyson seufzte. „Und wenn er das nicht will? Re­dest du denn mit uns über irgendwelche schlechten Erfahrungen?“, entgegnete Tyson ruhig. Kai sah sich um. „Kommt drauf an.“, meinte Ray. „Worauf?“, fragte Kai. „Worauf kommt es bei dir an? Auf das, was passiert ist?“, fügte er hinzu und kam wieder näher an Tysons Bett. „Ja, schon. Glaubst du, ich erzähl's euch nicht, wenn Max fremd gehen würde? Oder wenn ich das tun würde und ein schlechtes Gewissen hätte?“, sagte Ray. Kai starrte ihn ungläubig an. „Das ist doch völlig nebensächlich! Darum geht's überhaupt nicht! Das ist keine schlechte Erfahrung, da bist du dann selber Schuld!“ Ray wollte etwas sagen, doch Tyson war schneller. „Ray, ich glaube nicht, dass du verstehst, um was es hier geht.“ Max griff ein, noch bevor Ray zu Worten kommen konnte. „Er hat Recht, Ray. Wir wissen beide nicht so richtig, um was es geht. Alles, was ich weiß ist, dass Kai eben schlechte Erfahrungen machen musste. Aber keiner von uns beiden weiß, inwiefern. Also finde ich, ist es besser, wenn du ihn nicht weiter danach fragst. Bitte, Ray.“ Ray atmete tief durch. „Ich weiß das! Aber es ist doch nicht so, dass wir gar nichts wissen! Tyson hat doch selbst gesagt, dieser Lew hätte Kai angerührt. Wenn da mehr war, als nur das, warum sagt er denn das nicht? Wir wissen was, so ist es ja nun nicht!“, gab er bemüht ruhig zur Antwort und sah dabei Max fest in die Augen. „Ja, aber-“, begann Max. „Ihr wisst gar nichts! Überhaupt nichts!“ Kai kam Ray bedrohlich nahe und schnappte nach seinem Kragen. „Gar nichts weißt du darüber! Nicht einmal mich kennst du richtig und da wagst du es dir, zu behaupten, du würdest auch nur irgendetwas über die Sache mit Lew und mir wissen??“, fauchte er. Ray und die anderen sahen ihn stirnrunzelnd an. Kaum, dass Kai es ausgesprochen hatte, hätte er am liebsten die Zeit zurückgedreht und etwas anderes gesagt. Tyson schloss kurz die Augen. Kai... Du musst dich nicht rechtfertigen... „Du gibst also zu, dass da was war?“, fragte Ray. Kai ließ ihn los und sah ihn nur an. „Da war nie etwas! Und wenn, dann höchstens einseitig!“ Einseitig von meiner Seite aus, ja... Ich Idiot! Wie konnte ich nur diesen saublöden Satz raushauen! Bin ich jetzt völlig von der Rolle? Kai legte die Hand über sein Gesicht und setzte sich zu Tyson. Der legte vorsichtig die seine auf Kais andere Hand. Den Rest des Tages schwiegen Kai und Ray sich an, was die Sache auch nicht gerade er­leichterte, sondern die Stimmung höchstens in den Keller trieb. Erst als sie alle wieder weg waren sprach Tyson ihn an. „Hey, ist wirklich alles in Ordnung?“ „Ja, ja, geht schon. Aber dass er sich so daran festbeißen muss! Das macht mich wahnsinnig! Noch mal halt ich das nicht aus!“ Tyson lächelte ihn sanft an. „Beruhige dich. Er wird sich schon wieder einkriegen. Spätestens, wenn er weiß, dass dich das verletzt, was er sagt. Das hat dich doch ver­letzt, oder? So kam's mir jedenfalls vor.“ Kai seufzte. „Ja, das hat es. Er will einfach nicht verstehen, dass ich nicht darüber reden kann! Und wenn, er würde es mir ja doch nicht glau­ben. Keiner würde das tun.“ „Doch. Ich schon. Ich glaube dir.“, sagte Tyson. Kai sah ihn er­staunt an. „Jedes Mal, wenn ich dieses Thema angesprochen habe, wolltest du nicht darüber reden. Würde es nicht die Wahrheit sein, warum hättest du dir dann die Mühe gemacht, so lange zu schweigen und es immer noch zu tun? Wäre es eine Lüge um jemandem zu scha­den, du hättest es schon längst gesagt. Ich kenn dich doch.“, erklärte Tyson. „Nein, du kennst mich nicht. Nicht richtig. Was du und die anderen von mir kennen, dass ist alles nur Fassade. Schauspielerei. Ich will nicht, dass es irgendwer erfährt... Ich will nicht, dass ir­gendwer sieht, wie ich wirklich bin. Was ich wirklich bin..... Eigentlich wollte ich, dass du es nie erfährst. Dass du nichts davon mitbekommst, aber seit Lew da war, hab ich diese Idee begraben. Aber ob nun so oder so, irgendwas hättest du doch bemerkt.“, sagte Kai und mied dabei Tysons Blick. „Was...? Willst du's mir nicht doch sagen?“, fragte Tyson. „Aber... Du hast doch gesagt, du hast mir lange genug die Chance gegeben. Jetzt-“ „Ja, das hab ich. Aber hab ich je gesagt, dass es deine letzte Chance war?“ Kai schüttelte den Kopf. „Das hier ist deine allerletzte Chance. Noch eine bekommst du nicht. Wenn du jetzt nicht alles rauslässt, dann akzeptier ich dich so, wie du bist und dass in deinem Leben so einiges schief gegangen ist. Egal, was es ist. Wenn du jetzt schweigst, werde ich nie wieder fragen, warum. Okay?“ Kai spürte einen Kloß im Hals. Wenn nicht jetzt, wann dann? Dann senkte er den Blick. „Wenn das so ist... Vielleicht hilft's mir ja wirklich.“, murmelte er. Tyson lächelte kurz und mit einem Handzeichen bedeutete er ihm, näher zu kommen. Kai gehorchte und beugte sich über ihn. Tyson legte eine Hand auf Kais Wange und lächelte. „Nicht hier. Später...“, sagte er, als Kai Luft holte. Kai legte seine Stirn an Tysons. „Danke. Ich hätte es jetzt sowieso nicht gekonnt. Ich muss mir erst mal darüber im Klaren sein, wo ich überhaupt anfangen soll.“ „Schscht. Denk doch nicht jetzt darüber nach. Lass dir Zeit. Und zwar so lange, bis ich hier raus bin. Dann kann ich dich wenigstens in den Arm nehmen, wenn du nicht mehr kannst.“, sagte Tyson und lächelte noch einmal. Kai konnte nicht anders und lächelte ebenfalls. „Okay...“ soooooo ^^ ich hoffe ihr seid nicht gleich in tränen ausgebrochen XD bleibt dabei, denn jetzt erfahrt ihr die pure Wahrheit! Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)