Weil du da bist - Part Two von Rajani (Lew ist zwar weg... aber heißt das auch freie Bahn für Ty...?) ================================================================================ Prolog: Dunkle Nacht -------------------- So meinen lieben... jetzt kommt Part Two ^^ viel spaß und lieb sein ^^ Hast du je in dunkler Nacht gesessen? Hast du je in die dunkelsten Ecken deiner Seele gesehen? Warst du je so tief unten, dass dir Flucht als das Schönste erschien? Hast du je soviel Leid ertragen müssen, dass Verschwinden dein einziger Wunsch war? Das hast du nie... Dein Leben ist friedvoll, ruhig Aber hast du je in meine Seele geschaut? Hast du je gesehen, was dort ist? Hast du je gesehen, wie mein Ich dort in unendlicher Dunkelheit weint? Hast du je gesehen, wieviel Leid ich ertragen musste? Hast du mich je verstanden? Habe ich denn je mit dir geredet? Ich hoffe, der Prolog gefällt euch schonmal, dafür dass ich es nur so hingekliert hab ^^ Kapitel 1: Albträume -------------------- so jetzt gehts los! ... „Schsch... Ich tu' dir doch gar nichts...“ Der Junge sah ihn ängstlich an. Tränen standen in seinen Augen. „Hör auf zu weinen.“ Der Kleine schluckte seine Ängste herunter und brachte ein flüchtiges Lächeln zustande. „Na siehst du. Jetzt komm, lass uns wieder spielen. Du weißt doch, wie gern ich dich habe...“ Der Ältere lächelte sanft und zog den Jungen zu sich hoch. „Du weißt doch, dass ich dich liebe...“, flüsterte er. Der Kleine lächelte und ging mit ihm in dessen Zimmer... Doch dort drinnen... „Was machst du?“, fragte der Junge. „Ich will mit dir spielen, aber ich weiß noch nicht was. Ich suche mir ein Spiel für uns aus.“, sagte der Ältere der beiden und blätterte in einem Buch. Dann lächelte er, klappte das Buch zu und legte es ins Regal zurück. Er kam auf den Jungen zu, der auf dem Bett saß, dass in der Mitte des Zimmers stand, rundherum Lilien und der Duft von wilden Kirschen. Zärtlich berührte er ihn und küsste ihn, doch es hielt nicht für lange an. Als der Kleine sich wehren wollte, war es vorbei mit der Zärtlichkeit... Wütend darüber schlug er den Jungen... Kai fuhr schweißgebadet, mit einem Schrei und mit Tränen in den Augen hoch. Tyson, der neben ihm lag schreckte ebenfalls mit einem Laut in eine aufrechte Position. Nach Luft schnappend fasste er sich ans Herz und sah dann zu Kai, der förmlich nach Luft rang. „Mein Gott, erschreck mich doch nicht so! Was ist denn los?“, fragte er. „Nichts, ich... hab nur schlecht geträumt...“, sagte er außer Atem. Was ist bloß los? Jetzt auf einmal fängt das wie­der an... Diese Albträume... Ich dachte, das wäre seit Jahren vorbei. Erschöpft strich sich Kai den Schweiß von der Stirn und die Tränen von den Augen. „Kai? Ist wirklich alles in Ordnung?“, fragte Tyson und legte eine Hand auf Kais Schulter. „... Ja, keine Sorge. Es geht schon wieder. Schlaf weiter.“, sagte er. Er schob Tysons Hand weg. Mehr widerwillig ließ sich Tyson von Kai ins Kissen zurück manövrieren und liebevoll zudecken. Wovon hat er nur geträumt, dass er so dermaßen hochschreckt? Was war das? Mit dieser Frage auf der Zunge schlief Tyson wieder ein, während Kai noch lange dasaß. Inzwischen war das altbe­kannte Zittern wieder zurück. Wieso fängt das jetzt wieder an?? Doch nicht etwa, weil Charlie von ihm gesprochen hatte? Wenn das so ist, dann war es vielleicht doch keine so gute Idee, jetzt schon wieder mit dem Training anzufangen... Aber andererseits, es muss sein und außerdem lenkt es mich ab... wie bisher so vieles. Etwas niedergeschlagen schaute er zu Tyson. Du hast mich bisher am meisten abgelenkt... Ein trauriges Lächeln erschien auf Kais Gesicht. Er strich Tyson sanft durch's Haar und dann verschwand das Lächeln auch schon wieder. Nach ein paar Minuten legte auch er sich müde wieder hin und schlief ein. Als Kai am Morgen verschlafen herauskam stieg ihm sofort der Duft von frischem, starken Kaffee in die Nase. Mit jedem Zug wacher werdend kam er in die Küche geschlürft. Tyson sah auf, als Kai im Türrahmen stand. „Guten Morgen. Hast du... gut geschlafen?“, fragte er. „Naja, mal von dem Albtraum abgesehen, schon.“ Kai nahm sich eine Tasse Kaffee und trank einen Schluck. „Wovon hast du geträumt?“, fragte Tyson. Eigentlich wollte Kai ihn daran erinnern, dass er nicht danach gefragt werden wollte, aber hier spielte das keine Rolle. Tyson wusste nicht, was es war und fragte nur nach dem Traum. „Nichts besonderes...“, log Kai. „Wirklich? Sag mir bitte die Wahrheit. Wenn es nichts besonderes war, warum bist du dann so hochgeschreckt? Warum hast du dann geweint?“, fragte Tyson nach. Er hat es gese­hen? So dunkel wie es- ... Das Mondlicht. Er hat sie wohl doch gesehen... Mann, ich Idiot, ich hätte sie gleich wegwischen sollen! „Hatte ich das?“ Ich kann nicht lügen! Ich kann's einfach nicht!! „Ich hab von ihm geträumt. Sonst nichts.“, sagte er. „Von Lew?“ Kai nickte. Tyson trank seinen Kaffee aus. „Was willst du zum Mittagessen haben?“, fragte er. Kai sah auf. „Wie?“ „Ich geh noch schnell einkaufen. Also, was willst du haben?“ Er... er hat ein­fach das Thema gewechselt... Das macht er doch sonst nie... „Mach was du willst. Ist mir egal...“, antwortete Kai perplex und sah ihm nach, als Tyson aus der Wohnung ging. Er stand vor der Tür, als sie zufiel und sah sie eine Weile lang an. Tyson hatte ihn nicht mehr allein gelassen, seit Lew versucht hatte, ihm Schmerzen zuzufügen. Das ist das erste Mal seit Wochen, dass du mich allein lässt. Wieso machst du das? Du hast doch gesagt, du lässt mich nicht allein. Hättest du mich nicht mitnehmen können? ... Was rede ich eigentlich? Soll er ruhig gehen, was hab ich jetzt noch zu befürchten? Nichts... Außer, dass du nicht zu­rückkommst. Mit einem Seufzen setzte er sich auf das Sofa. Die Tür ging auf und Tyson stellte eine Tüte in der Küche ab. Dann kam er zu Kai, der auf dem Sofa lag. Die Tasse Kaffee stand auf dem Tisch, der Inhalt schon kalt. Tyson hockte sich neben ihn und sah ihn an. Kai schlief. Er ist wirklich süß, wenn er schläft. Ich mag es, ihm dabei zuzusehen. Ein Lächeln schlich sich auf Tysons Lippen. Doch so schnell, wie es gekommen war, verschwand es auch wieder... ... „...Komm, spielen wir. Ich habe ein neues Spiel für uns gefunden.“ Der kleine Junge saß auf seinem Bett und sah ängstlich in die eisig blauen Augen seines Gegenüber. Ein neues Spiel? Was für ein neues Spiel? Sein fragender Blick ließ den Älteren lächeln. „Komm mit, dann wirst du es sehen, mein kleiner Schatz. Es wird dir gefallen, das weiß ich.“ Der Jünge­re lächelte unschuldig aber ängstlich und ließ sich von dem Älteren mit den eisblauen Augen in den Arm nehmen. Er hauchte ihm einen sanften Kuss in den Nacken. „Nicht! Das kitzelt!“ „Magst du das nicht?“ „Nicht wirklich...“ „Gut, unser Spiel kitzelt nämlich nicht. Dann wird es dir erst recht gefallen...“ Der Ältere nahm ihn mit sich in sein Zimmer, dass wie immer voller Lilien stand und wieder hing der Duft von wilden Kirschen in der Luft. Der Jüngere sah sich um, wie er es immer tat. Doch diesmal entdeckte er an der Wand ge­genüber dem Bett eigenartige Dinge. Sie sahen aus wie- „Was ist das?“ Der Ältere sah auf und folgte der Weisung des Jüngeren. „Das?“ Er lachte. „Das hier war mal eine Folterkam­mer... Das sind Handschellen. Interessant oder? Wenn du willst, können wir ja damit spie­len. Du kennst doch sicher das Spiel „Räuber und Gendarm“?“ Der Junge nickte und lä­chelte. „Können wir das sofort spielen??“, fragte er mit glänzenden Augen. „Wenn du das willst? Wer soll der Gendarm sein?“ „Du! Wer sonst?“ Der Jüngere war überglücklich. Ein Spiel nach seinem Geschmack. „Okay, dann bist du der Räuber, dann muss ich dich aber in Ketten legen, wenn ich dich fange.“, sagte der Ältere mit einem Lächeln. „Geht klar.“ Der Jüngere rannte los und der Ältere ihm nach. Ein paar Runden ging es um das Bett herum, bis der Ältere den Jungen fing. Dann legte er ihm die Handschellen an... „Aaah!“ Kai war, wie in der Nacht schon, hochgeschreckt. „Uaah!“ Tyson hingegen hatte sich erschrocken und war rücklings auf den Tisch gefallen, wo er jetzt wieder herunter­rutschte und Kai von unten her ansah. Schon wieder! Wovon träumst du? Ist das denn so schlimm? „Tu das nie wieder!“, hechelte er. Kai musterte ihn erstaunt. „Du bist schon zu­rück?“ „Gekonnt machst du das, ehrlich. Was ist los mit dir? Das ist jetzt schon das zweite Mal. Was hast du, verdammt?“, fragte Tyson. Kais Blick senkte sich. „Nichts. Was soll schon sein?“ „Das ist nicht wahr. Du lügst mich an. Warum sagst du mir nicht die Wahrheit?“, fragte Tyson und setzte sich hinter ihn. Als Kai nicht antwortete berührte er sanft seine Schultern. „Sag es mir... Bitte.“ „Nein... ich... Tyson, ich will darüber nicht re­den. Das weißt du.“, wehrte Kai ab. „Schsch...“ Kai zuckte zusammen. Sanft küsste Tyson ihm den Nacken. Kai weitete die Augen. Nein! Lass das! „Gut, du willst nicht reden... Dann akzeptier ich das. Auch wenn ich wissen will, was mit dir los ist. Ich will deine Gefühle nicht verletzen und weil ich dich liebe, frag ich nicht mehr danach. Ist das in Ordnung für dich?“ Tyson hatte aufgehört ihn zu küssen und stattdessen seinen Kopf auf seine Schulter gelegt. Von der Seite her schaute Kai ihn ängstlich an. Was war das?? Wieso hast du das gemacht, was ich grad geträumt habe? Du machst mir Angst... „Könntest du das in Zukunft lassen? Ich... mag das nicht.“, sagte er. Tyson stutzte. „Moment mal, du schenkst mir eine geheime, inoffizielle Hochzeit und dann sowas? Was ist bloß los mit dir? Sogar die sogenannte Hochzeitsnacht ist ausgefallen.“, sagte er. Kai riss sich los. „Ist das alles, woran du denkst?? An diese verdammte Hochzeitsnacht? Wieso habe ich dir das geschenkt, wenn du doch nur daran denkst, mit mir zu schlafen?“, fauchte er und sah Tyson ungläubig an. Und dir wollte ich vertrauen? Mit dir hätte ich reden sollen? „Ich denke nicht nur daran! Ich wollte es nur mal bemerken! Ich weiß doch nicht, was du hast, dass du in unserer Hochzeitsnacht allein sein willst und mich auf das Sofa verbannst! Kann ich was dafür? Hab ich dir irgendwas getan? Sag mir lieber, was mit dir los ist! Vielleicht verstehe ich dich dann. Im Moment verstehe ich dich nämlich überhaupt nicht. Mal lieb, mal abweisend. Was soll das Ganze?“, entrüstete sich Tyson. Mit jedem Wort verstand Kai, dass er ihn nicht so hätte anfahren dürfen. „Okay, es tut mir Leid, dass du hier schlafen musstest, aber ich hatte meine Gründe.“, sagte Kai kleinlaut. „Welche?“ Tyson klang immer noch etwas aufgebracht. „Dieselben, über die ich nicht reden will.“, antwortete Kai. Tyson seufzte. „Sag mir, was ich falsch mache. Ich will nicht, dass wir streiten.“ Kai sah auf. „Du machst nichts falsch. Rein gar nichts.“ Nein, du nicht... Ich mach alles falsch. Ich und meine beschissene Vergangenheit! Ich wünschte, es würde sie nicht geben... Ich wünschte, ich könnte es ändern. Aber das kann ich nicht... Immerhin, du hast mir wenigstens geholfen, meine Zukunft ein wenig zu verändern. Seit du wieder da bist... schon allein, weil du da bist, hat sich so viel geändert. Weil du da bist, kann ich wenigstens ein bisschen aufatmen... „Kai... Wegen deiner Albträume. Wenn du wieder einen hast, du weißt, ich bin neben dir. Ich nehm' dich in den Arm, wenn du wieder schlecht träumst. Okay?“ Kai nickte. Wie konnte ich eigentlich an dir zweifeln? Kai nahm das Angebot von Tyson einige Nächte später in Anspruch. Erneut waren beide hochgeschreckt. Tyson allerdings nur, weil Kai wieder laut geschrieen hatte. Sofort hatte er ihn fest an sich gedrückt. Ohne Fragen, ohne Worte. „Ahm, Tyson...“ „Was ist?“ Der Mond schien hell ins Zimmer. Es war Vollmond. Sie waren gerade erst unter die Decke geschlüpft, als Kai sich zu Wort meldete. Aber er antwortete nicht auf Tysons Frage sondern legte seinen Kopf ungefragt auf dessen Brust. Im ersten Mo­ment wunderte Tyson sich, doch dann legte er die Arme um ihn. Kurz darauf jedoch hob er ihn wieder an. Fragend sah Kai in Tysons Augen, die das Mondlicht anstrahlte, das bläulich ins Zimmer fiel. Tyson bewegte sich und ließ Kai sich auf den Bauch hinlegen. „Was wird das?“, fragte Kai irritiert. Doch Tyson schwieg. Im nächsten Moment spürte Kai, wie Tyson sich langsam auf ihn legte. Angst stieg in ihm hoch. „Was machst du da? Hör auf damit!“ Er versuchte sich zu wehren, doch er ließ es schnell bleiben. Von Lew hatte er gelernt, dass es nichts brachte, sich gegen jemanden zu wehren, der stärker war als er selbst. Lew hatte ihn oft genug die Auswirkungen seines Ungehorsams spüren lassen. „Ich tu dir doch gar nichts.“, sagte Tyson und küsste Kai sanft im Nacken. Kai bemerkte plötzlich, dass Tyson sein Becken gegen seines drückte und es leicht bewegte. „Nein! Hör auf damit! Den Satz hab ich schon viel zu oft gehört! Lass mich los!“ Kai schrie fast, die Tränen standen ihm in den Augen. Doch Tyson ließ ihn los und legte sich neben ihn. „Was hast du gesagt? Du hast das schon viel zu oft gehört? Wie meinst du das?“, fragte er. „Ich hab gesagt, ich rede nicht darüber!“, fauchte Kai ihn an. Tyson wollte eine Hand auf Kais Schulter legen, doch der hielt ihn scharf davon ab. „Rühr mich jetzt bloß nicht an! Du hast genug angerichtet!“ „Das tut mir Leid. Wirklich. Ich wollte doch nur wissen, ob du davor Angst hast, oder ob es doch etwas anderes ist. Ich würde das am liebsten ausschließen, aber...“, erklärte Tyson. „Und da musst du dich gleich auf mich drauflegen und so tun als ob?! Spinnst du jetzt völlig oder was?“ „Wenn ich dich frage, wovor du Angst hast, sagst du es mir ja nie. Und außerdem haben wir so gleich erfahren, dass du eben noch nicht soweit bist. Ich akzeptier's. Aber woran liegt das?“ „Woran das liegt, werde ich dir jetzt erst recht nicht sagen!“, sagte Kai wütend. „Aber es gibt einen Grund dafür?“, hakte Tyson nach. „Ja und jetzt lass mich bitte in Ruhe!“, gab Kai zurück. Tyson nahm ihn in den Arm und zog ihn zu sich. „Wehr dich bitte nicht. Ich werd dir nicht wehtun. Ich versprech's dir. Ich hab das wirklich nur gemacht, weil ich wissen wollte, ob du Angst vor zu engem Kontakt hast. Dann weiß ich wenigstens, was ich tun kann und was nicht. Und ich will nichts tun, was dich oder deine Gefühle verletzt.“, erklärte Tyson. Kai ließ ein schweres Seufzen hören. „Also gut, aber das ist jetzt wirklich deine letzte Chance. Nochmal kann ich dir nicht vertrauen.“ Die Nächte darauf ließ Kai es gar nicht erst zu Albträumen kommen. Er legte sich bewusst auf Tysons Brust und schlief dort ein. Die Albträume waren jedenfalls verschwunden und beide hatten sich wieder versöhnt. Kapitel 2: Alexandra und Kasimir -------------------------------- huhu es geht weiter, das hier ist eigentlich ein eher belangloses kappi, aber is ja wurscht ^^ war mir halt wichtig „...Ahm Kai?? Da... steht jemand vor der Tür. Ist für dich, wie's aussieht.“ Kai schlief noch, als Tyson den Kopf durch die Tür steckte und ihn weckte. Kai murmelte etwas, wie „Ich komm ja schon“ und drehte sich noch mal um. Endgültig wach stand er dann auf, zog sich rasch an und ging zur Tür, während Tyson das Frühstück machte. Vor seiner Wohnung stand ein Mädchen mit kastanienbraunen Haaren und grünen Augen. „Guten Morgen! Ich hab Brötchen mitgebracht. Ich bin Alexandra, deine Nachbarin.“, sagte sie fröhlich und reichte ihm die Hand. Kai sah erst sie, dann Tyson verdutzt an. Tyson zuckte mit den Schul­tern und Kai ließ sie herein. „Wow, schön hast du's hier. Ich muss mich erst noch einrichten.“, sagte sie und ließ den Blick umherschweifen. Tyson kam hinzu und flüsterte: „Wieso hast du sie reingelassen? Was will die überhaupt?“ „Woher soll ich das wissen?“, zischte Kai. Alexandra wandte sich ihnen zu. „Wie sieht's aus? Frühstücken wir?“, fragte sie. „Augenblick mal! Wir kennen dich doch gar nicht, warum sollten wir dann gemeinsam frühstücken?“, fragte Tyson. „Ich bin eure Nachbarin. Das hier sollte eigentlich mein Ein­stand werden. Das macht man doch so, oder?“, sagte sie. Kai seufzte. „Ja schon, aber das funktioniert genau anders herum. Wir müssten dann bei dir frühstücken, aber leider haben wir heute dazu keine Zeit. Wir haben da noch was zu tun.“, sagte Kai. Alexandra schaute ihn erstaunt an. „Und was?“, fragte sie unverhohlen. „Das ist doch-“ Kai hielt Tyson jedoch den Mund zu, bevor er fluchen konnte. „Das ist unsere Privatssphäre. Könntest du jetzt bitte gehen?“, sagte er mit einem Lächeln. „Schade. Naja, dann vielleicht später.“, sagte sie und ging zur Haustür. „Die Brötchen kannst du ruhig dalassen...“, meinte Tyson. Sie hielt inne und sah ihn an. Kai sah ihn aus den Augenwinkeln heraus böse an. Idiot! Sowas macht man nicht! „Naja, wenn Kai das will. Gerne.“, sagte sie. Kai sah sie irritiert an. Tyson schaute Kai flehend an. Bitte! Mach mit. Ich hab unsere Brötchen so ziemlich in den Sand gesetzt. Sind steinhart... „...Okay.“, gab Kai sich geschlagen. Mit einem Lächeln stellte sie den Korb in der Küche ab und ging hinaus. Die Tage darauf stand sie jeden Morgen vor der Tür. Immer wieder wollte sie irgendetwas mit Kai unternehmen. Mal wollte sie, dass er sie beim Training zusehen ließ, dann wollte sie mit ihm in den Vergnügungspark, dann wieder in ein teures Restaurant im Tokio Tower. Ty­son hatte inzwischen die Nase gehörig voll. An diesem Morgen war sie bis jetzt noch nicht erschienen, weshalb Tyson seine Idee auf den Tisch legte, wie sie Alexandra abschrecken könnten. „Und was ist das für eine Idee?“, fragte Kai mit seinem typischen Was-wird-das-jetzt-wieder-Blick. „Also, wenn sie nachher wieder auftaucht, dann wird sie auch gleich wie­der gehen! Ich hab's satt ständig nur den Mitbewohner zu mimen, sobald sie reinspaziert. Ich will meinen Guten-Morgen-Kuss haben, bevor uns irgendwer stört.“, sagte Tyson. „Den kannst du auch haben, wenn sie klingelt und die Tür noch nicht offen ist.“, entgegnete Kai gelangweilt. „Ich will, dass sie kapiert, dass wir zusammen sind. Sie macht dich an, das ist dir doch wohl klar!“, fauchte Tyson. „Schön, das ist mal 'ne gute Idee! Und wie willst du das anstellen?“, sagte Kai. Das Alexandra ihn anmachte, war ihm sehr wohl bewusst. „Naja, ich weiß noch nicht. Vielleicht sollten wir das spontan entscheiden?“ Kai seufzte. „Spontan? Na toll... Ob dir da was einfällt?“ Wenn du wüsstest... Ich weiß schon, was ich tun werde, sobald die Tür offen ist! Tyson grinste. „Ach, wird schon.“ In dem Moment klingelte es auch schon. „Also los. Geh und öffne ihr. Sie macht dir heute garantiert den Hof.“, sagte Tyson ironisch. Kai lachte hohl und ging, um Alexandra die Tür zu öffnen. Tyson stand im Flur und sah zu. Kaum, dass die Tür offen war fiel Alexandra ihm und den Hals. „Guten Morgen! Ich muss dir was erzählen!“, sagte sie glücklich. Kai fragte unsicher, was das sein sollte, während auf Tysons Stirn langsam eine Ader zu zucken begann. „Ich hab heut Nacht von dir geträumt! Du warst so lieb!“, flötete sie und drückte Kai fest an sich. Tyson platzte und ging augenblicklich dazwischen. „Augenblickchen mal! Das reicht jetzt! Wenn hier ei­ner von Kai träumt, dann bin das ich!“, fauchte er sie an. Alexandra sah ihn abschätzig an. „Du? Hör mal Kleiner, verarschen kann ich mich auch alleine. Dazu brauch ich so einen Vollidioten wie dich nicht!“, sagte sie. „Er mag zwar ab und zu ein kleiner Idiot sein, aber er ist kein Vollidiot!“, knurrte Kai. Bestätigend zog Tyson ihn zu sich. Alexandra starrte Kai fragend an. „Was? Du findest, dass er kein Vollidiot ist? Was ist los? Der Kleine ist doch vollkommen unter deinem Niveau!“ „Gut, er ist drei Jahre jünger als ich. Na und? Sein Ni­veau ist immer noch höher als deins!“, gab Kai patzig zurück. Alexandra sah ihn entsetzt an. „So wird das nichts!“, seufzte Tyson. Er zog Kais Kinn zu sich und küsste ihn. Vor ihren Augen. Alexandra sah sofort weg. Als sie sich wieder voneinander lösten, sah sie mit hoch­rotem Kopf zu ihnen zurück. „Wie kannst du nur?! Das ist ... Das ist pervers! Ihr Perverslin­ge!“, schrie sie und rannte in ihre Wohnung. „Hä?? Was ist denn hier los?“ Das Hilary, Kenny, Max und Ray hinzugekommen waren, hatten Kai und Tyson gar nicht mitbekom­men. Überrascht sahen sie die vier an. „Nichts besonderes.“, sagte Tyson. Ray lachte. „Ja klar.“, meinte er sarkastisch. Plötzlich sprang die Tür nebenan wieder auf und Alexandra stürmte heraus und auf Kai und Tyson zu. „Hör mal, du kleine Kröte! Wenn du ihn haben willst, dann musst du kämpfen!“, fauchte sie Tyson an und bohrte ihm ihren Finger in die Brust. „Wenn du unbedingt verlieren willst. Ich werde ihn sicher nicht hergeben!“, meinte Tyson. Alexandra knurrte. Die anderen vier missachtete sie vollkommen. „Tyson... Regeln wir das anders!“, zischte Kai und ging dazwischen. „Jetzt pass mal auf-“, begann Kai, doch Alexandra unterbrach ihn. „Hör auf zu reden, ich liebe dich verdammt!“, sagte sie und küss­te ihn. Tysons Geduldfaden riss nun endgültig und er riss sie auseinander. „Rühr ihn gefäl­ligst nicht an!“, fauchte er. „Was denn? Bist du eifersüchtig? Was kannst du ihm schon bie­ten? Kein Anfassen, keine Kinder! Was ist das schon? Das ist doch gar nichts... Du kannst ihm doch nichts bieten! Du hast keine Chance gegen mich!“ Alexandra hatte so ziemlich ge­nau die Schwachstellen einer homosexuellen Beziehung aufgezählt und Tyson damit mund­tot gemacht. Doch Kai konnte sie damit nicht beeindrucken. „Du hast da was falsch aufge­sagt. Wir können vielleicht keine Kinder kriegen, aber wir können sie adoptieren. Und was das mit dem Anfassen angeht, wie du's nennst, da gibt's genug. Also was soll der Blödsinn?“ Alexandra ließ sich jedoch nicht von ihrem Feldzug abbringen. Sie knurrte leise. „Was gibt's denn da zu knurren? Er hat Recht!“, sagte Ray. Tyson sah sich um, dann zu Kai und bestätigte beides nocheinmal. „Er gehört mir! Ich will ihn für mich allein! Niemand soll ihn haben! Niemand!“, schrie sie laut. Kai zuckte zusammen. Genau das hätte Lew wohl auch gesagt, wenn sie ihn in die Ecke gedrängt hätten und jemand anderes einen Anspruch auf mich erhoben hätte. Aber sie ist ein Mädchen, was sollte sie mir schon tun? Vor ihr hab ich keine Angst. Kai beruhigte sich schnell wieder, doch bevor noch irgendwer etwas sagen konnte, kam jemand langsam die Treppe hinauf. „Alexandra...“ Doch sie rannte auf Kai zu, stieß Tyson zur Seite und küsste ihn erneut. Auf die Stimme hinter sich, achtete sie gar nicht. „Alexandra?!“ Sie wandte sich erschrocken um. „Kasimir! Was machst du hier?“, fragte sie entsetzt und entfernte sich ruckartig von Kai. „Ich hab dich gesucht. Was tust du da?“, fragte Kasimir. „Er hat mich geküsst! Er wollte mich in seine Wohnung ziehen!“, sagte sie und deutete auf Kai, der in der Mitte stand. „Was erzählst du da für einen Mist? Das ist doch komplett gelogen!“, sagte Tyson und stand wieder auf. „Du hast was?“, fragte Kasimir an Kai gewandt. Doch Kai schwieg und musterte ihn nur. Shit! Wenn der jetzt auf mich losgeht... Dann gnade mir Gott! Ich bin doch nur ein... Nein! Falsch! Ich bin zur Hälfte auch ein Russe. Und der überwiegt doch bei mir... Nur zu! Komm her, du Riesenbaby! Kais Blick verhärtete sich. Kasimir kam plötzlich bedrohlich näher. „Wie kannst du es wagen, meine Verlobte zu küssen?!?“, sagte er wütend und hob eine Faust. Die anderen wichen schon jetzt aus. Kai duckte sich, als Kasimir den Arm durch die Luft sausen ließ. „Ich hab sie nicht geküsst! Sie hat mich geküsst!“, sagte Kai und schlug Kasimir hart in die Magengegend. Tyson war mehr als überrascht, als Kasimir rückwärts taumelte. „Uaah! Der ist doch ein Russe oder? Ich dachte immer Russen sind stark...“, sagte er entsetzt. Kai sah ihn funkelnd an. „Du hast da wohl was vergessen, was?“, fragte er. „Ah! Sorry! Du bist ja auch ein Russe! Zumindest zur Hälfte...“ Tyson kratzte sich am Hinterkopf und setzte ein unschuldiges Lächeln auf. „Russe? Du? Herzlichen Glückwunsch... Dein Schlag ist gar nicht übel. Aber du hast trotzdem nicht das Recht, meine Verlobte zu küssen!“, sagte Kasimir und richtete sich auf. „Das hab ich ja auch gar nicht!!“, schrie Kai. Doch Kasimir tat dies mit einem ironischen Lachen ab. Das reicht! Wütend darüber zog Kai Tyson zu sich und gab ihm einen langen und vor allem echten Kuss. Dann ließ er ihn wieder los und sah Kasimir wütend an. „Kapiert? Ich liebe diesen kleinen Trottel hier und nicht irgendeine dahergelaufene Russin, die zufällig meine Nachbarin ist und außerdem auch noch darauf verzichtet, mir zu sagen, dass sie verlobt ist! Aber eigentlich... Ich kann's ihr ja nicht verübeln! Wir haben ihr ja auch nicht gesagt, dass wir schon einen Schritt weiter sind, als ihr.“, sagte Kai und wandte sich von ihnen ab. Er schob Tyson zur Tür, als Kasimir ihn fragte, was das heißen sollte. Ohne Worte schnappte Kai nach Tysons rechter Hand und hielt sowohl dessen als auch seine eigene Hand hoch. „Wir sind bereits verheiratet. Keine Chance also!“, sagte er und schob die anderen in seine Wohnung hinein. Laut ließ er die Tür ins Schloss fallen und Alexandra und Kasimir bedröppelt auf dem Gang stehen. Geht das überhaupt? Ich dachte, das wäre hier verboten... okay, das musste sein! ich fand die idee so lustig, deshalb gibt es dieses kappi ^^ Kapitel 3: Natalie ------------------ Ein paar Tage darauf hatten sich alle sechs wieder zusammengefunden um einen Tag mitei­nander zu verbringen. Gemeinsam liefen sie durch die Straßen Tokyos, Kai vorne weg und Tyson und der Rest hinter ihm. Außer Kai redeten sie alle. Er sah sich nur um und war froh mal wieder heraus zu kommen. Mann, ich war die letzten Wochen überhaupt nicht draußen... Kein Wunder. Wie auch, wenn ich so fertig bin. Er blickte einen kurzen Moment hinter sich und erhaschte einen Blick auf das fröhliche Lächeln Tysons. Ja, lach du nur. Ich hab's irgendwie verlernt. Seit ich Lew wirklich misstraue hab ich nicht mehr richtig gelacht. Na okay, aber das war nicht echt. Das war doch alles Show. Mein ganzes Leben ist seitdem eine einzige Maskerade. Komisch, dass es den anderen nicht auffällt. Kai seufzte. Tyson be­merkte es und fragte ihn sofort, was los sei. „Nichts. Was soll denn sein?“, sagte Kai. „Das sagst du jedesmal, wenn ich dich frage! Wieso sagst du mir nicht, was los ist?“, fragte Ty­son. „Was soll ich dir denn sagen? Wenn nichts ist, kann ich dir auch nichts erzählen. Oder willst du hören, dass ich mein Leben als Maskerade euch gegenüber empfinde?“, fauchte Kai. So langsam nervte es ihn, dass Tyson ständig alles von ihm wissen wollte. „Was?“ Hi­lary sah ihn fragend an. „Empfindest du das wirklich so?“, fragte Ray. „Ich glaub, jetzt seid ihr aber übergeschnappt! Das glaubt ihr doch nicht, oder?“, fragte Kai skeptisch. „Doch, schon. Ich kann mir nicht vorstellen, dass du lügst.“, sagte Max. Wie jetz'? Ich glaub, es hackt! Was soll der Mist! Die machen sich doch sonst keine großen Sorgen um mein „Befin­den“! Was ist los mit denen? „Kai. Sag mir jetzt, ob das wahr ist.“ Tyson klang ernst. „Nein! ... Mein Gott, ihr glaubt auch alles!“, sagte Kai und ging weiter. Kenny atmete er­leichtert auf. „Und ich dachte schon, wir müssen uns jetzt Sorgen um dich machen...“ Tyson sah ihn durchdringend an, als wollte er sagen: „Und ob wir das müssen!“, schaute dann aber Kai nach. Du lügst doch wieder. Wieso sagst du nie, was du fühlst...? Hilary sah sich plötz­lich um, als hätte sie etwas verloren und rannte dann zu einer Gasse. Die Jungs, außer Kai, sahen ihr nach. Als Hilary aufschrie, blieb er allerdings auch stehen und schaute sich nach ihr um. Plötzlich rannte Tyson auf ihn zu. „Komm mit! Da liegt ein Mädchen!“, sagte er und zerrte Kai mit sich zu der Gasse. Als Kai sie sah, blieb ihm fast das Herz stehen. Natalie?! Was macht sie hier? Ohne Worte ging er auf sie zu, prüfte den Puls und hob sie dann auf seine Arme. „Was hast du vor?“, fragte Hilary. „Wir nehmen sie mit. Ich kümmer' mich um sie.“, sagte er. Tyson sah ihn etwas skeptisch an. Er will sich um sie kümmern? Aber wir ha­ben doch gar keinen Platz dazu. Wo soll sie denn bleiben? Wieso nimmt er sie überhaupt einfach so mit? Es hätte doch gereicht, wenn er einen Krankenwagen gerufen hätte. Oder kennt er sie? Hat er etwa irgendwas mit ihr? Hat er ein Mädchen gefunden, mit dem er glücklich werden kann? Mit mir ist er sicher nicht so glücklich, wie er es mit ihr sein könn­te... Diese Alexandra hat Recht. Was kann ich ihm schon bieten? Nichts, außer einen Ersatz für ein Mädchen... Tysons Stimmung sank immer weiter, je mehr Kai sich um das Mädchen kümmerte. Nach fast einer halben Stunde kam er aus dem Schlafzimmer, wo er sie untergebracht hatte. Na­türlich zu Tysons Ärger. Ohne Worte ging er in die Küche und trank ein Glas Wasser. „Wie­so hast du sie mitgenommen?“ Tyson stand im Türrahmen und schaute ihn an. „Hätte ich sie etwa liegen lassen sollen?“ „Das meinte ich nicht. Es hätte doch gereicht, wenn einer von uns einen Krankenwagen gerufen hätte. Aber du musstest sie ja gleich mitnehmen! Kennst du sie etwa? Hast du was mit ihr?“, fragte Tyson und fing sich einen entsetzt fragenden Blick Kais ein. „Was? Was unterstellst du mir? Klar kenn ich sie, aber ich hab nichts mit ihr. Ich hab Natalie seit Jahren nicht mehr gesehen. Das letzte Mal war vor sechs oder sie­ben Jahren. Außerdem hab ich dazu gar keine Möglichkeit gehabt, weil ich die letzten Wo­chen doch eh hier drinnen war!“ Tyson ließ ein verächtliches Geräusch hören. „Dann hattest du halt was mit ihr. Dann ist das eben sieben Jahre her, na und? Aber da war was. Und du hast es mir nicht erzählt...“ Kai schüttelte ungläubig den Kopf. „Sag mal, was redest du da? Willst du mir jetzt etwa unterstellen, dich betrogen zu haben? Spinnst du? Als ich Natalie kennen gelernt hab, hab dich überhaupt noch nicht gekannt! Auch nicht, als ich aus der Abtei geflohen bin. Dabei hat sie mir sogar noch geholfen, danach hab ich sie nie wieder gesehen! Was denkst du dir eigentlich dabei, mir sowas zu unterstellen!“, erklärte Kai. Tyson sah betreten zu Boden. „Trotzdem. Du hättest ja mal was sagen können.“, murmelte er. Kai stellte das Glas ab und schüttelte Tyson im nächsten Moment. „Du bist ein Idiot! Wieso denkst du gleich daran, dass ich was mit einer alten Freundin hätte? Wieso glaubst du, hab ich dir wohl diesen Ring geschenkt?“, fauchte er. Tyson schaute ihn an. „Du tust mir weh.“ Kai ließ ihn sofort los. „Tut mir Leid. Aber trotzdem. Ich find das nicht gerade nett von dir.“ „Hey! Was ist los? Was schreit ihr hier so rum?“ Hilary war hinter ihnen aufgetaucht. „Nichts.“, murmelte Tyson. „Doch, du vertraust mir nicht. Aber ich soll dir vertrauen, oder? Kannst du mir mal erklären wie das gehen soll?“, sagte Kai ruhig, doch Tyson schwieg darauf. „Kai, sie ist wach. Ich versteh nur nicht, was sie sagt.“, sagte Hilary. Ohne ein Wort ging Kai an Tyson vorbei zu dem Mädchen namens Natalie. Natalie lag in Kais Bett und erhob sich ein Stück als er das Zimmer betrat. „Bleib liegen, Natalie!“, sagte er auf russisch. Sie schaute ihn fragend an. Woher kennt er meinen Namen? ... Irgendwie kommt er mir bekannt vor... Kai ging auf sie zu und setzte sich auf die Bettkante. „Wie geht es dir?“, fragte er. Natalie ging plötzlich ein Licht auf. Hiwatari? Hiwatari Kai? Ist er das wirklich? Natalie kam ruckartig hoch und packte ihn am Arm. „Du hast es geschafft? Konntest du fliehen?“ Kai stutzte. „Äh... Was?“ Enttäuscht ließ sie den Kopf hängen. „Achso! Ja, hab ich.“, meinte er dann und kratzte sich etwas verlegen am Kopf. Natalie lächelte. „Ein Glück! Wie bist du hier hergekommen? Wie geht's dir?“, fragte sie. „Nati! Jetzt halt doch mal die Luft an. Stell nicht so viele Fragen. Hör doch erst mal zu.“, sagte Kai und drückte sie sanft ins Kissen zurück. „Wie geht es dir überhaupt? Das ist mir jetzt wichtiger.“ Sie seufzte. „Gut, wirklich.“ Kai sah resigniert zur Decke. Oh Mann, würde Tyson doch nur ein Wort russisch verstehen, er könnte mir sicher sofort sagen, ob sie lügt oder nicht... Es kann ihr nicht gut gehen. Sie lügt mich an. Nicht so, wie wir sie gefunden haben. „Nati, was ist passiert? Wir haben dich in einer Gasse gefunden. Wer hat dir das angetan?“, fragte Kai. Natalie schwieg und mied seinen Blick. „Nichts ist passiert.“ „Du benimmst dich genauso wie-“ ...ich. Ich benehme mich genauso! Ich will auch nicht darüber reden! ... Jetzt weiß ich wirklich, wie es Tyson geht... Trotzdem! Ich kann einfach nicht darüber reden!! „Wie? Wie benehme ich mich?“ „Wie ich... Du benimmst dich genauso wie ich.“, antwortete Kai. „Wie du? Achso, du redest nicht über das, was in Russland passiert ist, oder?“ Kai sah erschrocken auf. Woher... „Natalie! Was weißt du?“, fragte er. „Ich kann mich nicht genau erinnern, aber ich weiß, dass du ziemlich oft verletzt warst. Und die Wunden waren sicher nicht vom Training. Das ist mir klar, aber woher dann?“ Sie musterte ihn. „Kannst du dich an Lew erinnern?“, fragte Kai nur. Sie nickte. „Du kennst ihn ja sicher noch, dann kannst du dir Rest auch denken.“, meinte er. „Er hat dich damals so zugerichtet? Das kann ich mir gar nicht vorstellen. Er war doch immer so nett.“, sagte sie entsetzt. „...Mag sein, aber das war nur Show. Diese Nettigkeiten... Sie waren alle nicht echt. Ihn werde ihn übrigens nie wieder sehen.“, sagte er und sah erneut zur Decke. „Wie meinst du das?“ Natalie sah ihn skeptisch an. „Lew ist tot. Ist hier vom Dach gestürzt. Das ist aber schon 'ne Weile her.“, erklärte Kai kurz und stand dann auf. Natalies leises, erleichtertes Aufatmen ließ ihn zurückschauen. „Was ist? Hat er dir etwa irgendwas angetan?“, fragte Kai. „Nein, nie.“ „Sei froh... Ich lass dich jetzt allein.“, sagte er und ging. „Und? Wie geht es ihr?“, fragte Hilary sofort, kaum, dass Kai das Zimmer verlassen hatte. „Ganz gut, trotz der Verletzungen.“ Hilary war erleichtert. „Ich dachte schon, wir müssen sie ins Krankenhaus bringen...“ „Ist nicht nötig. Natalie geht's gut.“, sagte Kai. „Natalie? Kennst du sie?“, fragte Max. „Ja, sie ist eine Freundin aus Russland. Sie hat mir damals ge­holfen zu fliehen.“, erklärte Kai. „Sonst nichts!“, fügte er mit starker Betonung hinzu. Den Wink mit dem Zaunpfahl schien Tyson jedenfalls verstanden zu haben, denn er sah mürrisch zu Boden. Bei Kai löste diese Reaktion ein Lächeln aus. Du Kindskopf! Glaubst du wirk­lich, ich würde dich mit einem Mädchen betrügen, wenn ich doch dich liebe? Du bist so ein Idiot, aber vielleicht liebe ich dich gerade deshalb... Auch, wenn du ziemlich eifersüchtig bist! Kai behielt Natalie so lange bei sich und Tyson, bis es ihr besser ging. Inzwischen lief sie schon herum und kurzerhand bat Kai sie, Tyson zu erklären, in welcher Beziehung sie zuei­nander standen. Was leichter gesagt, als getan war, denn Kai musste ja für Tyson überset­zen, weshalb seine Chance, dass Tyson ihm glauben würde, sehr gering war. Doch Tyson schien die Erklärung zu akzeptieren. „Kai?“ Natalie stand im Wohnzimmer und trug Kais Kimono. „Wasch?“, fragte Kai mit der Zahnbürste im Mund. „Erstens, wie trägt man dieses Teil? Zweitens, kannst du mir bitte hel­fen? Und drittens, ich muss mit dir reden.“ „Moment. Bin gleich da.“, sagte Kai und ver­schwand wieder im Bad. In dem Moment erhob sich Tyson vom Sofa, auf dem er geschlafen hatte. „Guten Morgen.“ Natalies Stimme ließ ihn erschrocken zu ihr herumfahren. „Was?“, fragte er verständnislos. „Sorry, I forgot! Good Morning!“, sagte sie fröhlich. Wenigstens das verstand Tyson. „Ja, du mich auch...“, murmelte er. Wenigstens versteht sie kein Japa­nisch. Das wär's ja noch! „Kai?“ Knurrend schaute Kai aus dem Bad, den Mund voll Was­ser. „Ah, schon gut. Ich wollt' nur wissen, wo du bist.“, sagte Tyson. Kai knurrte und ver­krümelte sich wieder. Kurz darauf kam er heraus und half Natalie dabei, den Kimono anzu­ziehen. „Also, worüber willst du reden?“, fragte er, nachdem sie sich gesetzt hatten. „Ich.. hab dich letztens angelogen, als du mich gefragt hast, was passiert ist.“, gab sie zu. Kai ver­zog keine Miene, sondern wartete nur auf eine Fortsetzung. „Leonit hat mich und ein paar andere Mädchen hierher gebracht. Ich schätze mal illegal. Wir sollen hier ...“, erzählte Nata­lie, doch dann brach sie ab. Kai legte eine Hand auf ihre Schulter. „Schon gut... Ich hab ver­standen. Was ist passiert, bevor wir dich in der Gasse gefunden haben?“, fragte er. „Er hat mich verprügelt, weil ich nicht das gemacht habe, was er wollte.“, antwortete Natalie. „Wer? Dieser Leonit?“ „Nein. Einer meiner Kunden.“ Natalie senkte den Blick und ein paar dunkle Strähnen fielen ihr vor's Gesicht. Tyson beobachtete sie. Für ihn sah das ganze wie Pläne für eine Hochzeit schmieden aus. „Kai, wovon redet ihr?? Ich versteh kein Wort!“ Kai wandte sich genervt seufzend ihm zu. „Sie erzählt mir nur gerade, was passiert ist. Was machst du denn da so ein Gewese? Ich muss das nachher sowieso noch mal übersetzen. Ruf bitte die Polizei an.“, sagte Kai. „Wieso denn das?“, fragte Tyson. „Weil ihre Verletzung nicht von einem Sturz oder sowas sind. Jemand hat sie ihr zugefügt, also tu jetzt, was ich dir sage!“, erklärte Kai und wandte sich wieder Natalie zu. Schulterzuckend trottete Tyson zum Telefon. „Du bekommst Geld dafür, richtig? Dann hast du diesmal wohl nichts bekommen.“, sagte Kai. Natalie schüttelte den Kopf. Kai beließ es dabei und wandte sich wieder Tyson zu, der gerade auflegte. „Und?“ „Komm mit, dann erzähl ich's dir.“ Kai zog Tyson mit sich in die Küche. „Irgendwer hat Nati hierher geschmuggelt, damit sie als Prosti­tuierte Geld verdient, wovon sie dann etwa die Hälfte abgeben muss. Schätze ich mal.“, sag­te Kai. „Wie bitte? Wer macht denn sowas? Das ist doch nun wirklich pervers.“, meinte Ty­son. „Hm... Wir müssen ihr irgendwie helfen, deshalb solltest du ja auch die Polizei rufen." „Aber Kai... Wird sie dann nicht verhaftet, weil sie illegal hier ist?“, fragte Tyson. „Ja, lei­der. Aber in Russland hat sie es besser, als hier. Und vielleicht kann man mit ihrer Hilfe ja den Schmugglerring finden.“ „Auch wieder wahr. Ach, eh ich es vergesse, die Polizei schickt jemanden vorbei. Er ist in etwa zehn Minuten da.“, sagte Tyson. „Danke.“, meinte Kai und küsste Tyson auf die Stirn. Wie ein Reflex wandte sich Tyson um, als Kai an ihm vorbeiging. „Liebst du mich wirklich?“, fragte er. Kai musterte ihn erstaunt. „Ja natürlich. Warum fragst mich das?“ „Ich wollt's nur mal wissen. Du sagst es mir ja nie.“, murmelte Tyson. Kai kam zurück. „Muss ich das denn? Ich dachte, du wüsstest das.“ „Ich würde es aber trotzdem gerne hören. Nur ab und zu.“ Tyson klang etwas traurig. „Wenn du das willst.“, meinte Kai, ging aus der Küche und ließ Tyson wie einen dummen Pudel stehen. Doch plötzlich kam er zurück. „Ach! Tyson... Eh ich's vergesse. Ich liebe dich.“, sagte er mit einem äußerst seltenem Lächeln und verschwand dann endgültig. Tyson öffnete dem etwas korpulenten Beamten und brachte ihn ins Wohnzimmer. Natalie sah ihn entsetzt an und schaute dann zu Kai. „Keine Angst. Er soll dir helfen.“, sagte er. Sie atmete erleichtert aus. Der Beamte setzte sich und schaute die beiden fragend an. „Warum haben Sie angerufen?“ Kai erzählte ihm kurz, was Natalie ihm gesagt hatte. Er sah sie er­staunt an. „Ach, sie versteht mich also nicht?“, fragte er nach. „Nein.“ „Wer hat sie herge­bracht?“ „Das weiß ich nicht. Das hat sie mir nicht genau gesagt. Sie hat mir nur etwas von einem Leonit erzählt.“ Der Polizist ließ ein nachdenkliches Geräusch hören. Tyson stand hinter ihm und äffte ihn nach. „Tyson! Lass das!“, zischte Kai, als er Tyson eine Weile be­obachtete hatte. „Wer ist Leonit?“ Kai sah auf. Sowohl der Beamte, als auch Tyson hatte die Frage gestellt. Dieselbe Frage stellte er auch Natalie. „Ich bin mir nicht sicher, aber er ist auf alle Fälle auch ein Mitglied in der Abtei. Aber welche Stellung er hat, weiß ich nicht.“, sagte sie. Kai wandte sich dem Mann zu, der versucht hatte, irgendwas zu verstehen. „Sie weiß es nicht genau. Sie weiß nur, dass er zu einer russischen Abtei gehört.“ Und ich weiß genau, welche Abtei... „Was denn für eine Abtei? Ist er etwa Mönch?“, fragte der Beamte. Tyson seufzte schwer. Selbst er wusste, von welcher Abtei die Rede war. „Nein, das nicht. Das ist nicht so eine Abtei. Diese Abtei ist eher sowas wie eine Organisation. Vor fünf Jah­ren haben sie versucht die BBA das erste Mal zu übernehmen. Vor drei Jahren hat Boris es noch mal versucht. Diesmal mit BEGA. Hat aber nichts gebracht. Er ist immer wieder ge­scheitert.“, erklärte Kai. Der Mann nickte, hatte aber offensichtlich nichts davon kapiert. „Wie auch immer. Sie wollen jetzt, dass wir auf das Mädchen aufpassen?“, fragte er. Kai nickte. „Ihnen ist klar, dass sie illegal hier ist. Wir müssen sie ausweisen.“, sagte er. „Das weiß ich, aber ich bin der Meinung, dass sie in Russland besser aufgehoben ist, als hier. Vo­rausgesetzt, Natalie wird nicht in die Abtei zurückgeschickt.“ „Dafür kann ich nicht garan­tieren. Sobald sie im Flugzeug nach Moskau sitzt, ist sie für sich selbst verantwortlich.“, meinte der Polizist. Tyson musterte ihn empört und Kai sprang auf. „Das geht nicht! Natalie ist erst achtzehn! Sie kann nicht für sich selbst sorgen! Sie hat ja nicht mal Geld!“ „Tja, das kann ich nicht ändern. Sie ist nunmal für sich selbst verantwortlich, sobald sie außerhalb un­serer Landesgrenzen ist.“ „Das ist unfair! Sie könnten ja wenigstens dafür sorgen, dass sich ein Heim oder sowas um sie kümmert!“, sagte Tyson wütend. Kai schaute ihn erstaunt an. Ich dachte, du kannst Nati nicht leiden... „Was soll ich denn da machen? Das ist die Sache der Auswanderungsbehörde! Nicht meine. Wenn Sie das wünschen kann ich sie solange, bis das geklärt ist, in eine Zelle setzen, damit ihr nichts passiert.“ Der Polizist schien etwas auf­gebracht zu sein. „Na also. Dann rufen Sie gefälligst da an und klären das. Natalie wird es schon ein paar Tage in der Zelle aushalten!“, sagte Tyson. Kai war wirklich überrascht, dass Tyson sich für Natalie einsetzte. Und das, obwohl er Kai ihretwegen böse gewesen war. „In Ordnung. Das kann ich machen. Ms...“ Er stand auf und bedeutete Natalie ihm zu folgen. Kai wandte sich auf russisch an sie. „Nati, du gehst jetzt mit ihm mit. Er wird dir nichts tun, er beschützt dich. Er bringt dich nur in eine Zelle, damit du sicher bist und keiner dir was tun kann.“ Natalie nickte und folgte dem Polizisten. Kai und Tyson brachten sie noch hinun­ter. Auf dem Weg zurück zu Kais Wohnung herrschte bedrückende Stille. Erst im Flur er­griff Kai das Wort. „Danke, dass du dich für Nati eingesetzt hast. Das hätte ich gar nicht von dir erwartet.“ „Schon okay. Ich fand das wirklich unfair von ihm. Und außerdem, wa­rum sollte ich ihr noch böse sein? Du hast mir doch lang und breit erklärt, was zwischen euch war.“, meinte Tyson. „Schon, aber du hast trotzdem bis zuletzt geglaubt, dass ich was mit ihr hätte, oder?“, fragte Kai. „Soll ich ehrlich sein?“ Kai nickte. „Ja, das hab ich wirklich. Tut mir Leid, ich hätte dir gleich glauben sollen.“, sagte Tyson. „Wieso hast du überhaupt gedacht, da wäre was?“ „Naja, weil du sie gleich mitgenommen hast. Es hätte gereicht, wenn einer einen Krankenwagen gerufen hätte. So sehr war sie doch nicht verletzt.“ „Hätte ich sie nicht gekannt, dann hätte es ja auch einer tun können. Aber ich kenne Nati nunmal und deswegen konnte ich sie nicht einfach da liegen lassen, bis ein Arzt kommt. Verstehst du? Sie war es doch, die mir zur Flucht verholfen hat. Schon allein deswegen hab ich sie mitgenommen.“, erklärte Kai. Tyson nickte verstehend. „Hey, jetzt mach nicht so ein Gesicht. Etwas Gutes hatte es jedenfalls. Ich verstehe dich jetzt besser.“, sagte Kai und zog Tyson mit sich zum Sofa. „In wie fern?“, fragte Tyson und setzte sich neben Kai, der sich gerade der Länge nach auf das Sofa legte. „Ich weiß jetzt, wie du dich fühlst, wenn ich nicht mit dir über gewisse Dinge reden will. Sie wollte mir erst auch nicht sagen, was passiert ist.“, erzählte Kai. Tyson legte sich auf Kais Oberkörper und schaute ihm in die Augen. „Wenn du das jetzt weißt, dann weißt du auch sicher, dass ich es immer noch hören will. Das, was du mir verschweigst.“, sagte er. „Ja, weiß ich, aber... Ich kann wirklich nicht darüber reden... Das ist... Ich weiß nicht, aber ich habe immer noch das Gefühl, dass du mich dafür hassen könntest. Oder mich einfach damit allein lässt. Das ist das Letzte, was ich will, deshalb rede ich auch gar nicht erst darüber.“ Kai schloss die Augen. Ich will nicht, dass du mich allein lässt... Nicht damit! Lieber schweige ich, als das ich dich verliere... „Du schweigst, weil du Angst hast, dass ich dich im Stich lasse? Ich hab doch aber gesagt, egal, was es ist, ich lass dich nicht allein.“ Tyson strich sanft durch Kais Haare und hauchte ihm einen Kuss auf die Lippen. „Ja, aber wer sagt mir, dass du damit klarkommst? Ich weiß selber, dass ich Hilfe brauche, aber keiner kann mir helfen, weil es einfach keinen gibt, der mich versteht.“, sagte Kai. „Nein, falsch. Es kann dir keiner helfen, weil du keinem davon erzählst. Wenn du niemandem etwas sagst, dann kann auch keiner wissen, warum du Hilfe brauchst und dann kann dir auch keiner helfen. Es liegt allein an dir, ob du Hilfe bekommst oder nicht. Ich kann nunmal nicht deine Gedanken lesen, sonst wüsste ich es vielleicht.“ Kai musterte ihn. Du hast ja recht, aber ich bin noch nicht soweit. Ich hab zehn Jahre lang geschwiegen und jetzt auf einmal soll ich darüber reden können? Das geht nicht. „Ich hab verstanden. Aber es nützt mir nichts, wenn ich nicht weiß, wo ich überhaupt anfangen soll.“, sagte er. Tyson schwieg darauf und blieb auf Kais Brust liegen. so meine leseratten XD hoffe das gefiel euch ^^ übrigens: wir nähern uns der wahrheit! XD freut euch drauf (oder besser: lieber nich freuen, das wird nich schön) ^^ Kapitel 4: Am Grab meiner Mutter -------------------------------- hallöle da bin ich wieder ^^ hab mich kurz ma an ne short story gesetzt ^^ Langsam wurde es immer kälter. Der Winter kam und mit ihm auch ab und zu ein paar Schneeflocken. In letzter Zeit saß Tyson häufig in Gedanken versunken auf dem Sofa und starrte aus dem Fenster, wie die Schneeflocken zu Boden schwebten. Kai beobachtete ihn eine Weile, bis er es nicht mehr aushielt. „Sag mal, was hast du? Du bist in letzter Zeit so ruhig. Ist irgendwas?“, fragte er und setzte sich zu ihm. Seine eigenen Probleme vergaß er für diesen Moment. „Nein, schon gut. Mach dir nicht so'n Kopf, ich hab nichts.“, sagte Ty­son. Kai seufzte. „Jetzt lügst du aber. Du sitzt hier schon ein paar Tage so rum und sagst nicht ein Wort. Du hast doch was, ich bin nicht blind.“ Kai musterte ihn genau. „Hör auf, dir Sorgen zu machen. Mir geht's gut, wirklich. Ich denke nur nach.“ Auf jegliche weitere Fragen antwortete Tyson nicht mehr. Das war auch nicht nötig, denn eines Nachts verstand Kai von allein, was los war... Tyson schreckte plötzlich mit einem lauten „Mama!“ hoch und rang nach Luft. Die Tränen rannen an seinem Gesicht herunter und tropften auf seine Hände. Langsam richtete sich auch Kai auf. „Mama?“, fragte er irritiert. Tyson sah ihn erschrocken an. „Hey, was hast du denn?“, fragte Kai besorgt und strich zärtlich die Tränen aus Tysons Gesicht. „Nichts, ich... Ach Kai!“ Tyson ließ sich in Kais Arme fallen. „Halt mich fest, bitte...“, schluchzte er. „Was ist denn mit deiner Mutter? Du hast nie etwas gesagt.“, fragte Kai und drückte Tyson an sich. „Sie... Sie ist gestorben, als ich fünf Jahre alt war. Ich vermisse sie...“ Tyson klam­merte sich an ihn. „Tut mir Leid. Das hast du uns ja nie gesagt. Warum eigentlich?“ „Ich dachte, das wäre besser so. Ihr habt doch alle gesagt, ich bin immer so fröhlich. Hätte ich euch das gesagt, dann...“ Tyson schluchzte erneut. „Meinst du, sie hätten dich dann betut­telt? Ich glaub nicht, dass sie das getan hätten. Und ich erst recht nicht, aber das weißt du ja.“, sagte Kai und strich ihm beruhigend über den Kopf. „Morgen ist es dreizehn Jahre her, würdest du mitkommen zu ihrem Grab? Ich möchte nicht allein da hingehen.“ „Ja natürlich komm ich mit.“ Das ist also das Grab seiner Mutter. Sieht aber gut aus. Ich schätze mal, sein Opa kümmert sich darum. „Sieht doch ganz gut aus.“, sagte Kai und betrachtete das Grab mit den frischen Blumen und den Räucherstäbchen, die schon länger ausgebrannt waren. „Ja. Opa macht das immer.“, meinte Tyson. „Ganz recht! Du bist ja nie hier, Jungspunt!“ Tyson klammerte sich erschrocken an seinen heimlichen Ehegatten. „Mein Gott, Opa! Erschreck mich doch nicht so!“, fauchte er. „Geschieht dir ganz recht! Du hast es ja nie geschafft hier mal aufzukreu­zen! In dreizehn Jahren nicht!!“, schimpfte Opa. Dreizehn Jahre? So lange war er nicht hier? „Wie bitte?“, fragte Kai irritiert. „Du hast richtig gehört, Kai. Tyson war seit Hotarus Beerdigung nicht mehr hier gewesen! Ich hatte all die Jahre gehofft, dass du mal herkom­men würdest, aber nein! Du musstest dich ja unbedingt mit deinem Beyblade beschäftigen!! Ist dir der etwa wichtiger als die arme Seele deiner Mutter?!“ Opa war ziemlich gereizt des­wegen. „Und was ist mit Hiro? Der war doch auch nie hier!!“, gab Tyson patzig zurück. Opa verstummte. Stimmt, der war auch nie hier. Mit dem werd' ich auch noch ein Hühnchen rupfen!! „Ist doch egal! Du warst die ganze Zeit hier, also hättest du auch mal zu Hotarus Grab gehen können! Sie ist schließlich deine Mutter!!“ Tyson drückte sich an Kai und ver­zog das Gesicht. Na toll! Immer ich! Als wäre ich hier der einzige Sündenbock!! Hiro war auch nie da! Und Papa erst recht nicht! „Das reicht jetzt. Er ist doch da.“, sagte Kai und strich sanft über Tysons Schulter. „Na und? Er hätte ruhig öfter mal herkommen können!!“, fauchte Opa. „Nun ist er hier und jetzt ist Ruhe! Ich dachte immer, ein Friedhof ist ein Ort der Stille!“, sagte Kai. „... Ja stimmt, das hab ich vergessen.“, sagte Opa, dann wandte er sich dem Grab zu. „Verzeih mir, Hotaru-chan!“ Er legte die Hände zusammen und verbeug­te sich kurz. Dann schüttete er eine Kelle Wasser über den Grabstein. Tyson tat es ihm gleich und holte kurz darauf Räucherstäbchen heraus die er anzündete und dann hinlegte. Die alten ließ er in einem Mülleimer verschwinden. Dann hockte er sich davor und legte noch einmal die Hände zusammen. Kai beobachtete ihn dabei. Als ihm eine winzige Träne auffiel, die in der Herbstsonne glitzerte, hockte er sich neben ihn und strich sie weg. Tyson sah auf, als Kai gerade die Hände zusammenlegte und die Augen schloss. Er schickt ihr ein Gebet? Wie lieb von ihm. Kai erhob sich wieder und auch Tyson stand auf. Beide sahen sich einen Moment lang in die Augen. Opa stand daneben und musterte sie. „Hallo!! Erde an Ty­son!! Kannst du dich mal eben vom Abgrund lösen??“, fauchte er. „Wie? Von welchem Ab­grund?“, fragte Tyson irritiert. „Ach vergiss es! Können wir jetzt gehen?“ „Wie, gehen? Wer sagt, dass ich mit dir mitgehe? Ich gehe zu Kai. Hast du vergessen, dass ich bei ihm wohne?“ Tyson sah seinen Opa fragend an. „Nein, entschuldige bitte, dass ich gefragt habe. Ich gehe jetzt.“, sagte Opa und wandte sich um. „Was wird das da überhaupt zwischen euch??“, fügte er hinzu und verschwand. Tyson lief glutrot an und starrte zu Kai. Doch der sah nur mit weit offenen Augen Tysons Opa nach. Abgrund?? Wie Recht er doch hat... Es gibt tatsächlich einen Abgrund zwischen uns. Nur kann ich ihn nicht überwinden. „Hey, was ist? Hast du was?“, fragte Tyson und riss Kai aus seinen Gedanken. Kai lächelte. „Nein, alles in Ordnung.“, sagte er. Gemeinsam verließen sie den Friedhof. so auch tyson soll mal seinen teil bekommen, das hier war er, ein einblick in tysons seele ^^ so ab jetzt wirds wieder spannend, vor allem für die, die wissen wollen, wer leonit ist!!! XD denkt an die kommis, ich freu mich doch so über viele und liebe kommis von euch ^^ Kapitel 5: Alles nur gelogen! ----------------------------- so meine lieben *geheimnisvoll klingt* nun denn, jetzt erfahrt ihr mehr... ^^ viel spaß Kaum, dass sie wieder zu Hause waren, klingelte auch schon das Telefon. Widerwillig, weil er sonst schon nicht telefonierte und es auch ungern tat, nahm Kai den Hörer ab. Es war Na­talie. „Was ist los? Behandeln sie dich schlecht?“, fragte Kai. „Nein, nein. Es ist alles in Ordnung. Mir ist nur etwas wichtiges eingefallen! Ich hätte es dir gleich sagen sollen! Aber ich hab es vergessen. Kannst du mir verzeihen, Kai?“ Natalie klang aufgelöst. „Was ist denn? Was ist passiert?“, fragte Kai besorgt. „Es geht um Boris und um deine Eltern.“, sagte sie. Kai hielt die Luft an. Meine Eltern? Aber die sind doch bei einem Autounfall gestorben... Was hat das mit Boris zu tun?? „Wie jetzt? Was meinst du? Was haben meine Eltern denn mit Boris zu tun?“, fragte er. „Genau das ist es ja. Eigentlich haben sie nichts mit ihm zu tun, aber weil er dich unbedingt in der Abtei haben wollte, haben sie doch etwas damit zu tun. Ich weiß nur nicht, wie ich es dir erklären soll.“ Kai wartete darauf, dass sie von selbst weiter sprach, statt sie zu fragen. „Ich hab Boris und Leonit zufällig belauscht. Ich konnte nicht umhin, als dein Name fiel. Boris und er müssen wohl eine alte Geschichte wie­der aufgewärmt haben, als sie über Lew gesprochen haben. Jedenfalls haben sie auch über deine Eltern gesprochen.“, erzählte Natalie. „Und?“ Kai war nicht fähig irgendwelche lang­atmigen Fragen zu stellen. „Kai! Deine Eltern sind nicht bei einem Autounfall ums Leben gekommen!! Boris hat dich angelogen! All die Jahre hat dieser schmierige Dreckskerl dich angelogen!!“ Natalie war aufgebracht, das konnte Kai spüren. „Er hat was? Boris hat mich jahrelang angelogen? Aber... was war denn nun wirklich?“, fragte er. „Das weiß ich nicht... Das hab ich nicht mitbekommen. Sie haben nur gelacht.“, sagte Natalie, inzwischen nieder­geschlagen klingend. „Danke, das du mir das gesagt hast.“ Sie verabschiedeten sich und Kai setzte sich nachdenklich auf das Sofa, als Tyson gerade hereinkam. „Was war denn?“, fragte er. „Natalie. Sie sagt, Boris hätte mich die ganze Zeit, die ich in der Abtei war, angelogen. Wegen meiner Eltern. Er hat mir gesagt, sie seien bei einem Autounfall ums Leben gekom­men.“, erzählte Kai. „Das is' ja 'n starkes Stück. Und was war nun wirklich?“, fragte Tyson. „Das weiß ich nicht. Aber ich will es wissen und dazu muss ich nach Russland!“, sagte Kai. „Ich komm mit.“ Kai musterte ihn. „Nein. Bleib hier. Das muss ich allein regeln. Das geht nur mich und Boris was an.“ „Aber-“ „Nein, Tyson! Du bleibst hier! Einer von uns muss die Jungs weitertrainieren!“, sagte Kai und stand auf. „Ich flieg gleich morgen los. ... Und keine Widerrede!“, fügte er hinzu und verschwand, um ein paar Sachen einzupacken. Tyson war machtlos. Kai hatte sich entschieden und das war's. Tyson stand neben ihm, während Kai schweigend auf die Ansage seines Fluges wartete. „Kai, kann ich nicht doch mitkommen? Ich will nicht, dass du alleine da hinfliegst!“, sagte Tyson. „Nein, du bleibst hier. Wer soll denn die Jungs trainieren, wenn du es nicht machst? Außerdem hab ich dir jetzt schon zum x-ten Mal erklärt, dass ich das allein mit Boris regeln will.“, erklärte Kai. „Ja, schon gut. Ich hab's ja kapiert.“, murmelte Tyson. Die Ansage kam und Kai setzte sich in Bewegung. „Das hast du jetzt jedes Mal gesagt. Wieso verlässt du dich nicht einfach auf ein gewisses Band zwischen uns?“, fragte Kai. „Auf welches denn?“ Tyson lief neben ihm her bis zum Terminal. „Das, was uns beide verbindet. Was uns zusam­menhält. Denk mal scharf nach.“, meinte Kai. „In ein paar Tagen bin ich wieder da. Solange wirst du doch wohl ohne mich auskommen.“, fügte er hinzu und verschwand. Ja schon, aber hoffentlich kommst du auch gesund zu mir zurück... Tyson überlegte, was Kai mit dem Band meinte. Was uns beide verbindet... Uns verbinden zwei Ringe und unsere Gefühle. Ah, ja klar! Das Band unserer gemeinsamen Liebe! Kai stieg ins Flugzeug und setzte sich. Ich hoffe, er hat verstanden, was ich da zusammen­gebrabbelt habe... Er wird schon spüren, wenn was nicht stimmt. soooooo, ich hoffe das hat euch gefallen ^^ und hoffentlich auch euer interesse an diesem leonit noch gesteigert^^ Kapitel 6: Wo sind meine Eltern? -------------------------------- ich verrat jetz ma gar nix, ne ^^ lest einfach Als Kai aus dem Flugzeug stieg, dass ihn nach Moskau gebracht hatte, versuchte er als ers­tes irgendwie herauszubekommen, wie er am schnellsten zur Biovolt-Abtei kommen konnte. Er fragte dazu eine der Stewardessen, die am Check-out waren. „Biovolt? Das kenn ich gar nicht.“, sagte sie. „BEGA? Kennen Sie das?“, fragte Kai in der Hoffnung, dass BEGA noch ein Begriff war. „...Aaah! Ja, BEGA! Das kenn ich. Kommen Sie mit. BEGA hat einen Pri­vatjet. Der fliegt sie direkt zum Hauptsitz!“, sagte die Stewardess mit einem Lächeln und führte ihn zu einem abgelegenem Terminal. Hauptsitz... Jetzt ist Boris aber endgültig über­geschnappt! Früher war es doch noch ehrfürchtig „die Abtei“... Also wirklich! Etwas über­rascht betrachtete Kai den Jet und stieg dann ein. Während des Fluges schaute Kai gelang­weilt aus dem Fenster. Der Pilot redete unablässig und lobte Boris und die Abtei in höchsten Tönen. Mit jedem neuen Lob verdrehte Kai die Augen, schüttelte den Kopf und äffte das Gelaber des Piloten nach. Blablabla... Hör auf hier Lobeshymnen zu trällern, dass hat der Alte doch nun echt nicht verdient!! Und Voltaire schon gar nicht! Widerwillig betrat er das Gelände der Abtei, die er so hasste. Auf dem Hof trainierten ein paar ältere Schüler. Einer von ihnen sah auf und betrachtete Kai eingehend. Holla! Eine Schönheit wie aus dem Buch!! Dann kam er schnellen Schrittes auf Kai zu, der neben dem Piloten herging. „Hey! Wer bist du denn? Bist du ein Neuer?“, fragte er und legte Kai freundschaftlich den Arm über die Schulter. „Nein, ein Alter!“, gab Kai zurück und streifte den Arm des Schülers ab. „Guter Witz! Nein, mal ehrlich! Bist du ein Neuer oder nicht?“, fragte der junge Russe. „Ich hab es dir eben schon gesagt. Ich bin ein ehemaliger Schüler. War das verständlicher? Jetzt lass mich in Ruhe.“ Kai ging weiter, ohne den Jungen eines weiteren Blickes zu würdigen. „Hey, wo willst du hin?“ Kai blieb genervt stehen. „Zu Boris.“, sagte er. „Zum Master? Ach komm! Was willst du denn bei dem? Was hat der alte Sack, was ich nicht hab?“ Der Junge kam dichter. Kai schwieg und dachte nach. Irgendwie musste er innerlich lachen. Der Kleine vor ihm hatte Recht. Boris hatte nichts, was er nicht auch hatte, außer- „Macht. Leider Gottes hat er die. Du hast sie nicht und jetzt zieh Leine oder es knallt.“, sagte Kai. Dass er Boris Macht zugestehen musste, war ihm widerwärtig und die Anmache des kleinen Russen erst recht. Der Junge lachte. „Wo hat der Macht?“ Kai ging weiter, ignorierte ihn einfach. Zumindest, bis er dessen Hand an seinem Hintern spürte. Reflexartig hob er die Hand und dann klatschte es auch schon laut. Im selben Moment lag der Jüngere der beiden im Schnee. Entsetzt starrte Kai ihn an, der Blick des Jungen war nicht anders. Sprachlos schaute der Kai an und entfernte sich dann fluchtartig. Seine Wange allerdings, die Kai mit voller Kraft erwischt hatte, leuchtete glutrot... Mit einem genervt klingendem Geräusch setzte er seinen Weg mit dem Piloten zur Abtei fort. Drinnen erwartete Boris ihn schon. „Ah! Kai Hiwatari! Sieh an, es zieht dich also zu­rück in heimische Gefilde?“, fragte er. „Oh ja sicher... Das hättest du wohl gern!“, fauchte Kai und wandte den Blick von ihm ab. Der wird auch immer scheußlicher! „Du kennst mich doch, Kai. Außerdem bist du hier doch immer willkommen. Fühl dich wie zu Hause.“, schleimte Boris. „Nie im Leben! Wovon träumst du nachts?“, gab Kai patzig zurück. Boris rümpfte die Nase. „Also schön, was willst du?“, zischte er. „Ich will wissen, was mit meinen Eltern passiert ist!“ Das fettige Gesicht seines Gegenübers zeigte einen gespielten mitleidigen Ausdruck. „Aber das hab ich dir doch erzählt. Sie sind bei einem Autounfall gestorben.“ Kai lachte hohl. „Ich bin kein kleiner Junge mehr! Sag mir die Wahrheit!“ „Das ist die Wahrheit! Du könntest übrigens mal ihr Grab besuchen gehen. Oder sollte ich eher Familiengrabstätte sagen?“, meinte Boris. „Familiengrabstätte?“ Wovon redet der Schleimbeutel?? „Ganz recht. Besuch deinen ehrenwerten Großvater Voltaire.“, sagte Boris. Die hochtrabende Achtung gegenüber seinem Großvater ließ Kai skeptisch dreinschauen. Ehrenwerter Großvater? Jetzt ist er übergeschnappt! Der wird tatsächlich alt!! ...Und senil... „Von mir aus! Wenn es denn unbedingt sein muss...“, maulte er. Kai wandte sich demonstrativ ab und setzte zum Gehen an. „Wenn ich nur wüsste, wo das ist? Du hast es mir ja nie gesagt, altes Scheusal!“, sagte er dann und sah Boris über den Rücken hinweg an. Dessen Gesicht war puterrot. Altes Scheusal???? Was erlaubt sich das Balg eigentlich? Grimmig wandte sich Boris der alten Trainingshalle zu und brüllte irgendwas Russisches hinein. Kurz darauf kam ein kräftig aussehender junger Mann heraus. Er hatte dunkelblondes Haar, das ihm etwas über den Nacken hinausging und eisig blaue Augen. Ups... Ich glaub, ich hab grad 'n Riesenfehler gemacht... Kai tat einen Schritt rückwärts. „Zeig ihm morgen den Weg zu den Gräbern der Hiwataris und Voltaires.“, sagte er brummig und schickte den Trainer wieder weg. Kai ließ sich mehr widerwillig in sein altes Zimmer einquartieren. Alles war noch genauso wie damals. Es hatte sich nicht viel verändert. Schlecht gelaunt ließ sich Kai auf die alte Matratze fallen, sprang aber sofort wieder auf. Eine Feder hatte ihn schmerzhaft in den Rücken gepiekst. „Shit!“, fluchte er und trat gegen das Bettgestell, das plötzlich bedrohlich wackelte. „Nicht das auch noch! Was ist das hier bloß für ein Saftladen geworden!“, fauchte er und brachte das Gestell zum Stillstand. Vorsichtig legte er sich wieder auf die Matratze, darauf bedacht, nicht die Feder zu erwischen. Seine Gedanken schweiften mehrere Jahre zurück. Mein Gott, hier hat das alles angefangen. Hier habe ich mein Schicksal entschieden... Ich wünschte, ich könnte zurückreisen und dem dummen kleinen Jungen sagen, was für eine wahnsinnige Entscheidung er treffen wird, was ihm passieren wird und ihn davor warnen, dass es ihm nicht passiert! Aber das geht ja nunmal nicht... Zu blöd. Ich würde alles dafür geben, wenn ich es rückgängig machen könnte. Wenn es doch nur ginge... Dann würde ich mit Tyson auf alle Fälle glücklicher sein. Und das will ich doch so sehr. Ich will wieder glücklich sein können, lachen können, lieben ... Stattdessen muss ich das alles neu lernen. Neu lernen, wie sich das anhört... als hätte ich im Koma gelegen und weiß nicht mehr wie das geht. Und an all dem ist nur eine einzige Person schuld! so und noch ein recht kurzes kappi, aber es bleibt spannend ^^ bitte wieder lieb sein ^^ Kapitel 7: Es ist noch nicht vorbei... -------------------------------------- keine erklärung von mir, lest selbst ^^ viel spaß dabei Kaum, dass Kai am nächsten Morgen aus dem Zimmer kam, stand ihm der Russe vom Abend zuvor gegenüber. Boris hatte ihn angewiesen, ihm zu zeigen, wo die Gräber seiner Eltern und Voltaires waren. Wortlos verstanden sich die beiden und Kai folgte ihm, nach­dem er sich einen warmen Mantel übergestreift hatte. Der blonde Russe mit den eisblauen Augen führte ihn bis zum Baikalsee hinunter, wo er hinter einer Hecke abbog und einem en­gen Pfad folgte, der auf eine kleine Lichtung führte. Kai hatte Mühe ihm zu folgen, da der Schnee sehr hoch lag. Mühsam stapfte er durch die Schneemassen zur Lichtung, auf der der Russe auf ihn wartete und ihn musterte. „Schon lange nicht mehr hier gewesen, was? Bist du den hohen Schnee nicht mehr gewohnt?“, fragte er. „Doch schon, aber wie du richtig be­merkt hast, war ich lange nicht mehr hier. Wie heißt du überhaupt?“ Kai hatte ihn erreicht und schaute ihn fragend an. „Leonit.“ Leonit? Ob er der Kerl ist, von dem Natalie erzählt hat? „Ah... Und das? Sind das die Gräber?“, fragte Kai. Leonit nickte und ließ ihn zu den eingeschneiten Hügeln gehen und den Schnee von den Grabsteinen wischen. Dort standen die Namen seiner Eltern und der des Großvaters auf den Marmorplatten. Doch zwischen de­nen seiner Eltern und dem Grabstein Voltaires war ein gewisser Abstand. Ganz so, als wür­de dort noch ein Grab fehlen, oder es war da mal eines gewesen. „Wie sind sie denn nun ge­storben? Boris hat ja nicht gerade gesungen. Kannst du mir das wenigstens sagen?“ Leonit ließ die Frage sacken und wartete einen Moment, bis Kai sich ihm zuwandte und ihn fra­gend ansah. „Es war kein Autounfall, wie du ja weißt. Sie wurden ermordet, weil sie dich nicht gehen lassen wollten.“, sagte Leonit gefasst. Kai sah ihn mit Schrecken in den Augen an. Ermordet?? Weil sie mich nicht gehen lassen wollten? Aber wer war das?? „Wer? Wer hat sie auf dem Gewissen? Und was ist mit Voltaire?“, fragte Kai. „Voltaire ist eines natürli­chen Todes gestorben. Deine Eltern hingegen wurden erschossen. Vielleicht kannst du dich ja daran erinnern? Du warst dabei.“, antwortete Leonit. Dabei? Ich? ... Daran kann ich mich gar nicht erinnern! Ich weiß nichts davon! „Nein, ich kann mich nicht dran erinnern. Wie kommst du darauf, dass ich dabei gewesen sein sollte? Hat der Alte das gesagt?“ Kai stand wieder auf und kam auf Leonit zu. „Der 'Alte', wie du ihn nennst, heißt Boris, merk es dir, oder es kommt dir teuer zu stehen! Und ich weiß, dass du dabei warst, weil ich auch dabei war. Sowohl ich, als auch Boris, der dich dann liebevoll in seiner Abtei aufgenommen hat, um dir das Bladen beizubringen.“, erklärte Leonit. „Liebevoll? Pah! Wann war der je liebe­voll?? Das war er nie!!“, fauchte Kai. „Sag mir jetzt, wer sie getötet hat!“, fügte er hitzig hinzu. Leonit setzte ein Lächeln auf. „Sag es mir!“, wiederholte Kai. „Du willst es also wirklich wissen? Bist du dir da auch sicher?“, fragte Leonit. Kai sah ihn böse an. „Ja und jetzt sag es endlich!“ Leonit ging ein paar Schritte hinter ihn und kam dann ganz nah an sein Ohr. „Ich!“, flüsterte er. Kai riss die Augen auf. Atemlos brachte er nur ein gehauchtes „Was??“ über die Lippen. „Ja, ich habe deine Eltern getötet. Ich war zwar damals erst elf, aber so lautete mein Befehl!“, erklärte Leonit. Kai entfernte sich von ihm. „Das ist nicht wahr!“, sagte er. „Doch, das ist es. Ich hab dich ja gefragt, ob du es wirklich wissen willst. Du konntest ja nicht widerstehen...“, meinte Leonit schleimig und kam wieder näher. „Rühr mich nicht an!“, schrie Kai und wich weiter zurück. „Oho!! Hast du armer Junge das auch mal meinem Bruder gesagt? Ich glaube nicht!“ Leonit hatte blitzartig das Thema gewechselt. „Welchem Bruder?“, fragte Kai irritiert. „Meinem kleinen Bruder, den du übrigens auf dem Gewissen hast!!“, zischte Leonit wütend. „Lew?!“ Kai war entsetzt. Von einem Bruder Lews wusste er gar nichts. „Ganz genau! Und du hast ihn in den Tod gestürzt!“, sagte Leonit laut. Kai wich immer weiter rückwärts. „Das habe ich nicht!“ Leonit knurrte erst, dann zog er ein kleines schwarzes Buch hervor. „Weißt du was das ist, du kleines Miststück?“, zischte er und kam Kai näher, der gerade in den Schnee gefallen war. Kai schüttelte den Kopf. Was soll das schon sein? Ein schwarzes Buch, na und? „Das hier, Kleiner, ist Lews Tagebuch. Oder sollte ich eher sagen, sein Buch über die Nächte mit dir?“, erklärte Leonit. Kai sah ihn plötzlich ängstlich an. Lew hat ein Tagebuch geführt? Über uns? Wie pervers war er eigent­lich? Fehlt ja nur noch, dass er jede Nacht auf Video aufgenommen hat! Das wäre wirklich das Schlimmste, was er mir jetzt noch antun könnte! „Wo hast du das her?“, fragte Kai. Er versuchte so zu klingen, als kannte er das Buch und wüsste, was dort drinnen steht. Aber offensichtlich erfolglos, denn Leonit lächelte nur und wedelte mit dem Buch umher. „Es ist alles sehr detailliert beschrieben. Hab mich köstlich amüsiert. Er hat dich ja ganz schön rangenommen, was?“, meinte er und beugte sich tief zu Kai hinunter, der es bis jetzt noch nicht gewagt hatte, aufzustehen. „Aber... Warum machst du dir nicht selbst ein Bild? Du kannst jetzt entscheiden, wer härter war. Er... oder ich.“, sagte er. Kai verschwand aus Leonits Reichweite. „Lauf nur, lauf. Ich krieg dich ja doch. Und dann kannst du was erleben, weil du ihn getötet hast!!“, zischte Leonit. Entsetzt versuchte Kai durch den hohen Schnee zu flüchten, was ihm allerdings mehr schlecht als recht gelang. Er schaffte es gerade noch so bis zum Weg, der zum Baikalsee frei war, ohne zu fallen. Leonit folgte ihm mit gemäßigtem Tempo. Der freie Weg war allerdings sehr glatt, weshalb Kai Probleme hatte schneller zu laufen. Erst kurz vor der Abtei war es ihm möglich und er rannte zu einem der Hintereingänge, den er noch kannte. Doch noch bevor er darin verschwinden konnte, drückte Leonit ihn fest gegen die Mauer. „Du hast meinen Bruder auf dem Gewissen und dafür wirst du jetzt bezahlen!“ Kais Blick war inzwischen nur noch verzweifelt. Sollte es jetzt schon wieder passieren? Diesmal durch einen anderen? Leonit packte ihn im Nacken und zerrte ihn mit sich in den altbekannten Raum, den Lew ihm einst als die alte Folterkammer vorgestellt hatte. Und so sah sie jetzt auch wieder aus. Von den Lilien, den Kerzenständern, dem Bett in der Mitte oder all den anderen Möbeln war keine Spur. Alles was an Lew erinnerte war weg, stattdessen war der kahle, kalte Raum wieder das, was er vor hunderten von Jahren schon einmal gewesen war. Von Angst erfüllt ließ Kai den Blick durch den kalten Raum schweifen. Er ahnte, was ihm jetzt blühte und er wusste es, als Leonit ihn fesselte... Tyson schreckte plötzlich hoch. Ganz in Ruhe hatte er mit Max und Ray im Café unterm Dach gesessen und geredet, als ihn plötzlich dieses Gefühl erwischte. Er hatte es vorher schon gehabt, aber jetzt war es intensiver und erwischte ihn mit voller Wucht. „Was ist? Was hast du?“, fragte Ray. „Ich weiß nicht... Irgendwas stimmt nicht.“, meinte Tyson. Max trank einen Schluck Tee. „Also ich weiß ja nicht, was du hast, aber der Tee ist gut.“ „Das meine ich ja gar nicht! Irgendwas stimmt mit Kai nicht.“, sagte Tyson. „Mit Kai? Aber der ist doch seit vorgestern in Russland.“, sagte Ray. „Ja, aber irgendwas stimmt da absolut nicht. Ich weiß nicht was, aber ich glaube, ihm passiert irgendwas.“, erklärte Tyson. „Meinst du?“, fragte Max. „Ja, das spüre ich. Ray, kannst du mich zum Flughafen bringen?“ „Zum Flughafen? Warum fragst du nicht Mr Dickenson? Er hat doch einen Jet, der wird dich si­cher direkt zur Abtei fliegen, wenn du das willst.“ Tyson sprang auf. „Gute Idee. Hier, be­zahlt ihr, ich frag ihn sofort!“, sagte er und warf den beiden etwas Geld auf den Tisch. Ver­dutzt schauten sie ihm hinterher, wie er aus dem Café eilte. Im Handumdrehen hatte Tyson Mr Dickensons Jet bekommen und ließ sich direkt zur Abtei fliegen. Er hatte Glück gehabt, dass der Pilot das Ziel überhaupt kannte... Kai schrie gequält auf. „Was ist? Wer ist nun der Härtere? Ich oder er?“, fragte Leonit. Ein weiterer Schlag mit den nassen Handtuch auf Kais Rücken folgte. „Gibst du es zu, dass du ihn getötet hast?“ „...Nein!“ „Hör auf zu lügen! Gib es endlich zu!“ „Nein, verdammt! Ich hab ihn nicht getötet!“ Leonit ließ einen weiteren heftigen Schlag auf Kais Rücken folgen. Als er dann erschöpft zu Boden sank, ließ Leonit es bleiben. Stattdessen hob er sanft sein Kinn an. „Sei doch ehrlich! Warum leugnest du's denn so hartnäckig? Willst du unbedingt, dass ich dich weiter schlage?“, fragte er. Tyson... Wo bist du? Hilf mir doch... Kai schloss die Augen und schwieg. Ein paar Tränen rannen an seinen Wangen herunter, die er eigent­lich hatte zurückhalten wollen. „Also schön! Du willst es ja nicht anders!“, fauchte Leonit und schlug weiter mit dem nassen Handtuch auf ihn ein (Anm. d. Autorin: 'Das tut Scheiße weh, könnt ihr glauben!'), bis Kai endgültig unter den Schmerzen zusammenbrach. Genervt seufzend, weil Kai keine sechs Stunden ausgehalten hatte, hob er ihn auf die Arme und brachte ihn in sein Zimmer. Dort ließ er ihn auf dem Bett liegen und verschwand. Langsam öffnete Kai wieder die Augen. Idiot... Kriegt's nicht mal mit, dass ich ihm was vorgespielt hab... Autsch. Musste der mich denn auf den Rücken legen? Das tut verdammt weh... Und meine Klamotten hat er mir auch zerschnitten. Jedenfalls zum Teil... Was hab ich bloß für ein Pech? Ständig passiert mir sowas... Die vielen Schnittwunden, die er davongetragen hatte, interessierten ihn kaum. Er war an das Gefühl schon gewohnt, weil er sich beim Training mit Dranzer oft genauso verletzt hatte. Nur widerwillig gab er sich letztendlich der Ohnmacht hin... Kaum, dass der Jet gelandet war, rannte Tyson über das Gelände, hinein in die Abtei und zu Boris ins Büro. Erschrocken sah er auf, als Tyson ihm gegenüber stand. „Oh, Tyson. Es freut mich dich zu sehen. Was willst du?“ „Hör auf zu schleimen, das zieht bei mir nicht mehr! Wo ist Kai?“, fragte Tyson. „Leonit zeigt ihm die Gräber, aber eigentlich müssten sie schon längst wieder zurück sein. Daraus kannst du folgern, dass ich nicht weiß, wo sich Kai aufhält. Aber du kannst gern in seinem Zimmer nachsehen.“, sagte Boris hochtrabend. Schweigend ließ sich Tyson erklären, wo das Zimmer war und begab sich augenblicklich dorthin. Die Tür war offen und er ging leise hinein. Zuerst sah er gar nichts, da es stockdun­kel war. Erst als er es irgendwie geschafft hatte, die Öllampe anzuzünden, sah er Kai. Er­leichtert ging er auf ihn zu, doch als er die Wunden sah, blieb er stehen und schluckte. Kai! Was...?? „Kai? Hey, Kai! Wach auf! Kai!“ Vorsichtig und darauf bedacht, ihm nicht wehzu­tun, schüttelte er Kai. Langsam öffnete Kai die Augen. Nur verschwommen nahm er Tyson wahr. Als er ihn erkannte schreckte er hoch, wobei ein stechender Schmerz ihn durchfuhr. Ohne Worte schaute er ihn an und Tyson nahm ihn erleichtert in den Arm. „Was ist denn passiert? Wie siehst du überhaupt aus?“, fragte Tyson und ließ ihn wieder los. Doch Kais ausdruckslose Augen musterten ihn nur. Tyson beließ es dabei, Kais Schweigen kannte er, und nahm stattdessen die Tasche seines Freundes. „Gehen wir. Mr Dickensons Jet wartet.“, sagte er nur. Als Kai aber nicht aufstand, versuchte er ihm dabei zu helfen. Nur langsam konnten sie die Abtei verlassen und mühsam half Tyson Kai durch den Schnee zum Flugzeug, das auf sie wartete. Kai war so erschöpft, dass er, kaum dass sich gesetzt hat­ten, augenblicklich in Tysons Armen einschlief. Bei ihm, das wusste er, fühlte er sich sicher. Bei ihm konnte er ruhig einschlafen. In Tokio weckte Tyson ihn vorsichtig, „Kai, wach auf. Wir sind zu Hause.“ und strich ihm sanft über die Wange. Müde sah Kai ihn an. Widerwillig verließ er mit Tyson das Flugzeug und ließ sich von ihm durch die Flughafenhalle manövrieren. Dort kamen ihnen schon Ray und Max entgegen. „Tyson! Was ist los? Was ist passiert?“, rief Ray, noch bevor er sie er­reicht hatte. Außer Atem blieben sie vor den beiden stehen. „Kannst du uns nach Hause fah­ren?“, fragte Tyson. so das wars auch schon, wie gut, das der text schon fertig, sonst hätt ich mir ja die finger wund getippelt XD Kapitel 8: Rätselraten ---------------------- Ray nickte. Max' Blick wanderte von Tyson zu Kai. „Was ist denn mit Kai passiert?“, fragte er entsetzt. „Das weiß ich nicht, aber vielleicht ist es besser, wenn wir ihn erstmal ausschla­fen lassen.“, erklärte Tyson. Die fragenden Blicke der beiden verlangten nach einer Erklä­rung. „Er scheint so ziemlich erschöpft zu sein. Ich weiß nicht warum.“ Max nickte verste­hend und keiner der beiden fragte mehr, was passiert war. Ray fuhr sie zum BBA-Gebäude und verabschiedete sich mit Max von ihnen. Gegen Abend kam Kai aus dem Bett ins Wohnzimmer. Tyson saß auf dem Sofa, hatte ihn aber sofort bemerkt. Hastig stand er auf und kam zu ihm. „Geht es dir besser?“, fragte er. Kai nickte nur. Tyson seufzte und überlegte, ob er ihn fragen sollte, ob Kai denn auch ant­worten würde, entschloss sich jedoch schnell. „Was ist denn passiert?“ Kai sah zum Sofa, dann setzte er sich. Tyson folgte ihm und entschloss sich dabei, eine andere Frage zu stellen. „Was ist mit deinen Eltern?“ Kai schaute ihn an. „Sie...“ Kai wusste nicht, wie er anfangen sollte. „Boris hat sie... er hat sie umbringen lassen.“, sagte er leise. Tyson hielt den Atem an. Für so brutal hatte er Boris nicht gehalten. „Von wem?“, fragte er. „Leonit.“ „Und wer ist Leonit?“ Kai schluckte schwer. „Lew's älterer Bruder.“, sagte er mit zittriger Stimme. „Was? Wie alt ist der denn?“, fragte Tyson verwundert. „Vier Jahre älter als Lew. Also etwa sechs­undzwanzig. Warum willst du das wissen?“, sagte Kai und musterte Tyson. „Das kapier ich nicht. Er ist sechs Jahre älter als du, aber wann hat dich Boris eigentlich in die Abtei aufge­nommen?“ „Da war ich fünf. Er war elf, als er's getan hat, wenn du darauf hinauswillst.“, er­klärte Kai und beantwortete somit Tysons eigentliche Frage. „Ja, wollte ich. Aber ist das nicht ein bisschen jung?“, fragte Tyson. „Schon...“, war Kais knappe Antwort. „Und woher sind die Schnittwunden?“ Kai senkte den Blick. „Von ihm.“ Schweigend stand Tyson auf und holte den Verbandskasten. Kai sah ihm nach und beobachtete ihn, während er ein paar Wattebäusche mit Jod beträufelte. Beinahe widerwillig zog Kai sein Oberteil aus. Tyson schluckte, schaute zu den Tupfern und überlegte, ob die überhaupt reichen würden. Weia... Der Kerl hat ihm aber ganz schön zugesetzt. Ich wette, dass das noch nicht mal alles ist. Nachdem er sich um die Schnitte gekümmert hatte, fragte er Kai, ob er noch weitere Verlet­zungen davon getragen hatte. Seufzend drehte sich Kai um. „Was hat er denn noch getan? Das ist ja so rot...“, meinte Tyson. „...nasses Handtuch...“, murmelte Kai. Da ist noch mehr als das! Von wann sind diese feinen Narben? Die sind nicht von heute oder gestern... Und schon gar nicht von einem nassen Handtuch! „Mit einem nassen Handtuch kann man so viel Schaden anrichten?? ... Kai! Was hat dieser Mistkerl dir noch angetan?!“, fragte Tyson ener­gisch. „Was erwartest du? Er glaubt, ich hätte Lew absichtlich abstürzen lassen. Was glaubst du wohl, was er gemacht hat?“, sagte Kai. „Woher soll ich das wissen? Sag es mir.“, sagte Tyson und brachte den Kasten wieder weg. Doch Kai schwieg. Stattdessen ließ er sich in Tysons Arme fallen. Am nächsten Morgen standen Max und Ray vor der Tür. Tyson ließ sie herein. „Kai schläft noch.“, meinte er. „Immer noch?“, fragte Max. „Nein, er war gestern Abend kurz draußen, aber lasst ihn trotzdem schlafen.“ Ray zuckte mit den Schultern und ging mit Max ins Wohnzimmer, während Tyson ihnen folgte. „Hat er wenigstens mit dir gesprochen?“, fragte Ray. „Ja schon, aber nicht viel. Ich hab so das Gefühl, er will auch diesmal nicht sagen, was los ist. Das will er schon eine ganze Weile nicht.“, erzählte Tyson. „Was heißt, diesmal?“ Ray sah ihn stirnrunzelnd an. „Da gibt es noch mehr, als nur das. Diesmal weiß ich wenigs­tens ein bisschen, aber was das andere angeht, was er mir verschweigt...“, erklärte Tyson. Ray nickte. „Wenn er es mir doch nur sagen würde. Alles. Alles was mit diesem Lew zu tun hat, der ihn angerührt hat! Ich könnte ihm bestimmt irgendwie helfen, wenn er mir alles er­zählen würde.“ Tyson fuhr sich durch die Haare. „Warte die Zeit ab, Tyson. Er wird schon mit dir reden. Hab Geduld, du kannst doch nicht erwarten, dass er sofort darüber redet. Denk dran, dass du vielleicht in einer offenen Wunde rumstocherst. Gib ihm einfach die Zeit, die er selber dazu braucht, um damit fertig zu werden. Er wird irgendwann von ganz allein zu dir kommen und mit dir reden. Aber vielleicht solltest du doch auf ihn aufpassen.“, sagte Max. Ray und Tyson sahen ihn erstaunt an, dann seufzte Tyson. „Vielleicht hast du recht. Vielleicht braucht er noch Zeit.“, meinte er. Dann wechselte er das Thema. Kurze Zeit darauf ging die Tür hinter ihm auf und sofort wieder zu, noch bevor Tyson Kai gesehen hatte. Es war ganz offensichtlich, dass Kai außer Tyson niemanden um sich haben wollte. Umso schwerer erschien es Tyson, ihn zu einem Treffen mit ihren Freunden zubewegen. Doch Kais Antwort: „Von mir aus.“ Dieses 'Von mir aus' nahm Kai allerdings wörtlich und war mehr schlecht als recht an­sprechbar, als sie alle gemeinsam im Café saßen. Er sah viel eher aus dem Fenster, als dass er sich mit seinen Freunden unterhielt. Nicht einmal Tyson konnte ihn dazu bewegen, was bewies, wie sehr Kai in Gedanken versunken war. „Hey, Kai! Jetzt erzähl doch mal! Wie war's denn in Russland?“, meinte Hilary. Während Tyson, Ray und Max sie beinahe ge­schockt anschauten, sah Kai sie völlig normal an. „Wie soll es da schon sein? Kalt.“, sagte er. „Das ist mir schon klar. Erzähl uns lieber, was sonst noch so war.“ Kai atmete tief durch. „Da war nichts, außer dass ich jetzt weiß, was mit meiner Familie ist. Wenn man das über­haupt Familie nennen kann...“, meinte Kai und sah wieder aus dem Fenster. „Wieso? Was ist denn mit deiner Familie?“, fragte Max, der davon auch nichts wusste. „Sie sind tot. Vol­taire auch.“ „Tut mir Leid.“, meinte Max. „Was soll dir denn Leid tun? Ich hab meine Eltern sowieso kaum gekannt. Ich kann mich nicht mal an sie erinnern. Und an Voltaire will ich mich sowieso nicht erinnern.“, sagte Kai und wandte sich wieder dem Fenster zu. Es war eindeutig, dass Kai das Thema als beendet betrachtete. Er sah erst wieder in die andere Richtung, als Mr Dickenson plötzlich bei ihnen auftauchte. Er schien es eilig zu haben, also sagte Kai erst einmal gar nichts, sondern wartete auf Mr Dickensons Frage, die ihm offen­sichtlich auf der Zunge lag. „Kai? Würdest du einen russischen Trainer bei dir aufnehmen?“ „Nein!“, sagte Kai hastig. „Warum nicht?“, fragte Mr Dickenson verwundert. „Weil ich nein gesagt hab!“ „Wieso denn? Gibt es einen Grund dafür?“ „Ja, aber ich werde es Ihnen nicht sagen!“, sagte Kai. „Ich möchte wissen, warum du keinen russischen Trainer haben willst.“, sagte Mr Dickenson bestimmt. „Ich rede nicht darüber!“, sagte Kai und fügte an Tyson ge­wandt hinzu: „Lass mich bitte durch.“ „Warum?“, fragte Mr Dickenson weiter, als Kai an ihm vorbeiging. „Ich habe gesagt, ich rede nicht darüber und ich will nicht, dass mir irgend­wer Fragen deswegen stellt!“, fauchte Kai. In dem Moment sprang Tyson auf. „Du kannst Mr Dickenson nichts vorwerfen! Er kann doch nicht wissen, dass du in Russland gefoltert wurdest!!“, sagte er. Kai blieb abrupt stehen. Langsam drehte er sich zu Tyson um, der sich im nächsten Moment schuldbewusst selbst verfluchte. Mr Dickenson stockte der Atem und die anderen sahen Tyson entsetzt an. „Was?“ „'tschuldigung...“, murmelte Tyson. „Woher willst du das wissen?“, fragte Kai ernst. „Ich weiß es nicht, ich kann's mir nur denken!“, sag­te Tyson und ging auf ihn zu, doch Kai verließ das Café. Na toll! Das hast du ja super hin­gekriegt! Und was mach ich jetzt? Fluchend rannte Tyson ihm nach. „Warte doch mal!“ Während Tyson die Glastür hinter sich ließ, lief Kai schon die Treppe hinunter. „Jetzt bleib doch mal stehen! Es tut mir ja Leid! Kai!!“, rief er ihm nach. Stück für Stück holte er ihn langsam ein. „Mann, ich kann doch nicht wissen, dass es so ist!“, sagte er. Kai blieb stehen und wandte sich Tyson zu, der vor ihm zum Stehen kam. „Es ist nicht so!“ „Nicht? Warum bist du dann weggelaufen?“, fragte Tyson. „Weil es nur wieder irgendwelche Fragen gege­ben hätte. Und was da passiert ist, das geht niemanden etwas an!“ Kai setzte wütend seinen Weg fort, wenngleich er etwas langsamer ging. „Doch. Mich geht es etwas an. Sag mir, was passiert ist.“, sagte Tyson. Kai blieb wieder stehen. „Wieso willst du eigentlich immer alles wissen? Was geht dich das überhaupt an? Das ist allein meine Angelegenheit. Ich muss da­mit fertig werden! Nicht du! Und überhaupt, was seit fünf Jahren vorbei ist, hat niemanden mehr zu interessieren! Es ist abgeschlossen! Vorbei! Lew ist tot und gut! Und was Leonit angeht, er mag zwar Lews Bruder sein und als Einziger über alles Bescheid wissen, aber was mit ihm war, ist eine völlig andere Geschichte! Das hat mit Lew nichts mehr zu tun! Hast du jetzt genug Antworten, oder willst du noch was hören?!“ Er war wütend, das war Tyson bewusst. Aber eine klare Antwort hatte er nicht bekommen. Und je mehr er ihn fragen würde, desto wütender würde Kai doch nur werden, weshalb er auf die sanfte Tour verzichtete. „Also schön, wenn du dich unbedingt allein damit rumquälen willst, soll's mir recht sein! Aber komm ja nicht an, von wegen, hilf mir! Jetzt nicht mehr! Ich hab dir lange genug die Chance gegeben mit mir zu reden! Du wolltest sie ja nie annehmen, dann brauchst du jetzt auch nicht mehr zu kommen! Wenn du die Sache damit als beendet ansiehst, dann können wir jetzt hoffentlich in Ruhe miteinander reden.“, sagte er. Kai sah ihn eine Weile an. Ich will hoffen, dass ich deine Hilfe nicht brauche. Jetzt noch nicht. Aber was, wenn doch? Wenn ich dann allein dastehe... Was nützt mir das... Kai seufzte. „Was willst du wissen?“, fragte er ergeben. Tyson stutzte. „Was ist passiert, als du jetzt in Russland warst? Hat er dich nun gefoltert oder nicht?“ „Nein. Jedenfalls seh ich das nicht so. Aber können wir das nicht drinnen besprechen? Muss das hier im Flur sein?“ Tyson verstand und sie gingen in die gemeinsame Wohnung, wo sie sich gegenüber setzten. Kai brauchte einen Moment um die richtigen Worte zu finden. „Was glaubst du, was einem durch den Kopf geht, wenn man gefesselt wird?“, fragte er. „Ich weiß nicht. Ist mir ja noch nicht so wirklich passiert.“, antwortete Tyson wahrheitsgemäß. „Gar nichts. Man hat einfach nur Angst. Und die hatte ich, weil Leonit genau das getan hat, damit ich nicht fliehen, oder mich wehren kann. Weißt du, wie unfair das ist?“ Tyson schwieg. Das war wirklich unfair. „Du hast ja gesehen, was man mit einem nassen Handtuch anrichten kann. Wo die Schnitte herkommen, kannst du dir sicher auch denken. Aber das reicht nicht.“, sagte Kai. „Warum nicht? Ist das nicht schon genug?“, meinte Tyson. „Ja, für dich schon. Für Leonit nicht. Er glaubt doch, ich wäre Schuld an Lews Tod. Er wollte ihn rächen und dafür reichen so läppische Methoden nicht. Egal wie oft er sie wiederholt oder wie hart er sie durchführt. Es reicht ihm nicht. Und bei sechs Stunden reicht es erst recht nicht!“ Tyson sah ihn entsetzt an. Sprachlos wartete er auf die Fortsetzung. Aber die kam nicht. „Was schaust du mich denn so an? Es war so!“, fauchte Kai, als er Tysons fordernden Blick bemerkte. „Was ... hat er denn noch gemacht, wenn du sagst, das reicht nicht?“, fragte Tyson. „Kannst du dir das nicht selbst denken? Ist ja wohl nicht schwer. Und jetzt lass die Fragerei, ich hab keine Lust darüber zu reden.“, sagte Kai und verschwand um etwas zu trinken. Die Rederei hatte ihn durstig gemacht. Seufzend akzeptierte Tyson es. Als Kai zurückkam wirkte er etwas niedergeschlagener als eben noch. „Mein Gott, was willst du noch alles wissen? Ich hab dir doch schon fast alles gesagt...“, meinte er mit einem Blick hinaus aus dem Fenster, auf dass er dann zuging. Tyson folgte ihm. „Kai... Ich will dir nur helfen. Nichts anderes. Sag mir einfach nur, was da passiert ist.“, sagte Tyson und umarmte Kai von hinten. Kai seufzte schwer. „So einfach ist das nicht... Oder glaubst du, ich rede frei heraus über Dinge, die nicht normal sind?“ „Das sag ich ja gar nicht.“, entgegnete Tyson. „Gefoltert kann man das nicht nennen. Eher verprügelt. Dann das mit dem Handtuch und die Schnittwunden eben. Und das über sechs Stunden. Das ist alles, was ich dir dazu sagen kann. Was dazwischen war, weiß ich nicht. Und ich will's auch gar nicht wissen...“ Tyson drückte ihn fester an sich. Das muss ziemlich hart gewesen sein... Wieso gibt es Menschen, die so etwas tun? Die dir so etwas antun? Und warum bin ich nie da, wenn du mich brauchst? Ich mach mir langsam echt Vorwürfe, weil ich nie da bin, wenn du wirklich meine Hilfe brauchst... „Tut mir Leid, dass ich nicht eher da war.“, sagte er. „Jetzt hör aber auf. Woher hättest du das denn wissen sollen?“, meinte Kai und befreite sich aus der Umarmung. „Ich hatte schon länger so ein komisches Gefühl deswegen. Ich hätte sofort hinterher fliegen sollen, als das anfing. Tut mir Leid.“ Kai musterte Tyson. Er meint es wirklich ernst... Noch so ein Grund, warum ich diesen Trottel so sehr liebe. Und das nachdem, was alles passiert ist... „Das reicht jetzt. Du musst dich nicht entschuldigen. Was wäre gewesen, wenn du mir umsonst nachgeflogen wärst?“, fragte Kai. „Und wenn schon! Das wär mir egal gewesen!“ Tyson schaute ihn beinahe entrüstet an. Kai schüttelte den Kopf und nahm Tyson in den Arm. Danke, Kleiner... ich bin froh, dass es jemanden gibt, der mich so liebt, wie ich nun mal bin... Mit samt dieser verfluchten Vergangenheit, von der du glücklicherweise noch nichts weißt... >^^< das is sooooo niedlich oder? aber macht euch euer eigenes bild und lasst es mich wissen ^^ Kapitel 9: Eine wahnwitzige Idee -------------------------------- hallo und erstmal ein paar erklärungen ^^ ich hab diesmal ein paar wörter benutzt die nich grad geläufig sind XD Squassiato und Strappado = Foltermethode 18. Jh.: Opfer in hängender Position mit Gewicht an Beinen, das es runterzieht, wird mit einem Ruck heruntergelassen, jedoch nicht bis ganz auf d. Boden, Arme + Beine werden dabei meist aus d. Gelenken gerissen,Aufprall d. Gewichts verursacht „Zerreißen“ d. Körpers (schrecklich oder? Silent = Name einer russischen Handfeuerwaffe mit Schalldämpfer Nur ein paar Tage später erreichte Tyson und Kai die Nachricht, dass der Russe trotz allem eingetroffen war. Mr Dickenson entschuldigte sich förmlich und sagte, es sei der Fehler ei­ner seiner Sekretärinnen gewesen. Kai hatte sich augenblicklich zurückgezogen. Er hatte sich auf dem Sofa zusammengekauert, als Tyson hinzukam. Tyson legte einen Arm um Kais Schultern. „Kein Grund zur Sorge... Er wird dich hier nicht so schnell kriegen. Wir sind doch alle da. Ich, Hiro und Brooklyn, Mr Dickenson, Ray und Max kommen auch ab und zu vorbei... Das wird schon.“, beruhigte Tyson ihn. Doch offensichtlich ohne Erfolg. „Was heißt hier, dass wird schon? Da wird gar nichts! Leonit lässt sich davon nicht abschrecken! Im Gegenteil! Eigentlich solltest du die anderen warnen, ihm nicht in die Quere zu kommen! Der zögert doch keiner Sekunde, sich die alle vom Leib zu schaffen, nur um hier her zu kommen! Er bringt sie um, wenn sie ihn daran hindern wollen!! Kapierst du das nicht?!“ Kai war aufgebracht. Und er wusste, wovon er sprach, denn immerhin hatte Leonit seine Eltern auf dem Gewissen. Tyson wusste nicht, was er darauf erwidern sollte. In dem Moment klin­gelte das Telefon und er stand auf und ranzugehen. „Kai? Ja, wieso? Wer? ... Kai! Für dich.“ Kai stand fast schon widerwillig auf und nahm ihm den Hörer ab. „Hey, Kai. Hier will jemand mit dir reden. Ich geb ihn dir mal.“ Das war Hiro. Doch die Stimme, die nun folgte, hätte er am liebsten nicht gehört. „Hallo Kai! Freut mich, dass du hier bist. Was ist, wollen wir uns nicht mal treffen?“ Er sprach russisch. Da wäre es wohl auch keine Wunder gewesen, wenn ihn niemand außer Kai verstanden hätte. Er hätte ihn genauso gut mit ir­gendwelchen perversen Sprüchen bombardieren können, jeder hätte kein Wort verstanden, der nicht russisch konnte. „Was willst du? Hast du mir nicht schon genug angetan?“, fragte Kai. „Nein... Du warst ja plötzlich weg. Und ich war noch lange nicht fertig mit dir. Ich wollte doch noch die Streckbank ausprobieren und das Squassiato und Strappado. Von den Ketten ganz zu schweigen...“, säuselte Leonit. Kai stand geschockt vor dem Telefon und starrte es an. „Squassiato? Strappado? Was soll das? Wozu? Du hast genug angerichtet!“ Leonit lachte. „Oh nein, mein Lieber! Ich bin noch lange nicht fertig! Für den Mord an mei­nem Bruder wirst du teuer bezahlen!“ Kai atmete tief durch. „Wie oft denn noch? Ich habe ihn nicht umgebracht! Er ist abgestürzt! Er ist selbst Schuld!“ „Was redest du da für einen Unsinn?! Du bist Schuld an allem und das weißt du ganz genau! Du hast doch nur Angst vor der Squassiato und Strappado! Brauchst du gar nicht, das ist was ganz Sanftes... Zumindest bis ich loslasse!! Aber leider konnte ich das schöne Gerät nicht mitnehmen... Die Ketten auch nicht. Das wäre beim Zoll aufgefallen. Da werde ich wohl zu anderen Mitteln greifen müssen...“, seufzte Leonit. Es war ganz eindeutig, dass Leonit genau wusste, wie er der Po­lizei aus dem Weg gehen konnte. Auch Kai wusste das. Sowohl Leonit, als auch dessen Bru­der Lew waren Meister darin gewesen, dem Gesetz eins auszuwischen und zu entkommen. „Na schön, du kannst ja haben was du willst. Treffen wir uns doch im Café oben. Dann kön­nen wir in Ruhe darüber reden!“, sagte Kai. Zu Kompromissen war er zwar bereit, aber es behagte ihm ganz und gar nicht, was er da eben gesagt hatte. „Gern. Wann? Heute Abend? Oder sofort? Das musst du mir schon sagen.“ „Heute Abend. Um sechs. Wo das Café ist, weißt du hoffentlich.“, antwortete Kai. „Nicht wirklich, aber ich kann ja fragen.“ Leonit schien sich zu freuen, das war an seiner Stimme zu hören. Ohne, dass Kai antwortete legte er auf. „Ich hab kein Wort verstanden! Wer war das und wovon habt ihr gesprochen?“, frag­te Tyson. Kai atmete noch einmal tief durch und ließ sich dann auf das Sofa fallen, wo er den Kopf in den Nacken legte und die Augen schloss. Als Tyson noch einmal seinen Namen nannte, sah er ihn fest in die haselnussbraunen Augen. „Leonit. Ich werd' mich nachher mit ihm treffen-“, sagte er, doch Tyson unterbrach ihn. „Ja bist du denn wahnsinnig!“ „Lass mich doch erst mal ausreden.“ Tyson schwieg sofort. „Ich will, dass du mitkommst. Mir ist nur wichtig, dass du ihm nicht sofort auffällst. Wenn er das checkt, dann ist wirklich alles aus!“, erklärte Kai. Tyson starrte ihn entsetzt an. „Du willst ihm eins auswischen? Ihn rein­legen? ... Meinst du nicht, dass ihn das noch mehr auf die Palme bringt?“ Kai lächelte ge­quält. „Vielleicht, aber du sollst ja auch dafür sorgen, dass die Polizei auftaucht, während ich ihn hinhalte.“ Tyson sprang auf. „Das ist Wahnsinn! Er bringt dich um, noch bevor die da sind! Sag ab!“ Doch Kai reagierte nicht darauf. „Sag ihm ab, bitte Kai!“, flehte Tyson und packte Kai fest an den Schultern. „Ich will ihn loswerden! Ich will, dass er verschwin­det. Das er mich in Ruhe lässt. Ich habe ihm nichts das Geringste getan, aber er will sich für etwas rächen, woran Lew selbst Schuld ist! Verstehst du mich nicht?“, argumentierte Kai. Tyson seufzte. „Warum machst du's dir dann so schwer? Du hättest doch gleich die Polizei rufen können.“, meinte er. „Damit würde ich nur noch mehr Leute da mit reinziehen. Das will ich nicht. Ich will niemanden in Gefahr bringen!“ Tyson sah von oben auf ihn herab, bevor er antwortete. „Aber dich selbst, oder wie? Glaubst du etwa, mir ist egal, was du machst?? Was glaubst du eigentlich, warum ich den hier trage?“ Tyson deutete auf den Ring an seiner Hand. „Doch nicht aus Spaß!!“ „Ich weiß, du trägst ihn mir zuliebe...“, sagte Kai leise. „Nein! Weil ich dich liebe! Nicht weil du dir das gewünscht hast, sondern weil ich mir das auch gewünscht hab und dich liebe! Bist du denn so schwer von Begriff? Oder was soll­te dieser selten dumme Satz jetzt?“, fragte Tyson. Kai schwieg darauf. Tyson nahm seinen Kopf und drückte ihn fest an sich. „Mann, du bist vielleicht ein Idiot. Aber mach, was du willst. Ich werd' dir helfen.“ Kai krallte sich in Tysons Shirt. „Danke.“ Mit einem mulmigen Gefühl ging Kai hinter Tyson her, der als erster ins Café gehen sollte. Als Kai hinzukam, saß Tyson an einem Tisch und nickte ihm zu. Er setzte sich an den Tisch hinter der Kunst-Hecke zwischen sich und Tyson. Es dauerte nicht lange, bis Leonit den Raum betrat und zielstrebig auf den Tisch zuging, wo Kai saß. Tyson beobachtete ihn aus den Augenwinkeln. Ach du Scheiße... Das ist ja 'n Riese! Und ein halbes Muskelpaket noch dazu! Und schleimig sieht er auch aus... Ob das gut geht, was du dir da ausgedacht hast, Kai? Leonit verschwand hinter der Hecke. Kai sah erschrocken auf, als er sich neben ihn setzte. „Hmm... Hast dich ja ganz gut erholt.“, murmelte Leonit auf russisch. „Ich hab schließlich einen Freund, der dafür sorgt. Also... Was willst du, damit du mich in Ruhe lässt?“, fragte Kai. „Was ich will?“ Leonit grinste hämisch. „Ich will dich leiden sehen!“, zischte er, packte Kai an den Nackenhaaren und zog ihn dicht an sein Gesicht. „Und glaub mir, ich werde nicht eher aufhören, bis du nicht einen Ton mehr von dir gibst!“ Sag doch gleich, bis ich in einer Blutlache liege... Das willst du doch! Kai versuchte sich den Schmerz im Nacken nicht anmerken zu lassen, aber offensichtlich vergebens. Leonit ließ ihn mit ei­nem Grinsen im Gesicht los. „Ist das alles? Viel mehr als dein Bruder kannst du mir nicht mehr antun. Er hat mein Leben schon zu genüge zerstört.“, sagte Kai trotzig. Er wusste genau, welches Risiko er damit einging. Und er hatte Recht, denn Leonit drückte ihn unsanft gegen die Fensterscheibe und soweit hinunter, bis Kai unter ihm auf den Sitzen lag. „Vorsicht! Pass auf, was du über meinen Bruder sagst!“, zischte er. Kai runzelte die Stirn. Hatte er denn etwas Negatives über Lew gesagt? „Er hat dir nur deine geheimsten Wünsche erfüllt. Das, was du wolltest, hat er dir gegeben. Und du? Du treuloses Miststück fliehst und stürzt ihn dann in die Tiefe! Du wolltest doch, dass er mit dir schläft! Dass er dich nimmt, wie und wann es ihm passt! Du wolltest doch sein Spielzeug sein! Seine Marionette, die sich nie weigert! Warum hast du nicht alles beim Alten belassen? Wär' doch viel schöner gewesen und du hättest mich jetzt nicht am Hals! Sei doch ehrlich! Du hast ihn geliebt und du tust es immer noch!!“, fauchte Leonit wütend. Kai sah sich mit all seinen Gedanken über diese Angelegenheit konfrontiert. War es denn so? Wollte er das wirklich? „Ich liebe keinen Sadisten!“, zischte er. Ich habe nie gewollt, dass man mich schlägt! Was ich wollte, war seine Aufmerksamkeit, seine Liebe! Aber nicht seinen Machtkomplex! Ich habe ihn mal geliebt, ja, aber für ihn war ich doch sein Spielzeug! Ein kleines Püppchen, mit dem man machen kann, was man will! Leonits Blick verfinsterte sich, dann kratzte er unsanft über Kais Brust. „Na schön, da ich das Squassiato und Strappado nicht ausprobieren kann, werde ich dich anders quälen, damit du endlich zugibst, dass du's warst!“, fauchte er und fuhr fort. Kai sog die Luft scharf zwischen den Zähnen ein. „Tut das etwa weh? Das tut mir Leid, aber das war doch noch gar nichts!“, sagte Leonit. „Schon klar!“ „Hab nicht so'n großes Maul!“ Leonit zögerte nicht lange und ließ seine Rechte in Kais Magengrube sausen. Kai schnappte nach Luft. Tyson hatte gewusst, wann er eingreifen sollte. Völlig unbemerkt hatte er der Kellnerin ge­sagt, sie solle dafür sorgen, dass die Polizei hier eintraf. Ohne weitere Fragen zu stellen, hat­te sie nach dem Telefonhörer gegriffen. Genau rechtzeitig, denn Kai schrie irgendwas auf russisch. „Lass die Finger von mir!“ Um Leonit abzuwehren drückte er ihn mit der Hand weg. Doch Leonit ließ Kai augenblicklich verstummen. „Sei schön brav und rühr dich nicht!“, zischte er leise und hielt ihm eine schwarze Waffe vor die Nase an deren Spitze der Schalldämpfer saß. Es war eine dieser russischen Waffen, die nie ohne Schalldämpfer pro­duziert wurden. „Na geht doch. Und jetzt hör auf, hier rumzuzappeln!“, knurrte Leonit und zerrte dabei an Kais Sachen. Ein verzweifelter Schmerzensschrei ließ Tyson aufsehen. Er versuchte durch die Hecke zu erkennen, was dort passierte. Kaum, dass er es sah, wurde ihm klar, was da geschah. Er sprang auf und schlich sich herum. Im selben Moment wurde die Tür aufgerissen, aber Leo­nit schien sich davon nicht stören zu lassen. Tyson wusste, dass er jetzt reagieren konnte und tat das auch. „Lass ihn los!“ Kai sah erschrocken zu ihm und wandte sich dann ab. Muss das sein? Muss er mich denn jetzt so sehen? Hinter Tyson tauchten die Polizisten auf. Leonit reagierte immer noch nicht. „Aufhören! Sofort!“ Als er die Stimmen hinter sich end­lich wahrnahm, sah er sich um. Kai nutzte die Gelegenheit und befreite sich von Leonit. Je­doch nicht ohne einen weiteren leisen Schmerzensschrei. Leonit hatte das bemerkt und sich ihm wieder zugewandt, während Kai sich an die Fensterscheibe hinter sich drückte und schluckte. Sein Atem ging schnell und er hätte sich am liebsten gewünscht, doch auf Tyson gehört zu haben. Ich muss echt erst auf die Schnauze fallen um zu lernen! Hoffentlich war das Lektion genug... Vorsichtig versuchte Kai zu entkommen, während hinter Leonit die Polizisten näher kamen. „Bleib, wo du bist, du kleiner Bastard!“, fauchte Leonit und bedroh­te Kai wieder mit seiner Silent. „Hände hoch! Lassen Sie den Jungen gehen!“, sagte je­mand hinter ihm in gebrochenem russisch, so als hätte er es irgendwann mal gelernt. Kai saß beinahe perplex da, andererseits auch etwas gereizt, weil er ihn einen Jungen genannt hatte. Immerhin war er inzwischen schon zwanzig. Leonit wandte sich genervt dem Mann hinter sich zu. „Was?“ Er klang tatsächlich irritiert und Kai nutzte die Chance um sich unter dem Tisch hindurch von ihm wegzuschleichen. Tyson beobachtete ihn dabei und hoffte, dass es funktionierte. Zumindest erreichte Kai problemlos die andere Seite, bevor Leonit ihn sah. Ohne Umschweife oder auf die Polizisten zu achten, schoss er. Die Kugel streifte Kai, ging durch die Hecke und ins gegenüberliegende Fenster. Kai hatte sich weggeduckt und schlich sich in eben jener Haltung hinter den anderen Polizisten vorbei, wo er hinter ihnen stehen blieb. Keiner von ihnen hatte ihn bemerkt, oder wusste, wo er jetzt war. Sogar Tyson hatte ihn aus den Augen verloren. Hinter der in schwarz gekleideten Einsatzgruppe blieb Kai auf dem Boden hocken, holte tief Luft und hielt sich den Arm an der Streifschusswunde. Das war knapp! Ich hätte wissen sollen, dass es so kommt... „Verschwindet!! Geht aus dem Weg! Weg da, oder ich schieße!“, sagte Leonit wütend auf englisch und fuchtelte mit der Waffe umher. Tatsächlich ging die Gruppe vor Kai auseinan­der. Leonit lächelte. Da hockte er. Womöglich noch verängstigt. Und gerade das bereitete ihm solche Freude. „Doswidania, Kai!“, sagte er langsam und richtete zielgenau seine Silent auf ihn. Langsam bewegte sich sein Finger auf den Abzug zu. Diesen Augenblick wollte er so lange wie möglich auskosten. Den Anblick des verzweifelten Kai, der nun langsam die Augen schloss. Du beugst dich also deinem Schicksal? Damit hast du zugegeben, dass du meinen kleinen Bruder auf dem Gewissen hast! ich lass euch mal die wahl, ihr könnt ja schätzen was passiert und sagt's mir in euren kommis ^^ auf die freue ich mich wie immer Kapitel 10: Verzweiflung ------------------------ >^^< ich musste die zwei kappis einfach an genau dieser stelle unterbrechen, in meiner datei war das erst nich so, aber das passt jetzt besser ^^ okay, los gehts „KAAAI!“ Der Schuss löste sich, doch er traf nicht Kai. „Tyson! Bist du wahnsinnig?“, sagte Kai entsetzt, wollte aufspringen, musste aber stattdessen Tyson auffangen. Mit ihm im Arm sank er zurück auf den Boden und drückte ihn an sich. Nein... Du Dummkopf! Nennst du das Liebe? Mich hier allein zurückzulassen? Eine Träne fiel auf Tysons Wange. Im selben Moment spürte Kai eine zitternde Hand an der seinen. Erschrocken öffnete er die Augen und schaute in Tysons. „Tyson! Du...“ Kai wusste nicht, was er sagen sollte. Sollte er schimpfen, heulen, sich freuen? „Hey... Wir können gern... über alles reden, aber... wärst du so nett,...-“, flüsterte Tyson, doch einer der Polizisten unterbrach ihn. „Ein Krankenwagen ist schon unterwegs. Ich habe grad angerufen.“ Kai nickte nur. Zu etwas anderem war er nicht fähig. In dem Moment ging die Glastür auf und Hiro und Brooklyn stürmten herein, während Leonit (sich wild sträubend) abgeführt wurde. Hiro war mindestens genauso entsetzt wie Kai. „Kai? ... Kann mich mal... einer ... runterbringen? ... Ich glaub nicht, dass die hier hochkommen werden...“, sagte Tyson und bemühte sich, sich die Schmerzen nicht anmerken zu lassen (eigentlich sinnlos). Hiro verstand und nahm seinen Bruder auf die Arme, jedoch nicht ohne einen Laut dessen. Kai sah der offensichtlich schmerzhaften Prozedur zu und folgte gemeinsam mit Brooklyn Hiro. Während der Fahrt im Fahrstuhl nach unten, tauchten auf Tysons Gesicht Schweißperlen auf und zwischen Hiros Füßen fielen ein paar Tropfen Blut zu Boden. Kai konnte dort nicht hinsehen. Er wischte stattdessen zittrig die Schweißperlen aus Tysons so ruhigem Gesicht. Kaum, dass sie unten ankamen, kamen ihnen auch schon der Notarzt und der Rettungsdienst entgegen. „Die Trage! Schnell!“ Tyson wurde auf die Trage gelegt und in den Krankenwagen geschoben. „Fahr du mit ihm, ich sag den anderen Bescheid und komme dann mit ihnen nach!“, sagte Hiro und schob Kai hinterher und in den Krankenwagen. Völlig geschockt saß Kai da und sah zu, wie die Ärzte versuchten die Blutung zu stoppen. Ohne großen Erfolg. In Windeseile bestellte der eine Blutkonserven und gab dem Krankenhaus Bescheid, sodass sie ihn sofort operieren konnten. Sobald es genügte, dass sich nur noch einer um Tyson kümmerte, wandte sich der zweite Kai zu. „Alles okay?“, fragte er. Kai reagierte im ersten Moment nicht. Seine Blicke ruhten auf Tyson. Er war nicht einmal zu irgendwelchen Gedanken fähig. „Hey. Wie geht's dir?“ Kai sah zu ihm. Der Arzt erkannte sofort den leeren Ausdruck in seinen Augen. „Ganz ru­hig. Das wird wieder. Er wird sofort operiert. Dein Freund hat echt Glück gehabt.“, sagte er. Kai schwieg und senkte den Blick. Glück? Das nennt der Glück? „Zeig mal deinen Arm.“ Der Arzt zog an Kais Arm und sah sich die Wunde an. „Na, das geht ja. Das machen wir, wenn wir da sind. Geht's so lange noch?“ Kai nickte. Hatte Leonit ihn wirklich er­wischt? So kam's ihm gar nicht vor... Hastig wurde Tyson in den OP geschoben, während Kai neben ihm herlief. Vor der Glastür blieb er stehen. Hier durfte er nicht rein und wenn er es noch so sehr gewollt hätte. Mit im­mer noch zittrigen Händen und Knien stand er dort und starrte auf die Tür. Die Schritte hin­ter sich hörte er nicht. Er bemerkte nicht, dass seine Freunde hinzukamen. Erst als er Hiros Hand auf seiner Schulter spürte, zuckte er zusammen und sah ihn erschrocken an. „Und?“, fragte Hiro nur. Kai aber seufzte nur. Was soll ich ihm denn sagen? Ich hab nicht die ge­ringste Ahnung, was sie da drin machen... Plötzlich ging die Tür auf und eine Schwester kam heraus. Sie ging auf ihn und die anderen zu, hielt dann aber vor Kai an. Kai schluckte. „Hier. Das hatte dein Freund bei sich. Ein Foto von ihm und dir. Leider...“, sagte sie und gab ihm ein Bild mit einem Loch drin. Das Loch war genau zwischen seinem und Tysons Kopf. Das Foto hatten sie irgendwann mal irgendwo gemacht. Kai war überrascht, dass Ty­son es noch hatte. Es war so alt. Er nahm es ihr ab und sah es sich lange an. „Wie geht es Tyson?“, fragte Max aufgeregt. „Ist irgendwer von Ihnen mit ihm verwandt? Sonst darf ich es nicht sagen.“, sagte die Schwester. „Ich bin sein Bruder. Mir können Sie alles sagen.“, sagte Hiro und trat vor. Er legte ein Hand auf Kais Schultern. „Und ihm auch. Die beiden wohnen und arbeiten zusammen.“, fügte er hinzu. Die Schwester nickte und bat Hiro und Kai, mit ihr zu kommen. Hiro folgte ihr, doch Kai blieb stehen. „Kai? Willst du nicht mit­kommen?“, fragte Hiro. Doch er ließ es bleiben, als Kai nicht reagierte. Wieso kümmert sich eigentlich keiner um ihn? Er steht völlig unter Schock! „Kai, willst du dich nicht wenigstens hinsetzen?“, fragte Ray nach ein paar Minuten, in de­nen er Kai beobachtet hatte. Mit einem Seufzen drehte sich Kai um. Dabei fiel ihm das Foto aus der Hand. Im selben Moment schwankte er gefährlich und Brooklyn sprang auf, um ihn zu stützen. Vorsichtig manövrierte er ihn zu der Sitzbank und hielt ihn fest. Kurz darauf kam Hilary mit Kenny angerannt und blieb außer Atem vor ihnen stehen. „Was ist passiert?“, he­chelte sie. „Tyson wurde angeschossen.“, sagte Brooklyn. „Oh mein... Und wie geht es Kai?“, fragte sie. Ray schüttelte den Kopf. „Er steht immer noch unter Schock.“, fügte er er­klärend und mit einem Blick auf Kai hinzu. „Wie lange-“ „Seit einer halben Stunde etwa.“, antwortete Max, noch bevor sie ihre Frage richtig aussprechen konnte. „Wie konnte das denn passieren?“, fragte Kenny. Doch niemand antwortete. Sie schauten nur alle zur Kai. Er kannte die Antwort darauf, aber er sagte nichts. Seufzend setzten sich Hilary und Kenny zu ihnen und schauten besorgt zu Kai, den Brooklyn fest im Arm hielt. Etwa dreieinhalb Stunden später wurde die Glastür geöffnet und Tyson herausgeschoben. Der Arzt, der ihn operiert hatte, blieb bei seinen Freunden stehen, die inzwischen alle aufge­standen waren und Tyson nachsahen. Eine Schwester blieb hinter ihm stehen. „Er ist außer Lebensgefahr. Sie müssen sich keine Sorgen machen, er wird wieder auf die Beine kommen. Nur um eins möchte ich sie noch bitten. Sorgen sie dafür, dass er sich nicht aufregt und sich keinesfalls bewegt. Er braucht jetzt viel Ruhe. Sein Körper muss einige Blutkörperchen neu bilden. Die letzte Blutkonserve hat nicht mehr ganz ausgereicht, aber das ist nicht so drama­tisch. Das schafft sein Körper auch allein.“, erklärte er. Mit einem Handzeichen bedeutete er der Schwester die Jungs und Hilary zu Tyson zu bringen. Vor der Tür hielt sie an und wand­te sich ihnen zu. „Ich lasse euch jetzt alle zu ihm, aber sobald er aufwacht, wäre es nett, wenn nur maximal drei bei ihm sind. Und wie gesagt, achtet darauf, dass er sich nicht auf­regt.“ Sie öffnete die Tür und ließ sie hinein. Brooklyn und Hiro sorgten für einen Platz bei Tyson, wo Kai sich setzen sollte. Alle anderen standen um ihn herum, oder setzten sich auf die anderen noch freien Plätze. Hiro war der Erste, der die Stille durchbrach. „Was ist denn überhaupt passiert? Das war doch der Russe, den Mr Dickenson eingeladen hat. Wieso hat der auf Tyson geschossen?“ Kai holte tief Luft. „Das hat er ja gar nicht. Er hat auf mich ge­schossen.“, sagte er leise. „Auf dich?!? Wieso denn das? Hast du ihm irgendwas getan?“, fragte Ray. „Nein... Aber er glaubt das.“ „Äh, wie jetz'? Was glaubt er?“ Hilary verstand nicht so recht, was Kai meinte. „Er glaubt, ich hätte seinen Bruder vom Dach gestürzt. Ab­sichtlich.“, erklärte Kai. „Und? Hast du?“, fragte Kenny. Kai bedachte ihn mit einem nach­denklichen Blick. „Nicht wirklich. Er ist selbst Schuld...“, sagte er dann leise. Doch ganz plötzlich brach es aus ihm heraus. „Verdammt, ich wollte ihn noch retten, aber... er war zu schwer! Selbst mit Tyson hätte ich's nicht geschafft!“ Ray runzelte die Stirn. „Und warum ward ihr auf dem Dach?“ „Das war, nachdem wir auf Serena und Ling aufgepasst haben. Ich hab den Vorschlag gemacht, dass wir auf's Dach gehen und einen Moment ausspannen. In dem Moment ist Lew aufgetaucht. Er...“ Doch Kai brach ab. Das wollte er nicht erzählen. „Er? Er, was?“, fragte Max. „Er hat uns angegriffen. Grundlos.“, log Kai. „Ich hab ihn von mir weggeschubst und dabei ist er bis zur Brüstung getaumelt. Ich konnte doch nicht ahnen, dass er da runterfällt.“ Zum Teil war das eine Lüge, aber die Wahrheit konnte er ihnen nicht sagen. „Und deshalb hat der jetzt auf dich geschossen? Weil sein Bruder bei einem Unfall gestorben ist, bei dem du dabei warst?“, fragte Hilary perplex. Unfall? Hab ich das jetzt wie einen Unfall geschildert? Das war Notwehr, aber doch kein Unfall! Kai musterte sie einen Moment ungläubig. „Hilary... Das war Notwehr, kein Unfall.“, erklärte Ray, dann wandte er sich wieder Kai zu. Was er da sagte, klang irgendwie nicht echt. „Aber eines wüsste ich doch noch gern. Du hast gesagt, dieser andere, den sein Bruder, hätte euch grundlos ange­griffen. Das kann ich mir nicht vorstellen. Warum schleicht er euch denn hinterher, wenn er euch aus einer Laune heraus angreifen wollte?“ Kai seufzte. „Ich weiß es nicht. Ich hab ihm nichts getan. Er ist mit Boris mitgekommen. Als Trainer.“, sagte er. „Du kanntest ihn doch. Tyson hat es mir gesagt. Da meinte er, du hättest ihm nicht gesagt, woher du ihn kennst. Er wüsste nur, dass er gerade noch rechtzeitig gekommen ist, bevor er dich-“ „Sei still! Hör auf, darüber zu reden! Ich will es nicht hören!“, unterbrach Kai Hiro laut. Ray stutzte. Ir­gendwas stimmt doch da nicht! ... Ah ja, ich erinnere mich! Tyson sagte doch, dieser Lew hätte ihn irgendwie angerührt. Ich frag mich, inwiefern... „Kai? Gibt es da irgendwas, was du uns sagen willst?“, fragte er. „Nein, nichts.“, log Kai. „Sei ehrlich. Irgendwas ist doch da! Die Geschichte, dass dieser Lew euch grundlos angegriffen hat, nehm' ich dir nicht ab!“ „Hör auf... Lass mich doch einfach in Ruhe!“, maulte Kai. „Kai! Ich will das jetzt wissen!“ Mit einem genervt klingendem Geräusch stand Kai auf und ging an Ray vorbei zum Fenster, von wo aus er in die Nacht starrte. „Was war wirklich?“, fragte Ray. „Nichts, das hab ich doch schon gesagt!“ „Du lügst.“ Ray schüttelte den Kopf. „Ich bin enttäuscht von dir. Wir sind deine Freunde, du kannst uns alles sagen.“, sagte er. „Aber das nicht!! Was passiert ist, bevor ich euch alle kennen gelernt habe, das geht euch nichts an! Niemanden von euch! Das ist allein meine Angelegenheit!“, sagte Kai wütend. „Nicht nur. Tyson hat mit uns darüber gesprochen. Hör mal, er macht sich höllische Sorgen um dich!“, sagte Ray. Kai sah ihn ei­nen Moment lang durchdringend an, dann- „Worüber hat er gesprochen?“ „Darüber, dass er dir helfen will. Aber du verweigerst ihm ja alles. Um dir helfen zu können, muss er wissen, was passiert ist, aber du sagst ihm ja nichts. Das einzige, was er weiß ist, dass dieser Lew dich angerührt hat. Was ist da noch alles, Kai? Das kann doch nicht alles gewesen sein!“, sagte Ray. Kai hatte das Gesicht verzogen, als Ray es ausgesprochen hatte. Hilary hatte die Augen aufgerissen und setzte zur Frage an, doch Kai war schneller. „Und wenn doch? Was, wenn das alles war?“ „Dann lügst du wieder. Du hast Lew doch schon vorher gekannt, oder? Ich glaube nicht, dass das so plötzlich kommt, was Tyson da meinte.“, sagte Ray. Kai verzog erneut das Gesicht. „Das ist meine Angelegenheit. Es geht euch wirklich nichts an, was er getan hat oder nicht! Es ist über fünf Jahre her und außerdem ist Lew tot. Warum sollte ich da jetzt noch großartig Theater machen?!“ Kai wandte sich wieder dem Fenster zu, während Ray hinter ihm knurrte. „Kai! Auch meine Geduld ist irgendwann am Ende!“, fauchte er, packte Kais Schulter und drückte ihn an die Wand. Kais entsetzter, erschrockener und gehetzter Blick irritierte ihn etwas. „Sag uns jetzt endlich die Wahrheit! Fünf Jahre lang zu schweigen, das ist Wahnsinn! Das hält doch keiner aus, ohne irgendwann mal zusammenzubrechen! Rede jetzt endlich!“ Kai sah erst zur Seite. „Was willst du denn hören? Dass ich nicht so bin, wie ihr mich kennt? Das ich nicht so bin, wie ich mich gebe, sondern mich lieber verkrieche?! Das ich über mich ergehen lasse, was man mit mir macht, ohne zu protestieren? Das ich weglaufe? Das ich Angst habe? Willst du das hören?“, fauchte Kai und sah ihm dann dabei fest in die Augen. Rays Griff lockerte sich etwas. „Wovor hast du Angst? Wovor läufst du weg?“, fragte er. „Vor meiner scheiß Vergangenheit, die euch alle nicht im Geringsten was angeht!! Ich will nicht darüber reden, kapier das endlich!“ Ray seufzte. „Warum nicht?“ „Warum? Du fragst mich allen Ernstes, warum??“ Kai schüttelte ungläubig den Kopf und befreite sich von Ray. „Lass mich einfach damit in Ruhe, ja? Ich will nichts mehr davon hören!“ Er setzte sich wieder und legte, tief durchatmend, die Hände an seine Stirn. Max kam näher, bedachte Ray mit einem anklagenden Blick und legte eine Hand auf Kais Schulter. „Bei seinem Geburtstag, da hast du ihm doch die Ringe geschenkt. Du hast gesagt, du schenkst ihm dein Herz. Aber du hast auch gesagt, er soll gut darauf aufpassen, es hat schon genug erleben müssen. Hat das was damit zu tun?“, fragte er vorsichtig. „Hört bitte auf damit... Ich will nicht darüber reden, warum versteht das keiner von euch?“, sagte Kai abwehrend. „Schon gut, ich möchte nur wissen, ob das was damit zu tun hat.“, sagte Max beschwichtigend. „Ja, hat es und jetzt lasst mich bitte damit in Ruhe!“ Kai schob Max' Hand weg und stützte sich wieder auf das Bett. Ray verdrehte genervt die Augen. „Na schön! Mach doch, was du willst! Dann komm von mir aus doch um in deinem Selbstmitleid!“, fauchte er. „Ray!!“ Max war schockiert, so etwas aus dem Mund seines Liebsten hören zu müssen. „Ist doch wahr! Sitzt da, redet über nichts und bemitleidet sich womöglich noch selbst! Muss das denn sein?“, rechtfertigte sich Ray. Doch noch bevor Max etwas erwidern konnte, stand Kai vor Ray und sah ihn wütend an. „Ich glaube nicht, dass du darüber reden würdest! Wenn doch, dann bist du für mich nichts anderes als ein Egoist, der im Rampenlicht stehen und das Mitleid anderer haben will! Ich weiß, welche Fehler ich begangen habe und dafür will ich kein Mitleid!“, sagte er. „Was denn für Fehler?“, fragte Ray. „Ich habe den Fehler gemacht, jemandem zu vertrauen! Ich habe jemandem vertraut und ihm verziehen, was er getan hat. Und genau das hätte ich nicht tun sollen! Hätte ich es nicht getan, wäre es allerdings nicht anders geworden! Ob nun so oder so, passiert wäre es doch! Ich hätte es nicht ändern können! Aber ich hätte vorher etwas tun können! Was ich nicht getan habe! Und das Ergebnis dieser Fehler, steht hier vor dir!“, fauchte Kai und setzte sich wieder. Rays weitere Fragen ignorierte er jetzt einfach. „Hörst du mir überhaupt zu? Kai!“ Ray fand diese totale Ignoranz nicht gerade nett. „Willst du damit sagen, dass du uns nicht vertraust? Kai! Antworte!“ Plötzlich ging Brooklyn dazwischen. „Das reicht jetzt, Ray. Denk doch mal an Kais Gefühle. Dir ist doch klar, wie's ihm jetzt geht, oder? Tyson wurde angeschossen und du diskutierst hier mit ihm über irgendwelche vergangenen Sachen, über die er nicht reden will. Lass es gut sein. Lass ihn einfach in Ruhe.“ Ray sah ihn ungläubig an. „Was? Ich hab doch eben schon gesagt, wir sind seine Freunde. Mit uns kann er über alles reden. Er kann uns vertrauen. Aber offensichtlich tut er das nicht. Nennst du das Freundschaft?? ... Ach, was rede ich eigentlich?! Du hast das ja nie richtig kennen gelernt!“, antwortete Ray. Max nahm seine Sachen und zog Ray entschlossen mit sich zur Tür. „Ray, ich glaube, wir gehen jetzt! Das ist genug. Brooklyn hat Recht, du solltest wirklich mal an Kais Gefühle denken!“, sagte er und zerrte ihn aus dem Zimmer. „Was war denn das jetzt?“, fragte Hiro. „Was war denn mit Ray auf einmal los? So kenn ich ihn ja gar nicht. Er ist doch sonst immer mit sich und allem anderen im Einklang. Die Reaktion passt irgendwie gar nicht zu ihm.“ Brooklyn setzte sich schulterzuckend wieder zu Hiro. „Frag mich nicht. So gut kenne ich ihn nun auch nicht.“, war dessen Antwort. Kai ließ seinen Kopf auf die Arme sinken, die er auf Tysons Bett gelegt hatte. Hiro deutete auf ihn und flüsterte zu Brooklyn: „Er ist erschöpft. Kannst du eine Decke holen?“ Brooklyn nickte und verschwand kurz. Leise drang Hiros Stimme in Kais Bewusstsein. „Kai. Kai! Wach auf!“ Verschlafen öffnete Kai die Augen und wollte sich aufrichten, doch ein Schmerz fuhr durch seinen Rücken und seinen linken Arm. „Er wacht auf.“, sagte Hiro. Die Schmerzen waren wie weggeblasen und sofort richtete sich Kai auf und schaute Tyson an, der ebenfalls langsam die Augen öffnete. „Na, kleiner Bruder? Gut geschlafen?“, fragte Hiro mit einem Lächeln. Nur Kai lächelte nicht. Als Tyson ihn anschaute, standen ihm die Tränen in den Augen. „Ich lass euch jetzt allein.“, sagte Hiro, tätschelte Kais Arm und ging dann mit Brooklyn hinaus. „Oh Mann, du Idiot!“, heulte Kai. Tyson lachte. „Was hätte ich tun sollen? Ihn dich umbringen lassen?“ „Besser ich als du!“, gab Kai zurück. „Bloß nicht! Warum bist du nicht einfach froh, dass al­les gut gegangen ist?“, fragte Tyson. „Kann ich nicht! Was wäre, wenn es nicht so gut gelau­fen wär? Was dann?“ Kai vergrub das Gesicht in den Händen. „Wieso denkst du darü­ber nach? Das ist doch jetzt nicht mehr wichtig, oder glaubst du, ich habe darüber nachge­dacht?“ „Wohl kaum. Sonst wärst du Dummkopf ihm ja nicht vor den Lauf gesprungen! Wieso hast du das gemacht?“ Tyson schloss für zwei Sekunden die Augen, bevor er ihn wie­der ansah. „Weil ich dich liebe. Ich will dich nicht verlieren. Und wenn du noch so kompli­ziert bist, verlieren will ich dich eben nicht.“ „Nur deswegen? Mein Gott, Liebe macht wirk­lich krank...“, sagte Kai. Eine Spur Sarkasmus war zu hören, aber Tyson ignorierte sie. In seinem Fall stimmte dieser Satz. „Was krieg ich dafür?“, fragte er. „Wofür?“ „Dafür, dass ich dein Leben gerettet hab.“, meinte Tyson ironisch. „Ich weiß, was du willst.“, sagte Kai und sah zur Seite. „So? Was denn?“ „Du willst die Wahrheit wissen. Alles. Hab ich Recht?“ Kai sah ihn an und wartete auf die Antwort. „Was alles?“, fragte Tyson. „Alles, was es über mich und Lew zu sagen gibt. Das wolltest du doch wissen.“ Dass das Kai etwas unange­nehm war, spürte Tyson. „Ja, das wollte ich, aber wenn du nicht willst, du musst nicht. Au­ßerdem hatte ich dir, glaube ich, gesagt, dass ich dir lange genug die Chance gegeben hatte. Mit mir brauchst du darüber nicht mehr zu reden.“, sagte Tyson. Kai erinnerte sich daran. Das war wieder einer ihrer Zwiste gewesen, in denen beide ihre Spannungen abgeladen hat­ten. Zu dem Zeitpunkt hatte Tyson einen Fehler begangen, den Kai ihm eigentlich nicht hat­te verzeihen wollen. Er hatte vor allen anderen seine Meinung geäußert, dass Leonit ihn wohl gefoltert habe und er hatte damit Mr Dickenson in Schutz genommen, der das ja nicht wusste. „Ja, ich weiß, aber...“, begann er. „Aber...?“ „Du hast doch gesagt, ich soll darüber reden! ... Verdammt, ich weiß selber, dass ich Hilfe brauche. Du kennst mich doch, ich neh­me ungern Hilfe an! Und schon gar nicht, von jemanden, der davon keine Ahnung hat.“, sagte Kai. Sein wütender aber auch verzweifelter Unterton war Tyson nicht entgangen. „Was soll das heißen, ich habe keine Ahnung?“ Kai sah auf. „Glaubst du, ich habe nicht ge­sehen, was er mit dir gemacht hat? Er hat dich nicht nur geschlagen und bedroht. Ich hab's gesehen, Kai! Ich bin nicht blind!“, sagte Tyson. Das ist nicht wahr! Er hat gesehen, dass er... Jetzt will er es doch erst recht wissen... „Nein... Wirklich? Das ist nicht dein Ernst.“ Kai sah ihn schmerzerfüllt an. „Leider doch. Umso mehr tut's mir Leid, dass ich nicht früher eingegriffen hab. Kannst du mir das verzeihen?“ „Was gibt es denn da zu verzeihen? Du hättest sowieso nichts tun können!“, sagte Kai. „Hätt' ich doch bloß auf dich gehört...“, fügte er leise hinzu. „Hättest du. Aber du hast nunmal deinen eigenen Kopf... Weißt du, was mir grad einfällt?“ Kai schaute ihn fragend an. „Du bist wie eine Katze. Geschmeidig, anhänglich und lieb aber auch kratzbürstig und sturköpfig.“, sagte Tyson lachend. Im selben Moment zischte er vor Schmerz auf. „Du solltest nicht lachen!“, sagte Kai und sprang auf. „Tut dir was weh? Kann ich dir helfen?“ Tyson musterte ihn mit großen Augen, dann grinste er. „Was ist denn los mit dir? Seit wann bist du so besorgt um mich?“, fragte er. Kai stutzte. Das er eben beinahe wie ein werdender Vater überreagiert hatte, war ihm gar nicht so richtig aufgefallen. „Schon gut, ich sag ja gar nichts mehr.“, murmelte er und setzte sich wieder. Tyson schmunzelte. „Das ist lieb von dir, dass du dich so um mich sorgst. Ich könnte mich fast daran gewöhnen.“ Kai musterte ihn irritiert. „Das... das ist nur die Revanche!“ „Weshalb denn?“ „Du hast dich doch auch um mich gesorgt! Soll ich das etwa nicht dürfen? Schließlich hab ich-“, doch noch bevor er den Satz beenden konnte, betrat ein Arzt das Zimmer. „Schließlich hast du was?“, fragte Tyson. Ihn interessierte das offensichtlich nicht. „Jetzt nicht!“, zischte Kai. Nach der Visite nahm der Arzt Kai mit sich. Die Streifschusswunde wurde immer noch nicht behandelt. Offenbar hatte keiner mitbekommen, dass Kai auch verletzt war. Die Ärztin reagierte etwas ungehalten, weil er selbst nichts gesagt hatte. Und wie Kai nun einmal war, konterte er im selben Tonfall mit „Wie sollte ich? Ich hab doch daran nicht gedacht!“ und sie verstummte. Genauso genervt kehrte Kai mit einem Verband zurück. „Nur weil ich die ganze Zeit an dich gedacht habe, fährt sie mich jetzt an, von wegen, ich hätte ja selber was sagen können! Was glaubt die eigentlich, woran ich eher denke? An mich oder dich?!“, be­schwerte er sich und starrte die Tür an, als würde sie jeden Moment mit einer Sense und ei­nem wahnsinnigen Blick hier auftauchen und ihn dafür köpfen, dass er so unfreundlich war. Tyson schmunzelte wieder. „Du bist genauso ein Dummkopf wie ich. Keiner von uns beiden denkt an sich selbst.“, sagte er. „Na dann sind wir immerhin keine Egoisten wie Ray!“ „Ray? Wieso, was hat er denn gemacht?“, fragte Tyson. „Er hat mich genervt. Er hat mir Vorwürfe gemacht, weil ich ihm und den anderen nicht vertraue. Ich vertraue ihnen ja, aber eben nicht so weit, dass ich ihnen mein ganzes Leben darlege. Nur wollte er das nicht ver­stehen. Ich hab ihm klar gemacht, was ich von ihm halten würde, wenn er tatsächlich über das reden könnte, was ich erlebt habe.“, erklärte Kai. „Achso. Und was würdest du von ihm halten?“, fragte Tyson weiter. „Ich hab gesagt, ich würde ihn für einen Egoisten halten, der einfach nur das Mitleid anderer haben will. Ich weiß, welche Fehler ich gemacht hab und hab ihm gesagt, dass ich dafür kein Mitleid will. Wenn er das will, von mir aus. Dann soll er doch mal durchmachen, was ich durchmachen musste.“ „Schon gut. Er hat's bestimmt nicht so gemeint.“ Tyson berührte sanft Kais Hand. „Oh doch, das hat er. Du kannst ihn ja gern fragen. Er wird sicher noch vorbei kommen.“, sagte Kai. „Wenn man vom Teufel spricht...“, fügte er hinzu, gerade, als die Zimmertür aufging und Ray und Max hereinkamen, hinter ih­nen Hiro und Brooklyn. „Und? Wie geht's ihm?“, fragte Hiro. „Gut.“ Kai stand auf und ver­schwand wieder ans Fenster. „Hey, Kai! Was ist los? Bleib hier.“, sagte Tyson und versuch­te ihm nachzusehen. „Lass ihn doch.“, murmelte Ray. Max stieß ihm seinen Ellbogen in die Seite und sah ihn finster an. „Was hast du denn gestern mit ihm gemacht?“, fragte Tyson vorwurfsvoll. „Ich hab ihn lediglich darauf hingewiesen, dass er seinen Freunden alles sagen kann! Sonst nichts.“, verteidigte sich Ray. Tyson seufzte. „Und wenn er das nicht will? Re­dest du denn mit uns über irgendwelche schlechten Erfahrungen?“, entgegnete Tyson ruhig. Kai sah sich um. „Kommt drauf an.“, meinte Ray. „Worauf?“, fragte Kai. „Worauf kommt es bei dir an? Auf das, was passiert ist?“, fügte er hinzu und kam wieder näher an Tysons Bett. „Ja, schon. Glaubst du, ich erzähl's euch nicht, wenn Max fremd gehen würde? Oder wenn ich das tun würde und ein schlechtes Gewissen hätte?“, sagte Ray. Kai starrte ihn ungläubig an. „Das ist doch völlig nebensächlich! Darum geht's überhaupt nicht! Das ist keine schlechte Erfahrung, da bist du dann selber Schuld!“ Ray wollte etwas sagen, doch Tyson war schneller. „Ray, ich glaube nicht, dass du verstehst, um was es hier geht.“ Max griff ein, noch bevor Ray zu Worten kommen konnte. „Er hat Recht, Ray. Wir wissen beide nicht so richtig, um was es geht. Alles, was ich weiß ist, dass Kai eben schlechte Erfahrungen machen musste. Aber keiner von uns beiden weiß, inwiefern. Also finde ich, ist es besser, wenn du ihn nicht weiter danach fragst. Bitte, Ray.“ Ray atmete tief durch. „Ich weiß das! Aber es ist doch nicht so, dass wir gar nichts wissen! Tyson hat doch selbst gesagt, dieser Lew hätte Kai angerührt. Wenn da mehr war, als nur das, warum sagt er denn das nicht? Wir wissen was, so ist es ja nun nicht!“, gab er bemüht ruhig zur Antwort und sah dabei Max fest in die Augen. „Ja, aber-“, begann Max. „Ihr wisst gar nichts! Überhaupt nichts!“ Kai kam Ray bedrohlich nahe und schnappte nach seinem Kragen. „Gar nichts weißt du darüber! Nicht einmal mich kennst du richtig und da wagst du es dir, zu behaupten, du würdest auch nur irgendetwas über die Sache mit Lew und mir wissen??“, fauchte er. Ray und die anderen sahen ihn stirnrunzelnd an. Kaum, dass Kai es ausgesprochen hatte, hätte er am liebsten die Zeit zurückgedreht und etwas anderes gesagt. Tyson schloss kurz die Augen. Kai... Du musst dich nicht rechtfertigen... „Du gibst also zu, dass da was war?“, fragte Ray. Kai ließ ihn los und sah ihn nur an. „Da war nie etwas! Und wenn, dann höchstens einseitig!“ Einseitig von meiner Seite aus, ja... Ich Idiot! Wie konnte ich nur diesen saublöden Satz raushauen! Bin ich jetzt völlig von der Rolle? Kai legte die Hand über sein Gesicht und setzte sich zu Tyson. Der legte vorsichtig die seine auf Kais andere Hand. Den Rest des Tages schwiegen Kai und Ray sich an, was die Sache auch nicht gerade er­leichterte, sondern die Stimmung höchstens in den Keller trieb. Erst als sie alle wieder weg waren sprach Tyson ihn an. „Hey, ist wirklich alles in Ordnung?“ „Ja, ja, geht schon. Aber dass er sich so daran festbeißen muss! Das macht mich wahnsinnig! Noch mal halt ich das nicht aus!“ Tyson lächelte ihn sanft an. „Beruhige dich. Er wird sich schon wieder einkriegen. Spätestens, wenn er weiß, dass dich das verletzt, was er sagt. Das hat dich doch ver­letzt, oder? So kam's mir jedenfalls vor.“ Kai seufzte. „Ja, das hat es. Er will einfach nicht verstehen, dass ich nicht darüber reden kann! Und wenn, er würde es mir ja doch nicht glau­ben. Keiner würde das tun.“ „Doch. Ich schon. Ich glaube dir.“, sagte Tyson. Kai sah ihn er­staunt an. „Jedes Mal, wenn ich dieses Thema angesprochen habe, wolltest du nicht darüber reden. Würde es nicht die Wahrheit sein, warum hättest du dir dann die Mühe gemacht, so lange zu schweigen und es immer noch zu tun? Wäre es eine Lüge um jemandem zu scha­den, du hättest es schon längst gesagt. Ich kenn dich doch.“, erklärte Tyson. „Nein, du kennst mich nicht. Nicht richtig. Was du und die anderen von mir kennen, dass ist alles nur Fassade. Schauspielerei. Ich will nicht, dass es irgendwer erfährt... Ich will nicht, dass ir­gendwer sieht, wie ich wirklich bin. Was ich wirklich bin..... Eigentlich wollte ich, dass du es nie erfährst. Dass du nichts davon mitbekommst, aber seit Lew da war, hab ich diese Idee begraben. Aber ob nun so oder so, irgendwas hättest du doch bemerkt.“, sagte Kai und mied dabei Tysons Blick. „Was...? Willst du's mir nicht doch sagen?“, fragte Tyson. „Aber... Du hast doch gesagt, du hast mir lange genug die Chance gegeben. Jetzt-“ „Ja, das hab ich. Aber hab ich je gesagt, dass es deine letzte Chance war?“ Kai schüttelte den Kopf. „Das hier ist deine allerletzte Chance. Noch eine bekommst du nicht. Wenn du jetzt nicht alles rauslässt, dann akzeptier ich dich so, wie du bist und dass in deinem Leben so einiges schief gegangen ist. Egal, was es ist. Wenn du jetzt schweigst, werde ich nie wieder fragen, warum. Okay?“ Kai spürte einen Kloß im Hals. Wenn nicht jetzt, wann dann? Dann senkte er den Blick. „Wenn das so ist... Vielleicht hilft's mir ja wirklich.“, murmelte er. Tyson lächelte kurz und mit einem Handzeichen bedeutete er ihm, näher zu kommen. Kai gehorchte und beugte sich über ihn. Tyson legte eine Hand auf Kais Wange und lächelte. „Nicht hier. Später...“, sagte er, als Kai Luft holte. Kai legte seine Stirn an Tysons. „Danke. Ich hätte es jetzt sowieso nicht gekonnt. Ich muss mir erst mal darüber im Klaren sein, wo ich überhaupt anfangen soll.“ „Schscht. Denk doch nicht jetzt darüber nach. Lass dir Zeit. Und zwar so lange, bis ich hier raus bin. Dann kann ich dich wenigstens in den Arm nehmen, wenn du nicht mehr kannst.“, sagte Tyson und lächelte noch einmal. Kai konnte nicht anders und lächelte ebenfalls. „Okay...“ soooooo ^^ ich hoffe ihr seid nicht gleich in tränen ausgebrochen XD bleibt dabei, denn jetzt erfahrt ihr die pure Wahrheit! Kapitel 11: Weiße Lilien und Kerzen ----------------------------------- so meine lieben, ich sag auch hier mal wieder nix, ne ^^ einfach lesen, ihr werdet sehen ^^ Kaum, dass Tyson entlassen wurde, gönnten sich er und Kai einen Urlaub auf Hokkaido. Kai war etwas gelassener als sonst, wie Tyson feststellen musste. Tyson hatte sich Hals über Kopf in das Hotel verliebt, dass komplett im altjapanischen Stil gehalten war. Jeder Gast hatte sein eigenes kleines Häuschen mit angrenzenden Quellen. Essen gab es immer im Haupthaus. Die Quellen waren etwas weiter von den Häuschen weg und ebenso weit von ei­nander getrennt. Den Hotelbesitzern war klar, dass die Gäste sich ungestört fühlen wollten. Tyson konnte das nur recht sein. So konnte er immerhin ungehindert mit Kai zusammen die heißen Quellen nutzen, ohne, dass es jemandes Argwohn erregte. An einem der Abende, war es Kais Idee, gemeinsam zu baden. Er nahm seinen ganzen Mut zusammen und ging nach Tyson ins warme Wasser. Für einen Moment saßen sie schwei­gend im Steinbecken, dann kam Kai etwas näher. Tyson war überrascht. Leicht rötlich im Gesicht senkte Kai den Blick, als Tyson ihm in die Augen sehen wollte. „Du bist ja so rot im Gesicht. Was ist los?“, fragte Tyson und strich über Kais Wange. „Nichts, dass ist nor­mal bei dem warmen Wasser.“, log Kai. Es war ihm irgendwie peinlich die Initiative ergrei­fen zu müssen, wenn er was erreichen wollte. Tyson lächelte. „So schnell?“ Kai ließ sich gegen Tyson sinken und legte seinen Kopf auf dessen Schulter. „Ja. Und?“, nuschelte er. Tyson drückte ihn fest an sich. „Schön, dass du von dir aus mal näher kommst.“, flüsterte Tyson. Kai konnte einen leichten Schauder nicht unterdrücken. War da grade ein erotischer Unterton in Tysons Stimme? Viel stärker als sonst, spürte er plötzlich Tysons Haut an seiner eigenen... und riss sich von ihm los. Zitternd kehrte er ihm den Rücken zu und sank bis zum Kinn ins Wasser. Verdammt!! Verdammt noch mal!! Ich kann's einfach nicht! Wieso?? Fühl ich mich etwa immer noch beschmutzt? Mein Gott! Das alles ist fünf Jahre her! Seitdem hat mich niemand mehr angerührt! ... Mit Ausnahme von Leonit, aber der zählt nicht! Das war reine Gewalt, sonst nichts... Wieso kann ich es immer noch nicht? Plötzlich spürte er Tysons warme Hand auf seiner Schulter. „Was ist los? Hab ich irgendwas falsch gemacht?“ Sanft strich Tysons Hand zur anderen Seite und er legte die andere Hand auf Kais Schulter, sodass sie nun beide auf ihm ruhten. „Nein.“ Kai drehte sich zu ihm um und vergrub das Gesicht an Tysons Schulter. „Nein, das hast du nicht. Du nicht. Ich mach alles falsch... Wirklich al­les.“ Beruhigend strich Tyson über den Rücken seines Geliebten. „Nun mach dir doch nicht so viele Sorgen. Das kriegst du schon irgendwie hin.“ Kai ließ ihn los und verließ das Stein­bassin. Ich kann ihm ja nicht mal näher kommen, ohne bei jeder Berührung gleich panische Angst zu kriegen. Wenn ich das nicht in den Griff kriege, wie soll denn dann erst unser Lie­besleben funktionieren, wenn er alles weiß?? Unruhig an seinem nassen Handtuch herum­friemelnd und das große trockene in die Hand nehmend, ging er zu den Häuschen zurück. Tyson kam kurze Zeit später nach. Als er ihn fand, hatte Kai die Betten schon rausgeholt und schlief längst. Erschöpft vom warmen Wasser setzte sich Tyson neben ihn und strich ihm zärtlich ein paar Strähnen aus dem Gesicht. Was war vorhin denn los? Er war doch so ... wie soll ich sagen, normal. Völlig normal, so wie ich ihn kenne. Warum ist er plötzlich weggegangen? Ob er Angst bekommen hat? Angst vor dem, was wir hätten tun können? Ach Kai... Bestimmt hattest du das. Ein schwaches Lächeln tauchte auf seinen Lippen auf. Ich werd' tun, was ich kann, damit wir das wieder hinkriegen. Und wenn es ewig dauert. Müde legte er sich neben ihn und kuschelte sich an ihn. Seelenruhig schlief er ein. Doch Kai schlief nicht so ruhig... ...Der Duft von wilden Kirschen und weißen Lilien hing in der Luft. Er lag auf schwarzem Satin in einem Raum, ausschließlich aus Steinen und kalt, wie eine typische Folterkammer. Er fror. Neben ihm stand er. Lew mit einem Buch in der Hand. Ein Lächeln umspielte seine Lippen. Doch er konnte nur zittern. Das die Kerzen Wärme verströmten, half nicht viel. Der Raum an sich war kühl, aber nicht eiskalt. Und doch konnte er dieses heftige Zittern nicht stoppen. Es war nicht mehr Erwartung, wie bei all den anderen Malen zuvor. Nein, jetzt war es Angst. Jetzt begriff er langsam, was hier vor sich ging. Lew klappte das Buch mit einem lauten Knall zu. Er fuhr zusammen und Lew stellte zufrieden den roten Einband ins ansons­ten leere Regal zurück. Lew liebte diesen Samtumschlag des Buches. Er war genau, wie die Haut des Jungen auf dem schwarzen Satin. Samtig weich. Lew schaute ihn sich lange an. Das schwarze Satin umrahmte die blasse Haut des Jungen. Es ließ ihn engelsgleich ausse­hen. Vor ihm lag ein Engel mit reinweißen Federn. In seiner Fantasie lagen die weißen Fe­dern hier überall verstreut. So oft war der Engel schon hier gewesen. So oft hatte er schon seine Federn hier gelassen. Es entlockte ihm ein Lächeln und er genoss es, wie sehr dieser Engel zitterte, als er über ihn kam und zärtlich über die blasse weiche Haut strich. Das Wimmern dieses Engels erregte ihn und er hielt es nicht mehr lange aus. Er zitterte bei jeder noch so kleinen Berührung. Er sah, wie Lew es genoss, ihn so unter Kontrolle zu haben. Und er wusste, dass es nichts brachte, sich zu wehren. Alles, was ihm das einbringen würde, waren Schläge. Gewalt, sonst nichts. Noch konnte er sich sicher sein, dass Lew sanft sein würde. Aber nur solange er gehorchte. Und genau das war schnell nicht mehr der Fall, da er nicht wollte, was Lew tat. Wütend über diesen Ungehorsam schlug Lew ihn. So wie jedes Mal, bevor er sich nahm, was er wollte... Schweißgebadet schreckte Kai hoch und saß kerzengerade im Bett. Sein Atem raste und sein Herz überschlug sich fast. Es wurde noch schlimmer, als er die Hand an seinem Arm spürte. Ruckartig wandte er sich deren Besitzer zu. Tyson sah ihn lange an, dann zog er ihn wortlos zu sich und drückte ihn fest an sich. Beruhigend strich er über Kais nassen Rücken. Sein Blick fiel auf Kais Futon. Sogar der war schweißnass. Tyson durchwühlte Kais feuchte Na­ckenhaare und drückte auch seinen Kopf fester an seine Schulter. „Ganz ruhig. Das war nur ein Albtraum.“ Kais Schluchzen allerdings bedeutete etwas anderes. Es war wesentlich schlimmer als sonst. Verflucht! Das muss ein Ende haben! Das muss aufhören! Tyson schob Kai ein Stück von sich weg und hob seinen Kopf an, damit er ihn ansehen konnte. „Erzähl mir, was passiert ist. Was hast du geträumt?“ Kai senkte den Blick, ließ ihn aber los. Tyson hielt ihn jedoch am Arm fest. Kai sah ihn erst einen Moment lang an. Das Mondlicht schien herein und sie konnten einander gut erkennen. Seufzend legte er seinen Kopf dann auf Ty­sons Schoß und einen Arm über sein Gesicht. „Ich hoffe, du kannst mir verzeihen. Das, was ich dir erzählen muss... Ich wünschte, es wäre nie passiert!“ Tyson strich ihm über den Kopf. „Was geschehen ist, ist geschehen. Das kannst du nicht mehr ändern. Und ich doch auch nicht.“ „Ich weiß nicht, wo ich anfangen soll...“, sagte Kai und vergrub das Gesicht in den Händen. „Du hast alle Zeit der Welt. Außer mir ist niemand hier und ich werde dich sicher nicht unter Druck setzen. Fang einfach an. Am besten, von Anfang an.“, meinte Tyson und nahm Kai die Hände vom Gesicht. Ein beruhigendes Lächeln flog Kai entgegen. „Keine Angst... Erzähl's ruhig. Du musst mich ja nicht anschauen, wenn du das nicht willst.“ Kai erhob sich wieder. Wortlos krabbelte er um Tysons Beine herum und lehnte sich dann gegen ihn, den Kopf auf Tyson Schulter liegend. Tyson verstand und nahm ihn wieder in den Arm. Kai senkte erneut den Blick. „Ich hab dir doch erzählt, dass Leonit meine Eltern getötet hat, als ich fünf war. Ich bin danach sofort in die Abtei gekommen. Als ich dann zehn war, ist mir Lew zum ersten Mal aufgefallen. Tut mir Leid, dass ich dir das jetzt erst sage, aber ich hab mich damals in ihn verliebt.“, begann Kai. Tyson erwiderte nichts, sondern festigte nur seine Umarmung. „Ich hab versucht, seine Aufmerksamkeit zu bekommen. Deswegen hab ich auch halbherzig versucht wegzulaufen. Immer darauf bedacht, wieder eingefangen zu werden. Jedes Mal war es Boris der mich dafür bestraft hat. Aber irgendwann tauchte Lew bei mir auf. Er hat gesagt, ich soll bleiben. Wenn ich ihn richtig verstanden habe, dann meinte er ihm zuliebe. Das hat mir damals nicht gereicht. Ich hab's nochmal versucht, aber diesmal hat er mich aufgehalten.“ Kai lachte kurz gequält auf. „Er hat mich zu sich mitgenommen. In sein Zimmer. Hat mir irgendwas erzählt von wegen, ich war böse oder sowas. Dann ist er mit mir in ein anderes Zimmer gegangen. Da standen überall Weiße Lilien und Kerzen mit Wildkirsch-Duft rum. Die hat er angezündet und mir gesagt, ich soll mich setzen. Das einzige, wo man sich hinsetzen konnte, war ein Bett in schwarzem Satin, das in der Mitte des Zimmers stand. Ich dachte, das war's, was ich wollte. Bei ihm sein. Aber es ging mir doch zu schnell. Bei ihm sein... Was für ein Blödsinn! Ja, das wollte ich wirklich, aber stattdessen bekam ich mehr als ich wollte.“ Kai holte tief Luft. „Ich wollte seine Liebe... Und er...“ „Und er? Was wollte er?“, fragte Tyson vorsichtig. „Meinen Körper, sonst nichts. Er hat mich ausgenutzt.“ Kai war selbst überrascht, sich das sagen zu hören. „Er hat mit mir geschlafen, wann er wollte und vor allem wie er wollte. Er hat aus mir eine Marionette gemacht. Er konnte mit mir machen, was er wollte. An meine Gefühle hat er dabei nie gedacht, auch wenn er mir das immer wieder vorgespielt hat. Und ich Idiot hab ihm das jedes Mal geglaubt und wieder vertraut.“ Er spürte, wie Tyson langsam locker ließ. Ich hab's gewusst! Du kannst damit nicht umgehen... Und jetzt? Jetzt lässt du mich fallen, wie eine heiße Kartoffel... Hätte ich nur nicht gesagt, dass ich's dir erzählen werde!!!, dachte Kai verzweifelt. „Er... er hat dich... Kai?! Er hat dich vergewaltigt? Als du zehn warst?“, fragte Tyson. Kai verzog das Gesicht. „Wie pervers war er eigentlich?“, entrüstete sich Tyson und drückte ihn wieder fester an sich. „Als du zehn warst... Du hast gesagt, du wärst hierher gekommen, als du fünfzehn warst. Was war dann in den anderen fünf Jahren?“, fragte Tyson weiter. Kai senkte wieder den Kopf. „Was soll da schon gewesen sein? Was glaubst du denn?“ Tyson dachte einen Moment nach. „Das war doch einmalig, hoffe ich. Oder?“ Kai lachte hohl. „Einmalig? Wie stellst du dir das vor? Wer einmal Blut leckt, der will mehr. Du kennst das doch. Für Lew war das doch nicht das erste Mal.“ „Was?“ Tyson klang aufrichtig entsetzt. „Er hat mich die ganzen fünf Jahre gequält, bis ich endlich begriffen habe, was er da eigentlich macht und weggelaufen bin.“ Es war unglaublich schwer für Kai, es endlich auszusprechen. Tyson riss ihn von sich weg, drehte ihn unsanft zu sich herum und schaute ihn entsetzt an. „Wie bitte?? Und das sagst du mir erst jetzt?? Hättest du vorher was gesagt, ich hätte dich verstanden. Ich hätte dich nicht auf die Probe gestellt!“, sagte er laut. „Du tust mir weh.“, murmelte Kai und sah bedrückt zur Seite. „Tut mir Leid, das wollte ich nicht... Komm her.“, sagte Tyson. „Komm. Na los, komm schon her.“ Widerwillig kam Kai näher. Tyson nahm ihn in den Arm. Erst jetzt fiel ihm auf, dass Kai weinte. Die ganze Zeit schon, denn die Tränen kamen ziemlich schnell durch seinen Yukata durch. Er nahm Kais Gesicht mit beiden Händen und betrachtete es eingehend im Mondlicht. Sanft wischte er die Tränen weg, doch ebenso schnell kamen neue nach. Er schloss einen Moment die Augen, um sich selbst zu beruhigen. Dabei sah er es förmlich vor sich, wie Lew ihn quälte und schüttelte den Kopf. „Wie konnte er nur? Wie konnte er jemandem wie dir nur so weh tun? Er hat dir die Federn ausgerissen!“, sagte er. Kai erstarrte. „Was ist?“ „Für ihn war ich ein Engel, sobald ich auf dem schwarzen Satin gelegen habe.“, sagte Kai langsam und bemüht ruhig. „Das wusste ich nicht. Das tut mir Leid. Aber so ist es doch! Er hat dir wirklich die Federn ausgerissen, dir die Flügel gestutzt! Er hat dir schließlich die Freiheit genommen oder nicht?“ „Die auch, aber eher meine Unschuld...“, gab Kai leise zu. Tyson atmete tief durch, bevor er mit einem Lächeln antwortete. „Wie sehr er dir auch weh getan hat, ich lass dich damit nicht allein. Ich liebe dich und das bleibt auch so. Ich akzeptiere, was passiert ist und versteh's auch, wenn du Angst hast.“ Kai holte tief Luft. „Es ist ja nicht nur das.“, sagte er. „Er hat mich ja auch geschlagen, wenn ich nicht wollte. Und auch, wenn ihm einfach danach war, nur weil ich mich mal nicht wehrte. Er wollte, dass ich mich wehre und wenn, dann hat er es als Ungehorsam abgetan und zugeschlagen. Wie ich danach aussah, oder ob ich unverletzt war, war ihm egal. Hauptsache, ich war zum nächsten Mal wieder fit.“ Tyson schwieg und wischte nur die Tränen weg. „Ich hoffe, du willst jetzt keine Details hören, wie er es getan hat...“, fügte Kai hinzu. „Lieber nicht. Ich will dich nicht mit deinen schlechten Erinnerungen quälen. Das hat er schon zu genüge getan. Außerdem kann ich mir vorstellen, dass er nicht gerade zärtlich war.“, sagte Tyson. „Zärtlich! ... Das Wort kannte er doch gar nicht! Es sei denn, es ging darum, mich wieder rumzukriegen!“, entgegnete Kai wütend. „Schscht! Ist gut. Beruhige dich. Ich bin echt froh, dass du's mir gesagt hast. Jetzt versteh' ich dich besser.“, sagte Tyson und nahm ihn noch mal in den Arm. Doch diesmal ließ er ihn nicht mehr los. „Vielleicht ist es besser, wenn wir jetzt schlafen.“, fügte er leise hinzu. Er zog Kai mit sich auf seinen Futon. Kai kuschelte sich an ihn an und schlief mit dem Kopf auf Tysons Brust ein. Tyson strich noch ein paar Mal über seinen Kopf, dann schlief auch er ein. Als Tyson am Morgen aufwachte, war Kai verschwunden. Er setzte sich kerzengerade auf und sah sich um. Er wird doch nicht...! Er sprang auf und rannte hinaus. Sein Blick machte eine Runde, doch Kai war nirgends zu sehen. Der einzige Ort, der ihm sonst noch einfiel, waren die Quellen. Eilig rannte er hinunter und sah ihn im Becken sitzen, die Augen ge­schlossen. Das Erste, was ihm auffiel war Kais Haltung. Sie war anders. Irgendwie ent­schlossener, selbstsicherer. Leise ließ er die wenigen Klamotten fallen. Kai bemerkte ihn an­scheinend nicht. Möglichst geräuschlos stieg Tyson in das warme Wasser. Erst die Wellen ließen Kai aufsehen. „Du bist schon wach? Du bist doch sonst so ein Langschläfer.“ Tyson stutzte. Tut er so, als wäre nichts gewesen? Oder ist das nur wieder seine Fassade? „Was ist los mit dir? Heute Nacht, war das aber noch anders.“ „Bitte... erinnere mich nicht daran. Ich will jetzt wirklich nie wieder etwas davon hören. Ich will es endgültig hinter mir lassen, okay?“, entgegnete Kai. Tyson ließ ein Lächeln auf seinem Gesicht erkennen. „Gut. Ich sag kein Wort mehr.“, meinte er. Und er schwieg tatsächlich. „Hey! Du sollst doch reden, aber nicht darüber!! ... Tyson! Bitte! Hör auf zu schweigen wie ein Fisch! Sag jetzt endlich was!“, fauchte Kai, doch Tyson schwieg. Mit einem Lächeln. Na schön... Was muss ich tun, damit du mit mir redest? Kai setzte einen schmollenden Gesichtsausdruck auf, dann einen lächelnden. „Gut, du willst es ja nicht anders!“, zischte er. Tyson schaute ihn fragend an, als er näher kam. Kai zog ihn dicht an sich und sah ihm tief in die Augen. Sprachlos ließ Tyson sich von Kai küssen. Er war überrascht, wie gut Kai das konnte. Nicht mal bei seinem Ge­burtstag hatte Kai das so gemacht. Nach einer Weile löste sich Kai wieder von ihm. Tyson starrte ihn an. „Jetzt... machst du mir langsam Angst.“, sagte er. „Wirklich? Weswegen denn?“, fragte Kai. „Deswegen. Ich meine, du bist doch sonst nicht so.“ Kai seufzte. „Du weißt doch jetzt alles. Warum soll ich da noch Angst haben?“ „... Ich dachte... Ich meine, bei meinem Geburtstag, da hast du doch gesagt, ich hätte die-“ „Ja, ja, ja, ich weiß. Da hatte ich auch noch nicht vor, es dir zu sagen, geschweige denn überhaupt...“ Doch den Satz be­endete Kai nicht. Tyson wusste auch allein, was er meinte. „Aber... geht das nicht ein biss­chen schnell?“, fragte er. „Musstest du dich nicht lange genug zurückhalten? Wegen mir?“ Tyson seufzte. „Ja schon, aber... So kurz, nachdem du's mir gesagt hast? Ich finde, dass ist zu schnell. Gewöhn dich doch erst mal dran, ohne diese Last zu leben.“ „Das geht nicht. Ich werde mich trotzdem an alles erinnern. Aber ich kann wenigstens freier leben. Weil du das weißt. Und ehrlich gesagt...“ Tyson sah ihn fragend an. „Ehe du einen Fehler machst, mach ich ihn lieber. Ich kann nämlich für nichts garantieren. Wer weiß, wie ich reagiere, wenn du irgendwas tust, wovon du nicht weißt, dass ich dann Angst kriege.“, beendete Kai den Satz. Tyson nickte verstehend. „Vielleicht hast du Recht. Und außerdem bist du doch der Stärkere von uns beiden.“ sagte Tyson. Und wohl eher auch der Erfahrenere von uns... „Da bin ich mir nicht so sicher.“, meinte Kai. „Hör auf!“, fauchte Tyson lachend und verpasste ihm ei­nen sanften Schlag auf den Arm, woraufhin Kai ihn losließ. so nun wisst ihr, wie es um Kai steht ^^ ich hoffe ihr seid mir nich böse deswegen ^^ aber mal ehrlich: Tyson ist doch der beste therapeut den er kriegen kann XD, denkt an die vielen lieben kommis ^^ Kapitel 12: Was wenn... Opa davon erfährt?! ------------------------------------------- Einige Monate darauf, am Anfang des neuen Jahres, lud Tysons Opa ihn zu sich ein. Da Ty­son keine Lust hatte allein zu ihm zu gehen, nahm er Kai mit, der sich inzwischen so normal verhielt, wie es bei ihm ging. Sogar die anderen hatten Kais Veränderung mitbekommen. Kai begleitete Tyson und beide saßen nun vor Tysons Opa, der schon seit geschlagenen fünf Minuten schwieg und sie beide nur musterte. „Na gut, dann fangen wir eben ohne ihn an.“, sagte er dann mit einem Blick auf die Uhr. „Hä?“ Tyson sah seinen Opa fragend an. „Ohne wen?“ „Ohne deinen Vater. Ich hab ihm gesagt, dass er herkommen soll, aber du siehst ja. Er hält seine Gräber natürlich für wichtiger!“, schnaubte Opa. Hehe... Tja, so ist Paps nun mal. Wenn du ihm nicht sagst, warum, dann erscheint er auch nicht. „Ist doch egal. Fang an. Was willst du?“, meinte Tyson und setzte sich gerade hin. „Also gut. Es geht um das Dojo.“ „Du willst es doch nicht verscherbeln!!!“, sagte Tyson und sprang auf. „Halt die Klappe, Grünschnabel und setz dich! Das hab ich nicht gesagt!“ Schmollend setzte sich Tyson wie­der. Beruhigend legte Kai seine Hand auf Tysons. Keep cool. Hör erst mal zu. „Unterbrich mich nicht wieder!“, sagte Opa vorsorglich. Dann setzte auch er sich gerade hin und sah Ty­son ernst an. „Wie gesagt, es geht um das Dojo. Ich werde auch nicht jünger, deshalb-“ Kai ließ Tysons Hand los und stand auf. Das ist eine Familienangelegenheit, das sollten sie bes­ser unter sich klären. Er wollte gehen, doch Tyson hielt ihn zurück. Er schüttelte den Kopf und zog Kai zu sich zurück. Wortlos setzte sich Kai wieder und wünschte sich woanders hin. Hier hatte er seiner Meinung nach nichts verloren. Als wäre nichts gewesen, fuhr Opa fort: „-deshalb sollst du, Tyson, das Dojo und das Haus hier bekommen.“ „WAS?? Sag mal, bist du wahnsinnig? Du wirst doch wohl nicht-“ „Jetzt reg dich ab, Grünschnabel! Soweit sind wir noch nicht! Noch lieg ich nicht auf'm Totenbett!! Was dann ist, klären wir später mal. Jedenfalls bekommst du das gesamte Haus!“ „Und was ist mit Hiro und Papa?“, fragte Tyson und setzte sich wieder. „Hiro ist sowieso kaum hier und was deinen Vater angeht, so bekommt er natürlich seinen Pflichtanteil. Aber da er nicht da ist, hat er jetzt Pech. Ich werd's ihm schon sagen.“ „Ja, aber Hiro! Was ist mit ihm? Willst du ihn enterben?“ „Sag mal, hörst du irgendwelche Stimmen? Hab ich irgendwas von enterben gesagt?? Ich hab ge­sagt, du bekommst das Haus. Das heißt, er auch. Aber er wird es wohl kaum haben wollen. Und wenn doch, das Haus ist doch wohl groß genug!“, sagte Opa. „Und Kai?“ Tysons Opa sah ihn verständnislos an. „Was ist mit ihm?“ Tyson seufzte, während Kai ihn nur fragend ansah. „Kann er auch hier wohnen?“ „Hallo?! Entweder du verstehst mich nicht, oder du hörst nicht richtig zu, wie immer! Ich hab gesagt, du bekommst hier alles! Das heißt, du kannst frei entscheiden, wen du hier wohnen lassen willst! Ist das denn so schwer zu verste­hen?“, sagte Opa und stand auf. „Nein... Danke.“ Tyson war perplex. Er bekam hier alles und konnte auch noch selbst darüber entscheiden. Irgendwie schien sein Opa ihm die Freude anzusehen, denn- „Hey! Noch lebe ich und noch habe ich hier die Hosen an!!!“ „Äh, ja klar!“, meinte Tyson. Er zog Kai mit sich hoch und ging hinaus. Gut gelaunt umrundete Tyson mit Kai das Grundstück. Die ganze Zeit hatte er ein Lächeln auf den Lippen und Kai lief ihm hinterher. „Willst du den ganzen Tag grinsen?“, fragte er lachend. „Wenn ich könnte ja, aber irgendwie wird's mir langsam doch zu viel.“, antwortete Tyson und drehte sich zu ihm um. „Hör ja nicht auf damit! Ich mag's, wenn du lachst.“, sag­te Kai und nahm ihn in den Arm. Verlegen sah Tyson zur Seite. „Und noch viel lieber mag ich's, wenn du so zur Seite schaust.“, flüsterte Kai und gab Tyson einen Kuss. Doch Tyson unterbrach ihn schnell und schob ihn weg. „Nicht. Was, wenn uns jemand sieht?“ „Na und? Das ist doch unsere Angelegenheit. Das geht doch keinen was an. Und außerdem sind sie doch selbst Schuld, wenn sie hersehen.“ Tyson seufzte, aber statt dazu irgendwas zu sagen, nahm er Kais Hand und zog ihn mit sich ins Dojo. „Was denn hier?“, fragte Kai irritiert, als Tyson ihn bis hinten zu dem alten Schwert mit sich zog. „Hier sieht uns wenigstens keiner.“, meinte er und lehnte sich gegen die Wand neben den Fenstern, vor denen die Holzstäbe wa­ren. Kai lächelte. Er hatte verstanden, was Tyson meinte und gab ihm endlich den leiden­schaftlichen Kuss, den er eben schon loswerden wollte. Ich fass es nicht... Kai geht ja wirk­lich ran... Wenn wir's jetzt tun, dann ist das unser gemeinsames erstes Mal... Ich krieg schon Gänsehaut, wenn ich nur dran denke! Kais Hände zogen Tysons Shirt hoch und be­rührten sanft die Haut darunter. Mit der einen Hand kam er wieder hervor und drückte Ty­sons Nacken und mit der anderen bahnte er sich einen Weg über Tysons Wirbelsäule hinun­ter. Kurz vor der Hose stoppte er und strich sanft um Tysons Taille herum nach vorn. Tyson hielt die Luft an und Kai löste sich einen Moment von ihm. „Was ist?“, fragte er. „Nichts, das eben hat nur gekitzelt.“ „Das hier?“ Kai berührte absichtlich noch einmal Tysons emp­findliche Stelle an der Seite... und entlockte ihm ein leises Aufstöhnen. Kai lächelte. „Inte­ressant.“, murmelte er und küsste Tysons Hals. Dabei streichelte er weiter zärtlich die Stelle, wo es Tyson kitzelte. „Oh... Nicht Kai! Hör auf, bitte.“, flehte Tyson. Doch Kai ignorierte ihn und Tyson rutschte immer tiefer auf den Boden, bis Kai endgültig über ihm war. Erst jetzt hörte Kai auf. „So empfindlich?“, fragte Kai leise an Tysons Ohr. „Wenn ich solange waaaa-“ Kai hatte Tysons Gürtel mit leichter Hand geöffnet und auch die Hose. Zärtlich streichelte er Tyson, der mitten im Satz abbrach. „Ja? ... Du wolltest was sagen?“, fragte Kai amüsiert. „Wenn ich solange warten muss... Oh, bitte! Lass das, oder willst du, dass ich vor dir komme?“, zischte Tyson. Kai hörte sofort auf und gab ihm einen sanften Kuss. „Natür­lich nicht.“, flüsterte er. Tyson atmete schnell und sah Kai liebevoll an. „Wie lange willst du mich noch hinhalten?“, fragte er. „Solange, bis du es mir sagst.“, meinte Kai. Doch noch bevor Tyson antworten konnte, entfernte sich Kai von ihm. Jetzt hörte auch er die Schritte auf dem Holz hinter der Wand. Irgendjemand war auf dem Weg ins Dojo. Hastig zog Tyson den Reißverschluss zu und schloss den Gürtel. Gerade noch rechtzeitig, denn kaum, dass er fertig war, betrat sein Opa das Dojo, hinter ihm eine kleine Gruppe Schüler. Ja nee jetz'!! Das hab ich ja vollkommen verschwitzt! Was wär bloß gewesen, wenn er uns erwischt hätte?!?, fragte sich Tyson erschrocken. Prüfend musterte sein Opa sie. Oh nee! Hat er was mitbekommen? Oh Mama, bitte nicht! Das ist das Letzte, was ich will! Oh, bitte, bitte! Lass ihn nichts bemerkt haben!, flehte Tyson stumm. „Was macht ihr denn hier? Wollt ihr auch trainieren?“, fragte Opa plötzlich. „Äh, nö.“, sagte Tyson rasch und stand auf. Doch Kai zog ihn zurück und sein Ohr dicht zu sich. „Spinnst du? Ich hab 'n Ständer und du willst abhauen?“, zischte er. Tyson wurde puterrot, gab sich aber geschlagen. „Und? Was machen wir jetzt?“, fragte er. Kai seufzte und sah dabei zu der kleinen Gruppe, die gerade Kendo übte. Da kam ihm eine Idee. „Schlag mich!“ „Was?“ „Du sollst mich schlagen!“, sagte Kai. „Aber...“ „Mach jetzt!“, fauchte Kai. „Und dann?“,fragte Tyson. Kai stöhnte genervt auf. „Dann bringst du mich in dein Zimmer! Ist das denn so schwer!“ Tyson sah ihn skeptisch an. „Also gut, dann tu wenigstens so!“ Tyson zuckte mit den Schultern und täuschte einen Schlag vor. Kai hingegen täuschte einen Schmerzensschrei vor und ließ sich fallen. Tyson zog ihn mit Bedacht hoch und führte ihn so hinaus, dass die anderen nur ihn sehen konnten und ging mit Kai in sein Zimmer. „Gut geschauspielert. Kompliment.“, sagte Tyson, während Kai sich befreite, und setzte sich auf's Bett. Kai atmete erleichtert auf, zog sich sein Hemd über den Kopf und kam auf ihn zu. „Ich hoffe, hier stört uns niemand.“, sagte er leise und küsste Tysons Hals. Tyson ließ ein wohliges Geräusch hören und friemelte an Kais Hose herum, um sie auf zu bekommen. Im nächsten Moment fiel sie auch schon zu Boden. Doch bevor Tyson ihn weiter ausziehen konnte, zog Kai ihn komplett aus und legte ihn auf das weiche Bett. Ein Kuss folgte auf den anderen. „Kai... Du hast ... da was ... vergessen.“, sagte Tyson zwischen den Küssen. „Mach du's.“, war Kais Antwort. Während Tyson ihm den Rest der Klamotten auszog, wandte sich Kai Tysons Brustwarzen zu, an denen er leckte und sie küsste. Ein wohliges Schaudern breitete sich in Tyson aus. Er stöhnte leise auf und biss sich auf den Finger, nur um nicht laut zu werden. Kai hatte das bemerkt und zog ihm die Hand weg. „Hör auf damit. Nimm das Laken.“, sagte er und lutschte an Tysons Finger. „Küss lieber mich!“, sagte Tyson, zog Kai zu sich und verwickelte ihn in einen hektischen Kuss. Kai konnte nicht anders, als ihn einfach nur anzulächeln. „Du willst doch, dass ich weitermache, oder?“, fragte er. Tyson nickte heftig. „Dann sei nicht so stürmisch...“, flüsterte Kai und saugte sich an Tysons Hals fest. „Hey! Nicht! Das sieht man doch!“ „Na und? ... Ich markiere nur, was mir gehört.“ Tyson stutzte. „Hey, das hätt ich jetzt aber nicht erwartet...“, murmelte er. Kai grinste. „Keine Angst, ich weiß, wann ich aufhören muss. Ich bin schließlich nicht Lew!“ „Ein Glück, dass es nicht so ist... Machst du jetzt endlich mal?“ „Ja wie? Hast du es denn so eilig?“, fragte Kai überrascht. „Ich durfte mir diesen Luxus die ganze Zeit über nicht gönnen. Jetzt kann ich das und dann hältst du mich auch noch hin.“, maulte Tyson gespielt und küsste Kai noch mal. „Na gut, wenn du's nicht mehr länger aushalten kannst...“ meinte dieser und lächelte wieder. Tyson seufzte schon erleichtert, doch als Kai ihn streichelte, änderte sich der Ton schlagartig. „Ich will auch meinen Spaß.“, meinte Kai nur und strich mit seiner Zunge über Tysons Hals. Tyson stöhnte leise auf und Kai grinste schon wieder. Tyson hingegen ließ ein fast weinendes Geräusch hören. „Oh bitte... Kai, mach mit mir was du willst, aber um Gottes Willen tu es endlich!“ Kai sah auf. „Nein.“, sagte er bestimmt. „Was??“ „Das wird wehtun, wenn ich jetzt einfach so anfange. Gewöhn dich doch erstmal dran. Glaub mir, das ist wichtiger. Ich weiß, wovon ich rede, ich durfte das nämlich nicht.“, antwortete Kai. Tyson verstand und küsste ihn sanft um Kais unschönen Erinnerungen wegzufegen. „Dann tu, was du für richtig hältst. Ich vertrau dir.“ Kai lächelte und fuhr mit seinen Liebkosungen fort, bis zu dem Punkt, an dem er selbst es nur noch schwer aushalten konnte. „Wollen wir's versuchen?“, fragte Kai. „Sind wir nicht schon voll dabei?“ Kai lachte. „Nein, das war das Vorspiel. Also, bist du bereit?“ Tyson nickte nur und Kai versuchte so vorsichtig wie nur möglich in Tyson einzudringen. Mit Erfolg, auch wenn er ihn ermahnen musste, nicht allzu laut zu werden. Tyson schluckte schwer und ein paar Tränen glitzerten an seinen Augen, doch ein wohliges Gefühl überkam ihn. Kai hingegen wartete geduldig, bis Tyson sich an dieses neue Gefühl gewöhnt hatte. „Ist das okay so?“, fragte er, als er anfing sich langsam zu bewegen. „Jaa...“ Kai lächelte erleichtert. „Tut's nicht mehr so sehr weh?“, fragte er weiter. Tyson schüttelte heftig den Kopf. „Na dann ist ja gut.“, meinte Kai und beschleunigte seine Bewegungen etwas... nööööö den rest denkt ihr euch mal schön selbst, ich brauch noch etwas übung darin sowas zu schreiben und das ist einer meiner anfänge ^^ Kapitel 13: Also Hilary! ------------------------ so nun geht's fast ins finale ^^ Kai und Tyson blieben nicht lange bei Tysons Opa, denn noch wollten sie da nicht einzie­hen. Schließlich war da noch das Dojo, dass betrieben wurde und Tysons Opa, der ihnen wohl oder übel ständig auf der Pelle hocken würde. Eines Abends, einige Wochen später, saß Kai erstaunlicherweise in Gedanken versunken, auf dem Sofa und starrte aus dem Fenster. Tyson beobachtete ihn eine Weile, bis er sich zu ihm setzte. „Kai? Hast du irgendwas?“, fragte er. Irritiert sah Kai auf. Tyson wiederholte die Frage. „Nein... nicht wirklich.“ Tyson sah ihn fordernd an. „Na okay. Der Gerichtstermin ist bald.“ „Wenn es nur das ist.“, meinte Tyson und gab ihm einen Kuss. „Das ist ja das Pro­blem. Es ist nur das, aber es macht mir trotzdem Sorgen.“, sagte Kai. „Wirklich?“ „Ja... Ir­gendwie schon. Ich hab so die Ahnung, dass er das alles wieder aufwärmen wird. Und wirk­lich jedes noch so kleine Detail. Leonit weiß absolut alles und das wird er ausnutzen.“, er­klärte Kai. „Wie, er weiß absolut alles?“, fragte Tyson irritiert. „Lew hatte eine Art Tage­buch und das hat Leonit gelesen. Wenn er davon Details vorbeten kann, werden unheimlich viele Fragen aufkommen.“ „Was denn für ein Tagebuch? Davon hast du mir gar nichts er­zählt.“ Kai stand auf und ging zum Fenster, Tyson folgte ihm. „Hab ich das nicht...? Lew hat da wirklich alles aufgeschrieben. Jede Berührung, jeden Schlag, einfach alles. Und so wie ich Leonit verstanden habe, hat er nur das darin aufgeschrieben.“, erzählte Kai. Tyson umarmte ihn von hinten und schmiegte sich an ihn. „Du schaffst das schon. Ich weiß, dass du das hinkriegst. Und ich bin doch auch noch da.“, sagte er. „Tyson... Er wird sicher auf Lew zu sprechen kommen.“ Kai drehte sich um und Tyson sah ihm in die Augen. „Wir bei­de waren allein da oben, als er abgestürzt ist. Leonit glaubt, ich hab ihn runtergestoßen. Da wirst du wohl aussagen müssen.“, sagte er. „Oh... Ob das reicht?“, fragte Tyson verunsi­chert. Kai lächelte. „Ich will es hoffen. Ich vertrau auf dich, dass du nichts falsch machst.“ Tyson brachte ein gequältes Lachen hervor. „Schön, dass du mir vertraust, aber da solltest du das nicht tun. Schon mal davon gehört, das bei Geld und Gerichten das Vertrauen endet?“ Kai musste plötzlich laut lachen und Tyson sah ihn verwundert an. „Sowas Dummes hab ich ja noch nie von dir gehört! Die ganze Zeit über predigst du mir, ich soll dir vertrau­en, vor ein zwei Monaten bist du Leonit vor den Lauf gesprungen und jetzt das? ... Oh, Ty­son, du bist echt süß, wenn du solche Sachen sagst.“ Tyson stand wie bedröppelt vor ihm und verstand nicht ganz, was daran zum Lachen war. „Jetzt weiß ich wieder, warum ich dich so liebe...“, sagte Kai lachend. „Und wieso?“, fragte Tyson. „Weil du so ein süßer Idiot bist.“ „Hahaha...“ Tyson wandte sich schmollend ab, doch Kai zog ihn zu sich und drückte ihn fest an sich. „Und weil du für mich da bist und mich so liebst, wie ich bin.“, sagte leise und diesmal mit einem ernsten Ton in Tysons Ohr. Tyson lächelte und drehte sich wieder zu ihm um. Doch noch bevor Kai ihn küssen konnte, klingelte es an der Tür. Tyson seufzte, Kai maulte irgendetwas von wegen „Demjenigen reiß ich jetzt den Kopf ab!“ und ging mür­risch zur Tür. Kaum, dass er diese geöffnet hatte, fiel ihm Hilary laut jammernd um den Hals. Tyson sah eifersüchtig zu, während Kai die Tür schloss und die noch immer heulende Hilary ins Wohnzimmer brachte. Ein Blick von Kai genügte und Tyson wusste, dass da nun wirklich nichts war, denn Kai rollte genervt mit den Augen. „Hey, Hilary. Was ist denn los?“, fragte Tyson, während Kai in die Küche verschwand. „Kenny hat mich rausgeschmissen!!“, jaulte sie. Tyson sah sie mit tellergroßen Augen an. Kenny?!? Seit wann macht er denn sowas?? Ich glaub, es hackt!! „Wie jetz'? Wieso denn das?“, fragte er perplex. „Keine Ahnung...“ „Naja, ganz so grundlos kann das ja nicht gewesen sein. Ich meine, so kenn' ich Kenny überhaupt nicht.“, sagte Kai und stellte ein Glas Wasser vor ihr ab. Statt einer Antwort kam nur ein klägliches Jammern zustande. „Hilary... Jetzt hör auf zu jammern.“, sagte Kai. Tyson kam hinzu und setzte sich neben sie. „Grundlos macht der das nicht... Ich sag mal so, wir können ihn auch anrufen und fragen.“, meinte er. „Oh nein, bloß nicht! Der hat so dermaßen schlechte Laune, dass er garantiert gleich wieder auflegt!“, fauchte sie. „Hast du etwa sein Konto überzogen?“, fragte Kai. „Nein, hab ich nicht.“, maulte Hilary. Nicht... Na da wär ich mir nicht so sicher... „Was dann? Ich meine, er liebt dich doch! Er wird schon einen Grund haben!“ Hilary sah Kai finster an. „Wenn er das wirklich tut, warum schmeißt er mich dann bitte schön achtkantig raus?? Hab ich ihm irgendwas getan??“, fragte sie. „Äh... Hil? Das können wir aber nicht wissen.“, meldete sich Tyson zu Wort. „Weißt du was? Da hilft nur eins.“, sagte Kai und ging zum Schrank hinter der Palme. Er schob die Tür auf und holte eine Flasche Scotch raus. „Was??“, fragte Tyson und sah Kai entsetzt an. „Ich hab auch noch was anderes, wenn du das nicht willst.“, meinte Kai und stellte die Flasche zurück in die gut gefüllte Minibar. „Caipirinha?“, fragte Hilary. „Keine Limetten.“, war Kais Antwort. „Tequila?“ „Keine Zitronen.“ „Grüne Wiese?“ „Kein Orangensaft.“ „Whiskey?“ „Wenn du willst.“ Kai holte eine andere Flasche und ein Whiskey-Glas aus der Minibar und stellte es vor Hilary hin. Tyson sah perplex zu und konnte gar nicht fassen, was für eine Auswahl an alkoholischen Getränken Kai da hatte... Mehrere Stunden später hatte Hilary ihren Kopf auf Kais Schulter gelegt. „Was hab ich denn getan? Hab doch nur 'n paar Schuhe für siebzigtausend Yen gekauft... was regt Kenny sich denn da so auf?“, lallte sie. Kai riss sie von sich und beide starrten sie entgeistert an. „Schuhe?“, fragte Kai. „Für siebzigtausend Yen???“, wiederholte Tyson. Hilary nickte. „War'n im Angebot.“, sagte sie lächelnd. „Oh mein Gott... Im Angebot. Dass ich nicht lache!“, meinte Tyson und schlug sich an die Stirn. Hilary winkte mit der Hand und wandte sich Kai zu. „Kaai?? Wo iss'n dein Bett?“, fragte sie. „Hä?? Na, wo soll es schon sein. Da wo es hingehört!“, antwortete er. „Kommsu mit?“ „Oh nein!! Soweit kommt's noch!“, fauch­te Kai. Tyson lief im Wohnzimmer umher und wartete darauf, dass sie endlich ging. „Büd­de... Du bist doch sicher weitaus besser im Bett als Kenny...“, lallte sie und spielte mit Kais Haaren. Kai lief puterrot an und sah zu Tyson. Der allerdings mustere Hilary erbost und sah aus, als würde er ihr am liebsten den Hals dreimal umdrehen. „Wenn du einen Seitensprung willst, dann solltest du dir jemanden suchen, der wenigstens nicht schwul ist!!“, fauchte er sie an. Kai wurde noch roter im Gesicht und seufzte. Hilary hingegen überhörte Tyson und drückte sich an Kai. „Och nee, das reicht jetzt!“, maulte Kai und stand auf. Hilary sah ihn mit tränenfeuchten Augen an und die Lippen zuckten. „Du hast mich gar nicht lieb!!!“, jam­merte sie plötzlich los. Tyson hielt sich die Ohren zu und drehte sich weg. „Geh zu Kenny!“, knurrte er. „Neeeeee!!!“, heulte Hilary. „Seid still! Das nennt man nächtliche Ru­hestörung!!“, fauchte Kai dazwischen. Beide sahen ihn an und dann auf die Uhr, deren Zei­ger inzwischen auf halb eins nachts standen. „Na und?“, schluchzte Hilary. „Nichts na und! Ich ruf jetzt Kenny an. Mir reicht's nämlich!“, zischte Tyson und griff zum Hörer. Hilary wollte ihn abhalten, doch Tyson wies sie scharf zurecht. Sie klammerte sich heulend an Kai und jammerte ihm die Ohren voll, er sollte Tyson davon abhalten. Kai hingegen stand nur da, wie ein Felsblock und rührte sich keinen Millimeter. Als Hilary bemerkte, dass ihr Klammern nicht half, warf sie sich schreiend auf's Sofa und wirbelte mit Händen und Füßen umher. Weil Kai das einerseits zu laut war und sie andererseits damit sämtliche Hausbewohner wecken würde, setzte er sich neben sie und hielt ihr den Mund zu. „Tyson beeil dich mal!“, maulte er. „Selber Schuld! Du hast ihr doch den Whiskey gegeben.“ Kai seufzte genervt. „Sie hätt ihn ja nicht annehmen brauchen...“ In dem Moment nahm Kenny ab und Tyson bat ihn, so schnell wie möglich Hilary abzuholen, bevor sie das ganze BBA-Gebäude weckte. Kenny klang so ziemlich erleichtert, zu hören, das seine Freundin bei Kai und Tyson war und legte auf. Knapp eine halbe Stunde später stand er dann vor der Tür. Mit einem Seufzer der Erleichte­rung ließ Tyson ihn hereinkommen. Hilary war in Kais Armen eingeschlafen, als Tyson und er ins Wohnzimmer kamen. Ein komisches Bild... Kai und Hilary auf dem Sofa, sie an sei­ner Schulter schlafend... Warum kann ich nicht da sein?, seufzte Tyson in sich hinein. Als Kai Kenny bemerkte, weckte er sie auf. Sie sah ihn schuldbewusst an, war aber noch lange nicht nüchtern. Kenny musterte sie erst böse, dann reichte er ihr die Hand. „Wie teuer waren die Schuhe?“, fragte er. „Sieb­zigtausend Yen.“, murmelte Hilary kleinlaut. „Und das ist ein Angebot?“ Sie nickte. „Wie viel haben die denn vorher gekostet?“ „Das Doppelte!“, ereiferte sich Hilary. „Und dieser Preis jetzt ist normal für Schuhe??“, fragte Kenny weiter, der davon natürlich am wenigsten Ahnung hatte. Sie nickte wieder und Kenny lächelte. „Na wenn das so ist.“, sagte er und sie nahm seine Hand. Kai und Tyson atmeten erleichtert auf. So einen Streit hatten wir aber noch nie... Tyson begleitete die beiden zur Tür und kam dann zu Kai zurück. „Das erinnert mich irgendwie an einen von unseren Zwisten...“, meinte Tyson. „Die waren aber nie so heftig, dass einer von uns dem anderen weggelaufen ist, oder?“, bemerkte Kai. Tyson nickte. „Und? Was bekomme ich dafür, dass ich sie und ihre ständigen Anmachen ertragen musste? Sie hat mich tatsächlich etwas eifersüchtig gemacht.“, sagte er und setzte sich zu Kai. „Hat sie das?? ... Na gut, dann hast du einen Wunsch frei.“ Tyson lächelte. „Wir müssen da noch was nachholen...“, sagte er. Kai sah ihn fragend an. „Unsere Hochzeitsnacht. Hast du das vergessen?“ „Wir haben doch aber-“ „Das war aber keine Nacht!“, unterbrach ihn Tyson. „Du bestehst also darauf, dass es eine Nacht ist?“, fragte Kai. Tyson nickte. „Eine ganze Nacht?“ „Eine ganze!“ „Du willst also eine ganze Nacht lang non stop-“, sagte Kai, doch Tyson unterbrach ihn mit einem Kuss. „Ja, genau das. Das und nichts anderes...“, flüsterte Tyson. „Ist das dein Ernst? Ich mach das wirklich.“, warnte ihn Kai. „Mein voller Ernst. Nur du und ich und sonst gar nichts. Und du kannst machen, was du willst.“, sagte Tyson und stand auf. Doch Kai hielt ihn fest. „Wirklich?“, fragte er. „Ja.“ „Dann will ich dich sofort.“, sagte Kai und zog Tyson auf das Sofa zurück, wo er ihn im Handumdrehen flachlegte. „Vor ein paar Wochen hast du noch gesagt, ich sei stürmisch...“, meinte Tyson grinsend. „Ich bin nicht stürmisch, Ty... Ich bin einfach nur-“, Kai küsste Tyson leidenschaftlich. „-wahnsinnig verrückt nach dir. Und wenn wir jetzt in einem Hotel wären, wär's mir egal. Alles was ich jetzt will, bist du.“ Tyson war erst überrascht, doch dann umarmte er Kai, der inzwischen anfing, seinem Freund die Kleider auszuziehen. „Wirklich non stop?“, fragte Kai verführe­risch. Tyson nickte. das ergebnis dieser nacht erfahrt ihr im finalen kappi ^^ Kapitel 14: Eifersüchtig? ------------------------- sooo jetzt kommt das finale ^^ „Aaauuuaaa au auauau...“, jammerte Tyson. Kai grinste entschuldigend. „Uhu... Nie wieder non stop...“, lachte Tyson schmerzlich. „Ich hab dich doch gefragt, ob du das willst.“, mein­te Kai und nahm ihn in den Arm. „Das war ja auch der Wahnsinn, aber es tut eben weh...“ „Das wusstest du aber.“ Tyson jammerte noch kurz, dann gab er Ruhe und es wurde davon kein Wort mehr gesprochen, es sei denn Positives. Nur wenige Tage darauf fand die Gerichtsverhandlung statt. Kai und Tyson hatten sich das viel schlimmer vorgestellt, doch sie hatten einen spitzenmäßigen Anwalt und einen ebenso guten Richter. Der jedenfalls verbot Leonit zu sprechen, solange er nicht an der Reihe war und sobald er vom Thema der Verhandlung abschweifte, wurde er rausgebracht und die Verteidigung sprach für ihn. Das konnte Kai nur Recht sein, da somit weder Lew noch das, was zwischen ihm und Lew gewesen war, angesprochen wurde. Es ging ausschließlich um den Angriff auf Kai und Tyson. Und die Verhandlung nahm ein rasches und vor allem gutes Ende, denn Leonit wurde zur Haft verurteilt, die er in einem russischen Gefängnis absitzen musste. Ein russisches Gefängnis?? Na dann viel Spaß, Leonit... Da wirst du das erleben, was dein Bruder mit mir gemacht hat! Dann weißt du, wie das ist! Um einige Kilo leichter verließen Kai und Tyson mit ihrem Anwalt den Gerichtssaal. Nach einem kurzen Gespräch mit ihm gingen sie gemeinsam zum BBA-Gebäude zurück, wobei sie einen kleinen Umweg über ein paar Geschäfte machten. Als sie durch eine Einkaufspas­sage gingen, bemerkte Tyson die vielen Blicke die ausschließlich auf Kai ruhten. Und sie alle kamen von Mädchen. „Hrm... Kai...“ „Hm? Was denn?“ „Die starren dich alle an...“ Kai sah sich um. Das war ihm überhaupt nicht aufgefallen. „Und? So schlimm?“, fragte er. Ty­son rollte mit den Augen, doch Kai sagte nichts weiter dazu. Plötzlich entdeckte Tyson ei­nen Buchladen und zog Kai hinein. Auch da änderte sich nichts an der Tatsache, dass Kai von allen Seiten interessiert angesehen wurde. Kai folgte Tyson, der inzwischen etwas ent­fernt stand und einen samtroten Einband in der Hand hielt. Als Kai näher kam, bemerkte er, was das für ein Buch war und riss es ihm aus der Hand. „Leg das weg und komm.“, sagte er nur und zog Tyson wieder hinaus. „Was sollte denn das? Darf ich nicht mal schauen?“, maulte dieser. „Schon, aber nicht in diesem Buch.“, sagte Kai kurz angebunden. „Warum nicht?“, fragte Tyson. „Weil mir dieses verdammte Buch überhaupt kein Glück und schon gar nicht Erfüllung gebracht hat! Wenn du unbedingt was Neues ausprobieren willst, dann sag es, ich kenn das Buch.“, erklärte Kai. Tyson zog ihn mit einem Ruck zurück. „Moment mal!! Du kennst das Kamasutra?“ Kai jammerte irgendwas und zog sich die Hand über's Ge­sicht. „Das du nicht wenigstens darüber schweigen kannst...“, maulte er und um sie herum ertönte ein Flüstern. Peinlich... Kai lief rosarot an und zerrte Tyson mit sich auf die andere Straßenseite. „Musste das jetzt sein? Das hat doch jeder gehört!“, fauchte er. „Tut mir Leid, aber ich war so überrascht. Woher kennst du das denn?“, fragte Tyson. „Lew hatte eins.“, sagte Kai und ging weiter, als wäre nie etwas gewesen. „Was?“ „Erklär ich dir zu Hause.“, flüsterte Kai. Wieder zu Hause ließ Kai sich auf das Sofa fallen, stand aber gleich wieder auf, um Tyson beim Einräumen der Lebensmittel zu helfen, die sie auf die Schnelle gekauft hatten. Erst, als sie damit fertig waren, kamen sie dazu, weiter darüber zu reden. „Also wie jetzt? Lew hatte ein Kamasutra? Wie kannst du es denn kennen, wenn- ... Ah, ich glaub, ich hab schon ver­standen...“, sagte Tyson. „Ja, hast du wohl. Er hat es auch benutzt. Und du kannst dir sicher denken, an wem er das alles ausprobiert hat.“, meinte Kai. „An dir... Oh Mann, hätt' ich das gewusst, ich hätt's gar nicht erst angerührt!“ Kai sah ihn lächelnd an. „Halb so wild. Ich hab dir ja auch nichts davon gesagt. Ich hab's einfach nicht für wichtig angesehen, woher er sei­ne ewig neuen Ideen genommen hat. Und du wirst sie ja doch nicht anwenden... Die sind nämlich ziemlich kompliziert und ich glaub nicht, dass du freiwillig irgendwelche yogaähn­lichen Verrenkungen machen willst.“, sagte er schmunzelnd. „Nein, ganz sicher nicht. Das überlasse ich dann doch lieber dir.“, antwortete Tyson darauf. „Okay... Sag mal... Die Bli­cke der anderen haben dich doch nicht wirklich eifersüchtig gemacht?“, fragte Kai. „Doch! Sehr sogar.“ Kai musste lachen. „Du bist ein Dummkopf. Die interessieren mich nicht die Bohne!“ „Da haben dich aber nicht nur die Frauen angeschaut!“, meinte Tyson vorwurfs­voll. „Nicht? ... Und wenn schon. Der einzige, der mich interessiert, bist du allein. Keiner sonst und wenn es ein noch so schönes Model sein sollte. Mir ist das egal, ich hab dich und mehr brauch' ich nicht. Außerdem hast du das, was die anderen nicht haben.“ Tyson sah ihn fragend an. „Du hast all das, weswegen ich dich kleinen, süßen Dummkopf doch so liebe. Und glaub mir, vor fünf Jahren hätte ich das so sicher niemals gesagt!“, gestand Kai. Tyson lachte. „Ich weiß... Du hättest es niemals gesagt, dass du irgendetwas für mich empfindest.“ Kai nahm ihn in den Arm und hielt eine ganze Weile fest. „Was für ein Zufall, dass du ausgerechnet dann da warst, als ich dich am meisten gebraucht hab... Dafür liebe ich dich immer noch am meisten...“ owari - das ist das ende - ^^ ich hoffe euch haben die beiden FF's gefallen ^^ sagt mir was euch am besten gefallen hat und was nicht, ach ja und welche der beiden die bessere war ^^ hab euch alle ganz doll lieb, danke für's lesen ^^ schön an die kommis denken ^^ Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)