Generation³ von -Apple- ================================================================================ Kapitel 4: Erkenntnis --------------------- Kapitel 4 – Erkenntnis Das laute Zwitschern der Vögel drang an sein Ohr und ein sanfter Windhauch strich an seiner Wange vorbei. Grummelnd zog er die Bettdecke tief in sein Gesicht. Die Vögel begannen einen penetranten Sing-Sang und er konnte deutlich den Flügelschlag einiger hören, als sie wegflogen. Er hatte das Gefühl in der Wiese vor seinem Fenster zu liegen. Mit noch immer geschlossenen Augen legte er sich brummelnd rum um sich zu versichern, dass er tatsächlich noch in seinem Bett lag, doch ein seltsames Klimpergeräusch weckte seine Aufmerksamkeit. Er spürte etwas Kühles an seinem Bein. Komisch… Er bewegte sich wieder, legte sich auf die Seite und spürte nun auch an seinem Arm diese Kühle. Langsam öffnete er die Augen und blickte regungslos auf seine Bettdecke. Schien alles normal. Vorsichtig tastete er sich unter der Decke nach diesem kühlen Ding. Er vermutete, dass es sein Handy war, wäre nicht das erste Mal, dass es unter seiner Decke lag. Aber er musste feststellen, dass es auf keinen Fall sein Handy sein konnte, er hatte etwas Flaches und Glattes zwischen den Fingern, es war irgendwie scharfkantig und eckig. Verwundert fischte er es unter der Decke raus und betrachtete es. Es war eine Glasscherbe! Der blonde fragte sich wo die herkam, als ihm auffiel, dass der Boden vor seinem Bett voll mit Glasscherben war. Verwirrt setzte er sich hastig auf und ein scharfer Schmerz zog sich durch sein Bein. Schnell schlug er seine Decke zurück und musste geschockt feststellen, dass sein Bett voll mit Glasscherben war! Sein Bein blutete, er hat sich eben geschnitten. Aber wie zur Hölle kamen die Scherben in sein Bett?? Als er schlafen ging waren die noch nicht da! Ein leichter Wind fuhr ihm durchs Haar. Shigeru wirbelte zum Fenster. Es war eingeschlagen! Er sprang aus dem Bett und landete mit den Füßen auf noch mehr Glasscherben, die vor seinem Bett lagen und ließ sich mit schmerzverzerrtem Gesicht umfallen. Behutsam wischte er die Glassplitter von seinen Füßen. Irgendwer war eingebrochen, er schnappte sich sein Handy und wollte schon die Polizei rufen, bis er plötzlich inne hielt. Sein Laken war dreckig! Shigerus Blick wanderte an ihm herunter auf seine Füße. Sie sahen aus, als sei er barfuß durch den Dreck gelaufen. Was geht hier vor…? „Ok, es muss eine logische Erklärung geben!“, versuchte er sich selbst zu beruhigen und suchte nach Hinweisen. Er blickte noch einmal von seinen Füßen, zum Bett und zu seinem Fenster. Da die Scherben in seinem Zimmer lagen, und nicht draußen, wurde es von außen eingeschlagen, das stand schon mal fest. Ok, jetzt zu den Scherben. Eigentlich hatte er ja im Bett gelegen, deswegen müssten sie auf der Bettdecke liegen und nicht drunter. Theoretisch war er zu dem Zeitpunkt als das mit dem Fenster geschehen ist, nicht im Bett, aber das war ja eigentlich total lächerlich, er war ja kein Schlafwandler oder so. Shigeru lachte über sich selbst. Doch auf einmal stoppte er ernüchtert und blickte wieder auf seine dreckigen Füße. Er war doch etwa kein Schlafwandler!? Der blonde hatte die Befürchtung, dass er selbst in seinem eigenen Zimmer eingebrochen war, um sich in sein Bett zu legen. Aber wie kam er raus? Er kratzte sich am Kopf und beschloss erst einmal zu duschen und sich etwas einfallen zu lassen, wie er das Reis Großvater erklären könnte, ohne dass er verrückt klang. Als er aus der Dusche stieg wickelte er ein Handtuch um seine Hüften, stützte seine Hände auf das Waschbecken und betrachtete sein Gesicht im Spiegel. Er sah müde und geschafft aus, hatte trübe Augen, die normalerweise strahlend blau sein sollten, und blickte drein, als sei er gerade von den Toten wiederauferstanden. Seine nassen Strähnen hingen ihm in die Augen und ließen ein paar Wassertropfen in sein Gesicht fallen, die sich an seine Haut schmiegten und ihren Weg zu seinem Kinn suchten, von wo aus sie abtropften. Shigeru kniff die Augen zusammen. Er fühlte sich, als hätte er kein Auge zugetan und er war auch noch immer müde, die eiskalte Dusche hatte überhaupt nichts gebracht. Der blonde beugte sich herunter über das Waschbecken, füllte seine Hände mit kaltem Wasser und erfrischte sein Gesicht, in der Hoffnung, doch noch etwas wacher zu werden. Als er wieder in den Spiegel aufblickte, erstarrte er. Hinter ihm stand ein großer männlicher Engel, mit einem goldenen Stab, orange-blonden langen Haaren, strahlend weißen Flügeln und einer Art Helm, der seine Augen verdeckte. Shigeru wirbelte herum, doch hinter ihm war nichts. Langsam wandte er sich wieder seinem Spiegelbild zu, doch fand er dieses nun alleine vor. Der Engel war weg. Naja, wenigstens war er durch den Schock jetzt wach. Aber so konnte es nicht weiter gehen. Die seltsamen Vorfälle um ihn häuften sich in letzter Zeit zunehmend. Er musste dringend mit jemandem darüber reden, am besten jemand, der ihm auch gleich noch sagt, dass er nicht verrückt war. Der blonde beschloss Yamamoto einen Besuch abzustatten. In dem vornehmen Wohnblock herrschte wie immer absolute Stille. Keine kreischenden Kinder, die auf den Fluren spielten, keine genervten Eltern, die diese schreiend um Ruhe baten und auch keine Jugendlichen, die von der Party des Vorabends erwachten. Es hatte schon seine Vorteile, wenn man reiche Eltern hatte, die ihrem Sohn eine Eigentumswohnung finanzierten, die natürlich die besten Maßstäbe hatte und selbstverständlich in einem der sichersten Stadtteile untergebracht war. Da lagen schon Welten zwischen Yamamotos und Shigerus Eltern. Der blonde seufzte und klingelte an der unter dem Namensschild angebrachten elektronischen Klingel, wartete vor der Tür, doch nichts regte sich im inneren. Shigeru klingelte ein weiteres Mal und schaute auf seine Uhr. Yamamoto musste wach sein, es war ja schon fast Mittag. Nervös scharrte er mit dem Schuh auf der Fußmatte, vor der Wohnung des rothaarigen. Shigeru klingelte ein weiteres Mal. „Komm’ schon, Yama, es ist dringend!“ Er klingelte ein paar Mal hintereinander, als die Tür der gegenüberliegenden Wohnung geöffnet wurde und eine Frau mit einem Stapel alter Zeitungen hinaustrat. Neugierig blickte sie zu Shigeru und legte die Zeitungen neben ihrer Tür ab. „Yamamoto ist nicht da!“ Shigeru schaute die Frau verwirrt an. „Wie…er ist nicht da?“, fragte er. Yamamoto war immer da. „Er war heute Morgen schon früh weg und trifft sich mit einem Mädchen!“ Die Frau kicherte mädchenhaft. „Er…trifft sich…mit einem…Mädchen???“ Shigerus Verwirrung stand ihm deutlich ins Gesicht geschrieben. „Nein, er trifft sich nicht mit einem Mädchen!“, lachte er unsicher und schüttelte ungläubig den Kopf. Die einzigen Dates, die Yamamoto hatte, waren die mit seiner Computersoftware. „Doch, das hat er gesagt, ich habe ihn als er gehen wollte auf dem Gang getroffen.“, erläuterte die Frau und blickte Shigeru verwirrt an. „Er schien sehr fröhlich zu sein.“ „Nein…nein! Er trifft sich nicht mit einem Mädchen!“, wiederholte dieser und schüttelte energisch den Kopf. Die Frau fand sein Verhalten wirklich sehr sonderbar, doch dann dämmerte es ihr langsam. „Oh…oh, achso.“ Ihr Blick wandelte sich von verwirrt zu mitleidig. „Ist dein Freund etwa wieder an das andere Ufer geschwommen?“ „Ufer? Was für ein Ufer?“ Nun war Shigeru an der Reihe verwirrt zu sein. „Hattet ihr etwa Streit?“, fragte die Frau. Aus ihrer Stimme schwang großes Mitleid. „Ähm…nein, wir hatten keinen Streit!“, erwiderte Shigeru bestimmt, war jedoch leicht verdutzt. Die Frau nickte mitfühlend. „Ich sehe schon, du hattest eine harte Nacht hinter dir, du hast sicher kaum geschlafen, so wie du aussiehst!“ Sie trat näher, legte ihre Hände auf seine Wangen und blickte ihm mütterlich besorgt ins Gesicht. „Ähm…was, aber-“ „Mach dir keine Gedanken. Wenn es vorbei ist, ist es vorbei. Jetzt erscheint dir die Welt noch hart und böse, aber du findest jemand neues.“ Sie schob Shigeru in Richtung Fahrstuhl und betätigte den Knopf. „Am besten ziehst du dir etwas Hübsches an, gehst heute Abend schön aus und du wirst sehen, es gibt noch viel mehr hübsche Männer, die auf einen blonden Jüngling wie dich stehen!“ „Wie bitte?“ Der Fahrstuhl ging auf und die Frau schob den 18-jährigen hinein. „Du wirst ihn schnell vergessen.“ Sie nickte und lächelte ihn gütig an. „Was? Aber…?“ Shigeru weitete die Augen. „Aber…aber…aber ich bin doch nicht schwul!“ „Nein, natürlich nicht.“, lächelte die Frau immer noch mitfühlend, als sich die Fahrstuhltür wieder schloss. „Etwas…Hübsches?“, wiederholte Shigeru, als der Fahrstuhl wieder nach unten fuhr. Gelangweilt schlürfte Takeshi an seiner Cola und fragte sich, was ihn geritten hatte, sich ausgerechnet mit ihr zu treffen. Er hätte genug andere Dates für heute haben können, aber er hat sich für sie entschieden. Er blickte zu Makoto, die ihm schüchtern gegenübersaß, auf den Tisch starrte und noch gar nichts gesprochen hatte. Jedesmal wenn er etwas sagte, lief sie knallrot an und nickte nur, auch wenn es eine Frage à la ‚Was machst du heute Abend noch?’ war. Vielleicht hatte er sich für ein Treffen mit ihr entschieden, weil sie anders war, als die anderen Mädchen, die er sonst ausführte, sie sah aus, als könnte sie sich selbst verteidigen und wäre nicht auf die Hilfe eines Mannes angewiesen, sie war größer und kräftiger als die anderen Mädchen und eigentlich hatte er den Eindruck, dass sie selbstbewusst war, doch wie er sie jetzt so vor sich sitzen sah, sah sie eher unsicher aus. Er beschloss für sich, dass es bei diesem einen Date bleiben würde, aber irgendwie musste er die Stimmung auflockern. Und wie macht man das am Besten, wenn man kein Gesprächsthema hatte? Man redet über andere, die in der Nähe waren. Takeshi ließ den Blick durch das Café schweifen. Da war ein Mädchen mit einem ziemlich kurzen Rock! Aber das war wohl nicht das richtige Thema für Frauengesellschaft. Ein Typ lief an ihnen vorbei, der wahrscheinlich gerade von der Toilette kam und vergessen hatte, den Reißverschluss seiner Hose zu schließen. Einen kurzen Moment lang überlegte Takeshi einen Witz darüber zu reißen, aber er hielt das auch nicht für das Richtige. Hilfesuchend blickte er zu den Menschen, die am Café auf dem Gehweg vorbeiliefen. Ein vollbepackter Typ tapste wackelig zwischen der Menge durch, der würde sicher gleich seine Ladung verlieren. Takeshi grinste. „Hey, Makoto, sieh mal dieser Typ da, der da geht!“ Er deutete auf ihn, Makoto blickte sich um und hatte eigentlich Mitleid mit ihm, das was er trug sah teuer aus. Sie wusste nicht was sie sagen sollte, sie wusste nur, dass Takeshi erwartete, dass sie lachte. Aber sie konnte nicht darüber lachen, irgendwie musste sie ausweichen. „Ähm…und, wer ist das?“, fragte sie stattdessen, was sie im Nachhinein ziemlich blöd von sich fand, aber im Grunde wollte sie ja auch nicht nur schweigend vor Takeshi sitzen. Er langweilte sich bestimmt. Aber Makoto konnte einfach nichts tun, sie stand völlig neben sich, hatte sie doch ihre Gefühle für den Fußballer deutlich unterschätzt und war dementsprechend sehr nervös. „Keine Ahnung, ich kenne ihn nicht.“ Der Sportler zuckte die Schultern. „Ich kann ihm aber einen Namen geben, ich nenne ihn…YAMAMOTO!“ „Yamamoto? Heißt so nicht der Freund von Shigeru?“, fragte Makoto leicht verwirrt, sie verstand den Witz einfach nicht. „Nein, nein, nein! Da, Yamamoto!“ Takeshi starrte völlig aufgeregt in die Richtung des rothaarigen. Wieder blickte sich Makoto um und konnte ihn auch ausmachen, war ja nicht besonders schwer bei seiner auffallenden Größe, aber was daran so besonders sein sollte, dass er durch die Stadt ging…? „Ja…und?“ Takeshi wirbelte mit empörtem Blick zu Makoto. „Er, er, er…er hat ein Mädchen bei sich! Und hat den Arm um sie gelegt!“ Die 16-jährige verstand das Problem nicht. Gerade hatte sie das Gefühl, dass sich Takeshi lieber mit Yamamoto hätte treffen sollen als mit ihr. Aufgeregt sprang ihr gegenüber auf und hielt Ausschau nach dem Computerfreak, bis er mit dem Mädchen im Kino auf der anderen Straßenseite verschwand. Er verschränkte die Arme. Der rothaarige sah fröhlich aus, er schien Spaß auf seinem Date zu haben, im Gegensatz zu ihm und er war der größte Playboy der Schule, er hatte immer Spaß! „Du, Makoto…“ Er drehte sich zu ihr um und erntete einen fragenden Blick. „Vielleicht sollten wir unser Treffen hier lieber abbrechen!“ Makoto stand erschrocken auf. „Was, wieso denn?“ „Naja, weil…weil…Du bist nicht mein Typ! Wir haben einen völlig verschiedenen Charakter und sieh uns doch mal an!“ Er wies hektisch von ihr zu ihm. Erst jetzt bemerkte Makoto, dass sie einen ganzen Kopf größer war als Takeshi. „Nenn mich altmodisch, aber ich fühle mich nicht als Mann wenn die Frau größer ist als ich! Ich…ich komm mir dann so…schwach vor!“ Das versetzte Makoto einen harten Stich. Ihr Herz zog sich zusammen. Sie bekam nicht einmal mehr mit, wie er sich schnell verabschiedete und sie einfach ohne ein weiteres Wort stehen ließ. Gestresst flüchtete Takeshi schon fast vor Makoto und rempelte dabei aus Versehen jemanden an. Als er die Person anblickte um sich zu entschuldigen, lief ihm nur ein Schauer über den Rücken. Er hatte noch nie eine solche Kälte bei jemandem gespürt. Obwohl sein gegenüber eine Sonnenbrille trug, wusste er, dass auch seine Augen so kalt wie seine restliche Ausstrahlung, und wahrscheinlich auch seine Seele, waren. Das einzige was positiv an diesem erschien, war sein goldblondes längeres gepflegtes Haar. Takeshi war wie erstarrt, er konnte sich nicht entschuldigen, weil er einfach nicht fähig war, überhaupt irgendetwas zu sagen. Der Sonnebrillenträger vergrub seine Hände noch tiefer in seiner Hose und ging cool davon. „Sowas von unhöflich!“ Minako war außer sich, als Makoto ihren Freundinnen von ihrem Treffen erzählte. „Und der soll der größte Casanova sein!?“ Die blonde war sichtlich enttäuscht, sie hatte ziemlich hohe Erwartungen und eine Wunschvorstellung von dem Kerl, die nun gänzlich zerstört wurden. Makoto war betrübt. Dass ausgerechnet Takeshi selbst, sie auf den Boden der Tatsachen zurückholt, hätte sie niemals erwartet. Sie fühlte sich unweiblich und ungeliebt. War sie so männlich, dass er sich nicht Manns genug fühlt? Die Sailor Kriegerin grummelte vor sich hin. In dem Moment musste Rei wieder an den Kuss denken. Sie hatte ihren Freundinnen nichts davon gesagt, sie wusste nicht, was sie davon halten sollte und erst recht nicht, was sie davon halten würden. „Ach, wisst ihr was?“ Die anderen hoben neugierig die Köpfe. „Ich vergesse das Lernen und gehe ins Dojo trainieren!“ Ja, genau dort wollte sie hin. Ins Dojo in dem die Männer groß und kräftig waren und sich von einer starken Frau nicht einschüchtern ließen. Sie wartete keine Reaktion ab, sondern verließ augenblicklich Reis Zimmer. Bunny wollte ihr folgen, doch Minako hielt sie zurück und schüttelte nur sachte den Kopf. Kaum war Makoto draußen, kam Shigeru aufgeregt reingestürmt. „Oh mein Gott! Es ist etwas Unglaubliches passiert! Rei, du musst sofort mitkommen!“ Er schnappte sie am Handgelenk und wollte sie nach draußen ziehen, aber Rei wehrte sich. „Was ist denn los? Wohin soll ich mitkommen?“ „Wir haben keine Zeit, komm’ schon, ich erklär’s dir unterwegs!“ Er wollte sie wieder mitziehen, doch die dunkelhaarige ließ sich nicht darauf ein und wehrte sich wieder. „Nun, komm’ schon!“ „Nein, erklär mir erst was los ist!“, forderte sie. Sie fürchtete, dass ein Monster aufgetaucht und Shigeru einfach nur schaulustig war, doch sie müssten versuchen es aufzuhalten. „Ich hab’ eben Takeshi in der Stadt getroffen…“, begann Shigeru, woraufhin Minako schnaufte. „…und der hat mir erzählt, dass er Yamamoto gesehen hat. Mit einem Mädchen!“ „Na und? Jeder darf sich mit einem Mädchen treffen, wieso sollte er nicht auch?“, erwiderte Rei mit einer hochgezogenen Augenbraue. „Natürlich. Aber Yamamoto hat sich kaum für Mädchen interessiert. Und zwar so wenig, dass seine Nachbarin dachte, er würde auf Kerle stehen!“ Rei überlegte. Shigeru hatte schon irgendwie recht, in den ganzen Jahren, in denen er und Yamamoto befreundet waren, hatte er nie ein einziges Wort über Mädchen verloren. Er war zwar immer nett zu ihr und ihren Freundinnen, aber geflirtet oder so hatte er nie, im Gegensatz zu anderen, die Shigeru besuchten. „Und…wo sind die beiden jetzt?“, fragte Rei und versuchte es so beiläufig wie möglich klingen zu lassen. „Takeshi meinte, sie seien im Kino.“, erwiderte Shigeru mindestens genauso beiläufig. Mittlerweile wusste er genau, wie er Reis Neugierde wecken konnte und grinste innerlich. Er konnte förmlich sehen, wie ihre Gedanken hinter ihrer Stirn rasten. Sie konnte es wahrscheinlich vor Neugierde kaum noch aushalten. „Wir würden ja nicht schnüffeln!“, meinte sie unschuldig. Shigeru schüttelte spielerisch den Kopf. „Wir wollen uns einfach einen Film ansehen!“, rechtfertigte Rei ihre folgenden Taten. Der blonde nickte lächelnd. „Ok, lass und gehen!“ Sie schob ihn aus ihrem Zimmer und ließ Minako, Bunny und Ami alleine, die ihnen nur verdutzt hinterher blickten. „Na toll…“, begann Minako. „Die haben uns völlig vergessen!“ „Und was machen wir jetzt?“, wollte Bunny wissen „Wir lernen.“, antwortete Ami lächelnd und schlug ihr Mathebuch auf. Bunny hingegen schlug ihren Kopf auf den Tisch. Makoto schlug mit aller Kraft zu. Ihre Wut auf Takeshi war grenzenlos, am liebsten würde sie ihn zum Mond schießen. Er wusste doch schon vorher, dass sie so groß war, wieso kam er dann auf einmal mit dieser Ausrede? Ein weiterer Schlag Makotos ließ Daisuke inne halten. „Hey, Stopp, Stopp!“ Abwartend, ob Makoto auch wirklich aufhörte, hielt er die Polster noch vor sich, legte sie dann aber weg. „Was ist los?“, fragte Makoto. Sie dachte, sie hätte einen Fehler gemacht und dass Daisuke sie nun verbessern wollte. „Genau das wollte ich dich fragen!“ Er blickte sie erwartungsvoll an. „Du bist so sauer, dass du dich völlig verausgabst, sieh dir nur mal deine Hand an!“ Ohne Vorwarnung griff er Makotos Hand und verwies auf ihre Knöchel, die schon wund geschlagen waren. Ihr war das gar nicht aufgefallen. „Weißt du, wenn du über irgendetwas wütend bist, dann hilft reden meistens besser als Kampfsport. Und weil du dich nicht auf den Sport, sondern auf deinen Zorn konzentrierst, werden deine Schläge unpräzise, weil du innerlich viel zu aufgewühlt bist!“ Er hielt noch immer ihre Hand und blickte ihr eindringlich in die Augen. Makoto war hin und weg. Er schien so besorgt und weise, zudem war er größer als sie und kräftig, das genaue Gegenteil von Takeshi, in jeglicher Hinsicht. Daisuke würde sie sicher nicht mit so einer dummen Ausrede abblitzen lassen. Makotos Teint nahm einen leichten Rosa-Ton an. Sie wollte gerade etwas sagen, als Hinagiku unerwartet hereinspazierte. Erschrocken zog die braunhaarige ihre Hand zurück. Sie fühlte sich ertappt, auch wenn im Grunde nichts Weltbewegendes geschah, außer dass sie sich vielleicht dabei war in Daisuke zu verknallen. „Was ist hier los?“, kam es von Hinagiku prüfend, aber nicht vorwurfsvoll. „Ach, da bist du ja endlich, ich warte schon die ganze Zeit!“ Daisuke ging auf die 16-jährige zu und Makoto könnte sich selbst erschlagen. Das war wohl seine Freundin! Er machte eine Handbewegung zu Makoto. „Das ist Makoto, sie hat echt was hinter ihren Schlägen, ihr solltet vielleicht mal miteinander trainieren.“, schlug er vor. Hinagiku blickte an ihm vorbei auf Makoto, die unbehaglich im Dojo stand. Doch bevor sie antworten konnte, schaltete sich die braunhaarige ein. „Heute nicht, ich muss los!“ Sie schnappte sich ihre Tasche und verließ mit hochrotem Kopf den Trainingsraum. „Ok, bis dann!“, verabschiedete sich Daisuke und winkte ihr kurz zu. Hinagiku blickte mit in die Hüften gestemmten Händen hoch zu Daisuke. Sie wusste nicht, was sie von der Situation eben halten sollte. Er hat eindeutig ihre Hand gehalten, das hat er bei ihr noch nie gemacht! Hinagiku wusste, dass sie ihn mochte, aber ihm konnte man beim besten Willen nicht ansehen, in wie Fern er sie mochte…aber anscheinend hatte sie Konkurrenz. Erwartet hatte sie es eigentlich nicht, da sich Daisuke ja fast ausschließlich im Dojo aufhält und hier auch nur in den seltensten Fällen Mädchen vorbeikamen, aber sie hätte es sich denken können. Im dem Vorraum des Kinos roch es penetrant nach Popcorn. Es herrschte vollkommene Stille. Keine Menschenseele war da, anscheinend liefen in allen drei Kinosälen bereits Filme, die mit Sicherheit noch länger als eine halbe Stunde laufen würden. „Was machen wir jetzt?“, flüsterte Rei. „Wir können uns ja schlecht auf Verdacht in irgendeinen Kinosaal rein schleichen!“ Shigeru überlegte. Warum eigentlich nicht? Er schaute sich nachdenklich auf einem kleinen Fernseher, der über der Kasse hing, die Titel der Filme, die in den einzelnen Kinosälen liefen, an. „In welchen Film würdest du mit deinem neuen Freund gehen?“, fragte er bestimmt, immer noch den Blick auf den Monitor gerichtet, im Gegensatz zu Rei, die sich den Vorraum genau betrachtete. Irgendwie erwartete sie, dass hier Mitarbeiter waren, aber es war niemand zu sehen. Nicht mal am Kartenverkauf oder am Süßigkeitenstand. „Naja…keine Ahnung, in einen Liebesfilm wahrscheinlich!?“, spekulierte Rei. Shigeru nickte verstehend. „In welchen würdest du denn gehen?“, fragte sie ihn zurück. „Horrorfilm.“ „Horrorfilm?“, fragte Rei etwas ungläubig und blickte ihn an. Shigeru schien von der unromantischen Sorte zu sein, wenn’s um Mädchen geht. „Und wenn sie keine Horrorfilme mag?“ „Dann hat sie eben Pech!“ Rei machte große Augen. Sie hätte nie erwartet, dass er so egoistisch sei. „Du bist aber fies!“ „Nein, es läuft im Moment in keinem der Kinos ein Liebesfilm.“ Er deutete auf den kleinen Bildschirm. „In dem einen läuft ein Action-Film, in dem anderen eine Dokumentation und im dritten ein Horrorfilm!“ „Horrorfilm!“, stimmte Rei dann zu und verwarf ihre Theorie vom unromantischen und egoistischen Shigeru. Dieser schaute sich prüfend um, nahm ihr Handgelenk und zog sie geduckt hinter sich her. „Schleichen wir uns etwa rein?“, flüsterte Rei etwas schockiert. „Klar, was denn sonst?“ Sie schlichen sich an der unbesetzten Kasse vorbei und bogen in den kurzen Gang, der zu Kino drei führte. Vorsichtig öffnete Shigeru die große Tür, steckte den Kopf kurz in den Saal um nach einem Angestellten Ausschau zu halten und schlüpfte dann mit Rei in den dunklen Raum, in dem der Film schon in vollem Gange war. Sie stahlen sich in die leere hintere Reihe und setzten sich, tief in den Sitz geduckt. „Ok, jetzt müssen wir nur noch Yamamoto finden!“ Shigeru linste über die Rückenlehne des Sitzes vor ihm. Er musste einfach nur jemand großes finden, dass er nur die Umrisse der Personen sah, machte also nichts. Prüfend ließ er den Blick durch den Saal schweifen. Voll war es nicht gerade, aber ihm fiel niemand auf, der aus der Menge ragte. „Wow!“, kam es von Rei neben ihm. Sie starrte gebannt auf die Leinwand. „Hey, helf mir Yamamoto zu suchen, ich find ihn nicht!“ „Aaach, vergiss Yamamoto, ich wollte den Film hier schon eine Ewigkeit sehen!“, erwiderte sie, ohne den Blick von der Leinwand zu lösen. „Aber Bunny ist so ein Angsthase!“ Shigeru schüttelte den Kopf. Auf Rei war auch kein Verlass mehr, immerhin kamen sie hier her, um Yamamoto hinterher zu spionieren, sie hatten sich extra ohne zu bezahlen in den laufenden Film geschlichen und jetzt…Shigeru musste zugeben, dass sie beide völlig wahnsinnig waren. Er schlich tatsächlich seinem besten Freund hinterher! Wie tief war er eigentlich gesunken? Der blonde blickte neben sich, Rei hing halb liegend im Sitz und sah jetzt überraschenderweise ziemlich gelangweilt aus. „Was ist, ich dachte den Film hättest du noch nicht gesehen?“, flüsterte er. „Ja, aber ich wollte ihn eigentlich von Anfang an sehen und nicht von der Mitte!“, nuschelte sie und verschränkte die Arme. Shigeru legte sich so wie sie auch zurück in den Sitz. Er beschloss, dass sie mit den anderen Kinobesuchern rausgehen wenn der Film zu Ende war, damit sie nicht auffielen. Rei seufzte. Ihre Gedanken waren dabei abzuschweifen und sie wusste genau wo das endete: Bei dem Kuss. Aber wie konnte er sie auch einfach so küssen? In einer dämlichen Gasse, nachdem sie sich zum ersten Mal gesehen haben? Es machte sie wütend und traurig zugleich. Und deprimiert war sie auch. Ok, das hörte sich ziemlich komisch an und war auch etwas verwirrend, da sie eigentlich noch nie einen Kuss bedauert hat. Vielleicht war sie nicht über die Tatsache geküsst worden zu sein traurig, sondern eher darüber, von wem der Kuss kam. Irgendwie machte sich ein unterschwelliges Gefühl breit, dass sie eine genaue Vorstellung hatte, von wem sie geküsst werden will. Allerdings wusste sie nicht von wem. War es Yuuichiro? Sie kannte ihn jetzt schon so lange, aber wirklich etwas Ernsthaftes hatte sich nie entwickelt. An manchen Tagen hatten sie etwas rumgeturtelt, sie hatte ihn auch schon zum Einkaufen mitgeschleppt und zusammen aus waren sie auch schon öfter. Er war ja auch ein wirklich lieber Kerl, aber…irgendetwas fehlte. Sie wusste nicht was, aber es fehlte. Plötzlich kam ihr wieder der Gedanke an den Moment, in dem sie an der Haustür vor sich hin weinte. Einfach nur weinte. Warum weiß sie immer noch nicht. Ja, natürlich wegen dem Kuss, aber warum? Er war nicht einmal etwas Besonderes, mit Zunge oder so, nein, er hat einfach nur seine Lippen für einen Moment auf ihre gedrückt. Rei grummelte. Wenn sie noch länger darüber grübelte, würde sie Kopfweh bekommen. „Über was denkst du nach?“ Shigerus Stimme riss sie völlig aus ihren Gedanken. Rei blickte ihn an. Was sollte sie ihm jetzt sagen? Dass sie gestern Nacht als Sailor Mars gegen ein Monster gekämpft hatte, sie ein geheimnisvoller Kerl namens Trunks gerettet und sie geküsst hatte und sie jetzt völlig verwirrt über das Chaos ihrer Gefühle ist? Nein, sie musste etwas anderes sagen. Was würde ihn von seiner Frage ablenken? Wenn sie ihm eine Gegenfrage stellt, die er nicht beantworten will! „Ich könnte dich auch fragen, was mit dir los ist!?“, erwiderte sie teils aus Neugierde, teils als Ablenkungsmanöver. Shigeru konnte schon hartnäckig sein, wenn er etwas wollte. Der blonde sah verwirrt aus. „Ich…weiß nicht was du meinst.“ „Naja…die letzten Tage hast du dich ziemlich schnell in eine Richtung verändert, die gar nicht zu dir passt!“ Ja, sie hatte es geschafft ihn abzulenken und konnte nebenbei auch noch die Frage klären, warum er so seltsam war. Shigeru blickte sie immer noch verwirrt an. „Du hast bei dem Fußballspiel von der Mittellinie aus ein Loch in das Netz des Tores geschossen!“, erwiderte Rei nur mit einem Gesichtsausdruck, der ein ‚Das ist doch vollkommen logisch!’ aufwarf. Der blonde brach den Blickkontakt ab und sah zu Boden. Rei wusste nicht, ob es ihm peinlich war oder ob er einfach nur ausweichen wollte. Er schwieg. Nach einigen Momenten, wusste sie, dass er nicht mehr darauf antworten wird. Der Abspann des Films setzte ein und das Licht ging langsam wieder an. Die Leute standen auf und verließen langsam den Saal. So ziemlich als letzte gingen auch Shigeru und Rei raus. Im Gegensatz zu vorhin, war der Vorraum jetzt brechend voll und die Kasse besetzt. Mit seltsamem Blick beäugte die Kassiererin Rei und Shigeru, oder kam es ihnen auf Grund ihres schlechten Gewissens nur so vor? Der blonde kratzte sich unsicher am Hinterkopf und vergrub dann seine Hände in den Hosentaschen. Ihm war das mehr als nur unangenehm über dieses verfluchte Fußballspiel zu reden. Eigentlich wollte er es so schnell wie möglich verdrängen, aber…was soll’s. „Es ist komisch, aber du bist die erste, die mich darauf angesprochen hat!“, begann er und fixierte den Blick auf dem Boden. Er wartete kurz, aber Rei erwiderte nichts. Zum Glück! Shigeru seufzte. „Ich weiß auch nicht genau, was da passiert war.“, fuhr er fort. „Da war dieser kleine Idiot, der meinte Yamamoto mit Absicht ins Gesicht schießen zu müssen und dann hat er mich zur Weißglut getrieben und ich musste einfach diese ganze angestaute Wut rauslassen und hab mit aller Kraft geschossen.“ Schon beim Erzählen bekam er wieder diese Wut. Shigeru blieb stehen und schaute Rei an, die ihm nicht desinteressiert zuhörte. „Ich…weiß nicht was mit mir los ist im Moment, aber-“ „Hey, was macht ihr denn hier?“ Gerade kam Yamamoto mit einem Mädchen aus dem Gang zu Kino zwei, neben dem Shigeru und Rei standen. Erst jetzt fiel ihm wieder ein, warum sie im Grunde hier waren! Shigerus Blick schnellte zu dem Mädchen. Sie war etwa so groß wie Rei, hatte tiefrotes mittellanges Haar und ein äußerst hübsches Gesicht. Ihre dunklen grauen Augen fielen ihm sofort auf. „Scarlet!?“, kam es von Rei nur überrascht. „Oh, ihr kennt euch?“, fragte Yamamoto lächelnd und blickte zwischen den beiden hin und her. „Ja, wir sind in einer Klasse.“, erklärte die dunkelhaarige. „Sie war doch mit zu dem Fußballspiel!“ „Wirklich?“ Yamamoto blickte nun fragend zu Scarlet, die nickte. „Ja, du warst doch der, der ohnmächtig war, nach zehn Minuten!?“, merkte sie lachend an und stieß ihm mit dem Ellbogen in die Rippen, woraufhin er auch lachte und sie von hinten umarmte, dann fingen beide an rotwangig zu kichern. Rei und Shigeru tauschten einen unsichreren und unangenehm berührten Blick aus. Die anderen beiden bemerkten diesen, Yamamoto unterbrach augenblicklich die Umarmung, räusperte sich und trat einen Schritt von Scarlet, die peinlich berührt auf den Boden blickte, weg. „Ähm…und ihr beide?“, fragte Yamamoto und kratzte sich am Hinterkopf. „In welchem Film ward ihr?“ Wieder tauschten sie einen Blick aus. „Wir waren in dem Horrorfilm!“, antwortete Rei schnell. Es war ja nicht gelogen, sie waren wirklich in dem Horrorfilm, zwar erst gegen Ende und eigentlich auch nur, weil sie Yamamoto und Scarlet dort vermutet hatten, aber das musste ja nicht unbedingt erwähnt werden. „Und ihr?“, wollte Shigeru wissen. Die beiden liefen augenblicklich mehr als nur rot an, der blonde glaubte, er hätte zwei Ampeln vor sich, und schauten in verschiedenen Richtungen, sogar Shigeru lief rot an, aber das eher, weil er sich unweigerlich vorstellen musste, was da während des Films gelaufen sein könnte. Und das auch noch bei Yamamoto…die Realität, dass sein Kumpel jetzt eine Freundin hatte, erschlug ihn gerade. „Wir waren in der Doku…Ameisen sind wirklich sehr interessant…“, antwortete Yamamoto, mit immer noch hochrotem Kopf, verlegen. „Ähm, wir müssen dann mal los. Wir wollten noch in diese Ausstellung gehen, die schließt in einer Stunde.“ Shigeru nickte nur abwesend. Sie verabschiedeten sich und verließen das Kino schon fast fluchtartig. Verdattert blickten Rei und Shigeru ihnen hinterher. Kurz tauschten sie einen Blick aus und zuckten gleichzeitig die Schultern. „Lass’ uns nach Hause gehen.“, schlug die dunkelhaarige vor. Der 18-jährige nickte. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)