Eternal Fantasy von Rahir ================================================================================ Kapitel 8: Cd4 -------------- Hallo geehrte Leserschaft! Es geht wieder mal weiter, und zwar mit Cloud und seinen Mitstreitern. Sie waren zuletzt in der Kanalisation unterhalb von Rabanastre auf Mobjagd, als ihnen etwas sehr eigenartiges passierte… Nun begannen beide ihre Waffen in einer abgestimmten Choreografie zu schwingen. Schließlich rissen sie sie gleichzeitig empor, und wie durch einen Sog flogen vor ihnen Staub und Steine in die Luft. „WIR SIND DIE BRÜDER!!!“ brüllten sie im Chor, dass es Barret in den Ohren schmerzte. Mit zusammengebissenen Zähnen entfaltete er seine Makokanone, während Secreto und Minotaur ihn finster lachend einkreisten. Sein Blick pendelte zwischen den beiden Wesen hin und her. Es war offensichtlich, dass sie ihn in die Zange nehmen wollten. Schon hörte er ihre Hufe auf dem Steinboden scharren. Dann rannten beide zugleich brüllend los. Ein Hechtsprung bewahrte ihn davor, zwischen den von dicken Knochen und spitzen Hörnern versehenen Köpfen der zwei Kreaturen zermalmt zu werden. Er hörte es nur dumpf krachen, als er eilig wieder auf die Füße kam. Sofort riss er seine Makokanone herum und eröffnete das Feuer. Das Hämmern des Geschützes in seinem Arm wurde untermalt von seinem lauten Schreien. Das Flackern der Plasmastöße warf kaltes Licht auf die Höhlenwände. Durch den plötzlichen Wechsel zwischen hell und dunkel sah er nichts vor sich, er hielt einfach drauf, bis seine Kanone zu rauchen begann. Erst als die Überhitzungsautomatik die Waffe zum Stehen brachte, verebbte der Sturm aus Feuer und Energie. Atemlos blickte er in die Dunkelheit. Außer einer Ansammlung massiver Löcher in der gegenüberliegenden Wand sah er nichts. Hektisch wandte er sich nach allen Richtungen, doch von seinen Angreifern war keine Spur. „Wo zum Teufel seid ihr zwei Rindviecher…“, murmelte er, während er mit seiner feuerbereiten Waffe den Raum absuchte. Langsam schwenkte er den Lauf der Makokanone, bis er sie sah. Doch da war es zu spät. Der Größere der beiden Stierwesen packte den Boden vor ihm und riss ihn auf. Barret wollte schon schießen, doch als der Boden unter ihm Schräglage bekam, hatte er alle Mühe, sich auf den Beinen zu halten. Tiefes Grummeln aus dem Erdinneren, begleitet von einem massiven Erdstoß, warf ihn zu Boden. Fassungslos sah er mit an, wie das Wesen ein kreisförmiges Stück Felsen aus dem Boden riss- das, auf dem er drauf lag! – und es gen Himmel schleuderte… Die Beschleunigung drückte ihn zu Boden. Er raste einem Himmel entgegen, der gar nicht da sein durfte. Graue Wolken schien er zu durchstoßen, als er immer höher aufstieg. Mit letzter Kraft kam er auf die Beine, als allmählich die Beschleunigung abnahm. Schließlich stand er wieder aufrecht und blickte sich verwirrt um. Er schien weit über dem Erdboden in einem trüben Himmel zu schweben mitsamt seiner steinernen Plattform. Dies dauerte wenige Momente- dann setzte der unweigerliche Sinkflug ein. Unerbittlich zerrte die Schwerkraft an dem steinernen Rund, das Minotaur aus dem Boden gerissen hatte. Barret ging in die Knie, um nicht wieder zu Boden gerissen zu werden. Verzweifelt überlegte er, wie er den Sturz aus dieser Höhe überleben sollte- als eine Vision vor seinen geweiteten Augen erschien. Es war wie ein kleiner Bildausschnitt, der das Geschehen weit unter ihm im Felsengrab zeigte. Dort sah er die beiden Wesen- wie sie Schere-Stein-Papier spielten. Der Größere wählte Stein- der Kleinere Papier. Eine Miene des Entsetzens breitete sich über das Stiergesicht des größeren aus, dann packte ihn der kleinere- und schleuderte ihn in den Himmel über sich. Von einem Moment zum nächsten hatte die Wirklichkeit Barret wieder. Noch einmal überschaute er nach allen Richtungen die steinerne Plattform, die mitsamt ihm vom Himmel fiel- dann sprang er. Meter um Meter entfernte er sich von dem steinernen Untergrund unter seinen Füßen. Alles lief nun in Zeitlupe ab, ebenso das Entfalten seiner Makokanone. Langsam stieg er empor, als es geschah. Genau im richtigen Augenblick zielte er und feuerte. Minotaur brach durch die Steinplattform hindurch und flog genau in Barrets Visier. Er erwischte eine volle Breitseite und löste sich in pure Energie auf. Dann normalisierte sich der Ablauf der Zeit wieder, und Barrets Sinkflug begann. Secreto beschirmte sich die Augen, als er in den Himmel über sich starrte. Die ersten Trümmer landeten neben ihn. Dann sah er etwas Größeres auf sich zukommen. „Brüderchen, wo warst du sola- “ Doch es war nicht Minotaur, der da vom Himmel fiel. Es war ein stinksaurer Barret. „Aaaaargh!!!“ Laut schreiend raste er auf den Boden zu. Nun gab es nur mehr eine Möglichkeit, nicht als Fleck in der Landschaft zu enden. Er richtete seine Makokanone genau in Richtung Erde und stellte sie auf maximale Energie. Dumpf dröhnend glühte sie auf, bevor sie einer Rakete gleich einen Feuerstrahl Richtung Boden sandte. Der Schub war enorm, und Barret landete relativ sanft. Hustend putzte er sich den Staub von der Kleidung. Mehr als ein paar blaue Flecken hatte er nicht davongetragen, als er vom Schub seiner nach unten gerichteten Kanone abgebremst zwischen den Trümmern der Felsscheibe gelandet war. Als er nach oben blickte, war der zuvor noch existierende Himmel verschwunden. Dunkler Stein bildete wieder die Decke. Nun herrschte wieder die einem Grab angemessene Stille. Nichts konnte er hören außer seinem eigenen, immer noch beschleunigten Herzschlag. Er hielt immer noch seine Makokanone offen, als ein leichter Lichtschein seine Aufmerksamkeit erregte. Als er sich umdrehte, wollte er schon schießen. Im letzten Moment senkte er die Waffe aber wieder. Die zwei Wesen standen wieder vor ihm, doch nun waren sie durchsichtig und strahlten blasses Licht aus. Glühende Partikel stiegen von ihnen auf, als würden sie langsam zerfallen. „Er hat’s wirklich geschafft.“ „Ich hab’s doch gesagt, Brüderchen. Den dürfen wir nicht unterschätzen.“ Die Stimmen der beiden klangen nun nicht mehr volltönend und brummig, sondern hohl und nachhallend, als könnte der erste Windstoß ihre Worte vertragen. „Nun müssen wir zurück in unsere Welt“, sagte der größere langsam. Der kleinere, Secreto, schüttelte den Kopf. „Nein, Brüderchen. Wir haben noch eine Aufgabe.“ „Und was soll das sein?“ „Ich weiß es auch nicht… aber er wird uns dorthin führen.“ Secreto zeigte mit einem Huf auf Barret, dann marschierten sie los. Von der unheimlichen Szene gebannt, sah er mit an, wie die beiden Wesen auf ihn zu und dann durch ihn hindurch gingen. Ratlos betrachtete er seinen Körper, von dem nun dieselben glühenden Partikel aufstiegen… „Barret? Alles in Ordnung?“ Er begann zu blinzeln, als Cloud mit der Hand vor seinem starren Gesicht herumfuchtelte. Dann schüttelte er panisch den Kopf und wich vor ihm zurück. „Scheiße, verflucht! Was war das für eine Freakshow, verdammt!?“ Cloud und die anderen sahen sich verwirrt an. „Dieser Geist war ganz schön zäh, aber sonst- “ „Nein, verdammt! Das meine ich nicht!“ rief er heftig gestikulierend. „Ich meine die zwei Rindviecher! Sie konnten sprechen, und sie haben mich angegriffen, verdammt!“ Seine Freunde tauschten argwöhnische Blicke. Barret verzweifelte. „Ihr müsst mir glauben! Ich bin doch kein Narr!?“ Vincent, der mit verschränkten Armen etwas abseits stand, hob langsam den Blick vom Boden. „Hat eine Stimme gesagt… ‚es ist für dich bestimmt‘?“ Alle Blicke richteten sich auf ihn. Barret ballte die Faust. „Ja, Mann. Woher weißt du das?“ Langsam ging Vincent an ihm vorbei. Sein Haar wallte, obwohl hier unten Windstille herrschte. Yuffie musste seufzen. „Weil es bei mir dasselbe war. Zuerst die Stimme… dann der Kampf.“ Cloud machte ein alarmiertes Gesicht. Seine Brauen senkten sich auf seine Augen herab. „Schon wieder…? Und wieder bei einem Auftrag von diesem… kommt, schnell. Dieser Spuk muss aufhören!“ Im Laufschritt verließen sie die Kanalisation. Fast wären sie an der Frau mit dem Kind vorbeigelaufen. Cloud stoppte abrupt. Erwartungsvoll blickte sie Mirha an. „Sie können beruhigt sein. Das Ding wird ihrem Sohn keine Angst mehr einjagen.“ Cloud strich dem kleinen Digg über den Kopf. „Au ja! Dann kann ich wieder mit meinen Freunden da unten spielen!“ rief er begeistert. Cloud nickte ihm freundlich zu. Dann wandte er sich wieder an Mirha. „Sagen sie… außer diesem Geist, ist sonst noch was seltsames da unten in letzter Zeit passiert?“ Die Frau überlegte kurz. „…nein, nicht das ich wüsste. Es gibt natürlich verschiedene kleinere Monster da unten, aber keines, das für Kopfgeldjäger wie euch gefährlich werden könnte. Was ist euch denn passiert?“ Cloud blickte nachdenklich zu Boden, dann schüttelte er den Kopf. „Nichts. Vergessen sie es. Ach ja, passen sie gut auf ihren Sohn auf.“ Dann ließen die Vier die ratlose Frau mit ihrem Kind zurück. „Du meinst, er hat uns diese Ungeheuer auf den Hals gehetzt?“ fragte Yuffie, während sie mit weiten Schritten das Klanhauptquartier ansteuerten. „Es kann kein Zufall gewesen sein. Zuerst die Sache mit Vincent, und jetzt hat es Barret erwischt.“ „Aber… wieso sollte er das tun?“ „Ich habe keine Ahnung. Das werden wir ihn nun fragen.“ „Dabei war er doch so knuddelig…“, meinte Yuffie betrübt. Cloud stieß die Tür zum Hauptquartier des Klan Zenturio auf. Mehrere Mitglieder drehten sich zu ihnen um. Zielstrebig marschierten sie die Treppe zu ihrem Anführer hinauf. Mont Blanc erwartete sie bereits freudig. „Großartig! Ihr habt den Auftrag kupoerfüllt, vermute ich!?“ rief er und klatschte in seine kleinen Hände. Cloud packte den kleinen Wicht am Kragen seiner geschmacklosen Jacke und hob ihn vom Geländer runter. Wie auf Kommando glitten in diesem Moment etliche Waffen aus ihren Halterungen. Barret und Vincent zogen zugleich ihre Schusswaffen und hielten die alarmierten Klanmitglieder in Schach. Yuffie zog ihren Conformer, blickte ihn ratlos an- und bemühte sich dann, ein ebenso entschlossenes Gesicht wie ihre Freunde zu machen. „Es hat sich ausge-kupo-t, verstanden? Und jetzt raus mit der Sprache, warum hast du es auf uns abgesehen?“ Der zierliche Mogry baumelte hilflos in seinem Griff. Mehrere der Umstehenden versuchten sich ihnen mit erhobener Waffe zu nähern, blickten dabei aber immer in einen der Läufe von Barret oder Vincent. Cloud riss sein Schwert vom Rücken und hielt die auseinandersurrende Klinge dem Mogry vors Gesicht. Angsterfüllt schaute er zwischen den Hälften der Waffe hindurch. „Noch einen Schritt näher und ich mache ihn kürzer als er ohnehin schon ist!“ drohte Cloud, und tatsächlich erstarrten alle kampfbereiten Klanmitglieder. Dann wandte er sich wieder Mont Blanc zu. „So, ich jetzt will ich ein paar Antworten!“ „Ich weiß kuponicht, von was ihr sprecht!“ „Ich spreche davon, dass bei unseren letzten beiden Aufträgen fast einer von meinen Freunden drauf gegangen wäre!“ Der kleine Mogry schüttelte sich in Clouds Griff. „Dieses Geschäft ist nun mal gefährlich, das solltet ihr wissen- “ „Das waren nicht unsere Zielobjekte, da war noch etwas! Zuerst ein riesengroßer Teufel, dann zwei sprechende Rindviecher! Davon war keine Rede!“ „Ich- ich weiß nicht, was ihr wollt! Lasst mich runter, und ihr habt noch eine kupochance, hier heil wieder rauszukommen!“ Vincent, der mit der ‚Todesstrafe‘ die Klanmitglieder auf seiner Seite in Schach hielt, drehte den Kopf leicht zur Seite und flüsterte: „Wir verschwenden hier unsere Zeit. Er sagt die Wahrheit, ich spüre es.“ Cloud rümpfte die Nase. Dann disponierte er um. „Also schön… wir wollten sowieso unser Beschäftigungsverhältnis beenden. Und als ‚Abfertigung‘ wollen wir nur eine kleine Info: Wo-ist-Gilgamesch?“ knurrte er ihn an. Mont Blanc schwankte zwischen Wut und der Angst vor dem riesigen Schwert vor seiner Nase. Er schien beides gegeneinander abzuwägen. „Mach schon! Sonst… schneide ich dir deinen Bommel ab!“ Der Mogry erschrak zutiefst. „Nein!! Alles, nur das kuponicht… also gut. Ich weiß nicht, wo Gilgamesch ist, aber unsere neueste Spur führte nach… Nabudis.“ „Mehr weißt du nicht?“ fragte Cloud ernst. Mont Blanc blickte zitternd in sein Spiegelbild auf der Klinge. „Wirklich nicht, kupoehrenwort!“ „Na gut…“ Cloud nickte langsam. Dann sah er sich um. Sie waren immer noch umzingelt von einer Heerschar erfahrener Kämpfer. Noch konnten Barret und Vincent sie in Schach halten, aber wohl nicht mehr lange. Sein spontaner Einfall hatte sie in diese Situation gebracht, und jetzt brauchten sie einen genauso spontanen Einfall, der ihre Flucht aus dem Gebäude ermöglichen würde. „Vincent, Yuffie, Barret… auf mein Zeichen…“, flüsterte er leise. Yuffie tippte ihm auf die Schulter. „WAS sollen wir auf dein Zeichen machen?“ fragte sie arglos. Cloud verzog seufzend das Gesicht, dann warf er den Mogry auf die nächststehenden Kopfgeldjäger. Diese ließen ihre Waffen fallen, um den durch die Luft segelnden Mont Blanc aufzufangen. Dann schwang sich Cloud über das Geländer in die Tiefe. Seine Freunde folgten ihm auf den Fuß. Noch in der Landung schlug er mit der flachen Seite seines Schwertes ein Klanmitglied bewusstlos. Dann stürmte er in Richtung Tür. Nach links und rechts schwang er dabei sein Schwert, um Angreifer abzuhalten. Mehrere der aufgebrachten Klanmitglieder stoppten erst, als Kugeln von Barret oder Vincent vor ihren Füßen einschlugen. Atemlos hetzten sie durch die Stadt. Nach einer Weile blieben sie stehen und drehten sich um. Es war ihnen niemand gefolgt, und so tauchten sie unauffällig in der Menge unter. „Alles in Ordnung, werter Mont Blanc?“ Vorsichtig setzte der Bangaa, der ihn aufgefangen hatte, den Mogry auf dem Boden ab. Verärgert stieß er die helfenden Hände von sich. „Ja, ja! Mir ist nichts passiert, kupo…“ „Sollen wir sie verfolgen, Meister?“ fragte einer der um ihn Herumstehenden. „Nein, lasst sie. Sie sind sicher schon dabei, die Stadt zu verlassen.“ „Warum habt ihr sie nach Nabudis geschickt?“ fragte einer der offenbar beschränkteren Mitglieder seines Klans. „Wir wissen doch gar nicht, wo Gilgamesch ist.“ Mont Blanc putzte sich seufzend seine Jacke vom Staub ab und marschierte zu seinem geliebten Geländer. „Die sollen ruhig glauben, dass er dort ist.“ Mit einem Satz sprang er auf das Geländer und begann mit den Armen zu rudern. Fast wäre er auf der anderen, tieferen Seite runtergefallen, doch dann fing er sein Gleichgewicht wieder. „Diese Narren gehen jetzt wohl wirklich nach Nabudis, kupo. Sie mögen stark sein, aber gegen die Monster dort haben sie keine Chance. Kupo.“ „Und was jetzt? In dieser ‚Nachbarschaft‘ haben wir uns ja jetzt ziemlich unbeliebt gemacht“, brummte Barret und wog seinen Waffenarm in der Hand. „Wir müssen nach Nabudis, wo immer das ist“, erwiderte Cloud trocken. „Hier können wir jedenfalls nicht mehr bleiben“, meinte Vincent. „Nicht nach deiner überstürzten Aktion. Das hätte uns allen den Hals kosten können.“ Cloud blieb stehen und wandte sich an Cid. Seine Augen verengten sich zu Schlitzen. „Was hättest denn du gemacht? Hattest du eine bessere Idee? Wenn ja, dann ist es jetzt etwas spät dafür- “ Yuffie spürte die drohende Auseinandersetzung und schob sich zwischen die beiden. „Fangt nicht schon wieder an! Sonst… bekommt ihr es mit mir zu tun!“ Grummelnd blickte sie beide an. Clouds Gesichtsausdruck verlor an Schärfe. Er atmete tief durch. „Schon gut. Vincent hat nicht ganz unrecht. Vielleicht habe ich vorhin überreagiert, aber…“ Voller ohnmächtiger Wut schüttelte er den Kopf. „Schlimm genug, dass Tifa weg ist… aber ich werde keinen von euch verlieren. Das schwöre ich.“ Sein Gesicht hellte sich auf. Er lächelte vorsichtig. „Seid mir nicht böse, dass ich immer das Kommando an mich reiße… aber schließlich bin ich der einzige S.O.L.D.A.T. hier von uns.“ Vincent verschränkte die Arme. Dann umspielte ein ganz leises Lächeln seine Lippen. „Und… ehemaliger Turk zählt nicht?“ Dann war der Bann gebrochen. Cloud klopfte ihm fröhlich auf die Schulter. „Tut mir leid, Vincent. Beim nächsten Mal höre ich auf dich.“ Vincent nickte nur, und für seine Verhältnisse strahlte er geradezu. „Schön, dass ihr euch wieder vertragt“, knurrte Barret genervt. „Wir brauchen aber trotzdem einen Plan. Sonst trommeln die noch ihre ganzen ‚Brüder‘ zusammen und machen uns die Hölle heiß.“ Cloud wurde wieder ernst. „Du hast recht. Wir brauchen jemanden, der uns so schnell wie möglich aus der Stadt und nach Nabudis bringt, wo immer das sein soll. Und jemanden, der keine Fragen stellt…“ Seine drei Freunde saßen an einem Tisch im ‚Sandmeer‘ und beobachteten die Tür. Cloud stand an der Theke und befragte den Wirt nach einer Transportmöglichkeit, die ihren Anforderungen entsprach. Er nickte lebhaft, wie Yuffie und die anderen sahen. Dann deutete er in Richtung eines Tisches, an dem ein junger Mann und eine ähnlich junge Frau saßen. Cloud schaute in die Richtung, und sein Gesicht zeigte Skepsis. Nichtsdestotrotz ging er der Empfehlung nach. „Das ist gemein!“ kreischte das Mädchen und schnappte nach einem Gegenstand, den der junge Mann ihr offenbar vorenthielt. Er amüsierte sich sichtlich, bis er den Schatten über sich bemerkte. Als er sich umdrehte, sah er einen Mann in dunkler Kleidung mit abstehenden, blonden Haaren vor sich. Seine Augen leuchteten blau… „Ja? Was kann ich für sie tun?“ fragte er und bemühte sich, seiner Stimme einen ernsthaften Klang zu geben. Cloud musterte ihn argwöhnisch. Dieser junge Bursche sollte im Besitz eines Schiffes sein und damit alles Mögliche transportieren, hatte zumindest der Wirt behauptet. Er hatte helles, wohl von der Sonne ausgebleichtes Haar, eine kurze Stupsnase und große, arglose Augen. Das Mädchen neben ihm hatte ebenfalls helle Haare, doch ihr Gesicht machte einen erwachseneren Eindruck als das seine. „Ist dein Name… Vaan? Der Wirt hat mich dich empfohlen.“ Der Bursche begann übers ganze Gesicht zu strahlen. In diesem Moment hätte er wohl eine Banane quer essen können, wenn es solche Früchte in Rabanastre geben würde. „Ja, das bin ich! Luftpirat und Abenteurer, stets zu Diensten! Ob es um die Rettung in Not geratener Prinzessinnen, oder auch ganz gewöhnlicher Leute geht, oder um die Suche nach seltenen- “ „Ja, ja, ist schon gut“, bremste ihn Cloud ein. „Nein, wir retten niemanden. Wir wollen nur aus der Stadt raus, meine Freunde und ich.“ Die Mundwinkel des Burschen sanken etwas. „Ja, äh… ist auch recht. Ach ja, das ist Penelo, meine Partnerin.“ Er zeigte auf das Mädchen, und sie deutete eine Verneigung an. „Schön“, bemerkte Cloud trocken. „Mein Name ist Cloud Strife. Wie schnell kannst du starten?“ Der Bursche namens Vaan blickte seine Partnerin groß an. Dann wanderte sein Blick wieder zu Cloud. „Wie? Jetzt?“ Cloud verdrehte die Augen. „Nein, nächstes Jahr. Natürlich jetzt. Geht es nun oder nicht?“ „Ja, ja, sicher, es ist nur so… wir haben natürlich viele Anfragen für Transporte, aber… sie haben natürlich Vorrang!“ Cloud und die anderen folgten den beiden durch die Stadt. Die ganze Zeit über neckten sie sich gegenseitig. Man konnte vermuten, dass sie Geschwister oder zumindest miteinander aufgewachsen waren. „Ob das eine gute Idee ist…“, überlegte Barret. „Die sind doch noch grün hinter den Ohren.“ „Wir werden sehen“, seufzte Cloud. „Ist das nicht großartig? Unsere ersten Kunden!“ tuschelte Vaan zu Penelo. „Da darf nichts schief gehen. Mann, ist das aufregend!“ „Solange du in der Aufregung nicht wieder die Steuerkontrollen verwechselst, kann nicht viel passieren. Und jetzt gib mir wieder meinen Glücksmaginit zurück!“ fauchte sie ihn an.@ Endlich gelang es ihr, ihm den Gegenstand zu entreißen. Triumphierend steckte sie ihn ein. Der junge Mann war nur kurz davon irritiert, als sein Blick etwas erspähte. Dann senkte er ihn zu Boden. In der belebten Straße, die sie entlang gingen, kamen ihnen zwei der allgegenwärtigen Wachen in ihren aufwändigen, den ganzen Körper verdeckenden Rüstungen entgegen. Vaan rempelte einen von ihnen an. „Bitte verzeiht, Herr!“ „Pass doch auf, du Lump!“ Der Soldat machte eine drohende Geste, während der junge Mann sich unterwürfig verneigte. Dann winkte er verächtlich ab, und die zwei Soldaten gingen wieder ihres Weges. Vaan drehte sich mehrmals unauffällig um, bis die beiden außer Reichweite waren. Dann zog er grinsend einen Geldbeutel hervor. Die junge Frau an seiner Seite warf ihm einen tadelnden Blick zu. „Ich hab dir doch gesagt, du sollst das lassen“, zischte sie ihm zu. Die beiden führten sie zu einer Lagerhalle in einer eher heruntergekommenen Gegend. Gemeinsam schoben die beiden ein rostiges Tor auf, das nur widerwillig den Weg freigab. Schließlich stand das Tor offen und gab den Blick frei auf das Innere der Halle. Voller Enthusiasmus liefen die beiden um das ‚Ding‘ herum, das etwas verloren in der Mitte der Halle stand. Es schien ein Luftschiff zu sein, zumindest so etwas Ähnliches. Stolz schwang sich der junge Mann namens Vaan in das Cockpit hinein. Cloud und seine Freunde näherten sich skeptisch. Das Vehikel schien auf den ersten Blick gerade genug Platz für zwei Personen zu bieten. Es machte auch ansonsten einen eher fragilen Eindruck. „Wo wollt ihr überhaupt hin?“ fragte die junge Frau, die ihr Partner als Penelo vorgestellt hatte. „Nach Nabudis“, antwortete Cloud beiläufig, während er prüfend gegen die metallene Flanke des Flugapparats klopfte. „Nach… Nabudis?“ Ihr Gesicht verriet Besorgnis. „Ja. Gibt’s da ein Problem?“ Penelo tauschte mit Vaan einen skeptischen Blick. „Allerdings. Die Gegend ist mysthumwölkt, wie jeder weiß. Wir können nicht bis dorthin fliegen.“ Cloud seufzte genervt und griff in seine Tasche. „Okay, Leute. Spart euch die Spielchen. Wir zahlen euren Preis, ihr müsst ihn nicht mit irgendwelchen Sprüchen extra hochtreiben.“ Penelo erhob beschwichtigend die Hände. „Nein, nein, sie verstehen mich falsch! Von wo seid ihr, dass ihr nichts über Mysth wisst?“ „Von ziemlich weit weg. Und das geht euch auch gar nichts an. Also, wo ist das Problem?“ „Die Mysthkonzentration ist sehr stark dort“, erklärte Penelo geduldig. „Kein Luftschiff, das nicht über spezielle Nethizite verfügt, kann dieses Gebiet überfliegen. Wir können in der Nähe landen, den Rest müsst ihr zu Fuß gehen.“ „Ich versteh nur Bahnhof“, brummte Barret zu Vincent. „Ich glaube, sie haben Angst vor diesem Ort“, erwiderte dieser nachdenklich. „Na schön. Bringt uns so nahe wie möglich dorthin, einverstanden?“ Penelo und Vaan nickten synchron. „Na dann, alles einsteigen!“ krähte die junge Frau fröhlich. „Und wo bitte? In der Nussschale haben ja nur Kinder Platz“, nörgelte Barret und warf einen missmutigen Blick auf die hintere Sitzreihe, die ursprünglich kaum für vier Personen gedacht war. „Das geht schon, nur keine Sorge“, bestätigte Vaan. „Wir haben… schon oft vier Leute da hinten sitzen gehabt, nicht wahr, Penelo?“ Die Frau sah ihn einen Moment ratlos an, dann nickte sie eifrig. „Äh… klar, sicher. Schon oft. Ist bequemer als es aussieht.“ Knurrend und mit verdrehten Augen zwängte Barret seinen massigen Körper in das Vehikel. Ihm folgten Cloud, Vincent, und als letztes die schlankste von ihnen, Yuffie. Doch trotz allen Schieben und Drücken schien kein Platz mehr zu sein. Letztendlich schwang sich Yuffie auf Vincents Schoß, was dieser mit einem Schnaufen quittierte. „Ich hoffe, ich bin nicht zu schwer“, kicherte sie. Vincent seufzte lautstark. „Nein… wird schon gehen.“ Dann schloss Penelo die Tür und nahm auf dem Beifahrersitz Platz. Die beiden legten verschiedenste Schalter um und prüften dabei alle Funktionen vor dem Start. Dann hob das Schiff unter lautem Brausen ab- um Sekunden später wieder auf dem Boden hart aufzusetzen. „Hm… wir sind ETWAS schwer… Penelo, ich brauche mehr Saft.“ Die Angesprochene nickte seufzend und legte dann weitere Schalter um. Das Triebwerk wurde noch lauter und klang eindeutig gequält. Beim nächsten Versuch kamen sie tatsächlich vom Boden weg und entschwebten schließlich durch die große Öffnung im Dach der Halle. Sie gewannen an Höhe, und nun konnten sie zum ersten Male die ganze Stadt überblicken. Was vorher nur ein Wald von hohen, buntverzierten Häusern war, bot sich ihnen jetzt als prächtige Stadt dar, in dessen Zentrum ein gewaltiger Palast thronte, der alles überragte. Yuffie drückte sich die Nase am Glas platt. „Wow…“ „Was ist das für ein riesiger Kasten da drüben“, fragte Barret und deutete auf den Palast. „Das ist der königliche Palast von Rabanastre“, erklärte Vaan. „Wohnt da diese komische Königin, die das Volk in der Unterstadt vergammeln lässt?“ knurrte Barret verärgert. „Sie meinen Königin Ashelia? Na ja, so schlimm ist wieder auch nicht“, erwiderte Penelo und tauschte mit Vaan einen belustigten Blick. „Da denken die Bewohner der Slums aber anders. Ich hab mit ihnen geredet“, bekräftigte Barret. „Ihr dürft nicht alles ernst nehmen, was die Bewohner der Unterstadt so erzählen“, erklärte Penelo, während Vaan sich auf das Steuern des Schiffes konzentrierte. „Das Nörgeln gehört für sie zum Alltag. Sie leben freiwillig dort unten. Sicher ist es nicht so schön dort unten, dafür zahlen sie aber auch keine Steuern. Das wird vom Königshaus geduldet.“ „Hm…“, grummelte Barret mit Blick auf den imposanten Palast. „Gibt es eigentlich auch einen König?“ fragte Yuffie. „Nein…“, antwortete Penelo. „Ihr Mann starb im Krieg. Seither ist sie allein geblieben.“ „Wie traurig. Wenn ich Königin wäre, dann würde ich mir im ganzen Reich den tollsten Mann aussuchen und ihm befehlen, mich zu heiraten“, sagte sie kichernd. Dabei warf sie einen verstohlenen Blick zu Vincent, auf dessen Schoss sie hockte. Dieser drehte nur den Kopf weg. „Was ist das…“, fragte Cloud ungläubig staunend und zeigte auf ein turmhohes Objekt, das bei weitem höher war als jedes Gebäude der Stadt. Es stand etwas außerhalb der Stadt in einem kleinen See. Ungewöhnlicherweise wurde es nach oben immer breiter, schien aber trotzdem stabil dazustehen. „Das? Das ist praktisch unser Wahrzeichen, die Bahamut.“ Bei dem Namen zuckten alle Vier unwillkürlich zusammen und tauschten vielsagende Blicke miteinander. „Es ist jetzt ein halbes Jahr her… in dem Krieg zwischen Archadis und dem Widerstand- sagt bloß, ihr wisst nichts davon?“ Cloud schüttelte den Kopf. „Hm… ihr müsst wirklich von weit weg sein. Jedenfalls, das archadianische Reich hat die Rebellen bekämpft, und das hier über Dalmasca. Die Bahamut, ihr größtes Schiff, sollte ihnen den Sieg sichern. Es konnte aber zerstört werden, und wäre dabei um ein Haar auf die Stadt gestürzt. Mutige Menschen konnten das aber verhindern…“ Sie sahen nicht, wie ein wehmütiger Ausdruck in seinen Augen aufleuchtete. „Jedenfalls steht es seitdem dort. Man hat die Flugaggregate wieder in Stand gesetzt, damit es so stehen bleibt. Ein beeindruckender Anblick, nicht wahr?“ Keiner antwortete, denn sie alle starrten fasziniert auf das senkrecht stehende Gebilde, das fast so groß war wie der frühere Shinra-Turm in Midgar. Bald ließen sie die Stadt hinter sich, und ein mächtiger Gebirgszug kam näher. Je näher sie kamen, desto größer wurden ihre Zweifel, ob sie genügend Höhe zum Überfliegen erreichen würden. „Diese Berggipfel… sollten wir nicht etwas höher fliegen?“ fragte Cloud vorsichtig. „Ähm, das geht sich schon aus“, antwortete Vaan mit einem nervösen Unterton in der Stimme. Tatsächlich schienen die Spitzen der Felstürme bald zum Greifen nah. Sie erwarteten schon, ein Scharren an der Unterseite ihres fliegenden Vehikels zu hören. Doch nichts dergleichen geschah, und nach einigen ebenso beeindruckenden wie auch beängstigenden Tiefblicken ließen sie den Gebirgszug hinter sich. Auch Vaan und Penelo atmeten hörbar auf, wie sie merkten. „Seht ihr das nebelige Sumpfgebiet da vorn? Das sind die Nabreus-Sümpfe. Weiter als bis an ihren Rand können wir nicht fliegen.“ „Wie weit ist es dann noch?“ fragte Cloud, der verzweifelt versuchte, zwischen Barret und Vincent etwas Platz zum Strecken seiner halb eingeschlafenen Glieder zu bekommen. „Ach, nicht weit“, antwortete Vaan. „Vielleicht eine halbe Stunde zu Fuß. Es geht mich ja nichts an… aber was habt ihr dort vor? Seid ihr vielleicht… Kopfgeldjäger?“ „Es geht dich tatsächlich nichts an“, erwiderte Cloud brüsk. „Aber zu deiner Beruhigung: wir sind tatsächlich Kopfgeldjäger“, log er. „Interessant! Für welchen Klan arbeitet ihr? Etwa für den Klan Zenturio?“ fragte Vaan ungeniert nach. „Äh, nicht mehr. Wir haben dort… gekündigt. Jetzt sind wir freiberuflich unterwegs.“ Langsam kam das Ziel näher, und das gleichmäßige Surren kombiniert mit der Beengtheit an Bord schaffte bei allen Vier ein schläfriges Gefühl. Irgendwann lehnte sich Yuffie zurück und damit an Vincents Brust an. „Das stört dich doch hoffentlich nicht“, flüsterte sie. Vincent schüttelte langsam den Kopf. „Nein… ist kein Problem.“ Das Gefühl der Nähe war zuerst befremdlich für ihn. Er überlegte sich, wie lange es her war… über dreißig Jahre, fiel ihm ein. Die drei Jahrzehnte in einem Metallsarg hatten ihn verändert, kein Zweifel. Doch die Erinnerung war noch immer tief in ihm- und in diesem Moment lebte sie auf, ob er es wahrhaben wollte oder nicht. Lucrezia hatte sich auf dieselbe Art an ihn angeschmiegt, auch wenn dies in einem vorigen Leben geschehen war, wie es ihm schien. Doch mit der Zeit gewöhnte er sich daran, an den gleichmäßigen Rhythmus ihres Atems, an ihre Wärme- und fragte sich gleichzeitig, ob er nach alldem wieder zurückkehren würde wollen in die Einsamkeit der Shinra-Villa. Oder ob nicht doch ein anderes Leben jenseits seiner ‚Sünde‘ möglich war. Und ob nicht selbst seine Sünde eines Tages vergeben sein konnte… Einige Zeit später gingen sie in den Landeanflug über. Der Boden quatschte wässrig unter dem Flugschiff. Als sie hinaussprangen, standen sie bis zu den Knöcheln im Schlamm. Verärgert betrachtete Barret den Morast auf seinen Stiefeln. „Was für ´ne Scheißgegend…“ Knurrend ließ er den Blick über die Landschaft schweifen. Der dichte Nebel begrenzte die Sicht enorm. Hohe Schilfgewächse und schwimmende Wasserpflanzen bestimmten die Vegetation. Übergroße Insekten schwirrten zwischen den wuchernden Gewächsen umher. An manchen Stellen leuchtete verbrennendes Sumpfgas auf, was die düstere Atmosphäre noch verstärkte. Cloud bezahlte Vaan mit ihrem restlichen Geld. Dieser steckte die Summe erleichtert ein. „Die Ruinen von Nabudis liegen in dieser Richtung“, erklärte Vaan und deutete in den undurchdringlichen Nebel. „Einen Moment- Ruinen?“ fragte Barret verblüfft. Vaan machte ein skeptisches Gesicht. „Ja. Was dachtet ihr?“ „Warst du schon mal da?“ wollte Cloud näher wissen. Vaan nickte. „Allerdings…“ „Was kannst du mir über diesen Ort erzählen?“ Der junge Mann sah ihn schief von der Seite an. „Für Kopfgeldjäger seit ihr ja nicht besonders gut informiert… Nabudis war früher mal die Hauptstadt von Nabradia. Aber ein missglücktes Experiment hat die Stadt ausradiert.“ Mit beiden Händen deutete er eine gewaltige Explosion an. „Seither leben dort nur mehr Monster, und zwar ziemlich gefährliche… aber ihr seht mir eh aus wie Leute, die sich zu wehren wissen. Na dann, viel Glück“, rief er ihnen noch zu. Im nächsten Moment zog er die Tür zu, und das Schiff hob vom Sumpfboden ab. Um seine Last erleichtert, verschwand es schnell aus ihren Augen. Nachdenklich blickten sie in die Richtung, in der es verschwunden war. „Großartig… da wären wir nun“, brummte Barret kopfschüttelnd. Dann setzten sie sich in Bewegung, und bei jedem ihrer Schritte schmatzte der aufgeweichte Boden. Ständig mussten sie auf Sumpflöcher achten, und so kamen sie nur langsam voran. Bis sich nach einiger Zeit eine verfallene Ruine, die abgebrochen Zähnen gleich unheilvoll in den trüben Himmel ragte, aus dem Nebel schälte… „Das… klingt sehr beunruhigend.“ Eine volle Stunde hatte er nun den Ausführungen von Doktor Bakajan gelauscht. Seine Miene hatte nur wenig über sein Inneres verraten, so wie er auch sonst sich nicht viel anmerken ließ. In seiner Position hatte er gelernt, seine Gefühlsregungen zu verbergen. „Auch wenn vieles sich im spekulativen Bereich befindet, so müssen wir doch handeln“, erwiderte er nickend. „Was schlagen sie vor, Doktor?“ Sein nachdenklicher Blick ging aus dem Fenster. Sie waren weit über den Dächern von Archadis. Nur der Kaiserpalast war noch höher als das Gebäude des Draklor-Laboratoriums. „Für den Moment empfehle ich die Entsendung vertrauenswürdiger Männer. Wir müssen uns vor Ort ein Bild machen. Erst dann können wir die Tragweite dieser Ereignisse genauer abschätzen, eure Hoheit.“ Er nickte dem Doktor zu, als Zeichen, dass das Gespräch nun beendet war. Mit tiefen Verbeugungen verabschiedete er seinen Kaiser. Von allen Seiten flankierten ihn Gardesoldaten, als er das Draklor-Laboratorium verließ. Während der Aufzug aus dem obersten Stockwerk in die Tiefe surrte, schmiedete er bereits einen Plan. Auf einen Wink ließen ihn seine Bewacher alleine in dem geräumigen Büro, das schon vor ihm sein Vater und davor etliche Generationen des Hauses Solidor als Amtssitz verwendet hatten. Er machte sich noch ein paar Notizen, dann betätigte er die Gegensprechanlage. Dabei beorderte er eine bestimmte Person in sein Büro. Nach diesem Gespräch atmete er geräuschvoll aus. Mit seinen noch jungen Jahren lastete bereits das Gewicht des Kaisertitels auf seinen schmalen Schultern. Doch es gab keine andere Möglichkeit zum Erhalt des Hauses Solidor, nicht nach dem Tod seines Vaters und… seines Bruders, Vayne. Mit auf dem Rücken verschränkten Armen überblickte er die Silhouette der Stadt Archadis. Die vielen Menschen, die hier lebten, hatten keine Ahnung, was ihnen möglicherweise bevorstand, und das war auch besser so, befand er. Gedankenverloren starrte er aus dem breiten Panoramafenster, als sich die Tür öffnete. Er drehte sich um, und ein Mann in der Rüstung der kaiserlichen Richter stand vor ihm. Er ging ehrerbietend in die Knie. „Nein, bitte erhebt euch. Diese Förmlichkeit können wir uns ersparen, wenn wir unter uns sind.“ „In Ordnung, eure Hoheit. Ihr habt mich rufen lassen.“ „Ja, ich brauche euch für eine wichtige Mission. Ich war vorhin im Draklor-Laboratorium. Dort habe ich leider schlechte Neuigkeiten erfahren.“ Die Gestalt, deren Gesicht von dem charakteristischen Helm der Richter Archadis‘ verborgen wurde, kam einen Schritt näher. „Um was geht es? Der Frieden mit Rozarria hat doch Bestand?“ „Das ist es nicht, seid unbesorgt. Es geht… um Nabudis. Die Wissenschaftler des Draklor-Laboratoriums beobachten ohne Unterlass die Mysth-Konzentration an diesem unheilvollen Ort, wie ihr sicherlich wisst.“ Der Richter nickte. „Ja, eure Hoheit. Davon habe ich gehört.“ Larsa Solidor begann langsam seinen Schreibtisch zu umrunden. „In letzter Zeit gibt es beunruhigende Beobachtungen. Die Mysth scheint in Aufruhr, und Doktor Bakajan kann nicht sagen, warum.“ „Nabudis ist ein verfluchter Ort, eure Hoheit. Ich weiß dass, ich war schon dort. Es könnte alles Mögliche oder aber auch gar nichts bedeuten.“ „Ich weiß“, erwiderte Larsa langsam. „Deshalb möchte ich euch schicken. Ihr habt die meiste Erfahrung, ihr kennt diesen Ort. Wir brauchen jemanden, der vor Ort erkundet.“ „Ich werde es tun, eure Hoheit“, tönte es blechern aus dem gehörnten Helm. „Verlasst euch auf mich.“ Larsa Solidor nickte ihm noch einmal zu, dann entfernte sich der Richter nach einer tiefen Verbeugung. Anmerkung des Autors: Bei den Dreharbeiten zu diesem Kapitel wurden keine Mogrys verletzt oder gequält. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)