Blood On My Hands von Rajani (Itachi x Kisame) ================================================================================ Kapitel 15: Schmerzliche Wahrheit --------------------------------- Itachi wachte im Morgengrauen wieder auf. Seine Kopfschmerzen waren zwar weg, aber er spürte ein leichtes Ziehen in den Schenkeln. Kisame… Er stand auf und lief in sein angrenzendes Bad. Er warf seine Kleider auf den Boden und stieg unter die Dusche. Als er den Fuß in das Becken gesetzt hatte, kam ihm der Gedanke, wie schön es wäre, wenn Kisame jetzt da wäre. Wenn er hinzukäme. Ein Schauer lief ihm über den Rücken. Ein angenehmer, aber er musste doch kurz zittern. Er stieg in die Dusche und ließ das Wasser über seine Haut perlen. Er ließ das Wasser stärker laufen und dachte darüber nach, wie Kisame reagiert hatte, als er ihm den Brief gegeben hatte. Er hat eigentlich nichts dazu gesagt… Nichts davon, was sie damit sagte. Nur, dass ich den Hokage fragen sollte. Vielleicht sollte ich das auch. Aber warum hat er nichts dazu gesagt? Ich frag heute Abend den Hokage. Ich kann mir schon vorstellen, dass sie heute wieder den ganzen Tag nach Kisame suchen werden! Nachdem Itachi sich wieder abgeduscht hatte, langte er nach dem Handtuch und stieg aus der Dusche. Vor dem Spiegel, den er inzwischen ausgetauscht hatte, rubbelte er sich trocken. Die Haare rieb er zum Schluss trocken, dann hängte er das Handtuch an einen Haken zum Trocknen und schaute in den Spiegel hinein. Das schwarze Haar war länger geworden, sein Gesicht war nun auch etwas ausgeprägter und seine Augen hatten jetzt ein Strahlen, das selbst ihm ungewohnt vorkam. Vor einiger Zeit hatte er noch in ein mattes, fast stumpf wirkendes Augenpaar geschaut. Er zog sich frische Kleider an und verließ das Haus. Sein Weg führte ihn eher ungewollt direkt zum Hokage, doch noch auf dem Vorplatz traf er auf Kakashi, Iruka, Maki und die anderen beiden. „Guten Morgen, Uchiha!“, begrüßte Kakashi ihn. „Guten Morgen.“ „Dann sind wir ja vollständig. Lasst uns aufbrechen, der Tag wird heute lang. Itachi, wir suchen, wie du vorgeschlagen hast jetzt hinter der Brücke. Kein großer Bereich, da dahinter die Grenzen zum nächsten Reich liegen, aber es wird den ganzen Tag dauern.“, sagte Kakashi und dann brachen sie auch schon auf. Erneut jagten sie durch die Wälder Konohas bis hin zur Brücke. Dort teilte Kakashi sie diesmal einzeln ein und gab jedem ein Headset als Verbindung zu den anderen. Sie eilten jeder davon, nur Itachi blieb einen Moment stehen und tat so, als würde er das Headset noch anbringen. Ich hoffe, Kisame ist nicht hier… Er hat nicht gesagt, wo er hin will. Dann setzte er sich auch in Bewegung sah sich die Umgebung genauer an. Auch nach mehreren Stunden akribischer Suche konnte er nichts finden. „Kakashi! Bei mir ist nichts, ich finde nichts.“, meldete er sich. „Okay, ich finde hier bei mir auch nichts.“, gab Kakashi zurück. „Wie sieht’s bei den anderen aus?“ „Nichts.“, schnarrte Maki. „Hier auch nichts.“, antworteten die anderen beiden. „Iruka?“, fragte Kakashi, von dem noch keine Meldung gekommen war. „Nein ich hab auch nichts.“ Kakashi knurrte ins Mikrofon. „Blasen wir das Ganze ab, das bringt nichts! Wir treffen uns an der Brücke, wo wir gestartet sind.“, sagte er. Dort trafen sie sich eine Stunde später wieder. Allesamt schauten sie genervt drein. „Machen wir uns auf den Rückweg, wir können uns Zeit lassen, der Hokage will uns erst heut Abend sehen. Er sagt, er ist den ganzen Tag mit anderem beschäftigt und hat erst dann wieder Zeit.“, sagte Kakashi und setzte sich gemütlich in Bewegung. Die anderen folgten ihm und langsam trotteten sie durch den kühlen Wald. „Sag mal Itachi, wie bist du nur auf die Idee gekommen, dass wir dort suchen sollten?“, fragte Maki nach einer Weile. Itachi musterte ihn einen Moment. Seine Stimme klang nicht unbedingt freundlich, eher abwertend. „Warum? Fällt dir was Bessers ein?“, gab er zurück. Maki knurrte ihn an. „Eine sehr kluge Idee… Hat sehr viel gebracht wie du siehst!“, höhnte Maki. „Hey, woher soll ich wissen, dass er nicht hier ist?! Kann ich hellsehen?“, fauchte Itachi. „Jungs, das reicht!“, warf Kakashi gelangweilt dazwischen. „Kakashi, mal ehrlich! Hättest du hier gesucht?“, fragte Maki mit einem gehässigen Blick zu Itachi. „Ja, hätte ich! Maki, wir nutzten jede Möglichkeit, die es gibt und sei sie noch so aussichtslos im Nachhinein! Er hätte immerhin hier sein können! Darum geht es und nicht darum, ob einer von uns sich hier verschätzt!“, fauchte Kakashi. „Da muss ich mal zustimmen. Woher hätte Itachi denn wissen sollen, dass wir hier etwas finden würden oder nicht! Es war ein Vorschlag und wir wären so oder so hier suchen gegangen. Ob es nun direkt vorgeschlagen wurde oder nicht!“, fügte Iruka hinzu. Maki knurrte wütend und schaute Itachi ebenso wütend an. Itachi konnte nicht ganz verstehen, was mit ihm los war. Immerhin hatten sie vor einigen Monaten noch gemeinsam trainiert, waren Freunde gewesen, jetzt waren sie beide Anbu und beide arbeiteten sie größtenteils zusammen. Das Maki sich so komisch verhielt, war Itachi gerade sehr schleierhaft. Den Rest des Weges gingen sie schweigend zurück. Zum späten Nachmittag hin erreichten sie das Dorf wo sich Maki und die beiden anderen Anbu verabschiedeten. Kakashi und Iruka wollten gemeinsam zum Hokage gehen um ihm zu berichten. „Willst du nicht auch nach Hause?“, fragte Iruka Itachi. „Ich… will noch mit dem Hokage reden. Ich… hab da eine Frage.“, sagte er ausweichend. Kakashi nickte und schob Iruka neben sich vor, indem er seine Hand vertraut auf Irukas Rücken legte. Itachi hatte es gesehen schaute beide kurz an. Iruka schaute sich irritiert um und Kakashi grinste schelmisch. Itachi lächelte in sich hinein. Iruka bemerkte Itachis Lächeln und schaute Kakashi etwas erschrocken und tadelnd an. Beide schauten Itachi an, der plötzlich aufhörte zu lächeln und sie fragend musterte. „Warum lachst du?“, fragte Kakashi. „Ihr beide…“ Iruka schluckte und verdeckte seine Augen und seine Wangen wurden rot. „Ich hab verstanden. Keine Angst. Aber ihr seid echt … wie soll ich sagen…“, rang Itachi um das richtige Wort, aber „süß“ war alles was ihm einfiel. „…süß.“ „Süß?“, japste Iruka. Kakashi wuschelte durch Irukas Haare. „Ja süß, da hat er wirklich recht, du bist süß!“ „Ich bin nicht süß!“, fauchte Iruka und richtete seine Haare. Itachi musste lachen. Irgendwie fühlte er sich an sich selbst und Kisame erinnert. Er hätte darauf wetten können, dass Kisame genauso wie Kakashi reagiert hätte, wenn es denn eine solche Situation gegeben hätte. „Aber Itachi… Sag bitte nichts.“, bat Kakashi. „Nein, verlasst euch darauf. Ich sag nichts.“, versprach er. Lächelnd setzten die drei ihren Weg zum Hokage fort. Dort angekommen, fanden sie diesen bereits im Hof wartend vor. Er legte misstrauisch den Kopf schief, als er Itachi an der Seite der beiden Jonin bemerkte. Es war auf den höheren Ebenen bereits bekannt, dass der Hokage den Uchiha-Clan keinesfalls mochte. „Was macht der Uchiha hier?“, fragte er leise Kakashi. Kakashi drehte sich zu Itachi um und nickte ihm zu. „Hokage… Ich möchte nach der Berichterstattung noch mit Ihnen reden. Ich habe da eine Frage.“, sagte Itachi kleinlaut. Die Züge des Hokages wurden für einen Moment weich, dann verhärteten sie sich wieder und er wandte sich Kakashi und Iruka zu, um deren Berichterstattung zu lauschen. „Habt ihr etwas gefunden?“ „Nein, Hokage. Die Suche hinter und um die Brücke herum war erfolglos. Es bleibt also nur noch die Suche auf der anderen Seite des Dorfes.“, sagte Kakashi. „Ich glaube nicht, dass das etwas bringt. Er ist nicht dumm, er wird sich wohl kaum noch hier aufhalten. Ich denke eher, er wird sich in eines der anderen Reiche geflüchtet haben. Vielleicht suchen die ja gar nicht mehr so intensiv nach ihm, wie wir.“ Die anderen beiden und der Hokage schauten ihn erstaunt an. „Also ich würde zumindest so handeln. Das wäre jedenfalls das Logischste.“, fügte Itachi hinzu. „Stimmt auch wieder. Gut, wir werden die anderen Reiche umgehend benachrichtigen, sobald wir auch die andere Seite des Dorfes abgesucht haben.“, sagte Kakashi. „Dann haben wir das geklärt. Kakashi… Iruka… Ihr könnt gehen.“, sagte der Hokage und beobachtete dann Itachi, während die beiden anderen den Hof verließen. Itachi jedoch schaute ihn nur wartend an. „Was gibt es denn zu besprechen?“, fragte der Hokage endlich. „Es… geht um unser Hausmädchen.“, antwortete Itachi. Der Hokage schaute ihn finster an. „Was willst du?“ Itachi wäre am liebsten sofort wieder gegangen. Harunas Worte hatten ihn anders erscheinen lassen. Sie ließen ihn freundlicher wirken, aber der wahre Hokage der gerade vor ihm stand, erschien ihm mürrisch und verbittert. „Sie ist seit mehr als sechs Monaten nicht mehr dagewesen. Sie hatte Urlaub und ist danach nicht mehr nach Hause gekommen. Hoffentlich hat mein Vater sie nicht gekündigt.“, erzählte Itachi. „Und? Was willst du jetzt von mir?“ „Naja… Haruna hat einen Brief hinterlassen. Ich versteh den Brief nicht, aber sie sagte, dass ich jederzeit Sie fragen könnte, Hokage.“ Der Hokage schaute ihn plötzlich interessiert an. „Einen Brief? Was hat sie denn geschrieben?“, fragte er. „Wie gesagt, ich verstehe sie nicht. Sie hat gesagt, dass ich Sie fragen soll, wenn ich es nicht verstehe.“ „Sie hat es gesagt?“, hinterfragte der Alte. „Nein, sie hat es geschrieben.“ „Gut, gib mir den Brief.“, bat der Hokage. Itachi zog den Brief aus seiner Hosentasche. Er hatte ihn heute Morgen von der alten Hose in die neue gesteckt. Der Hokage faltete ihn behutsam auseinander und las aufmerksam die Zeilen. Am Ende angekommen schluckte er schwer und hielt erschrocken die Hand vor den Mund. „Hokage? Was habt Ihr?“ Der alte Mann deutete auf den Eingang des großen Hauses. „Komm mit, Itachi.“, bat er und führte Itachi durch den Flur des Hauses zu einem Garten. Itachi war erstaunt als er sah, wie groß der Garten war. Er war wunderschön angelegt, ein Wasserlauf von einem Weg begleitet, der sich hier und da mit einer Brücke über das Wasser hinwegsetzte. Da die Dämmerung schon einsetzte, wurden die schwimmenden Wasserkerzen bereits entzündet. Der Hokage führte ihn über zwei Brücken zu einer kleinen alten Bank unter einem blühenden Kirschbaum. Itachi war fasziniert, denn die Kirschblüte sollte erst beginnen, es war noch gar nicht soweit. „Setz dich.“ Itachi folgte der Bitte und ließ sich neben dem Hokage nieder. Doch sein Blick wanderte noch durch den Garten. „Du möchtest also etwas über Haruna wissen?“, fragte der Hokage und zog die Aufmerksamkeit des Jungen wieder auf sich. „Naja… ich möchte wissen, was sie mir sagen will.“, korrigierte Itachi. „Dazu musst du alles wissen. Sie kennen. Ich kann es dir erzählen. Und ich kann dir auch sagen, was Haruna dir mit ihrem Brief sagen wollte. Aber es wird dir nicht gefallen.“, sagte der Hokage, ohne Itachi anzusehen. „Dann erzählt es mir.“ „Haruna hat in eurem Anwesen angefangen, da war sie gerade sechzehn Jahre alt. Sie hatte keine andere Wahl. Ihre Eltern hatten kein Geld und sie war die Einzige, die in der Lage war, Geld zu verdienen. Also hat sie sich bei deinen Eltern beworben und wurde sofort genommen. Da wussten deine Eltern schon, dass Mikotos Schwangerschaft aller Wahrscheinlichkeit nach eine Fehlgeburt werden könnte. Sie wollten es versuchen, vielleicht klappte es doch. Aber um ganz sicher zu gehen und um ihr Ansehen nicht zu verlieren, entschieden sie eine zweite Lösung zu finden.“, begann der Hokage zu erzählen. Noch hatte der Hokage ihm noch nichts Neues erzählt, was er noch nicht aus dem Brief gelesen hatte. „Haruna hatte eine so starke Ähnlichkeit mit den Frauen des Uchiha-Clans, dass Fukago und Mikoto Uchiha ein wahnwitziges Unterfangen gestartet haben. Sie eignete sich perfekt als Ersatz, wenn es mit Mikoto wirklich nicht klappen sollte. Mikoto war einverstanden, also tat Fukago, was aus seiner Sicht getan werden musste. Er… wie soll ich sagen… Er hat sie verführt.“ Itachi schaute ihn erschrocken an. „Soll das heißen… Mein Vater… heißt dass, Mikoto ist gar nicht meine Mutter?“, fragte er entsetzt. „Nein… das ist sie nicht.“, antwortete der Hokage. Itachi schluckte schwer und sein Blick wanderte ziellos durch den Garten und blieb leer auf dem spärlich erleuchteten Weg hängen. Warum? … Was hat sich mein Vater dabei gedacht? „Dein Vater hat eine Nacht mit Haruna verbracht und als er erfahren hat, dass sie schwanger war… hat er sie rausgeworfen! Er hat ihr gesagt, was sie zu tun hat und dann hat er sie eiskalt vor die Tür gesetzt. Nur damit keine Gerüchte entstehen! Der Herbst hatte gerade begonnen und die Nächte waren somit kälter als die Tage. Und er wirft sie raus! Er hat ihr eingeschärft, dass sie, wenn es soweit war, die Uchihas zu informieren hatte, damit man eine eventuelle Fehlgeburt Mikotos vertuschen konnte.“ Itachi war entsetzt, als er die Worte des Hokages hörte. Er verstand den Brief nun immer besser und dann dämmerte es ihm: Haruna! Haruna war seine Mutter! „Wo… Wo war sie denn dann? Und warum wissen Sie das alles?“, fragte er, völlig irritiert von dieser Kenntnis. „Deswegen hat sie dir geschrieben, dass du mich fragen sollst. Sie hat in dieser Zeit bei mir gelebt. Und sie hat mich gebeten, die Patenschaft für dich zu übernehmen. Ich wusste, dass ein Uchiha in dir stecken würde und Haruna hatte Mühe, mich dazu zu bringen. Aber sie hat es geschafft. Und ich sehe, dass sie auch bei dir geschafft hat, was sie erreichen wollte. Du bist kein richtiger Uchiha…“ Itachi musterte den alten Mann erschrocken. Der Hokage? Sein Pate? Und er? Kein richtiger Uchiha? „Glaub mir, ich fand es nicht gerade gut, einen Uchiha in meiner Obhut zu haben. Aber wie ich gerade sagte, du bist kein richtiger Uchiha. Du denkst nicht so und du handelst auch nicht so.“ Itachi ließ das Gesagte einen Moment wirken. „Und… wie ging es nun weiter?“, fragte er leise. „Das ist das Schlimmste an der Geschichte, wie ich finde. Fukago hat jeden bestochen, der auch nur im Entferntesten etwas mit den beiden Frauen im Krankenhaus zu tun hatte. Die Hebammen, die Ärzte und die Schwestern – eben all jene die Kontakt zu Mikoto und Haruna haben könnten. Sie wurden bestochen zu schweigen und die Kinder auszutauschen. Wie erwartet hatte Mikoto eine Fehlgeburt und Haruna hatte dich zur Welt gebracht. Haruna wurde die Fehlgeburt untergejubelt und Mikoto bekam dich in die Hände. Und wenn einer der Bestochenen dann doch ein Wort darüber verloren hatte, dann verschwand er plötzlich und mit ihm diejenigen, die es erfahren hatten. Haruna wusste über dieses Spiel Bescheid, also hatte sie dich nachts immer besucht. Das hat sie mir in ihren Briefen danach erzählt. Beide Frauen wurden nach kurzer Zeit entlassen und Haruna kehrte als Hausmädchen in eure Familie zurück. Sie konnte dich also immer sehen, aber sie war gezwungen, kein Sterbenswort darüber zu verlieren. Sie durfte dir nichts sagen, sonst hätte Fukago sie ebenfalls verschwinden lassen. Aber du sitzt nun hier. Ein Beweis, dass sie einen Weg gefunden hat, es dir doch mitzuteilen.“ Itachi war geschockt von dem was er erfahren hatte. Jahrelang hatte er Haruna für das Hausmädchen gehalten, das sie war und nie gewusst, dass sie eigentlich seine Mutter war. Es fiel ihm schwer, seine Bestürzung zurückzuhalten. Da legte ihm der Hokage seine Hand auf die Schulter. „Wo ist Haruna jetzt? Wissen Sie das?“, fragte Itachi. Sarutobi warf ihm einen liebevollen Blick zu, dann verschwamm das Bild des Jungen vor seinen Augen. Tränen schwammen in seinen Augen, die er ignorierte. „Was ist denn Hokage?“ „Möchtest du sie sehen?“ Itachi schaute ihn skeptisch an. „Ja natürlich. Ist sie denn hier?“ Der Hokage erhob sich wortlos und ging voran aus dem Garten. Itachi folgte ihm und als er zurückschaute, zu der Bank wo sie eben gesessen hatten, stieg ihm der Geruch von Regen in die Nase. Der Wind hatte aufgefrischt und ein paar einsame Kirschblütenblätter segelten auf die Bank. „Man hat sie gefunden.“, sagte der Hokage und betrat das Haus. Itachi folgte ihm rasch, dann hörte er bereits ein leises Donnergrollen. Er folgte dem Hokage durch ein Wirrwarr von Gängen. Er hörte wie der Regen plötzlich einsetzte, dann traten sie hinaus auf einen bambusbedachten Gang. Der Regen jagte in Strömen auf die Erde. Die Schwimmkerzen waren erloschen. Es war kalt geworden und von weit entfernt war wieder Donnergrollen zu hören. „Sagten Sie gerade gefunden? Wie meinen Sie das?“, fragte Itachi. „Das wirst du gleich verstehen.“, antwortete der Hokage und blieb an einer dunklen Holztür stehen. Itachi hielt neben ihm an. Der Hokage holte ein Schlüsselbund hervor und öffnete die Tür. Er trat hinein und sah hinter sich zu Itachi. Dieser stand wie angewurzelt da und traute sich nicht, ihm zu folgen. Er nahm einen schwachen Duft von Lilien wahr und bemerkte, dass der Raum nur von Kerzen erleuchtet wurde. „Komm rein, Itachi.“, bat der Hokage leise. Itachi überwand sich und betrat, fast erwartungsvoll sie zu sehen, den Raum. Doch seine Erwartungen wurden enttäuscht, es riss ihm beinahe den Boden unter den Füßen weg. Sie lag dort. Inmitten dieser betörenden Lilien. Man hatte sie hergerichtet aber es war unverkennbar deutlich, dass sie nicht mehr lebte. Der Hokage betrachtete ihn betroffen. „Ich hätte mir nichts sehnlicher gewünscht, als dass du sie noch als deine Mutter kennen lernst. Leider hat jemand dafür sorgen lassen, dass daraus nichts mehr werden konnte. Es tut mir Leid.“, sagte er aufrichtig. Itachi betrachtete das Gesicht von Haruna. Dass man sie hergerichtet hatte, war deutlich zu sehen. Sie konnten nicht alles retuschieren. Sie war schön gewesen. Genauso wie auf dem Foto. Und sie war noch so jung gewesen. Er nahm aus dem Augenwinkel war, wie der Hokage seine Entschuldigung mit einer angedeuteten Verneigung unterstrich. „Warum entschuldigt Ihr euch? Das müsst ihr nicht…“, sagte Itachi tonlos. Der Hokage trat näher und legte seine alte knorrige Hand auf Itachis Schulter. „Itachi… was immer du jetzt zu tun gedenkst… hör auf dein Herz. Das Ganze hier war eingefädelt, glaub mir. Dein Vater hatte zu jeder Zeit die Fäden in der Hand! Haruna kam oft zu mir um zu weinen. Sie weinte, weil Fukago euch beiden mit Füßen trat und wie Dreck behandelte. Tu, was dein Herz dir sagt, es wird das Richtige sein.“ Itachi wandte sich mit tränennassem Gesicht dem Hokage zu. „Wer war das?“, fragte er flüsternd, seine Stimme versagte vor lauter Tränen. Der Blick des Hokages verfinsterte sich augenblicklich. „Den Verletzungen nach zu urteilen, die sie hatte… Hoshigaki Kisame!“ Er spie den Namen regelrecht aus. In Itachi fühlte es sich plötzlich an, als würde etwas zerspringen. Als würde sein Kopf explodieren und alles in ihm zerspringen wollen. „Nein…“, japste er tonlos. Erneut legte der Hokage seine alte Hand auf Itachis Schulter. „Itachi… Sie haben sie vor der großen Brücke gefunden. Im Gebüsch. Und alle ihre Wunden deuten auf Hoshigaki!“ „Aber… das kann nicht sein! Nein!““ Sarutobi musterte ihn fragend. „Itachi… Warum wehrst du dich dagegen?“ Itachis Tränen lassen den Hokage vor ihm verschwimmen. „Ich weiß nicht, ob ich Ihnen das sagen kann…“ „Warum solltest du mir es nicht sagen können?“ Itachi schluckte schwer. „Wie soll ich das erklären?“ Der Hokage rang sich ein verständnisvolles Lächeln ab. „Du musst nichts erklären. Handle einfach, wie du es für richtig hältst. Ich weiß, dass du handeln wirst, aber wie… das weißt nur du…“ Seine knorrige Hand legte sich auf Itachis feuchte Wange und wischte die Tränen beiseite. „Du wirst das Richtige tun.“ Itachi konnte es nicht länger hinauszögern. Seine Tränen brachen wie wild aus ihm heraus und er rennt fluchtartig davon und aus dem Haus hinaus. Traurig sah der Hokage ihm nach, dann schaute er zu Haruna. „Dein kleiner Junge ist in seinen eigenen Gefühlen gefangen…Haruna-chan… Ich hoffe, er macht nichts Dummes.“ Itachi rannte blindlings aus dem Haus des Hokages, nur entfernt nahm er das rauschende Prasseln des Regens wahr. Er stieß die Tür auf und jagte auf den Hof hinaus, wo von den strömenden Wogen eingehüllt wurde und er in Sekundenschnelle bis auf die Haut durchnässt war. Langsam nur setzte er einen Fuß vor den anderen und schlich, von Schluchzern geschüttelt, vom Hof. Ziellos irrte er durch die Gassen von Konoha. Von seinen Haarspitzen tropfte es unaufhörlich, es wirkte bereits, als würden sie zum Regen dazugehören. Der Regen, der von ihm abtropfte und seine heißen Tränen vermischten sich immer wieder aufs Neue. Es war, als wollte beides nicht aufhören. Ein Blitz und das sofortige Donnergrollen ließen ihn zwar zusammenzucken, bewirkten aber sonst keine weitere Reaktion. Als wäre es mühevoll, trottete er langsam weiter durch den Regen. Vor einem schmutzigen Gebäude mit Rissen in den Wänden blieb er stehen und atmete einen Moment durch. Dann schaute er ziellos die Wand an. Sie war einmal weiß gewesen, aber das musste schon lange her gewesen sein. Sie inzwischen eine Mischung aus grau und braun und hatte hier und da Risse und gelbe Flecken. Etwas weiter hinten sah er eine alte rostige Tür, die früher einmal braun gewesen musste und jetzt fast rot war vor Rost. Itachi schaute sich um und fragte sich, ob sie offen sein würde. Die vermummte Gestalt hinter sich bemerkte er nicht. Kisame hatte sich so gut er konnte in regenfeste Sachen gemummelt, dass er tatsächlich nicht erkennbar war. Er wollte eigentlich aus dem Dorf verschwinden, doch dann hatte er Itachi gesehen, wie er zum Hokage gegangen war. Er hatte in der Nähe gewartet, wo er alles einsehen konnte, bis Itachi wieder herauskam. Und dann war er auch herausgekommen. Jedoch war er gerannt, hatte den Hof fluchtartig verlassen. Mit einer bösen Vorahnung war Kisame ihm gefolgt. Bis hierher. Nun stand Itachi vor einer alten Kirche, die fast nie besucht wurde, wie Kisame bereits bemerkt hatte. Er völlig durchnässt und Kisame hätte den armen Uchiha-Jungen am liebsten in den Arm genommen und ihn gewärmt. Aber er wusste ganz genau, dass das jetzt die denkbar schlechteste Idee war. Ihm war klar, dass Itachi nun die ganze Wahrheit wusste. Wer diese Haruna gewesen war und wie es zu dieser verqueren Geschichte gekommen war. Und wer sie getötet hatte. Nämlich er! Nein, er konnte nicht zu ihm gehen. Er durfte es jetzt nicht. Kisame zerriss es beinah, bei dem Gedanken jetzt zu gehen und ihn allein zu lassen. Er wollte Konoha noch nicht verlassen. Jetzt noch nicht. Aber von hier musste er jetzt gehen. Also setzte er sich in Bewegung. Aber einmal berühren will ich dich doch… Er ging auf Itachi zu und stupste ihn sanft an. Dann ging er weiter, damit Itachi ihn nicht sehen, ihn nicht erkennen konnte. Itachi wurde leicht angestoßen und taumelte ein paar Schritte vorwärts in Richtung der Tür. Langsam ging er weiter in diese Richtung und griff einfach nach der rostigen Klinke. Die Tür öffnete sich quietschend. Er trat langsam hinein und sofort fröstelte es ihn. Es war kalt hier drinnen und er brauchte eine Weile um sich an das schummrige Kerzenlicht zu gewöhnen und die alten Holzbänke wahrzunehmen, die aufgereiht vor ihm standen. Als er dies alles erkannte und seinen Blick weiter aufrichtete, wurde ihm bewusst, dass er in der alten Kirche stand. Sie wurde nur noch von wenigen besucht, aber dennoch stand der Pastor jeden Tag hier vor dem Altar und verrichtete seine Arbeit. Itachi musterte ihn eine Weile, bis der alte Mann sich umdrehte. „Ah… Gott segne dich, junger Mann.“, sagte er mit einer leisen brüchigen Stimme. Schweigend trottete Itachi durch die Bankreihen bis zu dem alten Altar. Der alte Mann schaute ihn genauer an. „Ist etwas passiert?“, fragte er besorgt. Langsam sah Itachi auf. Die Tränen brachen sofort wieder hervor. Was passiert war? Er hatte eine schmerzhafte Wahrheit erfahren müssen. Schmerzhaft im mehrfachen Sinne. „Was soll ich tun?“, fragte er verzweifelt. Der Pastor sah ihn irritiert fragend an. „Was ist denn passiert?“ „Meine Mutter ist tot…und der Hokage sagt,… er sagt, ich soll tun, was ich für richtig halte… Aber was soll ich denn tun?“ „Mein Beileid…“, seufzte der Alte. „Und der Mann, den ich liebe… hat sie getötet…“, fügte Itachi flüsternd hinzu. Der Pastor sah ihn erstaunt an. „Bitte?“ Itachi wollte diesen Satz nicht wiederholen. Er hielt es für keine gute Idee, aber es war ihm auch klar, dass der alte Mann ihn sehr wohl verstanden hatte. „Ich glaube, der alte Sarutobi hat Recht. Du solltest dann wohl wirklich das tun, was du für richtig hältst. Und… du solltest immer auf dein Herz hören.“ Itachi sah auf, doch sein Blick zeigte nur Verzweiflung. „Aber was kann ich denn tun? Ich liebe ihn, aber hat meine Mutter getötet!“ Der Pastor lächelte Itachi liebevoll an. „Der erste Gedanke… mein Junge, das sollst du wissen, der erste Gedanke ist immer der Richtige. Denke daran und höre auf dein Herz, dann wirst du immer das Richtige tun.“ Itachi nickte zwar, aber er war nun eher verstört als verwirrt. Zittrig drehte er sich um und lief erschöpft zur Tür, wo er reaktionslos in den strömenden Regen hinaustrat. Er schien ziellos irgendwelche Wege und Gassen in Konoha entlangzugehen. Die wenigen Leute die draußen waren, schauten ihn fragend an und sahen ihm verwundert nach. Er musste offensichtlich schlimm aussehen, wenn das der Fall war. Aber er ignorierte sie und setzte seinen Weg nach Hause fort. Dort angekommen schlich er wortlos an seinen Eltern vorbei zu seinem Zimmer. Die Worte seines Vaters prallten an ihm ab, wie der Regen draußen. Mühsam stapfte er die Treppen hinauf, in sein Zimmer und ließ die Tür ins Schloss fallen. Die Nässe seiner Kleider machte sich auf den Tatami-Matten breit. Itachi stand im Zimmer. Ihm war kalt und er zitterte. Doch die Kälte war nicht nur vom Regen. In ihm drin war es gerade mindestens genauso kalt geworden. Er ging ins Bad und hinterließ eine feuchte Spur hinter sich. Dort legte er die durchweichten Kleider ab und trabte zurück in sein Zimmer, wo er sich trockene aus dem Schrank nahm, hineinschlüpfte und sich auf seinem Bett niederließ. Dort legte er den Kopf in die Hände. Was mach ich denn jetzt nur…Was soll ich tun? Ich liebe Kisame doch... aber er hat… er hat… Verdammt! Itachi ließ sich nach hinten fallen, wo er mit dem Kopf gegen die Wand schlug. Er schnappte nach Luft und rieb sich die schmerzende Stelle, blieb aber dort liegen. Was mach ich denn jetzt…? Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)