Assoziatives Schreiben von LadyArgentum (One-Shot-Sammlung) ================================================================================ Kapitel 4: Satz 20 - «Krieg der Welten» --------------------------------------- Ja, man könnte sagen, ich sei glücklich. Endlich habe ich mal wieder etwas für den Zirkel zustande bekommen. Das ist wahrlich eine große Leistung, betrachtet man die ganzen ausgelassenen bzw. nur zur Hälfte geschafften und somit nicht hochgeladenen Sätze. ^^" Die Idee hierzu sowie der Großteil des Textes ist im Physikunterricht entstanden, als wir bzw. die anderen gerade ihre Ergebnisse zu Aufgaben aus der Quantenphysik verglichen haben, was momentan unser Halbjahresthema ist. xD" Ja, ich gestehe, Quantenphyik ist nicht so mein Ding, weshalb ich mich da gerne andersweitig beschäftige. >.< Wie auch immer. Viel Spaß mit der FF. ^^ Krieg der Welten Die in sich geschlossene Turmstadt hatte offenbar ausgedient, war nicht mehr fähig seine Verteidigung vollständig aufrecht zu halten. Diese Tatsache machte den Menschen Angst und veranlasste sie zur Flucht. Was zuvor nur Gerüchte waren, steigerte sich zu einer milden Panik, die sich von einem Tag auf den anderen wie ein Virus verbreitete und von den stationierten Kommandeuren nicht mehr harmlos unterdrückt werden konnte. Vor allem Familien mit Kindern waren die ersten, die angesteckt worden waren, die ihr Hab und Gut zusammenrafften und mit dem Wichtigsten per Shuttle die Stadt verließen, um sich in einer anderen nahe gelegenen und sichereren erneut niederzulassen. Ob sie dort ein länger währendes Glück fänden? Ich würde es ihnen eventuell wünschen, doch war mir klar, dass in der heutigen Zeit und mit der derzeitigen Situation das Glück eher rar war und sich jeder um sich selber kümmern sollte. „Einer für alle und alle für einen“ hatte sich in „Jeder gegen jeden“ verwandelt und wer kämpfen konnte, der war klar im Vorteil. Krieg. Krieg forderte Opfer und Blut. Krieg veranlasste Schmerz und Angst. Krieg benötigte Hass und Neid. Krieg bedeutete Sinnlosigkeit und Chaos. In meinen Augen war Krieg das Resultat einer großen Langeweile. Veränderung war der Schlüssel und was war abwechslungsreicher als ein spontan einsetzender Kampf auf Leben und Tod? Waren nicht alle Menschen – ob groß, ob klein, ob Bettler oder König – noch immer Kinder? Kinder, die Spaß brauchten, schnell die Lust an einer Sache verloren und auf der Suche nach etwas Neuem waren? Kinder, die sich auf dem größten Spielplatz überhaupt befanden? Warum die Kinder einsperren, warum den Spielplatz ungenutzt lassen? Ein Pfeifen, gefolgt von einem lauter werdenden Surren ertönte zu meiner rechten Seite und mein Blick richtete sich sofort gen Himmel, wobei mein Körper sich automatisch anspannte und auf Alarmbereitschaft ging. Es dauerte auch nicht lange, dann erschien neben mir einer meiner wenigen Mitstreiter. Sein Blick war in die gleiche Richtung gewandt wie der meinige. „Das war Charles, nicht wahr?“ Ich nickte als Antwort, nicht in der Lage, mit Steven zu kommunizieren. „Sie scheinen Interesse an der Stadt zu haben trotz ihres praktisch nichtvorhandenen technischen Fortschritts… Hätt’ ich nicht erwartet…“ Für eine Sekunde blickte ich meinen Kommilitonen von der Seite her an, wandte mich dann jedoch wieder dem eigentlichen Geschehen zu. Was es am Himmel gab, das meine gesamte Aufmerksamkeit auf sich zog? Es war ein riesiges Luftschiff, welches genau auf uns zuhielt. Es war noch zu klein, um genaue Details zu erkennen, die verrieten, zu welcher Institution es gehörte, dennoch war mir etwas flau im Magen. Die Stadt war von keinem großen Nutzen mehr. Wozu also Soldaten hier her schicken? Wozu dieser Aufwand, wenn der zu erbeutende Goldschatz nur ein Haufen wertloser Steine war? „Sie kommen. Ich weiß es. Ich spüre es in meinen Adern. Werden wir angreifen?“, drang eine Stimme in meine Gedanke und holte mich in die Realität zurück. „Ich will kämpfen! Ich will töten! Ich will ihr verdammtes dreckiges Blut an meinen Händen kleben haben!“ „Senk deine scheiß Stimme, Frank! Wir werden noch gehört und dann sind wir dran!“, wies Steven den Neuankömmling wispernd zurecht. „Na, und? Sollen diese Blutsauger mich doch in die Finger bekommen! Ich werde ihnen schon zeigen, wo es lang geht! Ich sterbe lieber im Kampf als hier zu versauern!“ „Senk deine verdammte scheiß Stimme! Du wirst noch genug Blutvergießen zu Gesicht bekommen!“ „Steven, Frank! Still!“, warf ich nun ebenfalls verärgert ein. „Wir haben keine Zeit für eure Albernheiten. Der Kreuzer kommt näher, also haltet eure Augen offen nach potentiellen Gegnern. Und ich rate euch, euch nicht wie tollwütige Schweine blindlings aufs offene Feld zu werfen.“ Zerknirschte Gesichter waren Antwort genug. Steven und Frank, wie auch einige andere unserer Widerstandsgruppen, hatten alle ähnliche Gedanken. Zerstörung des Feindes. Zerstören und kämpfen ohne nachzudenken, bloß auf Instinkt. Kämpfen egal auf wessen Kosten. Sie waren einfach zu jung und verstanden den Ernst der Lage nicht. Sie glaubten, es wäre alles so einfach; so einfach wie ein Spiel und wenn man Game Over ging, konnte man einfach neu starten oder eines seiner zahlreichen Bonusleben benutzen. Doch so lief es in der Realität nicht ab. Bist du tot, dann bleibst du es auch. „Ich glaube, wir haben Glück. Es scheint nur ein harmloser Frachter zu sein…“ Steven hatte Recht, es schien wirklich nur ein Frachter zu sein. Dennoch entspannte ich mich keine Sekunde lang. Ich traute dem ganzen Frieden einfach nicht. Wurde ich langsam paranoid? Höchstwahrscheinlich! Doch wer konnte es mir verübeln? Wer konnte es mir verübeln, wenn ich die letzten Jahre über nur auf der Flucht war? Auf der Flucht vor meinen Feinden, vor meinen Freunden, aber auch vor mir selber. Keine Sekunde Ruhe. Aber ich hatte es mir auch selber zuzuschreiben. Ich hätte einfach still sein und die ganzen kriegerischen Entwicklungen aus sicherer Entfernung beobachten sollen. Doch ich war kein solcher Mensch! Nein, ich musste natürlich alles, was ich mir mühevoll aufgebaut hatte, einfach wegwerfen. Ich musste den Menschen, denen ich mein vollstes Vertrauen geschenkt hatte, in den Rücken fallen. Ich musste mein Heim und meine Identität zurücklassen, um andere nicht in Gefahr zu bringen, sollte man sie mit mir in Verbindung bringen. Ich musste mich mit wildfremden Menschen einlassen, um zu überleben. Und warum genau das Ganze? Nur weil meine Moral nicht mit der meiner Vorgesetzten übereinstimmte. Wie schnell sich doch sein gesamtes Leben mit einem Schlag ändern konnte… Doch nein! Schluss damit! Ich kramte wieder in Vergangenem herum, wurde theatralisch und lenkte mich selber von meiner momentanen Aufgabe ab. Der Aufgabe, jedes feindliche Luftschiff und jede feindliche Einheit auf diesem verseuchten Planeten dem Erdboden gleich zu machen – mit gut ausgearbeiteten Manövern und nicht blindlings, versteht sich –, bevor sie das Gleiche bei uns versuchten. „Mike! Mike, er setzt zur Landung an!“, flüsterte Frank mir aufgeregt zu. Ob ich ihn wohl festbinden musste, damit er mir nicht sofort schutzlos ins offene Feuer lief? „Es ist ein Personenfrachter! Ein stark bewachter noch dazu!“ „Wollen sie die Menschen hier weg transportieren? Das macht wenig Sinn…“, wollte Steven wissen. „Siehst du das Logo an der Flanke?“, fragte ich ihn zurück. „Das sind welche von der Handelsflotte. Die schwarzen Schafe um genau zu sein.“ „Handelstruppe? Aber, was wollen…“ „Mensch, Steven! Er redet von Sklavenhändlern! Von Abschaum, der Abschaum an weiteren Abschaum vertickt! Schau doch mal richtig hin, Junge!“, unterbrach Frank seinen Kumpanen wütend. „Mich wundert es aber kein bisschen, dass diese Kerle die ersten sind, die von der Unbrauchbarkeit dieses Standorts hier Wind bekommen und sofort ihren Profit versuchen, herauszuschlagen.“ Ich konnte Franks Gedanken nur zustimmen. Verwunderlich war diese Aktion eher weniger. Doch… Ein Klicken hinter mir ließ mich innerlich zusammenfahren und meine Mitstreiter scharf die Luft einsaugen. Ich kannte dieses Klicken. Und sie kannten es auch. Ja, wir kannte dieses Geräusch nur zu gut… „Das klingt wirklich nicht gut…“, stimmte uns eine neu hinzugekommene Stimme bedauerlich zu. Alleine die Anwesenheit einer weiteren veranlasste uns drei dazu, uns sofort aufs Äußerste anzuspannen. Wo waren wir nur vorher mit unseren Gedanken gewesen? „Ganz meiner Meinung. Meint ihr, hier könnten sich zusätzlich noch Spitzel und Fußtruppen herumtreiben?“, ertönte eine zweite mir unbekannte Stimme, die zusätzlich noch einen stark übertrieben unschuldigen Ton beinhaltete. Ein eiskalter Schauer lief mir über den Rücken, während meine Hand unauffällig zu meinem Gürtel glitt, wo sich meine gut für Würfe geeigneten Messer befanden. Mit einer blitzschnellen Bewegung drehte ich mich um und schleuderte gleich zwei der spitzen Gegenstände von mir weg in die Richtung, in der ich unsere beiden – höchstwahrscheinlich jedoch noch mehr – Angreifer vermutete. Zu meinem Glück schaffte ich es wenigstens einen vollständig auszuschalten und einen anderen am Oberschenkel zu verletzen. Und jetzt, wo ich die gesamte Situation überblicken konnte, sah ich auch ihre genaue Anzahl. Ich musste schlucken… Wie konnten sich so viele Menschen, so leise anschleichen? Und vor allem warum…? Was hatten sie davon, wenn sie uns gefangen nahmen oder gar umbrachten? Doch meine Frage sollte nicht lange unbeantwortet bleiben. „Sie, meine Herren, stehen auf unserer Fahndungsliste“, sprach einer der Männer, der mir am nächsten stand, breit grinsend und mit erhobener Waffe, was die restliche Masse imitierte. „Und hiermit werden wir uns unsere wohl verdiente Belohnung abholen.“ Verdutzt sah ich ihn an. Fahndungsliste? Belohnung? War es tatsächlich schon so weit gekommen, dass wir steckbrieflich gesucht wurden? Warum wusste ich nichts davon? Unsere Informanten… Doch dann dämmerte es mir. Vieles wurde mir plötzlich klar, als ich zwei mir relativ bekannte Gesichter in der Menge vor mir entdeckte. „Scheiße, ey!“, rief Frank aufgebracht, waren wohl auch ihm unsere jetzt definitiv Ex-Kommilitonen ins Auge gefallen. „Ihr verdammten Schweine! Verräter! Scheiße, man!“ Und mit diesen Worten sprang er auf, zog blitzschnell seine Pistolen und feuerte wild um sich herum. Er hatte den Überraschungsmoment auf seiner Seite, wodurch er einige unserer Gegner in die Hölle schickte, doch kaum hatten sie sich von dem Schock erholt, erwiderten sie das Feuer. Zahlreiche Kugeln bohrten sich in den Körper meines Freundes, der einfach nicht aufgeben wollte und trotz dessen, dass er am Rande des Todes stand, hysterisch lachend und gleichzeitig fluchend weiterhin seine Munition verschoss. Dann fiel er endgültig… Und mit ihm Steven, der sich ebenfalls tobend in die Menge gestürzt hatte… Übrig blieb nur noch ich. Ich, der ich mir zu klug und geistig überlegen vorkam, als dass ich mich wie eine Bestie ins Gefecht warf. Regungslos starrte ich auf das Massaker vor mir. Blutlachen. Tote Körper. Stille. „Willst du auch noch?“ Fragend schaute ich nach oben zu dem Mann, der mir gelassen zwei Pistolenläufe gegen die Schläfe drückte. „Wir hätten nichts dagegen. Unsere Belohnung bekommen wir selbst dann, wenn wir eure abgetrennten Köpfen präsentieren.“ „Wozu? Wenn ich tot wäre, hätte ich keine Chance mehr, mich an euch zu rächen. Außerdem, warum eure Munition an mir verschwenden?“ Ich wusste, dass es nicht besonders klug war, diese Menschen zu provozieren, doch war eh viel zu viel bereits verloren. Ich konnte nur hoffen, dass wir die einzige Gruppe waren, die von den Sklavenhändler gefunden worden waren. Ansonsten wäre es das Ende unserer Widerstandsarmee, die ich öfters aus Spaß so nannte, obwohl sie nicht einmal annähernd die Ausmaße einer richtigen Armee annahm. „Ha! Ich lache! Na los. Steh auf. Fesselt ihm Beine und Hände und knebelt ihn! Und wehe er kann sich noch in irgendeiner Weise bewegen oder artikulieren. Ich kann diese penetrante Stimme nicht mehr hören!“, fügte der Mann, der mich mit den Waffen bedrohte und scheinbar das Sagen in der Gruppe hatte, an seine Untergebenen hinzu. Und dies war auch das Letzte, was ich wahrnahm, bevor man mir auf schmerzhafte Weise das Bewusstsein raubte. Wieso nur war alles so schrecklich schief gelaufen? Lag es wirklich nur an unserer Unaufmerksamkeit? Nur daran, dass wir an unsere Leute glaubten und mit keinem Verrat gerechnet hatten? Höchstwahrscheinlich… Steven und Frank hatten jedenfalls erreicht, was sie sich vorgenommen hatten. Sie waren im Kampf gestorben und hatten sogar nicht nur einige wenige Verluste auf der gegnerischen Seite verursacht. Man konnte stolz auf sie sein. Auch wenn sie nun schlaff auf dem Boden lagen wie leere Säcke, in die man Löcher gebohrt hatte, sodass sie ihren Inhalt so schnell wie möglich wieder verlören, sollte man sie auf ein Neues füllen. Sie waren vollkommen unbrauchbar geworden. Vergänglich. Viel zu vergänglich so ein Leben. Wie lange meines wohl noch anhalten sollte? Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)