Pardon him von -juujun- (Aoi x Uruha) ================================================================================ Kapitel 43: 43. Kapitel ----------------------- Aoi Etwas verwirrt ging ich wieder zu der Besuchszelle. Natürlich freute ich mich über Besuch, aber eigentlich hatten meine beiden Besucher durchblicken lassen, dass sie erstmal mit dem Renovieren meiner Wohnung beschäftigt wären. Wieso also bekam ich dann doch noch in der gleichen Woche von meiner Mutter besuch und wieso nur von ihr und nicht auch von Uruha? Sie hatte am Telefon etwas besorgt geklungen und deswegen war ich auch nervös. War vielleicht irgendetwas mit meinem Engel? Eigentlich konnte es nur so sein, denn was sollte sie sonst mit mir besprechen wolle, ohne dass er anwesend war. Schnell begrüßte ich sie, als die Zelle betrat. "Hallo, eigentlich dachte ich, dass ich dich hier nicht so schnell wieder sehe.", versuchte ich sie grinsend zu begrüßen, aber ich merkte schnell, dass die etwas auf dem Herzen hatte. "Ist etwas mit Uruha? Ist beim Renovieren was passiert? Ihr solltet doch nicht die schweren Möbel tragen.", plapperte er ich einfach drauf los ohne auf meine Mutter zu achten. Was war nur passiert? "ist er schlimm verletzt? Jetzt sag schon.", reagierte ich vielleicht etwas zu heftig. Emiko Ich konnte nicht anders als meinem Sohn erst einmal kurz einen Klaps auf den Hinterkopf zu geben. Er ließ mich ja nicht einmal zu Wort kommen! "Also mit Möbeln sind wir gerade wirklich nicht beschäftigt. Und es geht ihm auch körperlich gut...", ich hielt kurz inne. "Ich glaube ich kann nicht allzu gut mit ihm umgehen..." Es fiel mir schwer das zuzugeben. Immerhin war ich ja für ihn verantwortlich. "Er war irgendwann alleine draußen und natürlich war ich besorgt und habe ihm gesagt das er doch bitte nicht alleine herausgehen sollte - ich meine nicht auszudenken was alles hätte passieren können - wenn ihm nun jemand begegnet wäre oder er sich verlaufen hätte - du verstehst mich doch oder?" Ich sah ihn eindringlich an, hoffte das ich das Richtige getan hatte es Uruha erst einmal mehr oder weniger zu verbieten das er alleine heraus ging. Aoi "Au!", schrie ich kurz auf. Meine Mutter hatte einen ganz schön harten Schlag für ihr Alter. Aber Sie fiel auch mir gleich ins Wort. Erleichtert atmete ich auf, als sie sagte, dass er nicht verletzt war, aber trotzdem musste es einen Grund für ihren Besuch geben. Also ließ ich sie erstmal weiter erzählen. "Du kannst nicht mit ihm umgehen, aber ihr kamt doch ganz gut zu recht. Was ist den passiert?", fiel ich ihr ins Wort und schon hätte sie mir beinahe wieder einen kleinen Schlag verpasst, aber da kam sie auch schon zum Punkt und ich zog die Luft scharf ein. "Was? Stop, nochmal langsam: er war ALLEINE draußen?", starrte ich sie an und sie nickte nur kurz. Das durfte doch nicht wahr sein. "Das ist viel zu gefährlich.", gab ich ihr Recht, "Aber du hättest es ihm nicht verbieten dürfen. Jetzt fühlt er sich sicher wieder gefangen.", tadelte ich sie, allerdings musste ich zugeben, dass ich wahrscheinlich aus so reagiert hätte, als erstes. "Okay, er soll nicht alleine nach draußen. Er überschätzt sich einfach. Das hatte ich befürchtet. Er will alles perfekt machen und geht dabei über seine Grenzen. Am besten wäre es, wenn du es ihm vielleicht nochmal erklärst. So nach dem Motto: es ist toll, dass du es willst, aber im Moment ist es noch zu viel. Er soll sich nicht übernehmen oder er zieht doch erstmal zu euch, dann hast du ihn zumindest etwas im Auge.", bat ich meine Mutter und schaute ihr tief in die Augen. Emiko Irgendwie hatte ich heute sehr das Bedürfnis ihn immer wieder zu hauen. Wie hieß es noch? Kleine Schläge auf den Hinterkopf erhöhen das Denkvermögen. Half bei Aoi aber nicht. "Er kann nicht zu uns ziehen was meinst du wie panisch er schon wird wenn ich deinen Vater nur erwähne? Nein das kannst du leider vergessen und außerdem will ich ihm nicht seiner bekannten Umgebung entreißen wir haben ihn gerade erst entwurzelt weil wir ihn aus dem Gefängnis geholt haben das war schon schwer genug für ihn." Ach, falsch war es also das hatte ich mir bei dem Anblick, den mir Uruha gestern noch gegeben hatte schon denken können aber was war denn nun richtig? "Was soll ich denn dann mit ihm tun? Ich hab deine Küche schon so vollgestopft mit allen möglichen Zutaten und ihm fällt trotzdem noch was ein wofür er zum Supermarkt muss. Ich kann ihn doch nicht einfach einsperren. Aber wie sollen wir ihn das klar machen? Es ist doch logisch das er sich gefangen fühlt wenn wir ihn nicht alleine rauslassen, da kann ich erklären so viel ich will... ich hab ihm auch gestern gesagt da ich mir nur Sorgen mache aber er hat trotzdem ganz niedergeschlagen ausgesehen.", machte ich meinem Unmut Luft. Aoi "Stimmt, da hast du Recht. Meinem Vater sollten wir Uruha noch nicht vorstellen, dass würde zu viel werden. Das war mir eigentlich auch klar, aber irgendwas müssen wir tun und einsperren wäre noch schlimmer.", stellte ich fest. Ich hatte damit gerechnet, dass Uruha sich so verhalten würde, allerdings nicht so schnell. Er war doch erst ein paar Tage wieder frei. "Also das Problem besteht ja darin, dass Uruha in einer Notsituation niemanden erreichen könnte, also was ist, wenn wir ihm diese Möglichkeit geben könnten?", versuchte ich meinen Vorschlag deutlich zu machen, allerdings sah meine Mutter mich nur verständnislos an und ich wusste, was sie dachte. Uruha konnte nicht sprechen, deshalb waren seine Möglichkeiten begrenzt. Er konnte nicht einfach um Hilfe rufen oder jemanden nach dem Weg fragen, wenn er sich verlaufen hätte. Mal ganz davon abgesehen, dass er sich sowieso keinem Menschen nähern würde. "Wir können ihm doch einfach ein Handy geben." Emiko Ich seufzte. "Wir haben ihm doch schon ein Handy gegeben. Dein altes, erinnerst du dich noch? Ich hab ihm doch auch extra eine SIM-Karte gekauft damit er eine eigene Nummer hat. Ich hab ihm gezeigt wie man damit umgeht ihn sogar gebeten es mir vorzuführen damit ich sicher sein konnte das er es versteht - aber er nutzt das Handy einfach nicht. Sieh mal, wo ihm Zutaten gefehlt haben da hätte er mich anrufen können und ich hätte sie ihm mitgebracht - aber nein er ist selbst gegangen. Was soll ich deiner Meinung nach tun damit er es benutzt? Und außerdem: wenn ihn wirklich jemand was tun wöllte, da könnte er nicht erst noch eine SMS tippen und wenn er wieder eine Panikattacke hat - da wird er das Handy auch kaum benutzen." Ich seufzte erneut. Ich wusste einfach nicht weiter. Gerne würde ich Uruha einfach ruhigen Gewissens heraus lassen, schließlich hatte er das seit der Scheidung seiner Eltern nicht mehr tun können. Eine sehr lange Zeit. Plötzlich kam mir eine Idee: "Und was wenn wir ihn darauf vorbereiten das er rausgehen kann? Ich meine wenn wir ihn dahin bringen das wir uns nicht mehr fürchten müssen wenn er alleine das Haus verlässt?" Aoi "Aber das versuchen wir doch schon die ganze Zeit.", zumindest glaubte ich das. "Du müsstest Uruha, dann aber immer mit dir nehmen und das wird sicherlich nicht so einfach, grade jetzt und außerdem wird das auch nicht so schnell gehen.", erklärte ich mein Misstrauen, "Natürlich wäre das die ideale Lösung, aber sie braucht eine Menge Zeit und du musst bald wieder arbeiten. Du kannst ihn doch nicht einfach mit ins Geschäft nehmen und dann einen Sparziergang mit ihm in der Pause machen. Er ist kein Hunde, den man an die Leine nehmen kann, auch wenn das hier hilfreich wäre.", stellte ich fest und meinte es eigentlich als Scherz, aber meinen Mutter warf mir nur einen bösen Blick zu. "Uruha müsste zustimmen, wenn er es so wollte und wir dürfen ihm nichts vorschreiben. Wir sollten einfach an seinen Verstand appellieren und dann sehen, wie er reagiert. Also am besten du setzt dich nochmal mit ihm zusammen und sprichst mit ihm selbst über diese Möglichkeit.", denn ohne Uruhas Willen würde sowieso nichts funktionieren. "Oder soll ich noch einen kurzen Brief an ihn schreiben, so zur Unterstützung?" Emiko Wir schwiegen eine Weile. Ich dachte darüber nach - konnte ein Brief Uruha überhaupt helfen? War es nicht eher so, dass jedes weitere Gespräch dieser Art in ihm nur weiter seine negativen Gedanken hervorrief? "Naja wenn du meinst das du es so ausdrücken kannst das es uns weiterhilft ... ich denke aber schon das das ich vielleicht doch noch ein paar Mal mit ihm rausgehen sollte und mach dir um die Arbeit mal keine Sorgen, die kommen auch mal ohne mich aus. Wir haben sowieso gerade so eine schreckliche Praktikantin ich bin eigentlich ganz froh darüber, dass ich mich grad nicht sehen lassen muss... Aber zurück zu Uruha: also als wir zusammen im Supermarkt waren da hatte ich schon richtige Angst um ihn, aber er hat zumindest versucht sich ruhig zu halten und war auch wenig Verhaltensauffällig. Ich weiß nicht manchmal glaube ich schon fast, dass ich ihn einfach unterschätze. Vielleicht unterschätzen wir ihn beide und er mutig sich gar nicht so viel zu viel zu. Er meinte das mit dem rausgehen ist das woran er am liebsten arbeitet, das hat er mir vor einer Weile schon gesagt und indirekt auch gestern nochmal als wir übers Sprechen geredet haben." Wenn ich es so Recht bedachte war es vielleicht gar nicht so wie Aoi sagte, vielleicht überforderte Uruha sich ja gar nicht? Aoi Natürlich hatte ich auch schon darüber nachgedacht, ob Uruha nicht am besten wusste, was er sich zutrauen konnte und was nicht. "Ich weiß, was du meinst, aber andererseits sehe ich dann immer die Bilder vor mir, wie er sich in seiner Zelllenecke zusammenkauerte und sich lieber weit weg von mir gewünscht hätte und da stand ich nur in der Tür.", erinnerte ich mich. War er wirklich schon so weit, um sich alleine durch Supermärkte zu kämpfen? Irgendwie war ich noch nicht wirklich überzeugt. "Okay, wir können es ja so machen, aber im Moment will ich, dass er nur gemeinsam mit dir unterwegs ist und nicht alleine und außerdem solltest du ja wissen, dass nur weil er sie nicht so zeigt, er keine Angst hat. Du solltest auf ihn auspassen und das sagst du ihm bitte auch.", versuchte ich unsere Ergebnisse zusammen zufassen. "So wenn wir das geklärt hätten, dann komm ich nochmal auf deine letzte Aussage zurück. Ihr habt übers Sprechen gesprochen?" Emiko "Ja werde ich machen..." Als das so ungefähr geklärt war erzählte ich ihm von meinem Gespräch mit Uruha, gab alles wieder was er aufgeschrieben hatte. "Er ist wirklich manchmal schwer einzuschätzen. Ich weiß nicht ob ich dem gesagten Glauben soll. Einerseits ist es wirklich logisch was er gesagt hat und es klingt doch auch gut das er nicht versucht sich zu übernehmen und sich Grenzen setzt und diese auch einhält... Was meinst du dazu? Ich weiß immer noch nicht was ich denken soll weil manchmal kommt er mir eher so vor als wolle er wirklich gerne sprechen können, aber wenn man ihn darauf anspricht wehrt er wieder ab.", gab ich zu. Aoi "Naja, diese Dinge sind schwer einzuschätzen.", begann und ich erstmal freute es mich, dass Uruha überhaupt dazu bereit war, es wenigstens irgendwann mal zu versuchen. Da hatte meine Mutter schon mehr erreicht, als ich. "Es ist das gleiche, wie mit dem Rausgehen. Er will es eigentlich. Er möchte sich ganz normal verhalten können, wie jeder auch. Also ganz alltägliche Dinge tun, wie zum Bäcker gehen, Einkaufen fahren oder zur Arbeit gehen oder eben ganz einfach sprechen. Uruha will das alles unbedingt, aber andererseits sind da auch seine Erfahrungen, die er leider gemacht hat und das über Jahre hinweg. Sein Körper und sein Unterbewusstsein haben sich an diesen Zustand irgendwie gewöhnt und deshalb schlagen sie Alarm, sobald sich etwas daran ändert oder er in eine für sein Unterbewusstsein gefährliche Situation gerät. Er hängt mit seinen Gefühlen immer in diesem Zwiespalt und deshalb macht er sich selbst auch so fertig, weil er es nicht so schafft, wie er gerne möchte.", erklärte ich in Ruhe meiner Mutter die Situation. "In solchen Dingen ist er in sich selbst gefangen und ich kann ihm dabei nicht helfen, weil er das alleine schaffen muss.", meinte ich traurig. Mir war klar, dass Uruha Zeit brauchte und ich ihm nicht helfen konnte, auch wenn ich es noch so sehr wollte. Emiko Auch ich senkte den Kopf. "Der arme Junge...", seufzte ich leise und wir schwiegen eine Weile. In dieser Zeit versuchte ich mir vorzustellen wie Uruha sich wohl fühlen musste, wie gefangen er doch noch war und das durch sein eigenes Unterbewusstsein. Ich konnte es mir einfach gar nicht vorstellen und am liebsten hätte ich ihn gleich in den Arm genommen wenn ich ihn heute wiedersah. Aber das half ihm ja noch nicht einmal. "Schreib ihm einen Brief, mein Sohn. Ein paar ermunternde Worte für ihn, etwas was ihm hilft und ihm Kraft gibt, ja?" Ich wunderte mich selbst darüber wie schwach meine Stimme gerade klang, aber ich konnte es nicht verhindern. Ich kannte Uruha jetzt, er war ein unglaublicher Mann, einfach herzensgut und wunderbar - wie konnte man einem so guten Menschen das alles antun? Das war doch nicht gerecht das er das alles hatte durchmachen müssen. Aoi "Natürlich mach ich das.", antwortete ich ihr und ließ mir einen Block und einen Stift bringen. Uruha hatte sowas immer dabei. Ich sah meiner Mutter an, dass es ihr zu schaffen machte. "Er ist stärker, als du denkst. Uruha schafft das sicher.", versuchte ich sie aufzumuntern und lächelte sie an, während der Block herein gebracht wurde, "Danke." Aber was sollte ich nur schreiben? 'Lieber Uruha, ich hoffe dir geht es in unserer Wohnung gut und du hast dich schon eingelebt. Und dein gestalterisches Talent kannst du ja auch grade einsetzten, also denke ich mal, dass alles sehr gut vorankommt, oder? Ganz bestimmt, da mach ich mir bei dir keine großen Sorgen. Ehrlich gesagt bin ich sehr stolz auf dich, wie du versuchst dich wieder in der Freiheit zurecht zu finden. Eigentlich hatte ich es mir anders vorgestellt, nämlich, dass du dich verängstigt in meine Wohnung zurückziehen würdest. Aber wieder einmal beweist du mir, wie stark du bist. Du schenkst meiner Mutter vertrauen und versuchst auch wieder in die Öffentlichkeit zu gehen. Und dafür kann ich dich nur bewundern und lieben. Ich hoffe, dass ich dich bald wieder in die Arme nehmen kann. Ich liebe dich. Dein Aoi PS: Denk dran, nicht überanstrengen.' Emiko So ganz konnte ich Aois Worten nicht glauben aber wahrscheinlich hatte er Recht. Immerhin musste er Uruha besser kennen als ich, auch wenn ich wusste, dass er nicht immer der aufmerksamste war wenn es um die Gefühle anderer ging. Aber ich wollte ihm vorerst vertrauen. Ich sah ihm beim Schreiben zu, wobei ich weniger das was er schrieb ansah, sondern vielmehr ihm betrachtete. Noch immer war ich der Meinung, dass mein Sohn hier nicht hergehörte und in all der Zeit die er nun hier war konnte ich mich doch nie ganz mit dem Gedanken anfreunden das er hier war. Und jetzt waren es nur noch etwas mehr als 20 Tage, dann kam er hier raus. Als der Brief fertig war reichte er ihn mir und ich faltete ihn ungelesen zusammen. Was die beiden sich schrieben war mir ja eigentlich nicht bestimmt zu lesen und so steckte ich den Zettel ein. "Ich fahre hiernach gleich zu ihm dann gebe ich ihm den Brief, ja?" Mehr war heute vielleicht wirklich nicht zu tun. Aoi Etwas verwundert sah ich, dass meine Mutter den Brief nicht las. Vielleicht war es auch besser so. Immerhin war Uruha ja mein fester Freund und ich konnte ihre Höflichkeit verstehen. "Okay, so machen wir das.", nickte ich ihr nochmals zu. "Aber du musst auch noch mit ihm sprechen, wegen dem allein Weggehen und dass wir ihm nichts verbieten, sondern ihn lediglich darum bitten, dass er nicht alleine rausgeht. Er wird das sicher nachvollziehen können.", hoffte ich mehr, als das ich es wusste. "Uruha ist sich seiner Situation überdeutlich bewusst. Er will alles richtig machen, da er ja niemanden hat, außer uns. Also sei bitte etwas vorsichtig im Umgang mit ihm. Er versteht halt, manche Dinge anders, als wir es meinen, deswegen musst du es ihm noch einmal genau erklären und keine Sorge, danach ist dann wieder alles in Ordnung.", versprach ich ihr, denn ich wusste, dass sie sich Sorgen machte um Uruha und ob sie nicht etwas falsch gemacht hat. "Und nun los, sonst wird meine Wohnung ja nie fertig.", grinste ich sie an und umarmte sie kurz zum Abschied. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)