Metamorphosis into Immortality von RinRin (A Vampire's Tale I) ================================================================================ Kapitel 2: Kapitel 2 -------------------- Kapitel 2 Den nächsten Abend wachte ich wieder kurz nach Sonnenuntergang auf, von Hunger nach frischem Blut gequält, und doch schon so geschwächt nun, dass es mir beinahe schwer fiel aufzustehen. Ich überlegte kurz, ob ich doch nicht zuerst meinen Durst stillen, oder gleich zu Tooru gehen sollte. Trotz der Entfernung zu ihm und dass es mir so noch schwerer fiel, suchte ich mir einen Weg in seine Gedanken und stellte so fest, dass er schon den ganzen Tag sehnsüchtig in dieser Halle wartete und immer wieder bezweifelte, dass ich überhaupt kommen würde. Das ließ mich nicht lange weiter überlegen. Ich beschloss zu ihm zu gehen. Eine Nacht würde ich schon noch aushalten, ich musste es einfach. Schon auf dem Weg zu Tooru bereute ich meine Entscheidung für einen kurzen Moment, als ich schreckhaft zusammengezuckt war, als nur eine Eule direkt über mir nach ihrem Gefährten suchte. Ich merkte, wie das fehlende Blut mir wirklich zusetzte, wenn meine Sinne auch nur noch spärlich vorhanden waren. Überhaupt brauchte ich so lange, bis ich schließlich wieder auf dem Gelände war. Und kaum traf ich auf den Jungen - er saß wieder in der Ecke, in der er auch die Nacht zuvor war, in seine Gedanken vertieft -, machte er mir auch deutlich, wie meine Schwäche sich äußerlich zeigte. “Wie geht es dir? Was ist los? Du siehst nicht gerade gut aus.”, meinte er sofort mit einer Spur Sorge, als ich bemerkbar gemacht hatte und er sich sofort umdrehte. Ich konnte nur abwinken und meinte, es gehe mir gut. Ich versuchte zwar alles in mir anzuspannen, aber ich wusste genauso gut, wie er so skeptisch war und dass es eigentlich gelogen war. Aber noch konnte ich ihm einfach nicht sagen, was wirklich los war, wer ich war. Zu meinem Glück drängte er auch wie die Nacht zuvor nicht weiter, sondern nahm es so hin. Er schien es gewohnt zu sein, nie viele Fragen zu stellen, sondern manches einfach so zu akzeptieren, wie es war. Angesichts seinem Kummer konnte ich es ihm nicht verdenken. Manchmal war es wirklich besser, genug an seiner eigenen Last zu tragen, als sich auch noch die anderer aufzubürden. Den weiteren Abend war jedenfalls das Thema, wie es mir ging und warum ich so erbärmlich schlecht aussah, vergessen. Wir lernten uns vielmehr besser kennen. Er erzählte mir endlich, was hinter seinen Problemen steckte, nachdem ich zuvor in seinen Gedanken immer nur Bruchstücke wahrgenommen hatte - genug jedenfalls um mich so in seinen Bann zu ziehen. Sie waren an und für sich vielleicht belanglos, zumindest erträglich. Aber zusammen gesehen sammelte sich doch über so viele Jahre so vieles an, dass dann alles andere als unbedeutend waren. Ich konnte ihn mehr und mehr verstehen und ebenso seine Überzeugung, dass es einfach nicht mehr normal war, dass ein einziger Mensch nur so viel Pech erleben konnte, dass jeder glückliche Moment, war er auch noch so klein und kurz, früher oder später doppelt oder dreifach zurück bezahlt werden musste. Angefangen hatte alles schon in seiner Kindheit. Er hatte seine beiden Eltern früh verloren, hatte keine Geschwister. Er war zunächst ins Heim gekommen, hatte dort dann das Glück - oder wie er heute sagte, das Pech - bald wieder aufgenommen zu werden. Dabei hatte er sich gerade mit den anderen Kindern verstanden, hatte in dem ein oder anderen einen Spielkameraden gefunden - nicht mehr, aber auch nicht weniger. Doch das Glück in dieser Familie währte nur kurz. Sie hatten eigene Kinder und so bekam Tooru es immer schmerzlich zu spüren, dass er nicht ihr leibliches Kind war. Sie gewährten ihm keine richtige Schulbildung, er war kaum mehr als eine unbezahlte Hilfskraft. Sie schubsten und kommandierten ihn herum, wie es ihnen passte, wie sie es brauchten. Sie warfen ihm immer wieder vor, dass er doch überhaupt nichts wert war, seine Aufnahme der größte Fehler gewesen wäre, ja sie nicht einmal mehr wussten, wieso sie das überhaupt getan hatten. Er weinte sich nächtelang nur in den Schlaf, doch seinen Eltern fiel nie mehr ein, als ihre Hände ausrutschen zu lassen. Sie waren es auch, die ihm den Namen Tooru gegeben hatten, verdeutlichten ihm damit jedes Mal, wenn sie ihn riefen, wie schwach und wertlos er doch war. Tooru war dann noch nicht einmal volljährig, als er es irgendwann, nach doch schon etlichen Jahren, nicht mehr aushielt und in einer stürmischen Nacht abhaute. Kurz darauf, als er all seine Kräfte dafür genutzt hatte, irgendwie über die Runden zu kommen, traf er auf den Mann, dem dieses kleine Gelände gehörte. Er war Boss einer Hightechfirma, einer regelrechter Kette hiervon und hatte auf seinem kleinen Hof eine kleine Tochtergesellschaft eingerichtet, um so meistens ganz in Ruhe von zuhause arbeiten zu können. Für ein wenig Mithilfe in seinem Wohnhaus, aber auch auf dem kleinen Fabrikgelände, gab er Tooru Essen und einen Platz zum Schlafen. Tooru glaubte schon, jetzt würde alles besser werden, als es wieder genauso anfing wie mit seiner Adoptivfamilie: Er wurde nur herumgeschubst, rackerte sich jeden Tag ab, dass er spät am Abend in sein Bett fiel und am nächsten Morgen immer noch so geschafft aufwachte, dass er nicht wusste, wie er es den Tag zuvor überstanden hatte. Er war wieder nicht mehr als eine kostenlose Hilfe und als mehr sah der Besitzer ihn auch nicht mehr an. Für ihn war es ein leichtes, Tooru für sich tagelang arbeiten zu lassen, und dafür nur einen spärlich eingerichteten Raum seines Hauses und etwas Essen bereitstellen zu müssen. Er spielte so regelrecht mit Tooru. Tooru selbst hatte sich schon so oft überlegt, wieso er eigentlich noch bei ihm blieb, aber die Antwort fand er schon bald: Er wusste nicht, was er sonst anfangen sollte. Es war pures Glück, dass er von der Straße von ihm gefunden und aufgenommen wurde. Und so viel Glück würde er seines Lebens nicht mehr erfahren können. Dennoch… Er hatte schon oft genug seine wenigen Sachen zusammen gepackt, war in die nächste Stadt gegangen, doch immer wieder kam er noch in derselben Nacht oder einer der darauf folgenden zurück. Auch dies war dem Besitzer regelecht egal, er hielt Tooru nicht gefangen, sondern überließ es ganz ihm, wann er kommen und gehen wollte. Das einzige war dann nur, dass Tooru manchmal sein kleines Zimmer belegt vorfand von einem der anderen Mitarbeiter, die in der Firma nur manchmal oder auch dauerhaft halfen. Doch er verübelte es keinem von ihnen, dafür verstand er sich doch zu gut mit ihnen. Er sah in ihnen keine Freunde, mit denen er über irgendetwas, was ihn beschäftigte, reden wollte, aber er arrangierte sich mit ihnen. Da war das Verhältnis zu dem Sohn des Besitzers ein ganz anderes. Er war der einzige Freund, den er vielleicht hatte. Er verbrachte seine wenigen freien Stunden mit ihm, unternahm mit ihm wer weiß was, kam ihm sogar so nahe wie noch nie jemandem zuvor. Sie hatten sich eine einzige Nacht geliebt und Tooru glaubte schon, das sollte ein Punkt in seinem Leben sein, an dem er vielleicht doch einmal glücklich sein konnte. Doch nur wenige Tage später, als sie sich noch öfter näher kamen und dieser Junge es auch genossen hatte - zumindest hatte er das immer gesagt -, tauchte er dann plötzlich mit einer Freundin auf. Tooru glaubte sein Herz würde von ihm eigenhändig heraus gerissen werden, so weh tat es. Er fühlte sich benutzt und wie ein altes nicht mehr funktionierendes Spielzeug weggeworfen. Er wollte schreien, zog sich in den Wald zurück, aber er konnte einfach nichts tun. Er konnte nur stumm zusehen und wieder einmal mehr verschwinden, nur um einige Tage später doch wieder aufzutauchen, als er feststellen musste, dass er trotz allem nirgendwo anders hin konnte. Er hatte es zumindest in gewisser Weise gut dort. Es trieb mir selbst die Tränen in die Augen, als er mir zum Abschluss noch erklärte, dass diese letzte Sache noch gar nicht so lange her war. Er kämpfte immer noch mit den Tränen, wenn er den Sohn und seine Freundin zusammen sah. Als er geendet hatte, war mir eines mehr als nur klar: Tooru hatte es wirklich nie leicht gehabt. Er war jetzt vielleicht gerade mal 20 Jahre alt, vielleicht genauso alt als ich war bei meiner Verwandlung, und an richtig viele glückliche Erlebnisse konnte er sich beim besten Willen nicht erinnern. Ich konnte ihn auch wiederum nur in den Arm nehmen und so beruhigen. Ich spürte und konnte es auch in seinen Gedanken lesen, dass es ihm gut tat, alles, was in ihm vorging, mal loswerden zu können. Aber dennoch wusste ich, dass seine Gefühle nicht vollkommen verschwunden waren, auch wenn er in mir jemanden gefunden hatte, mit dem er nach langem darüber reden konnte. Sie waren für den Moment nur etwas in den Hintergrund gerückt. Aber wenn ich schon mal erreicht hatte, dass er nicht verzweifelte, war es schon mal ein kleiner Erfolg bei ihm, auch wenn er sich wieder fragte, wieso er sich mir nur so öffnete. Vielleicht lag es wirklich daran, dass ich selbst auch keine leichte Kindheit hatte - angesichts dessen, in welcher Zeit ich aufgewachsen bin, vor mittlerweile auch schon 200 Jahren, war das auch nicht verwunderlich. Jedenfalls fühlte ich mich ihm damit ebenso verbunden, als würden wir uns schon länger kennen. Von einer Ewigkeit konnte ich keinesfalls sprechen, denn für einen Vampir war die Ewigkeit etwas ganz anderes. Aber meine naturgegebene Anziehungskraft musste auch noch ihr übriges bei ihm tun, dass er sich zu mir hingezogen fühlte. Es war kein Vertrauen, das wusste ich, dieses musste vielmehr erst langsam aufgebaut werden und nach seinen Erfahrungen konnte ich schon erahnen, dass er lange brauchte, bis er jemandem richtig vertraute, sich voll und ganz fallen ließ. Genau deswegen verging auch wieder nicht allzu viel Zeit, bis er sich unsicher aus meinen Armen löste und sich in einiger Entfernung von mir setzte. Er ließ sich eben noch nicht ganz fallen, stellte ich ernüchternd fest. Dennoch war ich froh, dass ich nicht abschreckend auf ihn wirkte oder dergleichen, so etwas hatte ich schließlich auch schon erlebt. Je mehr Zeit ich nun aber mit ihm verbrachte, je mehr ich über ihn erfuhr, umso mehr faszinierte er mich immer noch. Schließlich war es wahrlich mehr als erstaunlich, dass er es bis auf diese Ausrutscher, in denen er sich doch mal verletzte und einfach mit allem Schluss machen wollte, so tapfer aushielt, doch immer wieder versuchte, das Beste aus allem zu machen. Ich bereute meine Entscheidung, mich ihm zu zeigen und vielleicht zu meinem Gefährten zu machen, auf jeden Fall kein Stück, auch wenn ich immer wieder daran dachte, dass das Schicksal als Vampir nicht gerade viel einfacher war. Ich erinnerte mich zu gut daran, wie ich mich selbst manchmal noch für das hasste, was ich war. Aber das waren Gedanken, die ich mir in diesem Moment verbot, wollte meine Gedanken lieber auf Tooru konzentrieren und darauf, was er mir noch so alles erzählte, ebenso aber selbst etwas von mir zu erzählen. Die Stunden vergingen so mit diesen Erzählungen, dem Schwelgen in Erinnerungen. Nachdem wir so lange nun miteinander geredet hatten, oder auch einfach nur stumm nebeneinander saßen, war ich noch mehr geschwächt als zuvor schon. Toorus Anwesenheit machte es mir wie in der vorigen Nacht wieder nicht gerade einfacher. Sein Blut riechen zu können, zu erahnen, wie es immerzu durch seine Adern floss, sein Herz dazu brachte in einem immer gleichen Rhythmus zu schlagen, war so beinahe unerträglich für mich. Ich musste mich schon sehr zusammenreißen, nicht doch noch über ihn her zu fallen. In der nächsten Nacht musste ich wirklich wieder jagen gehen, das wusste ich, komme was wolle. Für den Moment war ich dann schon mehr als froh, dass es bald schon wieder dämmern würde und ich einen Grund hatte zu gehen. Genauso schnell wie bei unserem ersten Treffen verabschiedete ich mich von Tooru und ließ ihn verwirrt zurück. Er rief mir wieder nach, was los wäre, wieso ich so schnell verschwand, wieso ich nicht hier bleiben wollte, wo es mir ja nicht so sonderlich gut ging, und ob wir uns wieder sehen würden. Auf seine ersten Fragen konnte ich nicht antworten - noch nicht. Also gab ich ihm wenigstens auf die letzte wieder diesen Gedankenstoß, dass ich wieder kommen würde, ehe ich so schnell es mir noch möglich war zurück zu der Hütte ging. Dort angekommen legte ich mich nur noch schlafen, erholen, damit ich die nächste Nacht noch dazu fähig war, mir ein Opfer zu suchen, ich mich endlich wieder stärken konnte. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)