Weihnachtsgeschichten von Riafya (OSs zur Weihnachtszeit) ================================================================================ Kyoko und der Weihnachtsmann ---------------------------- Ja, auch 2009 bekommt ihr wieder einen Weihnachts-OS. Diesmal geht es um ein Pairing (zumindest angedeutet), das meiner Meinung nach immer vernachlässigt wird. Deshalb ist es an der Zeit, dass ich das mal ändere. XD Dieser OS ist ganz speziell für Susilein und all jene, die mich das ganze Jahr über mit Kommis oder ENSs begleitet haben. *verbeug* __________________________________________________________ Kyoko und der Weihnachtsmann Ihre Schritte waren laut, wenn man sie mit der Stille verglich, die im ganzen Wald zu herrschen schien. Es waren schnelle, eilige Schritte, die darauf hindeuteten, dass ihr Verursacher nur wenig Zeit hatte, um an sein Ziel zu kommen. Tränen, die nie hätten vergossen werden sollen, folgten ihnen auf den langen Weg durch die Bäume, die schon seit Jahren dort standen und dennoch nicht alt schienen. Das Ziel des rennenden Mädchens war ein Fluss, der vor Jahrhunderten beschlossen hatte, die Bäume mit seinem Wasser zu nähren und ihr schon oft Trost gespendet hatte. Oder war es der Junge, der dort gelebt hatte, bevor alles anders wurde? Mit einem lauten Aufschluchzen durchbrach sie die letzten Büschen und fand sich auf der Lichtung wider, die sie gesucht hatte. Wie der Rest des Waldes war sie mit Schnee bedeckt und selbst der Fluss war von der Kälte besiegt und zugefroren worden. Für einen kurzen Moment stand das Mädchen schweigend da und suchte diesen ihr kostbaren Ort mit ihren Augen ab. Koon war nicht hier. Sie war allein. So wie immer. Kraftlos sank sie in sich zusammen und kniete auf dem schneebedeckten Boden. Warum war sie überhaupt hierher gekommen? Sie hätte es besser wissen sollen. Er kam nicht wieder, er würde nie wiederkommen. Er war jetzt an einem besseren Ort, wo die Hände seines Vaters ihn nicht erreichen konnten. Das war auch gut so, es war besser, wenn es ihm gut ginge, als wenn er wegen ihr weiterhin gefangen wäre. Sie wünschte sich nur, sie hätte mitkommen können. Leise weinend saß sie da, ohne darauf zu achten, was in ihrer Umgebung geschah. Deshalb merkte sie auch nicht, wie sich ihr jemand leise näherte: „Ähm... hallo?“ Erschrocken zuckte sie zusammen und blickte auf. Vor ihr stand ein kleines Mädchen mit lockigen, blonden Haar, blauen Augen und weißen Flügeln auf dem Rücken. Sie war in ein weißes Kleid gehüllt, das die Weinende unwillkürlich an ihren Geschichtsunterricht über das alte Rom erinnerte. „Bist du ein Engel?“, fragte sie verblüfft. „Mein Name ist Maria“, entgegnete die Gestalt und kam noch einen Schritt näher. „Ich bin ein Schutzengel in Ausbildung, doch im Moment mache ich ein Praktikum bei Santa Rory.“ „Santa Rory?“ „Santa Clauses Nachfolger, der gute Mann ist vor kurzem in den Ruhestand gegangen. Nun, nach knapp 1500 Jahren Dienst ist das berechtigt.“ Maria sah sie neugierig an. „Wer bist du?“ Das Mädchen zögerte kurz, bevor sie „Kyoko“ murmelte. „Soso, Kyoko-chan also“, sagte der Engel erfreut. „Es ist schön dich kennen zu lernen. Auch wenn die Umstände nicht die schönsten sind.“ Sie setzte sich vor sie auf den Boden und musterte sie neugierig. „Also, warum sitzt du zu Weihnachten allein auf einer Lichtung und weinst?“ Dies veranlasste sie dazu, noch mehr Tränen rollen zu lassen. „Es ist wegen Koon. Ich kann ich nicht finden!“ „Koon?“, fragte Maria verwirrt, bevor sie seltsam blass wurde. „Oh nein. Das war doch nicht etwa dieser blonde Junge, der hier auf jemanden gewartet hat, oder?“ Kyoko starrte sie an. „Was?“ „Ach du je, hätte ich das gewusst, hätte ich doch etwas unternehmen können!“, rief Maria und sprang auf. Sie wirkte sichtlich bestürzt. „Aber nein, ich hätte nichts tun können. Wichtel sind stärker als Engel, sie hätten mich dann nur auch noch mitgenommen.“ „Wichtel?“, fragte Kyoko. „Was hat Koon mit Wichtel zu tun?“ Maria erstarrte und sah sie mit einem Ausdruck schlechten Gewissens an. „Sie haben ihn mitgenommen“, erkläre sie leise. „In ihre Fabrik.“ „Aber wozu?“ „Als Versuchskaninchen für ihre neuesten Produkte. Das tun sie öfters, da die armen Kinder es nur selten lange aushalten.“ „Moment!“, rief das Mädchen entsetzt. „Das heißt also, Koon wurde entführt und wird jetzt von den Wichteln des Weihnachtsmanns für irgendwelche Experimente missbraucht?“ Maria sah sie mitleidig an. „Ich denke schon. Tut mir echt Leid, Kyoko-chan.“ „Das dürfen sie nicht tun!“, schrie Kyoko und sprang nun ebenfalls auf. „Wir müssen ihn retten!“ „Und wie sollen wir das anstellen? Wichtel sind gefährlich! Das schaffst du nicht allein! Und sieh mich nicht so an, ich bin dir keine Hilfe!“ „Keine Hilfe wobei?“, fragte eine männliche Stimme. Überrascht drehte sich Kyoko zu ihrem Ursprung um. Dabei handelte es sich um einen jungen, blonden Mann, der die Szene amüsiert beobachtete. Vor seinen hellen Augen ruhte eine Brille und er machte einen sehr gebildeten Ausdruck. „Yashiro!“, rief Maria verstimmt. „Das ist Santa Rorys anderer Praktikant“, erklärte sie Kyoko. „Allerdings ist er in der Auslieferungsabteilung, während ich mich bei den Wünschesammlern tummele.“ Auslieferungsabteilung? Wünschesammler? Kyoko sah verwirrt zwischen den beiden hin und her. Wo war sie hier nur hinein geraten? „Hast du den Schlitten dabei, Yash?“, fragte Maria. „Kyoko-chan hier will beim Chef vorsprechen.“ Der Mann musterte das Mädchen neugierig. „Tatsächlich? Warum?“ „Ein paar Wichtel haben ihren Freund entführt. Wir müssen ihn zurückholen oder sie wird das ganze Weihnachten unglücklich sein!“ „Unglücklich? Zu Weihnachten?!“ Yashiro schüttelte entsetzt den Kopf. „Das geht nicht! Komm, Kyoko-chan! Wir bringen dich ins Weihnachtsland!“ Kyoko wusste nicht, wie ihr geschah, als sie von Maria durch den Wald gezogen wurde und sich kurz darauf auf einem Schlitten wiederfand, vor dem zwei Rentiere eingespannt waren. Wo war sie hier hineingeraten? Ihre Verwirrung wurde nur von ihrer tiefen Sorge um Koon übertroffen. Maria meinte, er wäre in Gefahr! Und wenn es auch nur den Hauch einer Chance gab, ihn zu retten, würde sie sie ergreifen. Dabei kam es ihr nicht einmal in den Sinn, dass sich der kleine Engel vielleicht irren konnte. ~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~ Im Weihnachtsland herrschte Hochbetrieb. Es war nur noch wenige Stunden bis Weihnachten und es waren immer noch nicht alle Geschenke verpackt, geschweige denn fertig. Doch dies war nicht ungewöhnlich, sondern ein alljährliches Vorkommnis. Weihnachtsland bestand aus insgesamt drei Teilen. Mittelpunkt bildete eine riesige Stadt, in der Geschenke angefertigt, Kinder auf der ganzen Welt beobachtetet und auch manche politischen Entscheidungen getroffen wurden, wobei letzteres vor der Weltöffentlichkeit geheim gehalten wurden (und die anderen beiden Dinge vergaßen die Menschen mit dem Erwachsenwerden). Darum erstreckte sich ein dichter Tannenwald, der schließlich von einer ewig erscheinenden Eiswüste abgelöst wurde. Kyoko sah sich ehrfürchtig um, während Maria und Yashiro sie durch die verwinkelten Gassen der Stadt führte. Man hatte ihnen gesagt, dass Santa Rory sich im Moment in einer der Fabriken befand, wo offensichtlich die Kaugummimaschiene einen Defekt hatte. „Das kommt öfters vor“, beteuerte Yashiro zuversichtlich. „Aber der Chef kriegt das wieder hin.“ „Ja, er ist ja auch so ein guter Handwerker“, entgegnete Maria sarkastisch. „Komm, Kyoko-chan, nimm meine Hand oder wir verlieren uns noch! Gleich werden wir nämlich den Hauptplatz überqueren und dort tummeln sich um diese Zeit jede menge Weihnachtselfen, Kobolde und Engel.“ Der Weg zur Fabrik verlief ohne erwähnenswerte Zwischenfälle, auch wenn Kyoko mit jedem Schritt, den sie tat, mehr staunte. Überall waren Elfen zu sehen, die fleißig Geschenke durch die Gegend trugen oder mit zu ihrem Arbeitsplatz eilten. Auf dem großen Hauptplatz, der etwa so groß wie der Petersplatz in Rom war, konnte sie sogar einen Engelschor entdecken, die Weihnachtslieder sangen. Das Mädchen konnte das alles nur mit großen Augen ansehen. Sie hätte nie gedacht, dass es im Weihnachtsland so hektisch war. „Normalerweise ist es auch nicht ganz so schlimm“, erklärte ihr Maria, während sie die Fabrik betraten. „Es sind nur alle schrecklich aufgeregt, weil es ja in einigen Stunden losgeht. Die übliche Hektik zum Schluss, du verstehen?“ Kyoko nickte. So ging es ihr immer in den letzten fünf Minuten einer Klassenarbeit. „Oh mein Gott!“, rief Yashiro plötzlich. „Diesmal haben sie es aber wirklich übertrieben.“ Das Mädchen spähte über seine Schulter und musste ihm unwillkürlich zustimmen. Das Gebäude, in dem sie sich befanden, bestand aus einem riesigen Raum, der von den Größenverhältnissen aus betrachtet am ehesten einer Eishalle glich. Tatsächlich war der Boden eine spiegelglatte Oberfläche, auf der einige Elfen mit Schlittschuhen zwischen den verschiedenen Gerätschaften der Fabrik herum glitten. Es handelte sich offensichtlich um die Süßigkeitenabteilung, da Kyoko verschiedene, vollendete Tafeln Schokolade, Zuckerwatte, Bonbons und allerlei andere Leckereien sehen konnte. Heute allerdings war alles von einer seltsamen, klebrigen, rosa Schicht überzogen, die sich schnell als Kaugummi entpuppte. „Die Maschine ist kaputt!“, rief ein Elf, der Kyoko unwillkürlich an Shotaro erinnerte. Er kam auf die kleine Gruppe zu und betrachtete sie neugierig. „Habt ihr einen Techniker mitgebracht?“ „Sei nicht albern, Sho!“, entgegnete Maria unfreundlich und Kyoko weitete die Augen. Das war aber ein seltsamer Zufall! „Wir sind auf der Suche nach dem Chef.“ „Der ist dahinten“, meinte Sho achselzuckend und nickte in die Richtung aus der die seltsame Masse zu kommen schien. „Ist ziemlich wütend, am besten wartet ihr bis er sich beruhigt hat.“ Offenbar beschloss Maria, ihn zu ignorieren, da sie den Arm ihres Schützlings packte und sie mit sich zog. Yashiro folgte ihnen nach kurzem Zögern schmunzelnd, während Sho ihnen einfach nur achselzuckend hinterher sah, um danach sofort wieder an die Arbeit zu gehen. Santa Rory stand vor der defekten Kaugummimaschiene und funkelte den verantwortlichen Elf wütend an. Er war jünger, als Kyoko vermutet hatte, da er immer noch dichtes, schwarzes Haar besaß und sein Bart so gut, wie nicht vorhanden war. Auch der Körperbau hatte nichts mit dem üblichen Bild, des dicken, alten Mannes gemein, da er relativ groß, schlank und offensichtlich auch muskulös war. Nur der rote Mantel und die schwarzen Stiefel verrieten, dass es sich um den Weihnachtsmann handeln musste. „Wie konnte dir das nur passieren, Reino?“, rief er gerade aufgebracht. „Ich sagte doch: Keine neuen Experimente so kurz vor Weihnachten! Kannst du mir bitte sagen, wie wir jetzt noch rechtzeitig fertig werden sollen?“ „Nun... wir könnten dieses Jahr ja einfach allen Kindern Obst schenken“, schlug der Elf kleinlaut vor. „Ich meine, das wäre doch viel gesünder und wir wollen doch, dass es alle zu Weihnachten gut geht, oder?“ Unsicher sah er zu seinem Vorgesetzten auf, der darüber nachzudenken schien. „Das ist eigentlich kein schlechter Gedanke. Hast du das notiert, Kanae?“, fragte er ein schwarzhaariges Wesen neben sich. „Das ist Kanae“, flüsterte Maria Kyoko zu. „Die persönliche Assistentin vom Chef. Wie du an der grünen Haut erkennen kannst, ist sie ein Kobold.“ Zwar war es für das Mädchen alles andere als offensichtlich, dies daraus zu schließen, tatsächlich hatte sie viel eher auf einen Alien getippt, doch sie beschloss, keine Einwände zu erheben. „Gut, dann ist es beschlossene Sache!“, rief Santa Rory in diesem Moment zufrieden. „Alle, die keine Süßigkeiten mehr bekommen, kriegen Obst. Ein sehr guter Vorschlag, Reino. Manchmal sieht man eben doch, dass meine Idee, dich einzustellen, doch nicht so schlecht war, wie es normalerweise den Anschein hat.“ Der Elf schwieg und Kyoko konnte es ihm nicht verübeln. Das war wirklich nicht sehr nett gewesen. „So, damit wäre das erledigt. Was kommt als nächstes? Oh!“, Rory hatte sich umgedreht und die Neuankömmlige entdeckt. „Yashiro! Maria! Ihr seid zurück!“, rief er geradezu entzückt. „Und wen habt ihr uns da mitgebracht?“ „Das ist Kyoko-chan, Sir!“, antwortete der Engel wie aus der Pistole geschossen. „Sie ist hier, weil der Verdacht besteht, dass ein paar Wichtel ihren Freund entführt haben.“ „Soso“, sagte Rory und beugte sich zu dem Mädchen herab, um es besser in Augenschein zu nehmen. „Und wer ist dieser Freund?“ „Sein Name ist Koon“, verkündete Kyoko entschlossen. „Er ist der Sohn eines grausamen Feenkönigs!“ Santa Rory hob amüsiert die Augenbrauen. „Tatsächlich? Nun, dann kann es sich ja nur um einen Jungen handeln. Armes Kind“, sagte er mitfühlend und legte ihr eine Hand auf die Schulter. „Wenn das, was Maria sagt stimmt, wirst du ihn wahrscheinlich nie wieder sehen.“ Entsetzt starrte sie den Mann an. Das war doch wohl nicht sein Ernst! „A...aber....“ „Die Wichtel sind nicht für ihre Gastfreundschaft bekannt, Kyoko-chan“, erklärte er ruhig. „Und wenn sie einmal etwas in ihren Besitz gebracht haben, geben sie es nie wieder her.“ „Nein!“, flüsterte Kyoko und stolperte einige Schritte zurück. „Das ist nicht wahr!“ Traurig erhob sich Santa Rory und sah sie mitleidig an. „Es tut mir Leid, Kyoko-chan. Doch da kann selbst ich nichts machen.“ Ohne ein weiteres Wort zu sagen, wirbelte das Mädchen herum und rannte, rannte, rannte, rannte, bis sie nicht mehr rennen konnte und über ihre Füße stolperten, hinfiel und nicht mehr aufstehen konnte. Sie weinte, wie sie seit langem nicht mehr geweint hatte, immer wieder kamen neue Tränen und es schien, als würde ihre Trauer kein Ende nehmen. Koon war fort. Er war bei den Wichtel. Wurde gefoltert und für ihre Experimente misshandelt. Und sie, die ihn hatte retten wollen, hatte versagt. Sie würde ihn nie wieder sehen und es war ihre Schuld. „Kyoko-chan?“ Erschrocken blickte sie auf. Das erste, was ihr bewusst wurde, war die Tatsache, dass sie sich wieder auf ihrer Lichtung befand. Wie war sie hierher gekommen? Das zweite war eine nur allzu bekannte Gestalt, die vor ihr kniete und sie besorgt musterte. „Kyoko-chan, ist alles in Ordnung?“ Und obwohl die Tränen immer noch kein Ende genommen hatte, musste sie unwillkürlich lächeln. „Ja, Koon. Jetzt ist alles wieder in Ordnung.“ ___________________________________________ Auch Tränen können ein Geschenk sein. Denn die Fähigkeit zu weinen und Gefühle zu zeigen, unterscheidet die Menschen von einfachen Robotern und die Lebenden von den Toten. Deshalb ist es richtig, sich ab und zu seiner Verzweiflung hinzugeben, solange man es nicht zur Gewohnheit werden lässt. Aus diesem Grund ist es auch nicht schlimm, wenn man an Weihnachten weinen muss, egal ob aus Trauer oder aus Glück. Trotzdem wünsche ich euch allen ein gesegnetes Weihnachtsfest und hoffe, dass ihr, genau wie Kyoko, zum Schluss lächeln werdet. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)