Who knows where life may take us von -Arisu- (MyvxRuki) ================================================================================ Kapitel 6: Why am I the one to open your eyes?! ----------------------------------------------- Es schien so, als hätten ihn alle Lebensgeister verlassen. Er hatte keinen Hunger mehr und auch keine Lust irgendetwas zu machen. Die Bandproben hatte er in den letzten zwei Wochen auch geschwänzt, aber so langsam gingen ihm die schlechten Ausreden aus. Erst gestern hatte Kai sich bei ihm erkundigt, wann er denn mal wieder zu einer Probe kommen könnte und das einzige was Ruki eingefallen war, war, dass diese Grippe, an der er nun schon so lange angeblich litt, irgendwie nicht weggehen wollte. Kai hatte ihm daraufhin ziemlich besorgt angeboten ihn ins Krankenhaus zu fahren und erst nach einer halben Stunde hatte Ruki ihn überzeugen können, dass das nicht nötig war, er sich nur versprochen habe und eigentlich nur seine Stimme noch nicht auf der Höhe war, um an den Proben teilzunehmen. Eigentlich wusste er gar nicht, warum er zuhause rumsaß und Trübsal blies. Zumindest nicht wirklich. Immerhin würde er Miyavi bei den Bandproben sowieso nicht begegnen, aber die Angst davor, ihm zufällig über den Weg zu laufen war einfach zu übermächtig. Ruki fühlte sich so schlecht. So schuldig. Miyavi hatte sich seit diesem Abend vor zwei Wochen nicht mehr bei ihm gemeldet. Natürlich nicht. Hätte er auch nicht getan, wenn er von jemandem so dermaßen verletzt worden wäre. Aber genau das hatte Ruki doch gewollt oder nicht? Er hatte Miyavi immerhin absichtlich den Laufpass gegeben, aber, dass der sich das so zu Herzen nehmen würde ... Was der andere zu ihm gesagt hatte geisterte immer noch durch Rukis Kopf und ließ ihn sich noch schlechter fühlen. ... "Ich liebe nicht deinen Geschmack! Ich liebe dich!" ... "denn ich würde dich sogar lieben, wenn du dich von Insekten ernähren würdest! " ... So etwas hatte noch nie jemand zu ihm gesagt und egal wie oft er darüber nachdachte, egal wie seltsam dieses Beispiel auch sein mochte, trotzdem war es eindeutig das Romantischste was jemals jemand zu ihm gesagt hatte. Es war nicht eins dieser gefühlsduseligen Floskeln, die in jedem Schundroman vorkamen. Es war kein "Ich würde für dich sterben". Es war einfach Miyavi. Und es war ehrlich. Und dass er das wusste machte es nur noch schlimmer. Sein Herz fühlte sich furchtbar wund an, weil er einen Menschen, den er mochte, wissendlich so stark verletzt hatte. Und er schämte sich dafür, dass er sich wie ein Arsch verhalten hatte. Das hatte er noch nie getan. Nie. Darum wollte er Miyavi nicht zufällig begegnen. Er könnte ihm sicher nicht in die Augen sehen vor Scham und schlechtem Gewissen. Eigentlich war er doch ein riesiger Idiot gewesen, die Person abzusägen, die ihn so ehrlich liebte. Aber dafür gab es ja einen Grund. Und an die Wichtigkeit dieses Grundes zu glauben, war das einzige, was ihn noch über Wasser hielt. Er wäre schließlich noch ein viel größerer Arsch gewesen, wenn er mit Miyavi zusammengewesen wäre. Denn dann hätte er Miyavis Gefühle ausgenutzt und Aoi verletzt und so ... hatte er nur Miyavi verletzt. Ein gebrochenes Herz war auch noch die perfekte Gelegenheit für Aoi Miyavi zu trösten und ihm ... näher ... zu ... kommen. Ruki schluckte schwer und zog sich seine Decke über den Kopf. Er wusste nicht wie spät es war, da seine Rollläden jegliches Licht der Außenwelt abhielten, aber es war sicher nicht mehr die Zeit, um noch im Bett zu liegen. Aber wen interessierte das schon? Er machte ja seit Tagen nichts anderes, als in seinem Bett zu liegen, nachzudenken und zu schlafen. Normaler Weise dachte er über alles ja nur auf seiner Fensterbank nach, aber irgendwie konnte er das jetzt nicht mehr. Dieser Ort erinnerte ihn an Miyavi und er hatte das Gefühl es noch nicht wieder wert zu sein, dort zu sitzen. Genau so, wie er es nicht wert war sich Essen zu bestellen, weshalb er alle paar Tage mit Wollmütze, Sonnenbrille, Hausschlappen und langem Mantel, über seiner Boxershorts in den kleinen Supermarkt neben seiner Wohnung huschte und sich einige Nahrungsmittel besorgte, die dann, zum größten Teil, in seiner Küche vor sich hingammelten, bis er das nächste Mal loszog. Aber sich selbst für seinen momentanen Zustand zu bemitleiden hatte er auch nicht das Recht. Vielleicht war das ja auch so etwas wie eine eigen aufgesetzte, unbewusste Strafe für sein Verhalten und wenn er diese Strafe abgesessen hatte, würde er sich dann auch wieder besser fühlen. Ein schrilles Lauten dröhnte durch seine Bettdecke und es dauerte einige Zeit, bis Ruki klar wurde, dass die Außenwelt, in Form seiner Klingel mit ihm Kontakt aufzunehmen versuchte. Aber er wollte lieber keinen Kontakt zur Außenwelt, also packte er sich sein Kissen über die Ohren und kniff die Augen zusammen, als könnte durch sie der Schall eindringen. Doch es half nichts. Die Außenwelt war ziemlich hartnäckig zum Sturmläuten übergegangen und Ruki erhob sich fluchend. Wenn das jetzt nur ein Paketdienst war und nichts wirklich wichtiges, dann würde er den Boten dermaßen zusammenstauchen, dass von ihm nur ein Häufchen Asche überblieb. Kurz huschte der Gedanke durch seinen Kopf, dass es vielleicht Miyavi war, der mit ihm das gleiche vorhatte, wie er selbst mit dem Paketboten, aber Ruki verbat sich, weiter darüber nachzudenken. Sollte es so sein, hatte er es verdient, aber dass es so war, war wohl eher utopisch. Ruki drückte gar nicht erst auf die Gegensprechanlage, sondern ließ die Außenwelt summend ein. Innerlich sich schon auf eine Standpauke einstellend, sah er überrascht, wie sich ein ihm bekannter brauner Haarschopf die Treppe empor schob. "Uruha?", stieß er verwundert aus, als der Gitarist vor ihm anhielt. In der einen Hand eine grellrot blühende Topfpflanze in der anderen eine riesige Plastiktüte, aus der es verheißungsvoll duftete. „Meine Güte, du siehst aber echt beschissen aus!“ verkündete Uruha gut gelaunt und schob sich ungefragt an ihm vorbei in die Wohnung. Vollkommen perplex schloss Ruki die Tür hinter ihm und sah zu, wie sich der andere auf seinem Sofa und dem Couchtisch ausbreitete. „Was willst du hier?“, fragte Ruki ihn und der andere zog etwas beleidigt eine Schnute. „Krankenbesuch du Dummerchen!“, sagte er und klopfte mit seiner Hand auffordernd neben sich auf das Sofa. Ruki setzte sich widerwillig hin, zog die Beine an und bette seinen Kopf auf seine Arme. „Immerhin bin ich dein bester Freund und darum …“, ergänzte er gedehnt und hielt Ruki die Blume entgegen „habe ich dir erstens den Sommer mitgebracht, da du den ja erfolgreich ausschließt und zweitens lecker Essen …“ Er deutete auf die große Plastiktüte. Ruki zog die Brauen hoch. Bei dem Gedanken an fettige gebratene Nudeln, nach denen es eindeutig roch, wurde ihm speiübel. „Nett von dir, aber ich habe keinen Hunger“, sagte er nur matt, was Uruha ein Seufzen entlockte. „Dann nicht …“, entgegnete er resignierend und begann in seiner Tasche zu kramen, zog einen Wust an Zetteln hervor und legte sie vor Ruki auf den Tisch. Der zog erneut die Brauen hoch. „Und was ist das jetzt? Genesungswünsche? Oder soll ich die zusammen mit der Blume aufessen?“, murrte er sarkastisch und Uruha boxte ihm leicht gegen die Schulter. „Nein, weder noch. Jetzt bist du dran deine Pflicht als bester Freund zu erfüllen und mir bei der Planung für meinen Geburtstag zu helfen“ „Ach so“ Ruki warf dem anderen einen kurzen Blick zu und versuchte sich an das aktuelle Datum zu erinnern, was ihm allerdings nicht gelang. Hatten sie tatsächlich schon Juni? „Gästeliste, und die Getränkekosten … ich hab mich entschlossen lieber zu Hause zu feiern. Meine Wohnung ist groß genug und dann spar ich mir zusätzliche Kosten …“, brabbelte Uruha vor sich hin, während Ruki noch immer versuchte sein Zeitgefühl wieder zu finden. „Was soll ich damit?“, fragte Ruki verwirrt, als der andere ihm einige der Zettel in die Hand drückte. „Gucken ob ich jemanden vergessen hab!“, entrüstete sich Uruha, während er eine der Papppackungen aus der Plastiktüte zog, die Stäbchen auseinander brach und damit begann sich die Nudeln in den Mund zu schieben. Ruki seufzte und überflog die Liste. „Hast du etwa auch alle Bands von PSC eingeladen?“, fragte er nach einiger Zeit, als es von Kra zu alice nine überging. „Ähm, joa …“, mampfte der andere, „die sind doch eigentlich alle ganz nett und ich dachte, da man sich sonst so selten spricht ist das die perfekte Gelegenheit neue Kontakte zu knüpfen“ Uruha grinste dümmlich und Ruki wollte gar nicht so genau wissen, was der sich wieder unter "Kontakte knüpfen" vorstellte, aber er hatte grade sowieso einen Einfall, der ihm einen Stein in den Magen sinken ließ. Er blätterte ein Papier weiter und ganz oben stand der Name, der den Stein zu einem Amboss machte, der sein Innenleben schmerzhaft zerquetschte. Ruki schluckte hörbar und starrte Uruha’s ordentliche Handschrift an. „Du lädst Miyavi auch ein?“, krächzte er und spürte, wie Uruha ihn stirnrunzelnd von der Seite betrachtete. „Ich wusste deine Krankheit heißt Liebeskummer! Was ist zwischen euch passiert?“, fragte Uruha, stellte sein Essen auf den Tisch und setzte sich im Schneidersitz Ruki zugewandt hin. Ruki blickte seinen besten Freund an und merkte, dass er Tränen in den Augen hatte. Hatte Uruha grade Liebeskummer gesagt? „Es … ich habe keinen Liebeskummer“, sagte er matt, das wäre ja noch schöner, wo er doch gar nicht in Miyavi verliebt war. Uruha zog die Brauen hoch, was so viel bedeute, wie "ach ja?". „Ich … fühle mich nur total scheiße, weil ich mich wie ein Arsch verhalten habe und er einfach nur … total nett war und … gesagt hat, dass er mich auch liebt, wenn ich Insekten esse und … ich meine ich habe ihn verletzt und jetzt hasst er mich und ich weiß nicht wie ich mich entschuldigen soll und ob ich das soll und das alles nur, weil ich ihm keine falschen Hoffnungen machen wollte … was ja auch mies gewesen wäre, wenn er mich liebt und ich ihn nicht und …“, er stoppte seinen Redeschwall, weil Uruha leise angefangen hatte zu lachen, kombiniert mit einem stetigen Kopfschütteln. „Was denn?“, sagte Ruki verzweifelt, aber der Brünette streckte nur seine Arme nach Ruki aus und zog den Kopf des anderen auf seine Schulter. „Kleiner … ich weiß echt nicht, wieso ich dir das erst sagen muss, bevor du es merkst, aber du bist so was von in Miyavi verschossen!“, sagte Uruhas safte Stimme und er begann Ruki mitfühlend über den Kopf zu streichen. In Miyavi verschossen? Er? Nein, da hatte Uruha aber etwas falsch gedeutet, das war einfach absurd. Er hatte nur diese Bauchschmerzen, weil er sich schuldig fühlte. Und sein Herz tat nur so weh, weil er Miyavi mochte, aber nur als Freund, nicht mehr. Und er weinte nur, weil … ja warum weinte er eigentlich? Heiße Tränen rannen ihm über die Wangen und verfärbten den roten Stoff von Uruhas Sweatshirt. Er biss sich schmerzhaft auf die Unterlippe. „Bin ich echt, oder?“, krächzte er und Uruha bebte leicht, als er erneut mitleidig lachte. „Aber sowas von“ Aber sowas von. Natürlich, er hatte sich nicht verhalten, wie jemand der sich schuldig fühlte, weil er jemand anderen verletzt hatte. Er hatte sich verhalten, wie jemand der Liebeskummer hatte und er war selber verletzt. Er hatte sich selbst verletzt, als er Miyavi den Laufpass gegeben hatte. Und sein Herz war in tausende Teile zersprungen, als er gegangen war. „Scheiße“, flüsterte er, als sich seine Tränenflut verstärkte. Warum hatte er das nur nicht eher bemerkt? Und jetzt war es zu spät. Aber da war immer noch die Sache mit Aoi. Was sollte er nur machen? „Ruha?“, krächzte er und wartete, bis der andere leise brummte, „Aoi ist auch in Miyavi verliebt … was … was mach ich denn jetzt?“ Uruha packte ihn sanft bei den Schultern und schob ihn ein Stück von sich weg, sodass er ihn ansehen konnte. Ruki konnte seinen Freund nur verschwommen erkennen, aber sein Gesichtsausdruck schien sich verhärtet zu haben. „Aoi?“, sagte er tonlos und Ruki nickte schwach, „Woher weißt du das?“ „Ich hab zufällig gehört, wie er das jemandem am Telefon erzählt hat …“, berichtete er und hoffte nur Uruha wollte nicht den ganzen Wortlaut haben. Doch er fragte nichts mehr, sein Blick wurde abwesend und er starrte aus dem Fenster. „Uruha?“, fragte Ruki nach einiger Zeit und der andere nahm wieder Blickkontakt auf. „Ich brauche jetzt echt einen guten Rat … ich will Aoi nicht verletzen, aber …“, er schluckte und sah den anderen erwartungsvoll an. „Du solltest mit Miyavi reden …, wenn du dich nicht traust anzurufen, auf meinem Geburtstag …“ Der brünette blinzelte einmal kurz und strich Ruki dann lächelnd über die Wange „Ich weiß du willst Aoi nicht wehtun, aber man kann Liebe nicht erzwingen … wenn Miyavi seine Gefühle nicht erwidert, bringt es ihm auch nichts, wenn du dich von ihm fernhältst … da muss er wohl durch …“ Uruhas Stimme war immer leiser geworden und Ruki betrachtete ihn nachdenklich. „Ist alles okay?“, fragte er schließlich und Uruha brauchte wieder einen Augenblick, bis er leicht lächelte. „Ja, … ich … muss wieder los. Ich lass dir die Liste hier und das andere Zeug auch. Falls du was findest, was nicht passt ruf mich an“, er hatte sich erhoben und hielt sich bei diesen Worten seine Finger neben ein Ohr, als wären sie ein Handy, „und iss nicht so viel Schokolade, oder so … lass den Kopf nicht hängen das wird schon. Einer von uns hat es schließlich verdient glücklich zu werden … wir sehn uns, bye!“, und schon war er aus der Haustür verschwunden und Ruki blinzelte ihm nur verwirrt hinterher. Einer von uns? Was sollte das denn wieder heißen? Er schnappte sich seine Wolldecke und zog sie sich bis zu den Ohren hoch. Er war verliebt. Als wäre sein Leben nicht schon bescheuert genug, verliebte er sich ausgerechnet in den Kerl, den er am Anfang so wenig gemocht hatte. Das Leben schien sich wirklich über ihn lustig zu machen. Er kauerte sich noch kleiner zusammen. Obwohl sein Herz noch immer schmerzte, war da tief in ihm noch ein anderes Gefühl. Eine seltsame Art von Nervosität und Sehnsucht. Kein Wunder, dass er nicht von alleine darauf gekommen war, bei Uruha hatte es sich ganz anders angefühlt. Ruki biss sich auf die Lippe. Also Uruhas Geburtstag. Er würde mit Miyavi reden ... Ruki hoffte inständig, dass der andere ihn überhaupt noch wollte, jetzt wo er endlich wusste, was er wollte. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)