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Being so close

von

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I

[☆]
 

Dichter weißer Nebel breitete sich an diesem Morgen in Tokyo aus wie eine Seuche. Leise, schnell und undurchdringbar schlängelte er sich durch die Straßen und begrub alles unter sich. Unfassbar. Es war gerade Ende März und die dichten Nebelbänke waren immer noch nicht verschwunden. In der Innenstadt bemerkte man sie kaum - zu viele Werbereklamen leuchteten und blinkten von allen Ecken und Enden. Aber hier, in der etwas abgelegenen Parkanlange konnte man kaum seine Hand vor Augen sehen. Sogar das Motorengeräusch der unzähligen Autos wurde gedämpft und eine gespenstische Stille breitete sich aus.
 

Subarus schnelle Schritte waren kaum zu hören. Atemlos rannte er über den schmalen Schotterweg, die Augen zusammengekniffen um wenigstens die Silhouetten der riesigen Gebäude erfassen zu können. Majestätisch thronten die Justizgebäude vor ihm.
 

Das Gerichtsviertel von Tokyo war großräumig angelegt und die vielen Häuser durch einen großen Park miteinander verbunden. ein paar hohe Wolkenkratzer bildeten den Mittelpunkt des Campus. Die kleinen Schotterwege, die man gehen musste um vom einen ins andere Gebäude zu kommen, waren mit Pfirsich-, Magnolien- und Kirschbäumen gesäumt. Man konnte ihre schönen Blüten nicht wirklich erkennen. Die Bäume und Bänke an jeder Ecke waren exakt symmetrisch angeordnet – schier unmöglich sich auf Anhieb zurechtzufinden. An der ein oder anderen Kreuzung standen Brunnen oder Statuen. Die größte Statue inmitten den Wolkenkratzern zeigte "Justitia", eine Frau mit verbundenen Augen und einer Waage in ihren Händen – Das Zeichen für Gerechtigkeit. Das riesige Gebilde war auf jeden Fall einen Blick wert.
 

Subaru stoppte und keuchte laut auf. Er sah sich um während er keuchend nach Luft rang. So lange war er schon gerannt. Eine Kreuzung sah aus wie die andere und unterwegs war ihm kein Mensch begegnet. An dem Gebäude vor ihm hing in etwa 20 Metern Höhe eine Uhr aus Metall und ihre Zeiger verrieten ihm, dass er schon über eine halbe Stunde zu spät war. Seufzend ließ er die Schultern hängen und warf nochmals einen Blick auf die Karte, die er sich an der U-Bahn Station hatte geben lassen. Der Karte nach konnte er nur wenige Meter entfernt sein, aber außer dem Hauptgebäude war nichts zu sehen. Subaru kniff die Augen zusammen. Keine Chance. Er musste sich sehr anstrengen um die Zeiger der Uhr sehen zu können. Tatsächlich schon eine halbe Stunde.
 

Es half alles nichts, er musste weiter suchen und das ziemlich schnell. Entmutigt zog der den Träger seiner Tasche straff, der über seine Schulter hing und stolperte weiter in den Nebel hinein. Der junge Yin-Yang Meister hatte keinen Orientierungssinn, und das bekam er an diesem Tage wieder schmerzlich zu spüren. Schon immer hatte Hokuto, seine Zwillingsschwester ihn damit aufgezogen. Für sie war es als Kind schon spaßig gewesen ihn in einem überfüllten Kaufhaus einfach stehen zu lassen und sogar heute zog sie ihn ab und an noch damit auf.
 

„Aber was am Wichtigsten ist: Du darfst auf keinen Fall, hörst du, auf keinen Fall am ersten Tag zu spät kommen!“, hallte Hokutos Stimme in seinem Kopf wieder. Subaru schluckte. Dafür war es allerdings schon viel zu spät! Voller Panik beschleunigte er seine Schritte, sprintete schon fast, die Augen noch immer zusammengekniffen in der Hoffnung doch noch das richtige Gebäude zu finden. Während dem Rennen zog er wieder die Karte hervor. Hokutos Stimme spukte weiter durch seinen Kopf während er mit dem Zeigefinger den Weg entlangfuhr.
 

Plötzlich spürte er einen Widerstand an seinem Fuß, den er nicht erwartet hatte und stolperte. Ohne auch nur eine Chance zu haben sich abzufangen viel er der Länge nach auf den Schotter.

II

[☆]
 

„Oh der Anzug steht dir ja ausgezeichnet, Subaru-kun!“, Seishiro Sakurazuka lächelte und zog Subarus Krawatte ein Stückchen enger. „Ja du siehst richtig erwachsen aus!“, pflichtete ihm Hokuto bei. Skeptisch betrachtete sich der Junge im Spiegel und warf einen hilfesuchenden Blick auf die Verkäuferin. Sie nickte.
 

„So…männlich!“, meinte Seishiro. Nachdenklich betrachtete er Subaru von oben bis unten, bis dieser leicht errötete. Hokuto blickte den Mann an und stieß ihn mit den Ellbogen sanft in die Rippen. „Das ist doch wohl kein Hindernis für dich, oder Sei-Chan?“ Seishiro wurde aus seinen Gedanken gerissen und lachte auf „Haha, natürlich nicht!“
 

Mit hochrotem Kopf stapfte Subaru wieder zurück in die schmale Umkleide und schlüpfte wieder in seine normalen Klamotten. Das die Beiden aber auch keine Gelegenheit ausließen ihre Scherze mit ihm zu treiben… Vor allem Seishiro-san.
 

Vorsichtig legte er den schwarzen Anzug, den er soeben ausgezogen hatte, zusammen. „Ich denke den nehme ich.“, sagte er zu der Verkäuferin als er den schwarzen Vorhang der Umkleide zurück zog und sie nickte zustimmend.

„Warte Subaru-Chan! Oma hat uns doch genug Geld geschickt und wir kennen ja deine Schusseligkeit.“, Hokuto strich ihrem Bruder liebevoll durchs Haar.

„Ja am Ende fällst du noch hin und ich bin gerade mal nicht da um dich aufzufangen. Also nimm doch lieber gleich zwei davon!“, der Tierarzt zwinkerte ihm ermutigend zu. Das war gar keine schlechte Idee.

Vorsorglich hatte seine Großmutter ihm genug Geld für zwei Anzüge geschickt, wohl nicht zufällig. Außerdem würde ein Anzug sowieso bald in die Wäsche wandern, so hatte er wenigstens noch einen zum Wechseln.
 

Es war keine richtige Arbeit, sondern nur ein Schulpraktikum. Da Subaru aufgrund seines Jobs sehr oft fehlte und dadurch sehr viel Unterrichtsstoff verpasste, musste er die Zeit regelmäßig wieder aufarbeiten. Eine Zeit lang war er einfach am Wochenende in die Schule gekommen, doch irgendwann musste er feststellen, dass er die Zeit brauchte um sich auszuruhen. So hatte er sich jetzt mit den Lehrern auf ein kleines Praktikum geeinigt. So konnte er sich wenigstens nützlich machen und bekam zugleich einen Einblick in das Gerichtsviertel Tokyos, wenn auch er noch keine Ahnung hatte, welche Art von Arbeit dort auf ihn wartete.
 

Die Kleidung war im Großen und Ganzen vorgegeben und so musste er sich wohl einen schwarzen Anzug kaufen. Die perfekte Tarnung um zwischen den ganzen Workaholics unterzutauchen. Die sahen in ihren schwarzen Anzügen und den Aktenkoffern größtenteils gleich aus.

Seishiro und seine Schwester standen ihm beim Aussuchen natürlich mit Rat und Tat zur Seite.
 

[X]
 

„Trotzdem musst du gut auf dich aufpassen ja?“, Hokuto lächelte, als sie ihn wie jeden Morgen herausputzte. Natürlich konnte er das alleine, aber seine Zwillingsschwester als persönliche Stylingberaterin ließ es sich nicht nehmen, ihren Bruder einzukleiden. Gut gelaunt zupfte sie nun an seinem Kragen und an seiner Krawatte herum, trat immer wieder ein paar Schritte zurück umd das Gesamtbild zu betrachten und korrigierte jede Falte.
 

„Du siehst wirklich sehr gut darin aus, Brüderchen! Lass dich bloß nicht anquatschen.“ Subaru lächelte dankbar und drehte sich vor dem großen Spiegel ein paar mal hin und her. Die Meinung seiner Schwester bedeutete ihm sehr viel, schließlich vertraute er ihr voll und ganz. Und so ganz Unrecht hatte sie nicht, auch wenn er von ihr mehr Farbe und ein ausgefalleneres Design gewohnt war. Aber gegen eine Kleiderordnung war nicht viel anzurichten und so musste er in schwarz weiß gehen.
 

„Aber was am Wichtigsten ist“, Hokuto hob ermahnend den Zeigefinger „du darfst auf keinen Fall, hörst du, auf keinen Fall am ersten Tag zu spät kommen!“

III

[☆]
 

Subaru wurde durchgeschüttelt. Langsam und mit schmerzverzerrtem Gesicht öffnete er die Augen und sah in das Gesicht eines älteren Mannes.
 

„Hey geht’s dir gut, Kleiner?“
 

Sofort versuchte Subaru aufzustehen jedoch wurde er dabei von einem stechenden Schmerz im Fußgelenk überrascht und sackte einfach wieder zurück auf den rauen Boden. Der Mann half ihm auf die Beine und bugsierte ihn zur nächsten Bank, auf die sich der Yin-Yang Meister mit zusammengebissenen Zähnen niederließ.
 

„Entschuldigen Sie vielmals, ich wollte keine Umstände machen.“, sein Fußgelenk pochte schmerzhaft, dennoch lächelte Subaru und verneigte sich leicht.

Der Mann nahm neben ihm Platz und machte die Sicht auf den Grund frei, warum der Junge hingefallen war. Ein prächtiger deutscher Schäferhund.
 

„Oh, über dich bin ich also gefallen hm?“, mit wedelndem Schwanz und heraushängender Zunge empfing der Hund die Hand, die ihm soeben entgegen gestreckt wurde.

„Wie konnte ich nur so einen Prachtkerl wie dich übersehen… Entschuldigung nochmal“, sagte Subaru schnell an den Mann gewandt. „Ich hatte es so eilig weil ich zu spät dran war und da… hab ich ihren Hund wohl einfach übersehen.“, seine Wangen röteten sich kaum merklich doch er merkte es sehr wohl. Wie konnte man auch nur so Schusselig sein! Der Hund war wirklich schön anzusehen, sein Fell glänzte sogar unter diesen miserablen Wetterverhältnissen samtig weich und mit seinen treuen braunen Augen sah er Subaru an.
 

„Das ist kein Problem. Ich bin froh, dass du dir nichts getan hast. Jaja… Zeit ist das wertvollste auf der Welt.“
 

Für einen peinlichen Moment herrschte Stille dann sprang der Junge trotz aller Schmerzen im Bein auf und verbeugte sich.
 

„Wie kann man nur so unhöflich sein. Ich habe mich ja gar nicht vorgestellt! Mein Name ist Subaru. Subaru Sumeragi.“ Heute ging aber auch alles schief! Wo war er nur mit seinen Gedanken? Jedenfalls nicht bei der Sache.

Ein Blick auf die Uhr verriet ihm, dass er jetzt schon eine Stunde zu spät war und bei dem sonst so pflichtbewussten Subaru schlich sich allmählich der Gedanke ein, ob es überhaupt noch einen Sinn machte weiter zu suchen.
 

Vielleicht konnte er ja den Mann um Hilfe bitten. Sein Gedankengang wurde durch ein lautes Lachen unterbrochen. Verdutzt sah er auf. Der Mann lachte. Ein lautes, helles Lachen, es klang fast ein wenig befreiend.

„Du bist wohl keiner von denen…“

„Pardon?“

„Ach, ist nicht so wichtig. Mich nennst du am besten einfach Taki. Alles andere ist nicht so wichtig.“, amüsiert lehnte er sich zurück und wischte sich sogar ein paar Tränen aus den Augen. Erst jetzt fiel Subaru die Farbe seiner Augen auf. Genau konnte er die Farbe nicht einordnen aber es musste so etwas wie Kobaltblau sein. Sehr selten bei einem Japaner. Für eine Sekunde dachte er, dass es vielleicht ein Ausländer sein konnte, nicht zuletzt wegen dem Hund, aber sein Japanisch war einfach zu perfekt.
 

Taki schien seine Gedanken erraten zu haben und lächelte nochmals. „Ich komme nicht aus Japan.“, begann er und bat Subaru mit einer Handbewegung sich wieder hin zu setzen. „Meine Mutter ist lediglich Japanerin, aber geboren bin ich in Deutschland.“

„Oh ich. Ich uhm… ihre Augen. Sie sind so schön blau. Das ist sehr ungewöhnlich für einen Japaner deshalb dachte ich nur…“

„Ja, daran erkennt man mich!“, sagte Taki und lächelte wieder. „Aber ich bin seit meiner Kindheit hier in Tokyo. Und ich denke nicht, dass ich hier jemals wegkomme.“
 

Für einen Moment dachte der Junge Yin-Yang Meister an seine Kindheit. Wohlbehütet war er mit seiner Schwester bei seiner Großmutter aufgewachsen und vor kurzer Zeit nach Tokyo gezogen. Die Stadt hatte ihn, wie jeden anderen auch, in seinen Bann gezogen und er bezweifelte stark, dass sie ihn jemals wieder loslassen würde. Wollte er das überhaupt? Schwer zu sagen…
 

Durch den Hund des Mannes wurde er wieder aus seinen Gedanken gerissen und sein Blick fiel diesmal auf seinen schwarzen Anzug. An den Knien hatte er zwei riesige Löcher und seine Haut war aufgeschürft. Er verzog das Gesicht. Wie Recht Seishiro-san und Hokuto wieder hatten, was für ein Glück, dass er gleich zwei Anzüge gekauft hatte.

„Wissen Sie… vielleicht zufällig“, er zückte seine Karte, die mittlerweile etwas zerknittert war „wo ich dieses Gebäude hier finde?“, sagte er und tippte mit dem Finger darauf.

Subaru dachte nicht das Taki ihm helfen konnte, mit seinem dunkelblauen, über und über geflickten Mantel sah er nicht gerade so aus, als würde er etwas mit den Menschen hier zu tun haben. Aber es konnte ja sein, immerhin war er sicherlich wegen des schönen Parks hier - also gar nicht so abwägig, dass er die Gegend nicht doch etwas kannte.
 

Taki griff nach dem Blatt Papier und blickte es angestrengt an, als würde er stark über etwas nachdenken. „Tut mir leid, Kleiner… Aber wer kennt sich hier schon aus? Nutz die Zeit lieber für etwas Wichtigeres als hier durch den Park zu irren und den Leuten mit den schwarzen Anzügen hinterher zu laufen.“, fügte er hinzu und gab dem verdutzen Subaru die Karte zurück.
 

„Aber ich muss da hin. Wissen Sie, ich habe sehr oft gefehlt in der Schule und muss meine Zeit jetzt nachholen. Da wurde mir diese Stelle hier zugeteilt. Aber ich bin schon über eine Stunde zu spät, wie konnte ich auch wissen, dass es tatsächlich so schwer zu finden ist.“
 

Entmutigt schüttelte er den Kopf. „Und in diesem Aufzug kann ich da jetzt wohl auch nicht mehr hin. Oh Hokuto wird nicht sehr erfreut darüber sein.“, sagte er und deutete auf die Löcher in seiner nagelneuen Hose. Schon wieder konnte er ihre Stimme in seinem Kopf hören, wie sie ihn tadelte. Ein Seufzen entfuhr ihm.
 

„Hokuto?“
 

Subaru lächelte. „Ja, meine Zwillingsschwester! Sie und ein Freund haben den Anzug mit mir zusammen ausgesucht. Und mir geraten, gleich zwei davon zu nehmen.“, bei den Erinnerungen an den schönen Tag hellte sich sein Gesicht schlagartig auf.
 

„Das ist schön. Verbringst du viel Zeit mit ihnen?“, fragte Taki und lauschte gebannt, was der Junge zu sagen hatte.

Etwas überrascht über das Interesse des Fremden zögerte Subaru einige Sekunden, erzählte dann aber bereitwillig weiter. Er schien sehr nett zu sein und es wäre ja unhöflich gewesen eine einfache Unterhaltung mit einem netten Menschen abzuweisen.
 

„Jede freie Minute verbringe ich mit ihnen.“, fuhr er lächelnd fort. „Leider habe ich nicht sehr viel Zeit, aber die hat Seishiro-san ja auch nicht.“

„Was macht er denn, dieserSeishiro-san? So, wie du von ihm redest muss er ja ganz toll sein.“, Taki lachte leise über die erröteten Wangen des Jungen.

„Er ist Tierarzt. Daher muss er immer auf Abruf sein, falls es irgendwelche Notfälle gibt.“

„Das klingt sehr interessant.“, Taki lehnte sich zurück und schloss die Augen. Subaru beobachtete ihn dabei, dann sah er sich um. Noch immer war die Nebelwand nicht verschwunden und noch immer war kein Mensch auf den Beinen. In nicht allzu großer Entfernung konnte er zwei Bäume ausmachen. Takis Hund legte die Schnauze auf die Bank und schloss, genau wie sein Herrchen es vorgemacht hatte, die Augen.
 

„Ich werde jetzt gehen.“, sagte Subaru und stand auf.

„Es hat mich sehr gefreut dich kennen zu lernen, Subaru-chan. Vielleicht sehen wir uns mal wieder.“, Taki hob die Hand zum Gruß und lächelte.

„Mich hat es auch sehr gefreut. Und nochmals Entschuldigung, für die Umstände, die ich Ihnen und Ihrem Hund bereitet habe.“, fügte er hinzu und verbeugte sich leicht.
 

„Nicht der Rede wert!“, Taki winkte ab und streichelte über den Kopf seines vierbeinigen Freundes. „Ich hoffe, dass er nicht zu lange zögert, was Suki. Diese zwei scheinen ihn wirklich glücklich zu machen.“

Suki winselte und leckte seinem Herrchen über die Finger.
 

„Er würde es nicht verkraften, wenn sie ihn jemals verletzen würden.“

IV

[☆]
 

„Du scheinst echt Talent dafür zu haben, das Pech magisch anzuziehen oder Subaru-kun?“, Seishiro ging in die Knie um die Wunde besser erreichen zu können. Er desinfizierte die Aufschürfungen, was auch wirklich nötig war, denn durch den Schotter war so einiges an Dreck hineingeraten.
 

Subaru musste kurz die Zähne zusammenbeißen, doch schon bald ließ das Brennen nach.

„Ja. Der Nebel war so dicht, ich konnte gar nichts sehen… und dann bin ich wohl über einen Hund gefallen.“
 

„Du bist… über einen Hund gefallen?“
 

„Ja.“, beschämt sah Subaru zu Boden.
 

„Hahahah!“, lautes Lachen erfüllte den großen Raum. Subaru saß auf Seishiros Bett. Hokuto war noch nicht Zuhause gewesen, da war er einfach zu Seishiro gelaufen. Dieser kniete nun weinend vom Lachen vor ihm und es dauerte einen Moment bis er sich wieder beruhigt hatte.
 

„Ich schätze du brauchst einfach einen Glücksbringer!“, sagte er schließlich und klebte zwei Große Pflaster mit Tieraufdrucken über die Wunden.

„Ja den brauche ich wohl wirklich.“, seufzte der Junge und krempelte die zerissene Hose wieder zurück. Bei seinem Pech war sich Subaru jedoch nicht sicher, ob überhaupt ein Glücksbringer ausreichen würde.
 

„Subaru-kun!“, Seishiro nahm die Hand des Jüngeren und kam ihm mit dem Gesicht so nahe, dass dieser den warmen Atem des Tierarztes auf seinem Hals spüren konnte. Zu überrascht um sich auch nur wehren zu können sah er ihn erschrocken an, unfähig zu atmen.
 

„Lass mich ab heute dein Glücksbringer sein!“, hauchte Seishiro toternst und wieder konnte man nicht unterscheiden ob er es ernst meinte oder ob es nur als Scherz gedacht war. Eine Gänsehaut rieselte dem Jungen über den Rücken aber

langsam löste sich Subaru aus seiner Versteinerung und wich knallrot angelaufen etwas zurück. Seine Gedanken überschlugen sich, doch um die peinliche Stille zu brechen, die ihn nur noch röter werden ließ, versuchte er sich an einem Satz:
 

„Ich uhm…“
 

„Stör ich??“, fragte Hokuto laut dazwischen.
 

Erschrocken zuckten sie beide zusammen und blickten zur Seite. Keiner von beiden hatte Hokuto kommen hören. Mit den Händen in die Hüften gestemmt stand sie mitten im Raum und sah beide vergnügt an. Natürlich kam ihr die Situation in der sie sich befanden gerade recht.
 

„Hokuto!“, Seishiro sprang lächelnd auf und Subaru bewunderte dessen Talent, aus einem Elefanten eine Mücke machen zu können.
 

„Ich meinte gerade, dass ich ab heute Subarus persönlicher Glücksbringer sein werde.“, diesem Lächeln musste man einfach glauben.
 

Dennoch sah Hokuto ihm tief in die Augen, ihrem prüfendem Blick entkam so schnell niemand doch nach einer Weile hellte sich ihr Gesicht auf.
 

„Das ist doch mal was! Dann pass schön auf ihn auf!“, sie trat ein paar Schritte näher an den Tierarzt und stelle sich auf die Zehenspitzen um ihm etwas ins Ohr zu flüstern.
 

„Denk dran… wenn du ihm wehtust…“, flüsterte sie kaum hörbar.
 

„Dann bringst du mich um.“, beendete Seishiro den Satz und lächelte sie an.

„Keine Angst! Ich werde ab heute noch besser auf ihn aufpassen!“
 

"Ich sehe wir verstehen uns.", sagte ihr Blick und sie zwinkerte.
 

„Was ist überhaupt hier los?“, fragte sie und ließ sich neben Subaru aufs Bett fallen.
 

„Na Subaru-kun ist über einen Hund gefallen!“
 

„Einen Hund?“
 

„Ja. Aber die Geschichte erzählen wir dir bei einem Eis. Was meinst du Subaru-kun?“, Sei streckte die Hand aus, um dem peinlich berührten Jungen aufzuhelfen.

V

[☆]
 

Am nächsten Morgen hatte sich das Wetter komplett gedreht und hatte den so düsteren und gruseligen Park zu einem wunderschönen Ort verwandelt. Endlich konnte man die Blütenpracht in vollen Zügen genießen und auch die großen Gebäude waren zu sehen. Hier und da liefen ein paar Menschen umher, lachten vergnügt. Auch viele Pärchen waren an diesem Morgen unterwegs.
 

Das war die Chance für den zweiten Versuch. Wie prophezeit war Hokuto nicht sehr erfreut darüber gewesen, dass ihr Bruder gar nicht erst zum ersten Arbeitstag erschienen war. Sie sagte glücklicherweise nichts weiter dazu, durch den kaputten Anzug fühlte sich Subaru schon schuldig genug. Auch an diesem Morgen durfte sie ihn wieder ankleiden und verpasste ihm ein hell blaues Hemd, sowie die passende Mütze dazu. Wie immer ließ er es tapfer über sich ergehen.
 

„Ich hoffe, dass du heute mehr Glück hast. Pass auf dich auf!“, sagte sie wie jeden Morgen und zupfte seinen Kragen zurecht. Die Besorgnis in ihrer Stimme sprach Bände. Tatsächlich machte sich Hokuto wohl manchmal viel zu viele Sorgen um ihren Bruder, doch dagegen konnte sie einfach nichts machen. Sie hatte ihn viel zu gern.

„Mach dir keine Sorgen.“, erwiderte Subaru motiviert und machte sich abermals auf den Weg zur Arbeit.
 

Als er das Gelände betrat wurde ihm gleich warm ums Herz. Subaru konnte gar nicht genug kriegen von den unzähligen Bäumen. Für ein paar Sekunden schloss er die Augen und atmete tief den frischen Duft der Bäume ein, bevor er mit einer neuen Karte bewaffnet, wieder die Suche nach dem richtigen Gebäude antrat. Der Geruch, die Farben... alles faszinierte er und immer wieder dreht er den Kopf um auch alles zu sehen zu bekommen, was dieser Park ihm bot.
 

Er war nur wenige Schritte gelaufen – zu interessant war es, den Park genauer zu betrachten – da tippte ihm jemand auf die Schulter und er fuhr herum.

„Taki!“, entfuhr es ihm und lächelte.

„Na, heute mehr Durchblick?“

„Na hoffentlich!“, erwiderte Subaru guten Mutes.
 

Erst jetzt fiel ihm Takis Kleidung auf. Sie war total heruntergekommen und schmutzig, an allen Ecken und Enden geflickt und gestopft und das auch noch mit den unmöglichsten Farben. Sein Haar war bereits von feinen grauen Strähnen durchzogen, dennoch lächelte er glücklich als er den Yin-Yang Meister traf.

Suki wedelte aufgeregt mit dem Schwanz und sprang sofort an Subarus Beinen hoch, um ihn zu begrüßen.
 

War Taki etwa ein Landstreicher? Recht ungewöhnlich für jemanden, in diesem Bezirk zu verkehren.

„Hast du noch eine Minute? Ich dachte… heute erzähle ich dir, was mich glücklich macht. Als Ausgleich.“, sagte der Mann und deutete mit einer Handbewegung, sich auf die nächste Bank zu setzen. Es fiel ihm sichtlich schwer.

Schnell sah Subaru auf die Uhr.

„Na klar. Ein paar Minuten habe ich noch. Schließlich ist es heute so schön, da finde ich mich mit Sicherheit besser zurecht.“
 

Der Schäferhund legte sich zu Takis Füßen als dieser sich langsam zurücklehnte. Scheinbar saß er öfter hier.

„Ich habe eine Tochter.“, begann Taki mit der Geschichte und öffnete die Tasche seines schäbigen Jacketts. Es war schon gar nicht mehr schwarz, sondern so verwaschen und dreckig, dass es die Farbe von Staubgrau angenommen hatte.
 

Er zog ein Foto heraus, das schon ziemlich alt zu sein schien. Darauf zu sehen war seine Frau, die ganz kurze Haare hatte und eine für damalige Verhältnisse neumodige Brille trug und seine Tochter, kaum älter als 4 oder 5 Jahre. Beide lächelten glücklich und winkten in die Kamera.
 

Subaru nahm es in die Hand.

„Das ist ein sehr schönes Foto. Ihre Frau und ihre Tochter sehen sehr glücklich aus!“, sagte er und reichte es Taki wieder zurück.

„Das waren sie auch. Das waren sie auch. Sie waren schon immer das Wichtigste in meinem Leben gewesen und ich wollte immer nur das aller Beste für sie.

Immer wenn ich mit meiner Tochter spazieren ging, und sie die Bäume und Blumen sah war sie sehr glücklich. Sie sagte immer, wenn sie groß ist, würde sie einen wunderschönen Garten haben.“
 

„Das ist doch ein sehr schöner Wunsch.“, sagte Subaru und lauschte weiter gespannt.

„Ja aber weißt du wie viel ein Grundstück Garten in Tokyo kostet? Die wenigen Quadratmeter Grünfläche sind sehr rar und sehr sehr teuer. Aber das war mir egal! Nichts war mir zu teuer für meine Kleine!“, lachte er.
 

Suki stellte die Ohren als sie das Lachen seines Herrn vernahm.

„Sie hatte diesen Traum. Und den wollte ich um jeden Preis erfüllen. Und das… ja das war der Fehler.“, Takis Lächeln wurde zu einem traurigen Schmunzeln und verschwand schließlich gänzlich von seinem Gesicht.
 

Subaru blickte ihn an, legte eine Hand auf seine Schulter. „Was ist denn passiert? Konnten sie ihr den Traum nicht erfüllen?“

„Doch doch das konnte ich. Du musst wissen Subaru-kun, dass ich jeden Tag und jede Nacht gearbeitet habe wie ein Besessener. Ich wollte ihr den größten und prächtigsten Garten schenken, den man sich vorstellen kann! Also verbrachte ich so manche Nächte im Büro. Ich war nicht Zuhause.

Dann…“, Taki seufzte und kratzte sich am Kinn. „Als ich das Geld zusammen hatte, für den größten und prächtigsten Garten… und die Haustür aufschloss war alles vorbei.“
 

„Was war vorbei?“, fragte Subaru mit trauriger Mine.

„Sie waren nicht mehr da. Die Wohnung war komplett leer. Nur ein Zettel hatten sie mir hinterlassen. Besser gesagt meine Tochter.“

„Was…und was stand darauf?“
 

Taki öffnete die andere Tasche seines Jaketts und zog einen sehr zerknitterten Zettel heraus, hielt einen Moment inne und reichte ihn dann Subaru, der ihn mit zitternden Händen entgegen nahm.

[☆]
 

Trotz des Gespräches mit Taki war er ganz gut in der Zeit und musste laut Karte das Gebäude bald sehen können. Je mehr er in den Komplex vordrang, desto weniger Menschen kamen ihm entgegen. Jedoch wuchs die Zahl der Bäume und Sträucher stetig an und es wurde immer bunter um ihn herum. Ein seltsames Gefühl machte sich in Subaru breit, woran nicht zuletzt sein letztes Gespräch schuld war.
 

Schon eine traurige Geschichte irgendwie und den sensiblen Subaru nahm so etwas immer mit. Er hatte Mitleid mit Taki, und das nicht zu wenig aber es gab keinen Weg ihm zu helfen. Vielleicht half es ihm ja, wenn er ihn ab und an besuchen käme.
 

Nach einem letzten Blick auf die Karte hielt Subaru inne und betrachtete sich das Haus, das direkt vor ihm stand. Es war über und über mit Efeu bewachsen und bunt Rosenbüsche waren komplett um das Haus herum gepflanzt. Mit skeptischem Blick trat der Yin-Yang Meister einen Schritt näher.

Die Tür war verriegelt, sogar mit Brettern und es machte den Anschein als wäre sie seit Jahren nicht mehr geöffnet worden. Aber laut Karte musste das genau das Haus sein, in dem er arbeiten sollte!
 

Verdutzt beschleunigte er seine Schritte und stand schon bald vor der Tür. Subaru blickte sich um. Niemand war zu sehen.

„Hallo?“, rief er und klopfte mit der Faust gegen ein Brett. Stille.
 

Gerade wollte er sich wieder umdrehen, da viel ihm die Metalltafel neben der Tür auf. Zu viel Efeu war darüber gewachsen, als dass man sie hätte erkennen können.

Er strich den Efeu beiseite und traute seinen Augen nicht.
 

„Dieser Park wurde erbaut von Taki Usami – 1975“
 

Subaru schluckte.

Das war also der Garten gewesen. Nur für sie.

Er spürte, wie seine Augen feucht wurden und schluckte nochmal.
 

Taki hatte recht gehabt. Man sollte die Zeit genießen die man mit den Menschen hat, die einen glücklich machen. Wer weiß, wann sie nicht mehr da sind.
 

Sehr gedrückt kehrte Subaru um, ging langsam und nachdenklich den Schotterweg zurück den er gekommen war zurück und dachte dabei an die traurige Geschichte, der er soeben auf die Schliche gekommen war. Er dachte auch an Taki, welches Leid er erlebt haben musste.
 

Und an den Brief seiner Tochter:
 

„Hast du mich denn nicht lieb, Papi?“



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Kommentare zu dieser Fanfic (1)

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Von: abgemeldet
2009-10-23T22:01:29+00:00 24.10.2009 00:01
Sehr schön geschrieben, wenn auch ein bisschen kurz (meiner Meinung nach) =D
Aber die FF wurde gut abgerundet, und hat einen berührt..
an Kritik kann ich eig nichts sagen ;)
Also es hat mir sehr gut gefallen =D
Vorallem.. Auch die Beziehung zwischen Subaru und Seishiro reinzubringen..^^ und die Idee mit dem Garten und mit Taki verbunden.. einfach nur schön =D
Liebe Grüße
_Seishiro_


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