Bleeding Love von --Tina-- ================================================================================ Kapitel 3: Vampire? ------------------- But I don't care what they say I'm in love with you They try to pull me away But they don't know the truth My heart's crippled by the vein That I keep on closing You cut me open Der Kerl konnte doch kein Vampir sein! So etwas gab es gar nicht. Die Bowle war bestimmt stärker gewesen, als ich gedacht hatte und deswegen halluzinierte ich hier. Genau, so war es. Doch als ich das noch dachte war mir eigentlich schon klar, dass ich hier nur versuchte etwas zu erklären, was mein Gehirn nicht verarbeiten konnte. Mich wunderte nur, was für ein guter Schauspieler Christopher war, denn er blieb völlig ruhig, zuckte noch nicht mal bei dem boshaften Lachen des anderen Mannes zusammen. Angst musste er doch haben, oder? „Über deine Leiche? Das kannst du haben, Chris. Aber ist die Kleine das überhaupt wert?“ „Anscheinend schon, sonst hättest du ihr nicht aufgelauert. Noch hast du Zeit abzuhauen und die Sache zu vergessen“, erklärte Christopher ruhig und machte eine nachlässige Geste Richtung Weg, als wollte er Damian alleine damit zeigen wie wenig er von ihm hielt. Himmel, der Mann wollte sich doch nicht mit einem Vampir anlegen? Selbst wenn nur die Hälfte der Geschichten über die Rasse stimmte, dann hätte er keine Chance gegen den anderen Mann. Was mich dazu brachte, dass ich genauso wenige Aussichten hätte, einen Angriff von diesem Damian abzuwehren. Und zum wiederholten Mal an diesem Abend fragte ich mich, wieso ich nicht zu Hause geblieben war. Christopher von Deuten drehte den Kopf zu mir und lächelte mich beruhigend an. Doch er erreichte genau das Gegenteil mit seiner Geste, wie er vorhatte, denn jetzt sah ich auch bei ihm die spitzen Eckzähne. Einen Moment brauchte ich, um das Gesehene zu verarbeiten, dann wich ich zitternd ein paar Schritte zurück. Noch ein Vampir! Gab es hier irgendwo ein Nest? Doch wieso verteidigte mich einer und der andere wollte … ja, was eigentlich? Mein Blut? So lecker war es bestimmt nicht, da gab es doch noch andere Leute. Mich wunderte noch mehr, dass Christopher mich letztes Wochenende nicht angegriffen hatte, als er mit mir allein auf der Straße war. Es wäre ihm ein Leichtes gewesen mich in eine Seitenstraße zu ziehen und über mich her zu fallen. Ich hoffte nur, dass ich lange genug lebte, um die Antwort auf diese ganzen Fragen heraus zu finden. Die beiden Vampire hatten ihre Aufmerksamkeit wieder ihrem Gegenüber zugewandt und ich hielt das für die beste Gelegenheit die beiden allein zu lassen. Die hatten eindeutig was Persönliches am Laufen, war es jetzt Hass, Meinungsverschiedenheit oder sonst etwas, da wollte ich wirklich nicht stören. Vorsichtig und klammheimlich versuchte ich die Flucht anzutreten, doch schien das gerade der Startschuss für die Vampirauseinandersetzung zu sein. Damian versuchte an Christopher vorbei zu gelangen, doch dieser reagierte mit unmenschlicher Geschwindigkeit und hielt Damian am Arm fest, schubste ihn zurück. Ein Fauchen erklang aus der Kehle des schwarzhaarigen Vampirs und ich blieb erstarrt und mit einer Gänsehaut stehen. Dem konnte man nicht davonlaufen, das wurde mir mit einem Mal klar, diese beiden Vampire waren einfach zu flink dafür. So blieb mir nichts anderes übrig, als dem Zweikampf zuzusehen und zu sich wünschen, dass Christopher gewinnt. Er war danach nur hoffentlich noch genau so höflich und zuvorkommend wie bisher. Beide Männer fingen nun an, aufeinander ein zu prügeln, doch dabei bewegten sich viel zu schnell, als dass ich dem Kampf richtig folgen könnte. Beide hatten etwas Raubtierartiges an sich, was ja auch ziemlich nahe an die Wahrheit kam, schließlich waren sie ja Blut saugende Killer. So grazil und federnd, wie sie sich bewegten, schien der Kampf fast wie ein Tanz. Zuschlagen, ausweichen und kontern. Dies lief alles harmonisch und scheinbar ohne Kraftanstrengung ab und ein paar Augenblicke sah es wirklich sehr ausgewogen aus. Beide Männer schienen gleich stark und teilten Schläge aus und kassierten auch welche. Doch dann traf Damian Christopher mitten im Gesicht und hakte gleichzeitig seinen Fuß hinter seine Beine, um sie weg zu ziehen. Mein Beschützer landete hart auf dem Boden und schrie gepeinigt auf, als Damian seine Reißzähne tief in seiner Schulter versenkte. Als ich den Schmerz in von Deutens Schrei hörte, lief mir eine Schauer über den Körper. Bis gerade kam es mir irreal vor, dass ein Vampir Schmerz empfingen könnte, doch da schienen sie auch nicht anders als Menschen zu sein. Als hätte dieser eine Biss den Kampf entschieden, musste Christopher in die Defensive gehen, die Schulter schimmerte selbst in dem diffusen Licht hier nass. Er versuchte die Schläge des anderen Vampirs abzuwehren, doch sie prasselten regelrecht auf seinen Oberkörper und Kopf hinab. Damian schien in einem regelrechten Rausch zu sein und grinste dabei, wie er den blonden Mann am Boden windelweich prügelte. Verzweifelt suchte ich nach irgendjemandem oder irgendetwas, was eine Hilfe sein konnte. Ich konnte doch Christopher von Deuten nicht einfach sterben lassen, auch wenn er eines dieser Monster war. Der Vampir hatte mich verteidigen wollen, was auch immer seine Beweggründe waren, da konnte ich ihn doch nicht allein lassen. Ich bückte mich nach einem etwa einen Meter langen Stock am Wegesrand, den wohl am Tag ein Hund beim Spielen hatte fallen lassen. Ich war völlig verrückt, aber was sollte ich machen? „Hey, Missgeburt!“, schrie ich und schwang den Stock wie einen Baseballschläger. Tatsächlich hatte ich damit die Aufmerksamkeit von Damian auf mich gelenkt. Na herrlich, ich zierliche Person gegen ihn, der gerade einen anderen Vampir locker zusammengeschlagen hatte. Damian ließ von Christopher ab, der regungslos und leise stöhnend liegen blieb und ich machte mich bereit zuzuschlagen. Ich zielte sorgfältig, doch Damian hielt den Stock mitten im Schlag auf, als hätte eine zweijährige versucht ihn zu treffen und nicht eine erwachsene Frau. Er riss mir den Stock aus den Händen und dem Gefühl nach blieb ein ganzer Wald in meinen Handflächen stecken. Ich hatte noch nicht mal genug Zeit zu schreien, da hatte mich Damian schon am Hals gefasst und gegen den nächsten Baum gedrückt. Mein Rücken kollidierte schmerzhaft mit der rauen Rinde, doch der feste Griff um meine Kehle sorgte dafür, dass ich nur ein leises Wimmern herausbrachte. „Du kleines Menschlein, was denkst du dir eigentlich? Das ist eine Sache zwischen alten Freunden, da hast du dich nicht einzumischen. Du bist die Beute, um die wir uns streiten. Mehr nicht“, zischte mich der Vampir an und kam mir mit seinen spitzen Zähnen gefährlich nah. Ich hatte Angst, furchtbare Angst und am Liebsten hätte ich um Hilfe gerufen, doch fehlte mir die nötige Luft dafür. Verzweifelt zerrte ich an seinen Händen um meinen Hals, die mir gerade genug Luft zum Atmen ließen, doch genau so gut hätte ich versuchen können Eisenklammern zu lösen. Als sich Damians Zähne gefährlich meinem Hals näherten, schlug und trat ich nach ihm. Seine einzige Reaktion darauf war ein dunkles Lachen, er zuckte noch nicht einmal. „Lass sie los“, keuchte eine Stimme hinter Damian und einen Moment brauchte ich, um das heisere Krächzen Christopher zuzuordnen. Ich versuchte an Damians breiten Schultern vorbei zu sehen, was ziemlich schwer fiel, da seine Hand immer noch meinen Hals umklammerte. Auch Damian wandte den Kopf und dadurch sah ich die sich halb kniend, halb liegende Gestalt von Christopher von Deuten und wie er versuchte sich aufzurichten. Damian lachte wieder auf, doch diesmal hörte es sich wirklich belustigt an. Der Griff um meinen Hals lockerte sich etwas und dann wurde ich tatsächlich losgelassen. Hustend und keuchend sank ich in die Knie und ganz automatisch massierte ich meinen Hals. Ich sah durch einen Tränenschleier, dass Christopher unsicher dastand, aber trotzdem eine Art Kampfhaltung einnahm. Wie er nach den Prügeln, die er gerade eingesteckt hatte, noch aufrecht stehen konnte, war mir ein Rätsel. Ich konnte meinen Blick nicht abwenden, als Damian näher an von Deuten herantrat und was ich dann sah, ließ mich fast wieder vergessen zu atmen. Damian Willson wehrte Christophers schwächlichen Angriff mühelos ab und fing ihn auf, als er wieder zusammenbrechen wollte. Beinahe sanft hielt er ihn an Ellenbogen und Schulter fest, bis Christopher wieder einigermaßen sicher stand. „Ich denke, wir führen das ein anderes Mal zu Ende. So macht das nun wirklich keinen Spaß“, meinte Damian und klopfte dem anderen Vampir fast freundschaftlich auf den Rücken, als er an ihm vorbei in die Dunkelheit verschwand. Ich kniete immer noch auf dem Boden und sah völlig verwirrt zu Christopher hinüber. Dieser stand einen Moment noch mit gesenktem Blick da, bevor seine Augen mich fixierten und er ein sehr gequältes Lächeln zustande brachte. Langsam kam er auf mich zu, die Hand an die Schulter gepresst und mit sichtlichen Schmerzen. Aufstöhnend ließ er sich neben mir auf den Boden sinken und lehnte sich mit geschlossenen Augen an den Baumstamm. Erst jetzt aus der Nähe sah ich die ganzen Verletzungen und blauen Flecken, die er davon getragen hatte. „Danke fürs Beschützen. Aber wieso haben Sie das getan?“, fragte ich immer noch etwas krächzend und versuchte mir einen Überblick über seine Verletzungen zu machen. Kopfschüttelnd fragte ich mich, wie man sich ohne Waffen so zurichten lassen konnte. Vor allem, wenn man zuerst so kaltschnäuzig dem Gegner gegenüber stand, ohne auch nur mit der Wimper zu zucken. Die beiden Vampire schienen sich zu kennen, müsste von Deuten da nicht wissen, dass der andere stärker war? „Du kannst mich Chris nennen, wenn du möchtest. Nur logisch sich zu duzen, wenn ich mich gerade für dich geschlagen habe“, flüsterte Christopher und stöhnte auf, als ich die tiefe Wunde an seiner Schulter betrachten wollte. Er hielt meine Finger fest und schob sie ein wenig zur Seite. Er hatte sichtlich starke Schmerzen, doch wollte anscheinend nicht, dass ich ihm half. Typisch Mann! Oder typisch Vampir? Musste das nicht von allein wieder heilen? Aber woher sollte ich das denn wissen, als Vampirheilkunde in der Schule dran kam, hatte ich wohl geschlafen. Zaghaft stellte ich meine Frage, war mir dabei bewusst, dass Christopher immer noch meine Hand hielt, während er mit geschlossenen Augen an dem Baum lehnte. „Theoretisch schon, praktisch bin ich gerade nicht darauf eingestellt. Ich habe vorgestern das letzte Mal gegessen und deshalb muss ich erst nach Hause. Blutkonserven, du verstehst?“, erklärte er und wollte anscheinend auch gleich los. Er stieß sich von Boden ab und wäre ich nicht geistesgegenwärtig aufgesprungen und hätte ihn gestützt, dann wäre er über seine eigenen Füße gestolpert. Es war nichts mehr zu sehen von dem blitzschnellen, gewandten Mann und ein wenig ängstigte es mich doch, schließlich hatte er mich beschützt. Schuldgefühle nagten an mir, als ich die immer noch blutende Wunde sah. Viel Blut konnte in so einem Vampir doch nicht drin sein. Starb er da nicht – also endgültig? Himmel, der Mann würde es noch nicht mal zur Straße schaffen, geschweige denn in seine Wohnung, wo immer die auch war! Das wurde mir mit einem Mal klar. Energisch drückte ich Christopher zurück zu dem Baum und auf den Boden. Ich kniete mich vor ihm nieder und strich meine Haare zurück, so dass sie über die eine Schulter fielen und meinen Hals auf der anderen Seite frei ließen. „Dann nehm etwas von meinem Blut, Chris. Schließlich bin ich Schuld, dass du hier mitten in einem Park verblutest. Aber wirklich nur ein bisschen Blut“, erklärte ich mit zitternder Stimme. Hilfe, ich war verrückt geworden! Ich bot hier gerade einem Vampir mein Blut an, meine Halsschlagader. Wenn das nicht schon jenseits der Grenze zu verschroben war, dann wusste ich es auch nicht. Das schien wohl auch Christopher zu denken, denn er riss seine Augen auf, die er wieder vor Schmerz oder Müdigkeit geschlossen hatte. „Du bist von allen guten Geistern verlassen!“, schimpfte er auch schon, doch klang seine Stimme schwach und schwerfällig. Die Augen von ihm waren noch schlimmer, gleichzeitig beängstigend und besorgniserregend. Die Müdigkeit darin machte mir Angst, aber noch mehr dieser Hunger und normalerweise waren Christophers Augen nicht rot, sondern von einem hübschen blau. Trotzdem hielt ich seinem Blick stand, wich nicht zurück, auch wenn meine Hände zitterten und mein Herz einen wirklich irren Rhythmus anschlug. Entweder hatte der Vampir gemerkt, dass es mit ihm zu Ende ging oder er hatte meine Entschlossenheit gesehen. Auf jeden Fall nickte Christopher langsam, was ich als Zustimmung sah, dass er mein Blut nun doch haben wollte. „Du brauchst keine Angst zu haben, Melanie. Ich werde nicht so weit gehen, dass es dir gefährlich wird. Ich schwöre es und ich habe noch nie einen Eid gebrochen“, erklärte er ernst, fast feierlich. Zitternd nickte ich, auch wenn ich die Panik runterkämpfen musste. Ich wollte niemanden an meiner Halsschlagader saugen lassen. Und sowieso, waren Schwüre nicht da, um sie zu brechen? Marc hatte mir auch gesagt, dass er mich immer lieben würde und gehalten hatte er das Versprechen vielleicht ein paar Monate. Wie sollte ein einfaches Wort einen Vampir davon abhalten mich ganz auszusaugen! Ich sollte rennen, solange ich noch das Blut dafür hatte! „Wenn du es dir anders überlegt hast, dann gib mir dein Handy. Ich ruf einen Freund an, der wird schon noch rechtzeitig auftauchen“, murmelte Christopher fast zu leise, als dass ich es hören konnte. Der Vampir sah mittlerweile auch wie die lebende Leiche aus, die er nun mal war und ich bezweifelte, ob selbst Superman schnell genug hier her kommen würde, um ihm zu helfen. „Na los, mach schon. Einmaliges Angebot, Chris“, meinte ich betont locker und beugte mich vor. Mein Hals hing jetzt fast genau vor Christophers Mund, meine Augen hatte ich so fest zugekniffen, dass es wehtat. Ihm konnte gar nicht entgehen, wie sehr ich zitterte und wie schnell mein Herz schlug, doch seine einzige Reaktion bestand drin fast lautlos zu lachen. Sein Atem strich dabei über meinen Hals und ich bekam eine Gänsehaut. Zu meiner Verwunderung schob mich der Vampir ein wenig zurück und nahm meine linke Hand zwischen seine Pranken. „Am Hals hätte ich Angst, dich aus Versehen ernsthaft zu verletzen. Das Handgelenk tut es auch“, meinte er leise und hauchte einen Kuss auf die empfindliche Haut an genau der benannten Stelle. Ich wollte irgendetwas sagen, doch da gruben sich schon seine Zähne tief in meine Haut und ich unterdrückte nur mit Mühe einen überraschten Schrei. Im zweiten Moment war es gar nicht mehr so schlimm. Es tat nicht viel mehr weh, als eine normale Blutspende, nur die Schluckgeräusche und der Anblick ließen mir ein wenig anders werden. Ohne lange nachzudenken lehnte ich meinen Kopf auf Christophers Schulter und schloss die Augen, ließ ihn einfach machen. Irgendwo im Hinterkopf klingelte eine Alarmglocke, dass ich nicht einfach so empfindungslos dasitzen konnte, während ein Vampir mir mein Blut klaute. Aber gleichzeitig fühlte ich mich gut und so mit mir selbst im Einklang, dass ich gar nichts unternehmen wollte. Völlig entspannt ließ ich mich neben ihm an den Baum sinken, den Kopf immer noch auf Christophers Schulter. Es war fast entspannend hier zu sitzen mitten in der Nacht und mit einem Mann an der Seite, auch wenn ich bis zu einem gewissen Grad Angst haben müsste, dass ich gerade bis auf den letzte Tropfen Blut leer getrunken würde. Etwas tätschelte vorsichtig meine Wange und dadurch wurde ich wieder in das hier und jetzt geholt. Ein paar Mal blinzelte ich und schaute dann in die blauen Augen von Christopher, der mich etwas besorgt anschaute. Keine rot glühenden Vampiraugen mehr, das hatte doch etwas Gutes und lebendig war ich immer noch. „Alles in Ordnung, Melanie? Ich hab wohl doch ein wenig zu viel Blut genommen. Verzeih mir“, entschuldigte er sich und sah doch etwas niedergeschlagen aus. Ich hatte noch nicht mal gemerkt, dass er aufgehört hatte an meinem Handgelenk zu saugen und wo der lockere Verband aus einem Taschentuch oder etwas ähnlichem darum her kam, das konnte ich mir auch nicht erklären. „Schon gut. Ich bin nur müde“, murmelte ich und hob meinen Kopf von seiner Schulter, rutschte ein wenig weg, dass ich nicht mehr an seinem Körper lehnte. Etwas schummrig war mir schon, doch ansonsten ging es mir erstaunlich gut. Ich wusste nicht genau was Christopher mit mir gemacht hatte, aber irgendetwas musste der Vampir wohl an sich haben, dass ich so ruhig geworden war, als er mein Blut getrunken hatte. Ob es das war, weswegen Christopher von Deuten jede Nacht ein anderes Mädchen zu sich ins Bett holte? Trank er dann ihr Blut und machte durch irgendein Voodoo-Vampir-Zeugs, dass sie sich nicht mehr daran erinnerten? Ich hatte ja auch die Hälfte vergessen. Trotz allem fühlte ich mich nicht hilflos in seiner Gegenwart. Ich vertraute ihm, auch wenn ich selbst nicht wusste wieso. Jessica würde jetzt wohl die Hände über dem Kopf zusammen schlagen, wenn sie mich so sehen könnte. „Es tut mir leid, Chris. Ich wollte nicht, dass du verletzt wirst, obwohl ich es immer noch nicht verstehe, wieso du mir geholfen hast“, sprudelte es aus mir heraus, als ich es vor lauter Schuldgefühlen nicht mehr aushalten konnte. Doch Christopher legte mir einen Finger auf die Lippen, als wollte er mich vom Weitersprechen abhalten. „Wenn man es genau nimmt, wärst du nicht in Gefahr gewesen, wenn Damian dich nicht mit mir auf der Party gesehen hätte. Damian und ich sind schon seit zweihundert Jahren in einem kleinen Streit, eine Art Hass-Freundschaft. Hätte ich nicht mit dir geredet, hätte er sich nicht für dich interessiert. Er liebt es mir wegzunehmen, was mir gefällt“, erklärte der Vampir und ich hatte Probleme die ganzen Informationen zu verarbeiten, die er eher nebensächlich erwähnte. Himmel, der Kerl war über zweihundert Jahre! Automatisch ließ ich meinen Blick über den Mann neben mir gleiten und wenn ich nur in zwanzig Jahren so Faltenlos aussah, dann wäre ich darüber erstaunt. Aber über so einen langen Zeitraum einen Privatstreit zu pflegen, wie diese beiden Vampire, das konnten sich doch nur Männer einfallen lassen, oder? Und dann wurde mir das Wichtigste klar. Christopher hatte gesagt, dass ich ihm gefiel. Er hatte sich mit Damian geprügelt, weil er mich mochte und deshalb nicht wollte, dass mir etwas passierte. Auch wenn ich wusste wie falsch das war, bildete sich ein riesiges, glückliches Lächeln auf meinem Gesicht. Einfach nur, weil mich dieser Blut saugende Vampir leiden konnte. „Was gibt es da zu lachen? Ich entschuldige mich und du grinst“, beschwerte sich Christopher und es hörte sich fast verletzt an. Einen Moment gönnte ich mir das kleine Triumphgefühl, dass ich so einen gefährlichen Vampir dazu brachte so zu reagieren, doch dann sah ich seinen Blick und mir wurde klar, dass er wirklich etwas für mich fühlte. Vielleicht einen Beschützerinstinkt, vielleicht wollte er ja nur meine Zuneigung haben, weil ich ihn bei unserer ersten Begegnung so kalt hatte abblitzen lassen. Woher sollte ich das denn wissen? „Ich lache dich nicht aus, ich lache dich an“, meinte ich schnell und setzte noch ein größeres Lächeln als Bestätigung auf. Ich ließ meinen Blick über den Vampir gleiten und zu meinem großen Erstaunen war keine einzige Verletzung mehr zu sehen. Der einzige Hinweis auf den Kampf waren die etwas zerrissenen Klamotten und der Rest antrocknendes Blut auf seiner Kleidung. Damit wäre dann auch jeder Grund fort noch länger hier zu hocken, denn langsam wurde der Boden etwas kühl. Ich versuchte mich hochzustemmen, doch mir gelang es nicht, denn meine Muskeln wollten mir nicht gehorchen. „Mir ist schwindelig“, wimmerte ich, den Kopf scheinbar voller Watte und fuhr mir mit der Hand an die Stirn. „Ich hab doch gesagt, dass ich dich sicher nach Hause bringe. Notfalls trage ich dich“, erklärte Christopher und schaute entschlossen auf mich hinunter. Ich musste bei der Vorstellung ein wenig grinsen, wie der Vampir mich auf Händen durch die Gegend trug, wie in kitschigen Liebesfilmen. Da würde ich doch lieber noch ein bisschen hier sitzen bleiben. Nicht dass ich Christopher zutrauen würde mich fallen zu lassen, aber wenn mich irgendwer sehen würde, wäre mir das dann doch mehr als peinlich. Wir waren hier nicht im Mittelalter, wo die holden Fräuleins in Watte gepackt werden mussten. Ich lief immer noch selbst! Christopher legte mir einen Arm um die Taille und zog mich ohne Vorwarnung mit sich hoch. Es war beeindruckend, wie schnell die Wunden verheilt waren und wie viel Energie der Vampir durch das wenige Blut wieder hatte. Ich setzte automatisch einen Schritt vor den anderen, als Christopher losging und ein warmes Gefühl breitete sich in meinem Magen aus, als der Mann mich so im Arm hielt, auch wenn es verrückt war. Musste wohl am Blutverlust liegen. „Hast du keine Angst vor mir?“, fragte Christopher mich und beugte sich näher zu mir herüber. Ich wich nicht zurück, auch wenn mein Herz bis zum Hals schlug. Vor allem, als Christopher seine Lippen zu einem kalten Lächeln kräuselte und die spitzen Eckzähne darunter hervorlugten. Aber wie sollte ich auch zurückweichen, da mir immer noch schwindelig war und Christopher einen Arm um meine Taille gelegt hatte. Automatisch schüttelte ich auf seine Frage schnell den Kopf, dass meine Ohrringe leise klimperten, doch dann hielt ich inne und senkte den Blick, war mir doch bewusst, dass ich log. „Doch. Ein wenig schon. Auch wenn ich weiß – hoffe – dass du mir nichts tun wirst“, murmelte ich leise und sah hoch zu Christopher, der mich die ganze Zeit beobachtet hatte. Sein Gesicht war zu seinem üblichen überheblichen Ausdruck erstarrt, als würde er etwas verstecken wollen. „Na immerhin bist du ehrlich“, gab der Vampir leicht angefressen zurück und es klang fast so, als wäre er enttäuscht oder verletzt. Aber was hatte er erwartet? Immerhin hatte er gerade mein Blut getrunken und der Zweikampf der beiden Vampire war in mein Gedächtnis gebrannt. Das war so eine brutale und beängstigende Erfahrung, dass niemand bei klarem Verstand keine Angst vor Christopher gehabt hätte. Doch ein Teil von mir wollte keine Angst vor ihm haben, wollte ihm vertrauen. Oh heilige Scheiße, ich war schon wieder dabei jemandem mein Herz zu schenken. Hatte ich denn gar nichts aus der Sache mit Marc gelernt? Und dann musste es auch noch ein Vampir sein! Doch egal was die anderen sagen würden oder was ich gerade selbst dachte, ich liebte diesen Mann. Na ja, soweit man jemanden lieben konnte, den man erst wenige Stunden kannte und einem gerade das Leben gerettet hatte. Ich entspannte mich etwas und legte meinen Kopf an Christophers Schulter. Aus den Augenwinkeln bekam ich mit, wie sich ein Lächeln auf seinen Lippen bildete und da war ich sicher, dass ich hier das Richtige tat. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)