Asgar & Asgariette von -Catayane- ================================================================================ Kapitel 1: ----------- Es waren einmal ein Bruder und seine siebenundvierzig Sekunden ältere Zwillingsschwester, die ein jeder nur Asgar und Asgariette nannte. Sie lebten bei ihrer Stiefmutter, die so freundlich gewesen war, diese beiden verwöhnten und verzogenen Blagen aufzunehmen, nachdem die Super Nanny, Peter Zwegat und natürlich auch ihre leiblichen Eltern an ihnen verzweifelt sind. Eines Tages nahm Asgariette ihr Brüderchen am Ohr und sprach, während er bekümmert jammerte: “Seit wir bei der Ollen wohnen, haben wir keine gute Stunde mehr. Immer nur Hausaufgaben und Zimmeraufräumen UND noch den Tisch decken, wenn wir was zu essen haben wollen! Komm wir hauen hier ab und suchen uns eine andere staatlich geförderte Einrichtung, wo wir ohne Arbeit leben wie die Königinnen!” Ja, Asgariette hatte sich eigentlich lieber eine Zwillingsschwester gewünscht und wenngleich Asgars silberwallendes Haar dem eines Mädchens recht ähnlich war, war es für sein überzickiges Schwesterchen nicht genug und so schikanierte sie ihn, wo es nur ging. Ihrer festen innerlichen Vereinbarung nach, wollte sie dies solange machen bis Asgar sich endlich bei einem Zauberer einer Geschlechtsumwandlung unterzog. Auch Mädchen haben schließlich Grundsätze und kein Herz aus Hartbeton, der bei den Armen auch durch Stein ersetzt werden konnte. So gingen sie nun durch die Felder, über Wiesen und Steine und als es dann auch noch anfing zu regnen, jammerte Asgar gequälter als zuvor: “Hört dieses Elend denn niemals auf?” Dieser Satz blieb an sich von den Sklaven auf den Feldern, Wiesen und Steinbrüchen nicht ungehört und sie nahmen dies als einen mitleidvollen Satz über ihre elendige Lebensweise und den viel zu geringen Lohn, den sie monatlich erhielten, obwohl er noch im vollen Brutto ausgezahlt wurde, ohne dass sie Abgaben an den Staat abstottern mussten, auf. Und als die Geschwister vorüber gezogen waren, erhoben sich die Geknechteten und warfen ihre kostenlosen Arbeitswerkzeuge von Markenqualität hin und stürzten ihre Führer. Aber das ist eine andere Geschichte, deren Rechte FOX gehören und die hier nicht erzählt werden sollte, da es in jeder einzelnen Zeile um Gewalt, Sex, Drugs und Rock ‘n’ Roll geht; also alles Sachen, die ein gesunder Mensch verachtet und aus seinem kompletten Leben freiwillig streicht. Also wieder zurück zum Märchen: Abends kamen sie in einen großen Wald und waren müde vor Hunger, dem langen Weg und Jammer, dass Asgariette ihren Bruder auf den Boden warf und ihn prompt als Kissen benutzte, um die Nacht nicht allzu unbequem zu verbringen, was man von Asgar allerdings nicht behaupten konnte. Am anderen Morgen als sie erwachten, stand die Sonne schon hoch am Himmel und schien heiß von oben herab. Da sprach das Brüderchen leidlich geprüft: “Asgariette, ich hab Durst. Wenn wir nur noch mal zum Aldi gegangen wären und eine Limo geholt hätten. Außerdem drückst du mir auf die Blase mit deinem Stahlschädel” So schubste Asgar sein halbschlafendes Schwesterchen von sich und richtete sich auf. Die Stiefmutter der beiden, die in Wirklichkeit eine gemischte Hexe war, also irgendwas zwischen böse und neckisch, hatte mittlerweile längst mitbekommen, dass ihre Sprösslinge sich in die Kante geschlagen hatten. Und zur allgemeinen Sicherheit der Bürger und wegen der gesetzlichen Bestimmungen von wegen Vormundschaft und Streichung von Kindergeld und Sozialhilfe war sie ihnen nachgeschlichen in einer US-Army-Buschverkleidung mit passenden Ballerinaschuhen - Oh ja! Keine Armee ohne Ballerinas! - und die Dame war auch nicht faul gewesen und hatte mittels eines nichtbilligen Fernglases die beiden bösen, bösen, bitterbösen Kinder nicht aus den Augen gelassen. Sie war so aufmerksam, dass sie fast nicht bemerkt hätte, dass ihr jemand ganz unbewusst an den Popo tippte. Dieser Jemand war der böse Wolf gewesen und da die Hexe dennoch recht aufmerksam gewesen war, konnte sie die sexuelle Belästigung gerade noch so verhindern und in voller Rage auf ihn zustürmen, um ihn mit einem bitterbösen und dennoch neckischen Strafzauber zu belegen. Sie schwang ihren tollen Barbie-Zauberfeenstab und rief aus: “Dreckvieh, du, wirst dich noch mit Gallensteinen winden! Verflucht sei im ganzen Wald das Trinken! Eene, meene, Muh, Du blöde, blöde Kuh!” Und so wurden alle Quellen, Brunnen, Flüsse, Ozeane, Einweg- und Pfandflaschen im ganzen Wald verzaubert. Asgar nun, der von seiner siebenundvierzig Minuten älteren Schwester die Schnauze voll hatte, hatte sich selbst einen perfiden Plan überlegt, um ihr alles heimzuzahlen. Er pullerte einfach wild drauf los in einen Brunnen, eine Quelle und in eine offen herumstehende Flasche Sprite. Seinen eigenen Durst vergaß er in dieser Zeit und als er fertig war, rief er: “Schwesterchen, hast du nicht auch Durst?” Schwesterchen, die indes auch aufgestanden war, ging gleich dem Ruf nach, immerhin wollte sie ihrem Brüderchen nicht zu viel gönnen. “Wo ist das Trinken?” “Hier sind drei Sachen zur Auswahl.”, meinte Asgar und lachte sich ins Fäustchen. Zuerst ging Asgariette zu dem Brunnen und als sie sich den Eimer hochleiern wollte, sprang ein Frosch hinaus, übergab sich zu Asgariettes Füßen und meinte: “Wenn du das trinkst, wirst du schwanger!” Sofort wich Asgariette zurück und ging zu dem anmutend frischen Quell hinüber. Als sie die Lippen daran setzen wollte, hüpfte ein Fisch mit gelben Schaum vorm Munde heraus und sprach: “Wenn du das trinkst, kriegst du Tollwut!” Sofort ließ Schwesterchen von ihrem Vorhaben ab und wandte sich der Sprite zu. “Ich habe Durst und selbst wenn du das reingepisst hast, Asgar, werde ich es trinken und kein drogenabhängiges Tier wird das verhindern können!”, sagte sie und trank. Im nächsten Moment kam ein einen Meter neunundsiebzig großes und schwarzgekleidetes Männlein angerannt und rief ganz außer Atem: “Scheiße, ich bin zu spät! Ich wollte sagen, wenn du das trinkst, wirst du eine Tontaube. Aber da hab ich es wohl verbockt, oder?” “Toll Ghardar!”, riefen die beiden Kollegen des Männleins, die im Grunde genauso aussahen aus dem Gebüsch, “Da haben wir die ganze Choreo fünf Minuten lang geübt und du vergeigst es wieder!” Da zogen die Männlein auch schon wieder ab. Asgariette indes hatte den Schluck, den sie getrunken hatte, versucht wieder hoch zu würgen, aber es war bereits zu spät, sie verwandelte sich in eine sprechende Tontaube und schrie vor Ärger und Zorn: “ASGAR!!” Ihr Brüderchen freute sich voller Verwunderung über die Metamorphose und rief ausgelassen: “Mein Urin hat magische Kräfte, wie schön!” So nahm das nun wohlgesonnene Brüderchen sein verzaubertes Schwesterchen in die Hand und Band ihm seinen Schnürsenkel um den Hals und band das ganze dann an seinen Gürtel, sodass Schwesterchen beim Laufen schön schaukeln und würgen konnte. So wanderte Asgar durch den Wald. Den ganzen Tag und die ganze Nacht war er unterwegs, als ihn plötzlich der Schuss einer neuwertigen Bazooka in gutem Gebrauchszustand knapp verfehlte. “Bescheuert oder was?!”, riefen da er und seine Schwerster gleichzeitig voller Empörung. Ja, man sah schon, dass sie verwandt waren. “Sorry, ich hab auf die Tontaube gezielt!”, rief es zurück und aus dem Dickicht des Waldes kam herausgestürmt Valnar Darnus von Kätzchenstein, der scharfsichtigste Prinz und Jäger außerhalb von der Luxemburger Straße, da, wo der Bäcker die Brötchen immer zu teuer verkaufte. “Das ist meine Schwester, du Armleuchter!”, entgegnete Asgar ihm “freundlich”. Der Prinz besah sich die Beiden und meinte vorsichtig: “Das will ich nicht ganz so sehr glauben.” Insgeheim dachte Prinz Valnar, dass Asgar einen Sockenschuss hatte, weswegen der junge Prinz einen Schritt nach hinten machte, nur um sicher zu gehen, weil man bei Irren ja nicht so recht wissen konnte. “Wir sind Zwillinge!”, rief Asgariette. “Mein Urin hat irgendwie Zauberkräfte bekommen und meine Schwester hat davon getrunken und hat sich dann in eine Tontaube verwandelt.” Nun schaute Valnar verwundert: “Dein Urin?!” Der Prinz schüttelte sich sogleich, denn das man Urin trank, war schon echt eklig. Und dann erzählte Asgar ihm, wieso er und sein Schwesterchen eigentlich im Wald waren, von ihrer Stiefmutter und eben soweit alles, was ihm noch einfiel nebst dem tollen Witz mit dem Pferd in der Bar, den er vorgestern in der SuperIllu gelesen hatte. Als Valnar aus dem Lachen über den Witz wieder ansprechbar war, meinte er: “Seid ihr mal auf die Idee gekommen zum Zauberer von Oz zu gehen? Der hat letztens mein Sodbrennen behandelt und es ist viel besser geworden seit her.” “Nein, den Zauberer haben sie doch vor fünf Tagen eingesperrt, weil er ohne Gewerbeschein gearbeitet und ohne Genehmigung Wunder vollbracht hat.”, wandte Asgar ein. “Ach ja, stimmt ja. Dann geht ihr am Besten zum bestesten Arzt, den es sonst noch gibt.” “Genau! DERjenige welche!” “Und wer soll das sein, ihr Schwachköpfe?”, fragte die Tontaube. “Doktor Med. Ronak.”, sagte Valnar. “Der große Buddah der Humanmedizin und dreifacher Gewinner beim Stierkampf.”, rezitierte Asgar. “Oh Gott.”, sagte Schwesterchen nur, “Ich bin in der Hand von Deppen.” “Aber Doktor Ronak ist sehr teuer. Man braucht einen Termin und außerdem ....”, Valnar wagte gar nicht weiter zu reden. “Was? Sag es.”, wollte Asgar wissen. “Man muss durch den Transentanzverein.” “NEEEEEEEEEEEEEEEEEEEEEEEEEEEEEIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIN!”, riefen Asgar und Asgariette unisono. Wider jeglicher Vernunft und dem mangelnden Verstand, den Märchenprotagonisten normalerweise haben, wenn die Märchen nicht gerade von der DEFA und altbewährten ostdeutschen Schauspielern besetzt sind, machte sich Asgar mit dem Schwesterchen und dem Prinzen Valnar auf den Weg zum Waldausgang. Hierfür war es schon sehr praktisch gewesen, dass Valnar, der ja ein viel zu reicher Prinz mit Sporttick war, nur fünfzig Meter weiter an einer Waldampel geparkt hatte. Und als unsere Helden das tolle Gefährt vor Augen hatten, war Asgar hingerissen und Asgariette - nun ja - irgendwie nicht. Valnar war nämlich stolzer Besitzer eines Nimbus 7676,2 Universal Zusammenklappbaren Wäschetrockners von Tochiba! Ein einmaliges Gefährt, welches umweltfreundlich durch seine schlagenden Flügel angetrieben wird und wo man nebenbei seine Wäsche zum Trocknen dran aufhängen kann. Boah! War das cool! Und so klappte der Prinz seinen fliegenden Wäschetrockner auseinander und alle nahmen - auch Asgariette, die dazu gezwungen wurde - darauf Platz und mit einer wahnsinnigen Geschwindigkeit von fünf Kilometern pro Stunde rasten sie in einem Affentempo durch den Wald. Ja, Prinz Valnar liebte es, wenn sich sein Haar im Wind wiegte und sein freiliegendes Auge auch bedeckte. Ja, Männer und die Geschwindigkeit! Sie flogen nur so dahin durch die etlichen Bäume und Äste, die ihnen ins Gesicht klatschten, ihnen die Haut zerschnitten, sodass sich ganze Pfuhle von Entzündungen und Infektionsherde bildeten, die den ganzen Körpermechanismus zum Tode verurteilen konnten! - aber nicht taten. Am Ende des Waldes, der durch ein großes Neonschild gekennzeichnet war, da verabschiedete sich Prinz Valnar, da er noch weiter nach wildlebenden Tontauben suchen wollte und er flog mit seinem Wäschetrockner wieder in den Wald hinein. Asgar und sein Schwesterchen Asgariette begaben sich nun auf die lange, Minuten in Anspruch nehmende Suche, nach dem Transentanzverein, um durch ihn zu Dr. Ronak zu gelangen. Nach achtunddreißig Minuten nun endlich fanden die Kinderlein den besagten Verein, der von Prunk und Protz nur so plüschig und billig aussah, wie es nur ging. Und am Eingang war eine Wächterperson hingestellt worden, welche aus taktischen Gründen (auch aus Gründen der Vereinsregelungen) ein Mann in weibischer, wenngleich modisch schicker Tracht war, die viel, viel Mut zur Farbe aufwies. “Hallo, du süßer kleiner Kerl.”, begrüßte die skurrile Gestalt unseren Helden auf eine wirklich recht merkwürdige Weise, die Asgar fremd und dennoch irgendwie weiblich-gestellt vorkam. Zur Sicherheit trat er deswegen einen Schritt zurück, auch schon weil die Wächterperson, die dick pink geschminkt war und ich sage dick, meine ich damit, dass es dreißig Zentimeter waren, ohne Rücksicht auf Verluste. „Hallo, ich bin der Asgar und ich …. Wollte hier durch.“, sagte Asgar unsicher, aber todesmutig. „Ach, das ist aber nett von dir. Du glaubst gar nicht, wie selten sich die Leute einem vorstellen, besonders an diesem einmaligen Ort.“ „Ich dachte, dass hier ist der Eingang zum Transentanzverein?“ „Ja, eben.“, sagte der Wächter selbstverständlich und fuhr mit seinen manikürten Fingernägeln durch die falsche Perücken-Lockenpracht, „Und was willst du da drin?“ „Ach, ich? Ich wollte nur …. Mal die Tanzschritte ausprobieren.“, erwiderte Asgar schnell. „Spinnst du?“, fuhr ihn seine verzauberte Schwester an. „Was war das?“, fragte er Wächter. „Nichts, nur mein Mobil Telefon.“, sagte Asgar und zog seinen Schuh aus. Er mimte ein Telefonat und der Wächter, so tuckig er auch war, fiel prompt drauf rein und versuchte derweil „attraktiv“ auszusehen. Als Asgar das Gespräch mit seinem Schuh beendet hatte, wandte er sich wieder an der Wächter, welcher ihn passiere ließ. Nun konnten Asgar und die verzauberte Asgariette endlich den berüchtigten Transentanzverein betreten. Der Augenblick war großartig und trügerisch. Gleich nach ihrem Eintritt wurden beiden von einer Wolke aus 47 verschiedenen Parfums angegriffen, die sich zum Husten, Schleimen und Kotzen brachte, ja, es war sogar so schrecklich, dass Asgar, der gerade so das Deo seiner Schwester vertragen konnte, blindlings in eine Umkleidekabine stolperte, aus welcher sogleich verdammt frauenähnliche Schreie her drangen. Aber unser Held, der eben blind wie ein Turnschuh zur Silvesterfete von Pamela von Anderson, Königin von ganz Europanesien, war, konnte so schnell keinen Ausgang finden und fiel in einen Garderobenständer, in welchem er sich so verhudelte, dass er letztlich ein wallendes Ballkleid von Versace trug und einen der dazu passenden Pumps an seinem Ohr klebte. Asgariette, die das sah, traute ihren Augen nicht. Endlich sah Asgar so aus, wie sie ihn schon immer haben wollte: wie eine Schwester! Plötzlich durchdrang ein Aufruf die Umkleidekabine, die nun in einem Nebel von Haarspray schmachtete, weil Alotta van Gabelsprung unbedingt einen perfekten Halt für ihre billige Perücke wollte. „Los Mädels! Es ist Showtime“, rief die Stimme der Ansage“frau“, die in einem tiefen Bass erklang und Asgar und Asgariette wurden von den Mitanwesenden Transen aus der Umkleide geschubst und standen sich wenige Minuten später einem Millionenpublikum von begeisterten Schnapsdrosseln gegenüber (eigentlich waren es nur vier), die eine nette Varieté sehen wollten. Asgar schwitzte wie ein Schwein. Was sollte er nur tun? Er kannte die Choreografie nicht, die Leute stanken ihm unsympathisch und seine Frisur passte nicht zu seinen Strümpfen. Es war eine schreckliche Situation, noch viel schrecklicher als der letzte Sieger beim Formel-1-Schildkrötenrennen, dass nach 30jähriger Pause letzten Freitag fortgesetzt worden war und man da erst merkte, dass alle Teilnehmer bis auf Michael Schuhflitzer III. gefressen worden waren. „Schwester! Lass dir was einfallen!“, flüsterte Asgar seiner Tontaube zu und hämmerte mit der Faust gegen sie, wobei sie ihm herunterfiel und ein Loch in die Bühne riss, so groß, dass alle Mann, die auf der Bühne standen, hineinfielen in die unendlichen Tiefen des Kellers. Asgar fiel auf Asgariette, die nicht besonders weich war. Asgar sah empor, sah zum Lichte der Scheinwerfer, die auf die Bühne gerichtet waren und bemerkte damit auch, wie scheiße dunkel es da, wo sie jetzt waren, eigentlich waren. Aber nichtsdestotrotz hatte er etwas zu tun! Er rappelte sich auf die Beine und befreite sich von dem Transenfummel und ließ sein wundervolles Haar kurz und in einer künstlichen Briese wehen. Dann sammelte er seine Schwester, die halb ohnmächtig war von seinem Gewicht, wieder ein und dachte sich, dass alles besser ist als wieder auf die Bühne zurückzukehren, also ging er lieber tiefer in die finstere Dunkelheit hinein. Zwar befürchtete er prompt, dass ihn irgendwelche menschenfressenden Ratten anfallen und er in Spinnennetze laufen könnte, aber das war trotzdem alles besser als ohne wissen über das eigene Handeln auf die Bühne zurückzukehren. Nach Minuten, die ihm vorkamen wie endlose Jahre, in denen er sinnlos im Kreis herumlief, schlug er schlichtendlich eine andere Richtung ein und kam damit sogar endlich mal voran. Bald schon wurde er von einem gleißenden Lichtkegel umfangen und Asgar musste seine wunderschönen, klaren, roten Augen vor Blendung schützen. Als er sich an das Licht gewöhnt hatte, fand er sich in einem wundervollen grün bewaldeten Land wieder, voller Blumen und Bäume und mit Schmetterlingen und echten freilaufenden Heckenscherenmonstern und herrlichen Gummibällen, die überall mal langkullerten und so weiter und so weiter. Von so viel Niedlichkeit war Asgar gänzlich … angewidert und hätte sich fast übergeben, da sprach ihn ein plötzlich jemand an: „Hallo, du da! Du hast die böse Hexe des Westens erschlagen, wir müssen dir danken.“ Asgar schaute nach unten und entdeckte dort einen kleinen Zwerg, den er ziemlich bescheuert fand mit seiner komischen Zipfelmütze und dem Ausdruck gelassenen Frohsinns auf den Backen. „Wen?“, fragte er und der Zwerg wies hinter Asgar, welcher im übrigen nur zwanzig Meter von dem Loch, durch das er gefallen war, entfernt stand, und wo er unter den ganzen Brettern zwei Füße mit schick-geringelten Socken herausschauen sah, welche plötzlich in sich zusammenfielen und eingebildet zerschmolzen. So etwas penetrant Unhöfliches hatte Asgar noch niemals zuvor gesehen. „Wie können wir dir das nur danken, großer Held?“, fragte der Zwerg, welchem sich Asgar nun wieder zuwandte. „Also erstens: Was heißt hier „wir“? Du bist alleine hier. Und zweitens: War das ein Unfall und da die Pozilei immer nur dann kommt, wenn man sie nicht ruft, gehe ich jetzt weiter.“, sprach unser Held voll gelassen und schritt einfach an dem Männchen vorbei. „Du dämlicher Idiot! Den hättest du doch wenigstens noch nach dem Weg fragen können!“, mischte sich nun, die wieder zu Bewusstsein gekommene Asgariette ein und schlagartig blieb Asgar stehen und lobte seine schlaue kleine Holzenten-Schwester für diesen klugen Einfall. „Wo geht’s hier zu Doktor Ronak, du halben Hemd?!“ „Folgt immer nur den gelben Ausgangsschildern, diese führen euch zum Fahrstuhl von Ost.“ „WIR WOLLEN ABER ZU DOKTOR RONAK!!!!!!“ „Was denkst du denn, wo ich dich grad hinschicken will, du Vollidiot!!“ „Was hast du über meine Mutter gesagt?!“ Nun war Asgar nicht mehr zu halten und stürzte sich wutentbrannt auf den Zwerg, welchen er todesmutig mit einer Mülleimerheizung verprügelte. Dann machte er sich auf den Weg und folgte den gelben Ausgangsschildern, die alle 30 Zentimeter voneinander entfernt standen, damit sich nur gar kein Vollidiot erst verlaufen konnte. Und so erreichten Asgar und seine verzauberte Schwester Asgariette unbeschadet den Fahrstuhl von Ost (der nach dem berühmten Taschenspieler und Hausratsversicherungsvertreter William Johann Ernesting Ost benannt worden war, einem gebürtigen Chinesen mit einem Herzen für alles, was Geld einbrachte). Sie nahmen denn also den Aufzug bis nach ganz oben und eine kleine Elfe, die ganz oben auf der Anzeige der Stockwerke stand, machte immer Bing, wenn das richtige Stockwerk erreicht war. Und so schafften es unsere Helden und sahen sich prompt in der geheimen Praxis von Doktor Ronak wieder. Hinter einem Schalter saß eine emsige Zauberfee, die hier die Empfangsdame spielte und mit ihrem Zauberstab die Quittungen abstempelte. Asgar trat mutig vor und räusperte sich vernehmlich. „So, Grippe?“, diagnostizierte die kluge Fee sogleich und Asgar schüttelte gleich den Kopf und knallte die Tontaube, die ja seine Schwester war, auf die Theke. „Wir müssen zu Doktor Ronak, weil meine Schwester meinen Urin getrunken hat, der offenbar über geheimnisvolle Kräfte verfügt und aus ihr so ’n Ding gemacht hat!“ Die Fee schaute sich die Tontaube an, welche sie für eine einmalige Qualität hielt. Dann griff sie unter ihren Schreibtisch und holte eine Flinte hervor mit der sie auf die Taube zielte und kaum dass sie das gemacht hatte, schoss sie auch schon und alles steckte für eine Minute im dunklen Rauch fest. Als der Rauch sich lichtete, sah man dass Asgar todesmutig seine Schwester aus dem Schussfeld geschleudert und in den heißen Kaffee von der Zauberfee geworfen hatte. Gelassen nahm die Fee die Waffe wieder weg und verstaute sie unter ihrem Schreibtisch. „Sind Sie bescheuert!?“, schrie Asgar sie an und holte sein Schwesterchen wieder aus dem Kaffee heraus. „Das war ein Test, ob du diese Holzente wirklich liebst.“, meinte sie und wurde von einem unmissverständlichen zweifelhaften Blick getroffen, „Du glaubst ja gar nicht, wie viele hier auftauchen und mich verscheißern wollen, nur damit sie mal in der Zeitung erwähnt werden. Und jetzt zieh da hinten eine Nummer und warte bis zu dran bist.“ „Das ist eine Frechheit, wie man als Kassenpatient behandelt wird!“, entgegnete Asgar. „Schrei so viel du willst, du wirst trotzdem eine Nummer ziehen, weil Doktor Ronak der einzige ist, der dir helfen wird.“ Und wie die Fee es mit ihren geheimnisvollen Kräften vorausgesehen hat, so kam es auch. Asgar zog eine Nummer und diese war so lang, dass sie die Länge seinen glänzenden Haares bei weitem überschritt. Murrend und mit sinkender Euphorie setzte sich Asgar neben einen Patienten, der schon die ganze Zeit da war und wie ein bekloppter einen Goldklumpen umschlungen hielt. Zu aller Verwunderung, hatte dieser Patient eine weitaus niedrigere Nummer, was Asgar gleich ins Auge stieß. „Was hast du denn da?“, fragte der gewitzte Asgar den Fremden. „Das ist ein Therapieklumpen.“, antwortete der andere, „Ich musste ihn die ganze Woche bei mir behalten und ihn nicht gegen irgendwas eintauschen.“ „Aha.“, sagte Asgar dazu mit mangelndem Interesse, „Lust meine Tontaube gegen den Klumpen zu tauschen?“ „Nein, nein.“, antwortete der junge Mann schnell, „ich darf nicht. Doktor Ronak sagt, dass ich unter keinen Umständen den Goldklumpen tauschen soll, weil dann mein Problem wieder von vorn anfängt. Nein, nein.“ „Wie wäre es dann, wenn du deine Nummer gegen meine tauschen würdest. Meine ist viel länger als deine und außerdem, hat Doktor Ronak nicht gesagt, dass du andere Dinge nicht tauschen darfst.“ Der junge Mann bekam ein Zucken um den Mundwinkel und noch ehe man sich versah, hatte er die Zettel ausgetauscht und Asgar und Asgariette waren die nächsten Patienten. Selbst Asgariette war überrascht, dass ihr Bruder zu solch einer Schandtat in der Lage war und zum ersten Mal in ihrem ganzen Leben, war sie fast geneigt offen zuzugeben, dass sie mit ihm verwandt war. Nun denn, sie kamen an die Reihe und betraten alsdann das geheimnisumwitterte Zimmer des berühmten Doktor Ronak. Asgar war sich nicht sicher, ob das insgesamt so gut sei zu diesem geheimnisumwitterten Quacksalber zu gehen, wo doch Ratiofarm gegen allen möglichen Scheißdreck eine Salbe hatte, aber seine Schwester, die sich nicht lumpen ließ zu meckern, dass er endlich seinen knackigen Arsch in das Zimmer bewegen sollte, brachte ihn schließlich doch noch dazu hinein zu schreiten. Drinnen erwartete sich einen heikle Pracht aus wundersamen Raumspraywolken, Gesichtslotionen, saftigen Schweinerippchen, Halloween-Papier-Skeletten und den unnachahmlichen Geruch von scharfer Essigsoße mit einem Hauch Minze. Und inmitten dieser Hülle, dieser Wonne der Wonnen saß Doktor Ronak an seinem Schreibtisch und nagte gierend und hungrig an einem frittierten Hähnchenflügel. Schluckend ging unser Held, Asgar, auf ihn zu und hielt ihm seine verzauberte Zwillingsschwester entgegen. Der Doktor warf einen schnellen Blick auf sie und meinte schmatzend: „Nee, nee, ich esse keine Tontauben mehr, davon bekomme ich immer so ein Sodbrennen und danach so einen hässlichen Durchfall, der so aussieht wie diese chinesische Süß-Sauer-Soße …“ „Ja, ja, bitte, keine weiteren Details!“, bat Asgar, der sich zu allem Überfluss jenen Durchfall auch noch bildlich vorgestellt hatte und nun versuchte diese Gedanken zu verdrängen – weit zu verdrängen! „Also, das hier ist keine Tontaube, sondern meine Schwester, die aufgrund unglücklicher Umstände meinen mit magischen Kräften ausgestatteten Urin trank und so irgendwie verzaubert wurde.“ „Dein Pipi kann zaubern?“, fragte Doktor Ronak stutzend und starrte unseren Helden irritiert und leicht angeekelt an; sowas hatte selbst er noch nie gehört. „Ja.“, sagte Asgar bestimmt und fügte hinzu, dass der Doktor dringend seine Schwester entzaubern sollte. Und der Doktor schritt zur Tat. Nachdem er sein Mittagessen beiseite gestellt und sein Monokel ins Auge gedrückt hatte, beäugte er voller Trödelinteresse die hübsch bemalte Tontaube und fand sie wirklich sehr formvollendet. „Ich gebe dir dafür drei Euro und einen ganzen Donut.“, sagte er schließlich. „Okay, „ kam es gleich über Asgars Lippen, doch geschwind verbesserte er sich wieder, „Nein! Sie sollen sie wieder entzaubern!“ „Hmmm.“ „Was?“ „Sie war also keine Tontaube, nein?“ „Sie ist meine Schwester!“ „Vielleicht, hatte dein Vater eine Affäre mit einer Tontaube.“ „Wir sind Zwillinge!!“ „Oh, verstehe.“ Und nun waltete er wirklich seines Amtes und holte ein schickes ADIDAS-Tuch mit Sternen drauf hervor und legte es über die Holzente. „Hokus Pokus, dreimal schwarzer Kater, Wini Wauzki Wufti die Waldfee Johee, Lirum, Larum Löffelstiel!“, rief der Doktor dramaturgisch ausgereicht die magischen Worte aus und Millionen von Teufelsanhängern tanzten um die Protagonisten dieser Szene Samba und als dann die wilde Schwalbe des FC Bayern-Braunsdorf ihren markerschütternden Schrei verlauten ließ, zischte ein Komet – nein, ein Blitz durch das Zimmer und ehe man sich all diesen ganzen unnützen Unfug hätte genauer vorstellen können, kam Ronaks liebreizende Assistentin – die Zauberfee aus dem Wartezimmer – herein und sagte mit mangelnder Begeisterung: „Tadaa.“ Daraufhin verschwand sie wieder und Asgariette stand wieder im Raum, genauso wie sie vorher gewesen war; sprich, streitsüchtig, schlecht gelaunt, wunderschön und nicht besonders erfreut über das ganze Abenteuer. „Ihr seid alle widerliche Vollidioten und ich hasse euch und gehe jetzt in ein kleines dreckiges Land, das ich unter meine Terrorherrschaft stelle!“, sagte sie aufgebracht und stampfte davon. Und auch Asgar fackelte nicht lange und setzte daran, seiner Schwester alles heimzuzahlen, was sie ihm jemals angetan hatte und somit übernahm er selbst ein Land, welches zufällig dem jungen Mann mit dem Tauschproblem aus dem Wartezimmer gehört hatte und er somit verdammt leicht in die Finger bekommen konnte. Dieses Land nannte er Asgartopia oder in der einheimischen Sprache Frankreich genannt und dieses Land führte einen ständigen Krieg mit dem Nachbarsland Asgariettanien, welcher in der heimischen Sprache England genannt wurde. Und wenn sie nicht gestorben sind, dann gibt es diverse Geschwisterrivalitäten noch heute. Ende. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)