Aufregungen im Fürstentum von -Suhani- (Wie Inu Yasha auch hätte verlaufen können) ================================================================================ Kapitel 40 ---------- Der Herr des Westens starrte nachdenklich auf den Schreibtisch vor sich, auf dem unzählige Briefe und Dokumente der letzten paar Tage verstreut lagen. Für gewöhnlich ordnete er seine Papiere sofort, er konnte Chaos nicht leiden, aber in der Woche seit seiner Rückkehr ins Schloss waren seine Gedanken und seine Aufmerksamkeit eher weniger auf den anfallenden Papierkram und die übrigen Fürstenpflichten gerichtet. Er hatte entscheiden müssen, was mit Ichiromaru und dem Revier im Norden geschehen sollte und darüber oft und lange mit seinen Söhnen diskutiert, ohne zu einem eindeutigen Ergebnis zu kommen. Von Verbannung bis zur Hinrichtung war jede Strafe möglich und ausgiebig besprochen worden, aber die drei Herren waren sich bislang nur darüber einig, dass Ichiromaru nicht der neue Fürst des Nordens werden würde. Er war zwar zur Besinnung gekommen, als es darauf ankam und hatte sich dann gegen seinen verlogenen Vater gewandt, nachdem er erkannt hatte, dass er dessen Befehlen nur blind gefolgt war, weil er mit Halbwahrheiten und Lügen abgespeist worden war, aber das machte seine Taten natürlich nicht ungeschehen. Außerdem war er auch ein ziemlich junger Hund, unerfahren und fast noch ein Kind. Ichiromaru wusste nicht, auf was ein Fürst achten musste, was einen guten Fürsten ausmachte. Manchmal bezweifelte der Taishou sogar, dass sein Erbe sich darüber schon vollends klar war und die Verantwortung für den Westen auch länger als ein paar Tage übernehmen konnte. Sesshoumaru war einfach noch zu machthungrig und würde sich leicht provozieren lassen. Aber in dem Alter war der jetzige Fürst auch nicht anders gewesen. Was sollte er jetzt mit diesem Wissen anfangen? Sein Großvater hatte damals sein Reich unter seinen beiden Söhnen, den Zwillingen Ichiromaru und Sesshoumaru, aufgeteilt. Der Ältere, Ichiromaru, hatte den Norden bekommen, der kleiner und dünn besiedelt war. Sein Bruder Sesshoumaru hatte den Westen bekommen und noch dazu Sou'unga. Ihr Vater hatte sich so entschieden, weil er Ichiromaru nicht zutraute, das ganze Reich zu beherrschen und das Höllenschwert zu führen, ihn aber auch nicht vollständig enterben wollte. Doch war das der einzige Grund gewesen? Hatte er das Revier vielleicht auch aufgeteilt, weil er der Meinung war, dass niemand über ein so großes Gebiet herrschen konnte, ohne etwas aus den Augen zu verlieren? Ein Fürst musste immer den Überblick darüber behalten, was in seinem Reich vor sich ging und wo Probleme entstehen könnten oder bereits entstanden waren. Das war alles andere als einfach und je größer das Revier war, desto schwieriger wurde es. Der Taishou hatte am eigenen Leib erfahren müssen, dass gerade kleinere Randgruppen schnell übersehen werden konnten. Hätte er sich darum gesorgt, gekümmert, dass die Schattendämonen sich nicht vergessen fühlten, hätten die sich nicht den Pantherdämonen angeschlossen und bei der Intrige mitgewirkt. Er musste erst mal sein Revier in Ordnung bringen, sichergehen, dass nicht noch jemand offen für einen solchen Komplott war. Er musste die Loyalität seiner Bevölkerung wiederherstellen oder zumindest stärken. Konnte er da jetzt noch den Norden übernehmen? Er müsste sich durch den ganzen Papierkram arbeiten, der nicht in der Flut zerstört worden war und den Rest wiederherstellen lassen, um ihn ebenfalls durchzuarbeiten. Er müsste sich etwas wegen dem Schlosspersonal und den Soldaten seines Cousins einfallen lassen, die konnte er schließlich nicht alle einfach entlassen, aber sie alle in seinen Haushalt aufzunehmen wäre utopisch. Er könnte sie nicht alle beschäftigen, nicht einmal alle anständig unterbringen. Das war wirklich eine Menge Arbeit. Und er musste sich immer noch überlegen, was er mit Ichiromaru machen sollte. Auch wenn es Sou'unga mehr als gefallen würde, wollte er den Jungen nicht dafür hinrichten, dass er seinem Vater gehorcht hatte. Sesshoumaru und Hana hatten ihm davon erzählt, was im Schloss des Nordens und auf dem Weg zu den Wölfen passiert war, wie Ichiromaru ihnen geholfen hatte herauszufinden, was Akumaru alles getan hatte. Der Prinz des Nordens hatte Akumaru in dem Moment den Rücken gekehrt, in dem er erkannt hatte, dass Hana niemals auf seiner Seite gestanden hatte, dass sie spätestens seit dem Tod ihrer Mutter dem Familienoberhaupt gegenüber nicht mehr loyal war. Der Taishou vermutete, dass sein Cousin den Welpen nur so lange bei der Stange hatte halten können, weil der immer geglaubt hatte, seiner großen Schwester nachzueifern. Jeder Halbwüchsige suchte sich ein Vorbild, dem er nacheifern konnte, an dem er sich messen konnte und am liebsten suchten sie sich ihre älteren Geschwister aus. Sogar noch lieber als die eigenen Eltern, in der Annahme, ein erreichbares Ziel zu haben. Der Fürst des Westens hatte das bei seinem Jüngeren beobachtet. Inu Yasha versuchte immer, die Anerkennung seines Bruders zu erlangen und ihm ähnlicher zu werden. Er übte viel mit dem Schwert, um den Älteren mit seiner Technik zu beeindrucken. Er bemühte sich, sich nicht dumm zu verhalten, um dem Älteren keinen Grund zum Spotten zu geben. Vielleicht verhielt sich das bei Ichiromaru ähnlich. Vielleicht hatte er es seinem Vater immer nur recht machen wollen, weil er geglaubt hatte, damit seiner Schwester zu folgen, von der Akumaru wohl immer behauptet hatte, dass sie das perfekte Kind war, das für ihn spionierte und bereit war, alles für ihn zu opfern. Dafür hatte niemand den Tod verdient, außer derjenige, der bereits gestorben war. Durch seine Hand. Er hatte ihm mit dem Höllenschwert einfach den Kopf abgeschlagen und ihm dabei direkt in die Augen gesehen, die in jäher, unbekannter Todesangst weit aufgerissen gewesen waren. Der Herr der Hunde hatte dabei nicht mal mit der Wimper gezuckt. Er war so kaltblütig gewesen wie nie zuvor in seinem Leben. Und das alles nur weil … ja, weil. Weil sein Cousin ihn in diesen Felsenkessel gelockt hatte, von dem er gewusst hatte, dass er einstürzen würde. Weil der Weißhaarige schwer verletzt worden war. Weil er beinahe gestorben wäre, begraben unter einer dicken Schicht aus Schlamm und Felsbrocken. Weil er mit allen Mitteln gegen den Tod hatte ankämpfen wollen. Weil er dafür auf seinen schlimmsten Feind vertraut hatte … Die beiden Fürsten umkreisten sich lauernd. Bei beiden war das eigentliche Weiß des Fells kaum noch zu erkennen. Sie waren von einer dicken Schicht aus Schlamm und Blut bedeckt, hatten tiefe Wunden am ganzen Körper, aus denen weiter Blut sickerte. Der Fürst des Westens konnte seinen eigenen Atem laut in den Ohren hören, er spürte das Rasseln in seinem Brustkorb, wenn er Luft holte. Seines Wissens nach war das ein ziemlich sicheres Zeichen dafür, dass sich in seiner Lunge Flüssigkeiten befanden, die da definitiv nicht hingehörten. Er betrachtete seinen Cousin abschätzend, suchte nach einer Lücke in der Deckung, die er angehen konnte, ohne dabei zu riskieren, selbst noch weitere Wunden einstecken zu müssen. Alles andere versuchte er auszublenden, auch wenn das leichte Zittern des Bodens schon recht irritierend war. Was war das nur? Aber er schob diesen Gedanken wieder ganz weit von sich weg. Er musste sich etwas einfallen lassen, wie er Akumaru überlisten und überwältigen konnte. Dann kam ihm eine Idee. Der Westfürst knurrte bedrohlich, dann sprang er los. Er zielte auf die schon ziemlich lädierte linke Schulter des Anderen, der sich umgehend darauf vorbereitete, diesen Angriff abzuwehren. Im letzten Moment änderte der Herr der Hunde jedoch die Richtung und fuhr mit ausgefahrenen Krallen über Augen und Nase seines Kontrahenten. Wenn er ihm die Augen auskratzen und seine Nase schwer genug verletzen konnte, wäre der Rest nur noch eine Sache von Minuten. Akumaru jaulte auf, sprang zurück und wischte sich mit der Pfote über das zerkratzte Gesicht, ehe er sich mit wütendem Gebrüll auf den Taishou stürzte, der sofort seine Zähne in die Schulter des Angreifers schlug, aber trotzdem zu Boden gerungen wurde. Akumaru klammerte sich an seinen Rücken und fuhr mit den scharfen Krallen der Hinterpfoten über seinen Bauch. Der Fürst des Westens rollte sich so herum, dass er seinem Gegner ins Gesicht treten konnte, doch der ließ sich nicht lange abschütteln. Die beiden riesigen Hunde rollten über den matschigen Boden, kratzten und bissen sich, knurrten und bellten. Dann befreite der Nordfürst sich plötzlich, obwohl er gerade überlegen war und die Gelegenheit auf den vielleicht finalen Schlag hatte. Er sprang an die steile Felswand des Kessels und krallte sich dort fest. Der Inu no Taishou kämpfte sich mühsam wieder auf seine vier Pfoten und atmete tief ein und aus. Sein Körper hatte keine Stelle mehr, die nicht schmerzte. Mehrere Rippen waren gebrochen, mindestens eine davon bohrte sich in seine Lunge. Er verlor Blut, innerlich und äußerlich. Lange würde er nicht mehr durchhalten. Sein verhasster Vetter aber auch nicht, er war mindestens genauso schwer verletzt. Diese Sache würde nicht mehr lange dauern, dann würde es einen Sieger geben. Oder zwei Verlierer. Der Herr der Hunde musste es irgendwie schaffen, Akumaru einen harten Schlag zu verpassen, aber er wusste, dass er selbst nicht mehr allzu viel einstecken konnte. Doch plötzlich störte etwas seine Konzentration. Die Erde unter seinen Pfoten bebte stärker und da war ein Geräusch … ein Knacken? Ja, es klang, als würde Gestein auseinanderbrechen. Noch bevor der angeschlagene Fürst begreifen konnte, was geschah, gab der Boden unter ihm nach und er stürzte hinab, das Letzte, was er sah, war das Gesicht seines Cousins, auf dem ein gehässiges Lächeln zu liegen schien, dann war da nur noch Dunkelheit. Dunkelheit und Enge. Geröll und Erde drückten ihn zu Boden, kleine Steine bohrten sich in die Wunden an seiner oben liegenden Körperseite, während unter ihm hauptsächlich weiche Erde war. Abgesehen von etwas mehr als besorgniserregendem. Ein spitzer Fels bohrte sich in seine Flanke genau in Richtung seines Herzens. Und wenn ihn das Gefühl an seiner unteren Hinterpfote nicht täuschte, war dieser Fels noch ein ganzes Stück länger und wenn er sich noch tiefer in ihn hineinbohren würde, würde er … dann würde sein Herz durchstoßen werden und diese Dunkelheit würde ewig andauern. Was auch immer es war, das verhinderte, dass er auf dem Felsbrocken weiter runter rutschte, der Taishou war in diesem Moment mehr als dankbar dafür und betete zu wem auch immer, dass dieses Etwas ihn weiter hochhalten würde, bis er sich etwas überlegt hatte, wie er hier rauskommen konnte. Der einzige Vorteil daran, dass er unter der Erde eingequetscht war, war dass der Druck seine Blutungen gestoppt hatte. Zumindest die, durch die sein Blut nach außen sickerte. Aber zu dem Nachteil, dass er sich nicht bewegen konnte – und es auch eigentlich nicht wirklich wollte –, kam auch noch, dass er nicht atmen konnte. Zwar mussten Dämonen nicht besonders oft atmen, die mit einem ausgezeichneten Geruchssinn wie Hunde- oder Wolfsdämonen taten es hauptsächlich, weil sie immer wissen wollten, wie es um sie herum roch und er könnte eine ziemlich lange Zeit unter der Erde bleiben, ohne zu ersticken, aber er musste hier raus. Aber ohne sich zu bewegen und so den Felsen tiefer in seinen Körper zu treiben? Unmöglich. Er konnte hier nicht alleine rauskommen. Jedenfalls nicht lebend. So sollte er also enden? Erbärmlich. In einem Erdloch verscharrt wie ein Straßenköter und auf einem Felsen aufgespießt. Das war so unwürdig. Er hatte immer gedacht, wenn er diese Welt einmal verlassen müsste, dass im Kampf. In einem fairen Kampf gegen einen Gegner, der ihm einfach überlegen war, entweder durch wahres Können oder auch durch einen reinen Zufall. Aber abzutreten, weil er naiv genug war darauf zu vertrauen, dass Akumaru sich wirklich einem ehrenhaften Kampf stellen würde wie einst ihre Väter Ichiromaru und Sesshoumaru, nach denen sie beide ihre Söhne benannt hatten? Das war einfach unwürdig und erbärmlich. Und außerdem noch ein langsamer Tod. Bis er endlich erstickte oder innerlich verblutete oder sein Herz durchstoßen wurde, würde wohl noch eine ganze Zeit vergehen, in denen er in seinen Gedanken gefangen war. Gerade als er glaubte, dass die fehlende Luft ihm tatsächlich die Sinne rauben würde, spürte der Westfürst etwas über sich. Der Druck wurde leichter. Konnte es sein, dass ihn jemand ausgrub? Es fiel ihm wie Schuppen von den Augen. Natürlich! Akumaru. Dieser miese Hund wollte garantiert nachsehen, ob er schon tot war und er sich endlich das holen konnte, was er mindestens so sehr begehrte wie das Reich des Westens: das Höllenschwert Sou'unga. Wenn die Daiyoukai sich in ihre Tierform, in ihre wahre Gestalt verwandelten, nahmen sie mit, was sie bei sich trugen, Kleidung und Waffen. Sie schlossen es mit ihrer Magie praktisch in sich selbst ein. Akumaru würde seinen Cousin ausgraben, um sich das Schwert zu holen. Der Taishou musste sich zusammenreißen. Wenn der Nordfürst ihn weit genug von der Erde und den Felsen befreit hätte, könnte er sich vielleicht schnell aufrappeln und sich den Überraschungsmoment zunutze machen. Wenn er dabei den Tod finden sollte, schön, aber er würde Akumaru mit sich reißen. Doch dafür durfte er sich nicht zu früh bewegen, keinen einzigen Muskel. Wenn Akumaru zu früh bemerkte, dass sein Kontrahent noch lebte, würde ihn nicht weit genug ausgraben, sondern ihn so schnell wie möglich töten, entweder selbst, oder indem er ihn wieder eingrub. Doch noch bevor auch nur ein Stück seines Fells an die Luft kam, erzitterte die Erde erneut, das Gewicht auf dem Westfürsten nahm schlagartig wieder zu. Ein weiterer Erdrutsch? Nein! Das durfte einfach nicht wahr sein! Akumaru würde nicht so bald wieder anfangen zu graben. Er war selbst am Ende seiner Kräfte und würde sich erst etwas erholen, ehe er noch einmal Erde in einer instabilen Gegend aufwühlen würde, vielleicht würde er sich auch Verstärkung holen oder jemanden, der die Drecksarbeit direkt alleine für ihn machte. Bis dahin würde der Taishou vermutlich schon tot sein, egal wie sehr er sich dagegen wehrte. Er wurde stetig schwächer, er starb Stück für Stück. Der verschüttete Fürst wusste nicht, wie viel Zeit vergangen war, doch er lebte immer noch, als er wieder spürte, wie das Geröll von ihm geräumt wurde. Startete Akumaru einen neuen Versuch? Oder war es jemand anderes? Wer auch immer es war, der Taishou war inzwischen zu schwach, um sich noch zu verteidigen oder gar selbst anzugreifen. Er war demjenigen, der ihn ausgrub, hilflos ausgeliefert. Doch noch ehe das Gewicht auch nur halb von ihm runter geholt worden war, hörte das Graben auf. Der Hund versuchte zu lauschen, was passierte, aber die Erde in seinen Ohren verhinderte es. Vielleicht war auch gar nichts zu hören. Aber warum spürte er nichts, was da oben vorging? Seit er unter der Erde lag, konnte er die Energie seines Cousins nicht mehr spüren. Lag es daran, dass er zu schwach wurde? Oder hatte es einen anderen Grund? Die Erde erzitterte erneut, diesmal jedoch nur sehr kurz und der Druck auf ihm nahm auch nicht zu. Als wäre jemand abgesprungen, abgehauen. Jemand großes, wie ein Daiyoukai in seiner Hundeform. „Na, noch am leben?“, hörte er eine spöttische, kalte Stimme fragen. Woher kam sie? Und wer war das? „Erkennst du etwas die Stimme deines treuen Kampfgefährten nicht? Bist du schon so schwach?“ Sou'unga? Da wäre er jetzt lieber allein in seinen Gedanken. „Oh, warum so unfreundlich? Ich will dir doch nur helfen. Dein Leben retten.“ Sein Leben retten? Was sollte das denn bedeuten? „Du bist doch eigentlich ein recht schlauer Hund. Du hast doch sicher bemerkt, dass der Fels, der sich in deine Seite bohrt, auf dein Herz zielt und es auch erreichen könnte, wenn du nur ein Stück tiefer rutschst. Jetzt rate doch mal, was dich davon abhält, abzurutschen?“ Das Höllenschwert? Warum tat es das? Warum wollte es seinen Träger retten, den es nicht mal leiden konnte? „Ich will dir eine zweite Chance geben. Die Chance auf einen Neuanfang. Unsere Zusammenarbeit fängt wieder ganz von vorne an.“ Der Taishou wollte verwirrt den Kopf schütteln. Was sollte das alles? Warum wollte Sou'unga ihm helfen, wenn es die Gelegenheit dazu hatte, in Akumarus Hände zu fallen, der den Blutdurst des Schwertes sicherlich mit Freuden stillen würde? Das ergab keinen Sinn. „Oh, es ergibt Sinn. Akumaru wäre kein guter Kampfgefährte. Sein Geist, seine Seele ist schwach und instabil. Er hätte absolut keine Kontrolle und würde sich selbst in kürzester Zeit zerstören.“ Und das störte das Schwert? Wirklich? „Ich kann nicht mit einem instabilden Geist arbeiten. Ich brauche eine starke Seele. Wie deine. Ein wahnsinniger Geist zerstört auch seinen wahnsinnigen Körper. Er kann seine Kraft nicht kontrollieren, seine Gedanken und seine Konzentration sind zu sprunghaft.“ Der Drachengeist säuselte die Worte süß wie Honig. Der Fürst des Westens fühlte sich auf einmal sehr unbehaglich. Na ja, unbehaglicher als zuvor. Der Geist im Schwert stammte direkt aus der Hölle, er würde nie etwas selbstloses tun. Das Schwert käme auch ganz gut alleine zurecht, bis es einen neuen Wirt hätte. Wenn es ihn also retten wollte, dann bestimmt nicht ohne Gegenleistung. Oder eher Bezahlung. Und der Preis würde hoch sein. „Du bist wirklich ein sehr schlauer Hund. Natürlich hat alles einen Preis. Aber was ich für dein Leben verlange, ist vergleichsweise wenig. Wenn du ablehnst, wirst du in ein paar Stunden jämmerlich ersticken. Es sei denn, Akumaru kommt zurück und buddelt dich vorher aus, um dich schneller zu töten. Wenn er zurückkommt, bedeutet das, dass er erfolgreich war. Dann sind dein Sohn und deine hübsche Schwiegertochter tot. Ich habe in seinen Geist gesehen, in seine Pläne. Er will mich benutzen, um deinen anderen Sohn zu töten. Und deine Gefährtin. Und deine niedliche, kleine Enkeltochter auch noch. Der Einzige, den er nicht töten möchte, ist dein neuer Enkel. Den will er aufziehen und zu seinem Nachfolger machen. Dein Enkel könnte die ganze Welt beherrschen, denn die will Akumaru einnehmen. Aber vermutlich schafft e er das nicht, weil er sich vorher selbst zerstört. Bis dahin wird er allerdings jede Menge Blut vergossen haben. Und das alles nur, weil du es zugelassen hast. Weil du nicht auf meinen Handel eingegangen bist.“ Der Hundedämon verkrampfte sich etwas. Akumaru wollte allein gegen drei junge Inu-Youkai kämpfen? Selbst wenn Hana und Ichiromaru noch müde waren von ihrem vorherigen Kampf gegen ihren Vater – Sesshoumaru war es nicht. Er war stark und fähig und Akumaru war deutlich angeschlagen. Wie hoch war die Wahrscheinlichkeit, dass sein Sohn diesen Kampf verlor und starb? Sou'unga lachte leise. „Schön, dass du so ein Vertrauen in deinen Sohn hast. Aber selbst wenn er überleben sollte, wie lange wird es dauern, bis er hier ist? Wirst du bis dahin noch leben? Denn wenn du ablehnst, werde ich dich nicht mehr halten. Dann musst du dich selbst abstützen und verhindern, dass dein Herz aufgespießt wird. Was du nicht kannst. Du wirst deine beiden Enkelkinder nicht aufwachsen sehen, ganz zu schweigen von den weiteren Enkeln, die da vielleicht noch kommen. Du wirst nicht miterleben, wie dein Erbe sich als Fürst macht. Oder was aus deinem Jüngeren wird. Du wirst alles verpassen und ihnen nicht helfen und beistehen können. Willst du das wirklich riskieren?“ Der Inu no Taishou schluckte etwas. Es machte ihn mittlerweile fast wahnsinnig, bewegungsunfähig unter der Erde zu liegen, nicht atmen zu können, Schmerzen zu haben und mit seinen Gedanken und Sou'unga allein zu sein. Und die von dem Drachen ausgelösten Vorstellungen machten es auch nicht gerade besser, eher im Gegenteil. Er wollte nur noch raus aus der Erde. Er wollte in sein Schloss zu seinen Enkelkindern, zu seinen Söhnen. Er begriff, was das war: Todesangst. Er wollte nicht sterben. Er wollte seine Enkelkinder aufwachsen sehen, er wollte irgendwann den Fürstentitel an Sesshoumaru abgeben und dabei zusehen, wie er sich in die Rolle einfand, ihm bei Problemen helfen, wie sein eigener Vater es leider nie gekonnt hatte. Er wollte nicht sterben, schon gar nicht so. „Dann sag einfach ja“, zwitscherte der Höllendrache. „Lass dich auf meinen Handel ein und ich rette dein Leben, hol dich hier raus und helfe dir dabei, Akumaru zu töten.“ Ja … ja, das wollte der Fürst. Aber was war der Preis? „Ein Teil deiner Seele. Du überlässt mir einen Teil deiner Seele. Keine Sorge, nicht den Großteil. Du sollst ja noch du selbst bleiben. Nur nicht mehr vollständig.“ Einen Teil seiner Seele? Das war … er hatte keine Worte dafür. Wenn Sou'unga einen teil seiner Seele bekam, bekam es auch ein Stück Kontrolle. Es würde dem Höllenschwert leichter fallen, den Fürsten zu beeinflussen, dem es gleichermaßen natürlich schwerer fallen würde, Sou'ungas Wunsch zu töten zu widerstehen. Sollte er sich darauf einlassen? Unter einer Bedingung, dachte er. Du wirst niemals auch nur versuchen, mich dazu zu bringen, ein Mitglied meiner Familie anzugreifen. Niemals. „Akumaru gehört doch auch zu deiner Familie“, wandte der Drache spöttelnd ein. Außer Akumaru! „Von mir aus. Kein direkter Angriff auf deine geliebten Familienmitglieder“, gab der Höllendrache nach. Danach hatte der Fürst des Westens die Macht des Höllenschwertes benutzen können, um sich selbst auszugraben und zu regenerieren. Nach einer recht langen Zeit der Schwäche und Hilflosigkeit wieder so stark zu sein, eine solche Macht zu haben, hatte sich gut angefühlt. Aber nur kurze Zeit später hatte er feststellen müssen, dass Sou'unga die Abmachung sehr wörtlich genommen hatte. Das Gokuryuuha, das er den Berg bei der Höhle der Wölfe runtergejagt hatte, hätte beinahe Sesshoumaru und Hana erwischt und mindestens schwer verletzt, aber dem Taishou war das in diesem Moment egal gewesen. Das war kein direkter Angriff auf die beiden, sondern auf Akumaru gewesen. Sein Sohn und seine Schwiegertochter wären nur Kollateralschäden gewesen. Doch obwohl der Taishou sich bemühte, Sou'unga nicht an sich heranzulassen, es war schwerer als jemals zuvor. Er hoffte, dass er sich im Laufe der Zeit wieder geben würde, dass er den Teil seiner Seele, der noch ihm gehörte, stärken könnte, um dem Höllenschwert einfacher widerstehen zu können. Bis dahin musste er eben alles tun, um seine Familie nicht in Gefahr zu bringen. Sie durften also auf keinen Fall in der Nähe sein, wenn er Sou'unga benutzte. Inu Yasha und Sora standen nebeneinander am Rand des Kampffeldes und beobachteten den Übungskampf, der gerade stattfand. Sesshoumaru hatte beschlossen, dass Hana so schnell wie möglich wieder anfangen musste zu üben und in Höchstform sein musste, falls doch mal wieder etwas passieren sollte. Und weil er wohl davon ausging, dass sie mit zu den Panthern kommen sollte. Der Halbdämon seufzte leise. „Was?“, fragte seine Nichte mehr automatisch als wirklich interessiert. „Ich bin nur neidisch. Seit ich das letzte Mal wirklich geübt habe, ist schon eine lange Zeit vergangen. Ich wünschte, ich könnte mit deiner Mutter tauschen. Oder mit deinem Vater.“ Sora nickte nur etwas. Ihre Eltern waren beide ausgezeichnete Kämpfer, soweit sie das beurteilen konnte. Die beiden fuhren augenblicklich herum, als sie den Fürsten hinter sich bemerkten und auch das Erbprinzenpaar kam näher, alle verneigten sich gegen das Familienoberhaupt. „Ich werde zu den Panthern gehen“, sagte der Taishou und da er drei hochzuckende Blicke bemerkte: „Allein. Sesshoumaru, du hast hier in der Zeit die Verantwortung. Sei so gut und arbeite sich durch den Papierkram auf meinem Schreibtisch.“ Damit ging er. Nach einigen Momenten Verwirrung warf Sesshoumaru seinem Bruder das Übungsschwert zu, warf seinen Haori über und verschwand wortlos im Schloss. „Irgendetwas stimmt nicht mit ihm“, murmelte Sora. „Dein Vater war noch nie der gesprächige Typ“, erwiderte ihr Onkel. „Ich meine nicht meinen Vater, sondern deinen. Seit er zurück ist, ist er … anders.“ „Es war ein harter Kampf, den er überstanden hat“, meinte Hana langsam. „Er wird sich wieder fangen.“ Aber bei ihrem Gefährten war sie sich da nicht so sicher. Er redete zwar nicht darüber, schon gar nicht mit ihr, aber sie wusste, dass es an ihm nagte, dass sein Vater die Gokuryuuha losgelassen hatte, auch wenn er ihn dabei hätte verletzen können. Es war reines Glück gewesen, dass dem Erbprinzenpaar und Ichiromaru dabei nichts passiert war. Ja, etwas ging in dem Herrn der Hunde vor. Und was immer das auch war, es konnte nichts gutes sein. Inu Yasha sah auf das Übungskatana in seiner Hand. „Was soll ich jetzt damit machen?“ Seine Schwägerin zog eine Augenbraue hoch und verkniff sich die sarkastische Antwort, die ihr auf der Zunge lag. Stattdessen sagte sie: „Ich schätze, du sollst für ihn einspringen.“ Die Miene des Halbdämons hellte sich sofort auf. Das war ein wirklicher Vertrauensbeweis. Sesshoumaru übte nämlich nur deshalb selbst mit Hana, weil er den Samurai seines Vaters nicht vertraute, dass sie ihre Finger bei sich behielten, aber Akemi die einzige Kriegerin gewesen war. Schnell entledigte er sich seines Haoris und sprang dann auf den Übungsplatz, seiner Schwägerin gegenüber. Das würde ein Spaß werden. Hoffentlich hatte er nicht alles vergessen, was er im Schwertkampf gelernt hatte. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)