Shattered- Take me home to my heart von -Syu- ================================================================================ Kapitel 1: Chapter I -------------------- Uruha’s POV (Point of view) Das blechern schrille Klingeln seines antiken Weckers riss ihn aus einem unruhigen Schlaf. Stöhnend rollte er sich zur Seite und schlug mit der flachen Hand auf den Aus- Knopf. Der Wecker verstummte. Grummelnd drehte er sich auf den Rücken und starrte in die Dunkelheit. Die Verlockung, einfach liegen zu bleiben und die Schule sausen zu lassen schien beinahe unwiderstehlich groß. Wen kümmerte se schon, ob er nun am ersten Schultag im neuen Jahr anwesend war oder fehlte? Seinen Vater bestimmt nicht. So wie er ihn kannte, lag er wieder schnarchend in seinem heiligen Gemach, während ein übel riechender Alkoholdunst schwer über dem Zimmer hing. Voller Ekel versuchte er, das aufsteigende Bild in seinem kopf zu verdrängen. Er hasste seinen Vater. Nicht so, wie es Andere vielleicht taten. Es war keine Phase pubertärer Rebellion oder übler Laune. Er hasste ihn. Tief in seinem Herzen. Hiroki Takashima war in seinen Augen nur ein widerlicher alter Sack, der es in seinem Leben zu weniger als nichts gebracht hatte. Seine Frau hatte ihn und seinen Sohn mit einem Haufen Schulden verlassen, er hatte seine Arbeit verloren und seinen Frust im Alkohol ertränkt. Anstelle zu versuchen, sein Leben wieder in den Griff zu bekommen, tat er nichts besseres, als Tag ein Tag aus mit mieser Laune zu Hause zu sitzen. Mit dem Ziel, seinem Sohn Kouyou, kaum dass dieser die Wohnung betrat, zu zeigen, wie sehr er das Leben und ihn verabscheute. Resigniert seufzend schwang er die Beine aus dem Bett und tastete nach dem Lichtschalter. Es hatte ja doch keinen Sinn. Würde er jetzt zu Hause bleiben, würde sein Lehrer schon vom allerersten Schultag an Abneigung gegen ihn empfinden und wenn sein Vater aufwachte, wäre die Ruhe eh vorbei. Er schaltete das Licht, nach schier unendlicher Sucherei, an und warmes, gelbes Licht erleuchtete sein spärlich möbliertes Zimmer. Ein schmales, ungemachtes Bett, daneben in geduckter Kleiderschrank mit knarrenden Türen, die schief in den Angeln hingen. Ein monströser, alter Schreibtisch, auf dem sich Bücher, Hefte und Geschirr stapelten. Staubige, graue Holzdielen, auf denen sich zerknüllte Papierfetzen und getragene Socken erstreckten. Er bückte sich, angelte eine zerknitterte Jeans unter dem Bett hervor und klopfte sie aus. Staubflocken tanzten im Licht und er runzelte angewidert die Stirn. In den Ferien hatte er das Wäschewaschen ein wenig vernachlässigt, das musste er sich eingestehen. Immerhin gab es in seiner Schule keine Uniformpflicht, und auch wenn die meisten Schüler eine trugen – er tat es jedenfalls nicht. Ohne weiter darüber nachzudenken, schlüpfte er in die Hose, bahnte sich einen Weg zum Schrank, vorbei an alten und dreckigen Kleidungsstücken, um diesen mit der einen Hand zu öffnen, während er mit der Anderen die ihm entgegenkommende Kleiderflut abhielt. So schnell es ging, zog er ein einigermaßen ordentlich zusammengelegtes Hemd aus dem Haufen und schlug die Tür wieder zu. Na toll, blaue Jeans und ein weißes Hemd, wie spießig. Gelangweilt strich er die gröbsten Falten am Kragen ein wenig glatt und zog sich das Hemd an, dass sich knitternd an seinen schmalen Oberkörper schmiegte. Aus dem Spiegel im Bad blickte ihm ein übermüdet aussehender 17- Jähriger mit dunklen Ringen unter den Augen an, der aber ansonsten ein recht hübsches Gesicht und einen schlanken, hochgewachsenen Körper mit feingliedrigen Armen und Händen hatte. Ein Blick auf die Uhr verriet ihm, dass er keine Zeit mehr hatte, sich großartig zu stylen. Somit klatschte er sich eine Ladung kaltes Wasser ins Gesicht, fuhr sich einmal mit der Haarbürste durch das gebleichte Haar und schmierte sich lustlos ein wenig Make-up ins Gesicht. Mehr oder weniger zufrieden mit seinem Aussehen tapste er zurück in sein Zimmer, stopfte sämtliche Bücher und Hefte in seine schwarze Schultasche und eilte auf Socken über die Diele zur Wohnungstür, wobei er ihm Vorbeigehen einen Blick auf seinen Vater erhaschte, der mit dem Kopf auf der Tischplatte in der Küche saß und schlief, vor ihm reihten sich leere Bierflaschen auf. Er unterdrückte seinen Ekel und schlug hastig die Wohnungstür hinter sich zu. Ein Blick auf die Armbanduhr verriet ihm, dass es bereits 7.55 Uhr war. Scheiße, er würde zu spät kommen. _______________________________ So sehr er sich auf dem Schulweg auch beeilt hatte, war es bereits 8.25 Uhr, als er in den Schulhof einbog, der bereits wie ausgestorben dalag. Natürlich, der Unterricht hatte schließlich vor zehn Minuten begonnen. Wenn er Pech hatte, durfte er den ganzen Vormittag draußen vor dem Klassenzimmer stehen und die Türklinge drücken. Welch verlockende Aussicht. In der Eingangshalle überflog er mit tränenden, zusammengekniffenen Augen die eng gedruckten Listen. Verdammt noch mal, seine Brille hatte er natürlich mal wieder vergessen. Den unscharfen Hieroglyphen entnahm er schließlich doch, dass sich sein Klassenzimmer im zweiten Trakt, im dritten Stock befand und hastete los. Atemlos klopfte er gegen die weiß gestrichene Tür. Drinnen erstarb der monotone Singsang des Lehrers. Sekundenspäter ging die Tür auf. Entschuldigend senkte er den Kopf und setzte zu einer Erklärung an, wurde aber mit einem ungehaltenen „Wenn das noch einmal passiert, lasse ich Sie beim Rektor vorstellen“ in die letzte Reihe verwiesen, wo er den Rest der Stunde damit verbrachte, kleine Figuren auf den Rand seines Heftes zu zeichnen und kein einziges Mal aufsah. Im Stundenwechsel stellte er fest, dass er es anscheinend ganz gut getroffen hatte. Er hatte den einzigen Einzelplatz ergattert, alle anderen Schüler hatten einen Sitznachbarn. Zudem saß er im toten Winkel des Lehrers, der ihn von hier aus vermutlich kaum sehen konnte, wenn er sich in Richtung Fenster lehnte. Von den Mitschülern würde ihm wohl Keiner Ärger machen. Sicherlich würde er mit ihnen nicht viel zu tun haben. Er hielt nicht besonders viel von anderen Leuten in seinem Alter. Seine Freunde hatte er außerhalb seines Schulalltags, damit hatte er sich bereits abgefunden. Zufrieden lehnte er sich zurück und wartete darauf, dass der Vormittag geruhsam an ihm vorbeizog. Um exakt 15.30 Uhr wurde er durch den Schulgong vom seinem nicht enden wollenden Schultag erlöst. Augenblicklich setzte geschäftiges Murmeln um Klassenzimmer ein, während seine Mitschüler um ihn herum hastig ihre Sachen zusammenpackten und in kleinen Grüppchen das Klassenzimmer verließen. Er trödelte gedankenverloren herum und schlich schließlich mit gesenktem Kopf am Lehrerpult vorbei. Er war schon beinahe zur Tür hinaus, als… „Takashima- kun!“ Langsam drehte er sich um, wobei er vermied, den Lehrer direkt anzusehen. „Sensei.“ „Sehen Sie mir in die Augen, wenn ich mit Ihnen spreche.“ Trotzig sah der Blonde ihn an, während sich seine Fingernägel nervös in die Handflächen gruben. „Ich verachte Unpünktlichkeit in meinem Unterricht. Sollte mir dieses Verhalten noch ein weiteres Mal zu Ohren kommen, muss ich Sie leider zum Nachsitzen bitten.“ Uruha nickte betont schuldbewusst. „Ich habe verstanden, Yamada- Sensei.“ „Dann dürfen Sie jetzt gehen. Schönen Tag noch.“ Der Blonde erwiderte den Gruß flüchtig und schob sich so schnell es ging aus der Klassenzimmertür. Bereits auf dem Schulhof sah er sie auf dem Mäuerchen neben dem Nebeneingang sitzen: Acht lässige Typen mit schwarzen Lederjacken und Sonnenbrillen, von denen fünf betont gelassen rauchten. Einer schnippte gerade einen Zigarettenstummel auf den Boden. Seine Mine hellte sich auf und er spürte, wie sein Herz voller Vorfreude und kribbelnder Erwartung zu schlagen begann. So schnell es ging, ohne zu rennen, überquerte er den Schulhof und gesellte sich zu dem kleinen Grüppchen. Schon von weitem hörte er ein herablassendes „Sieh mal einer an, wenn das nicht Kouyou- chan ist, der kleine Hosenpisser!“. Früher hatten ihm Sätze dieser Art die Schamesröte ins Gesicht getrieben, mittlerweile hatte er sich daran gewöhnt. Die Anderen meinten es ja nicht so. Bei dem Grüppchen angekommen, schleuderte er seine Tasche achtlos auf den Boden und ließ sich mit einem betont lässigen Satz auf dem Mäuerchen nieder. „Na Kleiner, wie war dein Tag?“ wurde er von Shiro Yamamoto begrüßt. Shiro war so etwas wie der Anführer ihrer kleinen Gang. Zumindest hörten die anderen auf sein Wort. Immerhin war er auch schon 21. Uruha war froh, zu Ihnen gehören zu dürfen. Shiro und die Anderen verstanden ihn. Nicht so wie seine Mitschüler. Was wussten die denn schon? „Mein Tag war ganz okay, denke ich.“ Murmelte Uruha, während der Ältere ihm vertraulich den Arm um die schmächtigen Schultern legte und seine Finger mit dessen Hemdkragen spielten. Der Blonde schluckte. Vergeblich versuchte er, sich dem Griff zu entwinden, die Anderen lachten nur. Uruha merkte, wie seine Wangen vor Scham und Wut brannten. Es beschlich ihn jedes Mal ein unangenehmes Gefühl, wenn Shiro ihm nahe kam. Er konnte selbst nicht genau sagen, weshalb. Aber es fühlte sich ganz und gar nicht richtig, ja sogar gefährlich an. Stocksteif saß er also da, die Hände im Schoß gefaltet und versuchte, dazuzugehören. Es mochte etwa eine halbe Stunde vergangen sein, als ihn Shiro plötzlich am Arm packte und mit dem Kopf in Richtung Straße nickte. Der Jüngere folgte seinem Blick. Ein Junge, der ungefähr in seinem Alter sein mochte, schlenderte langsam die Straße entlang. In den Armen trug er einen Bücherstapel, am Körper eine sorgfältig gebügelte Schuluniform und schwarz glänzende Lederschuhe. Shiro’ s Lippen kräuselten sich zu einem verächtlichen Lächeln. „Wenn das nicht der perfekte Spielkamerad für uns ist, meinst du nicht?“ raunte ihm Shiro ins Ohr. Uruha’s Herz pochte. Seine Augen verengten sich, als eine kühle Hand seinen Arm entlang strich und schließlich sein Handgelenk packte. „Du willst mich doch nicht enttäuschen, oder? Nein? Dann zeig mir, was du gelernt hast, und mach Shiro stolz auf dich. Der Kleine da drüben hat sicher keinen schmalen Geldbeutel, so wie der aussieht. Denkst du nicht auch?“ Ehe Uruha sich versah, hatte ihn der Andere auch schon mit einem kräftigen Schlag zwischen die Schulterblätter auf die Straße befördert. Nervös wischte er seine verschwitzten Hände an der Hose ab. Wollte er das wirklich? Nun, er hatte keine Wahl. Was konnte ihm außerdem großartig Schlimmes passieren? Er wartete im Schatten einer Einfahrt auf sein Opfer. Soweit er es von hier aus beurteilen konnte, war er seinem Gegenüber körperlich nicht besonders überlegen. Zwar war der Andere kleiner als er, war aber um Einiges kräftiger gebaut. Davon abgesehen musste er sich eingestehen, dass er ein hübsches Gesicht hatte. Lange schwarze Haare umrahmten sein markantes, mit einem Lippen- Piercing verziertes Gesicht. Er schloss die Augen und atmete einmal tief durch, bevor er mit einem Satz seine Deckung verließ und dem Dunkelhaarigen beide Hände mit aller Kraft vor die Brust stieß. Sein überraschtes Gegenüber fiel hintenüber auf den harten Asphalt. Uruha ließ ihm keine Zeit zum Gegenangriff, stattdessen drückte er dessen Körper mit seine, eigenen Gewicht zu Boden, während seine Hände nervös dessen Hosentaschen auf der Suche nach einer Geldbörse durchwühlten. Er hätte erwartet, dass der Dunkelhaarige sich wehren oder um Hilfe schreien würde, stattdessen lag er einfach nur da und starrte ihn mit einem verständnislosen Blick aus dunklen Augen an. Das machte ihm mehr zu schaffen, als es Gegenwehr getan hätte. Hastig riss er seinem Opfer, dass sich noch immer nicht gerührt hatte, den Geldbeutel aus der Hosentasche und verlagerte sein Gesicht. In seinem Inneren brodelte die Siegesgewissheit. Shiro würde stolz auf ihn sein. Er schlug seinem Gegenüber mit dem Handrücken ins Gesicht. Nicht hart, gerade fest genug, um ihm ein schmerzerfülltes Stöhnen zu entlocken. Dann rannte er los. In die Bar, die zwei Straßenblocks östlich lag. Dort würden die Anderen auf ihn warten. Und Shiro würde stolz sein. Stolz, weil er mutiger war, als alle Anderen. An diesem Tag wusste er noch nicht, dass seine Euphorie sehr bald einen Dämpfer erleiden würde _____________________ Der nächste Tag begann unwesentlich organisierter, als der Morgen zuvor, aber immerhin schaffte er es dieses Mal pünktlich zur Schule. Er war gerade dabei, seine Sachen für die erste Stunde auf seiner Bank auszubreiten, als das gedämpfte Murmeln seiner Mitschüler erstarb. Dafür gab es eigentlich nur zwei Möglichkeiten. Entweder hatte der Lehrer den Klassenraum betreten, oder… Er erkannte den neuen Mitschüler, der da mit dem Lehrer den Raum betrat, auf den ersten Blick. In diesem rutschte ihm das Herz in die Hose. Er kam sich vor, wie in einem schlechten Film. Ein kalter Schauer lief ihm über den Rücken. Sein neuer Mitschüler war der Schwarzhaarige vom Vortag – der in sicherlich nicht in besonders guter Erinnerung hatte. Sollte dieser Junge auch nur ein Sterbenswörtchen an den Lehrer verlieren, dann war er geliefert. Das war er vermutlich in diesem Moment auch, als sein Blick auf die kalten Augen des Dunkelhaarigen traf. But I know All I know Is that the ends beginning Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)