Albtraum von Finvara ================================================================================ Kapitel 1: ----------- Ein Blitz erhellte die Nacht. Auf einmal stürmte es, die Wellen schlugen hoch, beinahe über die Reling. In wenigen Sekunden war die gesamte Mannschaft an Deck, versuchte den Kurs zu halten, gegen den Sturm zu kämpfen. Und irgendwo, in der hintersten Ecke des Schiffes, saß ein ungebetener Gast, ein schwarzes Geschöpf, eigentlich formlos, aber im Moment hatte es die Gestalt eines Kindes angenommen, das mit angezogenen Beinen da saß. Ein bösartiges Grinsen schlich sich in das Gesicht des Wesens. Übrigens, es war ein Nachtalb. Zu See? Ja, ein wenig seltsam, aber dort gab es immer noch leichtgläubige Opfer. An Land waren sie immer weniger geworden. Deswegen war er, Luzi, der Alb zu See. Und er hatte eine vorzügliche Mannschaft gefunden. Während die Menschen mit dem Schiff beschäftigt waren, schlich der Alb sich leise kichernd in das Krankenzimmer. Dort lag in Fieberträumen das einzige weibliche Mitglied der Crew. Ein zehn Jahre altes Mädchen, das jedem Seemannsgarn Glauben schenkte. Sie hatte jetzt aufgrund des Fiebers schon schlimme Träume, warf sich unruhig hin und her, krampfte, zitterte. Luzi blieb an ihrem kleinen Bett stehen und ergötze sich an ihrem Anblick. Was sie wohl träumte? Bestimmt vom Tod ihrer Mutter? Oder wie ihr Vater starb? Wohl eher von formlosen, schwarzen Gestalten? Er wusste es nicht. Doch was immer es war, Luzi würde es noch viel schlimmer machen als es war, viel, viel schlimmer. Draußen donnerte es Ohrenbetäubend. Niemand würde die Schreie des Mädchens hören. Schwupp, der Alb entschwand in ihren Alptraum. Grinsend sah er sich um. Sie war auf einem Schiff, es schaukelte bedenkliche, von überall ertönten Schreie, von Angst durchtränkt. Das Schiff befand sich in keinem Sturm, nein, schwarze Schatten griffen an, entzogen einem das Leben an sich. Luzi folgte dem Blick des Mädchens, hörte ihren Schrei und wusste, dass das kleine Mädchen sich auf die andere Seite geworfen hatte. Luzi hatte sofort verstanden, dass sie ihren Vater ansah, der kämpfte, aber immer schwächer wurde. Keiner hatte eine Chance gegen diese schwarzen Schatten. Das Kind rannte los, sie strampelte im Schlaf wild. Alle herumliegenden Leichen nahmen das Aussehen ihrer Mutter an, so wie Luzi es wollte. Er spürte, wie seine Kraft zunahm, mit jedem Schrei, mit jedem Strampeln. Im Schlaf war das Gesicht des Mädchens eine Grimasse der Angst, und auch ihr Traum-Ich hatte diese Grimasse. „Papa!“, ihr Schrei war markerschütternd, und wenn es nicht gestürmt hätte, wäre er jetzt entdeckt wurden. Aber das Wetter kam ihm gelegen. Die Zehnjährige schrie, als sie sah, das die Leichen aufstanden und halb verwest waren und sich ihrem Vater, der einzige, der außer ihr noch lebte, näherten. Sie riefen mit schaurigen Stimmen seinen Namen, wollten ihn zu einem der Ihren machen. Und Luzi? Er saß einfach da und kicherte, ließ es auch in ihrem Traum stürmen, machte die Schattengestalten größer, stärker. Und fühlte sich so mächtig wie nie zuvor. Die Leichen bemerkten sie, der Alb sorgte dafür, und gingen auf sie zu. Das Mädchen wich zurück, doch sie stand mit dem Rücken zum Mast. Keine Chance zu entkommen. Gehetzt, panisch sah sie sich um. Die Leichen waren ihr ganz nah. Sie konnte den fauligen Gestank riechen, schmeckte ihn schon fast. Immer noch sah sie ihren Vater, der gegen die Leichen und gegen den Schatten kämpfte, doch er war beinahe Tod, einer von ihnen. Er folgte ihren verlockenden Rufen, hörte auf zu kämpfen. Wieder schrie das Mädchen. Sie wurde gepackt. Die Haut der Leichen war schleimig und gummiartig. Sie kniff die Augen fest zusammen, doch spürte, dass ihr Vater ihnen gänzlich nachgegeben hatte. Die Leichen, die immer noch aussahen wie ihre Mutter, umringten ihn. Dann hörte sie eine Stimme dicht an ihrem Ohr, die warme sanfte Stimme ihrer Mutter: „Komm mit uns mein Kind, mein Liebchen, dein Vater hat dich verlassen. Du wärst ganz alleine“, sie wollte ‚Ja‘ sagen, weil sie der Stimme glaubte, doch dann stieg ihr wieder der übelriechenden Gestank in die Nase. Außerhalb des Traums hatte sie sich freigestrampelt, atmete schwer, schrie immer dann, wenn sie sie auch im Traum schrie. Doch niemand bemerkte die Schreie, denn draußen stürmte es immer noch und es war nicht weniger geworden, im Gegenteil. Im Traum riss das Mädchen los, in dem Moment in dem Luzi beschloss, sie würde ihren Traum nicht überleben. Sein kaltes Lachen erklang, ließ das Mädchen noch einmal mehr schaudern. Das Mädchen machte eine Kehrtwendung und entwischte gerade so eben einem Schatten. Doch nur eine Sekunde später stolperte sie und fiel der Länge nach hin. Sie versuchte sich aufzurappeln, doch es gelang nicht. Die Leiche, die auch vorhin mit ihr gesprochen hatte, hatte sich auf ihren Rücken geworfen. Das kleine Mädchen kämpfte, doch sie war nicht stark genug. Luzi kicherte leise, war auf dem Höhepunkt seiner Darbietung. Dem kleinem Mädchen war schlecht, vor Angst, wegen dem Geruch. Sie zitterte unaufhörlich, aber ihre Angst war eine richtige Todesangst, denn daie Leiche legte ihr die Hände um den Hals und drückte langsam zu. „Du hättest mitkommen können, aber du wolltest nicht“, die Stimme ihrer Mutter war nunmehr kalt und abweisend. Das Mädchen schrie noch einmal, bäumte sich mit letzter Kraft auf, röchelte nach Luft und erstickte langsam und qualvoll. In diesem Moment verebbte der Sturm und die Morgensonne stand am Himmel, strahlte als sei nie auch nur irgendetwas gewesen. Die See war ruhig und bald hörte man Möwen. Luzi versteckte sich in einem der vielen Medizinschränkchen. Das kleine Mädchen war tot. So war es nun einmal, wer im Traum starb, starb auch in der Realität. Luzi war mit sich und seiner Arbeit zufrieden und fühlte sich so gut wie lange nicht mehr. Er könnte gehen, doch wollte der Alb die Reaktion des Vaters sehen und die Trauer, Verzweiflung in sich aufsaugen. Der Kapitän des Schiffes, der Vater des Mädchens, betrat das Krankenzimmer und sah sofort, das seine Tochter nicht mehr unter ihnen weilte. Schreiend vor Schmerz und Trauer brach er vor dem Bett zusammen, verfluchte Gott und das Meer. Luzi fühlte sich dadurch noch stärker und floh leise kichernd. Hier gab es für ihn nichts mehr zu tun. Wohl wissend das der alte Kapitän ihn suchen würde, um Rache zunehmen, immerhin Luzi ihm Weib und Kind genommen. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)