Elopement von Risa (Flucht in die Wirklichkeit) ================================================================================ Kapitel 1: ----------- Das letzte woran ich mich erinnerte, war dieser Gesang. Er ging mir einfach nicht mehr aus dem Kopf und ich bemühte mich schnell wieder einzuschlafen um ihm erneut lauschen zu können. Doch die Wärme die in meinem Zimmer war, machte es mir unmöglich erneut ins Land der Träume abzudriften und ihn wiederzusehen. Der kalte Schneeregen rann an den Fensterscheiben herab und der Himmel war mit weiß grauen Schneewolken verhangen, welche nun schon seit Wochen einfach nicht verschwinden wollten. Dies trug nicht gerade dazu bei, meine Laune zu heben. Seit damals war ich eigentlich immer traurig gewesen. Aber durch meinen Job und die Leute um mich herum, hatte ich den Schmerz gut verstecken können. Hatte ihn auch gut vor mir verstecken können. Doch spätestens in meinen Träumen holten mich diese erdrückenden Gefühle wieder ein. So auch jetzt. Ich saß aufrecht in meinem Bett und starrte einfach nur aus dem Fenster und dachte an dieses Wirrwar zurück. Es waren nur Bruchstücke an die ich mich erinnerte und doch wirkten sie so unwirklich wirklich. Alles begann im Meer. Ich schwamm als Nixe durch die weiten des Ozeans und spürte das kalte Wasser auf meiner Haut und sah die Fische, welche farbenfroh und in kleinen Gruppen durch die Tiefen schwammen. ich erfreute mich an den bunten Korallen und Anemonen. Doch lange sollte dies nicht so bleiben, denn schon bald kam ich an eine tiefe Schlucht und fragte mich noch, wie die hier her kam. Wie konnte auf einmal der Erdboden aufreißen und so einen Abgrund erschaffen? Doch mir blieb nicht viel Zeit darüber nachzudenken, denn schon wurde ich von einem Strudel in die Dunkelheit gezogen. Egal, wie sehr ich mich wehrte, ich kam einfach nicht zurück ins Licht. Das Dunkel um mich herum wurde immer dunkler und es war, als würde diese Dunkelheit aus lauter schwarzen Algen bestehen, die mich wehement daran hindertern zurück nach oben zu schwimmen. Irgendwann gab ich es auf und ließ mich einfach fallen. Erst als ich auf einmal einen Jungen vor mir sah, wachte ich aus dieser Art Trance wieder auf. Wer war er? Er starrte mich einfach nur finster grinsend an. Seine Augen schimmerten rot und sein Blick glich dem eines hungrigen Raubtiers, welches seine Beute fixierte. Ich hatte wirklich Angst und doch konnte ich mich nicht von ihm abwenden. War wie hypnotisiert. Seine schwarzen Haare bewegten sich wie die Algen im Takt des Meeres hin und her und seine dunklen Augenränder zeugten von dem Schlafmangel, unter dem leiden musste. Ich war unfähig etwas zu sagen oder mich überhaupt zu bewegen. Doch ehe ich weiter in seine Augen sehen konnte, da schupste er mich auch schon nach hinten und ich fiel erneut. Doch dieses mal nicht so weit. Es war wie eine Art riesengroßes Goldfischglas, in dem ich nun gefangen war. Um mich herum flossen Strömungen aus bunten Lichtern und wirbelten immer weiter um mich, immer schneller. Hektisch sah ich mich immer wieder um, um einen Ausweg zu finden, doch es gab keinen. Wo war ich hier nur gelandet? Und dann verwandelte sich meine Flosse in Beine und ich bekam keine Luft mehr. In diesem Moment zersprang die Glaskugel in tausende Teile und ich wurde aus der Dunkelheit der Schlucht hinauf ins Licht geschleudert. Dort wachte ich erst wieder am Strand auf und sah mich hilflos um. Wo war ich jetzt schon wieder? Ich wollte zurück ins Meer! Ich stand ohne Probleme auf und stürmte ins Wasser, immer tiefer. Ich wollte zu diesem Jungen, damit er mir meine alte Form zurückgeben konnte. Doch so weit kam ich gar nicht. Denn ich konnte unter Wasser nicht mehr atmen und musste mit bitterer Verzweiflung erkennen, dass ich nun an diesem Ort gefangen war, der mir so fremd und doch so vertraut war. Wie oft hatte ich diese Welt beobachtet, aber sie immer nur aus der Ferne gesehen. Nun war ich gezwungen in ihr zu leben. Denn ich hatte Angst davor. War es die Wirklichkeit? Hatte ich bis jetzt nur in meiner eigenen Traumwelt gelebt und dieser Junge war derjenige, der mich aufwecken sollte?... Im wachen Zustand kann ich diesen Traum natürlich einordnen. Und diese bleierne Schwere, die seit damals an mir hängt, an mir zerrt und mich immer wieder zu Boden reißt... Ich weiß nicht, ob man die Traurigkeit in meinen Augen sieht. Es ist, als hätte man mir einen wichtigen Teil meiner Seele genommen. Die Gewissheit, dass nichts für immer ist. Und besonders nicht das Glück und die Liebe. Alles was du liebst, wird irgendwann gehen. mit diesen Gedanken ging ich von der Bühne. Inzwischen waren in meinem Traum mehrere Jahre vergagen und ich war ein berühmtes Popsternchen geworden. Ich lachte die ganze Zeit und brachte auch die Menschen um mich herum zum lachen. Wie habe ich das geschafft? Wie konnte ich aus dem Nichts zu soetwas werden? Denn noch immer konnte ich das Meer nicht vergessen. In jeder freien Minute ging ich dorthin und starrte in die Wellen. Wenn ich könnte, würde ich diese Welt sofort verlassen,...sofort, wenn ich den Mut dazu hätte es noch einmal zu versuchen. Doch dieses Mal konnte ich nicht ans Meer. Ich war in einer großen Stadt und um uns herum waren nichts als Straßen. Ich saß in meinem Zimmer im Hotel und überlegte, mir eine neue Frisur machen zu lassen und allgemein meinen Style etwas zu verändern. Doch ich kam nicht so weit, denn als ich aus dem Fenster sah, erblickte ich en Auto, welches sich überschlug und auf der schneebedeckte Fahrbahn in ein paar andere PKWs krachte. Das Auto blieb auf dem Dach liegen, doch die nachfolgenden Fahrzeuge konnten nicht mehr rechtzeitig ausweichen und schlitterten immer wieder in die Unfallstelle hinein und so bildete sich eine Massenkarambulage. Das Verursacherfahrzeug lag auf dem Dach und war vollkommen zusammengedrückt. Die Ersthelfer, die schon nach wenigen Minuten eintrafen, konnten nichts mehr für den Fahrer tun. Ich beobachtete nur, wie eine große Blutlache die Straße entlanglief. Denn auch ich war wie hypnotisiert zu dem Unfall geflaufen und war geschockt, von diesem Massencrash. Doch nach diesem Bild konnte ich einfach nicht mehr. Ich rannte davon. Weinend und mein Inneres fühlte sich schwerer als denn je an. Ich rannte und rannte, immer weiter und schaffte es kaum noch meine Augen offen zu halten. Nicht einmal meine Tränen wollten noch fließen. So erschöpft war ich. Völlig außer Atem kam ich am Rande der Stadt an und blickte auf zu einem alten Haus. Dieses stand auf einem kleinen Hügel. Der Hügel war von grünem Gras und weißen Blumen bedeckt. Ich wusste nicht wieso. Aber ich blieb einfach stehen und sah es an. Verharrte regungslos. Erst als ich diese Stimme vernahm, da regte ich mich wieder und sah nun einen Mann auf dem Hügel stehen. Er hatte braune Haare und weiße Sachen an. Von seiner Jacke flatterten lange weiße Bände im Wind und er starrte einfach nur Richtung Horizont. Wer war das und woher kam diese wunderschöne Stimme? Er bewegte seine Lippen nicht, aber ich hatte das Gefühl, dass er wusste, woher sie kam und dass er mir helfen konnte. Mit meinen letzten Kräften kämpfte ich mich die Anhöhe hinauf und kam ihm immer näher. Doch als ich endlich angekommen war, da war von ihm nichts mehr zu sehen. Verwirrt und verzweifelt sah ich mich um und rief nach ihm. Doch ich hörte selbst meine eigene Stimme nicht. Hatte nur noch immer dieses Lied in meinem Kopf. Niedergeschlagen verließ ich diesen Ort und streifte ziellos durch die Stadt. Irgendwie kam ich jedoch immer wieder an diesem Haus an. Und wieder stand er da! Und immer wieder versuchte ich ihn zu erreichen, doch schaffte es nie. Er war immer wieder vorher verschwunden. Und diese Erkenntnis, dass ich ihn einfach nicht erreichen konnte, deprimierte mich nur noch mehr. Also verließ ich abermals diesen Ort und summte das Lied, welches ich die ganze Zeit hörte, vor mich hin. Ich hatte vollkommen die Orientierung verloren, doch es war mir auch egal. ich wollte eigentlich nur noch nach Hause. In mein wirkliches zu Hause. Denn dies hier war wie ein Gefängnis, in dem ich festgehalten wurden. Jeden Tag musste ich lachen und so tun, als würde es mir gut gehen... Wie ich so in meinen Gedanken versunken war, entdeckte ich in einer kleinen Einfahrt auf einmal einen kleinen Garten. Er schien mich gerade zu anzuziehen. In diesem stand ein großer, alter Baum. Was für eine Art wusste ich aber nicht. Er sah verknöchert aus und erinnerte an einen alten Menschen, welcher nicht mehr die Kraft hatte, sich aufrecht zu bewegen. Nur die weißen, kleinen Blüten versprühten eine lebendige, lebensfrohe Atmosphäre. Es waren tausende. Vorsichtig strich ich mit den Fingern darüber und war überrascht, wie weich sie waren. So etwas hatte ich noch nie gesehen. Und jetzt kam mir dieser Ort noch unwirklicher vor. Denn in der Mitte des Gartens, war eine Art Windspiel angebracht. Einfache weiße Papierfahnen, welche sich sachte hin und her wogen. Doch sie waren nirgends angebracht. Sie schienen gerade zu in der Luft zu schweben. Wie war das möglich? Links neben dem Windspiel, welches wie ein Raumteiler wirkte, war eine Art Teich. Es war ein vergoldetes Becken, jedoch nicht tief. Gerade so tief, dass die Sohle meine Schuhe darin verschwand. Doch wenn ich hinein blickte, wirkte es auf mich wie ein bodenloser Abgrund und es erinnerte mich an die Schlucht, in die ich damals gezogen wurde. Alles schien schon so lange her. War es das wirklich? Oder handelte es sich lediglich um Minuten? War vor ein paar Minuten nicht noch alles ok?... Und wieder hörte ich diese Stimme...dieses Lied und blickte abruppt auf. Auf einer Steinbank, welche aus einem einfachen Quader bestand, saß ein junger Mann. Zuerst dachte ich, es wäre der gleiche, wie damals in der Schlucht. Doch dieser hatte eine vollkommen andere Ausstrahlung. Er saß in sich zusammengesunken auf der kalten Bank und starrte in meine Richtung. Und ehe ich registrierte, dass ich es war, die hier schon wieder sang, stand er auf und seine Lippen formten die Worte, welche dem Text des Liedes entsprachen, welches ich die ganze Zeit gehört hatte und nicht wieder aufhören konnte zu singen. War er derjenige, der mir Antworten auf meine Fragen geben konnte? Ich wollte ihm entgegengehen, doch aufeinmal war der Teich nicht mehr so flach und ich fiel erneut...wie damals wurde ich in den tiefen Abgrund gerissen. Nein! Wieso gerade jetzt? In meinem Kopf schrie ich immer wieder, doch ich brachte einfach keinen Ton heraus. Wieso rettet mich keiner aus diesem Alptraum, welcher mich nun schon seit so vielen Jahren verfolgt? Darf ich nicht glücklich sein? Muss ich immer Angst haben?... Und dann wachte ich auf. Die kleinen Tränen, welche meine Wange hinab liefen, wischte ich mir mit einer schnellen Bewegung aus dem Gesicht und setzte mich auf. Was war das nur für ein seltsamer Traum gewesen? Er wirkte so unwirklich und doch so real. Es kam nicht oft vor, dass ich mich an meine Träume so genau erinnerte. Und besonders, dass ich mich an die Personen daran so exakt erinnerte. Ich wollte wieder einschlafen. Wollte sie wieder treffen und vielleicht endlich eine Lösung, einen Ausweg finden. Doch ich war mir bewusst, dass dies nur ein Traum war und ein Traum konnte niemals ein Ausweg sein. Er war ein Versteck. Mehr aber auch nicht. Doch ich versteckte mich seit damals schließlich immer. Hinter meinem Lächeln. Meiner guten Laune. Ich versuchte einfach, die Wunde in meiner Seele zu heilen, oder zumindest den Schmerz zu betäuben. Egal wie... Dieser Traum war einer meiner Fluchtwege aus der Realität. Nachdem ich mich Anfangs nur an Bruchstücke erinnern konnte, setzte sich mit der Zeit alles genau zusammen. Doch der Zauber dieser Illusion verblasste auch sehr schnell wieder, sodass ich mich für die Arbeit fertig machte, um so die Realität schnellstmöglich wieder auszublenden. Ja, mir geht es gut. Sehr gut sogar. Ich kann lachen, habe Freunde und sehr viele Fans, welche wohl alles für mich tun würden. Ich mache mir nichts vor. Dies ist die Realität und nicht die Vergangenheit oder meine Träume. Leider. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)