Six Months - Die Symphonie deines Herzens von *Fane* (The-Bella-und-Edward-All-Human-Story) ================================================================================ Kapitel 5: Durchführung: Erkenntnisse - Teil 2 (Edward & Bella) --------------------------------------------------------------- sooooo, hier dann pünktlich zum we der neue teil ^^ danke für eure kommis !!!!! Musik: Cassie - Is it you http://www.youtube.com/watch?v=KMZFU-Kgx7Q => Ich liebe dieses Lied, es passt jetzt meiner Meinung gut zu Edwards Part, aber wiederum auch zu den nächsten beiden Kapitelteilen, da hab ich aber andere Lieder noch, die schwerpunktmäßiger sind ^^ => dieser Teil ist auch etwas kürzer und die nächsten beiden dafür länger; ich hab mich mit dem "cut-setzen" bei der Durchführung etwas schwerer getan, weil hierbei - noch mehr als in der Exposition - eigentlich alles zusammen zu sehen ist... na ja, genug Vorrede, viel Spaß beim Lesen ^^ Bild zum Chap: http://img6.imageshack.us/img6/9468/bannerdurchfhrungteil2.jpg Ich schaute unauffällig auf, als ich fast am Ende angelangt war, während sie mit der einen Hand die Maus bediente und mit der anderen eine Strähne immer wieder um den Finger wickelte. Sie wirkte nach außen hin eigentlich ruhig… oder doch etwas nervös? Na ja, immerhin war morgen eine wichtige Präsentation für sie. „Fertig“, verkündete ich und legte die Blätter hin. „Ich denke, dass das letzte Thema zu weit führt. Es ist hinsichtlich der Versuchsthematik nicht mehr nahe liegend“, fand ich. „Ich denke, dass ein Praxisbezug das am meisten nahe liegende ist, was wir darbieten können“, widersprach sie mir, den Blick auf den Laptop gerichtet. „Das ist ein Biologieseminar und kein medizinisches“, gab ich zu bedenken. „Und die Biologie ist der Medizin so weit entfernt?“ Sie zog die Augenbrauen hoch und sah mich an. „Das nicht, aber eine Krankheit hat in einer Biologie-Versuchsreihe nichts zu suchen“, argumentierte ich weiter. Ich gab mich nicht geschlagen. „Wir haben sechzig Minuten Zeit und wenn wir noch mehr Themen dazu nehmen, füllen wir den ganzen Vortragstag aus.“ So langsam machte sie mich wahnsinnig. „Unser Versuch dauert in der Durchführung fünfzehn Minuten und der Aufbau ist auch nicht schwierig, nachdem wir es geübt haben, was spricht also dagegen?“ Auch ihr Ton wurde ein Hauch bissiger. „Schön, mach wie du willst. Es ist deine Note, meine ist mir egal“, resignierte ich, denn das stimmte auch. „Ich schließe dieses Modul nicht ab. Interesse, weißt du noch?“ Sie funkelte mich an und nahm die Skripte vor mir an sich. Ihr Blick schweifte darüber. Ich erkannte in ihrem Gesicht die Einsicht, dass ich Recht hatte und eine ausführliche Stellungnahme zur medizinischen Anwendbarkeit des Versuches zu weit führte. „Gut.“ Sie knickte den von mir angesprochenen Teil und legte ihn hinter sich aufs Bett. „Ich werde es aber erwähnen.“ Ich musste innerlich schmunzelnd, dass sie klein bei gab. Äußerlich nickte ich nur. Sie mochte sehr viel Fachwissen haben, doch durch ihre Übermotivation schienen manchmal die Pferde mit ihr durchzugehen. Danach reichte sie mir das eben ausgedruckte Gesamtkonzept. Wortlos goss sie mir und sich Apfelschorle in die beiden leeren Gläser auf dem Tisch ein und trank einen Schluck. Ihr Blick immer ans Blatt geheftet. Danach diskutierten wir alle Teile noch mal aus. „Puh“, stöhnte sie leise, mehr zu sich selbst und reckte sich kurz. „Ich brauche eine Pause…“ Ich beobachtete, wie sie aufstand und zur Küche ging. Zögerlich blieb sie stehen und wand sich zu mir um. „Ich- ich wollte Auflauf machen… magst du das?“ Überrascht stimmte ich zu. Ich wäre jetzt eigentlich, wie sie gestern, gegangen, doch ich war mir sicher, dass es in ihrem Sinne war, dass ich blieb. Wir waren noch nicht durch, ein paar Vorgehensweisen mussten wir noch besprechen und die Themenaufteilung hatten wir auch noch nicht gemacht. Wenn sie glaubte, dass es nichts mehr zu sagen gab, und ich gehen sollte, hätte sie die Themen flugs mit mir verteilt und das wäre es dann gewesen. Ich verfolgte, wie sie aus einer Einkaufstüte vor der Anrichte mehrere Gemüsesorten herausholte und in die Spüle legte. Sie wusch und schnitt zuerst die Brokkoli. Neben ihr lag noch ein Blumenkohl sowie ein Bund Möhren. Machte sie immer so einen Aufwand? Eine Tiefkühlpackung Gemüse wäre bestimmt nicht das schlechtes gewesen… aber das sagte ich, dessen Eltern eine Haushaltshilfe hatten. „Ähm…“ Sie wand sich zu mir um, die Hände nass vom waschen. „Du kannst fernsehen, wenn du willst“, bot sie an. „Allerdings müsstest du den Fernseher aus der Kammer neben der Eingangstür holen und anschließen. Na ja, und Platz finden.“ Sie wand sich lächelnd ab, nachdem sie kurz ihre Wohnung gemustert hatte. „Nein, ist in Ordnung“, meinte ich und tat interessiert gegenüber den Materialien auf dem Tisch. Eigentlich war ich auf ein ganz anderes Wissen erpicht: Warum sah sie kein fern und hatte den Fernseher in der Abstellkammer?? Ihr Verhalten wurde mir zusehends schleierhafter – nicht, dass es mich kümmerte. Nach dem Referat sah ich sie sowieso nur noch im Laborkurs. Ich hatte keine Lust die ganzen Sachen noch mal durchzukauen. Stattdessen gab ich dies vor und schaute mir die Wohnung weiter an, die meine Faszination schürte. Lebte sie nur für das Lernen und ihr Studium? Anders gefragt: Konnte man etwas anderes bei Stipendiaten erwarten? Schließlich bekamen nur die Besten ein solches. Während sie mit dem Waschen des Gemüses fortfuhr, sie stand zwar mit dem Rücken zu mir, jedoch leicht seitlich, bemerkte ich, dass ihr Blick immer wieder hoch zu dem Merkzettel an dem Küchenschränkchen glitt. Ihre Lippen bewegten sich leicht beim lesen. Mageres Sonnenlicht fiel von dem Fenster auf die rechte Hälfte ihres braunen Haares. Es glänzte leicht. Nachdem sie das Gemüse abgetrocknet hatte, begann sie mit dem Schälen der Möhren. „Kann ich dir helfen?“, bot ich an. Ich war verblüfft über mich selbst. War etwa die Faszination meinem guten Benehmen gewichen? Sie strich sich mit dem Handrücken eine Strähne aus dem Gesicht, während sie sich zu mir drehte. „Ja… also nur, wenn du willst…“ Ich stand auf und stellte mich zu ihr. „Was soll ich machen?“ „Setz’ schon mal die Kartoffeln auf“, forderte sie mich auf und gab mir den Topf mit dem Beutel Kartoffeln. Ich tat wie mir geheißen. „Salz und ein bisschen Kümmel“, erinnerte sie, als die Kartoffeln schon auf dem eingeschalteten Herd standen. Sie deutete mit dem Kinn auf den Hängeschrank direkt vor mir. Ich hatte zwar nicht viel Zeit mir den Inhalt des Schrankes anzusehen, Salz und Kümmel waren schnell gefunden und alles andere wäre zu auffällig gewesen, doch die Struktur zog sich auch dort vor. Dass es nicht noch nach Farben sortiert war, war alles. Ich grinste glucksend. Bella wand den Kopf zu mir und kniff leicht die Augenbrauen zusammen. Ich tat so, als wäre nichts gewesen. „Möhren schälen oder Gemüse schneiden?“, wollte sie von mir wissen und spannte mich direkt komplett ein. „Möhren bitte.“ Ich war unsicher, ob ich ihren Ansprüchen beim Gemüseschneiden gerecht wurde, grinste ich. Dieses Mal jedoch nur innerlich. Ich wollte nicht, dass sie dachte, ich machte mich über sie lustig. Als Bella – vor mir – fertig war, kniete sie sich herab zum Kühlschrank und suchte kurz und hielt eine Packung Käse mit der linken Hand wortlos zu mir hoch. Mit der anderen suchte sie weiter. Perplex über diese Selbstverständlichkeit und Vertrautheit nahm ich die Packung entgegen. Sie stellte sich mit Milch und saurer Sahne in der Hand wieder auf. Ich beobachtete die flüssigen, gezielten Bewegungen von ihr, während sie nach den Kartoffeln sah und einem Behälter Soße anrührte. „Ah“, entfuhr es mir unwillkürlich. Ich hatte den Schäler in meinen Finger und nicht die Möhre gerammt. „Was machst du?!“, fragte sie leise zischelnd und schaute auf meine Hand. Meine Haut war jedoch nur etwas lädiert, kein Blut, keine Wunde. „Ich schätze, meine Hand rächt sich an mir wegen deiner Narbe“, witzelte ich ohne, dass ich es beabsichtigt hatte. Bella schaute kurz nachdenklich herab, ehe sie doch grinsen und schließlich lachen musste. Ich stimmte mit ein. „Lass mich das machen, ehe du dich ins Koma schälst. Dann dürfte ich das morgen nämlich allein machen“, flachste sie und schob mich zur Seite. „Du darfst Kartoffel-Aufpasser spielen.“ Sie grinste charmant und widmete sich den Möhren. So locker kannte ich sie gar nicht… und ich merkte auch, wie gut ihr dieses Unbeschwerte stand. So stand ich vor dem Topf… und starrte darauf. Eigentlich. Eigentlich schaute ich immer wieder herüber, was sie tat, denn ihr Verhalten hatte meine Neugier geweckt. Sie machte das sehr geschickt und sehr schnell. Sie schien Übung zu haben. Und das obwohl ihr Blick immer wieder zum Papier schweifte. Sie lernte wirklich beim kochen???, ging es mir verwundert durch den Kopf. „Du lernst beim kochen?“, fragte ich neutral. Ich wusste nicht, was in mich gefahren war, ihr meine Gedanken zu offenbaren. Peinlich berührt sah sie mich kurz an und dann – überflüssigerweise – auf die Möhre in ihrer Hand. „Ja, so vergeude ich keine Zeit“, murmelte sie. „Warum machst du dann so einen Aufwand?“, ging es mir wieder viel zu leicht über die Lippen. „Ähm“, sie kniff die Augenbrauen zusammen, „na ja, gesunde Ernährung ist wichtig und… wenn ich nur irgendwas Fertiges esse, muss ich als Ausgleich noch gesunde Sachen essen Das heißt, ich muss mehr essen und es kostet Zeit“, offenbarte sie mir. „Außerdem sollten Ärzte Vorbilder sein.“ Ich nickte nur und sah herab zu dem Topf. Ich war so perplex, dass ich nicht mal richtig denken konnte, was ich davon hielt. Ich hätte nur nicht erwartet, dass jemand solche Begründungen für ein Verhalten haben könnte… wenn es denn die ehrlichen, richtigen waren. Aber ich glaubte ihr. Das Essen war sehr schnell fertig. Bella machte auf dem Tisch Platz und wir aßen schweigend. Mit Faszination bemerkte ich wieder, wie inbrünstig sie beim Essen auf die Buchseite schräg rechts vor ihr blickte. Konnte es so jemand wie sie eigentlich auch wirklich geben? „Schmeckt es nicht?“, wollte sie wissen. Mist, dachte ich prompt. Ich hatte diese Kleinigkeit – das Essen – während der Beobachterei vernachlässigt. „Nein, nein…“ Es klang kaum überzeugend, obwohl es wirklich gut schmeckte. „Sag…“, begann sie, als wir beide nahezu fertig waren. Sie sah ich mit zusammengekniffenen Augen konzentriert an. „Kann ich dich noch um was bitten?“ Ich wartete nur ab. „Sicher“ zu sagen, war mir wiederum zu unsicher. „Würdest du dir mein Anästhesie-Referat anhören?“, fragte sie. Sie musterte mein Gesicht ganz genau und wartete ab. Ich war wieder mal überrascht von ihr. Ich hätte solch einen Gefallen nicht erwartet – wir waren selten einer Meinung und eigentlich legte sie auf meine auch eher selten einen gesteigerten Wert (abgesehen von vorhin). „Klar, kein Problem“, antwortete ich. „Danke“, sagte sie matt und nickte, ehe sie die Teller abräumte. Wir bearbeiteten unser gemeinsames Referat zu Ende und danach hielt sie mir ihren Vortrag für Morgen. Inhaltlich fand ich ihn sehr gut, das teilte ich ihr auch so mit. Das andere nicht. Teilweise sprach sie sehr flüssig und nahezu perfekt. In anderen Teilen des Referates wirkte sie verunsichert, aber nicht nervös… merkwürdig irgendwie. Ich konnte es gar nicht recht beschreiben. Gegen Abend ging ich dann. Viel besser gelaunt, als ich es angenommen und erwartet hatte. „N’abend“, grüßte ich, als ich meine Familie bei Tisch sah, wie es nicht allzu oft vorkam. „Wo warst du so lange? Ich habe dich versucht anzurufen“, fragte meine Mutter schon von weitem. Obwohl es vielleicht nicht so klang, war es reines Interesse. „Tut mir leid, ich hatte mein Handy aus. Was gab es denn so dringendes?“, ging ich erst mal nicht auf ihre Frage ein. „Dein Musikdozent hat angerufen. Wegen deines Stücks morgen, dem Vorspielen“, klärte sie mich auf, nachdem ich mich an den Esstisch gesetzt hatte und mir erst mal was zu trinken nahm. „Du sollst morgen nur den zweiten Teil spielen, das reiche ihm. Mehr hat er mir nicht gesagt.“ „Was? Mehr nicht?“ Ich starrte sie ungläubig, mit entsetztem Gesichtsausdruck, an. „Der Teil dauert gerade mal fünf Minuten vielleicht“, erklärte ich mich, als ich viele irritierte Blicke auffing. Alice’ nicht. Sie ignorierte mich. „Sei doch froh, weniger Arbeit.“ Emmett zwinkerte mir zu und schob sich die nächste Gabel in den Mund. „Muskelaufbau“ nannte er seine Vielesserei. „Hm“, machte ich nur und verschränkte appetitlos die Arme. Ich mochte das Stück sehr, welches meine „Referatsleistung“ darstellen sollte. Es war ein sehr rundes, abwechslungsreiches Stück mit vielen markanten schnellen und ruhigen Teilen. Ich hatte es öfter als sonst durchgespielt, weil ich von der Melodie so begeistert war und nun das. Da es für meine Note aber egal war, ob ich fünf oder fünfzig spielte, wollte der Dozent wahrscheinlich nur eine verlängerte Mittagspause haben. „Und? Wo bist du so lange gewesen?“, fragte meine Mutter nach. „Keinen Hunger?“ Ich schüttelte den Kopf. „Lernen“, antwortete ich Schulter zuckend. „Unglaubwürdig, lieber Bruder“, war Emmetts Statement. „Du lernst keine zwölf Stunden am Stück – vom Klavierspiel mal abgesehen.“ Er grinste wissend – zumindest glaubte er das zu sein. „Wahrscheinlich war er wirklich lernen“, begann Alice strikt auf ihren Teller sehend, „und hat sich eine halbe Stunden später mit der nächsten Dummen getroffen, die auf ihn reinfällt.“ Sie schaute kurz mit einem beißenden Blick zu mir hoch. „Das stimmt nicht!“, widersprach ich. „Bella und ich haben nur morgen-“ „Bella also, sag ich doch“, zischte Alice. „Wir haben für das Biologiereferat gelernt und da war noch eine Menge zu tun“, rechtfertigte ich mich in harschem Ton und wusste nicht einmal, warum ich das überhaupt tun musste. Sollten sie doch glauben, was sie wollten. „Für Mr. John? Wovon du mir erzählt hattest?“, schaltete sich erstmalig mein Vater, der neben mir saß, ein. „Ja, genau.“ Er nickte langsam und nachdenklich kauend vor sich hin. Ich wartete, denn ich wusste, dass noch etwas kam. Er nahm sich jedoch noch etwas Wein aus der Flasche, fragte, ob meine Mutter noch wollte und Emmett sprach dann auch schon ein anderes Thema an. Ich beobachtete meinen Vater hin und wieder unauffällig von der Seite. Er machte keine Anstalten mehr, etwas zu sagen… vielleicht hatte ich mich getäuscht. „Du hast wirklich keinen Hunger?“, wollte meine Mutter nochmals wissen, als ich ihr beim Tisch abräumen half. „Ich mache kurz das Terrassenlicht draußen an“, redete mein Vater rasch dazwischen und schob die Glastür zur Seite. „Kannst du mir gleich helfen? Edward?“, verdeutlichte er. „Ja, klar“, erwiderte ich irritiert. Für die paar Schalter anknipsen? „Edward?“ Meine Mutter sah mich erwartungsvoll an. „Was? Nein, ich bin nicht hungrig.“ Und das stimmte. Ich reichte ihr noch die Schüsseln und Töpfe und folgte meinem Vater dann raus auf die Terrasse. Alice und Emmett waren bereits hoch gegangen. Es war schon vergleichsweise spät. Vermutlich hatten sie lange mit dem Essen auf mich gewartet. Die Lichter waren alle längst an. Er stand über das Geländer gelehnt da und blickte auf den düsteren Garten, hier und da ein kleines Weglicht. Zwischen seinen Fingern hielt er das Weinglas. „Isabella Swan ist eine sehr fähige Studentin“, begann er, machte aber sogleich eine Pause. Ich lehnte mich ebenfalls ans Geländer. Jetzt kam der Teil, den er eben bewusst verschwiegen hatte. „Ja…“, machte ich dann weiter, denn er sah weiter vertieft gerade aus. „Ich denke sie hat einiges drauf und eine Menge Ahnung“, versuchte ich das Gespräch voran zu treiben. Was sollte er mir sagen? „Ich habe ihre Bewerbungsunterlagen gesehen, da ich ja in dem Ausschuss für die Stipendiaten stimmberechtigt war – und ich habe für sie gestimmt. Ihre Arbeit für die Bewerbung war außerordentlich interessant und neuartig. Sie hat eine andere Sicht auf die Dinge, obwohl es der gleiche Sachverhalt ist. Es hat mich teilweise doch sehr überrascht, positiv überrascht. Aber das ist vermutlich auch ihrer Lebensgeschichte und -einstellung geschuldet.“ Der erste Teil erstaunte mich nicht. Dass ihre Bewerbung eine eins mit Sternchen gewesen war, war anzunehmen. Auch, dass sie anders war, konnte ich nur zu gut nachempfinden und meinerseits bestätigen. Aber der letzte Teil… Mein Vater nahm einen der vermutlich letzten Schlücke aus dem Glas. Er überlegte noch einen Moment, ehe er sich zu mir kehrte. „Was ich dir jetzt erzähle, unterliegt deiner absoluten Verschwiegenheit, verstanden?“ Ich nickte Stirn runzelnd. Er sah mir noch einen Moment in die Augen und schaute wieder geradeaus. „Das sind Daten, die ich nicht weiter geben darf und die eigentlich auch in Miss Swans Privatangelegenheiten gehören. Sie sollte diese normalerweise selber mitteilen… Ich denke aber, dass du das vielleicht wissen solltest, wenn du dich weiter mit ihr triffst.“ Ich öffnete den Mund, um zu widersprechen. Wir hatten schließlich keine Dates oder gingen aus oder so etwas. Das war rein „beruflicher Natur“. Doch mein Vater ließ mir keinen Raum zur Antwort. „Sie ist ehrgeizig und motiviert. Ohne Zweifel. Aber sie hat eine prägende Geschichte. Vielleicht ist ihr ganzes Können und ihr Wille auch dadurch begründet.“ Er sprach immer noch in Rätseln für mich. Ich wollte ihn nicht drängen, denn eigentlich durfte er mir das nicht sagen, doch meine Neugier eilte voraus: „Dad, was meinst du?“ „Wie würdest du sie mir beschreiben, wenn ich sie nicht kennen würde?“, fragte er mich und rückte immer noch nicht mit der Sprache raus. „Hm“, machte ich. „Also… ich weiß nicht recht, sie lässt nicht viel durchblicken. Eigentlich ist sie immer sehr abweisend und gibt nichts von sich preis. Heute war sie… irgendwie entspannter, aber dennoch… sie ist… ich kann sie eigentlich nicht richtig einschätzen. Alles was ich mit Sicherheit sagen kann ist, dass ihre Disziplin unglaublich ist. Sie hat in der ganzen Wohnung Bücher, Skriptberge und Zettel zum Lernen an die Wand gepinnt. Aber ansonsten… ich weiß nicht… sie erzählt nicht viel…“ Mein Vater nickte, während er mich angesehen und zugehört hatte. „Ja, das glaube ich. Diesen Eindruck hat sie auch in den Bewerbungsverfahren in Deutschland gemacht. Mr. Cien von unserer Universität war drüben in Europa und hat dort auch Bewerbungsgespräche geführt – unter anderem das von Bella.“ Er räusperte sich kurz. „Hat sie dir mal erzählt, dass sie unbedingt forschen will?“ „Ja… ich glaube schon…“ Ich wusste immer noch nicht, worauf er hinaus wollte, musste mich aber scheinbar in Geduld üben. „Hat sie dir auch mal gesagt was und warum?“, fragte er weiter. Ich schüttelte den Kopf. Er nahm den letzten Schluck und sah wieder nachdenklich gerade aus. Dieses Mal jedoch mehr so, als rang er mit Worten. Das Terrassenlicht erhellte sein Gesicht nahezu vollständig. Leichte Schatten bildeten sich. „Weißt du, eigentlich verdient jeder Mensch eine vorurteilsfreie Chance, wenn er auf andere trifft, die ihn nicht kennen, aber vielleicht verstehst du sie dann besser. Ich denke, dass du damit umgehen kannst.“ Gespannt wartend zog ich leicht die Augenbrauen hoch. Was wollte er mir sagen? Was war mit ihr? Er atmete tief durch. „Bellas Mutter hat Krebs, Edward.“ Ich starrte ihn von der Seite an. Er war Arzt, ich war mit der medizinischen Welt vertraut, doch ich spürte, wie es mich erschaudern ließ. Eiskalt lief es mir den Rücken runter. „Und… ich meine…“, versuchte ich einen Anfang zu finden. „Mehr weiß ich dazu nicht, bzw. mehr stand nicht in dem Protokoll des Bewerbungsgespräches, da sie es nicht weiter ausgeführt hat. Es war ihre Begründung für ihre Motivation zu studieren und für ihren Wunsch in der Onkologie-Forschung zu arbeiten. Sie hat das preisgegeben, weil sie wusste, dass es die einzige Motivation war, die sie hätte vorbringen können, und weil sie wusste, dass es die anderen Mitstudenten nicht erfahren. Ich glaube, dass sie das niemals jemandem erzählt hat.“ Er machte eine Pause. Ich will halt nur damit sagen, dass mir das Seminar unglaublich wichtig ist und auch für meine Zukunft…, hörte ich sie in Gedanken sagen und schaute nachdenklich auf den Kies unterhalb der Terrasse. „Das ist aber nicht das einzige, was mich an ihr beschäftigt hat“, fuhr er fort. „Viel mehr, war das ihr Lebenslauf, der für das Stipendium sehr ausführlich verlangt worden war. Sie hat fast die gesamte Grundschulzeit seit ihrer Geburt hier in Amerika gelebt und ist erst nach der Scheidung ihrer Mutter nach Deutschland zurückgekehrt. Ihr Vater lebt noch hier in Amerika, nicht weit weg von Seattle. In Deutschland ist sie gefühlte hunderte Male im Jahr mit ihrer Mutter und ihrem Stiefvater umgezogen und hat sich neben der schulischen Belastung, um ihre Mutter gekümmert und einen Job gehabt. Ich glaube, ich habe auch gelesen, dass es manchmal mehrere waren. Ich kann vieles nur aus dem, was darin stand, schließen, aber ich denke, dass sie seit der Erkrankung ihrer Mutter komplett für alles zuständig war, wenn der neue Ehemann der Mutter arbeiten war. Die Bewerber mussten auch Einkommensnachweise vorbringen… ich finde es unglaublich mit wie wenig sie ausgekommen sind, obwohl die Tochter studiert und die Mutter so krank ist. Kannst du aufgrund dessen verstehen, warum sie so abweisend ist?“, wollte er von mir wissen und riss mich kurz aus den Gedanken. Denn das „warum“ hinsichtlich dessen, dass er mir das alles erzählte, beschäftigte mich. Hatte er Angst ich würde sie verletzen wie bei Tanya? Wollte er sie schützen? „Wenn sie oft umgezogen ist…“, fing ich mich dann rasch. „Ich denke, dass sie nie wirklich lange Kontakte knüpfen konnte und es irgendwann gelassen hat. Ich glaube auch nicht, dass sie sich jemandem mit ihrer Geschichte anvertrauen wollte…“, grübelte ich. „Genau, das denke ich auch“, sagte er leiser, hielt einen Moment inne und fuhr fort: „Sie hat von uns hier ein komplettes Aufbaustudium in Aussicht gehabt. Sie hätte sich dafür bewerben können, hat es aber nicht getan. Sie wollte nur das eine Auslandssemester, mehr nicht, obgleich das eine große Chance für sie gewesen wäre.“ Er schaute mich direkt an. „Du magst sie, oder?“ „Nein“, meinte ich prompt. „Ich finde… sie ist interessant, anders…“ „Ja, das ist sie. Sie ist wahrlich ein bewundernswertes Mädchen…“, murmelte mein Dad, strich mir kurz über die Schultern und ging wieder ins Haus. Ich blieb am Geländer stehen und senkte den Blick. So etwas hatte ich nicht erwartet und es machte mich nachdenklich. Vielleicht sollte ich überdenken, wie ich sie bis jetzt gesehen hatte. Vielleicht hatte ich ihr Unrecht getan… Das alles erklärte einiges, doch eines nicht: Woher sie die Kraft nahm. „Ich bin… beeindruckt, fehlerfrei“, verkündete der Dozent, als wir mit unserem Vortrag geendet hatten. Er wirkte jedoch misstrauisch. Perfektion in Gänze war immer auffällig. „Wir haben uns eingehend damit befasst und mögliche Konfliktpunkte in der Versuchsreihe antizipiert, um diese direkt auszuschließen und einen reibungslosen Ablauf zu gewährleisten“, zog ich unseren, nicht zuletzt Bellas, Kopf aus der Schlinge, so mein Gefühl. „Gut.“ Der Dozent nickte und kritzelte auf seinem Klemmbrett herum. „Zehn Minuten Pause, dann die nächsten.“ Bella atmete neben mir tief durch, warf mir einen kurzen Blick zu und drehte sich zu dem Versuchsaufbau auf dem Pult hinter uns. Ich bemerkte wie ihre Hände bebten. „Herzlichen Glückwunsch zur 1,0“, sagte ich leise, während ich beim wegräumen half. Sie lächelte viel milder, als sie sich eigentlich freute und wand sich wieder der Apparatur zur. Während des Referats war sie unglaublich professionell gewesen. Locker, gelassen, sie verhaspelte sich kein einziges Mal. Sobald sie dem Publikum den Rücken zuwandte, um einen Stoff hinzu zu geben oder an die Tafel zu schreiben, sah ich genau, wie ihre Lippen und ihr ganzer Körper zu zittern begannen. Sie übertrug jedoch nichts davon nach außen, wenn sie mit dem Referat fertig war. Wir gingen zurück zu unseren Plätzen. Bella packte rasch ihre Sachen zusammen. Sie hatte gleich ihr anderes Referat. „Viel Glück“, sagte ich. „Danke“, meinte sie kurz nickend und verschwand. Ich sah ihr nach und mir ging das gestrige Gespräch mit meinem Vater durch den Kopf. Hinter ihrem Verhalten steckte eine ganz andere Person, als ich bisher vermutet hatte oder als ich bisher überhaupt erst kennen gelernt hatte. Sie interessierte mich plötzlich und ich wollte alles über sie wissen. Ihre ganze Geschichte, ihr ganzes Wesen erschien mir auf einmal so verlockend. Sollte ich einen weiteren Schritt wagen? Sollte ich es riskieren? Ich wusste, dass gestern der erste Tag gewesen war, an dem wir ohne größere Feindschaft, die beiderseitig berechtigt war, unterhalten konnten. Mr. John kündigte die nächsten Referenten an. Sie kannte mein Geheimnis und ich ihres. Bella Das Anästhesiereferat verlief gut, doch ich konnte den Dozenten hinsichtlich meiner Bewertung nicht einschätzen. Völlig ausgelaugt von der Woche verließ ich den Seminarraum nach meiner Präsentation und schnaufte ein paar Mal durch. Wenn ich ehrlich war, war ich am glücklichsten darüber, dass ich mich nun nicht mehr mit Edward treffen musste. Wir würden wieder Laborpartner sein und damit war die Sache für mich erledigt. Wir mussten keine Referate mehr halten und uns somit nicht mehr treffen. Wenn ich an die vielen Aufgaben aus der letzte Wochen dachte, die ich noch nicht hatte machen können, wurde mir schlecht. „Hey, wie war’s?“, ertönte Edwards Stimme hinter mir, als ich den Flur entlang ging. Ich wandte kurz den Kopf zu ihm und ging weiter. „Gut“, sagte ich nur und dachte, die Konversation hatte sich erledigt. „Ich wollte dich noch was fragen…“, begann er. Er lief mit mir nun auf einer Höhe. Ich hatte meinen Ordner an die Brust gepresst und beobachtete ihn aus dem Augenwinkel. Was wollte er? „Darf ich dich heute Abend ins Kino einladen?“ Ich spürte seinen erwartungsvollen Blick auf mir. „Nein, danke“, lehnte ich ab. Ich bog in den nächsten Trakt ab – er folgte mir. „Die Referate sind ja jetzt fertig und du könntest bestimmt eine Pause gebrauchen oder?“, redete er weiter, als hätte ich gar nichts gesagt. Wir stoppten, als wir einen Durchgang erreichten und uns viele Studenten entgegen kamen. Er verunsicherte mich, wo ich doch vehement dagegen war. „Ja, ich meine, ja das stimmt, aber nein, nein danke.“ Ich blinzelte irritiert, als ich zu ihm hinüber schaute und sich sein Gesichtsausdruck nicht änderte. Ich ging, als der Durchgang frei war, weiter, doch hörte sogleich, wie er mir folgte. „Es kommen gute Filme, davon sagt dir bestimmt einer zu“, argumentierte er. „Mag ja sein“, murmelte ich und lief stur gerade aus weiter. Was glaubte er eigentlich? Nur weil wir uns zweimal wegen der Uni getroffen hatten, würden wir das weiter tun? Da war er aber auf dem Holzweg. Ich hatte bestimmt keine Zeit für Kino. „Ich bin mir sogar sicher.“ Er überholte mich und stellte sich mir in den Weg. „Also, was ist?“ Ich sah schnaubend kurz hoch zu ihm. „Ich sagte bereits ‚nein’, oder?“ Ich schlängelte mich an ihm vorbei den Gang entlang. „Hey, warte doch mal“, sagte er und jetzt einen Tonfall sanfter, weniger fordernd. Ich blieb tief ein und aus atmend stehen und blickte ihm in die Augen. „Was willst du? Hör’ auf mir nachzulaufen!“ „Tue mir doch den Gefallen und komm heute Abend mit“, bat er nun handzahm. „Nein“, beharrte ich strikt. „Was kann ich tun, um dich zu überzeugen mitzukommen?“, versuchte er es weiter. So langsam wurde ich sauer. Glaubte er, dass er alles bekam, wenn er, der große Edward Cullen, nur bitte sagte? Ich hatte keine Zeit und er wusste das. Ich hatte keine Lust und auch das wusste er. Ich war hier, um zu studieren und nicht, um mit so einem Arroganzbolzen ins Kino zu gehen, redete ich mir gedanklich immer wieder zu. Er war doch der alte und nicht wie gestern, niemand anderes. „Lass mich in Ruhe.“ Ich funkelte ihn an. Plötzlich grinste er gewinnend, drehte sich um und entfernte sich von mir. „Wir sehen uns dann heute um sieben.“ Ich runzelte die Stirn und dachte verwundert nach, bis ich zu dem Schluss kam, dass ich das, was ich gerade gesagt hatte, missverständlich war. „Hey!“, rief ich und lief nun ihm hinter. „Edward!“ „Hör auf mir nachzulaufen!“, äffte er mich lächelnd nach. Ich verdrehte seufzend die Augen. „Ich kann heute nicht, ich habe zu tun. Es ist einiges liegen geblieben. Tut mir leid“, gestand ich ehrlich. Er sah mich mit hochgezogenen Augenbrauen an. „Du hast das ganze Wochenende Zeit“, wand er ein. „Ja, ich weiß, danke für den Hinweis“, brummelte ich. „Ich habe aber auch dementsprechend viel zu tun.“ „Und der Freitag gehört bislang noch nicht zum Wochenende“, gab er zu bedenken. „Hätte ich nicht gedacht“, entgegnete ich bissig. „Ich muss los“, murmelte ich und wollte an ihm vorbei – er stellte sich vor mich. Seine grünen Augen fixierten mich. Er wartete. Ich spürte wie mir das Kribbeln vom Magen in den Kopf stieg und schaute ihn – entgegen dessen – kühl an; so kühl ich konnte. „Also gut“, gab ich nach und er lächelte breit. „Halt, stopp, Moment“, unterbrach ich seine Siegessicherheit. „Ich suche den kürzesten Film aus und du holst mich ab und fährst mich nach Hause“, forderte ich. Nicht, weil ich der Typ war, der Ansprüche stellte, sondern, weil das die einzige Möglichkeit war, wie ich die Zeit, die ich dafür aufbrachte, sinnvoll nutzte. „Um sieben“, meinte er und verschwand. Ich sah ihm kurz ruhiger atmend nach und lief nach Hause. ----- bin auf kommis gespannt^^ Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)