Six Months - Die Symphonie deines Herzens von *Fane* (The-Bella-und-Edward-All-Human-Story) ================================================================================ Kapitel 12: Reprise: Zerrissen - Teil 5 (Bella) ----------------------------------------------- So ihr lieben!!!! Nachschub für das WE ;) Musiktipps: Leona Lewis - Broken http://www.youtube.com/watch?v=HhBlLe_F2NA&feature=PlayList&p=F692A1C29993B942&playnext=1&index=1 & Miley Cyrus - Stay http://www.youtube.com/watch?v=dhTpvamDpGE => Beide Lieder finde ich richtig klasse und vor allem das letzte passt so gut, meiner Meinung nach, ich finde es end toll^^ Leona Lewis dann als Übergang vom letzten Kap noch mal ;) Bild zum Kap: http://img269.imageshack.us/img269/244/bannerrepriseteil5.jpg Eisig klebten die Tränen an meiner Wange, als ich die Treppen, so hastig ich, wegen des Schnees, konnte, hinab lief. Mein Körper erschauderte und ich wusste, dass das nichts mit der Kälte zu tun hatte. Was hatte er erwartet? Dass ich ihm um den Hals fiel und wir Händchen haltend zu den anderen gingen?! „Hier“, meinte jemand hinter mir. Erschrocken fuhr ich lediglich mit dem Kopf herum und entdeckte Gott sei Dank Mr. Cullen, der mir meinen Mantel reichen wollte. Ich hatte ihn nicht hinter mir aus dem Haus gehen hören, drehte mich schnell weg und strich mir eilends die Tränen aus dem Gesicht – hoffend, dass Alice Wimperntusche das aushielt. Mr. Cullen legte mir den Mantel über die Schultern und ging an mir vorbei. „Das- ist schon okay… Ich-“, sagte ich mit bröckelnder Stimme, als er sein parkendes Auto öffnete. Mr. Cullen ignorierte mich und stieg ein. Willenlos ging ich torkelnd, so fühlte es sich an, zum Auto. Ich sammelte mich, atmete mehrmals tief, aber rasch, durch und tat es ihm kraftlos gleich. Warme Luft blies mir entgegen. Wie konnte er nur? Wieso machte er alles so schwierig?, rauschte es mir unaufhörlich durch den Kopf und ich versuchte meine Tränen zu mäßigen. Mr. Cullen- alle Anwesenden heute Abend hätten das nicht mitbekommen sollen und doch würden sie jedes Wort gehört haben. Ich schluckte fest und biss mir von innen fest auf die Lippe; die Lider kurz aufeinander gelegt. Wie sollte es weiter gehen? Die nächsten Monate Laborarbeit… Wie sollte das alles funktionieren? Warum schenkte er mir ein Ring, warum küsste er mich, warum sagte er so etwas? Warum tat er mir das an… Ich verzerrte die Gesichtszüge und neigte den Kopf soweit herab, dass meine Haare wie ein Vorhang an den Seiten fielen. „Kann ich dir helfen, Bella?“, kam es von Mr. Cullen in ruhigem Tone. „Möchtest du reden?“ Ich schüttelte nur zitternd den Kopf. Sie waren alle so herzlich zu mir… Warum verdammt noch mal hatte ich ihn geküsst?!, drang es mir schlagartig in den Sinn. Unwillkürlich fuhr meine Hand zu meinen Lippen. Ich spürte immer noch das Kribbeln auf ihnen, das zart schmelzende Gefühl- Ich schluchzte und presste sogleich die Lippen aufeinander. Er ging mir nicht aus dem Kopf. Das Gefühl ging mir nicht aus dem Kopf. Aber ich konnte es nicht zulassen… es ging einfach nicht. Warum brachte er mich in solch eine Situation? Meine Fragen drehten sich in meinem Kopf zu allen Seiten. „Bella? Wir sind da“, machte mich Mr. Cullen auf das Haus neben uns aufmerksam. Ich nickte und holte tief Luft. Mit einem tapferen Lächeln schaute ich ihn an und doch sah ich vor meinem inneren Auge nur Edward. „Danke für den schönen Abend. Richten Sie das bitte auch Ihrer Frau aus“, sagte ich langsam, mehrmals schluckend. Er nickte. „Mach’s gut, Bella.“ Ein mitfühlendes Lächeln auf seinen Lippen. Ich stieg aus und wandte mich dem Haus zu. Sobald ich die Lider senkte, ergossen sich die vielen zurückgehaltenen Tränen über mein Gesicht. Trotzdem riss ich mich noch zusammen, bis ich endlich, nach Ewigkeiten, in meiner Wohnung ankam und mich kraftlos auf den Boden sacken ließ. Ich schmiss die Schuhe irgendwo hin, gefolgt von dem Haarreifen. Ich kraxelte über den Boden, den Mantel, das Jäckchen und das Kleid von mir abstreifend. Ich schluchzte laut und ließ meinen Tränen freien Lauf, ehe ich mich aufs Bett hievte und das Gesicht ins Kissen presste. Warum tat er mir das an? Warum? Warum… ich verstand es einfach nicht. Er wusste, worin das enden würde und er wusste, dass es viel schwerer werden würde. Er wusste, dass ich nicht konnte, dass ich dafür nicht hier war. Was gab ihm das Recht dazu? Ich biss in den Stoff unter mir, um meinen Schrei zu ersticken. Mit schmerzenden Augen wachte ich am Morgen auf. Meine Lungen tätigten ein paar Atemzüge durch meinen staubtrockenen Mund. Bilder gelangten mir in den Sinn. Ich kniff die Augen zusammen. Bilder, die ich nicht sehen oder an meine Gefühle heran lassen wollte. Widerwillig stand ich auf und trank etwas Milch. Mit Leere in mir schaute ich aus dem Fenster und erkannte mich darin. „Oh Gott“, formten meine Lippen und ich hastete ins Bad. Der Spiegel offenbarte mir einen schrecklichen Anblick. Mein Gesicht war, ausgehend von den ehemals geschminkten Augen, schwarz verschmiert. Ich unternahm den kläglichen Versuch und klatschte mir Wasser ins Gesicht, welches, als ich über dem Waschbecken gebeugt verharrte, an meiner Haut abperlte. Wie gut, dass ich heute einfach daheim bleiben konnte und- „Nein“, entfuhr es mir laut. Dad würde mich doch heute abholen! Und zwar früh, weil die Fahrt drei Stunden dauerte… Ich rannte ins Wohnzimmer und sah auf die Uhr. Kurz nach sieben. Um acht war er hier! „Okay, Bella, ganz ruhig. Er kommt nicht hoch, also musst du nur dich selbst anziehen und fertig machen… und nicht noch die Chaoswohnung aufräumen“, sagte ich langsam zu mir und sprintete wieder ins Bad. Duschen, waschen, Zähne putzen, Haare fönen, Klamotten zusammen suchen. Ich blendete mit größter Willensanstrengung alles aus und sah im Tunnelblick nur das Treffen mit meinem Dad und seiner zweiten kleinen neuen Familie. Freu dich! Freu dich!, rief ich mir zu, aber dabei blieb es. Zoeys Geschenk… wo hatte ich das hingetan? Ich hatte für meinen Dad und Sue ebenfalls Pralinen gemacht und in Zellophanpapier hübsch verpackt in den Kühlschrank gestellt. Unter dem Bett, sagte ich mir und ergriff es. Ich hatte ein Bauklötzchenspiel für sie gekauft. Durchdringend ertönte die Schelle, während ich meine Haare nachlässig zu einem Zopf band. Das letzte, was ich wollte, war das, was ich jetzt bekam. Doch ich war jetzt in Amerika und hatte die Gelegenheit dazu. Ich zog die Tür zu und lief die Treppen runter. „Hey Schatz, frohe Weihnachten“, grüßte er mich breit lächelnd und umarmte mich kurz. Er war so froh gestimmt, wie die letzten Male am Telefon oder bei unserem Treffen auch. „Ja, dir auch“, erwiderte ich matt. Er hielt mich an den Oberarmen rechts und links von sich weg. „Du siehst… ganz schön fertig aus“, stellte er fest. „Warst du gestern lange auf?“ Er lachte. Ich lächelte so überzeugend ich konnte. „Ich schreibe an meiner Abschlussarbeit und… na ja, das schlaucht schon ein bisschen.“ Dad ging zum Auto vor. „Aber ich dachte, du hattest gestern eine Verabredung…“ Er runzelte fragend die Stirn. „Ja, ja hatte ich auch, ging aber nicht so lang“, antwortete ich murmelnd. „War’s denn schön?“, fragte er weiter nach und schien zu bemerken, dass meine Gesprächigkeit gegen null sank. Ich verstaute meine Tasche im Kofferraum und grummelte nur: „Ja, war gut.“ Die Fahrt war… mühsam. Sehr mühsam. Nach den ersten Minuten mit ungewohntem Redefluss meines Vaters wurde es stiller im Auto. Ich hatte nicht viel beizutragen und schließlich verstummten wir beide. Meine Gedanken drifteten nicht ab, nicht zum gestrigen Tag, denn genau genommen dümpelten meine Sinne so daher. Als lag ein Schleier auf mir und in meinem Kopf war nichts. Ich versuchte meinen Gesichtsausdruck einigermaßen erträglich zu gestalten, damit mein Vater nicht noch misstrauischer wurde. Drei Stunden konnten wie tausende wirken… wenn man nichts hatte, an das man denken durfte, um damit nicht Gefahr zu laufen, sich an das Falsche zu erinnern… „Sue? Wir sind da!“, rief Dad ins Haus, nachdem er die Tür geöffnet hatte. „Wir sind hier!“, ertönte eine Frauenstimme laut. Aber es kam nicht aus dem Haus. Ich folgte meinem Vater nach hinten aus dem Haus raus auf ein kleines Stück Veranda. Von dort erkannte ich eine Frau, dick eingemummelt im Schnee hockend, neben einem kleinen Mädchen. Das Kind lief ein paar Schritte und ließ sich dann lachend auf den Po plumpsen. „Na, komm her, Schatz“, meinte Dad, stiefelte in den Schnee und hob seine Tochter über den Kopf hoch. Als ich Zoeys strahlendes Gesicht über dem meines Vater sah, lächelte ich unwillkürlich – auch wenn es schmerzte. Die drei sahen so glücklich aus. Zoey bemerkte mich unter der dicken, tief sitzenden Mütze an der Treppe. Sie streckte eine Hand aus und drückte sie mehrmals zur Faust zusammen. Ich winkte Zoey zurück. „Mama?“, quietschte sie. „Deine Schwester“, sagte mein Vater zu ihr. „Deine andere große Schwester.“ „Aber erst mal gehen wir rein“, meinte Sue, strich ihrer Tochter die Mütze aus dem Gesicht und kam zu mir. „Du möchtest bestimmt auch etwas Warmes zu trinken haben, oder? Ich für meinen Teil erfriere“, lachte sie. „Ich freue mich sehr, dass du da bist und ich dich endlich mal kennen lernen kann. Ich meine so richtig.“ Sie lächelte freundlich. „Kennst du dich eigentlich noch am mich erinnern?“ „Ganz dunkel“, überlegte ich leicht Kopf schüttelnd, als wir rein gingen. „Wenn ich früher bei Jacob war…“ Im Haus angekommen war ich schon verdutzt. Es war mir beim raschen hindurchgehen nicht so aufgefallen, doch alles hier, hatte sich sehr verändert. Aus dem Zimmer mit Singeleinrichtung waren gemütliche Räume geworden, kindgerecht, hell und farbenfroh. Es gefiel mir unheimlich gut. „Ist Zoeys Zimmer, wo meines früher war?“, fragte ich meinen Vater, der Zoey an Sue übergab, welche sie dann aus- bzw. umzog. „Ähm, ja…“, machte er etwas verlegen und sah mich mit leicht geneigtem Kopf an. „Nein, nein, das ist nicht schlimm“, wehrte ich sofort ab. „Darf ich hochgehen und es mir ansehen?“ „Sicher“, bejahte mein Vater nickend. „Du Dad“, sagte ich als ich gerade zur Treppe wollte. Ich wollte ihn das schon eine gefühlte Ewigkeit gefragt haben und war froh, dass es mir jetzt, wider aller Umstände, einfiel. „Soll ich Mum von Sue und Zoey erzählen?“ Er schaute mich konzentriert an. „Ich habe mir auch Gedanken darüber gemacht. Ich denke es ist besser, wenn ich es ihr selbst sage, wenn die ganze Krebssache vorbei ist. Oder was meinst du?“ „Ja… ich glaube, das ist das Beste“, stimmte ich ihm zu und wollte mich wieder zur Treppe wenden, als mir die Tüte in meiner Hand auffiel. „Ach warte, vorher…“, murmelte ich zu mir selbst und kniete mich zu Sue und Zoey auf den Teppich vor dem Sofa. Ich verteilte die Pralinen rasch und stellte dann das Geschenk vor Zoey. „Frohe Weihnachten, kleine Maus“, sagte ich und strich ihr über die feinen Haare. Zoey nahm das kleine Päckchen und wollte erst mal daran nuckeln. Gleichzeitig nahmen Sue und ich es ihr ab und Sue ließ mir den Vortritt. Dad setzte sich zu Sue und legte einen Arm um sie, während ich – mehr oder weniger mit Zoey – das Geschenkpapier entfernte. Aus den Augenwinkeln sah ich, wie Sue meines Vaters Lippen kurz küsste. Ich erschauderte innerlich. Nicht, wegen ihres Kusses, sondern wegen… meinem… gestern… Bisher hatte ich es erfolgreich verdrängt, da hier so vieles meine volle Konzentration benötigt. Bella, ich liebe dich. Ich liebe dich, hörst du? Ich zuckte leicht zusammen und sog zischelnd Luft ein, während Zoey bereits die Bauklötze von einer Ecke in die andere beförderte. Ich würde für dich bis ans Ende der Welt gehen! Ich sah zur Seite, auf meine abgestützte Hand. Unsere Beziehung wäre das Ende der Welt und was faselte er von Liebe… er kannte mich gar nicht und ich würde ihm nicht, nicht mehr, die Gelegenheit dazu geben. „Bella?“, kam es etwas vorwurfsvoll von meinem Dad. Ich riss den Kopf hoch. Er schaute mich hochgezogen Augenbrauen fragend an. „Tee? Kaffee? Was anderes?“ „Wasser bitte“, murmelte ich. Ein wenig verdutzt ging er in die Küche. Ich schaute Zoey beim spielen zu. So viele Gedanken geisterten mir bei ihrem Anblick im Kopf herum, sodass ich die einen kurz zurückstecken konnte. Zoey würde eine schöne Kindheit haben. Nicht, dass es meine nicht gewesen war, doch meine war anders. Sue schien ein herzlicher Mensch zu sein und auch mein Vater wirkte, im positiven, verändert. „Ente“, lachte die Kurze vor mir und gab mir einen braunen Zylinder. Ich runzelte die Stirn und stimmte in ihr Lachen ein. Meine Gesichtsmuskeln verkrampften sich unangenehm. „Ich habe keine Ahnung“, Sue reichte mir das Wasser, „woher sie dieses Wort hat, aber sie bezeichnet ständig alles als ‚Ente’.“ Schmunzelnd kostete Sue von ihrem Kaffee und hielt wärmend die Hände darum. „Zoey, sag mal ‚Bella’“, sprach Sue ihr deutlich vor. Ihre Tochter schaute auf, öffnete ein wenig schräg den Mund und quiekte: „Baba.“ „Bella, mein Schatz“, wiederholte Sue. „‚Baba’ meint eigentlich ‚Ball’“, klärte sie mich auf. Bitte, hör mir zu. Ich liebe dich, ich will dich. Nein, verdammt!! Ich will dir nicht zuhören!, kämpfte ich gegen die immer wieder aufkeimende Stimme Edwards in mir an, welche ohne Vorwarnung oder Auslöser einfach so in mir hervordrang. Ich fasste mit der Faust so fest ich konnte in den Teppich und bemühte mich fröhlich zu wirken. „Ich gehe mal eben aufs Klo“, teilte ich mit und eilte, so schnell es unauffällig war, zur Toilette. Ich wusch mir mehrmals durch das Gesicht, um die Tränen zu ersticken und besah mir meine hängenden Mundwinkel im Spiegel. Ich bemühte mich fröhlich zu wirken – doch nur gegenüber den Dreien. Ich betrat meine Wohnung, seufzte laut, als mir das Durcheinander die Vorkommnisse von gestern wieder ins Gedächtnis riefen. Viel präsenter und eindringlicher, als die ganze Zeit über bei meinem Vater. Das war nichts dagegen. Ich schritt um Kleid, Schuhe und sonstige Sachen drum herum und bemerkte in der Dunkelheit, ehe ich das Licht anmachte, die rote Leuchte an meinem Anrufbeantworter blinken. Meine Mutter???, schoss es mir förmlich durch den Kopf. Sofort eilte ich hin, drückte auf die große Taste. „Sie haben 22 neue Nachrichten! Bitte löschen Sie Ihren Speicher!“, erklang es mechanisch. 22 Nachrichten?! Ich riss die Augen auf. War etwas passiert? Hatte Phil mich versucht zu erreichen? Mein Handy hatte ich in der Eile heute früh hier liegen lassen. Piep. „Hallo Bella, hier ist Edward. Bitte ruf’ mich doch mal zurück. Meine Nummer lautet…“ Ein Schlag in die Magengrube. Fest, hart. Er brachte mich auf den Boden der Tatsachen. Es ging hier um etwas ganz anderes… Piep. „Bella… Edward noch mal, kannst du mich bitte anrufen? Wir müssen reden.“ Piep. „Bella, bitte, wenn du das hörst, ruf’ mich an.“ Ich lehnte den Kopf mit zusammen gepressten Lidern gegen die Wand. Piep. „Wir müssen dringend miteinander reden, Bella. Bitte.“ Piep. „Bitte Bella, geh’ doch mal ans Telefon.“ Ich streckte die Hand nach dem Anrufbeantworter und hielt den roten Knopf gedrückt. „Alle Nachrichten gelöscht“, ertönte die Frauenstimme. Ich suche nach meinem Handy und entdeckte, nachdem ich es gefunden hatte, ungefähr gleich viele Anrufe in Abwesenheit und mehrere SMS mit demselben Inhalt der Nachrichten auf dem Anrufbeantworter. Ein paar Klicks – gelöscht. Wie unter Schock saß ich einfach nur da und starrte an die Wand mir gegenüber. Telefonklingeln durchzuckte die Stille und ließ mich auch zusammenfahren. Viele Male ertönte das Telefon, bis der Anrufbeantworter ansprang und ich seine Stimme wieder vernahm. Mir wurde ganz anders – aber nicht positiv. Mein klopfendes Herz bewirkte ein fahles Magengefühl. „He Bella… ich bin’s… noch mal…“, sprach er langsam und schien geknickt. „Ich weiß, ich habe einen Fehler gemacht, aber wir müssen darüber reden. Ich bitte dich darum. Wir können uns nicht die ganzen Ferien lang anschweigen. Wie soll das in der Uni weitergehen? Ich habe noch dein Buch von meinem Vater hier. Wenn du es haben willst, sag Bescheid und ich bringe es dir vorbei.“ Tut tut tut. Ich schmiss impulsiv das Kissen auf den Anrufbeantworter. Edward hatte keinen Fehler begangen, sondern ein Verbrechen. Am Leben, an der Liebe, an mir. Er hatte gar nicht verstanden, was er damit angerichtet hatte. Nicht, dass ich das wusste, doch ich fühlte mich schrecklich. Er hatte ein Thema angesprochen, von dem ich nichts hören wollte, kein Wort. Das Buch… es war mir egal, wenn ich ihn dafür sehen müsste, dann war es mir gleich. So weit war es schon gekommen… ich steckte bei der Uni zurück, wegen- Ich schloss die Augen, so konnte ich nicht weinen. Meine Finger trommelten auf der Tastatur herum. Das langsame Arbeiten meines Laptops machte mich wahnsinnig – obgleich mich eigentlich etwas anderes störte. Mit der Abschlusshausarbeit kam ich gut voran, bestens sogar. Ich stürzte mich in die Arbeit und bekam endlich den Kopf frei. Mein Handy war aus, bei meiner Festnetznummer hatte ich den Stecker raus gezogen. Meine Mutter wusste Bescheid. Ich hatte ihr gesagt, dass ich lernen müsste und keine Zeit hatte. Zudem hatte sie mir noch eine Weihnachtskarte geschickte, auf die ich jeden Tag wartete. Wenn was war, schrieb sie mir eine SMS. Die sah ich immer abends nach, doch eigentlich waren es immer nur Edwards. Mit demselben und immer wieder demselben Text: Ruf mich an, ich muss mit dir reden. Doch das alles war nicht mal das, was mich so sehr störte, sondern die Tatsache, dass ich so gut wie fertig mit der Arbeit war – abgesehen von den Behandlungsmethoden. Die Recherche war schwierig gewesen und vieles davon im Nachhinein nicht brauchbar. Ich wusste allerdings, was mir helfen konnte… Ich klappte den Laptop herunter. Ich brauchte dieses verdammte Buch von Mr. Cullen. Es wäre perfekt. Genau das, was ich brauchte. Hätte ich es nur nicht dort gelassen, ärgerte ich mich schwarz. Ich wog ab: Edward würde herkommen und mir das Buch geben, meine Abschlussarbeit würde herausragend werden. Edward bringt mir das Buch nicht, mir fehlt die Quelle, dieser Teil meiner Hausarbeit war unvollständig. Das Resultat war denkbar. Das Problem: Edward. Ich starrte, während es in meinem Hirn ratterte, auf die bereits ausgedruckten, fertigen Teile der Arbeit. Es gab nichts Wichtigeres und Edward war mir dagegen egal. Wie automatisch griff ich zu meinem Handy, ignorierte seine vielen SMS und schrieb: Bring mir bitte das Buch vorbei. Kaum hatte ich das Handy aus der Hand gelegt, piepte es. Hielt er sein Handy die ganze Zeit fest? Jetzt?, stand dort. Ja, schrieb ich und fügte noch hinzu, als mir die Idee kam: Steck’ es in den Briefkasten. Das wird nicht hineinpassen, erhielt ich sekundenspäter als Antwort. Ich seufzte. Er hatte recht. Ich überlegte unschlüssig, was ich schreiben sollte, als mein Handy zu brummen begann und ein Anruf aufblinkte. Ich drückte weg. Das letzte, was ich wollte, war mit ihm reden. SMS schreiben ging gerade noch so. Dann leg es vor die Tür, ich hole es mir dann, schrieb ich zurück. Und wage es nicht, zu glauben, dass du mich zu Gesicht bekommst, fügte ich in Gedanken hinzu. Ich will dich nicht sehen… Ich fahre jetzt los, erschien es noch auf meinem Display. Ich machte mein Handy wieder aus und blieb nervös, nichts tuend, sitzen. Er würde mit dem Auto nicht sehr lang brauchen… Matt glitt ich vom Stuhl und begann meine Küche etwas aufzuräumen – eher umzuräumen, denn das Geschirr war gespült und eigentlich alles blitzsauber. Mein Blick fiel immer wieder auf die Uhr und als ich glaubte, dass er bald da sein würde, schnappte ich mir meinen Schlüssel und ging auf den Flur. „Bella?“ Mein Nachbar lugte unverhofft aus der Tür raus. „Sie kommen heute vorbei, wegen der Heizung. Heizung ablesen“, klärte er mich freundlicherweise auf. „Weiß’ nicht, ob du den Zettel unten gelesen hattest.“ „Nein, hab ich nicht, okay, danke“, meinte ich rasch. Mein Nachbar nickte und schloss die Tür. Wie sollte ich den auch gesehen haben? Ich war die letzten Tage nicht draußen gewesen, nachdem ich einen Großeinkauf gemacht hatte. Auf dem Weg nach unten, eine Treppe tiefer, kam mir der Heizungsdienst entgegen. Ich lief nicht direkt nach unten zum Briefkasten, sondern blieb im ersten Stock am Fenster stehen und spähte hinaus. Edward würde mich sonst sehen – und was noch schlimmer war, ich ihn. Schon kam Edwards Auto am Straßenrand in Sicht. Aufgeregt wickelte ich immer wieder eine Strähne um den Finger und beobachtete, wie er zur Eingangstür ging. Ich fühlte mich unwillkürlich wie ein Verbrecher. Er legte das Buch ab, blieb jedoch, die Hände in den Hosentaschen, vor der Tür stehen. Was machte er da? Er stand noch ein paar längere Augenblicke vor der Tür, ich erkannte nicht wirklich, was er tat, dann entfernte er sich und fuhr weg. Bei seinem Anblick wurde mir ganz anders. In so vielerlei Hinsichten… Ich wartete, bis ich das Auto nicht mehr sah und stapfte dann herunter. Unten angekommen nahm ich das Buch und bemerkte auch, warum er dort gestanden hatte. Er schien sich den Zettel über die Heizungsablesung angesehen zu haben. Ich zuckte zur mir selbst mit den Schultern und schaute auf das Buch. Immerhin hatte ich es. Ich strich den Schnee vom unteren Rand ab und lief die Treppen wieder hoch. Mit einem inneren Lächeln, äußerlich fiel es mir noch zu schwer, machte ich es mir auf meinem Bett gemütlich und nahm mir das Buch vor. Kaum hatte ich noch mal kurz das Inhaltsverzeichnis überflogen, klopfte es auch schon an der Tür. Nun gut, dachte ich und glitt von der Matratze, wenn sie das jetzt schnell machten, dann störten sie mich nachher nicht bzw. ich musste nicht auf die Ablesung warten. Ich ließ das Buch auf dem Bett verweilen und griff nach wenigen Schritten nach der Klinke. Mit einem aufgesetzten Lächeln öffnete ich. „Guten-“ Mein Lächeln erstarb, meine Stimme erstarb. Ich wollte sofort die Tür wieder zu knallen, doch Edward hielt seinen Fuß dazwischen. „Lass mich bitte rein“, bat er sanft. „Nein, verschwinde!“, rief ich und drückte die Tür fest gegen seinen Fuß. Es war für ihn jedoch ein Leichtes, zu Leichtes, die Tür schließlich mit einem Ruck zu öffnen und hinter sich zu schließen. Ich wich zurück. „Was machst du hier?! Wie kommst du überhaupt rein!?“, warf ich ihm entrüstet an den Kopf. „Ist nicht schwer, wenn Heizungsleute im Haus sind“, erklärte er mit einer wegwerfenden Bewegung. Wir standen einander gegenüber. Mein Blick mit verzerrtem Gesichtsausdruck abgewendet. Was sollte ich sagen oder besser, wie wand ich mich heraus? Wie brachte ich ihn zum gehen? „Ich erwarte noch eine Antwort“, begann Edward und ich schaute ihn kurz an. Mich durchzog ein wohliger Schauer. „Ich habe dir meine Liebe gestanden und du sagst nichts dazu?“ „Da gibt es nichts zu sagen“, murmelte ich mit gesenktem Blick. „Findest du? Findest du nicht, dass du mir sagen solltest, wo ich stehe?“, fragte er in einem so leidenschaftlichen Ton, dass ich die Lider kurz aneinander presste. Ich spürte seine Hand an meiner. „Lass das!“, entfuhr es mir und zog meine Hand weg. Nicht noch mal, nicht noch einmal von vorne. Tu mir nicht weh, bitte, flehte ich innerlich. Er nahm die Hand zurück. „Bella, du und ich… da ist doch mehr, als… wir sind doch nicht nur Laborpartner-“ „Hör auf! Hör auf, Edward!“, schrie ich und presste rechts und links die Hände an meinen Kopf. „Je mehr du dich da reinsteigerst-“ „Das tue ich nicht. Bella, ich liebe dich“, verdeutlichte er mit einem leidenden Ausdruck in seinen Augen. „Das meine ich doch!“, erwiderte ich und wusste nicht, was ich sagen konnte, damit er es verstand. Vielleicht doch… „Tut mir leid, Edward. Das beruht nicht auf Gegenseitigkeit“, formten meine Lippen mechanisch – unüberzeugt. Er fand sich wohl unwiderstehlich, dass er glaubte, jede zu kriegen, sagte eine klägliche Stimme in mir, auf die nichts in meinem Körper hören wollte. Peitschend krampften sich die Gefühle in mir zusammen. Als ich kurz aufgesehen hatte, entglitten Edwards Gesichtszüge ihm leicht. Hatte er es verstanden?, fragte ich mich mit einem Hauch Zuversicht, falscher Zuversicht. Nein, er hatte nichts, aber auch gar nichts verstanden. Er machte einen schnellen Schritt auf mich zu, legte eine Hand in meinen Nacken und die anderen in meinen Rücken. Ehe ich mich versah, hatte er mich zu sich ran gezogen und die Lippen sachte meine gelegt. Mich durchströmte dieses angenehme Gefühl, dieses Kribbeln, diese Wohltat, ich wollte mehr… Für eine Sekunde hatte ich mich nicht im Griff und umspielte innig seine Lippen, bevor ich ihn, schnell in der Realität ankommend, von mir fort stieß und mit der Hand über die Lippen wischte. „Lass das- du- du sollst- ich will nicht-“, fauchte ich vollkommen durcheinander. „Das nennst du ‚es beruht nicht auf Gegenseitigkeit’??“, fragte er irritiert nach. Ich wand mich um eine Antwort und wahrte wieder den Abstand zu ihm. „Du- willst du es nicht verstehen? Ich bin nicht hier- ich bin nicht hier für so etwas- für-“ „So etwas wie Freundschaft? Liebe?“, harkte er nach. „Und wenn es jetzt passiert ist? Einfach so? Und du nichts mehr dagegen machen kannst?“ „Man kann immer etwas dagegen machen“, sagte ich, meinte es aber nicht so. Es war längst zu spät. Viel zu lange fühlte ich es schon. Mir schossen die Tränen in die Augen. Aber es ging nicht. Ich durfte das jetzt nicht. Ich hatte meiner Mutter versprochen, wenn ich schon ging, die Zeit zu nutzen und nicht mit solchen Sinnlosigkeiten zu verplempern. Ich war nur noch kurz Zeit hier… was sollte das alles bringen? Ich vergeudete Zeit, versuchte ich mich mit allen Mitteln zu überzeugen, doch es ging einfach nicht. Tränen kullerte meine Wangen herab und tropften von meinem Gesicht, als ich den Kopf neigte. Ich schluchzte leicht, ließ es zu und tat nichts, als Edward auf mich zu ging und die Arme um mich schlang. Mit hängenden Armen stand ich reglos da und weinte. Er drückte mich gegen seine Brust. Ich widerstand allem, was ich jetzt so sehr wollte: Seine Hand nehmen, mich in sein Hemd krallen, meine Lippen auf seinen spüren. Wohlbefinden breitete sich unweigerlich aus, während ich in seinen Armen lag. Beschützt, behütet. Ich genoss einfach nur die Nähe zu ihm. Einfach nur, für einen kurzen Moment. Ich schob ihn schweren Herzens von mir weg. „Bitte geh’ jetzt“, hauchte ich und hatte die Augen noch für einen Moment geschlossen. Ich spürte diesem Gefühl nach, dem ich mich freiwillig entsagte. Es war so schwer… Er ließ von mir ab, blieb jedoch, mit einem intensiven Blick auf mir stehen. „Ein Wort noch, Bella“, bat er und ich schaute auf, in seine ehrlichen, grünen, flehenden Augen. „Vielleicht magst du mir das alles nicht glauben und es wirkt unglaubwürdig auf dich, weil ich in der Vergangenheit nicht immer oder weniger nett zu dir war und das tut mir sehr leid, aber ich sehe dich jetzt anders. Du bist mir wichtig, glaub mir das. Ich habe lang genug gebraucht, mir das einzugestehen und ich hoffe so sehr, dass du es auch kannst. Denn ich liebe dich wirklich“, flüsterte er zuletzt. Er hob seine Hand langsam zu meiner Wange. Ich rührte mich keinen Millimeter, mein Herz pochte laut. Sanft streichelte er über meine Haut, ehe er zur Tür ging. „Ich würde mir so wünschen, dass du es auch erkennst und vor allem zulässt…“ Die Tür fiel ins Schloss. Ich stand stocksteif mitten im Raum, unfähig, mich nach dieser Bewegung zu rühren. Meine Mutter… mein Studium… meine Zukunft… das alles ging nicht… Ich wollte es so sehr, wie ich es nicht wollte. Ich sehnte mich so sehr nach ihm, wie ich ihn verabscheute. Ich liebte ihn so sehr, wie ich ihn hasste. Doch was sollte ich tun, wenn die Waage auf beiden Seiten das gleiche für mich bereithielt. Wenn ich keine Kriterien hatte, die mir den Weg wiesen… welche Entscheidung würde ich, konnte ich und war ich in der Lage zu treffen? Für ihn und gegen mich. Oder gegen ihn und für mich. War ein für ihn, nicht vielleicht auch ein für mich? Oder ein gegen ihn, nicht auch gegen mich? Alles in mir war durcheinander. Kein Weg war richtig und keiner leicht. Doch egal, was ich tun würde, ich würde mich für einen entscheiden müssen. Ablenkung half wenig. Das Buch war toll, meine Gedankenflut woanders. Das Schlimmste war, dass meine Abschlussarbeit nun sehr rasch beendet war und ich nichts mehr zu tun hatte – nichts Verpflichtendes, Eilendes. Dabei waren noch drei Tage Weihnachtsferien… Ich frühstückte lieblos und halbherzig und ging dann, wie jeden Morgen, zum Briefkasten. Ich holte mir die Zeitung und ab und an auch Post, welche aber meist Werbung war. Heute war ein orangefarbener Umschlag dabei. Es stand nichts darauf. Die Karte meiner Mutter hatte mich immer noch nicht erreicht, aber dieser Brief hier konnte wohl kaum von ihr sein. Mein Verstand suchte nach Auswegen, Erklärungen… das Herz in mir, was meinen Atem beschleunigen wollte, ahnte, wessen Hände diesen Umschlag verlassen hatten. Er hatte mich in Ruhe gelassen, nicht mehr geschrieben, nicht mehr angerufen und ich war dankbar darum – auch wenn es schmerzte. In jeder Faser meines Körpers, dachte ich, als ich meine Wohnung betrat. Er machte alles kompliziert und unglaublich schwer für mich, mich rein auf mein Studium hier zu konzentrieren und weiter zu lernen. Wie von selbst führten meine Beine mich zum Bett und meine Hände öffneten den Umschlag. Darin befand sich eine gleichfarbige, von unten aufzuklappende, Karte. Ich runzelte irritiert die Stirn. Auf der Vorderseite erblickte ich- ja, was war das? Es sah aus, wie Kindermalerei, wenn ich ehrlich war. Mehrere bunte Striche, die zu allen Seiten stoben. Wie Sonnen mit deren Sonnenstrahlen, nur ohne den Kreis in der Mitte, der die Sonne darstellen wollte. Mir war schleierhaft, was das bedeutete. Als ich hineinblickte, war ich ein wenig schlauer. Nur Zahlen. 31-12-2010, darunter 22.00 Uhr. Silvester, dämmerte es mir. Das war… eine Einladung. Noch so eine Feierlichkeit? Ein zweites Weihnachtsfest? Sollte es genauso enden? Ich bemerkte etwas auf der Rückseite, als ich die Karte eigentlich gerade aus der Hand geben wollte. In Edwards schnörkeliger Schrift stand: Nur du und ich. Ich liebe dich. Mein Herz schlug schneller – es raste. Ich begann mich zu freuen- Das durfte nicht sein, Bella! Wann verstehst du es endlich? Und Edward würde es auch bestimmt bald verstehen und- Ich legte mich seitlich aufs Bett, die Hände beide unter den Kopf geschoben, die Karte vor mir aufgestellt. Nun identifizierte ich die Striche auch als Feuerwerk. Meine Lippen schmunzelten leicht. Er sollte beim Klavier spielen bleiben. Freitag… Silvester… nur er und ich… Mit den Fingerkuppen glitt ich sachte über die Karte. Es half nichts. Tränen bahnten sich den Weg über meinen Nasenrücken auf das Kissen. Was konnte ich nur tun, um das nicht alles zuzulassen? Ich fuhr mit der Hand über mein Dekolletee zu meinem Hals. Wenn ich nur hätte standhalten können, wenn ich nur stärker gewesen wäre, wenn ich mein Versprechen gegenüber meiner Mutter dann nur nicht brechen würde… Hatte ich mich nicht eigentlich schon entschieden? Gab es noch ein zurück? ---------------- Freue mich auf eure Kommis =))))) Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)