Abgekarterte Spiele von abgemeldet ("Gets down to what it's all about, doesn't it? Making the wrong move at the right time.") ================================================================================ Kapitel 3: Erster Schritt aus der Defensive ------------------------------------------- "Wie zum Teufel hast du mich gefunden?" Er ist sichtlich überrascht, funkelt mich herausfordernd an und ich stelle fest, dass sich an seiner Art nicht das Geringste geändert hat. Er ist noch genau wie damals, vor drei Jahren, als wir uns zum letzten Mal gesehen haben. "Ich würde es vorziehen, diesen Punkt nicht zwischen Tür und Angel zu erörtern." entgegne ich kühl. Er zögert, mustert mich einen Moment abschätzend und öffnet dann die Tür, so dass ich eintreten kann. Ich nicke ihm kurz zu, ehe ich an ihm vorbei gehe und meinen Blick durch den Raum wandern lasse. Ich hatte damit gerechnet, dass seine Behausung schäbig sein würde. Das Bild, dass sich mir nun allerdings bietet, ist noch chaotischer als ich dachte. "Sehr spartanisch." bemerke ich und er verzieht spöttisch den Mund. "Immernoch herzallerliebst, Kaiba." entgegnet er und lässt die Tür ins Schloss fallen. Dann verschränkt er die Arme vor der Brust und sieht mich abfällig an. "Also, wie hast du mich gefunden?" will er wissen. "Und was noch interessanter sein dürfte, was willst du von mir?" Wie immer kommt er direkt zur Sache. Schön, das erspart mir eine lange Vorrede. Unwillkürlich muss ich sogar leicht lächeln. Er hat sich keineswegs verändert, wie ich erneut feststellen muss. Noch immer die gleiche Haltung, sogar das spöttische Grinsen ist wie eh und je. Seltsamerweise finde ich das in diesem Augenblick keineswegs beunruhigend. Im Gegenteil. Es ist vertraut und so wie die Dinge liegen, brauche ich augenblicklich ein paar vertraute Dinge. Was natürlich nicht heißt, dass ich diesem Kerl auch nur einen Millimeter über den Weg trauen würde. Das habe ich nie und das werde ich nie, aber ich weiß, dass er genau die richtige Adresse ist, an die ich mich in meiner aktuellen Lage wenden konnte. "Ich habe die ganze Zeit gewusst wo du steckst." erkläre ich kurz und bündig, was mir einen undefinierbaren Blick einbringt. "Und ich bin hier um dir ein Angebot zu machen." Meine Worte hängen im Raum und ich sehe ihm deutlich an, dass er sie sich auf der Zunge zergehen lässt. Sofort bekommt seine Haltung etwas lauerndes, eine blitzartige Verwandlung vollzieht sich. War er eben noch abwehrend und skeptisch, so ist er nun interessiert und lauernd. Das obligatorische Grinsen erscheint auf seinem Gesicht. Seine Augen weiten sich kaum merklich und er mustert mich erneut kurz. Ich halte seinem Blick gelassen stand, zeige keinerlei Regung und warte geduldig aus seine Erwiderung. "Da braucht wohl jemand dringend Hilfe." bemerkt er und fast habe ich den Eindruck, dass er bei diesen Worten wohlig schnurrt. "Aber das du dich ausgerechnet an mich wenden würdest... Deine Lage muss noch verzweifelter sein als ich dachte." Es war anzunehmen, dass ihm die aktuelle Entwicklung keineswegs entgangen sein würde. Er kennt mich, meinen Namen und auch wenn er sich nicht tiefergehend für meine Situation interessiert, was ich wage zu behaupten, so hat er doch mit Sicherheit die Pressemitteilungen verfolgt. Einen Moment denke ich über meine Erwiderung nach, wäge ab in wie weit ich mich offenbaren soll. Im Grunde liegen die Karten auf dem Tisch. Er weiß wie es um die Firma steht und er wird auch wissen, was es mit Mokuba auf sich hat. Den Rest kann er sich zusammenreimen. Ich schätze, das tut er auch gerade. Sein Blick verrät zwar keineswegs was er denken könnte, aber ich kenne ihn immerhin gut genug und ich weiß, wie sein verquerer Verstand funktioniert. Auch ein Punkt über den ich im Vorfeld nachgedacht habe bevor ich hier her gefahren bin. "Sagen wir, die Lage ist keineswegs angenehm." entgegne ich schließlich und sein Grinsen wird breiter. "Was das Thema Hilfe anbelangt... " Ich mache eine kurze Pause und er sieht mich erwartungsvoll und herausfordernd zugleich an. "Wenn du es so nennen willst, bitte. Ich habe keine Zeit zu verlieren, daher brauchen wir über die Definitionen nicht weiter zu streiten. Fakt ist, dass ich dir ein Angebot machen möchte. Ein Geschäft. Ich möchte eine Dienstleistung von dir und ich werde dich dafür angemessen bezahlen." erkläre ich wobei er leicht zu nicken beginnt. "Hilfe, Dienstleistung... wie auch immer... Ich kann mir denken, was du willst. Die Frage ist, bist du überhaupt in der Lage mich zu bezahlen?" In seinen Augen blitzt es kurz auf und ich ziehe unwillkürlich die rechte Augenbraue nach oben. "Wäre ich sonst hier?" entgegne ich lässig. "Ich kenne dich schließlich gut genug, um zu wissen, dass du nicht umsonst arbeitest." Einen Moment noch sieht er mich abschätzend an. Dann ändert sich seine Haltung abermals. Er lässt die Arme sinken, macht einen Schritt in den Raum und lässt sich schließlich betont lässig auf einen der abgewetzten Sessel sinken. Dabei lässt er mich natürlich nicht aus den Augen. Ich halte seinem Blick nach wie vor Stand und ich weiß jetzt schon, dass er mir eine Zusage geben wird. Er mag zwar noch den Unschlüssigen spielen, aber sein Interesse ist erwacht und in Anbetracht der Tatsache, dass er in dieser schäbigen Hütte hier haust, dürfte mein Angebot mehr als verlockend sein. "Sagen wir, ich wäre interessiert." meint er nach einer kurzen Pause und ich muss mir ein sarkastisches Grinsen verkneifen. "Was genau willst du? Ich schätze, es geht um deinen Bruder. Der steht wohl ganz oben auf deiner Prioritätenliste. Tut mir übrigens leid, dass sich die Dinge für dich so negativ entwickelt haben." Wieder huscht ein anzügliches Lächeln über sein Gesicht und ich vermute, dass er mich zu provozieren versucht. Mitleid habe ich von ihm keineswegs zu erwarten, aber das habe ich auch keineswegs vorausgesetzt. Ich bin hier um eine Geschäft abzuschließen. Seine Einstellung kümmert mich nicht weiter solange er tut was ich sage und das weiß er auch. "Man hat Mokuba ins Ausland gebracht. Amerika. Es heißt, dass irgendein Millionär die Vormundschaft für ihn übernimmt. Genaueres konnte ich nicht in Erfahrung bringen. Ich habe allerdings den Verdacht, dass eine Menge Geld geflossen ist, um das zu bewerkstelligen. Meine Gegner wollen ihn so weit wie möglich von mir wegschaffen." erzähle ich in ruhigen, fast schon gleichgültigem Tonfall und für einen Moment bilde ich mir sogar ein, dass ich wirklich nur über irgendeine unbedeutende geschäftliche Angelegenheit rede. Natürlich bleibt der dumpfe Stich nicht aus als ich Mokuba´s Namen sage und innerlich bin ich keineswegs so gelassen wie ich vielleicht gerade wirke. Ich weiß, dass er die Fassade durchschaut. Er kennt mich schließlich und weiß daher sehr gut, dass meine Selbstbeherrschung augenblicklich an einem seidenen Faden hängt, aber da er sich dieser Methoden ebenfalls bedient und sie ihm durchaus vertraut sind, geht er nicht näher auf diesen Umstand ein. Er nickt bedächtigt und ich sehe ihm deutlich an, dass es in seinem Kopf schon zu rattern begonnen hat. "Da scheint sich jemand verdammt viel Mühe zu geben, dir eins auszuwischen, Kaiba." bemerkt er nachdenklich. "Ich soll also für dich herausfinden, wo der Kleine ist und wer ihn sich gekauft hat." Ich nicke. "Das ist ein Teil, dessen was ich von dir erwarte." stimme ich zu und er sieht mich vergnügt an. "Und Teil 2?" will er wissen. "Ich möchte, dass du eine Kleinigkeit für mich besorgst." erwidere ich vage, aber ich weiß, dass er mich nur zu gut versteht. Seine nächsten Worte beweisen es. "Ein kleiner Einbruch also." Wieder leuchtet es in seinen Augen auf und ich stelle fest, dass der Dieb in ihm zu erwachen scheint. "Ich brauche die Gerichtsakten. Alle." erkläre ich unumwunden und er pfeift. "Du willst, dass ich in eine staatliche Behörde einsteige? Nun, das wird nicht billig." entgegnet er lässig und sein Lächeln nimmt diabolische Züge an. Genau mit dieser Antwort hatte ich gerechnet. "Alles eine Frage des Preises, ich weiß." sage ich spöttisch und stelle meinen Aktenkoffer auf den wackligen Holztisch in der Mitte des Raumes. Obgleich ich ihm den Rücken zugewandt habe, weiß ich, dass er jede meiner Bewegungen genau beobachtet. Ich öffne lässig den schwarzen Koffer und deute auf dessen eindeutigen Inhalt. "Das müsste für den Anfang genügen." meine ich und stelle zu meiner Überraschung fest, dass er bereits neben mir steht. Eine Sekunde lang bin ich überrascht. Ja, wirklich überrascht. Ich habe weder gehört, dass er aufgestanden noch zu mir getreten ist. Doch das beweist nur, dass ich mich an die richtige Person gewandt habe. Schlanke Finger greifen sich ein Bündel aus dem Koffer und er blättert kurz über die Scheine. "Ja, für den Anfang genügt das." entgegnet er und ich nicke zufrieden. "Hätte nicht gedacht, dass du so flüssig bist." höre ich ihn kurz darauf sagen. "Es heißt, du hättest alles beim Verkauf deiner Firma verloren." Ich erwidere nichts auf diese versteckte Frage, aber er erwartet auch keine Antwort. "Hast du eine Ahnung, wer hinter dieser netten kleinen Intrige stecken könnte?" will er wissen. Ich schüttele den Kopf. "Nein." gebe ich zähneknirschend zu und er nickt. "Das spricht dafür, dass derjenige sehr gut arbeitet." bemerkt er und ich kann nicht umhin ihm zuzustimmen. So weit war ich allerdings auch schon. "Es gibt wohl einige Leute, die ein Motiv haben..." spinnt er den Faden weiter und sieht mich dabei genau an. Ich zucke gleichgültig mit den Schultern. "Die Motive sind mir egal. Ich will wissen wer der Drahtzieher ist." erkläre ich mit eisiger Stimme. "Dann sind wir im Geschäft?" Er lässt sich mit seiner Antwort einen Moment Zeit. "Sind wir. Aber dir ist klar, dass du dich damit auf höchst illegalen Pfaden bewegst. Ein Einbruch bei der Justizbehörde ist kein Kavaliersdelikt und ich gehe stark davon aus, dass man dich ohnehin im Auge behalten wird." meint er ungewohnt ernst und ich muss zugeben, dass ich er mich damit zum zweiten Mal überrascht. Etwas an seinem Tonfall, dieser Ernst, irritiert mich für einen Moment. "Ich nehme an, die gesetzlichen Wege hast du ausgeschöpft?" Die Frage stellt er sicherlich nur pro forma. Ich nicke. "Diese ganze Sache ist so perfekt eingefädelt worden, dass mir auf diesem Wege keinerlei Möglichkeit mehr bleibt." entgegne ich und spüre wie Wut in mir aufsteigt. Wer auch immer hinter dieser Angelegenheit steckt, er versteht was von seinem Werk und er ist keineswegs zu unterschätzen. Vermutlich war das mein größter Fehler bei dieser Sache. Ich habe meinen Feind unterschätzt. Doch das werde ich kein zweites Mal tun. "Wie lange wirst du brauchen, um die Akten zu besorgen?" frage ich und er überlegt kurz. "Gib mir drei Tage. Das müsste reichen." kommt dann die Antwort und ich sehe ihn etwas skeptisch an. "Dein Auftrag hat natürlich oberste Priorität, Kaiba." versichert er mir mit einem amüsierten Grinsen und ich verdrehe leicht die Augen. "Ich wage zu bezweifeln, dass du augenblicklich ansonsten viel zu tun hast, Bakura." Der Weißhaarige zuckt mit den Schultern, erwidert jedoch nichts. "Darf ich fragen, was du vor hast, wenn du den Schuldigen gefunden hast?" fragt er nach einer Weile und die Frage trifft mich unerwartet. Unwillkürlich ziehe ich die Augenbrauen zusammen und werfe ihm einen fragenden Blick zu. "Reine Neugier." erklärt er achselzuckend. "Ich gehe mal davon aus, dass du sie nicht dem Gesetz übergeben wirst..." Das eben noch amüsierte Grinsen nimmt wieder diabolische Züge an und wieder einmal kommt mir in den Sinn, dass er eine mehr als sadistische Ader hat. Ich lächele ihn kalt an. "In gewissen Extremsituationen ist das Gesetz unzulänglich." erkläre ich schließlich. "Diese Sache... sie ist etwas persönliches und mir geht es um mehr als nur ausgleichende Gerechtigkeit. Wer auch immer hinter dieser Aktion steckt, ist zu weit gegangen. Viel zu weit." Bakura sieht mich für ein paar Sekunden abschätzend an. "Du willst Vergeltung." meint er dann urteilssicher. "Vergeltung in einem biblischen Ausmaß." erwidere ich und habe fast das Gefühl, dass er mir nicht nur verstehend, sondern auch anerkennend zunickt. "Verstehe." sagt er nur und sein Blick wandert wieder zu dem Koffer. Für einen Moment betrachtet er die gebündelten Scheine. "Blut ist dicker als Wasser." höre ich ihn dann sagen und seine Stimme klingt anders als je zuvor. Seine Züge erscheinen mit einem Mal weicher, doch sein Blick, der starr auf das Geld gerichtet ist, würde manch einem einen Schauder über den Rücken jagen und es mit Leichtigkeit schaffen, dass sich einem die Nackenhaare aufstellen. Unwillkürlich frage ich mich woran er gerade denkt, denn es ist offensichtlich, dass er in Gedanken ganz wo anders ist. "Im Grunde kümmern mich deine Belange nicht, aber ich verstehe deine Motivation." sagt er nach einer weiteren Pause. "Rache ist nur eine emotionale Reaktion. Vergeltung... das ist etwas ganz anderes." sinniert er. "Die Wenigsten verstehen den Unterschied." Ich nicke automatisch und seltsamerweise habe ich fast das Gefühl, dass er mich tatsächlich verstehen kann. Ja, irgendetwas in seinen Augen deutet darauf hin. "Du wirst deine Akten bekommen." versichert er mir und der Ernst verschwindet schlagartig aus seinen Zügen. "Genau wie deine Vergeltung. Ich werde dir helfen und nicht nur wegen des Geldes, auch wenn es ein sehr hübscher Anreiz ist. Gleichgültig was ein Mensch getan hat, um eine Abreibung zu verdienen und du hast sicherlich mehr als eine verdient, mein lieber Kaiba, man vergreift sich nicht an der Familie. Das ist ein ungeschriebenes Gesetz. Und ja, sogar ich halte mich an diesen Ehrenkodex." Zu meinem Erstaunen reichte er mir die Hand. Einen Moment sehe ich ihn sichtlich irritiert an. Ich hatte gewusst, dass er mein Angebot annehmen würde, das war mehr als offensichtlich, doch diese Reaktion seinerseits... Seine Finger umschließen meine fest als ich meine Hand ins eine lege. "Nebenbei bemerkt... ich wüsste noch jemanden, der dir behilflich sein könnte." meint er lächelnd und ich funkele ihn eisig an. "Ich brauche keine..." setze ich unwillkürlich an, aber er fällt mir umgehend ins Wort. "Glaub mir, du brauchst augenblicklich jede Hilfe, die du kriegen kannst, Kaiba. Diese Nummer ist zu groß für dich alleine. Also freunde dich damit an, dass du über deinen Schatten springen musst, wenn du Mokuba wieder haben willst." Ich presse hart die Lippen aufeinander und schlucke eine bissige Erwiderung runter. Er hat Recht. So schwer es mir auch fällt mir das einzugestehen, alleine werde ich nicht viel ausrichten können, zumal mein Feind mich sicherlich auch beobachten wird. Trotzdem behagt mir der Gedanke keineswegs und das ist mehr als offensichtlich, denn Bakura grinst mich schon wieder sichtlich amüsiert an. "Dein Stolz ist einerseits deine Stärke, andererseits deine größte Schwäche, mein Lieber." bemerkt er und ich seufze. So sehr mich diese alberne Belehrung ärgert, mein Stolz hat mich erst in diese Situation gebracht und es hat schon eine gewisse Ironie. Jahrelang hat Muto mir gepredigt, dass ich mit Stolz und Ehrgeiz alleine meine Ziele nicht ereichen werde. Immerzu er mich mit seinem Gerede über das Herz der Karten, Freundschaft und Teamwork genervt und nun zeigt sich, dass er Recht hatte. Als Einzelkämpfer werde ich diese Schlacht nicht schlagen können, gleichgültig wie genial meine Strategie ist und auch wenn ich mich im Grunde immer auf mich selbst verlassen konnte, mir meiner eigenen Stärke stets bewusst war, das Risiko ist augenblicklich zu groß. Jetzt und hier geht es nicht um ein albernes Duell, einen bedeutungslosen Titel oder eine Firma. Es geht um Mokuba und um seinetwillen werde ich alles tun was in meiner Macht steht. Wenn das heißt, dass ich im Team spielen muss, bitte. Dann werde ich das tun. Herrje, ich wäre sogar bereit meine Seele dem Teufel zu verkaufen, wenn es hilfreich wäre. "Nun gut. An wen hast du gedacht?" will ich wissen. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)