Abgekarterte Spiele von abgemeldet ("Gets down to what it's all about, doesn't it? Making the wrong move at the right time.") ================================================================================ Kapitel 32: Zwischenspiel (Roland) ---------------------------------- Ich muss mich mal wieder für sie superlieben Kommentare bedanken, die mich immer wieder freuen. Ihr seid toll! Ich bin nicht sicher ob es mir gelungen ist, Roland korrekt darzustellen, aber ich wollte unbedingt ein Kapitel aus seiner Sicht schreiben. Der Mann ist einfach... unentbehrlich. :-) "Natürlich, Sir! Sie können sich auf mich verlassen. Ich werde den nächstmöglichen Flug nehmen." versichere ich ihm und rechne schon fast damit, dass er das Gespräch beendet. Dennoch warte ich noch einen Moment auf eine Erwiderung. "Gut, Roland. Ich bin sicher, dass sie alles zu meiner Zufriedenheit bewerkstelligen. Mokuba wird sich freuen, sie zu sehen." Seine Stimme klingt emotionslos wie ich sie kenne, doch ich erkenne eine feine Nuance von Anspannung. "Guten Flug." Damit ist das Gespräch beendet und ich klappe das Handy wieder zu. Dann greife ich zum Telefon und betätige die Kurzwahltaste. Der Flug ist schnell gebucht. Mir bleiben noch sechs Stunden. Zeit genug, um seine Anweisungen umzusetzen. Ich überlege kurz womit ich am Besten anfange und entscheide mich dafür erst einmal meinen Koffer zu packen. Meine Schritte hallen unerträglich laut durch die Halle als ich mich zur Treppe begebe. Obgleich dieses Haus nie mit viel Geräusch angefüllt war, erscheint es mir in den letzten Wochen noch stiller und trostloser hier geworden zu sein. Normalerweise kann ich auf dem Flur bereits Seto Kaiba´s unermüdliches Hämmern auf seiner Tastatur hören und vom oberen Stockwerk dringt gedämpfte Musik nach außen. Doch jetzt ist alles still. Erschreckend still und einmal mehr wird mir schmerzhaft bewusst, dass die vergangenen Wochen tatsächlich Realitä waren. Als ich an Master Mokuba´s Zimmer vorbei gehe, halte ich einen Moment inne und bedauere, dass ich nicht diesen Krach vernehme, den er vehement als Musik betitelt. Unwillkürlich huscht ein Lächeln über mein Gesicht und ich muss daran denken, wie der Kleine seinem älteren Bruder einen Vortrag über den Einfluss der "Ramones" auf die Entwicklung der Musik gehalten hat. Ich sehe Master Mokuba förmlich vor mir, wie er mit strahlenden Augen und einem solch revolutionären Enthusiasmus verkündet, dass die "Ramones" die beste Band der Welt wären. Ich weiß noch zu gut, dass ich mir ein Lachen verkneifen musste, als Master Kaiba die Stirn runzelte und seinen Bruder mit einer Mischung aus Nachsicht und Verständnislosigkeit ansah, als habe dieser ihm gerade erzählt, dass man ein Supermodel zur Weltherrscherin ausgerufen habe. Das Ende dieser kleinen Episode war, dass Master Kaiba seinen Bruder anhielt die Musik in einer angemessenen Lautstärke zu spielen und Master Mokuba erwiderte, dass es unabdingbar wäre bestimmt Stücke laut zu hören. Und wie so oft zuvor gewann der Kleine die kleine Auseinandersetzung mit einem einfachen "Seto". Obgleich ich solchen Szenen mehr als einmal beigewohnt habe, erstaunt mich die Wirkung des Kleinen auf seinen Bruder jedes Mal. Der sonst so emotionslose und kühle Seto Kaiba, bei dem die Geschäftswelt sich hütet ihn zu verärgern oder auch nur zu erreichen, dass er eine seiner perfekt geschwungenen Brauen in die Höhe zieht, was in erster Linie eine deutliche Geste der Missbilligung seinerseits darstellt, wird zu Wachs in den Händen seines kleinen Bruders, sobald dieser seinen Namen sagt. Ein einfaches "Seto" aus Master Mokuba´s Mund genügt vollkommen aus um den Firmenchef in den großen Bruder zu verwandeln und für einen Moment hat man das Gefühl vor einem normalen Teenager zu stehen, nicht vor einer jugendlichen Variante eines Übermenschens zu dem Gozaburo Kaiba den Jungen gemacht hat. Unwillkürlich muss ich wieder an meine ersten Jahre in diesem Haus denken. Eine Zeit, die ich zu gerne verdränge, da jede Erinnerung schmerzlich auf mir lastet und mir mein eigenes Unvermögen, Position zu beziehen, ins Gedächnis zurück ruft, so dass ich mich zwangsläufig von Neuem frage, warum ich damals nichts getan habe. Natürlich stand es mir nicht zu, mich in die Belange meines Arbeitgebers einzumischen. Gozaburo Kaiba hätte auch keine Einmischung geduldet und eine fristlose Kündigung wäre die Folge gewesen. Dennoch hätte ich irgendetwas tun können, aber genau wie alle anderen habe ich geschwiegen und nur ab und an versucht, für den Jungen da zu sein, sofern der alte Herr es nicht mitbekommen hat. Der Junge... Im Grunde ist er noch immer ein Junge. Er hat die Zwanzig gerade erst überschritten, ist gerade erst volljährig geworden und doch kommt es mir manchmal so vor als wäre er älter als ich selbst. Seine Augen sind nicht die eines jungen Mannes und vielleicht waren sie es auch noch nie. Er ist erwachsen geworden ohne je Kind zu sein und wenn ich an Master Mokuba denke, der gerade dabei ist, seine Pubertät zu erleben, kommt mir der Gedanke, dass Master Seto dergleichen nie vergönnt war. Vom ersten Tag an als er in dieses verfluchte Haus gekommen ist, war seine Kindheit vorbei. Mag sein, dass sie es auch zuvor schon war, aber am ersten Tag lachte er noch. Ich erinnere mich sehr gut daran, wie Gozaburo Kaiba der gesamten Belegschaft die beiden Jungen vorgestellt hat. Wir waren alle gespannt auf die Beiden. Jeder hatte die Geschichte von der Schachpartie gehört und brannte darauf, den Jungen zu sehen, der Gozaburo Kaiba in seine Schranken verwiesen hatte. Master Mokuba lächelte uns freundlich an und ich wusste auf Anhieb, dass dieser Junge eine Frohnatur ist. Und Master Seto... Schon damals viel mir der Ernst in seinen Augen auf. Er schien alles genau zu beobachten, taxierte jeden genau, doch für einen kurzen Augenblick lächelte auch er. Ein kleines, zaghaftes Lächeln, aber es war warm und freundlich. Wie lange hat es gedauert bis die Wärme, die an diesem Tag noch vorhanden war aus ihm wich? Wenn ich jetzt darüber nachdenke, konnte man die Veränderung wie in einem Film beobachten. Von Mal zu Mal, dass ich ihn sah, wurde der Junge ernster, schweigsamer und kälter. Es war als würde stetig das Leben aus ihm weichen und dennoch... seine Augen zeugten stets von einem letzten Rest Lebendigkeit, nein, von Feuer. Selbst Gozaburo Kaiba entging dieser Trotz nicht, mit dem der Junge standhaft Widerstand leistete obgleich er ansonsten alles tat was der Alte ihm auferlegte. Und Trotz lag auch in seinen Augen als ich zum ersten Mal mitansehen musste, wie der alte Herr ihn schlug. Es war beim Essen. Ich weiß bis heute nicht, was er getan hat, ob er überhaupt etwas getan hat. Ich war gerade dabei meinem Arbeitgeber noch ein paar Unterlagen vorzulegen als er ihn plötzlich mit der flachen Hand ins Gesicht schlug. Master Mokuba zuckte so heftig zusammen und auch ich erschrak. Dann warf Gozaburo seinen Teller auf den Boden und meinte, wenn er das Besteck nicht würde anständig benutzen können, dann solle er eben wie ein Tier vom Boden fressen bis er es gelernt habe. Master Mokuba wollte aufspringen, ich sah es ihm deutlich an und konnte auch das Entsetzen in seinen Augen sehen. Doch ein Blick seines Bruders hielt ihn zurück. Dann erhob sich Master Seto, warf dem Alten einen kurzen Blick zu und kniete sich auf den Boden, um den Rest seines Essens zu sich zu nehmen, wie ihm geheißen wurde. Doch dieser kurze Blick. Er sagte alles. Mir ging er durch Mark und Bein und wäre ich der Alte gewesen, ich hätte mich davor gefürchtet. Aber Gozaburo Kaiba glaubte, dass er die Oberhand habe und sich das nie ändern würde. Wie sehr er sich doch irrte. Vielleicht hätte es ein anderes Ende genommen, wenn er nicht zu weit gegangen wäre, wer weiß. Aber diese Szene war nur eine von vielen und auch wenn Gozaburo den Eindruck zu erwecken versuchte, dass dies alles der Erziehung des Jungen diene, so wusste ich es doch besser. Der Alte hatte Vergnügen daran gefunden. Es machte ihm Spaß den Jungen zu quälen und das der Kleine Widerstand leistete, spornte ihn nur noch mehr als sich weitere Strafen auszudenken. "Wie geht es meinem Bruder, Roland?" vernehme ich wieder die zitternde Stimme von Master Mokuba nachdem er mitansehen musste, wie der Alte seinen Bruder mit dem Rohrstock verprügelte. Ich brauchte nicht nachzufragen woher er es wusste. Er hatte es gesehen, das verriet mir sein panischer Blick und auch wenn ich es nicht mit eigenen Augen gesehen hatte, so konnte ich es mir doch denken. Man hatte die Schläge durch das halbe Haus gehört. Elise, das Küchenmädchen, war bei jedem neuen Schlag zusammen gezuckt und die Köchin musste sie beruhigen. Wie erbärmlich wir doch waren... Wir saßen da und hörten mit einem beklemmten Gefühl im Herzen zu, doch keiner wagte sich etwas zu sagen. Wir sprachen nicht einmal untereinander darüber, tauschten nur scheue Blicke aus und irgendjemand, meistens ich, schlich sich nach oben sobald die Schritte des Alten verhallt waren, um nach dem Jungen zu sehen. Und gleichgültig was auch in diesem Zimmer geschah, ich habe ihn nie wirklich weinen gesehen danach. Von Mal zu Mal wurden seine Züge härter und sein Blick eisiger und es versetzte mir jedes Mal einen Stich, ihn so zu sehen. Ich gebe mir einen Ruck und gehe weiter in mein Zimmer. Diese Zeiten sind vorbei, rufe ich mir zurück ins Gedächnis. Aber sie haben ihre Spuren hinterlassen. Tiefe Narben, die nie verschwinden werden. Mein Koffer ist schnell gepackt. Da ich Master Kaiba so oft auf seinen Reisen begleite, habe ich genau wie er eine gewisse Routine entwickelt. Seltsamerweise fällt es mir dieses Mal allerdings leichter, meine Sachen in den kleinen Trolley zu packen. Die Erleichterung, Master Mokuba in guten Händen zu wissen, und die Freude, den Jungen schon bald wieder zu sehen, hilft mir meine Sorgen bezüglich seines Bruders zu verdrängen. Natürlich kann ich den Abend nicht vergessen als Master Kaiba nahe daran war zusammenzubrechen. Ich hatte zwar mit einer heftigen Reaktion gerechnet, ich wusste, dass sie nicht ausbleiben konnte, aber ihn so zu sehen, war mehr als ein Schock. Obgleich er stets bemüht ist, sich seine Gefühle nicht ansehen zu lassen, war es doch unvermeidbar, dass diese Sache, die Dämme würde brechen lassen. Doch ihn derart an sich zweifeln zu sehen... "Ich hätte das nie getan. Ich schwöre es ihnen. Ich mag vielleicht wie mein Adoptivvater geworden sein, aber Mokuba... nein, ich hätte nie..." Gleichgültig was man über ihn denken mag, aber dergleichen würde er nie tun. Das weiß ich nur zu gut. Daran hätte ich nie gezweifelt. Ja, er hatte selten Zeit für seinen Bruder, aber wann immer es ihm möglich war, hat er sich bemüht für ihn da zu sein. Und all sein Bestreben galt Master Mokuba, auch wenn er vielleicht das Ziel auf seinem Weg aus den Augen verloren hat oder vielmehr nicht begriff, dass er es im Grunde längst erreicht hatte. Ich seufze und schließe die Tür hinter mir. Als ich gerade die Treppe erreicht habe, höre ich ein kurzes Klingeln. Überrascht stelle ich meinen Koffer ab und gehe zur Haustür. Ich betätige den Knopf der Sprechanlage und frage auf gewohnte Weise: "Kaiba Residenz. Sie wünschen?" Es dauert einen Moment bis man mir antwortet. Ich höre wie die Person kurz durchatmet, ehe sie sich atemlos meldet. "Guten Tag, Roland, hier ist Tea Gardner." Ich nicke unwillkürlich und öffne per Knopfdruck das Tor. "Kommen sie zum Haus, Fräulein Gardner." erwidere ich und öffne bereits die Tür. Ihre Schritte sind schnell und sie braucht nicht lange um den Vorgarten zu durchqueren. Als sie mich sieht, lächelt sie und ich nicke ihr automatisch zu. "Guten Tag." begrüße ich das Mädchen und halte ihr die Tür auf, damit sie eintreten kann. Ihr Blick fällt direkt auf den Koffer. "Sie verreisen?" fragte sie und ich nicke. "Ich habe gerade mit Master Kaiba telefoniert. Er wünscht, dass ich zu Master Mokuba in die Staaten fliege." erkläre ich und ihre Augen leuchten auf. "So? Das ist gut. Mokuba wird sich freuen." erwidert sie und ich nicke. "Deshalb bin ich auch hier. Ich wollte fragen, ob sie Kaiba endlich erreichen konnten, aber das hat sich ja jetzt erübrigt." meint sie und dergleichen dachte ich mir bereits. Obgleich Master Kaiba stets bemüht war, diese jungen Leute von sich fernzuhalten, die auf unablässige Art versuchten, seine Freunde zu werden, vermochte er es nicht sich ihnen zu entziehen. Anfangs habe ich nicht verstanden, warum sie so vehement um ihn bemüht waren, vor allem der kleine Muto schien geradezu ergriffen von missionarischem Eifer, der mir vollkommen unverständlich war. Doch mit der Zeit habe ich erkannt, dass die jungen Leute sich ihre Gedanken um Master Seto machten und auch teilweise um ihn besorgt waren, ob er es nun wollte oder nicht. "Gibt es etwas neues?" fragt das Mädchen auch schon weiter und ich schüttele den Kopf. Master Kaiba hat mir zwar in kurzen Zügen die jüngsten Entwicklungen geschildert, aber ich bin nicht sicher ob er es gut heißen würde, wenn ich diese Informationen Preis gebe. "Ich weiß nur, dass Master Kaiba eine Spur verfolgt und solange möchte er Master Mokuba der Obhut von Joey Wheeler überlassen." erzähle ich ihr und sie strahlt mich an. "Das ist gut." befindet sie und ich frage mich unwillkürlich ob sie in diesem Moment das Gleiche denkt wie ich. Bei ihrem letzten Besuch haben wir kurz darüber gesprochen, dass Master Kaiba und Joey Wheeler nicht unbedingt... nun, ein harmonisches Duo in der Vergangenheit waren und dies nun zu Komplikationen führen würde, aber das Mädchen war sich sicher, dass die Beiden es schaffen würden, ihre Differenzen zu begraben. Ich hegte allerdings so meine Zweifel, doch sagte ich ihr nichts davon. Ich weiß nur zu gut um Master Kaiba´s gespanntes Verhältnis zu dem jungen Mann. Oft genug durfte ich mir ihre Wortgefechte mitanhören und stets habe ich mich gefragt, warum die Beiden derart aufeinander reagieren. Der blonde Junge war im Grunde ohne jede Bedeutung für Master Kaiba. Er war es nicht, der ihm seinen Titel abnahm und ihn mehr als einmal besiegte und doch schien Master Kaiba was ihn anbelangte noch verbissener zu sein als in Bezug auf seinen Erzfeind. "Ich wünschte, ich könnte mitkommen." höre ich sie sagen. "Aber ich bin froh, dass Mokuba in Sicherheit ist und dass Kaiba es endlich weiß. Ich kann mir vorstellen, dass ihm ein riesiger Stein vom Herzen gefallen ist. Yugi wird auch wahnsinnig erleichtert sein." teilt sie mir in vertraulichem Ton mit. Ich nicke. "Ja, Master Kaiba war auch sehr erleichtert. Ich bin allerdings auch beruhigt." stimme ich zu und denke unwillkürlich an den kleinen Jungen, der Master Kaiba wieder und wieder in diesem für ihn so wichtigen Spiel geschlagen hat. Auch er war einmal hier, um mich nach den Brüdern zu fragen und seine Sorge war ihm deutlich anzusehen. Auch wenn Master Kaiba sich bemühte, den Kindergarten, wie er die kleine Gruppe stets nannte, von sich fernzuhalten, an ihrer Anteilnahme hat dies keineswegs etwas geändert. Im Gegenteil. Ich glaube, dass sie ihn dennoch als einen von ihnen ansehen und dieser Eindruck beruhigt mich in gewisser Weise. "Ist Bakura noch bei ihm?" will sie weiter wissen. Ich nicke. "Soweit ich unterrichtet bin, ja." Sie runzelt leicht die Stirn. Allem Anschein nach behagt ihr dieser Gedanke keineswegs. Sie sagt jedoch nichts. "Nun, dann hoffe ich, dass Kaiba in der Lage ist, diese ganze Sache bald aufzuklären." meint sie stattdessen. "Können sie eigentlich so einfach weg? Ich meine, was hat die Polizei gesagt?" "Offiziell wird noch nach Master Kaiba gefahndet. Die Ermittlungen in Frankreich haben jedoch - natürlich - nichts ergeben." erkläre ich den aktuellen Stand. "Was mich anbelangt, so habe ich keinerlei Auflagen. Ich gehe allerdings davon aus, dass man mich beobachtet und auch die eingehenden Gespräche hier abhört. Ich habe meinen Flug auch so gebucht, dass man mein eigentliches Ziel nicht direkt zu erkennen vermag. Nach einem Zwischenstopp werde ich unter anderem Namen weiterfliegen." Tea Gardner mustert mich einen Augenblick erstaunt. "Das klingt wie in einem Krimi." befindet sie und schmunzelt leicht. Ich nicke. "In gewisser Weise befinden wir uns auch in einem, wenn ich das so sagen darf." erwidere ich ernst und sie nickt. "Sie haben natürlich Recht." Für einen Moment herrscht betretenes Schweigen. "Kann man Kaiba denn irgendwie erreichen? Ich meine, Yugi und ich würden gerne mit ihm reden." fragt sie dann und ich überlege kurz. Ich bezweifle, dass es Master Kaiba recht wäre, wenn ich die Nummer, die er mir gegeben hat, weitergeben würde. "Ich werde ihm gerne ausrichten, dass sie sich nach ihm erkundigt haben." sage ich also und sie scheint den Wink zu verstehen. "Tun sie das, Roland und grüßen sie ihn. Sagen sie ihm, dass sowohl Yugi als auch ich und auch Ryou an ihn denken und ihm auch jederzeit helfen, wenn es ihn unserer Macht steht. Mit Mokuba habe ich ja bereits gesprochen..." Ich nicke und überlege kurz ob ich ihr von der versuchten Entführung erzählen soll, aber ich vermute, dass Joey Wheeler das noch tun wird. "Dann gehe ich mal wieder." höre ich sie sagen. "Sie haben sicher noch einiges vorzubereiten." Ich nicke. "Danke, dass sie vorbeigekommen sind, Fräulein Gardner." erwidere ich und sie lächelt. "Sagen sie bitte Tea, ja? Fräulein Gardner hört sich seltsam an... und wir sind ja auch irgendwie, naja, ein Team, oder?" Sie zwinktert mir zu und ich hüstele leicht verlegen. "Wie sie wünschen." entgegne ich und sie lacht angesichts meiner steifen Ausdrucksweise. Dann geht sie auch schon zur Tür, hebt noch kurz die Hand zum Gruß und ist dann auch schon verschwunden. Ich sehe ihr noch einen Moment nach, dann schüttele ich mit einem Lächeln auf den Lippen den Kopf und begebe mich ins Arbeitszimmer, um mich um die weiteren Aufgaben zu kümmern. Es ist ein merkwürdiges Gefühl sich dem Schreibtisch zu nähern und zu wissen, dass Master Kaiba dort nicht sitzt und sich auch nicht in der Firma befindet. Die Unterlagen, die ich benötige, sind schnell zusammen gestellt und mein Blick fällt kurz auf das Bild von Master Mokuba, dass auf dem Schreibtisch steht. In der Firma hatte er das gleiche Bild, allerdings in einer Schublade verborgen, und wieder einmal fällt mir auf, wie unpersönlich ansonsten dieser Tisch, der ganze Raum ist. Vielleicht wäre es besser gewesen, dieses Haus nach dem Tod von Gozaburo Kaiba zu verlassen. Ich hatte eigentlich damit gerechnet, dass Master Kaiba das auch tun würde. Doch aus irgendeinem Grund entschied er sich hier zu bleiben. Etwas, dass ich nie verstanden habe. Zuviele böse Erinnerungen sind mit diesem Haus verbunden und ich habe mich auch stets gefragt, warum er nicht wenigstens ein anderes Zimmer bezogen hat. Doch er veränderte nicht einmal wirklich etwas an seinem Zimmer. Während er Master Mokuba seine Räume nach eigenem Ermessen gestalten ließ, veränderte sich sein eigener Raum kaum merklich. Wieder kommen mir seine Worte in den Sinn, seine Aussage, dass er so wie sein Adoptivvater geworden sei und ein Schauder läuft mir über den Rücken. In gewisser Hinsicht mag das stimmen. Er ist ein ebenso kalter und unbarmherziger Geschäftsmann geworden und genau wie der alte Herr hat er sich jede Art von Emotion versagt. Doch ich weiß, dass er in seinem Inneren immer noch er selbst ist, gut verborgen unter einer dicken Schicht aus Eis. Und erneut verspüre ich die stille Hoffnung, dass es irgendwann gelingen wird, dieses Eis zu schmelzen. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)