Abgekarterte Spiele von abgemeldet ("Gets down to what it's all about, doesn't it? Making the wrong move at the right time.") ================================================================================ Kapitel 71: Heimtückischer Angriff (Roland) ------------------------------------------- "Was meinen sie, Roland, ist diese Sache bald vorbei?" Master Mokuba sieht mich fragend an und ich blicke von dem Laptop auf. Ich bin ohnehin fertig damit, die gewünschten Buchungen vorzunehmen. Einen Moment sehe ich den Kleinen nachdenklich an und überlege wie ich ihm am Besten antworten soll. Er mustert mich derweil aufmerksam und der kindliche Anschein seiner Augen trügt mich keineswegs. Ich merke ihm an, dass er mehr als aufmerksam ist und meine Antwort für ihn wichtig zu sein scheint. Zu gerne würde ich ihm sagen, dass ich glaube, dass dieses Angelegenheit bald ihr Ende finden wird. Dass bald alles wieder so sein wird wie früher. Aber es wäre ein Lüge und ich glaube, dass er sie trotz seiner jugendlichen Naivität durchschauen würde. In dieser Hinsicht ist er seinem Bruder sehr ähnlich. Er lässt sich nicht leicht täuschen und was meinen Schützling anbelangt wäre ich auch sicher ein schlechter Lügner. Also überlege ich mir meine nächsten Worte gut. "Ich hoffe, dass sie bald ein Ende findet." sage ich schließlich. "Immerhin haben wir nun eine heiße Spur. Gut möglich, dass es Bakura gelingen wird, diesen Grey zu stellen." Der Kleine nickt, beäugt mich aber weiterhin aufmerksam und ich lächele ihn leicht an. Für einen Augenblick bin ich sogar versucht, ihm über den Kopf zu streicheln, aber für solch eine Geste ist er schon zu alt und sie würde ihn auch mehr irritieren als beruhigen. "Momentan sind sowohl sie als auch ihr Bruder in Sicherheit, Master Mokuba. Das ist die Hauptsache. Alles weitere... Ich bin sicher, dass ihr Bruder alles in seiner Macht stehende unternehmen wird, um diese Angelegenheit zu beenden." rede ich weiter und nun erwidert er mein Lächeln ebenso leicht. Einen Augenblick sehen wir uns einfach nur an und ich habe das Gefühl, dass er ahnt, dass ich ihm etwas verschweige, doch er fragt zu meiner Erleichterung nicht weiter nach. Einerseits bin ich geneigt zu glauben, dass diese Sache bald ihr Ende finden wird, nun da Seto Kaiba eine Spur hat, die er verfolgen kann. Ich vermute, dass der junge Mann, sobald er wieder auf den Beinen ist, alles dran setzen wird, diesen Grey zu finden, sofern es dem Dieb nicht gelingen sollte, den Gegner zu stellen. Seltsamerweise habe ich in dieser Angelegenheit Vertrauen in die Fähigkeiten des weißhaarigen Mannes, auch wenn ich ihm genau wie Master Kaiba nicht wirklich traue. Doch mir ist nicht entgangen, dass dem Dieb, diesem Bakura, etwas an meinem Herrn zu liegen scheint. Ja, ich bin sogar inzwischen den Überzeugung, dass er alles tun wird, um Seto Kaiba zu helfen. Dennoch ist damit die Sache noch nicht ausgestanden. Diesen Grey zu stellen, ist der Anfang und die Art wie es uns letztlich gelingen wird, ihn zur Strecke zu bringen, dürfte entscheidend sein. Nach meinem Herrn wird immer noch gefahndet. Nach wie vor hat er ein Umgangsverbot was Master Mokuba anbelangt und so ist es eine Hürde, den Gegner zu besiegen. Die wichtigste Aufgabe besteht allerdings darin, die Vorwürfe gegen Master Kaiba zu entkräften, bestenfalls sie vollkommen widerlegen zu können. Nur so wird diese Sache ein richtiges Ende finden. Andernfalls... Daran will ich nicht denken, auch wenn ich sicher bin, dass mein Herr bereits über diese Option nachdenkt. Was wird passieren, wenn es uns nicht gelingt, seine Unschuld zu beweisen? Diese Frage beschäftigt mich in den letzten Tagen mehr und mehr. Einerseits habe ich mit Erleichterung und auch Freude zur Kenntnis genommen, dass mein sonst so distanzierter Herr langsam aus sich heraus geht, was nicht zuletzt Joey Wheeler zu verdanken ist. Doch was wird aus Seto Kaiba, wenn er nicht mehr zurück kann in sein altes Leben. Zwar hege ich die Vermutung, dass sich seine Denkweise in Bezug auf sein bisheriges Leben verändert hat, seine Prioritäten sich verschoben haben, doch er ist nach wie vor ein Geschäftsmann. Im Grunde der geborene Geschäftsmann. Was wird er mit seiner Zeit und vor allem mit sich anfangen, wenn er schlimmstenfalls für immer auf der Flucht sein muss? Wie würde dieses Leben aussehen? Was wird aus dem Übermenschen werden, den Gozaburo Kaiba geschaffen hat, wenn sein Lebenswerk dahin ist und er gezwungen wird von vorne zu beginnen? Augenblicklich hat er schließlich eine Aufgabe, ein Ziel vor Augen und wie immer steht dies allein in seinem Fokus. Doch wenn die Angelegenheit ihr Ende gefunden hat... was dann? Master Mokuba hat mich bereits über seine Zukunftsvision unterrichtet und ich musste lächeln als er mir von seiner Idee erzählte. Zudem war ich gerührt, dass er mich nach wie vor als Teil davon ansieht. "Ihre Anzüge sollten sie dann vergessen, Roland. Wenn wir in Ägypten bleiben, müssen sie sich was lockerers zulegen. Sonst fallen sie auch zu sehr auf." Als er das sagte, betrachtete er mich einen Augenblick nachdenklich und grinste schließlich. Ich hege die Vermutung, dass er sich meine Wenigkeit in diesem Moment in einer ähnlichen Aufmachung wie Odion Ishtar vorgestellt hat, was ihn zu amüsieren schien. Master Mokuba´s nächste Frage reißt mich aus meinen Gedanken und auch wenn mich der Themawechsel erleichtert, bin ich für den Bruchteil einer Sekunde irritiert. "Ishizu hat gesagt, dass heute Markt wäre... Meinen sie, wir könnten mal hingehen? Die ganze Zeit im Haus bleiben zu müssen, ist so langweilig." Mein Schützling sieht mich fragend an und mir entgeht keineswegs der hoffnungsvolle Schimmer in seinen Augen. Erst jetzt wird mir bewusst, dass er die letzten Tage über nur im Haus verbracht hat, zwar hatte er durch seine Freunde eine Menge Gesellschaft, aber ich verstehe durchaus seinen Wunsch, die Gegend ein wenig zu erkunden. "Ich bin nicht sicher, ob das eine gute Idee wäre. Master Kaiba..." hebe ich an, werde aber im nächsten Augenblick schon unterbrochen. "Seto wird es nicht erlauben." meint der Kleine und verzieht den Mund. "Aber wenn sie bei mir sind, dann kann doch nichts passieren. Und auf dem Markt ist doch sicher so viel los, dass keiner es wagen würde, etwas zu tun. Wir könnten Odion fragen ob er mitkommt. Ach, bitte, Roland!!" Er zwinktert mir verschwörerisch zu, eine Geste, die ich aus der Vergangenheit zu gut kenne und ich seufze leicht. "Ich glaube, unter gewissen Umständen hätte ihr Bruder nichts dagegen einzuwenden. Allerdings würde ich ihn vorab gerne, um Erlaubnis fragen. Immerhin sind sie noch nicht außer Gefahr, Master Mokuba." entgegne ich so ernst ich es angesichts dieses verschmitzten Lächelns kann. Der Kleine scheint einen Augenblick zu überlegen, dann nickt er. "Ok, wir fragen ihn." stimmt er zu und ich kann mir lebhaft vorstellen, wie er seinen großen Bruder fragen wird und dass ein gezieltes "Bitte, Seto!!" auch durchaus seine Wirkung zeigen wird. Einen Moment später werde ich von Master Mokuba auch schon zu Master Kaiba´s Zimmer dirigiert. Doch gerade als der Kleine anklopfen will, hören wir ein schwer zu definierendes Geräusch aus dem Innern des Raumes und er lässt die Hand wieder sinken. "Ich glaube, Seto ist nicht allein." meint der Kleine und linst auch schon durch das Schlüsselloch ehe ich zu protestieren vermag. "Ähm... wir sollten ihn jetzt besser nicht stören, Roland." verkündet er eine Sekunde später mit leicht gefärbten Wangen und ich räuspere mich. Ich vermute, dass Master Joey bei meinem Herrn ist. Anders kann ich mir die Reaktion des jungen Kaiba nicht erklären. "Dann müssen wir warten bis..." setze ich leise an, doch Mokuba schüttelt den Kopf. "Wir gehen einfach schnell. Seto bekommt das gar nicht mit. Wir sind zurück bis er..." Er beendet den Satz nicht, senkt stattdessen leicht verlegen den Blick und ich schlucke. Erneut vernehme ich ein gedämpftes Geräusch aus dem Raum und mache einen Schritt zurück. Unschlüssig beäuge ich meinen Schützling. Ich bezweifle, dass Master Kaiba es gut heißen würde, wenn ich den Jungen mit auf den Markt nehme. Andererseits verstehe ich, dass er den Wunsch hegt, das Haus zu verlassen. Erneut wirft er mir einen fast schon flehenden Blick zu und ich glaube, nicht einmal sein großer Bruder könnte diesen Augen widerstehen. Ich seufze und nicke leicht. "Wir werden Odion mitnehmen." erkläre ich entschieden. "Und wir werden nur einen kurzen Rundgang machen." Master Mokuba´s Miene hellt sich so auf, dass man glauben könnte, die Sonne wäre gerade aufgegangen. Er strahlt mich förmlich an und obgleich ich Zweifel an meiner Entscheidung habe, berührt mich sein Gesichtsausdruck und als wir kaum zehn Minuten später gemeinsam mit Odion Ishtar Richtung Markt aufbrechen, hat ein Teil seiner guten Laune auf mich abgefärbt und für einen Moment vergesse ich die Sorgen, die ich mir mache, fast. "Sie bleiben in meiner Nähe." ermahne ich den Jungen als wir uns dem Zentrum des Marktes nähern und betrachte kritisch den Menschenauflauf. Wenn ich schon dachte, dass es am Flughaften wie auf einem Basar zuging, so übertrifft das Geschehen hier dieses um das Zehnfache. Odion Ishtar schenkt mir ein wissendes Lächeln. "Keine Sorge, es hört sich nur so bedrohlich an. Wir, Ägypter sind ein friedliches Volk." meint der junge Mann ehe wir in die Menschentraube eintauchen. Ich brauche einen Moment, um mich an all die Geräusche, Gerüche und Eindrücke zu gewöhnen und gleichzeitig meine Ruhe zu bewahren. Master Mokuba zieht mich von einem Stand zum Nächsten und ich bin froh, dass der Ägypter uns begleitet. Innerhalb kürzester Zeit haben wir mehrere Tüten in der Hand und ich befürchte, dass der Junge sich den Magen verderben wird angesichts der Menge an süßem Gebäck, dass ihm der eine und andere Händler zusteckt. "Seto würde das hier nicht ertragen." meint Master Mokuba grinsend an mich gewandt und ich nicke. "Dessen bin ich mir sicher." stimme ich zu. Master Kaiba hätte weder seine Freude an diesem Menschenauflauf noch an den angebotenen Leckereien. Sein Bruder allerdings scheint die Atmosphäre mehr als zu genießen und allmählich entspanne auch ich mich immer mehr. "Wir sollten ihnen wirklich etwas anderes zum anziehen besorgen, Roland. Sie fallen hier auf wie ein bunter Hund." Master Mokuba lacht und versucht auch schon einen Moment später mir einen Turban aufzusetzen. Ich räuspere mich pikiert. "Ich glaube nicht, dass mir so etwas steht, Master Mokuba." erkläre ich ohne einen Blick in den Spiegel zu werfen, den der zahnlose Händler mir reicht. Zu meiner Erleichterung pocht der Junge nicht darauf, dass ich mir solch eine Kopfbedeckung anschaffen soll und ist auch einverstanden sich für einen Moment in eines der Zelte zu begeben, um Tee zu trinken. Odion bringt uns ein paar Minuten später wieder von dem süßlichen Tee und ich blicke auf die Uhr. "Wir sollten bald wieder zurückgehen." sage ich und rechne fast schon mit Protest, aber Master Mokuba nickt. "Ok." willigt er ein und nippt genüßlich an seinem Tee. "Seto und Joey sind jetzt bestimmt auch fertig." Er grinst mich an und auf seinen Wangen zeichnet sich wieder zarte Röte ab. "Hätten sie gedacht, dass die Beiden... naja, sie wissen schon?" fragt er mich im nächsten Augenblick und ich befürchte, dass nun auch ich meinerseits etwas verlegen werde. "Diese Entwicklung kam eher unerwartet." antworte ich vage und Master Mokuba nickt. "Aber es ist toll, oder? Ok, auch ein bisschen, naja... egal." redet er bereits weiter. "Ich meine, dass Seto überhaupt einmal..." Den Rest des Satzes höre ich nicht mehr. Plötzlich durchzuckt mich ein scharfer Schmerz an der Seite. Mein Blick wandert zu der Stelle und im nächsten Augenblick spüre ich auch schon wie sich der Stoff meines Anzuges mit Feuchtigkeit füllt. Ich glaube, dass ein gurgelndes Geräusch aus meinem Mund entweicht während meine Hand tastend über besagte Stelle wandert. Noch bevor ich einen Blick auf meine Finger werfe, weiß ich, dass sich Blut daran befindet. Mein Blick wandert zu Master Mokuba, der mich überrascht und entsetzt ansieht. "Roland!" höre ich ihn dann rufen und sein kreideweißes Gesicht beginnt vor meinen Augen zu verschwimmen. Ich presse die Hand an meine Seite und schaffe es irgendwie mich Odion zu zuwenden. "Bringen sie Master Mokuba hier weg!" sage ich an den Ägypter gewandt, der scheinbar jetzt erst die Situation realisiert. Dann sehe ich winzige Lichter flimmern und schließe für einen Moment die Augen. Der Schmerz ist beißend, aber noch hat er mein Denken nicht lahm gelegt. Ich vermute, dass man mir eine Stichwunde mit einem Messer verpasst hat. Irgendwie nehme ich gerade noch wahr, dass der Ägypter aufgestanden ist, doch scheinbar keinerlei Anstalten macht, mit Master Mokuba zu verschwinden. Erneut versuche ich ihm zu sagen, dass er den Jungen in Sicherheit bringen soll, aber schon das erste Wort erstickt in meiner Kehle. Odion Ishtar beugt sich über mich, ruft dann etwas auf arabisch und nun wird mir bewusst, dass ich scheinbar nach hinten gesackt bin. Dann wird alles um mich herum schwarz. 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