Abgekarterte Spiele von abgemeldet ("Gets down to what it's all about, doesn't it? Making the wrong move at the right time.") ================================================================================ Kapitel 87: Klare Sache (Bakura) -------------------------------- "Quid pro quo." sagt mein Gegenüber mit gespielt lässigem Tonfall, doch mir entgeht keineswegs der Ernst in seiner Stimme und ich kann auch in seinen Augen deutlich lesen, dass es ihm mehr als erst ist. Er beäugt mich abwartend, wobei er leicht das Glas in seiner Hand schwenkt und ich spüre deutlich seinen lauernden Blick auf mir ruhen. Das Lächeln, dass um seine Lippen spielt, vermag mich keine Sekunde zu täuschen. Er mag sich hier als jovialer Gastgeber geben und vielleicht gefällt er sich sogar in dieser Rolle, aber ich weiß, dass hinter dieser Fassade etwas Dunkles lauert. Ich erkenne Abgründe, wenn ich sie sehe und seine Augen sprechen Bände. Der Mann, der mir gegenüber sitzt, ist zu allem bereit. Er will seine Rache und wenn es sein eigenes Leben kosten sollte. Unwillkürlich muss ich daran denken, dass er mir nicht einmal unähnlich ist. Genau wie er war ich vor langer Zeit. Einzig beherrscht von dem Gedanken an Rache, dem Wunsch nach Vergeltung. „Wie wär´s mit noch einem Cognac?“ frage ich und schiebe ihm mein leeres Glas hin. Falls ihn meine Reaktion überraschen sollte, so versteht er es ausgezeichnet es zu verbergen. „Natürlich.“ entgegnet er freundlich und schickt sich auch schon an, mir nachzuschenken. Ryou ist also nicht hier. Gut. Damit hatte ich in gewisser Weise gerechnet. Es wäre auch mehr als törricht gewesen, den Jungen hier zu verstecken. Bislang hat Grey genügend unter Beweis gestellt, dass er keineswegs ein Narr ist. Im Gegenteil. Er ist ein hervorragender Gegenspieler, in der Tat eines Seto Kaibas würdig. Ich greife nach meinem Glas und nehme einen kräftigen Schluck. Grey lässt mich dabei keine Sekunde aus den Augen, doch wenn er glaubt, mich so aus der Fassung bringen zu können, dann irrt er sich. Unwillkürlich muss ich früher denken. An meine Zeit bei Ryou. In den ersten Wochen, nein, Monaten hat der Kleine mich auch nie aus den Augen gelassen. Stets vermutete er, dass ich „irgendeinen Unsinn“ anstellen würde, wie er es gern ausdrückte und unzählige Male gerieten wir deshalb aneinander. Während der Junge immer darauf bedacht war, dass Richtige zu tun, hatte ich anfangs nur Verachtung für diese Denkweise übrig. Das Richtige... Lange Zeit habe ich nicht einmal verstanden, was er damit eigentlich meinte, trotz seiner unzähligen Vorträge und Ermahnungen. “Spiel dich hier nicht auf wie eine alte Glucke. Ich brauche keinen Babysitter!! Wenn hier jemand Hilfe braucht, dann bist du das. Dein Leben ist so was von langweilig...“ Nun, nach meinem Erscheinen war es nicht mehr so langweilig. Wortlos stelle ich das Glas zurück auf den Tisch und suche in meiner Tasche nach meinen Zigaretten, wobei ich beiläufig die Telefonverbindung zu Duke abbreche. Grey sagt nichts als ich mir eine anzünde und ihm den Rauch entgegenblase. „Ich soll also die Drecksarbeit für sie erledigen.“ fasse ich sein Angebot zusammen und er lacht laut auf. „Wenn sie es so nennen wollen.“ entgegnet er schmunzelnd. Ich ziehe erneut an meiner Zigarette. „Ich ziehe es vor die Dinge beim Namen zu nennen.“ erkläre ich ruhig. Wahrscheinlich steht der Kater augenblicklich kurz vor einem Schlaganfall. Wie ich Duke kenne, kann er sich ausrechnen, dass ich die Verbindung unterbrochen habe und das keinesfalls etwas mit Grey zu tun hat. Und ich schätze, in seinem Kopf rattert es gerade ganz gehörig. Dabei war er es doch, der solch ein Manöver in Betracht gezogen hat. Mein schlauer, kleiner Kater... Stellt sich im Grunde nur die Frage, warum ausgerechnet ich diesen Auftrag für Grey erledigen soll, aber eigentlich kann ich mir das auch denken. Nach den jüngsten Entwicklungen sind Kaiba und Co. mehr als nur auf der Hut. Es dürfte sich also als schwierig gestalten an einen von ihnen heranzukommen. Wobei ich hingegen ein Teil des Teams bin. „Ich mag direkte Menschen. Und ich dachte mir schon, dass sie dazu gehören.“ höre ich mein Gegenüber sagen und sehe, dass er mir leicht zu prostet. Ich schenke ihm einen gleichmütigen Blick. „Und ich dachte bislang, dass sie die Zügel fest in der Hand hätten.“ entgegne ich mit einem boshaften Grinsen. „Aber scheinbar sind ihre Möglichkeiten dann doch begrenzt, wenn sie mich brauchen, um an Wheeler heranzukommen.“ Meine bissige Bemerkung scheint ihn nicht weiter zu stören. Er macht eine leichte Handbewegung und nickt. „Nun, Bakura, sie sind aber auch der richtige Mann für solch ein Unterfangen.“ erwidert er und ich verziehe leicht den Mund. Ohne auf seine Worte einzugehen frage ich sachlich: „Wäre nicht Mokuba das treffendere Ziel, um Kaiba zu treffen?“ Greys Blick ist nun auf sein Glas gerichtet. Ein leichtes Lächeln umspielt seinen Mund. „Oh, von meinem Standpunkt her, ist Joey Wheeler ein ebenso treffendes Ziel.“ entgegnet er und für einen Moment blitzt es in seinen Augen auf. Ich vermute, dass er an diesen Armstrong denkt und schlagartig verstehe ich. Quid pro quo. Einen Geliebten für einen anderen. Bei dem Gedanken verspüre ich einen leichten Stich und muss mich zwingen, meine Gedanken in eine andere Bahn zu lenken. „Joey Wheeler wird sich in Kürze wieder in den Vereinigten Staaten befinden.“ erklärt mir mein Gegenüber sachlich. „Ohne unseren gemeinsamen Freund.“ Erneut blitzt es kurz in seinen Augen auf und ich runzele leicht die Stirn. „Ich denke, dass wird ihnen eine hervorragende Gelegenheit verschaffen, ihren Teil unserer Abmachung zu erfüllen.“ Jetzt richtet sich seine Aufmerksamkeit wieder voll auf mich und ich muss gestehen, dass mich diese Offenbarung irritiert. Soweit ich unterrichtet bin, wollten Kaiba und Joey gemeinsam zurück in die Staaten fliegen sobald es Roland besser geht. Als könne er meine Gedanken lesen, erklärt der Schwarzhaarige mir freundlich: „Ich habe es in die Wege geleitet, dass Mr. Wheeler die Heimreise alleine antritt.“ „Verstehe.“ entgegne ich knapp und drücke meine Zigarette auf dem Tisch aus. Die Asche habe ich ohnehin unachtsam auf den Boden fallen lassen. Grey scheint diese Geste mehr zu amüsieren als zu ärgern, aber ich habe auch nicht wirklich mit einer Reaktion gerechnet. Eigentlich war es mehr eine Laune, den Tisch anstelle des großen marmornen Aschenbechers zu benutzen. Dieser Kerl hat es demnach also irgendwie geschafft, dass Joey alleine zurück in die Staaten fliegt. Ich frage mich, wie ihm das gelungen sein mag. Es kann sich nur so verhalten, dass Wheeler die Heimreise sehr schnell antreten musste. Folglich muss irgendetwas passiert sein, was keinen Aufschub duldete. Ich vermute, dass es mit seinem Vater zusammen hängt. Einen anderen Grund kann ich mir nicht denken. Joey musste weg und Kaiba wollte auf Roland warten. Ja, das klingt einleuchtend. „Das heißt also, ich soll für sie in die Staaten fliegen und Wheeler kalt machen.“ fasse ich sein Vorhaben zusammen. Grey schüttelt leicht den Kopf. „Genau genommen, mein lieber Bakura, sollen sie ihn nicht nur „kalt machen“, ich wünsche, dass er eine ihrer persönlichen Spezialbehandlungen erfährt.“ „Und ich nehme an, wenn ich mich weigere, muss Ryou dafür zahlen.“ fahre ich in meiner Rede fort. Mein Gegenüber lächelt. „Da sie ein Mann direkter Worte sind. Ja. Das müsste er bedauerlicherweise.“ entgegnet er und das gespielte Bedauern in seinem Gesicht, zerrt an meiner Beherrschung. „Ich bin untröstlich, dass ich zu solch einem Mittel greifen muss, aber sie werden sicher verstehen...“ Unwirsch falle ich ihm ins Wort. „Lassen sie den Schmus endlich. Wir beide wissen schließlich was Sache ist.“ weise ich ihn zurecht. „Wer garantiert mir, dass Ryou nichts passiert? Noch weiß ich nicht einmal ob es ihm gut geht. Und sagen sie jetzt bloß nicht, dass sie mir ihr Wort geben. Darauf gebe ich nämlich nicht das Geringste.“ Wieder lacht er. „Sie können hier und jetzt mit ihrem Freund telefonieren, um sich zu vergewissern, dass der Junge wohlauf ist.“ entgegnet er schlicht. „Und was alles weitere anbelangt... Ich gebe ihnen mein Wort. Ich hege keinerlei Groll gegen sie oder den Kleinen. Führen sie meinen Auftrag aus und der Junge ist frei. Eine andere Garantie bekommen sie nicht.“ In den dunklen Augen blitzt es auf. Die Maske des jovialen Gastgebers schwindet. „Unter uns, welche Wahl haben sie?“ fragt er nach einer kurzen Pause und ich spüre wie mein Blut zu kochen beginnt. Natürlich hat er recht. Ich habe keine große Wahl. Er hat an alles gedacht, wie es scheint. Ryou wird irgendwo an einem mir unbekannten Ort sein und ich bin sicher, dass ich aus dem Kerl kein Wort darüber raus bekommen würde, gleichgültig was ich auch mit ihm anstelle. Er hat es selbst gesagt. Er ist zu weit gekommen. Unwillkürlich fallen mir wieder meine eigenen Worte ein, die ich eben noch zu Duke gesagt habe. "Entspann dich, Katerchen. Ich bin schon mit weitaus schlimmeren Dingen fertig geworden." Nun, das war die Wahrheit. Angesichts so mancher Episode aus meiner Vergangenheit ist diese hier schon fast lächerlich. Doch noch nie ging es dabei um irgendetwas was Ryou betraf. Oder Kaiba und Wheeler. Und wenn Kaiba nicht wäre, dann müsste ich augenblicklich auch nicht wirklich nachdenken. Wheeler wäre nicht der erste Mensch, den ich kalt mache. Ich bin nicht einmal sicher ob ich wirklich Skrupel habe, ihn umzubringen. Er hat mir zwar nicht wirklich etwas getan, aber er tangiert mich auch keineswegs. So gesehen gäbe es also keinerlei Problem. Wäre da eben nicht Kaiba. „Ich will mir Ryou reden.“ erkläre ich entschieden und Grey greift zu seinem Handy. Ich beobachte ihn, wie er eine Taste drückt und es dauert scheinbar nicht lange bis sich am anderen Ende der Leitung jemand meldet. Die Stimme des Schwarzhaarigen ist schneidend und kalt. „Hol den Jungen ans Telefon.“ sagt er lediglich und sieht mir dabei genau in die Augen. Fast rechne ich damit, dass er die Lautsprecherfunktion betätigen wird, doch er reicht mir sein Mobiltelefon. „Ryou?“ frage ich und halte instinktiv den Atem an. Die Person am anderen Ende der Leitung atmet schwer. Ich vernehme ein leises Keuchen und weiß sofort, dass es tatsächlich Ryou ist. „Kleiner.“ sage ich und gebe mir mühe lässig zu wirken. „Kura.“ Seine Stimme ist nicht mehr als ein Flüstern. Ich atme erleichtert auf. „Wie geht es dir?“ will ich wissen. Ein paar Sekunden vergehen bis er antwortet. „Mir... es... geht mir gut.“ entgegnet er und ich schließe für einen Moment die Augen. Der Kleine ist sichtlich bemüht tapfer zu klingen, aber ich habe zu oft, zu viele Menschen gehört, die alles andere als in guter Verfassung waren, als mich davon täuschen zu lassen. Leider kann ich mir nur zu gut ausmalen, was man ihm angetan hat. Mein Blick trifft den von Grey und es kostet mich enorme Selbstbeherrschung, um nicht nach dem nächstbeste Gegenstand zu greifen und... „Ich hol dich dort raus, Ryou.“ versichere ich ohne mein Gegenüber aus den Augen zu lassen. Ryou antwortet nicht gleich. „Ich weiß.“ höre ich ihn dann leise sagen. „Kura...“ Er bricht ab und ich spüre, dass sich meine freie Hand zu einer Faust geformt hat. „... tu nichts... unüberlegtes...“ meint der Kleine und unter anderen Umständen würde ich nun sicherlich grinsen. „Ich tue was notwendig ist.“ entgegne ich ernst. „Halt du einfach durch, ok?“ Zum ersten Mal seit einer Ewigkeit fühle ich mich hilflos. Die Wut in mir tobt, versucht an die Oberfläche zu kommen und will, dass ich ihr freien Lauf lasse. Genau wie früher ist da dieser unvorstellbare Zorn in mir, doch ich weiß, dass es nichts bringt, ihm Luft zu machen. Um Ryous Willen werde ich mich zügeln müssen. „Ok.“ sagt er schließlich und im nächsten Moment streckt Grey auch schon seine Hand aus. „Wenn ich bitten darf...“ Einen Augenblick lang zögere ich. Dann reiche ich ihm das Handy und er beendet den Anruf. „Sie sehen, ihrem Freund geht es gut.“ sagt er an mich gewandt und ich verziehe unwillkürlich den Mund. „Gut ist übertrieben.“ entgegne ich verächtlich, rechne aber nicht wirklich mit einer Reaktion. „Also, mein Freund, was sagen sie?“ will mein Gegenüber wissen und bei Ra, wenn ich könnte wie ich wollte, ich würde dem Wichser sein dämliches Grinsen aus dem Gesicht schneiden. Oh, mehr noch. Mir fallen tausende hübscher Sachen ein, die ich zu gerne mit ihm tun würde. „Ihnen ist hoffentlich klar, dass diese Nummer Konsequenzen haben wird?“ frage ich und zu meiner Überraschung nickt er ernst. „Rache.“ entgegnet er ruhig. „Damit kenne ich mich bestens aus. Und ja, ich bin mir im klaren darüber, aber alles zu seiner Zeit, nicht wahr?“ Er nippt an seinem Glas und der ernste Ausdruck schwindet aus seinem Gesicht. „Schön, dass wir uns einig sind. Kommen wir also zu den Einzelheiten.“ Ich seufze. „Nur zu... langweilen sie mich.“ erwidere ich gleichmütig und greife meinerseits zu dem Glas Cognac. „Man wird sie zu ihrem Hotel zurückbringen.“ hebt Grey nach einer kurzen Pause an. „Ich hoffe, ich brauche nicht zu betonen, dass es dumm wäre, wenn sie versuchen würden, Mr. Wheeler oder unseren Freund vorzuwarnen.“ Ich verdrehe genervt die Augen. „Ich bin kein Anfänger.“ zische ich ihn an und er lacht. „Dann verstehen wir uns auch richtig. Gut.“ Er nickt mir freundlich zu. „Einer meiner Männer wird sie in die Staaten begleiten. Halten sie sich also bereit. Ihr Flug ist schon gebucht.“ fährt er in seiner Rede fort. „Dort angekommen... nun, die Vorgehensweise überlasse ich ihnen. Auf eine Sache muss ich allerdings bestehen.“ Er macht eine dramatische Pause und hofft wohl darauf, dass ich nachhake, was ich keineswegs zu tun gedenke. Ich ahne, worauf das hinauslaufen wird. „Ich möchte eine Aufnahme ihrer Arbeit.“ sagt er schließlich und sein Blick spricht Bände. Erneut verdrehe ich die Augen. „Ah ja... wir bedienen also jedes Klischee.“ entgegne ich lässig und muss unwillkürlich an Kaiba denken. „Ich nehme an, eine Kopie davon darf sich Kaiba dann ansehen.“ Hut ab, der Kerl hat sogar ein wenig Fantasie und ist fest entschlossen dem alten Seto einen Stich zu versetzen. Kaiba... Unwillkürlich muss ich wieder an Ryou´s unzählige Vorträge denken, seine scheuen Versuche mir begreiflich zu machen was das Richtige und was das Falsche ist. Mein Rachefeldzug gegen den Pharao war natürlich falsch - in seinen Augen. Was er nun wohl als das Richtige erachten würde? Grey hat - zumindest im Augenblick - die Oberhand. Und er hat Recht. Welche Wahl habe ich gerade? Joey Wheeler für John Armstrong. Das ist soweit klar und vom Standpunkt dieses Verrückten sogar logisch. Aber wie passen Kaiba und Ryou in dieses Szenario? Und ich? Grey nickt lächelnd. „Sie halten mich sicher für grausam...“ meint er und macht eine fast schon entschuldigende Handbewegung. Ich zucke leicht mit den Schultern. „Grausamkeit wird überbewertet.“ falle ich ihm ins Wort und schenke ihm ein diabolisches Lächeln. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)