Due mondi [Tsuna X Reader] von gluecklich (Ein langer Weg) ================================================================================ Kapitel 10: Ausbruch -------------------- Du stehst früh auf, frühstückst ein schnelles Müsli und verlässt dann ohne großen Tumult – und ohne deine Uniform – das Haus. Das ist der einfachste Weg, einen Tag »frei« zu machen. An sich ist die Varia ein recht organisierter Haufen Mörder, aber wenn es nur um die üblichen Aufträge geht, werden die relativ unkoordiniert verteilt. Man schaut, wer gerade anwesend ist, und wer das Pech hat, Squalo zu begegnen, der bekommt die Aufgabe in die Hand gedrückt. Wenn du also den ganzen Tag nicht da bist, wirst du auch den ganzen Tag nicht arbeiten müssen. Du hältst dich für ziemlich intelligent, während du ein weiteres Mal durch die Straßen Palermos schlenderst und beschließt, heute einfach einen komplett Varia-freien Tag zu verbringen. Es ist nicht nur, dass du nicht arbeitest und die Uniform nicht trägst – du willst dich auch so Varia-untypisch wie möglich verhalten. Immerhin triffst du dich mit Sawada Tsunayoshi. Immerhin triffst du dich mit einem Jungen, den du magst. Und ist das nicht auch völlig normal? Die Varia ist so etwas wie dein Elternhaus und du bist nun sechzehn. Ist das nicht genau das Alter, in dem man sich loslöst? Doch, denkst du, genau dieses Alter ist es. Du verhältst dich richtig. Und Luss würde es verstehen, und solang er auf deiner Seite ist, wird er die anderen im Notfall auch irgendwie überzeugen können. Absolut hinter deiner Entscheidung stehend genießt du das morgendliche Palermo, gönnst dir ein zweites Frühstück bei McDonald’s und bummelst dann gemütlich durch ein paar Läden, ohne etwas zu kaufen, bis es endlich soweit ist. Im Brief hat Tsuna ein Café und eine Uhrzeit vorgeschlagen und geschrieben, du müsstest nicht antworten, er warte dort. Und obwohl du zehn Minuten zu früh da bist, sitzt er schon an einem Tisch auf der Terrasse, kaut an einem Sandwich und blickt geistesabwesend in die Menge. Du musst kurz durchatmen, bevor du dich traust. Dir sagen, dass du ganz normal aussiehst, in Jeans und irgendeinem T-Shirt, unbewaffnet (fast – irgendwas muss man für den Notfall immer bei sich haben) und gewaschen, ohne Blut im Gesicht oder sonst wo. Es wird schon gehen, sagst du dir. Es wird schon gehen. »Hi«, sagst du mit einem nervösen, aber freundlichen Grinsen, als du vor seinem Tisch stehen bleibst. Tsuna fährt zusammen, als habe ihn jemand laut brüllend angesprungen, blinzelt perplex in deine Richtung und beginnt dann, ebenfalls zu grinsen. »Oh!«, macht er. »Hallo. Willst du dich setzen?« Klar willst du dich setzen. Du lässt dich ihm gegenüber nieder und kommst dir schon in der nächsten Sekunde ziemlich bescheuert vor, weil du keine Ahnung hast, was du jetzt sagen sollst. Aber er übernimmt das glücklicherweise. »Ich hoffe, ich hab in dem Brief nicht zu sehr wie irgendein … Stalker oder so gewirkt…«, sagt er, mit diesem verlegenen Lächeln, für das du ihm am liebsten in die Arme springen würdest. »Ich denke nur, ich bin dir was schuldig.« »Ach was«, sagst du leise und zuckst mit den Schultern. »Ich hab mich über den Brief gefreut, und ansonsten… Ich hab nur meinen Job gemacht.« »Trotzdem«, beharrt Tsuna. »Immerhin würde ich ohne dich vielleicht heute noch hier in Palermo rumirren.« Du gluckst. »Vielleicht wärst du mittlerweile auch schon in Ragusta angekommen…« Ragusta liegt so ziemlich am anderen Ende von Sizilien, und du kannst Tsunas Gesicht ansehen, dass er das nicht weiß, aber ist ja auch egal. »Verrätst du mir jetzt deinen Namen?«, fragt er vorsichtig. Deine Wangen werden ein ganz kleines Bisschen rosa, und du sagst ihm, wie du heißt. Tsuna bedankt sich noch einmal und du winkst ab, weil es dir langsam wirklich peinlich wird, und dann seid ihr für einen Moment still. Gott, ist das merkwürdig. »Und… Du hast heute einen freien Tag?«, fragst du, mit dem Gedanken im Hinterkopf, dass du noch nie in deinem Leben mit jemandem Smalltalk gehalten hast. Die einzigen Menschen in deinem Leben, mit denen du das theoretisch hättest tun können, sind Lussuria und Belphegor, und bei denen artet sowas immer eher unheimlich aus. »Ja, sozusagen«, antwortet Tsuna und zuckt die Achseln. »Aber lass uns nicht über die Arbeit reden.« »Okay«, sagst du schnell, weil dir das mehr als nur vernünftig vorkommt. »Dann… Mh… Erzählst du mir was über dich…?« Tsuna lächelt dich genauso beschränkt an wie du ihn, und er beginnt, dir zu erzählen, dass er eigentlich immer ein ziemlicher Loser war, dass er keine Ahnung von der Mafia hatte, bis Reborn aufgekreuzt ist, eine behütete Kindheit hatte, sich aber alles Mögliche selbst verbaut hat, und dass er eigentlich gern ein ruhiges Leben hätte. Als er dir die Gegenfrage stellst, druckst du herum und bringst schließlich heraus, dass du in der Varia aufgewachsen bist. Er verzieht das Gesicht und du fügst wahrheitsgemäß hinzu, dass du eigentlich sogar ein sehr schönes Leben hattest, es mit der Zeit nur etwas kompliziert wird. Er fragt nicht weiter nach – und ab dann wird alles locker. Du kommentierst sein viel besseres Italienisch, er erklärt, dass er keine Sprache so richtig beherrscht, wenn er nervös ist – nicht einmal Japanisch – und deshalb ziemlich unkoordiniert war, als ihr euch zum ersten Mal getroffen habt. Du lachst und sagst, dass das bei dir auch so ist. Das passiert oft an diesem Tag. Ihr lacht beide und stellt fest, dass ihr einiges gemeinsam habt. Irgendwo in deinem Hinterkopf wundert dich das, weil ihr eigentlich zwei völlig verschiedene Persönlichkeiten sein solltet, aber du beschwerst dich nicht. Du denkst gar nicht daran, dich zu beschweren. Als du gegen Abend, satt, glücklich und zufrieden, wieder zurückgehst, hast du das Gefühl, dass du dich von deinem Zuhause löst – und obwohl das bei einem Zuhause wie der Varia gefährlich sein kann, fühlt es sich in deiner Brust einfach nur richtig an. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)