Von wegen Freundschaft! von _Masaru_ (Ein Leben auf dem Internat...) ================================================================================ Prolog: -------- Prolog Eigentlich sollte ich glücklich sein... Es war ein sonniger Oktobertag und für diese Jahreszeit auch wirklich warm. Außerdem war ich endlich hier! Ich hatte mir schon lange gewünscht auf die ehemalige Schule meines Dads zu gehen, aber meine Mom war anfangs partout dagegen mit der Begründung, ich wäre zu weit von ihr und dem Rest meiner Familie entfernt. Doch nach vielen Streiks wie: Ich-esse-so-lange-nichts-bis-ich-weg-darf und dem schließlich etwas Wirkung zeigendem Argument, dass ich Max, meinen um alles geliebten großen Lieblingsbruder, schrecklichst vermisse – er hatte mir sogar geholfen meine Mutter zu überreden – hatte sie mich gehen lassen. Den wahren Grund, nämlich das ich mich hier wohler fühlte, hatte sie nie erfahren und den würde ich ihr wohl auch nie verraten. Naja...ich stand jedenfalls endlich hier beim Schultor des Internats. Neben mir hatte ich meinen großen Koffer – die unwichtigeren Sachen waren bereits per Post hierher geschickt worden – platziert, in der Hand hielt ich den Grundriss des Gesamten Geländes, wo auch meine Zimmernummer drauf geschrieben wurde. Mit hochgezogener Augenbraue musterte ich den Plan, während ich leise den Song mitsummte, der mit aus meinen Kopfhörern entgegen dröhnte und um nochmal auf das Glücklichsein zurückzukommen....ich war froh, dass ich hierher durfte, aber trotzdem hatte ich ein flaues Gefühl im Magen. Nicht, weil ich DER Neue sein würde, sondern deswegen weil ich nicht wusste, ob ich mich hier auch wirklich einleben konnte. Es gab ja schließlich einige Unterschiede zwischen dieser Schule und meiner Alten in Italien und dazu kam noch, dass ich bis zu diesem Zeitpunkt nie ohne meinem Bruder Joel gelebt hatte...aber jetzt war ich schon hier und zurück konnte ich nicht mehr. Schließlich entdeckte ich das Wohnheim auf dem Plan und machte mich auch sogleich auf den Weg dorthin, aber kaum das ich ein paar Meter gegangen war, klappte mir der Mund wortwörtlich auf. Ich hatte zwar schon einige Bilder vom Internat auf deren Homepage gesehen, aber so hatte ich es mir nicht vorgestellt. Überall standen Bäume...es war hier verdammt grün, der Vorhof, der sich gerade vor mir erstreckte, sah auch wirklich schön aus mit dem kleinen Brunnen in der Mitte und das Schulhaus sah sogar richtig einladend aus! Irgendwie freute ich mich jetzt schon auf meine 3 Jahre Schule hier und von der ganzen „Schönheit“ geblendet merkte ich gar nicht, wie die Musik komplett verstummte. Als ich es beim Weitergehen dann doch irgendwie checkte, zog ich meinen I-Pod irritiert aus der Hosentasche meiner Röhrenjeans und verfluchte mich innerlich, dass ich den Akku nicht aufgeladen hatte. Nun stinksauer darüber, dass ich jetzt keine Musik mehr hatte – ohne Musik konnte ich einfach nicht leben – stieg ich eine Steintreppe hinab und konnte auch keine Sekunde später bereits die beiden Wohnhäuser sehen. Laut meinem Wissen waren seit 4 Jahren auch Mädchen auf dem Internat zugelassen und eines der Häuser gehörte wohl diesen. Ich steuerte das – hoffentlich – richtige Jungenwohnhaus an und blieb unten im Flur erst einmal stehen um mir meine Zimmernummern anzuschauen. „Zimmer Nummer 8...“, murmelte ich und freute mich gleichzeitig, da das Zimmer wohl im Erdgeschoss sein würde, aber weil das Leben mich gerne bestrafte – und das hatte bereits bei meinem Namen begonnen – war es hier GANZ anders....denn unter der Nummer stand „4.Stock“. „Ich verfluche das Leben und die Leute, die mich in den scheiß 4ten Stock stecken!“ Schon allein bei der Vorstellung bis in den 4.Stock zu Fuß zu gehen – dazu noch mit meinem Koffer! - ließ mich fast wieder umkehren. Ich hatte so gut wie KEINE Ausdauer...und mit richig Elan schleppte ich mich zum Treppenhaus...~ „Ich hoffe der Neue is nett...und kann mit Menschen wie IHM umgehen!“, hörte ich jemanden sagen. Ich kannte die Stimme nicht und genauso wenig wusste ich, wo ich mich im Moment überhaupt befand. Meine Augen waren geschlossen und ich hatte schreckliche Kopfschmerzen...nur woher? „Wenn nich hat er Pech.“, lachte jemand und wenn ich genau hinhörte, konnte ich hören, wie jemand mit sanften Schritten auf mich zukam. „Haste recht...“, antwortete der von vorhin. Er hatte eine wirklich helle Stimme...wenn er singen würde, würde es sich sogar richtig gut anhören!...//Ahhh~ Kopfschmerzen! Ich sollte im Moment nicht nachdenken...// „...was meinst du eigentlich wie er-“ keinen Augenblick nachdem er sich selbst unterbrochen hatte, hörte ich einen kurzen, aber dennoch Recht lauten Aufschrei und langte mir schließlich an den Kopf. DAS trug nicht wirklich dazu bei, dass die Schmerzen aufhören... „FUCK! Eli! Da liegt jemand!“, rief der Typ, der mir gerade VIEL zu laut war. Irgendjemand lief auf mich zu und ich konnte eine kalte Hand an meiner Stirn spüren. „Was ist mit ihm? Ist das der Neue?“, wollte der andere wissen. Die Hand auf meiner Stirn verschwand wieder...Irgendwie lag ich gerade total unbequem, weshalb ich langsam meine Augen öffnete und mich mit einer Hand abstützend – die andere lag immer noch auf meinem Kopf – aufsetzte. Irritiert blickte ich mich um, nur um endlich zu merken, WO ich war. Ich saß hier auf dem Flur im Jungenwohnheim...ich war auf dem Weg in mein Zimmer und kämpfte mich in den 4.Stock hoch.... Hatte ich schon einmal erwähnt, dass ich Kopfschmerzen bekam, wenn ich mich zu viel anstrenge? Nicht? Dann hatte ich es hiermit getan. „Hey...alles okay mit dir?“, ertönte es neben mir und ich blickte in das Gesicht eines schwarzhaarigen Jungen. Kurz musterte ich ihn, ehe ich ihm antwortete. „Ya...nur Kopfschmerzen. Keine Sorge, is mir schon öfters passiert. Wer kam aber auch auf die verdammte Idee hier keinen Aufzug einzubauen?!“ Mein Tag hatte gerade den Tiefpunkt erreicht und das einzige, was mich jetzt noch hätte aufheitern können, wäre meine Musik gewesen...aber mein Handy UND I-Pod hatten den Geist aufgegeben. Meine Laune verbesserte sich auch nicht wirklich, als der andere Typ – den ich nun auch einmal musterte – einfach so mir nichts dir nichts zum lachen anfing. „Was is daran bitte so witzig?!“; fauchte ich ihn an. Meine Stimmung war tatsächlich bereits in den Minusbereich abgesunken, denn Fauchen tat ich nur, wenn ich wirklich SEHR schlecht drauf war. „Es ist verdammt nervig, wenn du so gut wie keinen Sport betreiben kannst ohne dabei nich gleich Kopfschmerzen zu kriegen!“, beschwerte ich mich und funkelte den einen wütend an was ihn aber nicht abschreckte sonder nur weiter grinsen ließ. „Ignorier ihn!“, kam es von rechts und ich schaute wieder in blau-graue Augen. „Er fängt immer einfach zum lachen an, aber man gewöhnt sich mit der Zeit dran. Naja...wenn's dir soweit gut geht, passt's ja! Ich bin übrigens Ra und das da“ Er zeigte auf den Typen zu meiner Linken, der wirklich IMMER noch dämlich vor sich hin grinste. „is Eli. Du bist sicher Jess, ne?“ Ra – ich fand sogar, dass er mit seinem Namen weitaus besser dran war als ich – lächelte mich freundlich an und half mich aufzustehen. Meine Kopfschmerzen waren schon fast wieder verschwunden, aber im Moment interessierten mich nur die zwei Leute vor mir, die Beide um einiges größer waren als ich – was auch nicht wirklich eine besondere Kunst war –. Irgendwie hatte ich gerade das Gefühl, dass ich Glück hatte DEN Zweien zu begegnen. Sie kleideten sich genauso wie ich und auch sonst schienen sie eher meiner Szene anzugehören...zum Glück, denn Hopper, zum Beispiel, konnte ich überhaupt nicht leiden. „Ja und danke für eben.“, antwortete ich ohne sein Lächeln zu erwidern...Ich war und würde noch eine ganze Weile schlecht drauf sein... „Kein Problem!“, grinste Eli und langsam fing ich an zu denken, dass sein Mund doch eigentlich weh tun musste von dem ganzen gegrinse. „Wir müssen jetz aber...waren ja gerade auf dem Weg! Dein Zimmer is das 5te links. Wir sehen uns!“ Ich nickte Ra nur stumm zu, ebenso wie Eli, der sich ebenfalls verabschiedete und keine Minute später stand ich alleine im Flur. Ich nahm wieder meinen Koffer, der hier im Gang herum stand, zur Hand, sammelte meinen Plan ein und steuerte auf die Zimmertüre mit der Nummer 8 zu...~ Kapitel 1: Lauter eigenartige Namen... -------------------------------------- 1. Lauter eigenartige Namen... Gelangweilt blickte ich auf den Display meines Handys – welches ich gleich nachdem ich in das Zimmer kam erst einmal an die Steckdose steckte, damit der Akku laden konnte – ,nur um mit einem Seufzer festzustellen, dass mich niemand angerufen noch mir eine SMS geschrieben hatte. Ich war eben unwichtig...Ich ließ mich auf mein neues Bett – zumindestens hoffte ich, dass es nicht das von meinem Zimmergenossen war – fallen und sah mich genauer um. Der Raum war eigentlich recht groß geschnitten. An einer Wand zwei Betten, an der Fensterseite zwei Schreibtische und an der Türseite ein Schrank für zwei. Das wichtigste eben! Ich wunderte mich nur, wo der Typ war, der damit bestraft wurde sich mit mir ein Zimmer zu teilen? Irgendwie fand ich es sogar unhöflich, dass er nicht mal da war, um mir „Hallo“ oder „Herzlich Willkommen“ zu sagen...und das natürlich mit einem Grinsen wie'n Honigkuchenpferd und einem kleinem Present. Wo ich Kekse sogar noch bevorzugen würde! Naja...jedenfalls war dieser jetzt nicht hier, was mich richtig sauer werden ließ. Ich beschloss, sobald ich den Typen mal irgendwie traf, ihn mit einem Schmollmund zu begrüßen und dann beleidigt weg zu sehen! Bildete ich mir das nur ein oder war ich gerade total kindisch?! Die beiden Schüler von vorhin fand ich auch recht eigenartig. Dieser Eli, der wahrscheinlich nichts besser kann als dumm vor sich hin zu grinsen und Ra, der mir eigentlich – zumindestens von den Beiden her – am sympathischsten war... Sogar irgendwie niedlich auf seine Art und Weise, aber er war nicht wirklich der Typ-Mann auf den ich stand. Auch wenn man auf sowas auch nicht mehr vertrauen konnte! Das beste Beispiel hierfür war mein Bruder Joel, der – wie er mir einmal erzählt hatte – eher große Männer mit ein paar Muskeln anziehend fand und doch hatte er sich in seinen besten Kumpel verknallt, welcher das genaue Gegenteil war. Alois – so hieß der Kerl und wenn ich ehrlich war....den Namen fand ich richtig dämlich! Wer würde sein Kind schon freiwillig „Alois“ taufen?! - war recht zierlich, hatte so gut wie keine Muskeln und war auch nur 2 cm größer als mein Bruder. Trotzdem wusste ich, dass ich mich nie in einen Jungen wie Ra verlieben würde....dachte ich... Irgendwie schaffte ich es in Gedanken zu meinen Brüdern abzudrifften. Ich würde zu gerne wissen, was sie gerade taten und wie es ihnen – und meiner Mutti – so ohne mich ging. Vielleicht würden sie mich heute ja noch anrufen und fragen, wie es mir ginge...Okay...sie würden mich wahrscheinlich nur so mit Fragen bombardieren, bis ich dann irgendwann mein Handy von meinem Ohr weghalten müsste, weil sie alle durcheinander ins Telefon schreien würden. Und DARAUF konnte ich getrost verzichten! Geistlich bei meiner geliebten Familie merkte ich gar nicht, wie jemand an die Zimmertüre klopfte, aber da ich ja nicht dumm war – meinte ich jedenfalls –, realisierte ich es nach wenigen Minuten dann doch und öffnete die Türe, die außen eigentlich schon irgendwelche Schrammen aufweisen müsste, so oft und so fest hat der Mann – der da im Flur des Wohnhauses stand und mich freundlich anlächelte – drauf geschlafen. „Öhm...Hi“, begrüßte ich ihn etwas irritiert, da ich ihn nicht wirklich kannte. „Hallo! Jessran, richtig?“, fragte er mich, wobei ich bei meinem Namen leicht das Gesicht verzog. Ich konnte diesen Namen auf's übelste nicht ausstehen. „Nur Jess, bitte!“ „Geht klar. Also Jess! Ich bin Herr Kovalski, der Wohnheimleiter. Freut mich das du da bist und ich hoffe du bist gut hier angekommen?“, fing er auch sogleich an mich vollzulabern. Genau das konnte ich gerade am aller wenigsten gebrauchen, weshalb ich einfach nur stumm vor mich hinnickte und Herrn Kovalski vor mir mal genauer betrachtete. Ein Mann Mitte 30, groß, dunkelblonde Haare und recht muskulös....Wenn ich älter wäre, würde ich mich glatt an ihn ranschmeißen, aber er war mir ja eindeutig zu alt....und redete zu viel. Außerdem hatte er einen bescheuerten Nachnamen! Wieso hatten alle Leute um mich rum nur solche dummen Namen?! „Jedenfalls wollte ich dich hier Willkommen heißen und wünsche dir eine schöne Zeit hier!“, redete er weiter ohne mich auch nur etwas sagen zu lassen. „Übrigens! Dein „Mitbewohner“, wie ich sie gerne nenne, ist im Krankenzimmer. Vjet hat gestern Fieber bekommen und da haben wir ihn dorthin verfrachtet. Wenn du willst kannst du ihn dann besuchen gehen! Und -“ Weiter hörte ich gar nicht mehr zu. Wieso musste der Typ auch so viel reden?! Doch jetzt wusste ich zumindestens wieso mein Zimmergenosse nicht anwesend war...Vjet. Komischer Name! Darunter konnte ich mir auch nur einen Ausländer vorstellen, denn welcher normal Deutsche taufte sein Kind schon so? Zwar fand ich den Namen recht okay – war auch besser als Alois –, aber trotzdem. Auf so einen Namen musste man auch erst einmal kommen...Vjet...~ Nachdem Herr Kovalski damit fertig war mir seine Lebensgeschichte zu erzählen, wobei ich mich richtig wunderte, dass der mit knapp 30 schon so viel erlebt hatte, um mich eine halbe Stunde vollzuquatschen, verabschiedete sich der Wohnheimleiter und ich konnte endlich wieder aufatmen. Ich hoffte inständig diesem Typen nicht all zu oft zu begegnen, da ich der Meinung war, dass ich dann meinen halben Tag opfern müsste, weil er noch so viel zu berichten hatte. Was interessierte es mich, dass seine Mutter sich hatte filmen lassen als Helmut – Herr Kovalski bekloppter Vorname – zur Welt kam? Er hatte mir auch noch angeboten das Video mal mit ihm anzusehen! Ich glaubte, der Mann hatte nicht mehr alle Tassen im Schrank! Da ich jetzt aber eindeutig besseres zu tun hatte, als mich über die Blödheit mancher Menschen aufzuregen, schnappte ich mir meine Sweatshirt-Jacke, mein Handy vom Ladekabel und marschierte wieder abwärts. Zwar konnte ich mich nicht mit dem Gedanken anfreunden später wieder in den 4ten Stock laufen zu müssen, aber zumindestens hatte ich meinen Koffer schon oben, weshalb es hoffentlich leichter werden würde da wieder rauf zu kommen. Wenn nicht, müssten Ra und Eli mich halt wieder im Flur aufgabeln... //Wo is jetz eigentlich die Krankenstation?//, fragte ich mich und könnte mich im nächsten Moment selber Ohrfeigen, weil ich meinen Plan vom Gelände im Zimmer vergessen hatte. Wie sollte ich denn jetzt diesen Vjet finden?! Bei einfachen Schulen war das Krankenzimmer im Schulgebäude, daher ging ich mal davon aus, dass er hier ebenfalls so war. Zur Not müsste ich eben jemanden fragen. Immer noch sauer auf mich selbst und den Händen in der Hosentasche vergraben schlenderte ich über das Gelände Richtung Schulgebäude... Nun stand ich vor dem ewigst großen Zementgebilde und fragte mich, wie ich dort nur diesen Jungen finden sollte. Er könnte sich überall dort aufhalten! Doch einmal in meinem verfluchten Leben hatte ich Glück, denn am Rande des Brunnens vor dem Gebäude saßen zwei Mädchen. Nicht wirklich die Sorte mit denen ich reden wollte, aber die konnten mir hoffentlich irgendwie helfen. Also steuerte ich die Beiden an, die mich wenige Meter bevor ich bei ihnen war bereits bemerkten und versuchten mich verführerisch anzulächeln. Jeder normale Junge wäre wohl sofort darauf eingegangen, doch seit wann war ich denn normal? Um genauer zu sein konnte ich SOWAS gar nicht leiden und würde am liebsten einfach nur schreiend davon rennen, aber ich musste unbedingt erfahren, wo die Krankenstation war, ansonsten müsste ich die komplette Schule durchsuchen und darauf konnte ich echt verzichten! Als ich schließlich vor ihnen stehen blieb, beobachtete ich mit hochgezogenen Augenbrauen, wie sie sich aufreizend nach vorne beugten und mir ihre Brüste präsentierten. Irgendwie war ich mir jetzt schon sicher, dass ich mich nie mit denen anfreunden würde und mal wieder wurde mir auch klar, wieso ich, obwohl ich ja grundsätzlich nichts gegen Frauen, doch eher auf Männer stand. Die waren einfach nicht so kompliziert wie das weibliche Geschlecht. „Ich hab mal ne Frage!“, sagte ich. Wieso um den heißen Brei herum reden, wenn ich eh so schnell wie möglich von diesen Tussen weg will? „Schieß los. Wir sagen dir alles was du wissen willst!“, grinste die eine. Ich wollte nicht wissen, was in ihrem holen Kopf so herum geisterte....nicht besonders viel wahrscheinlich. „Wo is die Krankenstation?“ „Die Krankenstation?“ Sie schien mir etwas irritiert, weil sie wohl nicht gedacht hatte, dass ich DAS von denen wissen wollte, aber Pech für die! „Was willst du denn auf der Krankenstation?“, wollte die andere wissen, die genauso ein Gesicht zog, wie ihre Freundin. Da das was sie ihr Gesicht nannten aber so oder so hässlich war, ließ es sie nur NOCH hässlicher wirken...Wieso konnte mich denn keiner retten? //Mein Schutzengel, wenn du da bist, hol mich von hier weg!! BITTE!// „Wüsste nich, was euch das anginge. Ich will nur noch vor morgen Früh dorthin.“ Es konnte ihnen aber auch wirklich egal sein, was ich dort wollte. Ich hoffte, sie würden sich mit meiner Antwort zufrieden geben und mir sagen wo ich hin müsste, denn all zu lange, würde ich es wohl nicht mehr neben denen aushalten. Sie stanken schrecklichst! Was war das denn bitte für ein Parfum?! „Na gut! Also...du musst ins Schulgebäude, dann rechts und einfach nur gerade aus...es ist sogar angeschrieben!“, erklärte mir eine der Beiden. Jedenfalls wusste ich jetzt ungefähr wo das Zimmer lag, obwohl sogar diese Beschreibung nicht wirklich von Nutzen war. Hoffentlich war es auch wirklich angeschrieben! „Danke!“, murmelte ich noch ehe ich endlich aus der Reichweite der zwei Tussen ging. Ich hörte noch genau wie sie mir „Bis zum nächsten Mal“ hinterher riefen und um ehrlich zu sein...ich würde alles tun, um diesen Zweien nicht mehr zu begegnen! Dafür würde ich sogar auf ewig Single bleiben und das, obwohl ich eigentlich schon irgendwann mal meine große Liebe treffen wollte. Schon zum zweiten mal an diesem Tag hatte ich Glück – naja...ich hatte vorhin Glück jemanden begegnet zu sein, aber nicht damit das es solche Weiber waren –, denn der Weg zum Krankenzimmer war tatsächlich angeschrieben gewesen! Jetzt stand ich vor einer geschlossenen Holztüre und wusste nicht, ob ich jetzt klopfen sollte oder nicht. Was würde mich wohl hinter dieser Türe erwarten? Ich hatte so gut wie keine Idee, weil ich so gut wie keine Fantasie besaß, was mir bei manchen Aufsätzen in der Schule dann natürlich SEHR hilfreich war. Augen zu und durch!, wie es immer hieß, weshalb ich ohne noch groß nachzudenken an das Holz vor mir klopfte. Keine drei Sekunden später hörte ich eine weibliche Stimme, die mir sagte, dass ich eintreten sollte. Ich öffnete die Tür und trat in das Zimmer ein. Es war ein Raum, der in weiß gehalten wurde. Ganz Krankenhausart, wie ich fand und eben ganz viele Sachen, die man als Arzt eben brauchte, sowie ein Schrank mit irgendwelchen Dokumenten. Hier würde ich mich nicht wohl fühlen, aber das musste ich ja auch nicht! Ich wunderte mich nur, wo denn nun dieser Vjet sein sollte, denn in diesem Zimmer, war weder etwas männliches, noch überhaupt ein Bett. „Was kann ich für dich tun?“, wurde ich freundlich von der Dame vor mir gefragt. Sie schien mir recht nett auf den ersten Blick und ich hoffte, dass sie es auch war und nicht so eigenartig wie Herr Kovalski! „Ähm...naja...ich bin Jess, der Neue und der Wohnhausleiter hat mir gesagt, dass mein Zimmergenosse mit Fieber im Krankenzimmer liegt“, erzählte ich ihr und sie nickte verstehend. „Freut mich! Ich bin Frau Schiller, die Ärztin in dieser Schule. Es ist schön zu hören, dass du Vjet besuchen möchtest.“ Wow! Sie hatte ja auch noch einen normalen Namen! Ich war wirklich beeindruckt. „Er schläft im Moment, aber ich wäre dir sehr dankbar, wenn du kurz auf ihn aufpassen könntest, dass er nicht von hier abhaut. Ich muss nämlich kurz was einkaufen, außerdem hab ich Hunger!“ Sie war bereits aufgestanden und neben mich getreten. Schien so, als hätte ich gar keine andere Wahl als auf diesen Typen aufzupassen, aber was meinte sie mit „nicht von hier abhaut“?! Doch ehe ich überhaupt noch die Chance bekam, sie danach zu fragen, öffnete sie bereits wieder die Türe. „Es liegt ihm Raum nebenan. Ich bin in spätestens einer Stunde wieder da. Bis dann!“ Schon war sie weg. Also musste ich gut eine Stunde auf meinen Mitbewohner aufpassen...zumindestens schlief er! Aber ich hatte meine Kopfhörer im Zimmer liegen lassen...wie sollte ich denn jetzt diese eine Stunde überleben? Musik war eben mein Leben und ohne sie konnte ich nicht sein. Wahrscheinlich würde meine Stimmung, die vorhin wieder im positivem Bereich angekommen war, wieder absinken. Das musste dann ja auch nicht sein, schließlich war ich dann so gut wie unausstehlich. Seufzend und überlegend, was ich denn als Zeitvertreib machen könnte, schritt ich auf die andere Holztüre recht von mir zu. Sie war ebenfalls wie die andere geschlossen, aber da ich ja davon ausging, dass der Junge schön vor sich hin träumte machte ich mir erst gar nicht die Mühe anzuklopfen. Als ich dann die Türe wieder geschlossen hatte und mich mal umgesehen hatte – mehr als zwei Betten und ein paar Stühle in einem weißen Raum war hier nicht –, blickte ich auf die Gestalt, die vor mir in einem der Betten lag. Mehr als verwuschelte, dunkelbraune Haare konnte ich aber nicht sehen, was mich anpisste. Ich wollte diesen Typen GANZ sehen und nicht nur dessen Haarpracht! Er musste mich aber auch ärgern und die Bettdecke auch wirklich bis fast ganz über das Gesicht ziehen, damit ich bei näher heran gehen auch nur seine geschlossenen Augen sehen konnte. Ich konnte noch nicht einmal sagen, ob dieser Junge nun hässlich war oder nicht. „Hm...“, machte ich und ließ mich beleidigt auf einen der Stühle fallen. Ich wusste immer noch nicht, was ich jetzt machen sollte, weshalb ich einfach mal aus dem Fenster schaute, aber da wir uns ja im Erdgeschoss befanden, hatte ich gar keine besondere Aussicht und auf die paar Bäume, die vor dem Fenster standen, konnte ich auch verzichten... Ich blickte wieder auf die Uhr meines Handys. Seit dem letzten Blick darauf waren...2 Minuten vergangen. Fucking Shit! Die Zeit – vor allem ohne Musik – verging viel zu langsam. Ich war jetzt seit gut 10 Minuten in diesen weißen Raum. Neben mir immer noch ein schlafender Kranker. Ich konnte nur hoffen, dass ich nicht auch krank wurde, denn sowas mochte ich noch nie. Außerdem weigerte ich mich irgendeine Art von Medizin einzunehmen! Den Grund dafür kannte ich nicht, aber meine Mutti hatte mir mal gesagt, dass das schon seit ich klein war so war. Mal wieder ließ ich meinen Blick durch den Raum schweifen, nur um verbittert festzustellen, dass alles immer noch so war, wie vor 2 Minuten auch schon! „Hihihi~“, kicherte jemand. Ich dachte ja immer, dass nur Frauen kicherten, weil es bei Männern nur schwul rüberkam, aber dem Anschein nach taten manche männliche Wesen es auch, da es eindeutig die Stimme eines Mannes war. Oder bildete ich mir das Kichern nur ein?! Doch als ich in die Richtung schaute aus der das dem Lachen ähnlichen Geräusch kam, blickte ich in lapislazuli-blaue Augen. Ich musste zugeben, es war eine verdammt tolle Farbe! In ihnen konnte man sich glatt verlieren. Also wenn der Rest von ihm genauso atemberaubend war...by the way! Atmen wäre im Moment angebracht. Seit wann hielt ich die Luft an Nach ein paar Mal kräftig durchatmen, konnte ich auch endlich wieder normal denken und sprechen. „Was gibt’s hier zu Kichern?!“, beschwerte ich mich bei dem nun nicht mehr schlafenden Kranken. „Weil du seit mehreren Minuten immer das gleiche machst. Auf die Uhr schaun, durch den Raum gucken und anschließend eigentlich noch seufzen.“, meinte der Typ mit den schönsten Augen, die ich je gesehen hatte. Er hatte eine wirklich angenehme Stimme. Nicht ganz so tief, sanft und melodisch. Ich glaubte, ich hatte Glück mit meinem Zimmergenossen... „Du hast mich gestalkt?“ Hatte er nicht geschlafen? „Naja...ich bin nur aufgewacht und hab dich gesehen.“, lächelte er mich freundlich an. Er hatte nun soweit seine Decke runtergezogen, dass ich nun sein ganzes Gesicht sehen konnte. Und ehrlich, mir gefiel, was ich da sah! Auch wenn es noch nicht viel war. „Aha“, sagte ich monoton. Ich wäre nur zu gerne etwas netter zu ihm, aber da ich im Moment immer noch ohne Musik auskommen musste, konnte ich das einfach nicht. So viel ich mich auch anstrengte... „Ich hab dich noch nie hier gesehen. Also musst du Jess sein, nich?“ Und er wurde mir immer sympathischer! Ein Pluspunkt für Vjet, da er mich bei meinem Spitznamen genannt hat!...aber wenn ich danach ging, musste ich Ra ja auch einen Pluspunkt geben. Ach nö. Das wollte ich dann nich machen. „Und du der Typ mit dem eigenartigen Namen, Vjet!“ Wieso verheimlichen, dass ich seinen Namen seltsam fand? Auf seine Art und Weise zwar auch was besonderes und eigenes, aber trotzdem. Er lachte auf meine Worte. Ich war witzig...wusste ich gar nich! „ Genau der! Freut mich dich endlich mal kennen zu lernen und sorry, dass ich nich da war, als du hier angekommen bist.“ „Kein Problem und es freut mich ebenfalls...“~ ------------------------------------------------------------ to be continued Kapitel 2: Ein etwas anderer Tagesbeginn... ------------------------------------------- 2. Ein etwas anderer Tagesbeginn... Später als ich im Bett lag – Vjet musste noch im Krankenzimmer bleiben, obwohl er es fast geschafft hatte Frau Schiller zu überzeugen, dass es ihm bei weitem schon besser ginge und er auch in seinem Zimmer penn' könnte, wobei er auch noch einen Schmollmund gezogen hatte...also ehrlich...ich wäre da schwach geworden, aber Frau Schiller hatte darauf beharrt, dass er mindestens noch eine Nacht dort bleiben müsste – ließ ich meinen mehr oder minder sehr ereignisreichen Tag nochmal Revue passieren. Ich hatte mich noch ein wenig mit Vjet unterhalten und einiges wissenswertes und zumindestens für mich interessant erscheinendes über ihn herausgefunden. Zum Beispiel – und das ist das, was mich am meisten gefreut hatte – er kann Gitarre spielen. Ich wollte schon immer mal Gitarre lernen, aber meine Mom war dann doch dagegen – weiß Gott warum! - und hatte mich lieber in irgendwelche Chors und Gesangsunterrichte geschleppt. Jedenfalls hatte mein Mitbewohner mir dann versprochen mir wenn er wieder einigermaßen gesund war etwas vorzuspielen... Außerdem hatte ich gemerkt, dass Vjet irgendwie über alles lächelt und auch schon fast ein Dauergrinsen auf dem Gesicht trug, aber im Gegensatz zu diesem Eli, dem ich heute sogar nicht mal mehr begegnet war, wohl auch weil ich doch, wenn auch etwas außer Atem, die 4 Stockwerke erklimmen konnte, bei dem dieses Grinsen auf dem Gesicht schon fast nervig war. Zu meinem Bedauern hatte ich erfahren, dass ich mit ihm in einer Klasse sein werde...Ich freute mich jetzt schon auf den nahenden Montag. Ehrlich. Ich schlug schon Purzelbäume und so... Naja, meine Laune hatte sich als ich bei dem Braunhaarigen war auch nich sonderlich gebessert auch wenn er eigentlich ganz nett war, aber ihm schien es auch nicht wirklich gestört zu haben. Ein Glück! Wäre ja schlecht gewesen, wenn ich's mir mit ihm verschissen hätte, schließlich hatte ich die Ehre mit ihm ein Zimmer zu teilen. Mit meinem Ohrstöpseln in den Ohren, die mir meine heißgeliebte Musik einflößen und mich munterer machten, schlief ich zuletzt gegen 11 hin ein...mit den Gedanken was der nächste Tag wohl alles brachte. Ich war bereits in einem leichten Dämmerzustand und genoss meine noch immer laufende Musik, die ich leise mitsang. Gott ich liebte dieses Lied. Sex Toyz von meiner Lieblingsband BrokenCyde. Ich konnte so gut wie alle Texte von all deren Liedern. „I love it when you tease me. You make it seem so easy. You make my Pee Pee hard...“, summte ich mit noch immer geschlossenen Augen mit, als mir plötzlich jemand meine Ohrstöpsel wegnahm und meine Musik somit verstummte. Ich gab ein komische Geräusch von mir, was eigentlich so viel heißen sollte wie: „Gib-wieder-her“, aber das brachte mir nur ein Lachen von dem Übeltäter ein. „Es ist egal wie niedlich du gerade aussiehst, aber du solltest mal aufstehn, Jess. Es ist bereits 2 Uhr Nachmittags!“ Ich kannte diese Stimme. Mein Bruder? „Joe?“, murmelte ich verschlafen und immer noch zu schwach um meine Augen zu öffnen. Was kümmerte es mich, dass es bereits 2 war? Ich war müde! Und das einzige was mich interessierte war schlafen! „Ähm...“, er schien irritiert. „Ich bin nicht...Joe.“ Hm...Stimmt, diese Stimme war nicht die meines Bruders, außerdem...war ich nicht im Internat?! Ich müsste eigentlich doch in meinem Zimmer liegen und der einzige der Zugang dazu hatte war ich und...“Vjet!“ Von einem auf den anderen Moment saß ich hellwach auf meinem Bett und guckte den anderen interessiert an. Er war es tatsächlich. Ich wusste doch, das ich diese melodische Stimme kannte, aber ich hätte nicht gedacht, dass er es ist. Woher auch? Er sollte ja eigentlich noch im Krankenzimmer sein, oder? Naja wohl eher nicht, sonst würde er jetzt kaum in seiner ganzen Pracht vor mir stehen. Ich konnte ihn Gestern ja noch nicht wirklich beurteilen so vom Aussehen her, nur sein Gesicht, was bei weitem schon wirklich toll aussah...aber so wie er vor mir stand mit frisch gewaschenen Haaren, mit einer blauen Röhrenjeans, dunkelbraunen Vans und einem einfachen schwarzen Hemd, dazu noch dieses Lächeln auf den Lippen, da musste ich schon ehrlich gestehen...er sah wirklich einfach nur Hammer aus. Doch ein Problem gab's da noch...wenn er schon im Zimmer war, als ich dieses Lied da mitgesungen hatte, dann...Meine Wangen färbten sich ohne das ich's verhindern konnte rot. Wie ich sowas hasste. Wieso musste ich aber auch immer so peinlich sein?! Aber bei mir war das ja schon normal. Eher war es unnormal wenn ich mal nichts peinliches machte oder von mir gab. Meine Mom sagte immer ich sei ein Tollpatsch...Ich verneinte es jedes mal, wusste aber, dass sie recht hatte...leider. „Morgen oder Mittag, wie man's nimmt“, grinste er mich an und ich glaube er schaute auf meine Haare. Uhhhhh...wie ich meine Haare nach dem Aufstehen hasste. Sie waren dann einfach nur noch wuschelig und standen mir von allen Seiten ab, weshalb mein erster Weg dann meistens erst einmal ins Bad führte...Heute hatte ich ja keine Zeit mehr dazu gehabt. SO wie ich jetz aussah, würde ich mich freiwillig eigentlich nie vor jemanden wie IHN wagen! „Ja...morgen...“, nuschelte ich und konnte mir dann ein Gähnen nicht unterdrücken. Einfach zu früh zum aufstehen...weshalb ich mich wieder nach hinten fallen ließ, die Decke bis zu meinem Kinn zog und die Augen erneut schloss. So kuschelig und bequem... „Hey!“ Unsanft wurde mir meine wunderbar warme Decke wieder weggezogen. „Du kannst jetzt nich wieder einschlafen! Ich muss dir doch noch das ganze Schulgelände und alles zeigen“, meinte mein herzallerliebster Mitbewohner, den ich im Moment einfach nur töten könnte. Ich wollte schlafen und nicht durch die Weltgeschichte irren. Ich schenke Vjet meinen Killerblick und kuschelte mich wieder ins Zudeck...doch ich hatte die Rechnung ohne den Anderen gemacht, denn dieser, eiskalt wie er nun mal war, meinte noch ein „Na warte!“ ehe er anfing mich durchzukitzeln und leider muss ich gestehen, dass ich äußerst kitzelig war, weshalb ich anfing zu lachen und mich unter seinen Fingern zu winden. „G-Gut...ich...hahaha...gib auf...bitte...hihihi...“, prustete ich irgendwie hervor und Sekunden später ließ er von auch schon grinsend von mir ab. Atmen, Jess, ATMEN! Ganz schön gemein, der Kerl. „Geht doch! Bist'e nun wach?“, lächelte mich der Blauäugige an, der sich's auf meinem Bettrand bequem gemacht hatte und mich immer noch anschaute. Bei diesem Blick wurde ich ganz nervös! „Ja, aber das war fies von dir!“, meinte ich und hatte endlich wieder genügend Luft. Noch einmal würde ich sowas nicht mehr mitmachen...ist ja schrecklich. Mal wieder gähnend stand ich dann doch auf – ignorierend, dass ich nur meine Boxershorts an hatte – und steuerte direkt auf den Kleiderschrank zu, um mir etwas zum Anziehen rauszusuchen. Irgendwie fühle ich mich gerade beobachtet... „Hat aber gewirkt und das die Hauptsache.“ Ich drehte mich zu ihm um und spürte richtig wie ich unter seinem Blick förmlich dahin schmolz. Er musterte mich...interessiert und aufmerksam. Meine Wangen färbte sich schon wieder leicht. Manchmal könnte ich die echt in die Tonne werfen. Ich gab ein zustimmendes Geräusch von mir und verabschiedete mich mit einem „Bin mich mal fertig machen“ im Stockwerkeigenem Bad. Schöner wäre es ja noch gewesen, wenn jedes Zimmer ein eigenes Bad hätte, aber ich glaube fast, dass es zu teuer werden würde. Hauptsache eines im Stockwerk und nicht nur eines im Erdgeschoss oder so. Wär ja schrecklich da immer runter laufen zu müssen... „Oh! Hey Jess!“ Und schon hatte ich daneben gemalt. Ich wollte schön aussehen und keine Kriegsbemalung, die ich dank Ra, der gerade das Bad betreten hatte, hatte. Ich funkelte ihn böse an. Musste wohl witzig aussehen. Ein immer noch nur in Boxershorts bekleideter Junge mit halbnassen Haaren, die eine Hand auf dem Waschbecken abgestützt, in der anderen der Kajal und ein Gesicht mit Kriegsbemalung...Vjet hätte sich wahrscheinlich tot gelacht. Meine Brüder auch...nur ich nicht. „Sorry“, grinste er. Oh er fand's wohl auch witzig. Idiot! Aber es brachte auch nichts sich jetzt darüber aufzuregen, deshalb seufzte ich nur und schüttelte nur den Kopf. „Gibt schlimmeres.“ Dann drehte ich mich wieder zum Spiegel und machte da weiter wo ich aufgehört hatte. Den überflüssigen Strich würde ich dann noch wegmachen. Störte mich gerade nicht wirklich. „Und? Alles klar bei dir?“, fragte der andere Schwarzhaarige und lehnte sich an das Waschbecken neben mir. Er schmunzelte immer noch. Lag wohl an meinem derzeitigen Aussehen. „Ja. Außer das ich heute fast zu Tode gekitzelt wurde weil ich nicht aufstehen wollte...“ Ich sollte es Vjet heimzahlen. Irgendwie...ich sollte wohl anfangen Rachepläne zu schmieden. Ganz böse und gemeine... „Öhm...heißt also, dass du Vjet kennen gelernt hast? Ich dachte der sei noch im Krankenzimmer!“ Ra blickte mich irritiert an, wie ich so von der Seite aus sah. Da fiel mir ein, dass ich selbst eigentlich auch dachte, dass er noch dort war. Ob er sich einfach raus geschlichen hat? Er hatte mir ja gestern schon erzählt, dass er Krankenhäuser, Krankenzimmer und Ärzte verabscheute und deshalb auch nich freiwillig in dieses Zimmer gekommen war...Ich musste ihn wohl noch danach fragen. „Hab ich. Herr Kovalski“, bei dem Namen fing ich fast an zu lachen, „hat mir gestern gesagt wo er ist und ich hab ihm einen Besuch abgestattet. Vorhin war er dann auf einmal im Zimmer...“ Letzte Ausbesserung des Make-Ups und voilà schon sah mein Gesicht annehmbarer aus. Nur noch Haare föhnen, dann glätten und anziehen...Vor 15 Minuten würde ich wohl nicht aus diesem Raum kommen, so wie ich mich kannte. „Is doch schön, wenn du ihn schon getroffen hast, die alte Frohnatur!“, grinste Ra mir entgegen. Ich bekam das Gefühl, dass die Zwei sich gut kannten und auch miteinander befreundet waren. „Aber ich werd jetz mal lieber zu ihm gehen und ihn fragen was er hier will. Wer weiß, nicht das er aus dem Krankenzimmer abgehau'n is. Zuzutrau'n is es ihm!“ Und schon war ich wieder alleine im Bad. Zumindestens konnte ich mich nun meinen Haaren widmen... Doch 20 Minuten später hatte ich es endlich geschafft. Meine Haare waren wie immer perfekt gestylt, mein Make-Up ließ meine Augen wunderbar hervorstechen und mein Outfit saß wie ne eins. Und natürlich verstand ich unter meinem „Outfit“ wie immer meine sehr eng anliegende schwarze Röhrenjeans – meine Lieblingsjeans neben der mit den ganzen Löchern drin – , meine weißen von meinen Freunden voll geschmierten Chucks und eines meiner normalen engen Bandshirts. Ich betrachtete mich ein letztes mal im Spiegel, nickte mir anerkennende zu und verschwand schließlich Richtung Zimmer.... „Stör ich?“, wollte ich wissen. Ich hätte wohl doch eher draußen bleiben sollen. Ich dachte mir ja erst, dass es besser ist, weil ich Ra eindeutig schreiben gehört hatte, aber so neugierig wie ich nun mal war, war ich doch rein gegangen. Und was habe ich gesehen? Einen etwas in sich zusammengesunkenen, nicht mehr wirklich selbstbewusst wirkenden Vjet, der immer noch auf meinem Bett sitzt und mit seinen Händen spielt und Ra, der aussieht wie ne Tomate vor lauter Wut, die er dem anderen Regelrecht entgegen schleudert. Da bahnt sich doch ne Frage in mir auf...Was war passiert? Der Schwarzhaarige blickte mich an, seufzte und fuhr sich schließlich durchs Haar. „Nein passt schon, aber der Idiot ist einfach mal wieder aus dem Krankenzimmer abgehau'n!“ Er funkelte Vjet sauer an, woraufhin dieser noch etwas mehr in sich zusammensackt. Ich fing an Mitleid mit ihm zu bekommen...und den Wunsch ihn einfach nur in die Arme zu schließen. Aber es schien wohl, als hatte ich recht...er ist abgehau'n. Was wohl den Grund erklärt, wieso Ra so sauer ist. Wäre ich glaub ich auch, schließlich hatte der Braunhaarige Fieber. „Ich...“, meldete sich Letzterer leise und etwas schüchtern zu Wort, „...hab doch eh fast kein Fieber mehr...und Frau Schiller meinte ja gestern Abend, dass ich nur noch eine Nacht bleiben muss und dann bin ich halt vorhin gegangen. Außerdem kann ich doch Jess...nich einfach so alleine lassen.“ Oh wie wunderbar...ich war der Grund. Klar, ich bin also schuld. Wie so oft auch schon, aber mich soll's nich stören, eher, dass mich Vjet jetzt anstarrt. Ja , ich hab mich umgezogen, du siehst richtig Junge. Wieder ein Seufzen Seitens Ra. „Is jetz auch schon egal. Dich kann man eh nich mehr belehren, dazu hast du einen zu großen Dickschädel.“ Zum Beweis schlug er Vjet einmal sanft auf den Kopf und grinste. „Aber du bleibst heute gefälligst noch im Bett! Nicht das du mir auf die Idee kommst auf dem Schulgelände herum zu geistern. Klar?“ „Wenn's sein muss...“ Friede, Freude, Eierkuchen würd ich sagen, denn beide fingen an um die Wette zu grinsen. Fehlte nur noch Eli... „Here we go, come with me, There's a world out there...“ Oh! Mein Handy! Es dauerte echt immer erst mindestens 10 Sekunden bis ich checkte, dass ich angerufen wurde. Schrecklich, aber wahr. „Ja?“, meldete ich mich, die anderen zwei im Raum vergessend. Viel wichtiger war zu wissen wer mich anrief, schließlich wurde ich eher selten angerufen. „JESS!!!!“, wurde mir entgegen geschrien und ich musste das Ding erstmal von meinem Ohr weghalten so laut war es. Es konnte ja nur einer sein, der so laut war... „Hey Süßer!“ Leicht Lächelnd ließ ich mich auf mein Bett fallen und starrte meine frisch lackierten Nägel an. Schwarz. „Was gibt’s?“ „Wie was gibt’s? Ich bin hier, mach mir sorgen, weil du gestern nicht angerufen hast oder zumindestens Bescheid gesagt hast, dass du gut angekommen bist und alles und du fragst mich allen ernstes „was gibt's“??“ Da war jemand aber mal mit dem falschen Fuß aufgestanden. Was konnte ich dafür, dass ich vergessen hatte anzurufen? Kann doch jedem mal passieren, nich? „Tut mir ja leid, aber ich hab's gestern total vergessen! Aber ich bin gut angekommen und mir geht’s gut und hier is es schön und alle sind nett...“, leierte ich die Antworten runter, die der werte Herr auf der anderen Leitung gerne hören würde. Ich hoffe er war jetzt zufrieden. „Das kam jetzt reichlich spät, Jessran!“ Ich verdrehte die Augen. Er nannte mich nur bei meinem vollen Namen, wenn er mich belehren wollte. „Ich weiß, aber besser als nie, oder Joel?“, äffte ich seine Stimme nach. War ja auch nicht sonderlich schwer, schließlich hatten wir eine recht ähnliche Stimme. Waren schließlich Brüder. „Gut...genug gezankt für den nächsten Monat. Wollte nur wissen, ob's dir echt gut geht...weil...du weißt ja, dass ich dich wirklich sehr vermisse. Ich konnte nicht mal richtig schlafen heut Nacht!“ Ich gestehe, ich auch nicht. Ich war es gewöhnt, dass Joe sich an mich rankuschelt und mich im Schlaf halb erdrückt...es ist einfach ungewohnt so ganz ohne ihn.... „Ich konnte auch nicht gut schlafen. Bin wohl einfach zu viel an dich altes Klammeräffchen gewöhnt“, lächelte ich ins Telefon. Ich hätte ihn jetzt gerne gesehen. „Das will ich ja wohl hoffen! Komm uns in den Ferien besuchen, ja?“ „Kla komm ich vorbei!“ Wenn nicht sogar früher, weil ich wahrscheinlich noch Heimweh bekommen werd, wenn der weiter so macht...Ich glaub ich sollte in den nächsten paar Tagen mal Max einen Besuch abstatten. Vielleicht würd das ja helfen? „Wunderbar! Ich muss jetz aber auch schon wieder. Alois wartet auf mich. Ich richte Mom und Pat 'nen schönen Gruß von dir aus, ja? War schön deine Stimme zu hören, Jess.“ „Ja richte ihnen schöne Grüße aus. Hab mich auch gefreut deine Stimme zu hören...vermiss dich, Junge.“ Ich glaube ich fing gleich an zu heulen, wenn der noch weiter so schnulzige Sachen sagte. Mein Bruder ist einfach nur gemein. Der machte das mit Absicht! Wetten? „Du bist süß.“ Er kicherte. Ich werde dieses Kichern echt vermissen. „Bis bald, Maus. Hab dich lieb!“ „Hab dich auch lieb, Süßer.“ Und schon hatte er aufgelegt, ich saß hier mit meinem Handy in der Hand und kämpfte ehrlich mit den Tränen. Vielleicht war es doch die falsche Entscheidung gewesen hierher zu kommen? Ich war ja noch nie lange von Joe weggewesen...das wird eindeutig die schlimmste Zeit ever. Viel zu traurig für den heutigen Tag, dabei hatte er eigentlich ganz gut angefangen, schmiss ich mein Handy auf's Kopfkissen und ließ mich selbst nun ganz zurückfallen. Ich schloss seufzend meine Augen. Dieser Arsch. Der hatte das doch sicher mit Absicht getan! Er wollte doch, dass ich wieder zurück nach Italien gehe! Er wusste, dass ich nicht ohne ihn konnte... Eine warme Hand strich mir durch die Haare – zerstörte meine Frisur dabei wahrscheinlich – und ich öffnete träge meine Augen. Meine hässlichen wasserblauen Augen trafen auf lapislazuli-blaue. Vjet saß im Schneidersitz an meiner Seite, sein Kopf auf der einen Hand gestützt, die andere strich immer noch durch meine Haare. „Dein Freund?“, fragte er und blickte mich interessiert an. Wieso dachte er es sei mein Freund gewesen? Ich glaube er steckte mich gerade in eine Schublade auf der „Schwul“ stand...Aber ich war ja bi und nicht schwul. Außerdem...wo war Ra? Hatte wohl die Fluch ergriffen... Ich schüttelte den Kopf und murmelte „Bruder“. Ich müsste ihn nicht mal ins Gesicht schauen, um zu erkennen, dass er Verwirrt war. Klar....war ja auch nicht normal wie ich mit meinem Bruder sprach...so als wäre er eben mein Freund. Lag wohl daran, dass ich ihn wirklich lieb hatte. Mehr war da aber auch nicht. Ich musste grinsen. „Guck nich so doof. Ich rede immer so mit meinem Bruder. Das bei uns schon normal!“, erklärte ich ihm. Er war glaub ich aber immer noch nicht ganz so überzeugt. „Ich rede ja nich so mit meinen Geschwistern..“, meinte er. Konnte ich ja auch verstehen. Er war ja auch nicht bi, wie ich. Außerdem redete ich auch nur so mit Joel. Nicht aber mit meinen anderen beiden Brüdern. Schon allein der Gedanke Max und Pat so anzuschwul'n...mein nicht vorhandenes Frühstück meldete sich. „Wieso tust du's dann bei ihm?“ Gott nein...hatte ich...hatte ich das jetz etwa laut gesagt? Ow....gar nicht gut. Die Röte auf meinen Wangen kam wieder zum Vorschein. Wie peinlich...Anscheinend standen mir auch meinen Gedanken ins Gesicht geschrieben, denn er meinte: „Ja du hast das gerade laut gesagt“ und grinste amüsiert. Friss mich auf, oh liebstes Bett, und gib mich nicht wieder her! „Naja....ich...“, nicht stottern, Jess! „...es ist halt einfach so. Hat sich bei uns beiden irgendwann so eingebürgert.“ Ein schiefes Lächeln zierte mein Gesicht. Er schien zufrieden mit der Antwort. Ich auch. Und der Tag konnte beginnen! ------------------------------- to be continued~ Kapitel 3: Aus Langeweile... ---------------------------- 3. Aus Langeweile... Außerdem redete ich auch nur so mit Joel. Nicht aber mit meinen anderen beiden Brüdern. Schon allein der Gedanke Max und Pat so anzuschwul'n...mein nicht vorhandenes Frühstück meldete sich. „Wieso tust du's dann bei ihm?“ Gott nein...hatte ich...hatte ich das jetz etwa laut gesagt? Ow....gar nicht gut. Die Röte auf meinen Wangen kam wieder zum Vorschein. Wie peinlich...Anscheinend standen mir auch meinen Gedanken ins Gesicht geschrieben, denn er meinte: „Ja du hast das gerade laut gesagt“ und grinste amüsiert. Friss mich auf, oh liebstes Bett, und gib mich nicht wieder her! „Naja....ich...“, nicht stottern, Jess! „...es ist halt einfach so. Hat sich bei uns beiden irgendwann so eingebürgert.“ Ein schiefes Lächeln zierte mein Gesicht. Er schien zufrieden mit der Antwort. Ich auch. Und der Tag konnte beginnen! *** Ich wusste nicht, was mich mehr ärgerte. Entweder das ich nun den ganzen Tag in meinem Zimmer sitzen musste, weil Vjet sich ja – dank Ra – angeblich noch schonen musste, mich somit nich herumführen konnte und er mich dazu überredet hatte bei ihm zu bleiben, sonst wäre ich alleine losgegangen, aber er setzte gekonnt seinen mir bereits einmal aufgefallenen äußerst fiesen Schmollmund ein...dem konnte ich einfach nicht widerstehen und sagte deshalb zu...oder die Tatsache, dass ich mich vorhin – unbeabsichtigt – vor ihm geoutet hatte, ihm es aber total egal zu sein schien – ich ging einfach mal davon aus, dass er es nicht wieder vergessen hatte – , da er kein einziges Wort dazu gesagt hatte. Er hätte ja zumindestens irgendwie auf irgendeine Weise das Gesicht verziehen können oder weiß Gott was machen können, aber nein...der werte Herr war sich sogar zu so etwas zu fein. Diese Ungewissheit, ob es ihm nun was ausmachte, dass ich bi war, oder nicht, wusste ich nicht...und das trieb mich in den Wahnsinn. Und nun saß ich seit vielleicht guten 3½ Stunden hier auf meinem Bett – nein, ich hatte immer noch nichts gegessen... – , den Laptop auf meinem Schoß und musste einfach fieberhaft darüber nachdenken. Es...ließ sich nicht verhindern auch wenn es mir eigentlich total schnuppe sein sollte, ob er damit klar kam oder nicht. Bei jedem anderen wäre es mir egal...nicht bei ihm. Ich wusste nicht warum, aber es war nun mal so. Außerdem machte er mich zusehendst nervös, wie er da so neben mir lag. Ich konnte nicht mal sagen wieso er das tat – ich konnte Menschen von vornherein schlecht einschätzen – aber er hatte sich kein einziges Mal nach dem Anruf meines Bruders von meinem Bett bewegt. Im Gegenteil, nachdem er mich dazu überredet hatte ihm Gesellschaft zu leisten und ich meinen Laptop vom Schreibtisch geholt hatte, hatte er sich auf dem Bauch neben mich gelegt. Scheu schien er ja mal nicht zu sein...das einzige was mich daran störte war, dass er mich so gut wie nicht kannte. Er wusste nur meinen Namen, dass ich mindestens einen Bruder hatte – ich hatte sogar meine beiden anderen bereits erwähnt –, bi bin und komische Sitten zwischen mir und Joel, den ich gerne einfach nur Joe nannte, pflegte. Und doch war er äußerst...ja...zutraulich. Aber stören tat's mich im Großen und Ganzen ja nicht...war nur...komisch. Ich sollte mich wohl besser ablenken. Also...was gab's denn alles neues auf der Welt? Gelangweilt blickte ich auf meinen treuen Laptop und...mein großer Bruder Max hatte wohl mal wieder gefeiert. Keine Ahnung, aber er stellte dann gerne ein paar von den Partybildern online. Natürlich keine, wo alle sturzbesoffen auf einem Haufen lagen, sondern doch eher recht normale Bilder...Solche wo eben 'n paar Leute grinsend nebeneinander standen...ohne Wodkaflasche. Max war auf nur 5 der 10 neuen Bilder, dafür hatte er aber die restlichen selber geschossen. Eine kleine Leidenschaft vom angehenden Mediendesigner... „Wer ist das?“ Ich zuckte leicht zusammen als ich die Stimme neben mir vernahm. Lag wohl daran, dass ich ihn gerade mehr oder weniger vergessen hatte. Als ich kurz zu ihm blickte, sah ich, dass er auf das Bild schaute, dass im Moment meinen Bildschirm zierte. Max und sein Freund Ryo mit dem er bereits seit fast 2 Jahren zusammen war. Mit mir hielt es bis jetzt noch keiner so lange aus. Musste an meinem Charakter liegen. Jedenfalls standen sie eng umschlungen beieinander und blickten sich verliebt in die Augen. Mehr auch nicht. Das einzig witzige daran war, dass Ryo einen guten Kopf kleiner war als mein Bruder. Er war sogar noch kleiner als ich! Das musste man mal schaffen! Aber als Asiate war es glaube ich nicht so schwer, kleiner zu sein als ich... „Mein großer Bruder Max und sein Freund Ryo. Die haben 'ne kleine Wohnung ein paar Minuten von hier“, erklärte ich ihm, vorbildlich wie ich nun mal war. Ich wusste nicht was, aber das Foto hatte etwas. Etwas besonderes...Etwas intimes... „Sie sehen richtig glücklich aus.“ Ich musste ihn nicht ansehen um zu wissen, dass er lächelte. „Wäre ich auch, wenn ich so 'nen tollen Freund hätte...“ Ja, ich war eifersüchtig. Wer wäre das nicht? Ryo sieht gut aus, hat einen tollen Körper, ist nett, hilfsbereit, aufgeschlossen...Wenn ich eine Pro- und Kontra-Liste über ihn erstellen würde, ich würde ein vielleicht zwei negative Dinge feststellen. Mehr nicht. „Hmmmm...“ Vjet überlegte. Dieses Gesicht musste ich mir unbedingt einprägen. Sie war geradezu Gold wert! Die Augen leicht zusammengekniffen, Augenbrauen zusammen- und nach oben gezogen, der Mund nur ein schmaler Strich...Nichts wirklich besonderes, aber bei ihm sah es einfach nur ulkig aus. Allzu oft sollte er aber nicht so ein Gesicht ziehen, sonst würde ich wegen zu vielen Lachens krepieren. Beherrsch' dich Jess! Ich glaube kaum, dass es ihm gefallen würde, wenn ich jetz einfach so zum Lachen anfangen würde...aber dieses Gesicht!! Ein fettes Grinsen konnte ich einfach nicht vermeiden. Einfach nur göttlich. Wo war bitte meine Kamera? „Also ich bin ja hübscher als der, nicht?“ Ja hoppla! Achtung! Egoist im Anmarsch! Aber wo er Recht hatte. Ryo war zwar wirklich toll, doch Vjet mit seinen lapislazuli-blauen Augen, der geraden Nase, den weichen Lippen, die nur so zum Küssen gemacht worden waren.... „Ja“, schoss es aus mir heraus, ohne dass ich es verhindern konnte. Nächstes mal erst denken, dann sprechen, Jess! Das gerade war nämlich eindeutig zu offensichtlich gewesen. Alles seine Schuld. Hiermit klage ich Vjet was-weiß-ich-was wegen durcheinanderbringens der Gedanken und allem drumm und dran zu 60 Sozialstunden an. Mir schwebte da auch ein paar nicht unbedingt jugendfreie Möglichkeiten im Kopf, wie er sie abarbeiten könnte...Jess, du bist bescheuert! Schon allein an so was zu denken! Was war nur mit mir los? Vjet war los....wie gesagt, seine Schuld. Und dabei kannte ich ihn gerade mal seit gut einem Tag. Mit mir ging's eindeutig bergab... „Danke für das Kompliment, Jessy!“, grinste er mich unschuldig an. Jaaa...eher ein unbeabsichtigtes Kompliment, aber wenn es seinem Ego hilft.... Moooooment...hatte er gerade allen ernstes „Jessy“ zu mir gesagt?! „Jessy?!“, echote ich. „Bin ich ein Mädchen, oder was?“ Was erlaubte der Typ sich eigentlich? Mich, MICH als Mädchen zu betiteln! Klar, ich hatte etwas längere Haare, war klein und konnte auch richtig zickig sein, aber ich hatte da eindeutig was zwischen meinen Beinen baumeln, dass darauf hinwies, dass ich 100% männlich war! Vjet lies es unbekümmert, dass ich ihn mehr oder weniger angeschnauzt hatte, denn er smilte mich an. Sah er nicht, dass ich auf 180 war? Irgendwie war ich viel zu leicht in Rage zu bringen...aber dieser Typ!!! „Ach....Ich finde den Spitznamen viel besser als „Jess“. Sagt doch eh jeder!“ Dabei versuchte er es mit einer Handbewegung zu verstärken, aber da er immer noch auf dem Bauch lag und nicht wirklich viel Bewegungsfreiheit hatte, schlug er mir gegen die Schulte. Also...er war egoistisch und gewalttätig...noch was was ich wissen sollte? Er murmelte ein leises „Sorry“, worauf ich ihm nur böse anfunkeln konnte. Auch wenn es nur ausversehen war, niemand hatte das Recht Jess Graf zu schlagen! Nicht mal meine Brüder! „Außerdem...“, redete er einfach weiter, „...hast du doch Ähnlichkeiten mit 'nem Mädl....was aber nicht heißen soll, dass du wie eins aussiehst oder so!“ Ohh...er hatte wohl bemerkt, dass ich ab „Ähnlichkeiten mit 'nem Mädl“ versucht hatte ihn mit meinen Blicken zu erdolchen. Hatte leider nicht funktioniert...Dafür hatte er sich rausgeredet. Oder meinte er es ernst? „Doch...manchmal führst du dich echt auf wie eins. Nicht negativ gemeint...eher richtig niedlich.“ Und wie er mich anstrahlte, als er daraufhin meine Frisur zerstörte, indem er mir einmal durch diese wuschelte. Er musste sich dazu etwas aufsetzten und war mir dabei unglaublich nahe...viel zu nah für meinen Geschmack, denn ich konnte sein Parfum ausmachen...Ich musste zugeben es war ein richtig angenehmer Duft und es ließ mein Herz auf unerklärliche Weise höher schlagen. Außerdem spürte ich, dass sich meine Wangen schon wieder verräterisch Rot färbten. Schrecklich...einfach Schrecklich. Aber so schnell dieser Moment kam, umso schneller verflog er auch wieder, denn Vjet setzte sich mit etwas Abstand neben mich und gähnte einmal herzhaft. „Der heutige Tag wird so langweilig!“, meinte er und seufzte leise. Er hatte vollkommen recht. Den ganzen Tag im Zimmer zu hocken würde langweilig werden. Und nochmal musste ich mich fragen, wieso ich mich habe überreden lassen, bei ihm zu bleiben. Des weiteren merkte ich langsam, wie sich mein Magen anfing zu melden. Seit über 3½ Stunden, seit ich Aufgestanden war, hatte ich noch nichts gegessen! Ein Wunder, dass ich's bis jetzt überhaupt ausgehalten hatte. „Ja, wird er.“ Etwas verspätet, weil sich in meinem Hirn gerade Bilder von Essen bildeten und ich fast zum Sabbern anfing, aber immerhin! „Soll das etwa 'ne Andeutung dafür sein, dass es mit mir langweilig is?!“ Er sah mich entsetzt und mit offenem Mund an. Ich wollte antworten, doch mein Hirn setzte aus, als mein Blick über sein Gesicht strich und ich bei seinen Lippen hängen blieb. Es war einer dieser „Wow“-Momente. Aber ein verdammt toller! Ich konnte immer noch nichts sagen und mein Blick huschte immer wieder von seinen wahnsinnigen Augen zu seinen Lippen. So wie er neben mir saß, war er ungefähr gleich groß wie ich, aber das war mir gerade total nebensächlich, denn ich konnte, egal was ich versuchte, meinen Blick einfach nicht von ihm nehmen....Er zog mich praktisch richtig an, ohne dafür überhaupt etwas tun zu müssen. Und ohne wirklich etwas tun zu müssen wanderte meine rechte Hand wie von selbstverständlich an seine rechte Wange. Er sagte nichts. Blickte mich ebenso nur an. Ich wusste nicht, was er gerade dachte, aber das war mir auch scheiß egal. Mir war es auch egal, wenn ich ihn jetzt vergraulte, aber ich konnte einfach nicht anders und mein Gesicht kam dem seinen immer näher... Ich blickte ihm ununterbrochen in die Augen. Schloss sie Zentimeter vor seinem Gesicht, als ich seinen heißen Atem bereits auf meinen Lippen spürte... „Hey Leute! Wir dachte, dass wir euch ja-“ Umso langsamer ich Vjet gerade näher gekommen war, umso schneller ging ich wieder auf Abstand. Musste ja sein, dass gerade JETZT jemand ins Zimmer kommen musste. Wieso? Wieso nur?! „Sagt mal...wir stören nich, oder?“ Ra und Eli sahen uns fragen an. Meine Wangen bekamen einen leichten Rotschimmer und ich blickte peinlich berührt auf meine Hände, die ich jetzt alle beide wieder bei mir hatte und Vjet...tja...der lächelte und meinte „Alles gut!“. Mir kamen gerade zwei äußerst wichtige Fragen auf. Erstens: Seit wann hatte Ra oder Eli oder Beide einen Schlüssel für unser Zimmer und Zweitens: Ich wollte gerade nicht allen ernstes meinen Mitbewohner küssen, oder?! „Na dann passt's ja“, grinste Eli wie immer sein breites Grinsen. Und ich hatte gehofft heute vor ihm verschont zu bleiben. So viel....Freude gehörte verboten! „Wir wollte eigentlich nur fragen, ob ihr mit uns runter kommt? Es is gleich 6 und wir haben Hunger.“ Vjet neben mir stand auf und zog seinen Vans an, was für mich so viel hieß wie „ja“ und auch ich schaltete meinen Laptop auf Ruhezustand, zog meine Schuhe an und folgte den anderen. Mit gehörigem Abstand. Das gerade war mir ja sowas von peinlich! Wie kam ich überhaupt auf die Idee, Vjet küssen zu wollen? Waren es seine weichen Lippen oder seine schönen Augen, die meinen Verstand ausgeknockt hatten? Ich wusste es nicht. Das einzige was ich wusste war, dass sich eine Gänsehaut bei mir bildete, wenn ich nur daran dachte, wie sich sein Atem auf meinen Lippen angefühlt hatte. Teilweise wurde ich gar wuschig wenn ich daran dachte. Außerdem...wollte mein Körper mehr. Mein Körper wollte seine Lippen richtig auf meinen spüren. Er wollte das, was ich dankt Ra und Eli nicht geschafft hatte. Ihn küssen. Mir entkam ein Seufzer. Ich war wirklich am durchdrehen. Ich wurde verrückt....Ich kannte Vjet nicht. Naja...fast nicht, aber trotzdem fühlte ich mich so zu ihm hingezogen und wollte ihn berühren...war das noch normal? Also so wie ich fand, ja eher nicht, aber...für meine Verhältnisse wahrscheinlich schon noch normal...Ich schaffte ja schließlich alles. Dazu kam ja auch noch, dass Vjet einfach nur einem Gott glich. Er war sozusagen mein persönlicher Gott. Mit seinem Aussehen, seinem Charakter... Ich musste unbedingt mit jemanden darüber reden. Am besten mit Joe oder Max. Pat traute ich sowas noch nicht zu, denn er war mir da noch eindeutig zu Jung dafür und zu hetero... *~* Die ganze Zeit über als ich im Speisesaal im Erdgeschoss unseres Wohnheimes saß und...mehr oder weniger etwas aß – mir war irgendwie der Appetit vergangen – redete ich kein Wort mit Vjet oder einem der anderen. Nur wenn man mich wirklich etwas fragte, aber sie merkten bald, dass ich keinen Bock auf reden hatte, da ich eher einsilbig antwortete. Außerdem fühlte ich mich beobachtet. Nicht nur von einem gewissen braunhaarigen Wuschelkopf – ich wusste das er mich anschaute, da ich einmal kurz zu ihm schielte ehe ich lieber weiter interessiert mein Essen beobachtete – sondern auch von anderen mir unbekannten Leuten. Klar...wir waren hier nicht alleine. Andere Schüler saßen an den Tischen und fanden mich wohl recht interessant. Musste daran liegen, dass sie mich noch nie zuvor gesehen hatten und wie es auf einem Internat so war, wussten alle irgendwie, dass ein Neuer auf die Schule kam. Mich störte es jedenfalls nicht weiter, dass sie mich musterten...machte mir viel zu viele Gedanken über Vjet und den fast Kuss von vorhin. Ich musste es mir echt verschissen haben. Ich wette er würde mich nie wieder ansehen und wenn, dann nur mit Abscheu oder Ekel in den Augen. Ich brauchte Schlaf. Das würde mich ablenken... Es war kurz vor halb 8 und ich saß mal wieder in meinem Bett mit meinen Block auf dem Schoss. Ich hatte mich bereits umgezogen, trug nun nur meine Boxershorts und dieses mal ein T-Shirt. Ich wollte nicht mehr allzu lange wach bleiben, obwohl ich sonst eigentlich mindestens bis 11 wach blieb, aber der Tag war einfach nur scheiße. Dazu kam, dass morgen mein erster Schultag sein würde. Juhu!...Ich könnte kotzen. Mister Vjet saß an seinem Schreibtisch, schien irgendwelche noch angefallenen Hausaufgaben zu machen und würdigte mich keines Blickes. Würde ich ehrlich gesagt auch nicht, wenn ich er wäre. Seit wir uns von Ra und Eli getrennt hatten, hatte er nicht mehr mit mir geredet...kay...auch vorher schon nicht, aber er hätte mich ja zumindestens zur Schnecke machen können. Aber mal wieder schwieg er. Wie bei der Tatsache meiner Sexualität. Wirklich ärgerlich sowas. Kopfschüttelnd und damit versuchend meine wieder aufkeimenden Gedanken an ihn zu verdrängen widmete ich mich meinem Songtext. Ja. Ich konnte nicht nur gut singen, sonder schrieb auch selbst eigene Lieder. Bei der Melodie haperte es immer etwas, aber zumindestens den Text hatte ich. Hm...gab es hier auf dem Internat eine Schulband? Vielleicht brauchten sie ja mal 'nen neuen Sänger! Ich würde mich freiwillig melden! Aber irgendwie wollte mein Kopf heute nicht, denn ich brachte irgendwie nichts auf mein Blatt. In meinem Kopf herrschte gähnende Leere... „Jessy?“ Ich schreckte auf. Hatte gerade jemand meinen Namen gesagt, oder bildete ich mir das nur ein? Irritiert blickte ich mich um...was eigentlich bescheuert war, da es nur einer sein konnte, der mich angesprochen hatte. Meine Augen blieben an einem verzweifelt aussehenden Vjet hängen. „Könntest du mir mal helfen? Ich check' Physik nich.“ Er zog schon wieder seinen Schmollmund. Ob er das absichtlich machte? Oder war es schon Angewohnheit? Jedenfalls schien er den fast Kuss schon wieder vergessen zu haben so wie er mit mir umging. Ich glaube ich hatte Schwein gehabt... „Und du denkst ich kann's?“ Ich schmunzelte leicht, als ich trotzdem aufstand und mich neben ihn stellte. Natürlich nicht soooo nahe, aber dennoch so, dass ich in sein Heft linsen konnte. Ich hatte es ihm zwar nicht gesagt, aber er hatte Glück, denn ich war eigentlich recht gut in dem Fach. Und auch diese Aufgabe war für mich total leicht und ich fragte mich, was daran bitte so schwer sein konnte? Als ich ihn das Fragte meinte er nur: „Ich kann's halt nich. Ich bin auch kein Alleskönner!“ Nachdem ich verstehend genickt hatte, zog ich mir den zweiten Schreibtischstuhl dazu, setzte mich und fing an ihm die Aufgabe zu erklären. Vergessen war diese peinliche Situation von vor wenigen Stunden und ich war froh darüber, dass er mich nicht darauf ansprach sondern so behandelte wie vorher auch. „Verstanden?“, fragte ich ihn, als ich mit meiner Erklärung fertig war und er die Lösung der Aufgabe in seinem Heft stehen hatte. Er nickte. „Denk schon. Ich werd's ja morgen sehen, wenn wir wieder so ne Aufgabe zum Lösen kriegen. Danke jedenfalls, Kleiner.“ Er lächelte mich lieb an und ich konnte mich bei so einem Blick nicht mal über den doofen Kosenamen beschweren. Außerdem hatte er ja recht. Ich war klein...Verflucht seien meine Gene! „No problem!“ Mein Blick glitt zur Wanduhr, die über der Tür hing und ich musste mir erst einmal über die Augen reiben um mich zu vergewissern, dass es wirklich schon kurz vor 10 war. Ich hatte echt gute 2½ Stunden damit verbracht ihn diese einfach Aufgabe zu erklären? Gott war er dumm! Okay...könnte auch daran liegen, dass ich nicht wirklich richtig gut erklärt hatte und immer wieder von vorne anfange musste. Des weiteren hatte die Aufgabe von vornherein eine bestimmte Länge. Egal. Ich war müde und wollte nur noch ins Bett. „Ich geh jetz lieber mal penn. Weck mich, falls du wieder was nich verstehst.“ Daraufhin schlich ich zu meinem Bett, legte mich hin und machte meine Augen zu. „Danke, bin aber schon fertig mit allen und werd jetz auch schlafen gehen.“ Ich hörte ihn leise Lachen...wohl wegen meinem Auftritt gerade. Naja...so war ich nun eben und er musste sich dran gewöhnen. Ich hörte Stoff rascheln und merkte, wie jemand das Licht ausmachte. „Gute Nacht und schlaf gut, Jessy“, hörte ich ihn leise Flüstern...oder hörte ich es nur so leise, weil ich schon am wegpenn war? Könnte sein. Ich murmelte noch ein „Du auch“ ehe ich wirklich richtig einschlief. Es war einfach ein zu ereignisreicher und anstrengender Tag gewesen. Ich hoffte, der Tag morgen würde besser werden... ----------------------------------------- to be continued~ Kapitel 4: Der erste Schultag...ist auch nicht ereignisloser als der Tag davor! ------------------------------------------------------------------------------- 4. Der erste Schultag...ist auch nicht ereignisloser als der Tag davor! „Gute Nacht und schlaf gut, Jessy“, hörte ich ihn leise Flüstern...oder hörte ich es nur so leise, weil ich schon am wegpenn war? Könnte sein. Ich murmelte noch ein „Du auch“ ehe ich wirklich richtig einschlief. Es war einfach ein zu ereignisreicher und anstrengender Tag gewesen. Ich hoffte, der Tag morgen würde besser werden... *** Und wieder ein Seufzer. Der fünfte in 20 Minuten! Head meets desk....aber mal ehrlich! Wieso musste er die ganze Zeit so rumseufzen?! Hätte er so weiter gemacht, wäre ich spätestens Ende dieser verdammten Mathestunden an Dummheit gestorben, weil mein Kopf immer wieder auf den Tisch geknallt wäre und ich somit meine geliebten Gehirnzellen getötet hätte. Heutzutage schaffte man sowas auch ohne Alkohol...Ich war ja das beste Beispiel dafür. „Kannst du nicht ENDLICH mal aufhören mir die Ohren voll zu seufzen?!“, fauchte ich ihn leise an. War ich der einzige, oder hörte sich das für alle gerade total...zweideutig an? Da sah's man...mein Sprachzentrum war schon beschädigt. Vjet, cool wie er nun mal war, saß neben mir und zog – wer hätte es gedacht – einen Schmollmund. Wir saßen hier in einen der Klassenräume irgendwo im 2. Stock und hatten gerade Mathe. Bei Herr Roth. Wie ich erfuhr, war das sogar unser Klassenleiter und er war....eigentlich ganz nett. Auch wenn er zu Beginn der Stunde mich mit „Jessran“ angesprochen hatte. Aber das sei ihm mal verziehen! Jeder hatte doch eine zweite Chance verdient, oder? Es waren noch ungefähr 20 Minuten Unterricht, dann war dieser Schultag bereits vorbei. Glück für mich, da der Tag schon scheiße angefangen hatte. Als aller erstes hatte ich verschlafen und Vjet musste mich regelrecht aus dem Bett werfen. Dank mir – ich musste mich schließlich noch stylen – hatten wir keine Zeit mehr für ein Frühstück und kamen beide gerade noch so pünktlich in die erste Stunde. Dafür mussten wir aber laufen...naja, ich bin gegangen und mein Mitbewohner hatte mich hinter sich hergezogen. Ich bin lieber zu spät als an einem Kreislaufzusammenbruch zu sterben! In der ersten Pause hatten mich dann meine selbsterkorenen neuen Freunde Eli und Ra durch die Schule geführt, während Vjet uns was zu Essen gekauft hatte. Zumindestens kannte ich mich jetzt etwas in diesem Zementklotz aus...Außerdem hatte ich die Ehre in jedem Fach neben dem Blauäugigen zu sitzen, ob das jetzt gut oder schlecht war, sollte sich noch herausstellen...aber besser als neben Eli – leider musste ich eingestehen, dass er eigentlich doch ganz nett war – oder einer der Tussen, die auch in meiner neuen Klasse vorhanden waren. Zu viel Schminke in ihr Gesicht geklatscht, knappe Klamotten und von vornherein total hässlich...Mir wurde übel... „Ich hör auf, wenn du mir endlich mal hilfst!“ Eigentlich hatte ich vorgehabt ihm zu helfen. Er verstand nämlich nur Bahnhof von dem, was unser Lehrer da vorne erzählte, aber...irgendwie hatte ich dann keine Lust mehr, nachdem er mich so treudoof angeklotzt hatte, denn dabei sah er mir so intensiv in die Augen, dass ich schon wieder das Bedürfnis hatte ihn zu küssen. Wie gestern...Deshalb hatte ich mich erst einmal von ihm abgewandt, um etwas runter zu kommen und die wieder auftretenden Bilder vom Vortag aus meinem Kopf zu verbannen. Wenn es noch weiter so gehen würde, würde ich verrückt werden... „Na gut...“, seufzte ich nun meinerseits. Wenn er denn dann endlich still war, konnte ich das mit meinem Ego vereinbaren. Die letzten 15 Minuten, die sich angefühlt haben als wären es 2 Stunden gewesen, verbrachte ich damit, ihm das Momentane Thema in Mathe näher zubringen...was aber nicht wirklich funktionierte, denn kurz nachdem der Gong ertönt war, saß er immer noch Haare raufend neben mir. Er hatte keinen Plan, von was ich gerade gesprochen hatte. Schmunzelnd schüttelte ich den Kopf. „Vjet, Vjet, Vjet...“, murmelte ich grinsend und klopfte ihm leicht auf die Schulter. Wenn er nicht bald mal anfangen würde seinen Kopf zu gebrauchen, würde er dieses Jahr noch wegen Mathe scheitern. „Lass den Kopf nich hängen, Vjet!“, kam es nun von Ra, der neben uns stand und dem Braunhaarigen durch die Haare wuschelte. Eli grinste nur wie immer und schaute mich an. Ich hob verwundert eine Augenbraue. Hatte ich was im Gesicht? Irgendwo einen Pickel, der mir heute morgen nicht aufgefallen war? „Jess gibt dir sicher Nachhilfe in Mathe! Wenn du nur oft genug übst und alles wird’s schon, keine Sorge Dude.“ Toller Einfall Eli. Echt...wenn er es jetzt schon nicht verstand, wie kam der Typ dann auf die Idee, dass er es später könnte? Doch bevor ich ihm noch irgendwelche dummen Sprüche an den Kopf hätte werfen können, waren die beiden schon aus der Tür verschwunden. Wohin wusste wohl nur Gott... „Machst du das echt?“ Ich blickte wieder auf meinen Banknachbarn, der nun seinen Kopf gehoben hatte und mich hoffnungsvoll anblickte. Wie viele verschiedene Blicke hatte der eigentlich drauf? Vielleicht sollte ich eine extra Liste anlegen...? Aber eigentlich war es ja gleich wie viele...jeder Blick war etwas besonderes und ließ mein Herz schneller schlagen. Oh my god! Er sollte sofort weggucken, sonst könnte ich langsam für nichts mehr garantieren, denn ein teil meines Gehirns hatte schon wieder ausgesetzt...der Teil der für's Denken zuständig war... „Was?“ „Na mir Nachhilfe geben! Würdest du's echt machen, Jessy?“ Und was folgte? Der Schmollmund, seine größte und effektivste Waffe, die sogar den stärksten und kältesten Bösewicht bezwingen konnte. So auch mich, weshalb ich nur ergeben und ihn immer noch anstarrend nickte. Ich konnte meine Augen einfach nicht von ihm wenden. „Du bist mein Held!!!“ Keine Sekunde später hatten sich kräftige Arme um meinen Rücken geschlungen und mich an sich gepresst. Ich versteifte mich als ich checkte, dass es Vjet war, der mich so stürmisch in eine Umarmung gezogen hatte. Mein Herz polterte wieder wild in meiner Brust – hätte ich's nich besser gewusst, hätte ich gesagt, dass es dort drinnen ne Party veranstaltet – , mein Gesicht glich einer Tomate und unfähig mich zu bewegen war ich auch. Ich konnte diesen einen Moment nicht einmal richtig genießen zu sehr musste ich widerstehen den mir dargebotenen Hals zu küssen. Ich konnte nur hoffen, dass er mich bald wieder losließ, was er glücklicherweise auch gefühlte Stunden später bereits tat und mich wie'n Honigkuchenpferd angrinste. Dort wo er mich berührt hatte – was ja irgendwie fast überall war – kribbelte es angenehm und ich wollte einfach nur, dass er mich wieder umarmte. Mir war nämlich auf einmal etwas kalt und er...war kuschelig warm gewesen... „Lass uns essen gehen!“ Ohne auf eine Antwort meinerseits zu warten zerrte er mich am Arm mit sich und ich hatte kaum mehr Zeit mir meine Tasche umzuhängen. Ich stolperte eher hinter ihm her, als das ich ging, was ihn aber weniger zu stören schien. Er hatte eine unglaublich gute Laune. Ich weniger, denn ich wurde einfach nicht schlau aus ihm... *~* Die Sonne strahlte hell in unser Zimmer. Ich musste gerade echt den Drang widerstehen die Boxen auf Maximum aufzudrehen und lauthals meine Musik mitzusingen, da ich eigentlich ja noch vorhatte mal mit einem meiner Brüder zu sprechen. Irgendetwas mussten sie mir ja sagen können! Des Weiteren war im Moment die ideale Zeit jemand anzurufen und ungestört zu telefonieren, weil Vjet vor etwa 5 Minuten duschen gegangen war. Außerdem musste ich mich ablenken, um nicht zum Bad zu gehen und ihm einfach mal etwas Gesellschaft zu leisten. Hm....würde er sich darüber freuen nicht so ganz alleine duschen zu müssen? Ausprobieren musste man es doch mal, oder? Doch bevor ich noch irgendwelche Dummheiten anstellen konnte – über meine eigenartigen Gedanken, die alle auf irgendeine Art und Weise mit dem Wuschelkopf zu tun hatten, wunderte ich mich schon gar nicht mehr...ich hatte mich den Vormittag über langsam daran gewöhnt – ,schnappte ich mir mein Handy vom Bett und wählte Max Nummer. Er würde mir da eindeutig besser helfen könne, schließlich hatte er schon einen Freund und Joe...ja...der kam nicht in die Hufen. Mochte wohl lieber auf ewig neben Alois herleben....schmachtend und ohne ihm je seine Gefühle gestanden zu haben. Wenn er meinte. Mein Leben war's ja nicht... „Was willst du?“, drang mir eine recht tiefe, aber angenehme und bekannte Stimme ans Ohr. Max. So höflich wie eh und je. „Vielleicht erst mal ein 'Hallo'?“ Manieren mussten ihm noch beigebracht werden. Aber er besserte sich langsam aber wahr, was wir nur Ryo zu verdanken hatten. Jeder aus unserer Familie hatte irgendwo seine kleinen Schwächen. Ich war tollpatschig. Max war von vornherein erstmal unhöflich. „Halloooo, mein kleiner, nerviger, Lieblingsbruder! Also was gibt’s?“, meinte dieser und ich wusste, dass er grinste. Er nannte mich oft so. Ich nahm's ihm auch nicht mehr übel. War's ja gewöhnt. „Hey. Ich brauch Hilfe...hab 'n Problem!“ Einfach mal mit der Tür ins Haus fallen. Mich interessierte schließlich nicht, wie's im ging – hatte ja eh gestern erst Fotos von ihm gesehen, weshalb es ihm gut gehen MUSSTE –, ob er schwanger war – was biologisch gesehen gar nich gehen würde – oder ob er endlich seinen verdammten Führerschein geschafft hatte, oder schon wieder durchgefallen war. Ich wollte Hilfe und ' nen Rat vielleicht auch noch. Mehr nicht. „Was hast du diesmal angestellt? Eine geschwängert? Deine neue Schule in Brand gesteckt? Aus'm 4.Stock gefallen und im Krankenhaus gelandet?“ Ich konnte ehrlich nur mit den Augen rollen. Schon alleine, dass er auf solche Ideen kam und sowas mir dann auch noch ernsthaft zutraute, zeigten, wie dämlich er manchmal sein konnte. Naja...wahrscheinlich hätte mir jeder, der mich kannte alles drei zugetraut. „Nein, nein und nochmals nein! Aber ich glaub ich verlier langsam den Verstand...“ Und schon hatte ich angefangen ihm alles zu erzählen, seit dem Tag, an dem ich hier aufgekreuzt bin. Was im großen und ganzen nicht viel war, war ja erst Vorgestern gewesen, aber ich erklärte ihm alles bis ins kleinste Detail. Auch die Szene, vor allem die Szene, wo ich den Blauäugigen fast geküsst hätte. Aber mal ehrlich. Ich ahnte böses, wenn ich mir selbst die Sache nochmal durch den Kopf gehen ließ... Kaum hatte ich meinem Bruder die komplette Geschichte erzählt, hörte ich ihn auf der anderen Leitung kichern. „Was gibt’s hier zu kichern?! Das is alles gar nicht witzig!“ „Ach Jess! Checkst du's echt nich?! Du hast dich doch eindeutig total in ihn verknallt!“ Ow fuck...klar hatte ich mich schon gefragt, ob ich mich vielleicht...ein klein wenig in ihn verguckt haben könnte, aber ich hielt es dann doch für unwahrscheinlich, da ich ihn ja erst seit 2 Tagen kannte. Aber wenn es sogar mein Bruder sagte! Dann...musste da doch was dran sein, oder? Ich war ja noch nie wirklich richtig verliebt gewesen! Woher sollte ich denn bitte wissen, wie es sich anfühlte und alles? „M-Meinst du echt?“ „Also so wie du mir das geschildert hast, denk ich schon...aber im Grunde musst du es selbst wissen. Bei mir und Ryo...da war da vom ersten Moment an als ich ihn gesehen hatte schon was. Es hat damals so richtig gefunkt...hach...“ Er geriet mal wieder ins Schwärmen, wie eigentlich immer, wenn er über seinen Freund redete. Es war wirklich beeindruckend zuzusehen, wie sehr die beiden sich doch noch liebten und aneinander hangen, obwohl sie schon so lange ein Paar waren – zumindestens für mich war es eine recht lange Zeit...ob es je jemand so lange mit mir aushalten würde? – … „Schon klar...aber ich war ja noch nie verliebt und außerdem kenn ich ihn kaum und....ich weiß nich mal ob er auch nur ansatzweise auf Männer steht!!!“ So verdammt viele Probleme! Er hat ja immer noch nichts gesagt wegen meiner Sexualität und wegen dem beinahe Kuss. Angst ihn selbst darauf anzusprechen hab ich auch, aber was anderes wird mir nicht wirklich übrig bleiben. „Weißt du, damals hab ich Ryo noch weniger gekannt als du den Typen da und trotzdem bin ich damals einfach auf ihn zugegangen und hab ihn um ein Date gebeten.“, erzählte er mir und so wie ich ihn kannte, schaute er mit einem verträumten Blick in den Park, der neben ihrer Wohnung lag. Klar, wär ich er würde ich auch einfach so auf jemanden zugehen. Ob ich ihn nun kannte oder nicht wäre nebensächlich. Max war so schrecklich selbstbewusst und wenn er etwas wollte, dann probierte er auch einfach alles, um es zu bekommen. Bei mir scheiterte es schon daran, dass ich eigentlich recht schüchtern war und niemals, wirklich NIEMALS freiwillig auf jemanden zugehen würde, den ich nicht kannte und von dem ich nicht einmal wusste auf welches Geschlecht er stand. Meinem Bruder war das damals ja egal gewesen... „Ach man Max! Du bist mir echt keine Hilfe!“ Deswegen würde ich einfach mal meinem Kopf gehorchen – tat ich ja eh fast nie – und würde Vjet einfach mal zur Rede stellen. Mich pisste es sowieso an, dass er immer noch nichts gesagt hatte...Er tat so, als wäre überhaupt nichts passiert! Das konnte doch nicht so weiter gehen, oder? Es wurde Zeit einmal Klartext zu reden! Anfangen würde ich gleich, wenn er durch diese Tür kam. Jawohl! Und ehe mein Bruder noch irgendeinen Schwachsinn hätte sagen können, hatte ich mich schon verabschiedet und aufgelegt. Außerdem wusste ich ganz genau, dass ich zu einem unpassenden Zeitpunkt angerufen hatte, aber das er mir dann trotzdem zuhörte fand ich eigentlich richtig nett von ihm. Hatte wohl irgendwie an meiner Stimme erkannt, dass etwas nicht in Ordnung war, denn sonst hätte er gleich wieder aufgelegt. Jaja...ich hatte das Keuchen und unterdrückte Stöhnen auf der anderen Leitung schon gehört....aber ich war mal so frei und hatte nichts gesagt... *~* Zehn Minuten später saß ich immer noch auf dem Fensterbrett und wartete IMMER NOCH darauf, dass dieser Idiot endlich mal fertig war mit duschen. Wie lang konnte jemand, der sich nicht wirklich aufstylte und alles – alles was ich eben tat – ,so lange im Bad brauchen? Ablenkung war mal wieder angesagt, weil mein Kopf gerade verschiedene (nicht unbedingt jugendfreie) Möglichkeiten durchging, was man so im Bad alles machen konnte...meine Musik musste mal wieder herhalten und diesmal setzte ich meinen Plan meine Boxen auf Maximum zu stellen in die Tat um. Schon wenige Sekunden später dröhnte mir Chris Crocker mit Second To None entgegen. Ich konnte – wie fast immer – nicht an mich halten und sang lauthals mit. Singen machte mir einfach Spaß und brachte mich auf andere Gedanken... Der letzte Ton des Liedes war verklungen und ich schreckte auf's übelste zusammen, als sich jemand mit „Jo Alter!“ meldete. Als ich mich – mein Herz hatte sich immer noch nicht von dem Schreck erholt– zu demjenigen umdrehte, sah ich Ra, der lässig an der geschlossenen Zimmertür lehnte. Er musste tatsächlich einen Schlüssel haben...den ich ihm unbedingt einmal abnehmen musste. Bevor ich ihn aber einmal meine Meinung geigen konnte, dass man nicht einfach so in fremde Zimmer platzen sollte, stellte ich die Boxen ab. Anders würde er mir ja sonst gar nicht zuhören! „Boah erschreck mich doch nicht so! Ich krieg nen halben Herzkasper!“, beschwerte ich mich bei dem Jüngeren. Ja so wie ich heute erfahren hatte, war ich sogar der Älteste in meiner Klasse. Lag aber nur daran, dass ich ein Jahr wiederholen musste, weil ich ja vorher in Italien gelebt hatte. Deswegen war ich eben schon 17 und die anderen so um die 16 rum. Mich störte es aber eher weniger. „Du sag mal, seit wann kannst du so gut singen? Und wieso hast du mir nix davon gesagt??“ Leicht verwirrt blickte ich den Größeren an, der über das ganze Gesicht strahlte. Fast so, als hätte er Jesus höchstpersönlich gesehen. „Wir suchen jetz schon seit über 3 Monaten nen neuen Sänger für unsere Band, weil Nick seinen Abschluss gemacht hat und jetz weg is nach Kiel.“ Ja und was sollte mir das jetz...warte... „Neuen Sänger??“ „Ja! Ich bin Gitarrist in unserer Schulband und wir brauchen dringend einen neuen Sänger sonst sind wir im Arsch. Du hast nicht zufällig Bock bei uns zu singen?“ Wow...hatte ich nicht gestern erst gehofft, dass es hier `ne Schulband gibt und die `nen neuen Sänger brauchen? Anscheinend hatte ich einmal Glück! Und...Ra fragte mich, ob ich bei ihnen singen würde! Mich durchströmte....ein unglaublich tolles Glücksgefühl. Ich wollte schon lange mal in einer richtigen Band singen! „Also -“ „Nein! Du MUSST bei uns singen! Dir bleibt gar nichts anderes übrig, Jess! Und wenn nicht...dann sag ich einfach Vjet, dass er seinen Schmollmund bei dir einsetzten soll und dann wirst du eh bei uns singen. Wir brauchen dich einfach! Du hast 'ne unglaublich tolle Stimme. Genau sowas brauchen wir in unserer Band!“ Öhm...er wollte mich nicht mal mehr ausreden lassen, aber ich wollte ja sowieso zusagen, also war es doch gut für ihn. Außerdem musste ich mich, wenn ich gleich zusagte, nicht Vjets Schmollmundattacke aussetzen. Die würde ich nicht überlebt. Aber der andere schien ja doch recht verzweifelt. Musste wohl echt schlecht um die Gesangstalente an unserer Schule stehen... „Ich wollte doch sowieso zusagen, Junge!“, hielt ich ihn davon ab noch weiter wie ein Wasserfall auf mich einzureden. Ich hatte ganz genau gesehen, dass er mich weiter zutexten wollte. Bei sowas bekam ich die Krise! „Echt? Wie geil! Jess du bist die Rettung für unsere Band, sonst müssten wir uns auflösen, aber jetzt...“ Voller Euphorie stürzte er sich auf mich und drückte mich fest an sich. Es war nicht unangenehm, aber eben nicht das selbe, als wie wenn es Vjet wäre. Bei ihm heute Mittag war da dieses Kribbeln, dieses Herzklopfen und diese beschissenen Ameisen, die in meiner Bauchgegend rumtrampelten. „Stör ich?“ Und genau jetzt hatte ich ein Déjà-Vu. Nur das ich es letztens war, der das „Stör ich“ gesagt hatte und es nicht Vjet war, der – nur mit einem Handtuch um den Hüften und nassen, verstrubbelten Haaren – in der Zimmertür stand. Ich spürte, wie mir das Blut in die Wangen schoss, denn ich konnte nicht anders als seinen makellosen Oberkörper zu betrachten. Es waren leichte Anzeichen von Muskeln zu sehen...des Weitere hatte er – und das fand ich ja unheimlich attraktiv – ein Tattoo in Form eines Sterns seitlich auf der rechten Hüfte. Ich musste einmal kräftig Schlucken, um nicht zum sabbern anzufangen und den Blick abwenden zu können. Hoffentlich hatte er nicht gemerkt, dass ich ihn so ungeniert angeglubscht hatte... „Ne, tust du doch nie!“, grinste Ra, dem die Tatsache, dass einer seiner Kumpel halbnackt vor ihm stand eher weniger interessierte und legte mir freundschaftlich einen Arm und die Schultern. „Aber der Kleine hier hat gerade zugestimmt, der neue Sänger unserer Band zu werden!“ „Na is doch toll“, lächelte der Braunhaarige. „Und Jessy kann ja zumindestens singen! Nich so wie die anderen, die probiert haben in die Band zu kommen.“ Also gab's schon mehrere die rein wollten? Dann musste ich mich ja glatt geehrt fühlen, dass ich gefragt wurde und nicht fragen musste! „Eeeeeeben, Vjet, eben! Ich seh's jetz schon kommen. Wir werden richtig durchstarten mit Jess als Sänger...Naja...da das jetzt geklärt wäre, geh ich mal Eli vom Tennistraining abholen und lass euch zwei Turteltauben mal alleine!“ Und so schnell er in dieses Zimmer eingedrungen war, war er auch schon wieder aus jenem verschwunden und ich war alleine mit Vjet...der immer noch nicht mehr anhatte. Fuck...wenn der sich nicht langsam mal etwas mehr anziehen würde, würde ich über ihn herfallen. Das ich ja eigentlich mit ihm Klartext reden wollte, war schon lang wieder vergessen, zu sehr lenkte mich dieser unglaubliche Anblick ab. Noch nie wollte ich jemandem so nahe sein wie ihm jetz gerade...noch nie hatte ich so sehr das Bedürfnis jemanden zu berühren und zu küssen. Mein Bruder hatte wahrlich recht. Ich hatte mich hoffnungslos in Vjet verliebt... ------------------------------------------ to be continued Kapitel 5: Und jetzt...? ------------------------ 5. Und jetzt...? […] ich war alleine mit Vjet...der immer noch nicht mehr anhatte. Fuck...wenn der sich nicht langsam mal etwas mehr anziehen würde, würde ich über ihn herfallen. Das ich ja eigentlich mit ihm Klartext reden wollte, war schon lang wieder vergessen, zu sehr lenkte mich dieser unglaubliche Anblick ab. Noch nie wollte ich jemandem so nahe sein wie ihm jetz gerade...noch nie hatte ich so sehr das Bedürfnis jemanden zu berühren und zu küssen. Mein Bruder hatte wahrlich recht. Ich hatte mich hoffnungslos in Vjet verliebt... *** Ich schätzte ungefähr 10 Minuten. Was ich damit meinte? Mindestens 10 Minuten waren es jetzt wo wir uns einfach nur gegenüberstanden, uns in keinster Weiße bewegten und schwiegen wie ein Grab. Meine Augen konnte sich außerdem auch nicht von dem Körper vor mir losreißen, aber wollte ich das denn? Vjet sah wirklich einfach nur zum anbeißen gut aus und ich als fast Erwachsener, aber doch immer noch Jugendlicher konnte einfach nicht anders als seinen für mich makellosen Oberkörper anzustarren. Was er jetzt über mich dachte war mir auch schon vollkommen egal geworden – Wie eigentlich immer, wenn irgendetwas total...verwirrendes, aber gleichzeitig umwerfendes passierte – . Genau dann, als ich gemerkt hatte, dass da doch mehr war als nur einfaches Schwärmen für einen hübschen Jungen. Weitaus mehr, auch wenn es immer noch nicht wirklich in meinen Kopf rein wollte. Er wollte es noch nicht akzeptieren, aber wer scherte sich schon um seinen Verstand? Ich jedenfalls nicht, denn wenn es nach ihm ginge, wäre alles was auch nur ansatzweise mit dem braunen Wuschelkopf zu tun hätte, verboten. Sagte zumindestens mein Verstand. Na wenn er meinte... Nach weiteren endlos erscheinenden Sekunden in denen mein Kopf weiter solche Gedankenkotze fabrizierte wurde es Vjet anscheinend dann doch zu blöd, weshalb er zum Schrank tapste, um sich Klamotten rauszusuchen. Hm...musste 'n bisschen kalt sein so halbnackt....Hätte er sich gefreut, wenn ich ihn ein bisschen gewärmt hätte? Also wenn er eng an mich gedrückt dagestanden hätte, mir irgendwelche versauten Sachen ins Ohr geflüstert hätte... mir wäre schon nach 'ner gewissen Zeit warm geworden. Aber das sagte ich ihm lieber mal nicht. Musste ja nicht jeder wissen, welche versauten Gedanken ich manchmal hatte. Wenn jemand gewusst hätte, wie ich dieses Ding namens Kopf einmal ausstellen könnte, er hätte es mir unbedingt sagen sollen! Wäre echt praktisch gewesen und hätte mich wahrscheinlich das ein oder andere Mal schon vor peinlichen Situationen gerettet... Was sollte ich jetzt eigentlich tun? Ich stand immer noch wie bestellt und nicht abgeholt im Zimmer, wobei mein Blick auf dem Rücken von meinem Mitbewohner lag. Fasziniert beobachtete ich das Spiel seiner Muskeln, wenn er nach einem Kleidungsstück griff oder einfach nur seine Sachen nach etwas passendem durchsuchte. Jess...ich glaube, der will sich hier umziehen! Dreh dich lieber gaaaaaanz schnell um, nicht dass deine – sowieso kaum vorhandene – Selbstbeherrschung noch flöten geht. Und einmal in meinem ereignisreichen Leben, hörte ich auf das was mein Hirn so vor sich hin quakte, drehte mich schneller als die Polizei erlaubte Richtung Fenster um und bewundert gespielt die kleinen Wölkchen am Himmel, die aussahen...wie Wolken. Sehr spannend, musste man schon sagen! Ein leises Lachen hinter mehr forderte meine Aufmerksamkeit. „Du kannst dich ruhig wieder umdrehn, Jessy. Bin fertig mit umziehn.“ Und als ich mich umdrehte, stand da wieder Vjet vor mir in seinen übelst tollen und figurbetonten Klamotten, ohne die er einfach nich er wäre. Ich spürte wie meine Wangen sich rötlich färbten und könnte mich im nächsten Moment einfach nur schlagen, dafür, dass ich ihn vorhin so angestarrt hatte. Oh mein Gott wie peinlich war das denn bitte gewesen?! Und wieso fällt mir das immer erst danach auf?! Wo war dieses verdammte Loch, wenn man es mal brauchte? Vjet schien es ja egal zu sein, denn der saß schon wieder an seinem Schreibtisch und holte seine Schulsachen raus. Stimmt...ich hatte ihm versprochen in Mathe zu helfen...weil...ja weil Eli es gesagt hatte und der Wuschelkopf mich dann so treudoof angeklotzt hatte. Ich wollte wieder nach Hause... *~* Gelangweilt und total müde lugte ich auf mein Handy. 22.48 Uhr. Uuuuuuuh es wurde langsam Zeit schlafen zu gehen. Den ganzen restlichen Nachmittag über hatte ich Vjet bei Mathe geholfen und – oh welche Wunder – er hatte zumindestens mal den Stoff der 9ten verstanden. Das er es überhaupt geschafft hatte bis in die 10. Klasse zu kommen grenzte schon an Zauberei. Jedenfalls war er nun um einiges schlauer und glücklicher und ich...nicht. Die Themen, die ich eigentlich mit ihm bereden wollte, wurden nicht aufgegriffen, schon eher peinlichst übergangen. Zumindestens von meiner Seite aus, denn meinem Zimmergenosse war das alles ja sowieso schnurzpiep egal. Wie die Sache mit meiner Sexualität und die Sache mit dem beinahe Kuss... Immer noch am Schreibtisch sitzend überlegte ich mir, wie ich wohl am besten auf diese Themen hinleiten könnte...und mir viel eindeutig nichts ein. Einfach so mit der Tür ins Haus fallen wollte ich bei solchen Sachen auch nicht unbedingt. Vor allem wenn es um den Jüngeren ging. Schließlich bedeutete er mir etwas...etwas viel... „Ich geh mal Zähne putzen und abschminken“, meinte ich nach weiteren 2 Minuten des Kopfzerbrechens. Vjet war bereits vor gut einer halben Stunde im Bad gewesen und war gerade noch am rechnen einer...recht einfachen Neuntklässler Aufgabe. Während ich im Bad stand und mich bettfertig machte, dachte ich weiter fieberhaft darüber nach, wie ich am besten anfangen konnte. Am liebsten wäre es mir, wenn er anfangen würde mit dem reden, aber...wenn er vorher schon nichts dazu gesagt hatte, wieso sollte er es dann jetzt auf einmal und ohne einen Grund tun? Vielleicht...musste ich ihm einen Grund geben! Sollte ich wieder so eine Aktion wie mit dem Kuss starten? Oder doch lieber einfach gleich ins Zimmer stürmen, mich auf ihn stürzen und ihn zu Tode küssen? Gute Idee! Und was tat ich? Nichts. Ich hatte mich bloß bis auf die Boxershorts ausgezogen – da es heute wirklich unglaublich stickig und heiß im Zimmer war sogar mein T-Shirt – und machte es mir auf meinem Bett bequem. Dem Braunhaarigen war es noch nicht mal wirklich aufgefallen, dass ich wieder da war, so konzentriert war er wegen dieser einen Aufgabe. Aber ich musste schon zugeben. Anstrengen tat er sich ja schon...auch wenn er mindestens 5mal nachfragen musste, weil er es selbst dann fast noch nicht verstanden hatte. Ich war viel zu hilfsbereit geworden. Oder zu verliebt... Die Hände hinter meinem Kopf verschränkt und an die Decke starrend dachte ich über Gott und die Welt. Okay...über Gott eher weniger. Zwar war ich katholisch, aber glaubte nicht an Gott und Geister und Engel und so 'n Kram. Das war mir alles viel zu blöd. So wie Vjet Mathe zu blöd war. Apropos...ich fühlte mich beobachtet. Natürlich wusste ich wer es war, aber dieser Blick, den ich da auf mir spürte...machte mich zusehendst nervös. Allzu lange würde ich diesem Blick nicht standhalten können... Ein unglaublich nerviges Gefühl machte sich in meiner Bauchgegend breit. Nicht. Zum. Aushalten. „Boah was glotzt du so?!“ Ich stütze mich auf meine Hände und funkelte ihn genervt an. Aber anders als ich erwartet hatte smilte er mich mal wieder so unverschämt toll an, dass mein Herz Tango tanzte. Irgendwann würde ich dieses Ding aus meiner Brust reißen und es aus dem Fenster werden. Wie weit es wohl fliegen würde? „Ich würde sagen, dass ist nur fair! Schließlich hast du mich heute auch 'ne Weile angestarrt.“ Okay. Der Gedanke, er würde nicht selbst auf eines der Themen zu sprechen kommen, hatte sich gerade erledigt. Aber...dass er so fies war und es mir so heimzahlen wollte, fand ich unglaublich scheiße. Ich mochte es noch nie wirklich wenn man mich anglotzte. Die Menschen heutzutage waren alle viel zu neugierig. Und sah man mal etwas anders aus als der restliche Durchschnitt, dann musste man ja schaun und beobachten. Könnte ja ein Außerirdischer sein oder so! Zum verrückt werden war das... Bei dem Wuschelkopf war es zwar ein anderer Grund, wieso er nicht so starren sollte, aber das was ja jetzt gerade nebensächlich, denn dieser musterte mich immer noch. Dieses Grinsen, dass sich dabei auf seine Lippen gelegt hatte und dieses Funkeln in den Augen waren geradezu zum verrückt werden. „Kay...ja...nein...doch...nein“, stotterte ich so vor mich hin. Wie gesagt, sein Blick machte mich nervös und wenn ich nervös war, fing ich gerne mal an zu stottern. Wie gerade. Ich wusste nicht einmal mehr was ich überhaupt sagen sollte! In meinem Kopf herrschte nur noch ein Gedanke: Vjet küssen. Jetzt. Sofort. Doch bevor ich auch nur die Chance dazu bekam einmal richtig aufzustehen, fiel Vjet in schallendes Gelächter. Er lachte mich aus. Dieser Arsch! „Hör gefälligst auf zu lachen!“ „T-Tut mir...haha...leid...aber...haha...du siehst zu süß aus...haha...wenn du...so ein Gesicht...haha...ziehst...“ Er kugelte sich halb auf dem Boden vor Lachen, aber es dauerte auch nur einen Moment, dann hatte er sich wieder einigermaßen gefangen und wischte sich die Lachtränen aus den Augenwinkeln. Ehrlich was war daran gerade bitte so witzig? Diesen Kerl musste man echt einmal verstehen. War ja nicht zum aushalten! „Sorry. Is schon gut. Ich hör ja schon auf!“, kicherte er, machte die Schreibtischlampe aus und legte sich auf sein Bett. Er wollte langsam wohl auch mal schlafen gehen. „Pfff!“ Beleidigt darüber, dass er einfach so über mich gelacht hatte, legte ich mich ebenfalls wieder hin und drehte ihm den Rücken zu. Vjet konnte mich mal kreuzweise. „Nich beleidigt sein, Jessy~“ Hatte ich gerade richtig gehört? Hatte er meinen Namen gerade wirklich total sexy geschnurrt? Wenn das überhaupt ging...aber...ich träumte wohl. Oder? Ich war verwirrt. „Nacht“, brummte ich und kuschelte mich in meine Decke. Mein Bruder fehlte mir. Ich bräuchte jetzt jemanden zum kuscheln, jemanden der mich wärmte und einfach bei mir war. Jemand der nicht unbedingt braune Haare und lapislazuli-blaue Augen hatte. Morgen mein zweiter Schultag. Wie schnell doch die Zeit hier verging. Ich war jetzt schon seit gut 3 Tagen hier. Was wohl meine restliche Familie so trieb? „Die auch 'ne gute Nacht und Kleiner?“ Ich murmelte ein leises und undeutliches „was“, woraufhin der Wuschelkopf leise kicherte. Ich mochte sein Kichern. Es klang nicht mädchenhaft im Gegensatz zu meinem. Eigentlich mochte ich ja irgendwie alles an ihm...Seine Augen, sein Mund, sein Körper, seine Haare – durch die ich unbedingt einmal wuscheln wollte – und auch sein Charakter sprach mich ja riesig an... „Der Bauchnabelpiercing sieht einfach nur hammer an dir aus.“...und schon hatte ich einen Grund, wieso ich die ganze Nacht kein Auge zu bekommen würde... *~* „Du sag mal...“ „Hm?“ Eher uninteressiert blickte ich zu Eli, wobei ich mich erst einmal von einem viel besseren und interessanteren Anblick losreißen musste. Die Mittagspause hatte gerade begonnen, weshalb wir – damit meinte ich Vjet, Eli, Ra und mich – , nachdem wir zuerst die Mensa unsicher gemacht hatten, es uns mit unseren neu erworbenen Nahrungsmitteln irgendwo zwischen dem Schulgebäude und den Wohnheimen gemütlich gemacht hatten. Wenn meine – ich nannte sie jetzt einfach mal Freunde, ob sie das nun wirklich waren sei dahingestellt – Freunde sich jetzt alle auf einmal in Luft aufgelöst hätten....ich hätte höchstwahrscheinlich nicht mehr zurückgefunden. Sei es nun zur Schule oder zum Wohnheim, denn dieses komplette Schulgelände war...groß! Mehr als groß, wenn man mal bedenkt, dass es hier ein riesiges Schulgebäude, zwei Wohnheime für 4 Jahrgangsstufen, eine große Sporthalle, eine Aula, ein eigenes Hallenbad, Fußballplatz und was weiß ich noch alles gab!...Aber sie hätten mich ja auch nicht einfach in so in Stich gelassen....oder? Naja...also...Eli und meine Wenigkeit hatten es uns auf eine der hier unzählig 'rumstehenden Bänke breit gemacht. Alles in allem war das hier eine recht große, ebene Fläche, auf der man locker ein kleines Konzert hätte halten können wäre in der Mitte nicht ein kleiner Teich mit ebenso kleinen Fischchen angelegt worden. Es erinnerte mich stark an einen kleinen Park und doch hübsch und einfach perfekt, um die Zeit tot zu schlagen. Der Junge mit den lapislazuliblauen Augen und...Ra – seine Augenfarbe hatte ich irgendwie vergessen – saßen etwas weiter von uns weg vor dem kleinen Teich. Wie Vjet da so saß, dieses unwiderstehliche Lächeln auf den Lippen...einfach zum... „Jess!“ Etwas erschrocken drehte ich mich nach Links. Simmt. Da war ja noch einer. Eli grinste wie immer, sah aber etwas genervt aus....aber wi... Shit! Ich hatte schon wieder gestarrt und geschwärmt auch noch! Ich war dabei so in Gedanken an Vjet gewesen, dass ich vergessen hatte, dass noch jemand neben mir saß! So hatte ich mich ja noch nie erlebt...Ich hatte gar nicht richtig mitbekommen, dass ich schon wieder zu ihm geschaut hatte. Er zog meinen Blick einfach an. Meine Augen suchten von vornherein erst einmal den braunen Wuschelkopf. An sowas...musste ich mich hoffentlich nicht gewöhnen! Sowas durfte mir wirklich nicht öfters passieren... „Ich wär dir sehr verbunden, wenn du mir auch zuhören würdest, wenn ich was sage.“ Das Grinsen des anderen wurde noch eine Spur breiter. Das das überhaupt noch ging?! „Vjet kannst'e später auch weiter anstarren. Der läuft nämlich nich weg, keine Sorge!“ Nach so richtiger What-The-Fuck-Manier starrte ich ihn an. War...ich also wirklich so offensichtlich? Oh fuck nein! Wenn es Eli schon bemerkt hatte, dann Ra doch sicherlich auch und dann...Vjet! Okay Jess. Bleib auf dem Teppich. Alles halb so wild. Die beiden hatten es sicher nicht gecheckt...ruhig atmen...gleichmäßig... „Hey chill mal, Jess! Ich seh' sowas immer auf den ersten Blick. Muss also nich heißen, dass es noch wer gemerkt hat wie du ihn ansiehst.“ Sein wohl aufmunterndes Lächeln, welches er mir schenkte, beruhigte mich kein bisschen. Ehrlich, wie konnte es überhaupt passieren?! Ich dachte ja immer, dass es die Liebe-auf-den-ersten-Blick nur in total kitschigen Romanen und im Fernsehen gab...aber ich wurde eindeutig eines besseren belehrt. Wieso immer ich?! „Lächel doch mal!“ Er stupste mich leicht in die Seite. Ein Seufzer entkam meinem Mund. „Is doch schön, wenn du in jemanden verliebt bist! Und ehrlich ich sag's ja auch keinem.“ Ihm musste mein leicht zweifelnder Blick aufgefallen sein, denn er setzte noch ein „ehrlich nich“ hinterher und grinste mich erfreut an. In dieser Sache musste ich ihm wohl oder übel vertrauen... Irgendwie erschien mir der Typ eh von Tag zu Tag sympathischer! Ich wusste auch nicht an was das lag, aber ich hatte das Gefühl, dass es nicht schlecht war in als Freund zu haben. „Jedenfalls was ich sagen wollte, ich könnte mich auch täuschen, aber is vielleicht...najaaa...irgendetwas passiert? Gestern?“ Ich war verwirrt. Was meinte er damit? Doch nicht etwa, dass ich über ihn hergefallen bin oder so!!! Oh my god...zu sowas wäre ich nie im Leben im Stande. Dafür war ich dann doch zu schüchtern. Und peinlich wär das auch noch. Jedenfalls wusste ich immer noch nicht was er konkret meinte, doch glücklicherweise erklärte er von sich aus was er damit sagen wollte. „Na irgendein Streit oder ähnliches. Du hast heut kaum mit ihm geredet und ihn nur nachdenklich angesehen. Ich fand's halt einfach nur 'n bisschen komisch, weißt'e?“ Durch ein Nicken meinerseits bestätigte ich es ihm, aber...sollte ich es ihm wirklich erzählen? Vor ein paar Tagen fand ich ihn ja noch recht...scheiße. Hmmm...Irgendwie war Eli aber auch der einzige mit dem ich darüber reden könnte! Schließlich war er schon eine Weile mit Vjet befreundet. Vielleicht könnte er mir auch helfen...Gut. Ich konnte ja gar nicht anders! Augen zu und durch! „Naja also, es fängt alles damit an, dass Vjet vom Aussehen und auch vom Charakter her total mein Typ is. Und Sonntag, als er so mit mir auf'm Bett saß, vorher nichts dazu gesagt hatte als er erfahren hatte, dass ich bi bin – ja nich mal das Gesicht verzogen oder sonst was hat er! – ja, da konnte ich einfach nich anders und wärt ihr nich 'reingekommen hät' ich ihn sicherlich geküsst!“ Ich machte eine kurze Pause, um Luft zu holen. Oder auch einfach damit es mehr dramatischer erschien...was eigentlich total sinnlos war. „Nachdem er dann gestern vom Duschen kam konnte ich nich anders als seinen Oberkörper anzustarren. Meine Augen wurden ja regelrecht angezogen von ihm! Weißt du wo hier das Problem liegt? Das er nie wirklich 'n Wort drüber verloren hat. Nur das er meinen Bauchnabelpiercing hammer findet. Aber...es is schrecklich nich zu wissen was er denn von mir denkt und alles! Das macht mich einfach fertig, ja?!“ Meine Stimme kam mir unnatürlich laut vor gegen Ende hin, doch schienen Ra und Vjet nicht auf uns zu achten. Puhhh...mir ging es gleich besser. Das alles mal direkt ausgesprochen zu haben tat wirklich gut. Helfen tat's mir aber trotzdem nicht wirklich. „Du machst dir zu viele Gedanken, Jess!“ Elis Stimme riss mich aus meinen Gedankenwirrwarr. Auch als ich ihn anschaute merkte ich, dass er nicht wie sonst ein Grinsen oder Lächeln auf den Lippen trug. Nein. Er war vollkommen ernst und in seinen Augen sah ich nichts anderes als Verständnis, Ernsthaftigkeit und...war da noch Eifersucht? Oder täuschte ich mich da? „Vjet hat dich bis jetz kein einziges Mal abgewiesen, noch hat er dir irgendwie verständlich gemacht, dass er dich nicht mag. Wieso willst du wissen, wie er darüber denkt? Eigentlich solltest du doch schlau genug sein um zu checken, dass es Vjet anscheinend am Arsch vorbei geht ob du jetz hetero-,bi-,schwul-,pan-,a- oder sonst-was-sexuell bist! Er mag dich. Denn wenn er das nich würde, hätte er's dir schon längst gesagt. Also zerbrich dir darüber mal nich dein kleines Köpfchen, Jess!“ Und nun war wieder ein Lächeln auf seinem Gesicht erschienen. Ein aufrichtiges. Wie kam ich nur auf den Gedanken, Eli sei nervig und einfach nur scheiße?! Wenn ich nich auf Vjet gestanden hätte, hätte ich Eli einen Heiratsantrag gemacht! Er hatte mir so unglaublich geholfen...Ich wusste auch gar nicht, dass er neben dem Dauergrinsen auch noch eine ernste Seite hatte. Also war es doch ganz praktisch mit ihm befreundet zu sein, wenn er immer mal wieder diese Seite an ihm zeigte und mir Tipps gab.... Eigentlich wunderte ich mich ja, dass ich nicht selbst drauf gekommen war, dass Vjet mich irgendwie zu mögen schien! Ist ja eigentlich auch recht klar, dass der Wuschelkopf was für mich übrig haben musste. Ich sagte und zeigte ja auch immer jeden, ob ich ihn nun leiden konnte oder nicht! War ja normal. Lügen war schließlich schlecht! Okay...ich tat's auch. Hin und wieder mal. Ich war halt auch nur ein Mensch, der Fehler machte und Scheiße baute. Jedenfalls...war die erste Hürde überwunden. Jetzt musste ich mir nur noch überlegen wie ich weitermachen sollte, denn eines stand klipp und klar fest: Ich würde Vjet für mich gewinnen! ----------------------------------------------------------- to be continued... Kapitel 6: Brüder ----------------- 6. Brüder […] Jedenfalls...war die erste Hürde überwunden. Jetzt musste ich mir nur noch überlegen wie ich weitermachen sollte, denn eines stand klipp und klar fest: Ich würde Vjet für mich gewinnen! *** Wochenende. Eines der Worte, dich ich am meisten auf dieser Welt liebte und verehrte, denn was hieß Wochenende? Keine Schule!! Das war auch der Grund wieso ich jetzt hier bei meinem großen Bruder Max in der Wohnung saß und Tee trank. Eigentlich stand ich ja eher weniger auf Tee sondern mehr auf Kaffee, aber bei dem Schwarzhaarigen in der Wohnung konnte man echt lange suchen, man würde hier kein Krümel Kaffeepulver finden, was ich recht schade fand. Doch bevor ich die Geschichte weitererzähle, sollte ich lieber einmal aufzählen, was die restliche Woche noch so alles passiert ist...wobei es ja nicht wirklich wichtig ist. Mit Eli verstand ich mich von Tag zu Tag mehr, Ra war echt 'n super Kumpel und Vjet...der war immer noch heiß, so heiß, dass ich nicht mal wirklich einen Plan hatte, wie ich sein Herz denn nun gewinnen konnte und irgendwen mit reinziehen in meine – lächerlichen – Probleme wollte ich auch nicht. Nur Max, denn der hatte mich Freitag angerufen und gefragt, ob ich Sonntag nich einmal vorbeischauen wollte. Was ich dann auch gleich meinem Zimmergenossen berichtet hatte, der – ich könnte mich auch getäuscht haben, war mir aber doch ziemlich sicher – etwas nun ja...traurig ausgesehen hatte, als ich es ihm erzählte. Aber kaum einen Minute später, zeigte er wieder sein unglaubliches, scheiß Herzklopfen bereitendes Lächeln und beschloss einfach mal ohne mich zu fragen, dass wir dafür Samstag in die Stadt gehen würden. Ich hätte ja am liebsten „nein“ gesagt, weil ich echt kein Bock auf Stadt hatte, aber...ich wurde ein klein wenig abgelenkt und mein Kopf entwickelte ein Eigenleben, weshalb ich nur nickte. Wie sich später herausstellte, war es die reinste Qual mit dem Wuschelkopf in die Stadt zu gehen, beziehungsweise Shoppen zu gehen, denn kaum waren wir an einem Schaufenster vorbei gegangen, hatte er wieder irgendetwas – angeblich – total tolles entdeckt, dass er dann natürlich unbedingt hatte anprobieren wollen. So viel, wie ich an diesem Tag durch die Altstadt gelaufen war, war ich seit mindestens 5 Jahren nicht mehr gelaufen. Etwas gutes hatte es ja: ich konnte mir die Stadt mal etwas genauer ansehen, weil ich hier ja vollkommen neu war und mich kein bisschen auskannte. Außerdem – und ich wollte mir es eigentlich nicht eingestehen – hatte ich schon lange nicht mehr so viel Spaß gehabt, wie mit Vjet. Er brachte mich zum Lachen, mein Herz zum schneller schlagen – auf das ich wenn ich's mir recht überlege eigentlich verzichten konnte – und ich fühlte mich in seiner Gegenwart unglaublich wohl. Ach...hatte ich schon erwähnt, dass er einfach nur anbetungswürdig war? Als wir dann gegen 21 Uhr am Internat ankamen, fiel ich auf's Bett und wollte nie wieder aufstehen, so sehr taten mir meine armen, kleinen Füße weh. Irgendwann würde ich's meinem Mitbewohner heimzahlen, das schwor ich mir, doch Gedanken wie konnte ich mir am selben Tag nicht mehr machen, denn kaum hatte ich mich umgezogen und wieder ins verdammt bequeme Bett gelegt, war ich auch schon weggepennt. Und träumte echt so einen Schmarn zusammen, das konnte sich keiner vorstellen. „Also damit ich das verstanden hab, du hast geträumt, dass du eine Prinzessin bist und Vjet dein Prinz, der dich aus den Armen des Bösen Drachen Ra und dessen Zauberer Eli befreit?“ Ich konnte genau sehen, wie mein Bruder kurz davor war einfach nur noch los zu lachen, so witzig fand er anscheinend meinen – für mich wunderschönen – Traum. Was konnte ich denn dafür, dass ich sowas träumte?! „Ja hab ich doch gerade gesagt!“, sauer blickte ich ihn an, weil er mich nicht ernst nehmen konnte. Okay...wäre ich an seiner Stelle, könnte ich es wahrscheinlich auch nicht, aber ich bin's nicht, deswegen regte es mich ja auch so auf. Total sinnlos, wie ich nach längeren überlegen mal wieder feststellte. „Hahaha, wie geil man! Habt ihr dann auch noch total kitschig geheiratet?“ Er unterdrückte das Lachen, was er aber nicht wirklich hin bekam. Was hatte ich für bescheuerte Geschwister? Und wo war eigentlich Ryo hin verschwunden? Kurz bevor ich angefangen hatte meinen Traum zu erzählen, war er auf einmal abgehaun, ohne ein Wort zu sagen wohin, doch wenn ich Max so ansah...er wusste wo er war, da war ich mir ausnahmsweise mal sicher. Aber was hätte ich jetzt nur dafür geben, dass der Asiate wieder kam? Er hätte meinen Bruder im Zaum halten können, damit er mich hier nicht vollkommen lächerlich und nieder machte. Manchmal da hätte ich ihn gerne einfach im Tierheim gegen so ein süßes Hündchen umgetauscht. „Nein haben wir nicht und jetz hör gefälligst auf zu Lachen!“ Der ging mir langsam echt auf den Keks. So ein verdammt penetrantes Lachen, kein Vergleich zu Vjet mit seiner wohlklingenden, melodi- Shit man! Ich durfte nicht so oft an ihn denken. Das war weder gut für mich noch gut für ihn, da ich mich sonst nur weiter in ihn verguckte...ablenken Jess! „Sorry, fratellino*. Aber es is echt einfach nur zum Ablachen.“ Er grinste mich immer noch an wie ein Bekiffter. „Hmmm...hast du dir eigentlich schon überlegt, was du wegen ihm machst? Willst du's ihm sagen oder noch warten?“ Max hatte endlich wieder ein ernsteres Gesicht aufgesetzt, grinste aber immer noch leicht. Naja. Sagen wollte ich's ihm vielleicht iiiiiiiiirgendwann einmal in ferner, ferner, ferner Zukunft, doch ich glaubte, dass ich es nicht aushalten würde, wenn ich es ihm nicht sagen würde. Die Frage also ist eher 'wie' ich es ihm nun am besten mitteilte, ohne ihn zu vergraulen et cetera, weil...mit dem Gedanken, ihn für immer zu verlieren, konnte und wollte ich nicht leben. „Ja...also...sagen will ich's ihm schon irgendwie, aber ich will ihn halt nich verlieren, wenn er mich jetz nich so sehr mag und so, verstehst du?“ „Kann ich verstehen, ja. Doch wie willst du's ihm denn dann sagen? Ihn versuchen ihn rumzubekommen oder was?“ Ein Zwinkern in meine Richtung und als er merkte, dass ich ihn ausdruckslos ansah und er in meinen Augen sowas las wie 'du hast es erfasst', fing er wieder an von einem Ohr zum anderen zu Grinsen. Musste ihm ja echt Spaß machen mich zu nerven. „Ohooo!“ Jeden einzelnen dummen Buchstaben zog er extra lang, wobei er noch nebenbei vielsagend mit den Augenbrauen wackelte. Was hatte ich nur getan? Ich wusste jetzt schon was gleich auf mich zukommen würde. Ich durfte mir Max sehr bekannten Flirttipps anhören, die ich aber schon so oft von ihm gehört hatte, dass ich sie sogar schon im Schlaf aufzählen konnte. Bereits gelangweilt nippte ich an meinem lauwarmen Apfeltee. Apfeltee schmeckte immer noch am besten fand ich. Und Earl Grey! Gott, wie ich diesen Tee liebte, aber...ich schweife vom Thema ab. „Max, bitte komm jetz nich wieder mit deinen albernen Flirttipps. Ich hab die jetz schon so oft gehört und bringen tun die doch eh nichts.“ Zumindestens versuchen ihn davon zu überzeugen, dass es sinnlos war, die mir wieder aufzuzählen. Ein Blick auf meinen geliebten Bruder verriet mir, dass er nicht so dachte. „Fratellino*, glaub mir, mir haben diese Tricks total geholfen! Schon mehrmals, bist du dir da sicher, dass ich sie dir nich alle nochmal sagen soll?“ War ja klar, dass sie bei ihm geholfen hatten, schließlich sah er aus wie als wäre er einem Modemagazin entsprungen und Charme hatte er wie kein zweiter, aber bei mir hätten die niemals gewirkt. Vor allem nich bei einem Typen wie Vjet. Da fiel mir auf, dass ich total wenig über den Wuschelkopf wusste....Verdammt. „Bin mir da sicher..“, nuschelte ich, während ich meinen Tee nun vollkommen leer trank. „Sag mal, wo ist eigentlich Ryo hin verschwunden?“ Schön ablenken. Hatten ja genug über mich geredet, wurde Zeit, dass wir auch mal über unser kleines Traumpärchen quatschten und was bei denen gerade so abging. Max sah mich zuerst etwas irritiert über diesen plötzlichen Topic-Wechsel an, was mir aber recht egal war. „Naja...“, er überlegte noch, ob er darauf eingehen sollte, oder doch wieder mit dem alten Thema anfangen sollte, entschied sich dann aber zu meinem Glück für mich. „Wir haben fast keinen Tee mehr und er ist schnell einkaufen gegangen. Sollte aber bald wieder da sein.“ Aha. Dahin war er also verschwunden. War dieses Rätsel also auch gelöst. Und kaum das man von ihm sprach, ging auch schon die Wohnungstür auf uns ein leicht nasser Japaner kam die Tür herein. Stimmte ja, vorhin hatte es angefangen zu nieseln als ich vom Internat wegging. „Hey ihr zwei.“ „Ciao, amore mio*.“, erwiderte Max, woraufhin Ryo zu uns rüber kam, Max einen kleinen, unschuldigen Kuss auf den Mund gab– ich wollte auch unbedingt, nicht mit Ryo, dafür aber mit einem viel heißer aussehenden Vjet – und in Richtung Küche verschwand. War es seltsam, dass ich auf meinen Bruder wegen seiner so gut laufenden Beziehung eifersüchtig war? Normalerweise doch schon, nicht war? Hoffentlich... „Wollt ihr noch 'nen Tee?“, rief der Asiate aus der Küche. Ich bejahte, mein Bruder ebenfalls. Würde ja eh wahrscheinlich eh noch ne Weile hier herumsitzen dürfen. Es herrschte Stille zwischen uns Zweien, bis Ryo mit einem Tablett auf dem der Tee stand zu uns ins Zimmer kam. Er schenkte jedem ein und setzte sich schließlich lächelnd zu seinem Freund. Auch Max lächelte, als der kleinere der beiden, dessen Hand nahm. Mussten die das vor mir machen?! „Also Jess“, fing Ryo an mich gewandt an und oh my god, er grinste mich so scheiße an. Musste ich jetzt Angst haben? „Sag, wie is denn dieser Vjet so und wie sieht er denn aus?“ Ich seufzte. Das es noch ein langer Nachmittag werden würde wusste ich jetzt schon. Ungeduldig wartete ich darauf endlich abgeholt zu werde, denn Vjet hatte mich heute morgen, als ich schon halb am Gehen war, gebeten, mich abholen zu dürfen. Ich konnte einfach nicht nein sagen. Nicht bei dem Blick den er mir zugeworfen hatte und nicht bei dem Outfit. Eigentlich hatte er mich ja einfach nur lächelnd angesehen und an hatte er auch nicht besonders viel, nur seine Boxershorts und ein T-Shirt, aber tja was sollte ich sagen? Ich war dank ihm verweichlicht. Außerdem meinte er es ja nur lieb, weshalb ich ihm die Adresse meines Bruders gab und meinte, ich würde ihm eine SMS schreiben, wenn er mich denn abholen sollte. Also hatte ich ihm vor ca. 5 Minuten geschrieben, dass ich hier so schnell wie möglich weg wollte, weil mir mein Bruder langsam aber sicher einfach nur auf den Keks ging. Okay. Eigentlich ja nicht, aber es war eh schon nach 5 Uhr abends. Ehrlich gesagt, wollte ich nur nicht zugeben, dass ich meinen Mitbewohner vermisste. Verliebt sein war scheiße. Vor allem wenn man nicht wusste, ob man jetzt Chancen bei demjenigen hatte oder nicht. Zumindestens hatte ich die Frage-Antwort-Runde mit Ryo und Max überstanden. Die waren aber auch unglaublich neugierig gewesen, deshalb freuten sie sich schon Vjet gleich zu sehen. Hoffentlich ließen sie nicht irgend so einen eindeutig zweideutigen Kommentar ab, der irgendwas mit meinen Gefühlen für ihn zu tun hatte. Ich konnte nur zu Gott beten, – dabei war ich nicht mal religiös – als es an der Wohnungstür klingelte. Meine Schuhe und meine Jacke hatte ich glücklicherweise schon angezogen. Jetzt musste ich mir nur noch den Wuschelkopf schnappen und von hier abhauen, nur dummerweise hatte Max bereits die Tür aufgemacht. „Ciao*, Vjet! Max, Jess fra'*. Schön dich kennen zu lernen!“, stellte er sich auch gleich vor. Konnte er nicht einmal aufhören immer wieder italienische Wörter im Satz einzubauen? Ich verstand es ja, Ryo war es wahrscheinlich auch gewöhnt, aber ich glaubte kaum, dass Vjet Italienisch konnte. „Ryo. Max Freund.“ Er schüttelte Vjet die Hand, welcher etwas irritiert zu sein schien. „Öhm...hi“, grinste er jetzt und entdeckte mich hinter dem Asiaten. „Yo Jessy! Könn' wir? Ra und Eli warten auf uns. Sie wollten mit uns essen.“ Dieses Lächeln, welches er mir schenkte. Durfte ich in Ohnmacht fallen? Denn ich hatte das Gefühl, dass ich es bald würde, wenn er mich weiter so anlächelte. Einfach weil ich nicht mehr denken konnte, als ich ihn anblickte, lächelte ich leicht zurück und nickte. Ich verabschiedete mich noch von Ryo, welcher mich in eine kurze, aber herzliche Umarmung zog und von meinem Bruder, welcher mich nur grinsend an sich drückte. „Du hast echt Geschmack, Kleiner. Buona fortuna*. Ich glaub an dich“, sagte er mir ihn's Ohr, zwinkerte mir, nachdem er mich endlich losgelassen hatte – ich dachte fast, ich würde erdrückt werden – zu. „Addio, fratellino! Addio, Vjet!*“ So schnell ich konnte, schnappte ich mir Vjets Hand und zog ihn hinter mir her Richtung Ausgang. Nur so schnell wie möglich weg, bevor Max nicht doch noch einen dummen Kommentar vom Stapel ließ. War zwar etwas unhöflich einfach abzuhauen, aber scheiß drauf. Ich verlangsamte meine Schritte erst, als wir die Haustüre hinter uns gebracht hatten. Erst jetzt fiel mir auf, dass ich Vjets Hand immer noch festhielt, weshalb ich sie eilends los ließ. Ein Angenehmes Kribbeln blieb auf meiner Hand zurück und ich sehnte mich danach seine Hand wieder in meine zu nehmen. Was ich aber nicht tat. Wäre zu auffällig gewesen. Ich blickte Vjet komisch an, als er neben mir leise zu Lachen anfing. Er bemerkte es und grinste mich an. „Sorry aber, war grad einfach zu witzig, wie du abgehaun bist. War's so schlimm bei deinem Bruder?“, fragte er mich und fing wieder leise an zu Lachen. Er hatte ja so ein wunderschönes Lachen. Fast wie Musik in meine Ohren und kleine Schauer liefen meinen Rücken hinunter. „Ne, war schön ihn wiederzusehen, aber...keine Ahnung. Bevor er irgendeinen Schmarn von sich gibt, geh ich lieber.“, erklärte ich ihm und ging weiter zum Internat. Es dämmerte bereits leicht und auf den Straßen waren nicht mehr allzu viele Menschen unterwegs, was mir gerade recht kam. Die hätten eh alle bloß dumm geglotzt. Hobbyloses Volk. „Schmarn?“ Er sah mich fragen an, dass konnte ich spüren, aber ich drehte mich dennoch nicht um. Seine Frage ignorierte ich auch. Der Blauäugige musste jetzt nicht unbedingt wissen, was ich damit genau meinte, sonst würde ich mich am Schluss wahrscheinlich auch noch verraten und das musste jetzt nicht wirklich sein. Ihm schien es aber auch nicht zu stören, dass ich nicht antwortete, sondern ging einfach stillschweigend neben mir her. „Sag mal, Kleiner.“, begann er und als ich ihn von der Seite her anschaute, sah er gen Himmel. „War das Italienisch, was dein Bruder da gesprochen hat?“ Ich grinste leicht, während ich gedankenverloren auf den Boden vor mit blickte. „Ja war es. Ich komm ja eigentlich auch aus Italien, hab aber seit Geburt an auch Deutsch gelernt und meistens Zuhause auch gesprochen. Mein Bruder vermischt die zwei Sprachen meistens, ich eher weniger. Weiß auch nicht warum.“ Er hmte mich zur Bestätigung, dass er verstanden hatte, an und schwieg wieder. Was wohl in seinem Kopf gerade vorging? Würde mich ja schon mal interessieren. Auch was andere Menschen immer so dachten. Wie cool es wäre, Gedanken lesen zu können! Konnte ich nur leider nicht und so was wie 'Aus den Augen eines anderen lesen, was dieser gerade denkt' konnte ich auch nicht. Was konnte ich eigentlich? Und diese dumme Stille zwischen uns, brachte mich auch noch irgendwann ins Grab. Sie war so erdrückend und sowas von überhaupt nicht angenehm. „Was hast du heut so gemacht?“, fragte ich deshalb an Vjet gewandt. Dieser blickte mich leicht erschrocken an. Hatte ihn wohl aus seinen Gedanken gerissen, doch er schien gehört zu haben was ich gesagt hatte. „Naja...nich wirklich besonders viel. Im Bett gelegen, im Internet 'n bisschen gesurft, versucht Mathe zu lernen. Nix besonderes also.“, lächelte er mich an und wurde leicht rot um die Wangen, wie ich bei genauerem hinschauen bemerkte. War es ihm etwa peinlich? „Hmh...echt nich viel, aber ich ja eigentlich auch nich. Nur ausgefragt wurde ich von Max und Ryo.“ Ein Seufzen konnte ich nicht unterdrücken. Aber ehrlich, er war zwar mein Bruder und Ryo sein Freund, aber war interessierte sie der ganze Kram eigentlich? Konnten ja eh nichts dran ändern, oder? Dachte ich zumindestens. Max...plante doch nicht etwas...oder? Bitte nicht! Mein Mitbewohner lachte über diese Antwort, schmunzelte mich dann...liebevoll?!...an, nahm mich bei der Hand und rannte los, wie ich es vorhin bei ihm getan hatte. „Los jetz, ich hab Hunger und es gibt gleich Essen!“ Ich konnte nicht mal protestieren, weil ich das Gefühl seiner Hand in meiner zu sehr genoss. Ich realisierte nicht einmal, dass wir schon am Schultor angekommen waren und er mich in den Speisesaal führte. Nach dem Abendessen trennten wir und von Ra und Eli, die wir morgen im Unterricht eh wiedersehen würden und gingen auf unser Zimmer. Während des Essens hatte ich mich nur wenig am Gespräch selbst beteiligt, eher zugehört. Ich hatte einfach keine Lust zu reden. Hörte sich vielleicht komisch an, war aber oft so. Ich war von vornherein eh eher ein besserer Zuhörer als alles andere. Außerdem war ich schon wieder total müde. Nervig war das. Nachdem ich dann meine noch angefallenen Hausaufgaben für den morgigen Tag beendet hatte, erklärte ich Vjet noch ein bisschen Mathe, schließlich hatte ich ihm ja versprochen zu helfen und er war heute um einiges besser als vor ein paar Tagen, was mich sehr freute. Außerdem musste ich ihm nicht alles wieder dreimal erklären, da er schon beim zweiten Mal das Meiste verstand. Als er dann eine Aufgabe rechnete, saß ich einfach nur neben ihm, den Kopf auf meinen Armen abgelegt und schaute ihm dabei zu. Ich beobachtete sein Gesicht, prägte mir jede noch so kleine Bewegung ein und sei es auch nur ein leichtes Naserümpfen, weil er irgendetwas falsch gemacht hatte oder nachdachte. Mal wieder sprang es mir regelrecht ins Auge, wie hübsch er doch aussah. Wie konnte ein Mensch nur so unglaublich gut aussehen und dann auch noch so einen tollen, witzigen, liebevollen Charakter haben? War er etwa ein Engel? Ich musste bei dem Gedanken leicht schmunzeln und bekam gar nicht wirklich mit, wie die Müdigkeit sich immer mehr wie ein Schleier um mich legte und mich zuletzt ganz einhüllte. Auch diese Nacht träumte ich von dem braunhaarigen Wuschelkopf, aber es war einer der friedlichsten und schönsten Träume, die ich je gehabt hatte. *Fratellino = kleiner Bruder *Ciao, amore mio = Hallo, mein Liebling *Ciao = Hallo *fra' = Bruder *Buona fortuna = Viel Glück *Addio = Tschüss --------------------------------------------------- to be continued~ Kapitel 7: Insgesamt wohl ein seltsamer Tag ------------------------------------------- 7. Insgesamt wohl ein seltsamer Tag [...]Wie konnte ein Mensch nur so unglaublich gut aussehen und dann auch noch so einen tollen, witzigen, liebevollen Charakter haben? War er etwa ein Engel? Ich musste bei dem Gedanken leicht schmunzeln und bekam gar nicht wirklich mit, wie die Müdigkeit sich immer mehr wie ein Schleier um mich legte und mich zuletzt ganz einhüllte. Auch diese Nacht träumte ich von dem braunhaarigen Wuschelkopf, aber es war einer der friedlichsten und schönsten Träume, die ich je gehabt hatte. *** Ich wachte auf. Aber nicht wie ich erhoffte durch einen sanften Kuss wie in Dornröschen, nein, mich quälte das penetrante, piepsende Geräusch, dass der nervigste Wecker, den ich je gesehen, pardon gehört hatte, von sich gab. Es gab sicher keinen Menschen, der von diesem Gedudel nicht wach wurde. Ich hatte schon meine Gründe, warum ich immer mein Handy als Wecker benutzte. Wohl auch, weil ich die anderen als ich klein war immer gegen die Wand geworfen hatte, damit ich weiter schlafen konnte und da sie mich einfach derbe aufgeregt hatten. Meiner Kehle entkam ein leises Murren. Warum erbarmte sich niemand und stellte dieses Ding endlich aus? Oder warf es zur Not auch aus dem Fenster? Aber da auch nach weiteren 20 Sekunden das Gepiepse noch kein Ende genommen hatte, musste ich wohl oder übel zur Tat schreiten und das, obwohl es gerade so schön warm unter der Decke war. Apropos, schön geträumt hatte ich auch, bevor dieses vermaledeite Etwas mich aufgeweckt hatte! Deshalb drehte ich mich in die Richtung aus der das Geräusch kam, tastete anschließend blind nach dem Wecker, um ihn wenn möglich auszuschalten und seufzte erleichtert auf, als endlich wieder Ruhe herrschte. Glücklich und mit einem Lächeln auf den Lippen kuschelte ich mich wieder in meine Decke ein, doch...irgendetwas war seltsam. Seit wann bewegte sich mein Bett? Und seit wann duftete mein Bett so unglaublich gut? Verwirrt und mit dem Gedanken im Kopf, dass ich's doch gestern nicht einmal mehr ins Bett geschafft hatte, weil ich vorher am Schreibtisch eingeschlafen bin, blinzelte ich etwas bevor ich meine Augen schließlich und endlich ganz aufschlug und das was ich sah...half mir nicht wirklich. Vor mir entdeckte ich den Stoff meiner Bettdecke. Mein Blick glitt weiter nach oben. Ein Hals. Noch weiter. Verlockende, unwiderstehliche Lippen. Ein Stückchen weiter noch. Geschlossene Augen, umrahmt von braunen, verwuschelten Haaren. Shit. Was machte Vjet in meinem Bett?! Gut. Jess beruhige dich. Tief durchatmen und nachdenken. Meine Klamotten hatte ich noch an, ebenso wie Vjet selbst, was für mich schon mal hieß, dass ich nicht über ihn hergefallen war. Hmm...aber was war dann passiert? Und welcher Tag war heute? Mussten wir nicht in die Schule? Wobei...scheiß doch einfach auf die Schule. Ich musste diesen Moment ausnutzen, solange er sich mir noch bot, deswegen seufzte ich leise und kuschelte mich anschließend wieder an meinen Mitbewohner, der immer noch zu schlafen schien. Da fragte ich mich doch, warum er bei so einem Wecker nicht wach wurde, sonder friedlich weiterschlafen konnte...Merkwürdig. Aber ich machte mir nicht weiter Gedanken über solch einen Mist, sondern genoss einfach nur die Nähe zu Vjet, seinen einmaligen Duft und die Wärme die sein Körper ausstrahlte. Mein Herz hatte sich heute wohl für Cha-Cha-Cha entschieden, was ich aber gekonnt ignorierte, genau wie das Kribbeln auf meiner Haut dort wo ich ihn berührte, denn natürlich lagen wir beide unter einer Decke. Ich war bereits wieder im Halbschlaf, als da wieder dieses unglaublich nervtötendes Piepsen des Weckers an mein empfindliches Ohr drang. Ich dachte ich hätte ihn ausgeschalten?!! Murrend und jammernd zog ich mir einfach die Bettdecke über den Kopf und hoffte so, den Wecker nicht mehr hören zu können, aber das einzige was es mir einbrachte war ein kleines Auflachen seitens meines wohl gerade wach gewordenen Mitbewohners. Okay...was nun? Sollte ich irgendetwas sagen? Mich dafür entschuldigen, dass ich mich an ihn gekuschelt hatte oder so? Ich wusste es nicht, weshalb ich einfach mal unter der Decke versteckt blieb und erleichtert aufatmete, als Vjet dieses Ding ausmachte. Stille. Ich wurde nervös. Shit. Glücklicherweise wurde mir die Frage was tun aber abgenommen, indem er sich auf die Seite drehte, die Arme um mich legte und mich an sich drückte. Fuck. Ich starb hier gleich an Herzüberbelastung! Doch...wenn er mich schon näher an sich drückte, konnte ich mich doch auch näher an ihn rankuscheln, nich? War doch dann erlaubt, oder? Gesagt, getan. Was mir gleichzeitig neben einem unglaublichen Hochgefühl auch wieder einmal ein Lachen einbrachte. „Ich würd auch lieber weiterkuscheln, aber wir sollten echt aufstehen, oder wollen wir schon wieder fast zu spät kommen?“, fragte er mich und ich seufzte nur resignierend auf. Er hatte ja recht, aber es war halt verdammt bequem in meinem Bettchen. „Komm, auf auf mir dir Jessy! Vielleicht schaffen es wir dann auch mal zu frühstücken.“ Wir hatten es nicht geschafft etwas zu essen. Ich hatte nämlich so überhaupt keine Lust aufzustehen, weshalb wir einfach noch 20 Minuten liegen blieben, wobei er mir immer wieder über den Rücken strich, mich damit total wuschig machte und mir die ganze Zeit eine Gänsehaut bescherte. Zum Glück hatte ich aber keine Morgenlatte, wäre nämlich echt unglaublich peinlich gewesen. Naja...irgendwann hat er mich dann aber doch aus dem Bett geschmissen und wir machten uns fertig. Ich vermied es ihm in die Augen zu blicken, einfach, weil ich mich total schämte. Ihm schien es aber eher weniger augemacht zu haben, dass ich mich so an ihn geklammert hatte, denn er smilte mich wie immer an und redete wie immer über Gott und die Welt. Und ich war ehrlich froh drüber, doch mit irgendjemanden musste ich darüber reden. Ich musste mich mit jemanden austauschen, mir anhören, was derjenige davon hielt et cetera. Ja, ja ich weiß, ich war sehr von anderen abhängig manchmal, aber so war ich nun einmal. Außerdem war ich wenn man es mal so sah total unerfahren und mir eben unsicher, da half es doch schon wirklich, wenn du dich mit jemanden austauschen konntest. Jedenfalls...Zu Max wollte ich nicht, er würde mich wahrscheinlich auslachen, behaupten ich solle doch nicht so schüchtern sein und ihn einfach um ein Date oder so fragen, weshalb ich eher zu Eli tendierte. Wir hatten uns wirklich gut angefreundet und er kannte Vjet auch schon eine Weile. Weshalb ich beschloss ihn mal nach dem Unterricht zu entführen und mit ihm zu reden. „Na du Gnom, was gibt’s wichtiges?“ Okay...wenn ich gerade nicht so durcheinander wäre, dann würde ich ihn für diesen Kosenamen eigentlich eine runterhaun. Wirklich, was bildete sich Eli bitte ein?! Nur weil wir hier zu zweit in einem verlassenen Männerklo standen, gab es für ihn keine Gründe mich zu beleidigen auch wenn ich wusste, dass er es selbst nicht als Beleidigung sah. So wie er mich mal wieder angrinste wollte er mich eher etwas auf die Palme bringen, doch ich ging nicht drauf ein. „Naja...ich bin...verwirrt?“ „War das jetz ne Frage oder ne Tatsache?“, wollte er wissen, wobei er sich das Lachen wirklich verkneifen musste. Ja was konnte ich dafür, dass ich mich selbst nicht mal verstand? Es durfte doch jeder mal so durcheinander sein! War er doch sicher auch schon mal. „Hör auf mich auszulachen!“ Ey, langsam wurd's mir echt zu viel! Eli hob abwehrend die Hände und grinste mich wie ein Honigkuchenpferd an. „Ich lach doch gar nicht, alter.“ „Na aber fast!“ „Is doch nicht das selbe.“ „Und ob!“ Ich wurde mit der Zeit immer wütender. Was bildete sich der Zwerg eigentlich ein? Okay...Zwerg passte jetzt nicht, aber ich war immerhin älter als er! „Haha, ach Jess! Geht's dir jetzt besser?“ Hääää? Warum sollte es mir jetzt besser gehen? Ging's mir schlecht? Wobei...n' bisschen vielleicht ja...aber... „Ja...“ Tatsächlich. Ich hatte gerade nicht nachgedacht. Ich hatte mich auf das Hier und Jetzt konzentriert und mir nicht den Kopf über Vjet zerbrochen, was mich nämlich wirklich zu schaffen machte. Eli hatte mich abgelenkt und mir gerade geholfen. Was hatte ich nur für tolle Freunde? „Dann passt's ja“ Er schlug mir kumpelhaft gegen die Schulter „Und nun, da du nich mehr so viel nachdenkst, sag mir was los is und was dich so durcheinander bringt.“ Auffordernd und ernst wurde ich angesehen, was mich einmal Schlucken ließ. Ich erzählte ihm von gestern Abend und heute Morgen. Wo ich aufgewacht bin, bei wem und was danach war. Er hörte mir aufmerksam und stillschweigend zu und dafür war ich ihm wirklich dankbar. Ich glaubte, Eli mochte mich und wollte, dass es mir gut ging. Warum sonst würde er mir helfen? Wir kannten uns ja erst seit knapp einer Woche. „Hm...“ Nachdem ich ihm alles haargenau geschildert hatte, kratzte er sich nachdenklich am Hinterkopf und blickte auf die hässliche weiße Decke. Die war aber auch nur einfach zum Kotzen. Es war kein weiß mehr, sondern schon eher so ein grau-weiß mit lauter Flecken und Rissen. Schrecklich. Eli holte mich aus meinen eigenartigen Gedanken als er wohl endlich die richtigen Worte gefunden hatte. „Ich denke Jess, dass du dir dein hübsches Köpfchen nicht so sehr darüber zerbrechen solltest. Ehrlich, denk nicht darüber nach warum oder was nun, sondern lass dich einfach treiben. Sei spontan und warte, was als nächstes auf die Zukommt und handle eben aus dem Affekt. Wenn irgendwem irgendwas nicht passen sollte, dann wird er dich schon darauf hinweisen, aber bis dahin tu einfach, was die Herz dir sagt. Dein Problem ist nämlich, dass du einfach zu viel nachdenkst. Auch über die Konsequenzen. Und das solltest du einfach mal abstellen, dann wird’s dir bald besser gehen, glaub mir.“ Wow...okay...ich war baff. Ich wusste ja, dass Eli auch ernst und hilfsbereit sein konnte, aber...so? Man konnte ihn ja glatt als Psychologe bezeichnen! Außerdem, wer traute ihm bitte so etwas zu, wenn man ihn das erste mal sah? Also ich ja nicht...aber, könnte er recht haben? Dachte ich wirklich zu viel nach? Ein Lachen riss mich erneut aus meinen Gedanken und als ich aufblickte, sah ich den Braunhaarigen halb auf den Boden kugeln. „Hey, mach dir damit jetz kein Stress oder so, haha, hör einfach auf mich.“ Und nun kam was, was ich auf's Übelste nicht leiden konnte. Er wuschelte mir durch meine perfekt sitzenden Haare. Ein kleines Knurren entkam dabei meiner Kehle, was ihn noch mehr zum Lachen brachte. Bevor ich ihn aber hätte zusammenschlagen können – was ich wirklich gerne gemacht hätte – ertönte auch schon der Gong und er zog mich schnurstracks aus dem Klo Richtung Klassenzimmer ohne dabei aufzuhören mich auszulachen. Dieser Arsch. Ich hatte Hunger. Seit Mittag hatte ich nichts mehr zu mir genommen, was weder mir selbst, noch meinem Magen besonders gefiel. Aber zum Glück war es nur noch eine halbe Stunde, bis es endlich Abendessen gab, nur hoffte ich, dass wir bis dahin überhaupt fertig waren. Wen ich mit 'wir' meinte? Damit meinte ich im allgemeinen die Schulband, zu der ich mich ja seit neuesten auch zählen durfte. Heute war die erste Bandprobe und als aller erstes durfte ich natürlich einmal vorsingen, obwohl Ra schon die ganze Zeit seinen Kumpels sagte, dass ich unglaublich gut singen konnte. Sie waren anfangs etwas skeptisch, was ja auch begründet war, aber nachdem ich dann etwas gesungen hatte, während mich Ra mit seiner Gitarre begleitet hatte, waren sie vollends begeistert von mir und wollten mich nie mehr gehen lassen. Nur ein Problem gab es da noch. Ich konnte deren Texte alle nicht. Klar übten sie einige mir bekannten Lieder, aber auch selbst komponierte waren dabei und die kannte ich ja nicht. Übrigens meinte sie auch, dass sie mal meine selbst geschriebenen Lieder durchgehen würden – nicht heute, aber beim nächsten Mal – und dann würden sie entscheiden, ob sie davon welche einstudieren würden oder nicht. Wär aber echt cool nach meiner Meinung. „Okay Leute, noch mal von vorne!“, schrie Ra durch den Musiksaal. Ich selbst war damit nicht gemeint, da sie momentan ein eigenes Lied durchgingen. Deshalb las ich die Liedtexte durch, die sie mir aufgedrückt hatten und die ich doch bitte auswendig lernen sollte. Interessiert lauschte ich der Band, die – und das muss ich hier auch einmal erwähnen – wirklich richtig gut waren und da freute es mich noch mehr, dass ich da dabei sein durfte. Die Band – sie nannten sich selbst 'Till The End' – bestand nun mit mir aus insgesamt fünf Leuten. Alle männlich, alle gutaussehend, aber keiner mein Geschmack. Da hätte wir den langhaarigen, blonden Tom mit seiner Gitarre, den großen Hünen Lucas an seinem Schlagzeug, der dunkelrothaarige Michi an seinem Keyboard und natürlich unser schwarzhaariger Ra als Gitarrist und Backgroundsänger. Alles in Allem also eine kleine, bunte, durchgeknallte Truppe. Und ich fühlte mich hier unglaublich wohl. 18.15 Uhr zeigte die kleine Wanduhr in dem Raum. Wir waren immer noch nicht fertig und mein Bauch hatte schon angefangen vor sich hin zu knurren und nach Essen zu schreien. Aber okay. Zumindestens wurde ich gut unterhalten und es machte ja auch Spaß mit diesen Chaoten. Im Moment durfte ich sogar mitsingen, da ich dieses Lied nun schon ein paar mal gehört hatte und ich den Text vor mir liegen hatte. Ein wirklich schönes Lied. Ich war richtig drinnen und nahm kaum noch etwas von meiner Umgebung war. Das Singen machte mir einfach unglaublich viel Freude, gab mir ein gewisses Freiheitsgefühl. Und es vertrieb die Zeit. Doch leider, wie alles in dieser verdammten Welt, endete es nach kurzen 4 Minuten und es herrschte kurz Stille, bis ein Klatschen ertönte, doch nicht von einem aus der Band. Es kam von der Tür und als ich zu dieser Blickte, stand Vjet – einfach nur sexy am Türrahmen lehnend – und smilte uns entgegen. Täuschte ich mich oder sah er hauptsächlich mich an? „Vjety!! Hast du das gehört? Sind wir nicht einfach klasse?!“, schrie Ra dem Wuschelkopf durch das Mikro entgegen und ich wunderte mich, warum ich danach überhaupt noch etwas hören konnte. Unser heimlicher Zuschauer nickte zustimmend und kam etwas auf uns zu. „Ihr seit wirklich einfach nur hammer, aber eigentlich bin ich wegen etwas anderem hier.“ Bei diesen Worte blickte er kurz zu mir, bevor er sein Augenmerk wieder auf den Schwarzhaarigen richtete. Doch bevor dieser nachfragen konnte, meldete sich Tom zu Wort. „Na was will denn unser Schönling von uns alten, hässlichen Kerlen?“ Blondy musste bei seinen eigenen Worten lachen, denn mal ehrlich, hässlich war keiner aus der Band, vor allem Tom selbst nicht. Nur halt alle nicht mein Typ. Mein Typ stand vor mir und lachte selbst gerade über das Gehörte. „Tommy du weißt doch, dass ihr selbst alle an als Models durchgehen würdet!“ Er zwinkerte ihm kurz zu und grinste weiter vor sich hin. „Jedenfalls bin ich hier um Jessy abzuholen.“ Nun blickte er mich an, nur die Art wie...dieser...Blick...machte mich ganz wuschig, ich konnte ihn nicht einmal beschreiben. „Mich...abholen?“, echote ich leise und verwirrt. Warum wollte er mich abholen? Hatten wir irgendetwas vor? Hab ich was verpasst? „Hmh schon. Es is kurz nach 6 und ich wollte dich zum Essen abholen.“ Ein Lächeln zierte seine wunderschönen Lippen und ich fiel gleich in Ohnmacht. Er wollte mich zum Essen abholen! Oh my god...das hörte sich ja fast an wie ein Date! Herz, beruhige dich. Nichts missverstehen. Atmen Jess. Nicht durchdrehen. „Wir sind eh schon so gut wie fertig. Kannst ihn ruhig mitnehmen, nicht das er uns hier noch verhungert.“, stimmte Lucas – kurz einfach Lu – an meiner statt zu und die anderen nickten zustimmend, während Tom mich sogar nach leicht nach vorne schubste und ich – dank meiner wohl nie weggehenden Tollpatschigkeit – so halb über meine eigenen Füße stolperte und prompt gegen Vjet fiel, der mich aber, dem nicht existierenden Gott sei Dank, auffing. Nun hing ich also in den Armen des lachenden Wuschelkopfs, der sich einfach meine Tasche schnappte, die Liedtexte vom Schwarzhaarigen entgegen nahm und mich dann mit sich zog, einen Arm um meine Schultern. Also, ich hatte ja wirklich echt Hunger, aber...durfte ich vorher nicht einmal schnell ins Bad und nachschauen, ob meine Haare und mein Make-Up noch saßen?! Reichte ja schon, dass dieses scheiß Herzklopfen und das Kribbeln da war, aber es musste ja nicht sein, dass er mich sah, wenn ich total hässlich aussah! Hm...shit Eli hatte recht. Ich machte mir zu viele Gedanken, aber hübsch aussehen durfte man doch noch vor seinem Angebeteten oder nich? Doch leider durfte ich ja nicht entscheiden wo es hinging, denn Vjet hatte mich in den Händen und führte mich Richtung Speisesaal. Weil sein Arm immer noch um meine Schultern lag und es nicht so aussah, als wollte er ihn da wieder wegnehmen – er störte mich ja auch herzlich wenig – legte ich vorsichtig meinen um seine Hüfte. Nicht denken, einfach machen, rief ich mir immer wieder in Gedanken zu. Lass dich einfach leiten und ja das tat ich. Der Braunhaarige stieß mich nicht zurück, nein er drückte mich noch ein Stück näher an sich ran und ging einfach weiter. Er trug immer noch meine Sachen, aber abnehmen wollte ich sie ihm nicht. Wenn's ihm Spaß machte. „Ihr seit wirklich gut.“ Durchbrach er die angenehmen Stille, die sich zwischen uns gelegt hatte. Zu anfangs verstand ich nicht, was er damit meinte, aber nach weiteren paar Sekunden checkte ich, dass er die Band meinte. „Hmh und es macht mir auch unglaublich viel Spaß dabei zu sein. Sie sind auch alle unglaublich lieb.“ Leicht verträumt blickte ich in den Himmel. Die Sonne näherte sich langsam dem Horizont, aber ansonsten war es einfach nur wunderschön. Fast keine Wolken waren zu sehen und die Vögel, die noch nicht vor der Kälte geflohen waren, zwitscherten nur so vor sich hin. Vjet kicherte leise. „Es ist schön zu hören, dass es dir hier gefällt und du dich mit den Leuten verstehst. Nur...“ Er schien nach den richtigen Worten zu suchen. „...nimm dich in acht vor Tom. Er steht auf hübsche, süße Typen, ist aber keinem treu, deshalb lass dich bitte nicht auf ihn ein.“ War das Sorge, dass ich in seinen Augen sah? Wahrscheinlich, aber ich fand es einfach nur unglaublich lieb von ihm, dass er mir so etwas sagte. Außerdem wusste ich jetzt, dass Tom dem Anschein nach schwul war. „Ach keine Sorge, er ist eh nicht mein Typ.“ Ich zwinkerte ihm zu und grinste vor mich hin. Keine Ahnung wo auf einmal dieser Mut herkam, aber gut, schaden tat's ja nicht. Ich sah, dass im noch etwas auf der Zunge brannte, doch er sagte nichts weiter dazu. Während des Abendessens, welches is übrigens wirklich genossen hatte, weil sich Vjet allein auf mich konzentriert hatte, unterhielten wir uns über dies und das, aßen unser unglaublich gut schmeckendes essen und wenn ich so darüber nachdachte, kam es mir im Nachhinein sogar irgendwie wirklich vor wie ein kleines Date, aber wie es es sah wusste ich nicht, deshalb sagte ich einfach mal nichts dazu und schwelgte lieber in Tagträumen, wo der Himmel rosa war und die Menschen bunte Ponys. Danach gingen wir hoch in unser Zimmer – langsam aber sicher gewöhnte ich mich sogar dran die ganzen Stufen hoch zu laufen, aber anstrengend war es immer noch – und ich erklärte ihm noch weiter Mathe. Ich war so unglaublich stolz auf mich, weil ich ihm wirklich helfen konnte und andererseits auch auf ihn, weil er mit der Zeit immer besser wurde und nun auch weitaus mehr verstand als noch vor 1 Woche. Hätte ich jetzt einen Keks gehabt, ich hätte ihn ihm als Belohnung gegeben wie bei einem Hündchen. Die Uhr zeigte mal wieder irgendwas nach 22 Uhr als ich in meinem eigenen Bett lag, abgeschminkt, bettfertig und dumm vor mich hin glotzend. Naja nicht ganz. Ich las mir die Songtexte immer und immer wieder durch, damit ich mir die mal einprägte, was auch wirklich gut funktionierte, weil die Lieder schon schön waren und für mich selbst Ohrwurm-Potential hatten. Vjet selbst hatte sich auch bereits in sein Bett zurückgezogen. Hatte wohl bereits die Schnauze voll von den ganzen Zahlen, was ich auch verstehen konnte. Ich blickte kurz zu ihm hinüber, sah aber nicht besonders viel, da er mit dem Rücken zu mir lag und anscheinend sogar bereits schlief. Zumindestens gab er keinen Mucks mehr von sich und atmete gleichmäßig und weil ich ja ein äußerst sozialer und zuvorkommender – man sehe die Ironie hinter diesen Worten – Mensch war, erbarmte ich mich, schaltete das kleine Nachtlicht aus und legte mich ebenfalls hin. Doch woher konnte ich wissen, dass ich diese Nacht so partout nicht einschlafen wollte? Ich wusste es nicht, nur, dass es mein Handy bereits 0 Uhr anzeigte. Fuck, wie mich sowas einfach nur an nervte. Ja okay, ich gab's ja zu, ich vermisste irgendwie Vjets warmen Körper neben mir, aber das war doch immer noch kein Grund dafür, dass ich nicht penn konnte...oder? Zumindestens für mich nicht. Genervt von mir selbst seufzte ich leise auf und drehte mich wieder auf die andere Seite. Als hätte ich in den letzten 2 Stunden was anderes getan neben dem denken an meinen Zimmergenossen, der friedlich vor sich hin zu schlafen schien. Unfair. Der anhaltende Ohrwurm den ich hatte half mir auch nicht besonders fiel bei dem Versuch endlich einzuschlafen, aber er lenkte mich ein bisschen von anderen Dingen ab, obwohl die Versuchung, mich einfach in Vjets Bett zu schmuggeln und mich an ihn zu kuscheln doch recht hoch und ausgeprägt war. „Kannst du nich schlafen?“ Ich erschrak. Und wie ich erschrak! Ich erschrak so sehr, dass ich einen kleinen heiseren Schrei von mir gab und prompt aus dem Bett viel und unglaublich hart auf dem Boden aufkam. Warum mussten Böden aber auch so unbequem sein? Schrecklich. Mein Arsch tat weh. Außerdem hatte ich mich total komisch in meine Decke eingewickelt, weshalb ich jetzt erst einmal versuchte, hier wieder heraus zu kommen, doch glücklicherweise half mir ein bestimmter jemand dabei. Während er nebenher am Lachen war. Man erkenne diesen wütenden Unterton in meiner Stimme bei diesen Worten. „Hey sorry, ich wollte nicht, dass du gleich aus dem Bett fällst.“ Na super, danke Vjet, half mir wirklich viel. Ich schnaufte nur sauer, stand endlich mal wieder auf nachdem ich die Decke losgeworden war und legte mich eingeschnappt in mein Bett, wobei ich mich mit dem Rücken zu ihn drehte. Er konnte mich mal kreuzweise! Es half aber nichts, denn er lachte einmal kurz auf und dann merkte ich auch schon, wie sich meine Matratze auf der einen Seite senkte. Keine 5 Sekunden später spürte ich schon weiche, kühle Finger durch meine Haare streichen und obwohl ich hier eigentlich schmollte, konnte ich nicht anders als diese Streicheleinheiten zu genießen. Er sollte nie nie nie wieder damit aufhören. „Tut mir wirklich leid, ich hab nur mitbekommen, dass du dich die ganze Zeit bewegt hast und dachte, dass du vielleicht noch wach bist.“ Der Braunhaarige sagte dies mit so viel Liebe in der Stimme – ija Liebe! - , dass ich nicht anders konnte, als ihm zu verzeihen. Schon allein wegen seinem Aussehen an sich würde ich ihm immer verzeihen, auch wenn das jetzt total oberflächlich klang, aber auch das Äußere spielte eine kleine Rolle. „Is schon okay, tat aber trotzdem weh!“ Ein paar Schuldgefühle konnte er ruhig haben, so leicht machte ich es ihm dann doch nicht! Ein Kichern entkam seiner Kehle. Ich spürte seinen Blick auf mir, aber ich traute mich nicht, ihn anzuschauen. Weiß Gott warum, ich wusste es jedenfalls nicht, ich genoss nur diesen Moment. „Sag mal, Jessy“ Ich liebte es, wie er meinen Spitznamen aussprach, auch wenn ich immer noch fand, dass es ein Mädchenname war, aber er durfte das. „Wie wäre es, wenn ich mich mit zu dir lege, wir kuscheln ein bisschen und vielleicht kannst du dann besser schlafen? Du hast mal erwähnt, dass du gewöhnt bist, mit deinem Bruder in einem Bett zu schlafen und zu kuscheln.“ Hatte ich schon mal erwähnt, dass ich diesen Kerl einfach nur liebte? Er konnte wohl meine Gedanken lesen und ich fand's auch unglaublich lieb von ihm, dass er das für mich machen würde. Er muss mich halt doch auch irgendwie mögen, wenn er sowas freiwillig anbot. Und da ich ja mal nicht so sein wollte, murmelte ich ein leises „ja“, rückte zur Seite, und spürte Sekunden darauf schon, wie sich die Decke hob und sich Vjet mit darunter legte. Einen Arm legte er um meinen Bauch und zog mich näher an sich ran, sodass ich ihn und seine Wärme in meinen Rücken spüren konnte. Ich konnte mir einen wohligen Aufseufzer nicht unterdrücken, woraufhin er leise lachte. „Gute Nacht, Kleiner und schlaf gut.“ „Hmmm du auch, Vjet.“ Langsam – und ich konnte wirklich kaum glauben, dass das passierte – glitt ich in die Traumwelt über. Der erholsame Schlaf erbarmte sich endlich und kurz bevor ich komplett wegpennte spürte ich noch ganz kurz weiche, warme Lippen an meinem Hals. Ich träumte wohl bereits... ----------------------------------- to be continued~ Kapitel 8: Unangekündigter Besuch --------------------------------- 8. Unangekündigter Besuch […] Einen Arm legte er um meinen Bauch und zog mich näher an sich ran, sodass ich ihn und seine Wärme in meinen Rücken spüren konnte. Ich konnte mir einen wohligen Aufseufzer nicht unterdrücken, woraufhin er leise lachte. „Gute Nacht, Kleiner und schlaf gut.“ „Hmmm du auch, Vjet.“ Langsam – und ich konnte wirklich kaum glauben, dass das passierte – glitt ich in die Traumwelt über. Der erholsame Schlaf erbarmte sich endlich und kurz bevor ich komplett wegpennte spürte ich noch ganz kurz weiche, warme Lippen an meinem Hals. Ich träumte wohl bereits... *** Die Zeit seit meiner Ankunft im Internat verging rasend schnell. Okay...rasend vielleicht nicht wirklich, aber als ich eines Morgens aufwachte und auf mein Handy blickte konnte ich es kaum glauben. Es war bereits Ende Oktober – und schweinekalt draußen. Ich war echt glücklich, dass ich nie auf den Bus oder ähnliches warten musste bei diesem Temperaturen –. Ich war also schon ganze drei Wochen hier und um ehrlich zu sein bereute ich meine Entscheidung hierher gekommen zu sein kein bisschen. Klar vermisste ich meine Familie Zuhause in Italien. Meinen süßen Zwillingsbruder, den kleinen Pat, Ma' und meine ganzen Freunde dort unten, doch ich blieb die ganze Zeit in Kontakt mit ihnen, sodass ich es gerade so noch ertragen konnte. Max hatte ich ja glücklicherweise hier, doch öfters als einmal in der Woche besuchte ich ihn nicht in seiner Wohnung. Einfach weil er, wenn ich öfters gehen würde, mir wegen Vjet auf die Nerven gehen würde und das wollte ich eigentlich vermeiden. In der Schule war auch alles gut. Ich kam im Unterricht gut mit und freundete mich von Tag zu Tag mehr mit den Leuten um mich herum an. Ra und Eli waren zu zwei meiner besten Freunde geworden und die Band war wie eine zweite Familie für mich und ich wollte jetzt nicht angeben, aber wir hatten wirklich was drauf. Tja und Vjet...ich verliebte mich, so schien es mir, von Tag zu Tag mehr in ihn, doch ich hielt es weiterhin vor ihm geheim. Ich brachte es einfach nicht über mich es ihm zu sagen, auch wenn Eli mich die ganze Zeit dazu drängte und wollte, dass ich es tat. Aber momentan war ich glücklich so wie es zwischen uns lief. Er war in meinen Augen der beste Zimmergenosse, den ich hätte erwischen können und seit damals, als er mir anbot, dass er doch mit mir kuscheln könnte, damit ich besser einschlafen könnte, lag er abends wenn er schlafen ging immer gleich in meinem Bett. Es gab seitdem keine einzige Nacht in der wir nicht nebeneinander schliefen und er mich im Arm hielt. Ich könnte jedes mal aufs neue sterben, weil es sich einfach so gut anfühlte. Zwar war das Kribbeln wenn er mich irgendwie irgendwo berührte immer noch da, aber ich hatte mich so daran gewöhnt, dass es mich gar nicht mehr störte. Im Gegenteil, ich vermisste es ja beinah schon, wenn es nicht so kribbelte wie sonst. Es hatte sich also nicht wirklich viel verändert und mich hätte es wirklich schlimmer treffen können. Okay...etwas hatte sich schon getan. Tom hatte tatsächlich versucht sich an mich ranzumachen so wie es Vjet prophezeit hatte, aber da er mich ja auf dieser Ebene so Null interessierte, wies ich ihn ab. Ich hatte damals mit ihm geredet und alles klargestellt nur ein Problem kam damit auf. Tom wusste jetzt, dass ich auf meinen Mitbewohner stand. Natürlich hatte er mir versichert es ihm nicht zu sagen und noch hatte er es wirklich nicht getan, aber er hatte sich mit Eli verbündet und sich zum Ziel gesetzt, mich wegen Vjet bis ins unendliche zu nerven, in der Hoffnung, dass ich es ihm deswegen irgendwann gestehe. Da konnten sie lange warten! Und um eines mal gesagt zu haben: dass ich auf den Wuschelkopf stand, hatte Tom von ganz alleine herausgefunden. Er hatte mich gefragt, ob ich tatsächlich in ihn verliebt war und als ich darauf aus Schock, dass er es wusste, nichts sagen konnte und ihn nur anstarrte, meinte er, dass er es nur geraten hatte und auch ein bisschen an der Art wie ich an ansah gemerkt hatte. Danach grinste er mich an, klopfte mir aufmunternd auf die Schulter und sagte, dass wir ein süßes Pärchen wären. Nur leider waren wir ja keines... Die viel zu kurzen Herbstferien waren hereingebrochen und mit ihnen rückte auch Weihnachten immer näher. Mir war noch gar nicht richtig bewusst geworden, dass ich meine Familie bald wiedersah. Auch meine Freunde und alles, was ich damals in meiner Heimatstadt hatte lassen müssen. Ebenfalls wusste ich noch gar nicht wirklich was ich mir heuer von meiner Ma' wünschen sollte, aber mir würde bis dahin sicher noch etwas einfallen – waren ja noch gut eineinhalb Monate – denn momentan wollte ich mir darüber nicht den Kopf zerbrechen. Lieber genoss ich die Wärme, die Vjet ausstrahlte. Wir lagen gerade wie immer in meinem Bett und dösten vor uns hin, wobei es auch hätte sein können, dass der Braunhaarige, seinem ruhigen, gleichmäßigem Atem nach, schlief, ich tat es jedenfalls nicht. Vorgestern hatten die Ferien begonnen und so wirklich etwas getan hatten wir nicht. Nur eine Bandprobe hatte ich und bei Max war ich einmal, ansonsten vertrieb ich mir die Zeit mit meinem Laptop, Vjet und schlafen. Lange schlafen. Musste ja nicht früh aufstehen, weshalb es wohl momentan schon Mittag war. Wusste es aber nicht genau, denn auf mein Handy wollte ich gerade nicht schauen – hätte mich dazu ja bewegen müssen –, aber wie ich mit einem Blick aus dem Fenster sehen konnte, stand die Sonne bereits recht hoch. Naja...hatte ja eh nichts vor. Noch immer leicht müde gähnte ich einmal ausgiebig und drehte mich anschließen in Vjets Armen um, sodass ich ihn ansehen konnte. Er schien tatsächlich noch zu schlafen, weshalb ich ihn nicht aufwecken wollte und mich nur noch näher an ihn drückte. Genießerisch schloss ich meine Augen. Was für ein schönes Leben ich doch hatte. Aber weitere Zeit zum Genießen und Ausspannen blieb mir nicht, da von einem auf dem anderen Moment die Zimmertüre sehr geräuschvoll aufflog und keine Sekunde später ich nicht mehr in den Armen meines geliebten Wuschelkopfes lag, sondern in mir anderen sehr vertrauten. Zuerst war ich noch zu verwirrt und zu müde um zu checken wer das gerade war, aber als mir der allzu bekannte duftende Geruch in die Nase stieg und ich die schwarzen Haare sah, bekam ich nur einen unmännlichen Quietscher aus mir heraus und drückte mich anschließen selbst fest an den anderen. Ich wollte ihn am liebsten nie wieder loslassen... „Dio mio*, wie hab ich das vermisst!“ Man drückte mich noch enger an sich, als eigentlich möglich und schnürte mir dabei fast die Luft ab, aber ich war gerade viel zu glücklich, als dass es mich arg stören würde. „Wie hab ich dich vermisst.“ Er schniefte leise und ich spürte, wie mein Shirt leicht nass wurde. Er...weinte doch nicht etwa? Oh, er war einfach nur zum anbeißen süß! Nur so nebenbei realisierte ich auch, dass noch andere im Raum anwesend waren und Vjet wohl nun ebenfalls wach geworden war. „Ich hab dich auch total vermisst, Süßer“, murmelte ich leise an seine Schulter. Erst jetzt bekam ich mit, dass auch mir die Tränen gekommen waren und heimlich über meine Wangen kullerten. Okay wir hatten ja auch ein Anrecht darauf zu weinen! Er hob seinen Kopf leicht an und ich konnte seit fast einem Monat endlich wieder in seine wunderschönen blauen Augen blicken, die ganz leicht von seinen schulterlangen schwarzen Haaren verdeckt wurden. Er lächelte mich liebevoll an und ich konnte einfach nicht anders als überglücklich zurück zu lächeln. „Hey du weinst ja, Jess“, merkte er grinsend an, als er sich selbst die Tränen aus den Augenwinkeln wischte und es dann bei mir gleich tat. „Na wessen Schuld ist das wohl?“ Er zwinkerte mir nur zu – fühlte sich wohl auch überlegen, da er auf mich hinunter sah von seinem Platz auf meine Hüften aus – und wollte etwas sagen, doch kam ihm jemand zuvor. „Ich will euch ja echt nur ungern stören, aber...du bist?“ Vjet deutete dabei fragend auf meinen Süßen und blickte dem Anschein nach gerade wirklich nicht durch, aber ihm sei es verziehen, da er momentan einfach nur zum anbeißen aussah mit seinem Out-Of-Bed-Look. Außerdem war er ja gerade erst aufgewacht. Ein leichtes Grinsen schlich sich auf mein Gesicht. „Ich bin Joel, Jess heißgeliebte süßere zweite Hälfte.“ Er musste bei seinen eigenen Worten auflachen und entschuldigte sich daraufhin noch mit einem 'sorry übrigens für die Störung' bei meinem Mitbewohner und wohl auch bei mir für das Aufwecken, aber ihm würde ich eh immer alles vergeben. Naja. Außer er würde sich an Vjet ranschmeißen! „Jessys Zwillingsbruder?“ Er schien immer noch leicht verwirrt, während er ständig zwischen mir und meinem Bruder hin und her sah. Wahrscheinlich hatte er nicht damit gerechnet, dass Joe auf einmal hier bei mir in Deutschland auftauchen würde. Apropos...Ich hatte auch nichts davon gewusst! Warum hatte er mir nicht Bescheid gegeben? „Also Vjety, dass sieht man doch, dass die beiden Brüder sind oder hast'e Tomaten auf den Augen?“, lachte Ra, der, wie ich jetzt erst bemerkte, neben Eli auch im Zimmer stand und uns grinsend anstarrte. „Nee, bin nur noch nich ganz wach“, und wie zur Bestätigung musste er kurz Gähnen bevor er sich anschließend lässig durch die dunkelbraunen Haare wuschelte. Hach wie gerne würde ich auch mal da durchwuscheln. Sie sahen so seidig aus und glänzten so hinreisend. Einfach nur noch göttlich und meiner Meinung nach war Vjet ja eh ein Engel in Menschengestalt. Mein Brüderchen fand die ganze Szene wohl eher urkomisch – wobei ich mich aber wunderte, da daran ja mal gar nichts witzig war – und fing an leise vor sich hin zu lachen. „Du scheinst hier ja gut aufgehoben zu sein, hm?“,flüsterte er mir zwinkernd zu und wuschelte mir durch die Haare. Mir entkam wie immer wenn man meine Haare anfasste ein Knurren was nicht nur Joe, sondern auch die restlichen zum Lachen brachte, weshalb ich mich eingeschnappt aufsetzte, meinen Süßen von meinen Hüften schubste, die Decke bis zum Kopf über mich zog und mich damit wieder hinlegte. Die mobbten mich hier alle! „Haha, wie süß“, entkam es Eli glucksend. „Dann lassen wir euch drei mal alleine. Ich hab noch Tennis. Auf auf Rasmus!“ Letzterer wollte protestieren, doch mehr als ein 'Hey!' bekam er nicht zustande da hatte unser Sportass ihn schon hinaus in den Flur gezerrt und unsere Zimmertüre nicht gerade leise zugeworfen. Jetzt waren wir alleine. Mein Traummann, mein süßes Brüderchen und ich. Hm...das war doch ein perfekter Titel für 'nen Film! Ich sollte Regisseur werden. Ich wurde wie eigentlich immer aus meinen Gedanken gerissen, als eine Hand sanft durch meine verwuschelten Haare fuhr. Es war nicht die meines Bruders, dass wusste ich, da seine Hand kleiner und einfach anders war. Als dann auch noch ein leises Auflachen ertönte, konnte ich, neugierig wie ich nun mal war, nicht anders als meine Augen doch wieder aufzumachen und aufzublicken. Direkt in lapislazuli-blaue Iriden. Ein Lächeln schlich sich auf meine Lippen und er tat es mir gleich. Wegen mir könnte die Welt nun untergehen, ich war glücklich. Hier. Mit ihm. Allei- Oh...mein Bruder war ja noch hier! Vjet hatte mich so abgelenkt, dass ich ihn fast vergessen hätte, wenn er nicht angefangen hätte zu kichern. Warum kicherte er jetzt auf einmal? Irritiert drehte ich meinen Kopf so, dass ich ihn anschauen konnte. „Ihr zwei seit süß.“ Zwar trug er ein Grinsen auf den Lippen, doch sagte er es mit solch einer Ernsthaftigkeit in der Stimme, dass ich nur vor mich hin blinzeln konnte. O...kay? „Brauchst mich gar nich so anzugucken, Maus, du weißt, dass ich recht habe!“ Ich glaubte ihm das jetzt einfach mal, aber musste er sowas direkt vor meinem Mitbewohner sagen? Das war peinlich! Immer noch zu perplex um etwas zu sagen, blickte ich ihn weiter an, während Vjet glücklicherweise für mich das Reden übernahm. „Ich bin jetz nich unbedingt süß, aber Jessy auf jeden Fall“, smilte er meinem Bruder zu. Er trug immer noch seine Schlafklamotten, die aus einer langen Jogginghose und einem T-Shirt bestanden. Ich selbst hatte auch noch nicht mehr an, aber unter der Decke war es ja warm genug. „Ich bin übrigens Vjet und teile mir mit dem Kleinen ein Zimmer und ein Bett.“ Hatte ich...richtig gehört? Hatte er tatsächlich zugegeben, dass er mit mir in einem Bett schlief? Naja...gesehen hatte es mein Bruder ja eh schon, als er hereingestürmt kam, aber trotzdem. Diese Worte ließen mein Herz mal wieder eine Runde schneller schlagen und wenn Joe nicht hier wäre, wäre ich wahrscheinlich wirklich über ihn hergefallen. Mein Süßer musste lachen. „Sí*, ich hab es gesehen. Es freut mich dich endlich mal kennen zu lernen, Vjet.“ „Endlich mal?“ „Hmh, mein Brüderchen hat schon viel von dir erzählt.“ Ein erneutes Zuzwinkern konnte er sich wieder einmal nicht verkneifen. Ich wollte hier verschwinden. Ganz schnell, ganz einfach weg hier. Gott war mir das peinlich. Wieso musste er das aber auch herausposaunen? Musste doch nicht sein, dass Vjet erfuhr, dass ich mit meinem Bruder über ihn sprach...Glücklicherweise war dem Objekt meiner Begierde das wohl recht gleichgültig, denn er lächelte selig vor sich hin und als ich einen Blick in seine Augen erhaschen konnte, konnte ich die lapislazuli-blauen Iriden regelrecht strahlen sehen. Eine angenehme Wärme machte sich in meine Körper breit, ausgehend von meinem Herzen. Irgendwann, irgendwann würde ich Vjet sagen, dass ich mich hoffnungslos in ihn verliebt hatte!...Aber sicher nicht heute oder morgen. Joel schien etwas irritiert, da niemand sich dazu aufraffte etwas darauf zu erwidern, aber nachdem er meinen sag-noch-einmal-was-falsches-und-du-bist-tot-Blick einfing, grinste er nur wissend, stand schließlich und endlich vom Bett auf und stemmte die Hände demonstrativ in die Hüften. „Also Mäuschen! Der Grund warum ich hier bin is ja klar, weil ich dich sehen wollte und deswegen schwingst du jetz deinen sexy Hintern aus diesem Bett und machst dich fertig, damit du mir zuerst die Schule zeigen kannst. Ich bleibe nur bis Sonntag also hopp hopp!!“ Bei den letzten Worten klatschte er ungeduldig in die Hände und ich wusste, dass, wenn ich nicht das tat was er wollte, ich es bitter bereuen würde, weshalb ich mich mühsam daran machte aus diesem zugegeben warmen, weichen Bett zu kommen. Mein herzallerliebster Mitbewohner lachte nur leise vor sich hin bei meinem Versuch aufzustehen, denn meine Arme gaben noch bevor ich stand nach und ich plumpste wieder auf die Matratze. „Alter Opa“, murmelte mein Brüderchen nun ebenfalls lachend in seinen nicht vorhandenen Bart und nachdem mir Vjet dankbarerweise beim aufstehen geholfen hatte – an den Stellen wo er mich berührte, kribbelte es wieder so wunderschön, ich wär am liebsten ewig so stehen geblieben – schubste mich mein Zwilling durch die Tür hinaus in den Flur wo es arschkalt war... Ein seltsames undefinierbares Gefühl machte sich in mir breit, als ich meinen Bruder so ansah. Wir saßen gerade vor der Schule am Rande des Springbrunnens und redeten über die letzten spannenden Ereignisse, die man sich noch nicht erzählt hatte. Ich war einfach so unglaublich glücklich meinen Bruder bei mir zu wissen, obwohl es nicht für lange war. In wenigen Tagen würde er bereits wieder abreisen, da dann die Schule bei ihm wieder anfangen würde und ich verfluchte und verdammte bereits jetzt diesen Tag. Jedenfalls grinste mich mein Süßer schon eine kleine Ewigkeit mit diesem allwissenden Blick an, dass ich langsam mehr als skeptisch wurde. Hatte er mit Vjet über irgendetwas wichtiges geredet, nachdem ich am Morgen so rigoros hinausgeworfen wurde? Ich konnte nur hoffen, dass es nicht so war, denn dummerweise wusste mein Brüderchen ja von meinen Gefühlen für den Wuschelkopf und ich war mir sicher, dass er wie Eli und Tom der Meinung war, mich unbedingt mit ihm verkuppeln zu müssen. Er sollte lieber mal auf sich selbst schauen und sein eigenes Liebesleben in Ordnung bringen bevor er anderen bei ihrem half. „Wie läuft's eigentlich mit dir und Alois?“ Interessiert und vergnügt stellte ich fest, dass sein Gesichtsausdruck innerhalb einer Millisekunde kurzzeitig traurig wirkte. Okay. Ein bisschen Mitleid hatte ich ja schon mit ihm. Aber nicht sonderlich viel. Er seufzte resignierend auf. „Wollen wir nicht lieber über dich und Vjet reden?“ Da hatte er sich deutlich geschnitten. „Nein!“ Ich blickte ihn gespielt böse an. „Ich will das du glücklich bist, Süßer. Und das geht nicht, wenn du ihm ewig deine Gefühle verschweigst!“ „Aber...“ Sein Blick glitt gen Himmel. Er wusste, dass ich recht hatte. „Ich hab Angst, Maus. Ich hab Angst, dass ich unsere Freundschaft zerstöre, wenn er meine Gefühle nicht erwidert.“ Joels Hände hatten angefangen mit meinen zu spielen und sie zu umklammern. Er war nervös. Unsicher. Ich konnte es ihm nicht verübeln. Leicht lächelnd nahm ich sein schmales Gesicht zwischen meine Hände, blickte ihm direkt in seine aquamarinfarbenen Augen und legte gleichzeitig meine ganze Liebe in diesen einen Blick. Er musste spüren, dass ich für ihn da war. „Ich weiß wie das ist. Aber schau, mehr als ein 'Nein' kann er nicht sagen und Alois wäre jetz auch keiner, der wegen einem Liebesgeständnis eine so lange und tiefe Freundschaft kündigen würde. Das könnte er nicht, schließlich mag er dich! Also bitte versprich mir, dass du es ihm sagst, wenn du wieder in Italien bist, ja? Es geht schon zu lange so.“ Meine bessere Hälfte musste leicht auflachen, woraufhin er sanft seine Stirn gegen meine legt. „Bene*! Aber nur weil du so süß bist. Außerdem...ich hab schon zu lange gewartet. Es wird langsam wirklich mal Zeit.“ Er streicht mir leicht verträumt durch meine schwarzen Haare und fing von einem Moment auf den anderen plötzlich an zu grinsen. „Dafür musst du mir aber versprechen, dass du es Vjet sagst!“ Entgeistert entfernte ich mich ein paar Zentimeter von ihm. Was? Es ihm sagen? Nein! Niemals! „Mäuschen. Du kennst ich jetzt schon lang genug, um dir auszumalen wie er reagieren wird oder nich?“ Er wackelte verheißungsvoll mit seinen Augenbrauen, während ich ihn nur skeptisch musterte. „Ja klaaaar. Auf jedeeeeen. Immeeeeer. Am besten geh ich gleich zu ihm und fall über ihn her, ne?“ „Ach jetz hör auf mit deinem Sarkasmus, dass muss nich sein und helfen tut's auch nich“, lachte er. „Jetz mal im ernst, Jessran. Bitte.“ Ich war immer noch nicht ganz so überzeugt und das konnte er auch genau an meinem Blick festmachen, aber sein aufmunterndes, liebevolles Lächeln ließ irgendeinen Schalter in mir kippen, sodass ich nicht anders konnte als ergeben zu Nicken. Ich war noch nie ein sonderlich guter Kämpfer. „Okay. Fein. Aber nicht heute und nicht in diesen Ferien.“ Wenn, dann musste ich mir vorher nämlich wirklich noch einen Plan zurechtlegen. „Aber gleich danach!“ „Ja.“ Meine Arme schlangen sich wie von selbst um den zierlichen Körper von meinem geliebten Zwilling. Erneut schloss ich genießerisch meine Augen und atmete seinen herrlichen Duft ein. Jetzt hatte wohl er recht. Es konnte so nicht weitergehen. Ich werde Vjet meine Liebe gestehen. *Dio mio = mein Gott *Sí = Ja *Bene = Gut ------------------------------------------------ to be continued~ Kapitel 9: Abschied ------------------- 9. Abschied […] Meine Arme schlangen sich wie von selbst um den zierlichen Körper von meinem geliebten Zwilling. Erneut schloss ich genießerisch meine Augen und atmete seinen herrlichen Duft ein. Jetzt hatte wohl er recht. Es konnte so nicht weitergehen. Ich werde Vjet meine Liebe gestehen. *** Je näher der Tag von Joels Abreise kam, desto nervöser wurde ich. Ich wusste ganz genau was ich zu tun hatte, wenn die Schule wieder begonnen hatte, doch damit stieg die Angst auch immer weiter an. Wie würde er reagieren? Würde er...mich hassen? Davor hatte ich am meisten Angst. Ich hätte meinem Bruder nicht zustimmen dürfen, ich hätte es ihm nicht versprechen dürfen. Auch wenn er recht hatte. Auch wenn ich mir dessen mehr als alles andere bewusst war. Während der Zeit, in der mein Zwilling hier war, schlief er immer bei Max auf der Couch und besuchte mich unter Tags immer, um mit mir etwas zu unternehmen. Auch mein heißgeliebter Wuschelkopf war oft mit von der Partie, obwohl es mir ehrlich gesagt lieber gewesen wäre, wenn er nicht dabei gewesen wäre. Nicht, weil ich ihn nicht mehr mochte, aber ich brauchte Zeit zum nachdenken. Seit Tagen lag ich nachts fast ununterbrochen wach in Vjets Armen, machte mir Gedanken über das Baldige und trotz der Gewissheit, dass er gemerkt hatte, dass ich mir wegen irgendetwas den Kopf zerbrach, hatte er noch nichts gesagt. Vielleicht wartete er darauf, dass ich von alleine auf ihn zu kam, aber das würde ich dieses mal nicht. Wie könnte ich denn auch! Sollte ich auf ihn zugehen und fragen: „Hey weißt du wie ich dir am besten meine Liebe gestehe, ohne dass du mich danach gleich verabscheust?“ Also bitte, als ob ich so etwas machen würde. Ich wäre viel zu feige dafür. Zumindestens schaffte es meine bessere Hälfte mich etwas abzulenken, doch wenn ich bei ihm war, musste ich nur die ganze Zeit an unseren baldigen – hundertprozentig tränenreichen – Abschied denken, mit den Wissen, dass ich ihn bis Weihnachten nicht mehr sehen würde. Ich bekam jetzt schon fast das Heulen. Wer konnte mich aber auch nicht verstehen? Trotz so vielen dummen Gedankengängen meinerseits genoss ich die Zeit mit meinem Bruder ungemein sehr. Seit Kindertagen waren wir ein Herz und eine Seele und nichts was wir je angestellt hatten, taten wir ohne den anderen. Wir waren keine einfachen Zwillinge. Jedenfalls sagten wir uns das immer, deshalb wusste wir auch, dass es stimmte. Und allein der Gedanke daran, dass er bereits morgen wieder abfahren würde, zurück nach Italien, trieb mir die Tränen in die Augen. Warum verging die Zeit nur so schnell? Ich wollte sie anhalten. Anhalten, damit er für immer an meiner Seite bleiben konnte und nicht weg musste. Auf ewig. „Alles okay Jessy?“ Ich versuchte die Tränen erfolgreich zu unterdrücken und blickte in das glücklich, aber gleichzeitig traurig wirkende Gesicht meines Mitbewohners. Der Mond erhellte unser Zimmer, denn es war bereits spät Nachts, wenn nicht sogar schon über Mitternacht, und ich konnte wieder nicht schlafen, doch dieses mal aus einem anderen Grund. Joel würde mich wieder allein lassen. Bereits in wenigen Stunden. Leicht schüttelte ich meinen Kopf, während ich mich gleichzeitig näher an ihn drückte. Hätte ich jetzt geredet, wären die Tränen nur so aus mir geströmt. Es erfüllte mich mit Freude, dass er hier bei mir war. Wenn ich alleine gewesen wäre, wäre ich schon längst vor lauter Trauer gestorben, aber er war da und hielt mich wie immer fest in seinen Armen. Ich konnte ihn seufzen hören und schämte mich, dass ich ihn da mit rein zog. Er hatte nicht wirklich etwas mit meinem Bruder zu tun, auch wenn sie sich gut verstanden hatten, und trotzdem musste er mich jetzt so niedergeschlagen sehen und mich trösten, obwohl ich es nicht von ihm verlangte oder gar erwartete. Klar war Vjet unglaublich liebenswürdig, aber dass er sich jetzt so fürsorglich um kümmerte, hatte ich ihm nicht zugetraut. Das traute ich fast niemanden zu. Ich wusste auch nicht warum, obwohl es eigentlich recht dumm von mir war so zu denken. „Ich kann verstehen, wenn du traurig bist. Hab ja selbst Geschwister, aber...bitte versuch zu schlafen, ja? Hier zu liegen und sich um weiß Gott was Gedanken zu machen bringt auch nichts. Außerdem, es ist bald Weihnachten und da fährst du dann zu ihm! Deshalb...bitte...“ So sanft wie immer strich er mir durch meine Haare und ich spürte, wie er mir einen Kuss auf jene gab. Trotz des ganzen Trubels konnte ich nicht anders, als deswegen fast an die Decke zu gehen. Denn...hallo! Vjet, mein Vjet, hat mich gerade geküsst!! Wenn auch nur auf meine Haare...aber immerhin! Außerdem hatte er seinen Wange leicht gegen meinen Kopf gelegt, um mir so wohl mehr halt zu geben und zu signalisieren: Ich bin da und gehe nicht weg. Ich konnte kaum glauben, wie sehr ich bereits in ihn verliebt war. Wie abhängig ich von ihm war. „Gut...“ Und auch wenn ich nicht mehr damit gerechnet hatte, überkam mich die Müdigkeit, die ich die ganze Zeit verdrängt hatte und ich hatte es wohl meinem Mitbewohner zu verdanken, dass ich tatsächlich langsam aber sicher weg dämmerte, bis ich eingeschlafen war... „Du weißt, was du zu tun hast, nicht wahr Maus?“, flüsterte mir mein Bruder ins Ohr, als ich gerade dabei war, ihm sein schönes blau-kariertes Hemd voll zu heulen. Ich nickte nur und kuschelte mich enger an ihn, wie es überhaupt möglich war. Es war soweit. Er würde mich wieder verlassen. Jetzt. In 10 Minuten. Auf so lange Zeit. „Also ruf mich dann an! Ich zähle auf dich!“ Lächelte er mich an, während er mir die Tränen sanft und behutsam aus dem Gesicht strich. „Natürlich“, schluchzte ich leise. Zu mehr war meine Stimme momentan nicht möglich. „Und du weißt, was du zu tun hast, Süßer?“ Diesmal ein Nicken seinerseits. Ja. Wir würden unser Versprechen einhalten, wie immer schon. Noch einmal drückte er mich ganz fest an sich und ich konnte genau spüren, wie etwas nasses auf meine Schulter tropfte. Joel war genauso traurig wie ich. „Pass gut auf dich auf, addio mein Mäuschen!“ Nachdem er mir zum nun letzten mal auf längere Zeit einen Kuss auf die Stirn drückte, winkte er den anderen, die ich in meiner Trauer vollkommen ignoriert hatte und immer noch nicht wahrnehmen konnte, das letzte mal zu. „Ich liebe dich!“, rief ich ihm tränenüberströmt entgegen, als er langsam Richtung Zug marschierte. „Ich dich auch.“ Ein kleines Lächeln, ein Handkuss und keine Sekunde später war er im Zug verschwunden, der ihn zurück nach Italien bringen würde. Bis dato wusste ich nicht wie abhängig ich doch von meinem Bruder war. Ein Gefühl der Leere machte sich in meinem Körper breit, so als hätte er ein Teil meines Herzens geradewegs mitgenommen, damit er nicht so alleine war. Mir war nicht bewusst gewesen, dass ich wie paralysiert auf den bereits abgefahrenen Zug gestarrt hatte, bis sich von einem auf den anderen Moment plötzlich zwei leicht muskulöse Arme von hinten um mich schlangen und mich beschützend an sich zogen. Ich spürte, wie sich ein Kopf auf den meinen legte, während ich genießerisch die Augen schloss und den Duft einatmete, den ich von tausend anderen heraus unterscheiden könnte und mich mehr als alles andere süchtig machte. Süchtig nach ihm. Vjet. Er war bei mir. Er würde bei mir bleiben. „Lass uns nach Hause gehen.“ Mein Zuhause. Ich musste mir eingestehen, dass mein Zuhause nicht mehr bei meiner Familie war, nicht mehr in Italien, denn mein Zuhause war dort wo er war. Egal wo ich hingehen würde, solange er bei mir sein würde, würde ich mich wohl fühlen und es 'Zuhause' nennen können. Vielleicht aber sah ich das alles in diesem Moment aber auch zu sehr durch die rosarote Brille, schließlich waren wir kein Paar, nur ganz einfache Freunde. Noch... Ich konnte es nicht, ich konnte es nicht, verdammt noch mal, es ging einfach nicht!! Es war ein riesengroßer Fehler gewesen mit Joel das Versprechen eingegangen zu sein, denn egal was ich mir in den letzten Wochen ausgedacht hatte, alles war scheiße gewesen. Und das stimmte tatsächlich. Klar hatte ich nicht versucht einfach auf ihn zuzugehen und es Vjet einfach direkt ins Gesicht zu sagen, aber ich hatte mich mit Eli und Tom beraten. Jeder einzelne Vorschlag meinerseits, fanden die anderen zum Lachen und einfach nur dämlich und jeden Vorschlag ihrerseits stoß bei mir auf Widerstand, schließlich würde ich nicht einfach über ihn herfallen und ihm einen blasen, wenn er noch am schlafen war! Wie kam Tom bitte auf diese bescheuerte und vor allem absurde Idee, hm? Zumindestens schien es mein Bruder auch nicht leichter zu haben. Wir hatten uns zwar versprochen, gleich nach den Ferien mit der Sprache heraus zu rücken, aber seitdem waren bereits fünf Wochen vergangen und in zwei Wochen fingen schon die Winterferien an. Mein Süßer war deshalb, weil er eben ebenfalls nicht wirklich bei Alois weiterkam – er hatte ebenso wenig einen richtigen Plan wie ich –, mir nicht sauer oder gar böse deswegen und ich ihm auch nicht. Aus dem Grund hatten wir einfach unseren Zeitraum auf 'bis zum Valentinstag' gesetzt. Eigentlich eine recht lange Zeit, aber so wie ich es ihm Gefühl hatte, würde dieser Tag schneller kommen, als ich überhaupt denken konnte. Ich hatte keine Lust mehr! „Oi Jess jetz konzentrier' dich mal, wir haben in einer Woche Aufführung und wollen's nich vermasseln!“ Irritiert hob ich den Kopf und suchte den Auslöser für mein plötzliches Erwachen aus dem Gedankenstrudel. Letztendlich stellte es sich als Ra heraus, der etwas leicht genervt aussah. Aber er hatte ja recht. In einer Woche war das Weihnachtskonzert meiner Schule und das beste war halt, dass wir als Band auftreten und ein paar Lieder spielen durften! Wir hatten uns alle richtig gefreut, als uns der Schulleiter vor zwei Wochen darüber informiert hatten, denn eigentlich waren wir nicht eingeplant gewesen, doch jetzt war es umso besser. „Sorry...“ Murmelte ich, während ich versuchte mich auf den Songtext und die Melodie zu konzentrieren. Langsam aber sicher hatte ich sogar alle bereits dagewesenen Songtexte im Kopf und zusammen hatten wir sogar einige meiner Lieder einstudiert, weshalb wir hofften, dass wir es unserer Schülerschaft nächste Woche zeigen konnte, damit sie mal erkannte, was es hieß talentiert zu sein. Ja ich war eingebildet. „Liegt wahrscheinlich daran, dass du Vjet seit heute morgen nicht mehr gesehen hast, aber bitte versuch dich noch für zehn Minuten zu konzentrieren, Kleiner.“ Der Schwarzhaarige zwinkerte mir zu und ehe ich noch hätte protestieren können stimmten sie grinsend das nächste Lied an. Jaja macht euch nur über mich lustig, aber es lag bestimmt nicht daran, dass ich den Wuschelkopf heute den ganzen Tag noch nicht gesehen hatte!...Nur ein bisschen vielleicht. Man konnte es mir aber auch nicht übel nehmen, ich hing schließlich noch mehr an ihm als vor ein paar Wochen. Er ist irgendwie zu meinem Rettungsboot geworden, dass immer da war, wenn ich es brauchte und mich in den Arm nahm. Vjet behandelte mich nach wie vor – oder sogar noch mehr – wie einen Schatz, etwas Kostbares, weshalb er selbst Schuld war, dass ich mich noch mehr in ihn verliebte als bereits geschehen. Wirklich jeder würde behaupten er täte dies, weil er mich liebte und beschützen wollte. Letzteres mochte wirklich stimmen, aber ich konnte mit völliger Gewissheit sagen, dass er mich nur als Kumpel mochte. Er hatte eben einen ausgeprägten Beschützerinstinkt, vor allem bei mir, da ich ja eh so klein und feminin war. Kurz gesagt, ich wirkte einfach schwach und zerbrechlich, wie eine Porzellanpuppe. Jedenfalls war mein Mitbewohner heute bereits um sieben in der Frühe aus meinem warmen, bequemen Bettchen verschwunden, da er mit seiner Theater-AG verreisen würde. Verreisen war zwar das falsche Wort, doch für mich fühlte es sich so an, als hätte ich ihn seit Monaten nicht mehr gesehen. In Wirklichkeit würde er bereits in weniger als einer Stunde wieder da sein. Irgend so ein Kurztrip, bei dem sie nebenbei ein Theaterstück anschauen wollten. Warum ihnen das erlaubt wurde und mir und der Band ein paar freie Tage zum Proben nicht, konnte ich nicht sagen. Unfair war es jedenfalls. Ansehen tat man es Vjet ebenfalls nicht, dass er überhaupt schauspielerte und – wie er mir selbst gesagt hatte – auch wirklich Spaß daran hatte. Man schätzte ihn auf den ersten Blick anders ein, wie er eigentlich war, was im großen und ganzen mein Interesse über ihn steigerte, da ich unbedingt jede Eigenschaft des Braunhaarigen herausfinden wollte. Eineinhalb Stunden später war mein Mitbewohner immer noch nicht da, weshalb ich, die Sorgen auszublenden versuchend, mit meinen Ohrstöpseln in den Ohren gedankenverloren auf meinem Block 'rumkritzelte. Sonderlich begabt war ich nämlich wenn es ums Zeichnen ging nicht, deshalb war es auch recht selten, dass man einmal ein Bild von mir als 'sehr gut' abstempeln konnte. Kunst interessierte mich ja sowieso eher weniger, dennoch lenkte es mich im Moment ab. Die Musik tat ihr übriges. Meine Umgebung vollkommen ausgeblendet schmückte ich mein Wäldchen mit dem Flüsschen noch mit einem Straßenschild und einer Bank. Das das Bild überhaupt keinen Sinn ergab, war mir gerade recht egal. Nur das von einer Sekunde zur anderen ich fast einem Herzinfarkt erlitten hätte, konnte und wollte ich nicht tolerieren. Ich war zudem so geschockt, dass ich gut eine halbe Minute brauchte um zu realisieren, dass mir jemand meine Ohrstöpsel geklaut hatte und zwei mir bekannte starke Arme um meinem Oberkörper lagen. Diese Arme trugen auch die Schuld für meinen Beinahe-Tod. Wobei ich mal wieder maßlos übertrieb. Kichernd wurde ein Kopf auf meinen gelegt. „Ganz schön schreckhaft, aber ich sollt's gewohnt sein bei dir.“ Ein kleines Schnauben konnte ich mir nicht verkneifen, was ihn aber erst recht zum lachen animierte. Es ließ mich aber nicht davon abhalten genießerisch meine Augen zu schließen, wobei ich seine Wärme in mich aufnahm. Selig lächelnd legte ich meine Hände auf seine Unterarme. „Du bist ganz schön spät, Vjet.“ „Wir sind in einen Stau geraten. Tut mir leid, wenn du dir Sorgen gemacht hast, Jessy“, erwiderte er und drückte mir als Entschuldigung einen Kuss auf meinen Kopf. Hach...wegen mir konnte die Zeit jetzt stehen bleiben, damit ich diesen Moment richtig genießen konnte. Zwar machte er das in letzter Zeit öfter, aber ich freute mich jedes mal wieder, als wäre es der erste Kuss, den ich von ihm bekam. „Ich hab mir keine Sorgen gemacht“, meinte ich trotzig, wusste dennoch, dass er es mir nicht abkaufte. Ich mir eigentlich auch nicht. Er lachte wieder auf und vergrub daraufhin sein Gesicht in meinen Haaren. Unsere jetzige Beziehung könnte – fast – nicht besser sein. Dieses Gefühl von ihm genauso gebraucht zu werden, wie ich ihn brauchte war einfach unschlagbar. Wenn ich ihm jetzt meine Liebe gestehen würde...wäre das nur alles vorbei. Oder nicht? „Hab dich vermisst“, murmelte er gegen meinen Kopf, während seine Arme mich noch fester umklammerten. Ich wusste was er meinte. Ich ihn auch. Jede Minute, die ich ihn heute nicht gesehen hatte, ihn aber sonst jeden Tag sehe, war wie eine endlich währende Qual, die ich ungern wieder erleben wollte. Doch kein einziges Wort verließ meine Lippen, nur ein zustimmendes Gebrumme, dennoch schien es ihm zu genügen. Wir waren teilweise schon soweit, dass wir uns in manchen Situationen ohne Worte verstanden, wie eben jetzt. Trotzdem hatte ich ihn mehr vermisst als er mich. Schließlich liebte ich ihn. „Und was war bei dir heute so los?“, fragte er mich ohne Zusammenhang, dennoch antwortete ich ihm nach kürzerem Überlegen. Der Tag war einfach an mir vorbeigezogen, ohne dass ich viel mitbekommen hatte. Ich war zu sehr in Gedanken. „Schule, Bandprobe für unseren Auftritt, Langeweile, du siehst es ja.“ Dabei deutete ich auf mein Gekritzel und ich konnte ihn kichern hören. „Wie war der Ausflug?“ „Klasse! War wirklich toll. Hätte mich gefreut, wenn du dabei gewesen wärst, dann wär's noch schöner gewesen.“ Erneut ein Kuss auf meinen Kopf. Ich wär ja auch gern mitgekommen, nur war ich für das Theater nicht geeignet, da reichte mir mein eigenes Leben schon. Das war anstrengend genug, wobei momentan...da war ich der glücklichste Mensch auf der Welt! Konnte es nicht ewig so sein wie gerade? „Bin nicht gut im schauspielern...“, murmelte ich mit den Gedanken bereits in eine andere Welt abgedriftet, nur noch das Jetzt genießend, während ich meinen Kopf ein Stück in seine Richtung drehte, ihn etwas näher zu mir zog und mich mit geschlossenen Augen sanft in seine Halsbeuge schmuste. Das das für ihn vielleicht etwas unbequem sein könnte, darauf kam ich nicht. Das das mehr als verdächtig sein könnte und sowohl mich, als auch meine Gefühle verraten könnte, darauf kam ich nicht. Aber Vjet schien es genauso wenig zu stören wie mich, er zog mich nur kichernd noch näher an sich heran. Sein unglaublich angenehmer Duft war schuld, dass ich das tat. Unter anderem... Kurze Zeit darauf und ein paar Sätze später hatte er sich zu meinem Leid wieder von mir gelöst, um sich endlich einmal bequemere Sachen anzuziehen, außerdem sollten wir Mathe noch einmal durchgehen, da uns nächste Woche noch eine Schulaufgabe bevorstand. Schließlich lagen wir – man beachte hier das 'wir' und sei eifersüchtig – dieses mal bereits kurz nach zehn Uhr im Bett, eng aneinander gekuschelt. Vjet war mindestens genauso müde wie ich von diesem Tag, dennoch schien er noch nicht schlafen zu wollen. „Jessy...“, murmelte er gegen meine Stirn, sein Atem der dabei meine Haut streifte ließ mich eine Gänsehaut bekommen. Kleine angenehme Schauer liefen meinen Rücken hinab. „Hm?“ „Jessy“, kam es erneut von ihm, ohne das er etwas weiteres sagte. Was wollte er denn? „Ja Vjet?“ „Jessy!“ „Boah man, ja was is denn jetz?!“ Mir platzte der Kragen. Wenn er was wollte, sollte er es doch einfach sagen! Leicht wütend lehnte ich mich etwas von ihm weg und versuchte in der Dunkelheit seine Augen zu fixieren. Den einzigen Effekt den mein kleiner Wutausbruch hatte, was ein allzu bekanntes Kichern von meinem Mitbewohner. Ja, ich konnte auch nichts dafür, dass ich manchmal unter Stimmungsschwankungen – vor allem morgens und abends – litt. „Nichts, nur...“, er schien über eine Antwort nachzudenken, oder wie er sie am besten formulieren konnte, während ich mich langsam wieder ganz unter Kontrolle hatte. „...du bist richtig süß, weißt du das?“ What? Seit....seit wann sagte er sowas zu mir? Außerdem...ich war nicht süß! Ich war alles andere, aber nicht süß, weshalb ich ihm das auch sagte. Er musste leicht lachen. „Oh doch, glaub mir, du bist einfach Zucker, Kleiner.“ Gegen Ende des Satzes wurde er immer leiser, bis er fast nur noch flüsterte. Zum Glück was es dunkel, denn ich spürte richtig, wie meine Wangen wärmer wurden. Passierte hoffentlich nicht auch tagsüber, wär nämlich irgendwie peinlich. Er merkte, dass es mir wohl die Sprache verschlagen hatte, da ich nicht antwortete, deshalb kicherte er mal wieder – tat er übrigens wirklich oft, wie mir so nebenbei auffiel – und strich anschließend sanft mit den Fingern meine Wange hinab. Wooooah. Gänsehaut, Herzstillstand, Kribbeln, alles auf einmal. Das...hatte er noch nie gemacht und shit es fühlte sich einfach nur göttlich an. Es war so einen unglaublich sanfte, leichte und liebevolle Geste, die mich aus den Socken haute. Er schien nicht zu merken, dass ich innerlich wohl gerade tausend Tode starb, gluckste nur erfreut über mein erneutes Schweigen und wissend über den Auslöser dafür auf. „Hab dich lieb, Kleiner.“ Ein kleiner, feiner Kuss auf meine Stirn. Arme, die mich enger an ihn drückten. Seine Hand, die meinen Kopf kraulte. Ich war wahrlich im Himmel, nein, im Paradies angekommen! ------------------------------------------- to be continued~ Kapitel 10: Vorweihnachtszeit ----------------------------- 10. Vorweihnachtszeit [...]„Hab dich lieb, Kleiner.“ Ein kleiner, feiner Kuss auf meine Stirn. Arme, die mich enger an ihn drückten. Seine Hand, die meinen Kopf kraulte. Ich war wahrlich im Himmel, nein, im Paradies angekommen! *** Wenige Tage nachdem Vjet auf der Theaterfahrt war und nun wenige Tage vor dem bevorstehenden Weihnachtskonzert hatten 2 Vollpfosten beschlossen mich Abends zu entführen und in einen kleinen Raum – es war eigentlich nur Elis Zimmer, ich übertrieb mal wieder – einzusperren. Was sie vorhatten wusste ich noch nicht, aber dass sie mich nicht gehen lassen würde, bevor alles geklärt wäre, da war ich mir ziemlich sicher. Gelangweilt, müde und sauer darüber, dass sie mich von Vjet weggezerrt hatten, sah ich Eli und Tom an, die es sich auf einen der Betten bequem gemacht hatten. Ich selbst saß auf einem Schreibtischstuhl, gleichzeitig fragte ich mich aber auch, wo Ra sich gerade herumtrieb. Er hätte mir helfen können, hier raus zu kommen. „Also!“, begann Eli breit grinsend und legte dabei einen Arm auf Toms Schulter. „Du weißt sicher, warum wir dich hierher gebracht haben oder?“ „Um ehrlich zu sein, ne ich hab keine Ahnung“, gestand ich. Wobei ein Gedanke kam mir schon auf und wenn es wirklich das war, was ich meinte dann...wie konnte ich am besten aus diesem Raum flüchten? Die Tür hatten sie abgesperrt, mein Handy lag in meinem Zimmer, durchs Fenster wurde ausgeschlossen. Shit, ich saß tatsächlich in der Falle!! „Na wir wollen jetz einen Kriegsrat halten“, meinte der Gitarrist der Schulband mit einem fetten Grinsen im Gesicht und zwinkerte mir dabei zu, aber wofür bitte einen Kriegsrat? Hatte ich irgendetwas verpasst oder hatten die beiden vor in den Krieg zu ziehen? Da kam mir eher noch die Frage auf gegen wen die beiden kämpfen wollten, denn so gesehen hatten sie eigentlich keine Feinde. „Gegen wen wenn ich fragen darf?“ Irgendwie schon suspekt...vor allem weil sie gefühlt um die Wette grinsten. Der Gedanke mir neue Freunde zu suchen schlich sich in den Vordergrund und wollte beachtet werden. „Na Vjet!“, riefen Eli und Tom im Chor, während ich nur Bahnhof verstand. So musste ich auch aussehen, denn Eli ergriff wieder das Wort. „Tommy und ich haben uns zusammengesetzt und überlegt, wie du ihn am besten 'rumbeko-“ „Wie du ihm am besten deine Gefühle gestehst wollte Eli sagen“, verbesserte der Blonde, wobei er dem Braunhaarigen mit dem Ellbogen leicht in die Rippen stieß. „Weil unsere letzten Vorschläge wirklich irgendwie Müll waren.“ „Ach, is es euch auch mal aufgefallen?“ Ich klatschte gespielt begeistert in die Hände. Hatte wirklich lange gedauert bis sie das mal gemerkt hatten. Aber ich bezweifelte, dass die neuen Vorschläge besser werden würden. Am liebsten sollten sie mich damit einfach in Ruhe lassen, schließlich hätte ich es ihm irgendwann sowieso gesagt, weil ich es früher oder später vor lauter Liebe zu ihm eh nicht mehr geheim halten hätte können. Doch wurde dies ja einfach übergangen oder ignoriert. Ein Nicken beider brachte mir meine Frage ein, weiter aber nichts nur Eli holte einen kleinen zusammengefalteten Zettel aus seine Hosentasche. „Das hier“, er zeigte demonstrativ auf das weiße Stück Papier, „ist der Schlüssel zu deinem Erfolg.“ Na das wollte ich mal sehen, wenn er so große Sprüche dafür übrig hatte. Ich rechnete nicht mit viel sinnreiches. „Und zu unserem, denn wir haben uns geschworen dir zu helfen“, stimmte der andere mit ein. Da fiel mir gerade auf...kannten die zwei sich eigentlich schon länger? Schien mir jedenfalls so und das sie mir helfen wollten...mir gefiel das alles nicht. Ganz und gar nicht. Ich wollte zurück zu dem Wuschelkopf, mich an ihn lehnen und alles um mich herum vergessen. Einfach genießen. Ein resignierender Seufzer entkam mir. Mir blieb nichts anderes übrig, als das hier über mich ergehen zu lassen und dann so schnell wie möglich in die Arme Vjets zu flüchten. „Na dann schießt mal los auf welche dämlichen Ideen ihr diesmal gekommen seid?“ Während Eli auf meine Worte hin lachen musste, plusterte Tom leicht beleidigt die Backen auf. Er war wirklich ein hübscher junger Mann, dass musste ich mir eingestehen, aber es war schade, dass er niemanden treu sein konnte. Na vielleicht irgendwann wenn er den Richtigen gefunden hatte? Den hätte ich dann zu gern kennen gelernt. Jedenfalls fing sich der Blonde dennoch recht schnell wieder, wusste ja wie viel ich von ihren Vorschlägen hielt, und begann den Zettel auseinanderzufalten. Jetzt ging es los. „Idee die Erste:...“ Es wurde still. Was war los? Eli war auch irritiert und blickte auf den Zettel, grinste anschließend wissend. „Das war mein Vorschlag“, übernahm nun der andere. Er riss Tom das Papier regelrecht aus den Hände, dem das egal zu sein schien. Die Idee konnte nicht gut sein. „Also, du lässt dir in Sport einen Ball auf den Schädel hau'n, wirst davon Ohnmächtig oder zumindestens Benommen, weshalb dann Vjet, besorgt wie er immer gleich is, zu dir kommt. Anschließend liegst du deshalb in seinen Armen, völlig schwach und verletzt, und gestehst im Angst um den nahen Tod deine Liebe!“ Tom schlug sich kopfschüttelnd die Hand gegen die Stirn, ich schaute Eli nur mit hochgezogener Augenbraue an. „Is das dein Ernst, Eli?“ „Natürlich, das funkt hundertpro, Dude“, versuchte er mir weiszumachen, aber ich atmete nur schwer aus. Der wollte mich wirklich verarschen. Das funktionierte sicher nicht! Ehrlich, wie kam man auf so eine...es war er. Da ist es klar, dass er auf so etwas kam, wenn man er war, kam man immer auf so etwas. Ich vermisste in diesem Augenblick dein ernsten und hilfsbereiten Eli oder einen vernünftigen Tom, der etwas dazu sagte. Mir blieb glücklicherweise letzteres. „Eli der Vorschlag is bescheuert, sogar mehr als bescheuert. Der wird gestrichen!“ „Aber...“ Der Braunhaarige wollte dagegen reden, doch der Gitarrist ließ ihm keine Chance dazu. Gut so Tommy. Du bist der größte, wenn das mit Vjet nichts wird könnten wir es mal versuchen, versprochen. Für dich würde ich so etwas wagen. „Nein. Gut, also zum richtigen ersten Vorschlag meinerseits“ Neugierig horchte ich wieder auf. Ich war eh immer viel zu oft in Gedanken an irgendwem oder irgendetwas, dass sollte ich mir abgewöhnen. Verpasste man deswegen viel zu viel von der Welt. „Bald haben wir ein Konzert und mir kam die Idee, dass du – nicht unbedingt bei diesem, aber bei einem unserer folgenden Konzerte – ihm deine Liebe gestehst, indem du ihm ein Liebeslied widmest und ihm danach sagst: Ich liebe dich.“ Ich...war nicht wirklich begeistert. Es war an sich ein unglaublich guter Vorschlag und ich fand ihn auch irgendwie süß, aber ich war doch viel zu schüchtern, um jemanden vor vielen Menschen meine Liebe zu gestehen! Klar, so konnte er für den Anfang nicht nein sagen, weil er irgendwo in der Menschenmenge stehen würde, aber...ich wusste es nicht. Dafür musste ich mich wirklich bereit fühlen es ihm zu sagen. „Und? Was hältst du davon?“, wollte Tom lächelnd und aufgeregt wissen, doch ich hatte ihn ausgeblendet, zu sehr war ich selbst in Gedanken wegen dem Vorschlag. Nur nebenbei bekam ich mit, wie meine zwei Freunde sich darüber austauschten, dass Eli seine Idee besser fand und Tom seine. Könnte ich es so tatsächlich machen? War das eine gute Idee? Ich brauchte Gewissheit und die bekam ich nicht von den beiden vor mir, sondern von meinem Zwillingsbruder, aber der war nicht hier. Doch da fiel mir ein, dass bald Weihnachten war... Morgen war es soweit. Ich war so unglaublich aufgeregt als ich nur daran dachte und gleichzeitig hatte ich Angst es zu vermasseln. In wenigen Stunden war das Weihnachtskonzert und quasi unser erster Auftritt, deshalb hatten wir in den letzten Tagen noch fleißig geprobt und alles einstudiert. Doch auch wenn bei den Proben alles klappte musste es nicht sein, dass das morgen genau so sein würde. Was war wenn ich auf einmal so mir nichts dir nichts den Text von den Liedern vergaß? Ich würde uns alle blamieren! Dennoch freute ich mich gleichzeitig mit ihnen auf der Bühne stehen zu können und allen zeigen zu können, was wir drauf hatten. Ich war in einer Zwickmühle. Das sah man mir auch an, schätzte ich, so wie fast alles andere auch. Außer meinen Gefühlen zu Vjet! Zumindest hoffte ich, dass man mir das nicht ansah...Jedenfalls wechselte meine Stimmung gegen Abend hin die ganze Zeit zwischen ängstlich und aufgeregt überdreht. Glücklicherweise aber konnte ich meine Bandmitglieder mit meinen Problemen nich anstecken, da wir heute schon früher mit proben aufgehört hatten, damit wir morgen ausgeschlafen und ausgeruht waren. Trotzdem war ich dabei jemanden damit auf die Nerven zu gehen. Ich hatte jedenfalls das Gefühl ihm auf die Nerven zu gehen, doch ob er wirklich genervt war wusste ich nicht genau. Und wenn er es doch war, dann zeigte er es nicht, sondern versuchte mich abzulenken und ich musste mir eingestehen, dass es wirklich half... „So Kleiner, damit du jetz etwas 'runterkommst und dich nich irgendwann freiwillig aus dem Fenster stürzt machen wir jetz was zusammen!“, beschloss mein geliebter Mitbewohner, der auf seinem Schreibtischstuhl saß und bis eben etwas gelernt hatte. Ja er wurde von Tag zu Tag besser in Mathe und da war ich einerseits stolz auf ihn, andererseits auch auf mich, weil ich es schaffte, dass er es verstand und sich merkte. Der Gedanke mir zu helfen musste ihm schon früher gekommen sein, da ich bereits seit gut einer Stunde wie verrückt in unserem Zimmer auf und ab ging, hier etwas hinräumte, da etwas wegräumte und alles in allem unglaublich hyperaktiv in dem Moment war. Deshalb fragte ich mich, wie er mir helfen wollte, um etwas zu entspannen...wobei etwas zum entspannen viel mir schon ein. Nur hätte er wohl nie im Traum daran gedacht wie ich. Aber was sollte ich denn auch tun? Mein Hirn produzierte eh immer Müll, doch heute besonders viel und wohl gerade auch gern Müll, der mehr als nur verlockend war. Schluss damit! Vor allem heute Abend, wenn wir morgen einen Auftritt hatten! Das konnte ich mir gerade nicht leisten, vielleicht später, nach dem Konzert... Als ich in meinen Wunschträumen gefangen war musste ich wohl unbewusst stehen geblieben sein, was den Wuschelkopf etwas irritierte, aber eher auf eine Idee brachte mich wieder in das Hier und Jetzt zu holen. Und hätte ich vorher gewusst was er plante, ich wäre ewig in meinen Gedanken versunken gewesen! Ich bekam nicht mit, dass er von seinem Platz aufstand und lächelnd auf mich zukam, sich vor mich hinstellte und mich anblickte. Erst als ich eine warme Hand auf meiner Wange spürte schreckte ich leicht aus meinen Tagträumen auf. Mehr als verwirrt blickte ich meinen Mitbewohner an, bevor mir schlagartig bewusst wurde, wie nah er mir war und wo sich seine eine Hand befand. Meine Wangen fingen fast an zu glühen, meine Beine verwandelten sich je länger er mir in die Augen blickte langsam in Butter. Ein Wunder das mein Herz das alles noch mitmachte, aber ich war doch ganz froh darüber, sonst könnte ich mich jetzt nicht in diesen wunderschönen lapislazuliblauen Iriden verlieren. Es fehlten nicht mehr als 20 Zentimeter, dann hätten meine Lippen endlich die seinen gefunden, dennoch bewegte ich mich keinen Millimeter. Was hatte er genau vor? Ich würde es nie erfahren. Keine Sekunde war vergangen, da kam uns ein vibrieren und anschließender Klingelton vom Schreibtisch aus entgegen. Vjet nahm gegen meinen Willen Abstand von mir und schlenderte ruhig und gelassen auf den Tisch zu, während ich völlig bewegungsunfähig war. Das war doch jetzt ein Scherz oder? Das war ja wie in den ganzen dummen Teenie-Schnulzen, wo sich die Protagonisten gerade näher kamen und dann durch irgendetwas gestört wurden. Verdammt, er war sicher kurz davor mich zu küssen!! Zumindestens konnte ich das nur hoffen, aber so wirklich sicher war ich mir da auch nicht. Doch wenn er die Initiative nicht ergriffen hätte, hätte ich es gemacht. Konnte ich jetzt einfach mal behaupten... -Was empfand Vjet für mich?- Schoss es mir auf einmal durch den Kopf. Ja. Was denn eigentlich? Freundschaft? So eine Art Bruderliebe und Beschützerinstinkt oder...mehr? Ich hatte das Bedürfnis ihn danach zu fragen, traute mich aber nicht und würde mich auch nie trauen. Der Grund? Ich hatte Angst vor der Antwort. Immerhin könnte er ja wirklich nur Freundschaft im Sinn haben...Natürlich wäre ich dann etwas schlauer und wüsste, ob ich eine Chance bei ihm hätte et cetera, dennoch...Max hätte das hinbekommen, ich nicht. „Hier“ Mein Handy wurde mir in mein Blickfeld gehalten. Erst reagierte ich nicht, blickte es nur irritiert an, verstand aber nach ein paar Sekunden, dass mich jemand anrief. Ich bedankte mich bei meinem Mitbewohner als ich es ihm aus der Hand nahm. Er jedoch zwinkerte mir nur zu mit diesem umwerfenden alles und gleichzeitig nichts sagendem Lächeln im Gesicht. Ich wurde wirklich nicht schlau aus ihm. Meine Mutter war am Telefon und wollte wissen, wann ich vor hatte am Ende der Woche Zuhause anzukommen. Noch eines der Dinge die ich teilweise in den Hintergrund geschoben hatte. In wenigen Tagen würde ich mich in den nächsten Zug setzen und nach Italien fahren zu meiner Familie. Ich vermisste sie. Alle. Und umso mehr freute ich mich auf Weihnachten, wo wir endlich wieder zusammen sein würden. Sogar Max und Ryo waren mit von der Partie. Dennoch, als ich nach einem gut 20 Minütigen Gespräch mich von meiner Mutti verabschiedete, realisierte ich etwas sehr entscheidendes. Zwei Wochen Ferien. Die ganzen zwei Wochen würde ich in Italien sein. Ohne Vjet. Bei diesem Gedanken bildete sich ein Kloß in meinem Hals. Daran hatte ich gar nicht gedacht! Ich würde ihn zwei Wochen lang nicht mehr sehen, nicht mehr mit ihm reden können, nicht mehr mit ihm kuscheln können. Ich verbat mir in diesem Moment aber auch nur daran zu denken, da ich spürte, wie sich Tränen in meinen Augen sammelten. Ich musste aber auch wirklich so unglaublich sensibel sein... Doch...würde er mich nicht auch vermissen? Hatte er überhaupt schon einmal daran gedacht? Ich blickte zu dem Wuschelkopf, der es sich wieder am Schreibtisch bequem gemacht hatte und weiter an einer Aufgabe arbeitete. Ich selbst saß auf meinem Bett und konnte nicht anders, als ihn leicht traurig anzuschauen. Ich würde es ohne ihn nicht aushalten. Kurz darauf verabschiedete ich mich ins Bad, um mich abzuwaschen und danach ins Bett zu gehen. Meine Laune war gesunken, vergessen das morgige Konzert. Als ich im Bett lag, Vjet immer noch am lernen, versuchte ich einmal tief durchzuatmen und mir nichts anmerken zu lassen, aber als sich Vjet einige Zeit später zu mir gesellte und mich fest in den Arm nahm, mir einen Kuss auf die Stirn gab wusste ich, dass er wusste, dass etwas nicht in Ordnung war. Ich konnte mein Leben darauf verwetten, dass er sogar den Grund dafür wusste... „Gut Leute, sind alle da?!“, rief Lu durch den kleinen Raum, der uns zur Verfügung gestellt wurde, damit wir uns Aufwärmen beziehungsweise aufs Konzert vorbereiten konnten. Ra, Michi und Tom gaben ein Zeichen das sie da waren, sprachen aber ansonsten kein Wort, zu sehr waren sie mit ihrer Aufgabe beschäftigt. Tom und Ra stimmten teilweise zusammen ihre Gitarren und Michi war irgendwie in Gedanken. Ich selbst stand neben Lu, der lächelnd Nickte und dabei einen bestimmten Rhythmus auf seinen Beinen trommelte. Nur noch zehn Minuten. Wir waren alle bereit. Perfekt gestylt und etwas angespannt, wobei ich am meisten von allen nervös war. Mein erster Auftritt mit einer klasse Band. In weniger als neun Minuten würden wir vor einigen unserer Schülern, einigen Eltern und anderen spielen und uns so gesehen beweisen müssen. Niemand kannte uns, jedenfalls kannten sie mich als Sänger nicht, aber das würde sich heute ändern. Acht Minuten. Die anderen drei kamen zu uns, Tom lächelte mich an, Ra legte einen Arm um meine Schulter. „Na aufgeregt Jess?“, fragte der Schwarzhaarige grinsend, denn er wusste ganz genau wie sehr ich aufgeregt war. Dafür kassierte er sich auch einen kleinen Schlag auf den Hinterkopf von mir, was ihn aber nur zum Lachen animierte. „Du schaffst das Kleiner, du bist echt mega spitze und wir auch!“, versuchte Lu mir etwas zu helfen, funktionierte auch ein bisschen, aber ich hatte immer noch leicht Angst. Vjet saß im Publikum. Ich wollte mich nicht vor ihm blamiere. Natürlich hatte ich das schon ein paar mal, doch ich wollte ihm zeigen, was ich alles drauf hatte, wenn ich nur wollte und deshalb musste ich jetzt stark sein! Noch fünf Minuten. Unsere Band war als letztes dran von all denen, die heute hatten spielen und singen müssen. Ich wäre lieber als erstes dran gewesen... „Wir sollten jetzt langsam mal hinter die Bühne“, kam es wie aus dem nichts von Michi, der sich seine und Ras Gitarre schnappte. „Aber vorher natürlich noch-“ Er streckte eine Hand aus. Jeder wusste was er wollte. Die anderen, und nach etwas zögern auch ich, legten die Hände auf seine Hand. „Wir sind cool, wir sind sexy, wir sind die besten, wir rocken das Haus!!“ Wusste einer woher der Rothaarige diesen Spruch hatte, dennoch brachte er mich zum Schmunzeln. Er hatte ja irgendwie recht. Noch gut drei Minuten. Ich hatte mich mit den anderen hinter der Bühne positioniert, von wo aus wir auf das Orchester, welches momentan auf der Bühne spielte, blicken konnten. Mein Herz fing an zu rasen, wenn ich daran dachte, dort gleich hinaus zu gehen. Doch ich hatte neuen Mut, denn ich war nicht allein. Als ich mich umblickte sah ich meine Freunde, die genauso aufgeregt waren, auch wenn sie es nicht zeigten, doch genauso waren sie auch glücklich wie ich. Unser erster gemeinsamer Auftritt. „Jess!“, kam es leise von hinten und irritiert drehte ich mich um, nur um dort Eli stehen zu sehen. Der Braunhaarige kam grinsend auf mich zu und nickte auch den anderen zu, die ihn ebenfalls bemerkt hatten. Er zog mich in eine Umarmung, flüsterte mir „Hals und Beinbruch“ zu was mich zum grinsen brachte und steckte mir einen kleinen Zettel in die Hand. Als ich ihn fragen anblickte zwinkerte er mir verschwörerisch zu. Noch ehe ich Zeit hatte den Zettel zu lesen, wünschte er auch dem Rest der Band viel Glück, gab Ra einen Kuss auf die Wange, was mich erst recht irritiert blicken ließ und verschwand dann wieder, wohl nach vorne auf seinen Platz im Publikum. Ich hatte nicht mehr viel Zeit, weswegen ich so schnell wie möglich das Papier in Augenschein nahm und las was darauf denn geschrieben stand. Klatschen von vor der Bühne. Das Orchester hatte geendet und alle verbeugten sich sichtlich glücklich über den guten Auftritt und sobald diese die Bühne geräumt hatten waren wir an der Reihe. „Leute wir packen das“, meinte Lu zu guter Letzt noch. Wir nickten alle lächelnd und nahmen unsere Plätze auf der Bühne ein. Und während unseres Auftrittes hatte ich immer diesen einen Satz im Kopf... ----------------------------- to be continued~ Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)