Outnumbered von -Lelias- (Zombiecalypse) ================================================================================ Kapitel 3: ...und Gejagten -------------------------- Hätte Aaron geahnt, welche Folgen ihr kleiner Umweg haben würde, hätte er von Anfang an darauf geachtet wo Cat lang fuhr und sie auf dem schnellsten Wege nach Minnesota gebracht. Aber wer konnte schon ahnen, dass sie in einer Kleinstadt voll mit potentiellen Solanumopfern landen würden? Aarons Aufgabe war es nun den Wagen zu holen und soviel Brennmaterial wie möglich aufzutreiben. Beim laufen ließ er die Geschichte in seinem Kopf Revue passieren und versuchte dort ein bisschen Ordnung einzubringen. Sie hatten nicht einmal acht Stunden in dieser Stadt verbracht und schon brach ein Virus aus, der normalerweise gar nicht von älteren Leichen verbreitet werden dürfte. „Ihre“ Leiche war schon mindestens zwei Tage tot, als sie sie gefunden hatten, also war die Inkubationszeit des Virus abgelaufen. Aber wieso dann? Waren die Bewohner dieser Stadt wirklich so verrückt gewesen und hatten irgendwo Leichen gesammelt? Kaum vorstellbar. Gab es vorher einen Mord und schon anwesende Zombies? Cat sagte, in diesem Krieg würden sie viel Verrücktes sehen, Aaron glaubte jedoch nicht an diese Möglichkeit und er war sich sicher das Cat mehr dazu wusste. Als der Pickup wieder in Sicht kam, hielt Aaron abrupt inne, stützte sich keuchend auf seine Knie und verfluchte sich nicht mehr trainiert zu haben, seit sie mit dem Wagen unterwegs waren. Fahrig strich er sich die verschwitzten, blonden Haare aus der Stirn und kniff die Augen zusammen. Bewegte sich dort etwas am Auto? Alle Sinne aufs äußerste angespannt, schlich er näher an den Wagen heran und hielt nach etwas verdächtigem Ausschau. Wenn er sich nicht täuschte, war dort ein Schatten am Auto? War dort Jemand? „Was zum…“, entfuhr es ihm und er ging schneller, vergaß dabei seine Vorsichtigkeit. Was war das? Ein Zombie? Eine optische Täuschung? Kurz bevor er unmittelbar vor dem Wagen stand, blendete ihn kurzzeitig die Sonne, die sich in einer herumliegenden Scherbe gespiegelt hatte. Ein kurzes, verwirrtes Blinzeln, keine zeit über die langsam durchdrehenden Sinne nachzudenken und Aaron konnte keinen Schatten mehr ausmachen. Dies lenkte erst seine Aufmerksamkeit auf den Boden und dann ruckartig zurück zu dem Wagen, als ihm klar wurde, dass dort etwas gewaltig faul war. Keinen Schatten, keinen Untoten, nur eine eingeschlagene Windschutzscheibe, deren Scherben überall auf dem staubigen Platz verteilt lagen. Seine Gedanken rasten, der Jäger versuchte die Situation zu beurteilen, aber so sehr er sich auch versuchte zu konzentrieren, es gelang ihm nicht. Wieso passierten solche Dinge auch immer nur, wenn Cat nicht dabei war? Im ersten Moment bemerkte er den kleinen Zettel gar nicht, der zwischen die Überreste des Scheibenwischers geklemmt war. Cat hatte derweil mit ganz anderen Sorgen zu kämpfen. Aus den anfänglichen paar Zombies, die sich am Horizont abzeichneten, war mittlerweile eine stetig heranrückende Masse aus etwa vierzig Exemplaren geworden, die sich keinesfalls von den Bränden beeindrucken ließen, die Cat gelegt hatte. Er wusste nicht was sie anlockte und diese Unwissenheit beunruhigte ihn. Verdammt nochmal, er hätte Aaron nicht alleine losrennen lassen dürfen! Und wenn er sich weiterhin von seiner besorgten Seite dominieren ließ, gäbe es keine Möglichkeit mehr sich Sorgen zu machen. Also riss sich Cat zusammen und machte seinen Job. Seinen gottverdammten Job… Als ihm das Benzin ausging, entschied er sich dazu auf Aaron zu warten, ging schon mal langsam in dessen Richtung vor und griente bei der Ironie, schließlich musste dies wirken als hätte er alle Zeit der Welt. Ein Hupen ließ ihn aufschauen und als Cat den Pickup ausmachte weitete sich sein Grienen in ein Grinsen, welches jedoch erstarb als er den Wagen genauer sah. „Was zum…? Was zur verfickten Hölle hast du mit dem Wagen gemacht?“, stöhnte Cat entsetzt und starrte vom Auto zu Aaron und wieder zurück. „Frag mich mal.“, Aaron zog eine Grimasse und deutete auf die zersplitterte Frontscheibe, die verbeulte Beifahrertür und den zerstörten Scheinwerfer. Kurz, es wirkte, als hätte Aaron Kontakt mit einer Elefantenherde gehabt. „Hast du versucht die Zombies zu überfahren? Dann hätte ich dir auch gleich sagen können, das dass nicht klappen wird.“ „Idiot. Natürlich nicht. Der Wagen war schon in dem Zustand als ich ihn abholte. Übrigens clever geparkt so mitten auf der Straße, ich könnte mir eher vorstellen, das der Wagen zuvor von einem Anderen gerammt wurde.“ Cat runzelte verwirrt die Stirn. „Ich habe den Wagen nicht umgeparkt. Sicher, ich habe unsere Mitfahrerin entsorgt und dies auch nicht gerade im Wagen erledigt, aber deswegen musste ich ihn doch nicht wegfahren.“ Aaron nickte verdutzt und biss sich auf die Lippe. „Das heißt der Wagen wurde von jemand anderen gefahren.“ „Vielleicht ein besorgter Bürger, der die Chance zur Flucht nutzen wollte?“, bemerkte Cat sarkastisch und ging prüfend um das Auto herum. „So wie es aussieht, wollte Derjenige, der das Auto genommen hat, sich nur einen Spaß erlauben.“ „Wie kommst du darauf?“, Aaron lehnte sich weit aus dem Fenster um sehen zu können was Cat tat, wechselte aber auf den Beifahrersitz als sich der Ältere auf seinem angestammten Fahrersitz niederließ und dabei geräuschvoll die Tür zuknallte. Seine bebenden Nasenflügel bedeuteten Ärger und Aaron stellte sich innerlich auf einen Zorn ein, der die Zombie Armada geradezu lächerlich wirken lassen würde. Gerade als Aaron den Mund öffnen wollte um zu fragen was denn das Problem sei, knurrte Cat nur: „Wir fahren.“, mehr sagte er nicht. Keine Flüche, kein Ausrasten. Aaron war mehr als besorgt. „Wohin fahren wir denn jetzt?“, wagte er es leise zu fragen und duckte sich schon mal vorsorglich, auch wenn Cat ihm nur einen durchdringenden Seitenblick zuwarf. „Zur Tankstelle, und dann jagen wir diesen gottverdammten Laden in die Luft.“ Der Jüngere nickte scheu und sah auf die Straße. Mittlerweile krochen von überall Untote hervor und Aaron war sich nicht ganz sicher, könnte aber schwören, dass er den Vater der beiden Mädchen von vorhin gesehen hatte. Aaron schauderte. Cat, der das bemerkte und noch immer mit dem Gedanken bei dem Randalierer war, legte unvermittelt seine Hand auf Aarons Knie und drückte es leicht. „Wir konnten nichts machen. Das ist der Krieg.“ „Ich weiß.“, Aarons Stimme klang belegt. „Schaffst du das?“ „Klar.“, er zwang sich zu seinem Lächeln und legte seine Hand auf Cat’s. Gegen seine Erwartungen ließ Cat dies zu und ließ die Hand dort liegen… Das Beladen des Wagens mit dem Benzin war unspektakulär. Aaron schnappte sämtliche Kanister die er finden konnte und füllte sie, während Cat darauf achtete, das sich ihnen keine Untoten näherten, sprich er schoss auf alles was sich bewegte. Was allerdings bemerkenswert war, war die schmierige, aufgesprayte Schrift auf der Beifahrerseite, die unübersehbar „FAGGOT“ verkündete. Soviel zu Cat’s miserablen Laune. Der Jüngere konnte die Wut nachvollziehen, oder sich zumindest vorstellen woher sie rührte und schwieg dazu. Es war besser für sie alle. Als Aaron endlich die zwei letzten Kanister auf die Ladefläche hievte und sich keuchend auf den Beifahrersitz setzte fragte er sich, ob der Tankwart mittlerweile auch infiziert wurde. Vermutlich. Er wollte Cat gerade zurufen, dass sie hier fertig waren, da krachte etwas und ließ den ganzen Wagen erbeben. Etwas hatte sie gerammt? Aarons Herz blieb für einige Sekunden stehen und hastig versuchte er die Geräuschquelle ausfindig zu machen, wozu er kurzzeitig überlegte die Tür zu öffnen. Da krachte es wieder, doch diesmal war es eindeutig die blutverschmierte Hand eines Menschen, die gegen die Beifahrertür schlug. Aaron lief es eiskalt den Rücken hinunter und er überlegte Fieberhaft was er tun sollte. Sein Verstand wollte dem Menschen helfen, doch sein Instinkt machte ihm klar, der er jetzt so schnell wie möglich die Tür verschließen und aus diesem Auto verschwinden musste. Und wo zur Hölle war Cat? Er vernahm ein langgezogenes Stöhnen, es klang unmenschlich, mehr wie ein verwundetes Tier und dazu das heisere Flehen, er möge ihm helfen… Aaron wurde schlecht, sein Kopf surrte und Übelkeit erfasste seinen Magen wie eine eisige Hand. „Scheiße…“, brachte er hervor und bemerkte nicht, das Schweiß von seiner Stirn tropfte. „Ich muss hier raus.“, schoss es ihm durch den Kopf und ohne genau zu wissen wie, war er schon durch das zerbrochene Fenster auf die Ladefläche geklettert. Von dort aus kletterte er mit Hilfe der gefüllte Kanister auf das Fahrerhaus und besah sich das Problem. Offensichtlich hatte es der besagte Tankwart nicht geschafft sich in Sicherheit zu bringen, sondern kämpfte nun um sein Leben. Ein Kampf den er verlieren würde. Aaron wusste das. Bislang musste er noch nie mit ansehen, wie das Virus einen intakten, menschlichen Körper nahezu bei lebendigem Leibe auffraß, denn wenn er die „Auferstehung“ beobachten konnte, betraf dies frische Leichen. Der ehemalige Tankwart war leider definitiv lebendig und vielleicht nur Opfer eines Angriffes gewesen. Kein gnädiger Tod. „Bitte… Helfen sie mir.“, sein Stöhnen im Todeskampf hatte etwas Animalisches und Aaron versuchte krampfhaft sich die Ohren zuzuhalten. War es überhaupt möglich, die Stimmen, sein Gewissen und das ganze Chaos zu zähmen, wenn eine leise Stimme in ihm flüsterte: „Wer hat ihm das angetan und befindet sich dieser noch in unserer Nähe?“. Ein Schuss zerriss das Netz aus Gespanntheit und Aaron wagte nicht nach unten zu sehen. Das Stöhnen war verstummt. Das Solanum war nicht gnädig, Cat schon. Abgehetzt und blasser als er sonst war, rannte er zu ihrem Wagen und war nicht viel später bei Aaron. Szenenwechsel. Der Pickup bretterte mehr schlecht als recht über die einzige geteerte Straße, die zu der Stadt führte, die nun lichterloh in Flammen stand. Seid Aarons Ohnmacht war etwa eine halbe Stunde vergangen. Aaron fehlte die Erinnerung, wie er zurück auf den Beifahrersitz gekommen war, wieso er in eine Decke gewickelt saß und die Stadt hinter ihnen brannte. Sie hatten die Stadt kaum verlassen, das Feuer tanzte weit über der Stadt und die brennende Hitze und der Gestank von Ruß brannte sich in ihre Sinne. Ausdruckslos starrte er seinen Fahrer an. Cat fuhr konzentriert, der Fahrtwind der zerbrochenen Windschutzscheibe wehte ihm die braunen Haare aus dem Gesicht und ließ ihn irgendwie jünger wirken. Fertiger. Erschöpfter. Auf seine Sonnenbrille hatte er verzichtet, vielleicht war sie auch kaputt und unter seinen Augen hatten sich tiefe Schatten gebildet. Dies und seine verkrampften Mundwinkel verrieten seine innere Unruhe. Er war Aufgewühlt. Aaron brachte ein schwaches Lächeln zu Stande, welches sich in ein hohes, unnatürliches Kichern ausbreitete. Cat zuckte zusammen, als er dies hörte und drehte sich ruckartig zu dem Jüngeren um. „Was hast du?“, er klang ehrlich besorgt. Es dauerte eine Weile, bis sich Aaron soweit gefasst hatte und ehe er anfangen konnte zu reden, wurde er von einem starken zittern erfasst und meinte dumpf: „Weißt du Cat? Das ist doch verrückt. Ich weiß noch genau, wie du wieder aufgetaucht bist, habe aber keine Ahnung warum diese verdammte Stadt brennt, oder wieso ich hier sitze, in einer Decke und du so fertig aussiehst. Gott, ich will nicht mal wissen wie ich selber aussehe… Nicht das ich da sonst einen feuchten Fick drauf geben würde, aber wirklich. Scheiße, ich habe in diesen paar Wochen mehr Leichen und Untote gesehen, als ich jemals hätte sehen sollen und alles war cool, bis dieser scheiß Tankwart auftauchen muss und mich anfleht ihm zu helfen. Cat! Ich konnte mich nicht rühren, solch eine Scheiß Angst hatte ich! Und ich… und ich…“, sein Redeschwall brach ab und diesmal bebte sein Körper von Schluchzern, die sich mühevoll ihren Weg nach draußen bahnten. Cat war betroffen. Er hatte diese Art von Nervenzusammenbruch schon bei seinem letzten Partner beobachten müssen und wusste dass dies ein kritischer Moment sein konnte. Schaffte er es? Verkraftete er die Hilflosigkeit? Ein bisschen wünschte er sich ja, dass er in diesem ganzen Zwischenmenschlichem blahblah besser wäre… Was sollte er tun? Aaron trösten, dass der Mann Tod war und nicht mehr leiden würde? Nein, dies klang ungefähr so tröstlich, wie eine Mama die ihrem kleinen Sohn erklärte, dass sein geliebter, gestorbener Hund nun in Frieden im Hundehimmel war. Es war Blödsinn. Gerade, als er ansetzen wollte irgendetwas zu sagen, gab der Pickup einen nicht gutklingenden Knall von sich und blieb stehen. Verdutzt starte Cat den Wagen an und blieb an der kleinen, rotblinkenden Anzeige des Tanks hängen. Vollkommen leer. Er war zu fassungslos um zu fluchen. Nun herrschte Stille und nur das leise Schluchzen von Aaron war zu hören. Cat ließ den Wagen also Wagen sein, schnallte sich ab und zog Aaron in einer etwas unbeholfenen Geste an sich und umarmte ihn einfach nur schweigend. Er wusste nicht so recht, ob er alles richtig machte, aber selbst ihn tröstete es ein bisschen über ihren täglichen Wahnsinn hinweg. Außerdem, da Aaron begann sich in seine Jacke zu krallen und sich näher zu ziehen konnte es auch nicht gänzlich verkehrt sein. Er drückte ihn fester an sich, verlor sein Gesicht irgendwie in dem blonden, weichen Haar und atmete tief ein. Aarons Körper war warm, er roch menschlich. Es war wundervoll, weil es Aaron war. Später noch würde er die Gelegenheit haben, Aaron zu erzählen wieso die Stadt so gut und so schnell brannte und er würde ihn dringend auf den Zettel ansprechen müssen, den Aaron in seiner Hosentasche getragen hatte, als Cat ihn rettete. Ganz zu schweigen was mit der Stadt überhaupt passiert war. Aaron sah ihn unvermittelt an, machte sich nicht die Mühe, sein nasses Gesicht trocken zu wischen und küsste ihn. Einfach so. Es ging ganz einfach. Diesmal schlossen sie ihre Augen und diesmal wollte Cat das sich seine Gedanken ausschalteten und das Aarons Panik in den Hintergrund rückte. Es fühlte sich besser an als ihre freundschaftliche Umarmung und tröstete umso besser. Ein naiver Gedanke, doch die Küsse wurden länger, intensiver, während die beiden Männer ihre Gesichter aneinander schmiegten. Der Wagen, die brennende Stadt und das Warum waren vergessen. Frieden für ein paar Momente. Frieden. Künstlicher Frieden. Cat würde seine Geschichte noch früh genug erzählen können und er würde ihn noch früh genug fragen, wer das Mädchen war, nach der Aaron in seiner kurzzeitigen Ohnmacht immerzu geschrien hatte. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)