Drachenchronik von Rainbowdragon (~ Erstes Buch ~) ================================================================================ Kapitel 3: Tinuviel Auriel, Feuerklinge --------------------------------------- Kapitel 3: Tinúviel Auríel, Feuerklinge ~~~~~~~~~~~~~~~~ Was beim letzten mal geschah ~~~~~~~~~~~~~~~~ Ryu und Nicole wachen verwirrt in einer völlig fremden Umgebung auf. Den beiden wird schnell klar, dass sie nicht mehr in ihrer eigenen Welt sind. Nach einer kurzen Unterhaltung mit der Heilerin, bei welcher sie aufwachten, wird der Entschluss gefasst, nach Nirás zu reisen. Um dort hin zu kommen, schließen sie sich dem Händler Sharion an, von dem sie unterwegs einige interessante Informationen bekommen. Als sie rasten, wird die Gruppe von Räubern angegriffen, doch sie können sie mit Leichtigkeit zurück schlagen und ihren Weg fortsetzen… ~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~ “Darf ich euch Willkommen heißen?“ Sharion stand auf und sah zu seinen beiden Passagieren. “Im Moment stehen wir grade vor den Mauern der größten Stadt des Landes: Nirás! Und alle hier sind nur aus einem Grund gekommen.“ Er blickte sich um. Sharion Karren stand in einer langen Reihe mit anderen Wagen. Die Wagen, welche ganze vorne standen, wurden oberflächlich durchsucht, ehe sie hinein gelassen wurden. Sharion grinste. “Dieser Grund ist das große Erntefest, welches glücklicherweise heute statt findet.“ “Schwing keine großen Reden, Katze!“ lachte die Wache, die nun an ihrem Wagen angekommen war. “Ich sehe schon, du hast dieses mal überaus interessante Ware dabei?“ “Das kannst du laut sagen. Das ist die Bande, die die letzten drei Jahre die Wälder unsicher gemacht hat.“ Er grinste. “Doch dieses mal haben sie sich an den falschen vergriffen.“ “Ich sehe es.“ Der Soldat blickte nun auf den Kutschbock. “Und deine beiden Passagiere?“ “Ryu Tanaka. Das hier ist meine Begleiterin Nicole Felicitas.“ Stellte Ryu sich vor und verneigte sich leicht. “Wir sind auf der Durchreise.“ “Na, Hoffentlich wollt ihr nicht allzu bald weiter. Sonst würdet ihr was verpassen.“ Der Soldat klopfte Sharion auf die Schulter. “Ihr dürft rein. Die Bande könnt ihr beim Sheriff abliefern. Platz für den Wagen gibt es noch am Südende des Platzes, neben der Gaststätte `Drachenlotus`. Viel Spaß noch.“ Dann ging der Soldat weiter, um die anderen Wagen zu kontrollieren. Währenddessen steuerte Sharion den Wagen an den anderen vorbei und fuhr in die Stadt. “Ich wollte dich schon eine ganze Weile was fragen, Sharion.“ Nicole sah den Händler an. “Letzte Nacht, als wir angegriffen wurden, was war das für ein kleiner Pelzball, der da auf dem Wagen gesessen hatte?“ “Das?“ Sharion lachte. “Das ist meine kleine Begleiterin. Hier.“ Er griff in sein Gewand und holte besagte Pelzkugel hervor. Sie konnten nun sehen, dass es eigentlich eine kleine Katze war, welche Platz in seiner flachen hand hatte. Sie hatte goldgelbes Fell mit schwarzen Streifen. “Ihr Name ist Tiara.“ “Oh, wie süß. Kann ich sie mal halten?“ “Sicher. Aber schön vorsichtig sein.“ Er legte das Kätzchen in Nicoles Hände und hielt den Wagen vor einem Haus. “Ryu, hilf mir, die Bande abzuladen. Dann können uns auch das Kopfgeld abholen.“ Er sprang vom Wagen und hievte den Anführer der Räuber hoch, welcher sich heftig wehrte. Doch Sharion schnaubte: “Gib es auf. Der Kerker ist alles, was euch von nun an noch erwartet!“ mit einem Schlag in den Nacken knockte er ihn aus, ehe er ihn in das haus brachte. Ryu folgte ihm mit einem der anderen Räuber, welcher wohl bereits aufgegeben hatte und sich nicht mehr wehrte. Ein paar Minuten später kamen sie wieder raus, beide mit einem dicken Sack in der Hand. Ihnen folgten einige Soldaten, welche die restlichen Bandenmitglieder vom Wagen zogen und ebenfalls hinein brachten. Sharion winkte den Soldaten noch mal zu und fuhr weiter zum Marktplatz. Dieser war bereits voll, viele Marktstände waren offen, und es war noch lauter als auf dem Markt in Calagas. “Ist wirklich ziemlich voll hier.“ Sharion sah sich um, dann sah er zu Ryu und Nicole. “Ihr wartet hier am Wagen. Ich schaue, ob wir hier in der Gaststätte noch Zimmer und einen Platz im Stall kriegen.“ “Oh, ich schau mich schon mal um. Bleib du hier, Ryu.“ Nicole sprang gemeinsam mit Sharion ab und reichte diesem Tiara wieder. Sie winkte noch mal, dann verschwand sie in der Menge. “Wenn was ist, komme ich wieder zu dieser Gaststätte.“ Konnten sie noch hören, ehe sie schließlich verschwand. Sharion sah ihr nach und schmunzelte. “Ist wohl eine sehr lebhafte, was?“ “Hm, sieht so aus.“ Bestätigte Ryu. Sharion musste lachen. “Sieht so aus? Du müsstest sie doch besser kennen als ich.“ “Um ehrlich zu sein.“ Meinte Ryu mit einem Seufzer. “Wir kennen uns eigentlich auch erst seit wenigen Tagen.“ “Und da versteht ihr euch bereits so gut?“ “Wir verstehen uns doch auch bereits sehr gut, oder nicht?“ “Stimmt auch wieder.“ Sharion lachte. “Warte kurz hier. Ich geh rein und schau, ob wir noch Zimmer bekommen.“ Immer noch grinsend ging er hinein. Nach einigen Minuten kam er wieder raus und nickte. “Hat alles geklappt. Wir haben noch Zimmer bekommen.“ “Gut. Und nun?“ “Wir bringen den Wagen in den Stall und gehen über den Markt. Hier lang.“ Er führte den Wagen in eine kleine Gasse, wo er ein Scheunentor öffnete und den Karren hinein führte. Während Ryu hinab kletterte, löste Sharion die Pferde vom Wagen, band sie fest und fütterte sie. “Wenn der Wagen hier drin steht, kannst du doch gar nichts verkaufen.“ Merkte Ryu an und sah sich um. “Das hatte ich auch gar nicht vor. Ich wollte von Anfang an nur zum Fest.“ Sharion tätschelte die Pferde noch mal, dann verließ er mit Ryu den Stall. “Pass aber gut auf deinen Geldbeutel auf. Solche Events locken leider auch viel Gesindel an.“ Ryu nickte und folgte Sharion über den Markt. Es war deutlich anders als der Markt in Calagas. Dies hier war deutlich mehr auf Vergnügen ausgelegt. Es gab hauptsächlich Stände, die alle möglichen und teilweise auch unmöglichen Arten von Nahrungsmittel anboten. Es gab Stände, die Schauspiele mit allen Arten von Puppen anboten, Spielleute, die sangen und tanzten. Neben dem Brunnen in der Mitte des Platzes standen drei Haushohe Strohpuppen. “Komm, er muss hier lang sein.“ Zielsicher führte Sharion Ryu durch die Menge. Nach kurzer Zeit blieb er vor einem kleinen Laden stehen und grinste. “Vóila, der beste Waffenhändler in Elodinir. Was du hier nicht findest, das existiert auch nicht.“ “Ich bezweifle immer noch, das ich was passendes finde.“ Seufzte Ryu. Dennoch betrat er mir Sharion den Laden und blickte sich um. Es gab einige Vitrinen in den teilweise überaus prachtvoll geschmückte Waffen lagen. Im Gegenzug dazu standen hier und da Fässer rum, in denen relativ einfache Schwerter und Äxte angeboten wurden. Doch wie er vermutete, auf dem ersten Blick konnte er nix sehen, was seinen Ansprüchen entsprach. “Hallo? Lohan? Bist du da?“ rief Sharion und blickte sich um. “Kundschaft ist da!“ “Ja. Ich bin sofort da.“ Antwortete Lohans tiefe Stimme aus dem Hinterraum. “Fünf Minuten, seht euch ruhig schon mal um.“ “Du hast ihn gehört. Wir sollen uns umsehen.“ “Habe ich schon. Hier ist nix passendes dabei.“ Erklärte Ryu mit einem Kopfschütteln. “Ein sehr schwieriger Kunde also? Da wird Lohan seine Freude dran haben.“ Sharion lachte. “Er kommt nicht oft dazu, sein exotisches Sortiment zu präsentieren.“ “Habe ich da exotisches Sortiment gehört?“ fragte Lohan, welcher aus dem Hinterraum gekommen war. Er war ein wahrer Riese, über zwei Meter groß und mit so breiten Schultern, das er durch kaum eine Türe grade durch kam. Sein Haar war kurz und ebenso schwarz wie sein Schnurrbart. Auf seinem dicken Oberarm prangte ein großes Tattoo. “Braucht ihr etwa mein exotisches Sortiment?“ “Offensichtlich. Mein Freund hier ist ein sehr schwieriger Kunde. Hier drin entspricht nichts seinen Vorstellungen.“ Sharion klopfte Ryu auf die Schulter. “Vielleicht denkt er anders, wenn er den Rest sieht.“ “Was wird den gesucht?“ “Das ist schwer zu erklären, denke ich. Ich bin mir nicht sicher, ob es hier bekannt ist, oder ob es eventuell hier einen anderen Namen hat.“ Erklärte Ryu mit Blick auf den Waffenhändler. “Ich würde mir erstmal ihr Sortiment ansehen. Vielleicht haben sie ja durch Zufall, was ich suche.“ “Wirklich mysteriös. Jetzt bin ich wirklich neugierig. Gehen wir nach hinten.“ Lohan trat hinter dem Verkaufstresen hervor und ging an den beiden vorbei zu einer Türe an der Rückwand. Sharion und Ryu folgten ihm. “Hier drinnen bewahre ich mein sogenanntes `Exotisches Sortiment` auf. Waffen, die so selten nachgefragt werden, das es sich nicht lohnt, sie im Laden auszustellen.“ Erklärte Lohan und zündete einige Kerzen im Raum an. Wie er gesagt hatte, waren die Waffen hier überaus exotisch: Man sah Handschuhe, an deren Fingerspitzen lange Klingen befestigt waren. Ein Bumerang und andere Klingen, die wohl als Wurfwaffen gedacht waren. Und dort, auf einem der Regale lag genau, was Ryu suchte. “Das ist es!“ Ryu nahm den kleinen Revolver vom Regal und untersuchte ihn. Eine kleine Trommel, nur vier Schuss. Das war nicht viel, und er würde dann oft nachladen müssen. Doch fürs erste reichte es. Und dass er diesen hier gefunden hatte, hieß, dass es auch in dieser Welt Schusswaffen gab. Also würde er früher oder später noch andere finden. “Das soll es sein?“ Lohan nahm den Revolver und musterte ihn. “Sicher?“ “Oh ja. Das ist genau, was ich brauche. Fürs erste jedenfalls.“ Ryu sah Lohan an. “Oder haben sie noch mehr Waffen dieser Art?“ “Ich fürchte, nein. Das hier ist wirklich sehr exotisch. Um ehrlich zu sein, bist du der erst der zweite den ich kennen lernen durfte, der eine solche Waffe bedienen kann.“ Erklärte Lohan, während zu dritt den Raum wieder verließen. Er ging wieder hinter den Verkaufstresen und begann unter diesem rumzuwühlen. Dort holte er Zubehör für den Revolver hervor: einen Holster für den Gürtel, eine Munitionstasche, Munition und eine Hilfe, um die Waffe schneller zu laden. “Mal überlegen. Die Waffe zweihundert Goldstücke. Den Rest schenke ich dir. Kann ich eh nichts mehr mit anfangen, wenn die Waffe weg ist.“ Lohan schrieb alles auf. “Sonst noch etwas?“ “Nein, das war es dann.“ Antwortete Ryu und zog den Geldbeutel hervor, doch Sharion legte noch etwas neben den Revolver. “Das hier solltest du noch mit nehmen.“ Ryu nahm das Bündel und öffnete es. “Handschuhe? Wozu?“ “Nicht für dich. Die sind für Nicole.“ Sharion nahm ihm die Handschuhe ab. “Zum Schutz für sie. Im Gegensatz zu dir wird sie direkten Kontakt zu Gegnern haben, und da kommt sie manchmal mit bloßen Händen nicht weit. Sie sind an den Knöcheln verstärkt.“ “Klingt logisch. Nun gut, nehmen wir das auch noch.“ Er sah zu Lohan. “Die hier noch dazu.“ “Das sind noch mal einhundertfünfzig Goldstücke. Also insgesamt dreihundertfünfzig.“ Lohan nahm das Gold von Ryu entgegen und nickte. “Ich danke für den Einkauf. Und sehen wir uns heute Nacht noch, Sharion?“ “Natürlich. Wir treffen uns am Brunnen. Bis später dann, Lohan.“ Sharion verließ mit Ryu den Laden wieder. “Du bist offenbar mit vielen Leuten bekannt, ist das möglich?“ fragte Ryu, während sie den Weg zurück zur Herberge gingen. “Natürlich. Als Händler kommt man nun mal viel rum und lernt viele Leute kennen. Aber was für eine Geschichte Lohan und mich verbindet, würdest du eh nicht glauben.“ Sie kamen zur Gaststätte, an welcher Nicole bereits wartete. Gemeinsam schlenderten sie erneut über den Platz, nachdem sie die neuen Waren auf die Zimmer gebracht hatten. Nun hatten sie Zeit, die lokalen Köstlichkeiten zu probieren, durch welche Sharion sie führte. Es gab hauptsächlich Obst, welches entweder frisch oder in Form von Gebäck angeboten wurde. Dazu gab es auch Fleisch, zubereitet in allen Formen. Später, als richtig dunkel war, führte Sharion seine Begleiter schließlich zum Brunnen, wo Tische und Bänke aufgebaut waren. Direkt am Brunnen stand ein großer Stand, welcher Getränke verkaufte. Als sie ankamen, konnte man bereits Lohans Stimme hören: “Sharion! Wurde auch zeit, das du dich endlich blicken lässt!“ gröhlte er leicht angeheitert und winkte den dreien. Er saß direkt am Getränkestand. Ihm Gegenüber saß eine junge Frau mit flammend roten, langen Haaren, und direkt an der Theke stand ein kleiner, dicker Mann mit Glatze und gigantischem Schnauzer. Sharions kleine Gruppe kam näher. “Nicole. Das hier ist Lohan. Er ist ein Händler und ein Freund von mir.“ Stellte Sharion vor. “Oh ja, davon habt ihr mir erzählt.“ Nicole nickte. “Unser stattlicher Wirt hier heißt Navarion, auch ein alter Gefährte meinerseits. Und die junge Dame hier heißt Tinúviel. Sie ist unsere Gastgeberin für diese Nacht.“ Ryu und Nicole schüttelten allen die Hände, ehe sie sich zu ihnen setzten. Den Rest des Abends verbrachten sie damit, zu trinken und sich Geschichten anzuhören, während die Stadtbewohner nach und nach die Strohpuppen abbrannten. Nicole gähnte und sah sich verschlafen um. Was war los? Wo war sie hier? Langsam setzte sie sich auf und gähnte erneut. Oh ja, richtig. Sie waren in Nirás angekommen und hatten dort viele Leute kennen gelernt. Und sie hatten Zimmer in einem Gasthaus bekommen. Schlaftrunken kam sie runter in dem Gastraum. Im Moment war außer Tinúviel, der Wirtin, niemand da. War aber auch offensichtlich, nach der langen Nacht. Sie waren alle noch müde. “Oh. Du bist aber früh wach für eine Katze.“ Meinte Tinúviel, als sie Nicole bemerkte. “Felyn sind eigentlich als Langschläfer bekannt.“ “Ach wirklich?“ “Natürlich. Sonst wäre euer Begleiter, der Katzenhändler, längst wach.“ “Also, ich habe ihn die letzten Tage eher als Frühaufsteher erlebt. Der einzigste Langschläfer bei uns ist Ryu.“ Nicole grinste und setzte sich an die Theke. “Aber nach so einem Abend wie gestern ist es nicht verwunderlich, mal länger zu schlafen. Aber jetzt will ich Frühstücken.“ “Um ehrlich zu sein, ist dieser Ryu schon seit einer Stunde außer Haus. Er wollte in die Buchhandlung.“ Tinúviel stellte Nicole ein Brett mit Brot, Butter und geräuchertem Fisch hin. “Er wollte gegen Mittag wieder da sein.“ “Er ist bereits wach? Was für eine Überraschung.“ Murmelte Nicole und begann zu essen. Ryu kam tatsächlich gegen Mittag wieder in die Gaststätte. Mit dabei hatte er einige Bücher, welche er auf einem Tisch fallen ließ und seufzte. Er blickte sich um. “Immer noch so leer hier? Sind die die anderen Gäste noch nicht wach?“ “Es gibt keine anderen Gäste. Ihr seid die einzigen.“ Tinúviel kam zu ihm. “Ich bin zugegebener Maßen ein wenig wählerisch, was meine Gäste angeht. Ich gewähre nicht jedem ein Zimmer.“ Sie zog das größte der Bücher aus Ryus Stapel und seufzte. “`Grundlagen der Magie`? Du hättest kaum ein schwereres Buch auswählen können. Und dann auch noch die Komplettausgabe.“ Sie sah zu ihm. “Es wäre besser gewesen, du hättest eine Teilausgabe deinem Element entsprechend geholt.“ “Ich habe aber kein Element.“ Er nahm ihr das Buch ab. “Ich habe es aus Interesse geholt. Dort, wo wir her kommen, gibt es keine Magie.“ “Keine Magie? Was soll das für eine Welt sein?“ “Also, für uns ist das normal. Wir kennen Magie nur aus Büchern.“ “Hm… Das ist interessant.“ Tinúviel wandte sich dem großen Kessel zu, welcher über dem offenen Feuer hing. “Und Was habt ihr weiter vor?“ “Na, wir müssen einen Weg zurück nach hause finden. Das bedeutet, das wir bald weiter reisen werden.“ Ryu sah sich um. “Ist Nicole eigentlich noch nicht wach?“ “Das ist sie schon längst. Sie nimmt grade ein Bad.“ Die Wirtin stellte Ryu eine dampfende Schüssel auf den Tisch. “Wann wollt ihr weiter reisen?“ “Ich denke, recht bald. Ich habe nicht vor, allzu viel Zeit zu vergeuden.“ “Muss das den sein?“ murrte Nicole, welche plötzlich hinter Ryu auftauchte. “Entspann dich doch mal, Ryu. Sieh das hier doch als großes Abenteuer, und als eine Art Inspiration.“ “Und unsere Familien?“ Er sah sie streng an. “Wir werden sicherlich vermisst.“ “Stimmt auch wieder.“ Sie schmollte. “Dann reisen wir eben bald ab.“ Sie warf sich auf den Sitz gegenüber von Ryu und zog die Schüssel, die Tinúviel ihr hin gestellt hatte, an sich. “Und wo wollen wir hin?“ “Wir sollten in die Hauptstadt.“ Er zog einen Atlas unter den Büchern hervor und zeigte ihr eine Karte. “Es sollte etwa eine Woche dauern.“ “Und was machen wir dann dort?“ “Ich habe gelesen, dass es dort eine magische Akademie gibt. Die Magier dort sollten uns hoffentlich helfen können.“ Nicole überlegte und fuhr mit dem Finger über die Karte. Das Land war auf der Karte dunkelgrün gefärbt, und durch Symbole waren Bäume angedeutet. “Das ganze Land scheint nur aus Wald zu bestehen.“ Meinte sie und sah zu ihm. “Das ist es auch. Deshalb wird es auch grünes Herz genannt.“ Er klappte das Buch wieder zu. “Du hast dich offenbar ziemlich schnell, ziemlich gut informiert.“ Nicole kicherte und leerte ihre Schüssel. “Wenn ihr durch den Wald wollt, braucht ihr Waffen. Der Weg in die Hauptstadt ist nicht ungefährlich.“ Unterbrach Tinúviel die beiden. “Könnt ihr euch verteidigen? Völlig ohne Magie?“ “Natürlich. Schließlich sind wir ja auch von Calagas hierher gekommen. Und Ryu hat sich ja gestern erst eine Waffe besorgt, oder?“ fragte Nicole an Ryu gewandt. Dieser nickte und legte den kleinen Revolver auf den Tisch. “Fürs erste sollte das kleine Ding hier reichen.“ “Wirklich sehr Klein.“ “Für dich hab ich aber auch noch was.“ Ryu reichte Nicole die Handschuhe, die er gemeinsam mit dem Revolver gekauft hatte. “Sharion hatte mir empfohlen, sie für dich mitzunehmen.“ Er sah zu, wie Nicole die Handschuhe anzog. “Sie sollen dich schützen, wenn du kämpfst.“ “Ich merke es. Das wird eine große Hilfe sein.“ Sie lächelte. “Nach dem Angriff der Räuber taten mir nämlich die Hände ein wenig weh.“ “Ihr seit in der Tat vorbereitet. Und wenn ihr noch heute aufbrechen wollt, dann bleibt mir noch eines zu tun.“ Sie ging wieder zur Theke. “ich werde euch etwas Reiseproviant vorbereiten, wenn ihr noch die Geduld dazu habt.“ “Das haben wir.“ Ryu und Nicole standen ebenfalls auf. “Wir müssen noch alles einpacken, bevor wir los können.“ Eine Stunde später standen sie reisebereit unten im Gastraum. Ryu hatte einen großen Rucksack geschultert, in welchem er die Bücher untergebracht hatte. Der kleine Revolver steckte nun in seinem Holster an seinem Gürtel, ebenso wie die Munitionstasche. Nicole trug eine Umhängetasche, in welche Tinúviel den Proviant gepackt hatte. Mittlerweile war auch Sharion aufgewacht. Noch ein wenig schlaftrunken musterte er die beiden und schmunzelte. “Schade, das wir uns schon trennen müssen.“ Er schüttelte beiden die Hand. “Aber wir werden uns sicherlich wiedersehen.“ “Ganz bestimmt.“ Ryu drückte seine Hand kurz. “Und danke für deine Hilfe, hierher zu kommen, Sharion.“ Dann schüttelte er Tinúviels Hand. “Und dir danke für deine Gastfreundschaft.“ “Ihr seit jederzeit willkommen, wenn ihr mal wieder in Nirás seit.“ Tinúviel lächelte leicht, und sah Ryu und Nicole nach, wie sie das Gasthaus verließen. “Zu Schade, das wir nicht bleiben konnten.“ Seufzte Nicole. Sie rasteten am Ufer eines kleinen Baches. Nicole hatte die Schuhe ausgezogen und plantschte mit den Füßen im Wasser. “Tinúviels Speisen sind wirklich gut. Ich hätte es eine Woche bei ihr ausgehalten.“ “Das hatten wir doch schon.“ Ryu seufzte. Er lehnte an einem Baum und blätterte in dem Buch `Grundlagen der Magie`. So schwer, wie er es sich nach Tinúviels Andeutungen vorgestellt hatte, war es gar nicht. Nur an manchen Stellen war es vielleicht schwer zu lesen, da die Schrift golden war und bei manchen Lichtverhältnissen ziemlich stark schimmerte. “Wir müssen zurück. Wir werden sicherlich vermisst.“ “Ich weiß. Ich meine ja nur.“ Seufzte Nicole und warf einen Stein ins Wasser, ehe sie aufsprang und zu Ryu ging. “Steht irgendwas interessantes in dem Buch?“ “Hm… Naja, bisher habe ich nix entdecken können, was wir nicht schon wüssten.“ Er klappte das Buch zu und sah zu ihr. “Es gibt hier verschiedene elementare Magien. Und zwar die üblichen Verdächtigen: Feuer und Wasser, Wind und Erde, Eis und Blitz und schließlich Licht und Finsternis.“ Nicole nickte und hörte zu. “Okay. Das ist soweit verständlich.“ “Zu jedem Element gibt es verschiedene Zauberarten: Offensive Magien, um dem Gegner zu schaden, und defensive sowie Unterstützungsmagien, um sich selbst und die eigenen Kameraden zu unterstützen.“ “Auch keine sonderliche Überraschung. Und weiter?“ “Nix weiter. Weiter bin ich noch nicht gekommen.“ er steckte das Buch ein und holte den Atlas hervor. Sie waren beide mit dem Rücken dem Bach zugewandt, so dass sie nicht merkten, das sich was tat. Langsam erhob sich das Wasser aus seinem bett und wandte sich den beiden zu wie Schlange. Es stieg langsam höher und näherte sich den beiden. Einige Tropfen fielen hinab und Nicole erschauderte. “Ich glaube, es fängt an zu regnen.“ Sie sah auf und erstarrte. “R…. Ryu… Was ist das?“ Auch er sah auf. Er packte Nicoles und zog sie weg, grade rechtzeitig, als die Wasserschlange zuschlug. Die Wassermassen schlugen auf den Boden. “Schnell. Zurück!“ er zog Nicole am Handgelenk zurück. “Das muss Wassermagie sein!“ “Dann muss es auch irgendwo einen Magier geben!“ Nicole sah sich um, während sich die Wassermassen wieder erhoben. Ryu zog seine Waffe. “Ja. Und zwar… Dort!“ er schoss in die Büsche. Kurz darauf war ein Lachen zu hören, und jemand trat aus den Büschen hervor. “Du hast offenbar ein gutes Gespür. Gar nicht mal so schlecht für einen Anfänger.“ Der Angreifer breitete die Arme aus, und die Wasserschlange glitt zu. Sie umspielte seinen Körper wie ein harmloses Haustier, während er Nicole und Ryu ansah. “Ich glaube, ihr könnt euch vorstellen, wie das hier nun abläuft. Leert eure Taschen, und euch wird nichts geschehen.“ “Und wenn wir es nicht tun?“ Ryu richtete seine Waffe auf den Fremden, während Nicole in Position ging. Kurz blickte Ryu zu ihr. Er hatte schon einmal geschossen, doch irgendwie hatte dieser Typ es abgewehrt. Doch vielleicht konnte er ihn ablenken, so das Nicole näher ran kam. Langsam schlich er etwas nach rechts, hielt den Fremden aber im Blick. “Wir haben nicht das geringste Interesse daran, dir unser Gepäck zu überlassen.“ Er sprang noch etwas zur Seite und schoss zweimal auf den Fremden. Nicole nutzte die Gelegenheit und griff schnell von der anderen Seite an. Der Fremde lachte jedoch nur und machte eine Handbewegung, und die Wasserschlange schlug die beiden zur Seite. “Ein Distanzkämpfer und eine Nahkämpferin also. Ich denke, ich fange mit dem jungen Kätzchen hier an.“ Er zog sein Schwert und ging auf Nicole zu. Diese wich zurück und schluckte. Das war also Magie? Wie sollten sie ohne eigene Magie nur da gegen ankommen? “Es ist eure eigene Schuld. Ihr hättet einfach ruhig euer Gepäck ausliefern können.“ Meinte der Fremde grinsend und schlug zu. Nicole schrie auf und kniff die Augen zusammen. “Was? Was soll das? Wer bist du?“ Der Fremde knurrte. Seine Klinge war an der Scheide eines gigantischen Breitschwertes abgeprallt, welches die Person, die zwischen ihnen aufgetaucht war, auf dem Rücken trug. “Wer ich bin?“ Der Neuankömmling drehte sich zu dem Angreifer um und ergriff den Griff des Schwertes, welches über seine Schulter ragte. “Mein Name ist Tinúviel.“ Sie löste das Schwert samt Scheide von ihrem Rücken und richtete es auf den Fremden. “Tinúviel Auríel, die Feuerklinge!“ ~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~ Kapitel 3 Ende ~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~ Beim nächsten mal: Nachdem sie von Tinúviel aus einer Ausweglosen gerettet werden, schließt sich diese den beiden an. Doch der Weg nach Landir, der Hauptstadt des waldreichen Landes Elodinir, ist noch weit. Unterwegs lernen sie vieles wissenswertes über das Land kennen. Das nächste Kapitel heißt: Fendrir Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)