Gegen den Strom des eigenen Blutes von _Shirley ================================================================================ Kapitel 6: Der Hitze sein dank… ------------------------------- Kapitel 6. Der Hitze sein dank… …denn nur wenige Menschen waren unterwegs. Als sie vor dem Haus der toten, jungen Frau hielten, waren die Gärten verweist. Die sonst so penibel gepflegten Rasenflächen zeigten sich von matter, brauner Farbe und da es aufgrund der Hitzewelle Wasser zu sparen galt, war weder groß noch klein im Garten. Auch die Straße war verlassen, Hitzeschleier waberten über den Asphalt und im Radio warnte der Moderator des Wetterberichts vor den Gefahren der Sonne. So achtete niemand auf die beiden Männer, welche den am Seitenstreifen geparkten, schwarzen Impala verließen und auf das mit gelbem Polizeiband abgesperrte Haus zugingen. Die Tür war dank Deans Geschick sogleich geöffnet, aber als sie hinter ihnen wieder ins Schloss viel, überkam den Jäger ein instinktiv schlechtes Gefühl. Von einem hübschen, hellen Flur empfangen, sahen sich die beiden Eindringlinge um. Fotos hingen an der hellgelben Wand und die sauberen Teppiche zeugten von einer ordentlichen Besitzerin. In die Küche warf Dean nur einen kurzen Blick. Cass war ihm bereits voraus und er fand ihn, nach einem kurzen Blick in Bad und Speisekammer, im großen Wohnraum im Erdgeschoss. Auch Cass hatte die seltsame Atmosphäre sogleich gespürt, die von diesem Haus ausging. Als Dean zu ihm trat, konnte er erkennen, dass dieser obwohl er nur ein Mensch war, das gleiche zu spüren schien wie er. „Das hier wurde zu einem entweihten Ort.“ Der Jäger blickte ihn Fragend an. Ihre beiden Blicke fanden das Blut der toten Frau neben dem so gemütlichen aussehenden Sofa. Ein großer, karmesinroter Fleck der in den weißen Teppich eingesickert war. „Hier wurde unschuldiges Blut vergossen“, sprach Castiel leise und ließ den Teppich nicht aus den Augen. Als würde ihm das Blut allein die tragische Geschichte verraten, die sich in diesen friedlichen Wänden abgespielt hatte. „Der Engel hatte kein Recht…“, sagte Cass dann noch leiser. „Woher willst du das wissen?“ Fragte Dean der seinen Freund jetzt ganz genau betrachtete. Cass wirkte so niedergeschlagen und seine Worte so klar, als wäre er dabei gewesen. Hatte ihm das Blut wirklich mehr verraten als ein gewöhnlicher Mensch zu sehen vermochte? Oder war das dieses seltsame Gefühl welches das Haus selbst zu umgeben schien. Cass sah von dem Blutfleck auf und seine durchdringenden Augen hafteten sich an Dean. „Wenn unschuldiges Blut vergossen wird, dann durchdringt es den Boden und beschmutzt einen Ort. Dieses Haus hier war ein Ort des Friedens, ein Ort der Liebe, Geborgenheit und des Lebens. Diese grausame Tat hat dieses Haus unwiderruflich besudelt und einen Ort des bösen daraus gemacht. Solche Auswirkungen sind spürbar, nicht nur für Engel wie es scheint.“ Dean nickte, „ja es fühlt sich schrecklich an. Als hätten die Wände die Todesschreie der jungen Frau aufgefangen und sie irgendwie konserviert. Als müsse man nur genau hinhören um ihre letzen Atemzüge im Rascheln der Vorhänge zu hören…ich weiß auch nicht wie ich es beschreiben soll, es ist…“ „Grauenhaft. Die Tat eines Engels. Kaum ein anderes Wesen ist in der Lage ein solch grauenhaftes Echo auszulösen. Das ist das Werk eines Engels.“ Schweigen senkte sich über den Raum. Keiner fand passende Worte um den Geschehnissen ihren Schrecken nehmen zu können. Cass hatte ganz Recht, dieser Mord war von einem Engel verübt worden und die Frau war ein unschuldiges Opfer. „Warum also?“ stellte Dean die Frage welche auch Cass bereits durchdachte. Seit er im Himmel von einem geplanten Mordanschlag gehört hatte, den offensichtlich Raphael in Auftrag gegeben hatte, war er unruhig geworden. Warum kümmerte sich Raphael, dessen Bemühungen die himmlische Ordnung wiederherzustellen oberste Priorität hatten, sich um die Belange auf Erden? Warum schickte er einen seiner Untergebenen aus, um diese schuldlose Frau zu töten? Cass der geglaubt und gehofft hatte, Raphael würde vieles anders machen als Michael, war schon kurz nach dessen Machtübernahme eines besseren belehrt worden. Im Nachhinein fragte er sich, wie er nur so leichtgläubig hatte sein können und seinem Bruder – einem weiteren Erzengel – wirklich Änderungen hatte zutrauen können. Nein, Raphaels Befehlsgewalt war genau wie die von Michael allumfassend und allgegenwärtig. Die Regeln waren ebenso streng und straff und ließen keinen Platz zum Atmen. Früher war das Castiel nie so aufgefallen, aber jetzt da er auch ein anderes Leben kannte… Gut, er hatte sich gefügt. Er wollte keinen Streit mit seinen Geschwistern. Besonders nicht mit Raphael, der nicht nur sehr stark war, sondern auch viele Anhänger besaß. Cass war wohl einfach zu froh drüber gewesen wieder nach Hause zu können, um Raphael groß die Stirn bieten zu wollen. Schließlich hatte er das Töten seiner Geschwister immer gehasst und es nur als Notlösung für den Sieg erachtet, wann immer er gezwungen war sein Schwert zu ziehen. Er wollte keinen Krieg, nie wieder. Aber wenn er ehrlich zu sich selbst war, er wollte auch nicht das Leben welches er jetzt führte, mit Raphael als Herrscher des Himmels. „Ich weiß es nicht“, Cass blickte wieder auf den Blutfleck. „Alles was ich gehört habe war der Auftrag. Warum diese Frau sterben musste ist aber nicht das einzige was sich in letzter Zeit meinem Verständnis entzieht. Raphael hat mit verboten hier her zu kommen.“ „Wirklich? Wundert mich nicht. Ich meine er weiß das du sicher nicht die Füße still hältst, wenn so etwas ungerechtes geschieht. Das er dich nicht am Tatort rumschnüffeln sehen will ist doch verständlich.“ Der Blick des Engels glitt in die Leere, verlor sich irgendwo in der Unendlichkeit. Dean schien es als wäre Castiel nur noch Körperlich anwesend und sein Geist würde umher streifen. Losgelöst von seiner Hülle, mit weißen Flügeln… „Er hat mir auch verboten dich zu sehen“, sagte Cass und mit einem Mal steckte so viel Gefühl in seinem Blick. Dean vermochte diesen blauen Augen nicht lange stand zu halten. „Warum hat mein Bruder mir verboten dich zu sehen?“ Dean wusste nicht ob das eine ernst gemeinte Frage war. Schließlich waren bereits unter Michaels himmlischer Herrschaft die Engel stets unter sich geblieben. Bis Cass ihn aus der Hölle gezogen hatte, war Dean fest davon überzeugt gewesen, dass Engel nicht existierten. Nie hatte ein Jäger auch nur einen gegenteiligen Beweis vorlegen können. Engel wanderten also nicht einfach auf Erden. Zumindest nicht welche von Castiels Rang. Was war also verwunderlich daran, dass Raphael zum Status Q zurückkehrte? Cass hatte von den Menschen auch einige Dinge gelernt, die im Himmel nicht gerne gesehen wurden. Schließlich hatte Dean ihn zur Revolution angestiftet. Ihm den Ungehorsam gelehrt und die Unbeugsamkeit. Die nächsten Worte vielen Dean unglaublich schwer und er musste gegen einen dicken Klos in seinem Hals ankämpfen. Aber er musste sie aussprechen. „Cass, vielleicht hat dein Bruder recht. Vielleicht ist es das Beste für dich wenn du in den Himmel zurückkehrst und dort wieder…na ich weiß auch nicht, einfach so lebst wie früher. Raphael meint es letztendlich wohl gut mit dir. Schließlich ist er dein großer Bruder, ich kann verstehen dass er will das du nach Hause kommst. Ihr seid Familie.“ „Du bist auch meine Familie, Dean.“ Dieser Satz schwebte lange Zeit im Raum. Wieder konnte Dean das undurchdringliche Blau von Cass Augen nicht lange halten und sah verlegen zur Seite. Was dieser kleine Satz jedoch in ihm bewirkte war gigantisch. Eine Flut von Gefühlen stürze gleichzeitig auf ihn ein. Keines der Gefühle vermochte er wirklich zu deuten. Sie waren zu einem Knäuel in seinem Magen verschmolzen und ließen ihn wie in einer Achterbahn von einem Hoch ins nächste Tief stürzen. Glücklich darüber das Cass offenbar bei ihm sein wollte, ihn nicht allein lassen und für immer in den Himmel verschwinden würde und andererseits weil es Cass gegenüber nicht fair war. Klar wünschte er sich den Engel in seiner Nähe, doch genau das steckte der Fehler. Cass war ein Engel. Kein Mensch, sondern ein himmlisches Wesen. Er gehörte nach Hause, zu seinen Geschwistern. Zurück in eine ganz andere Welt. Von Cass zu verlangen auf Erden zu Lebe und vielleicht genau wie Sammy mit ihm von Land zu Land, von Fall zu Fall zu ziehen war…unfair…nicht möglich… Hatte er den Engel nicht schon genug verdorben? Sollte er, wenn er Cass wirklich mochte, nicht darauf bestehen das er ging? Dean wäre am liebst in Tränen ausgebrochen. Da war so vieles was unverarbeitet in seinem Kopf umher schwirrte, so viele widersprüchliche Informationen…so vieles…er konnte einfach nicht mehr! „Was hältst du davon wenn wir das alles einfach mal hinten anstellen? Vergessen wir Raphael und konzentrieren wir uns auf das, als wäre es ein ganz normaler Fall.“ Dean wusste das es feige war einfach so das Thema zu wechseln. Er floh, etwas was er sonst selten tat, aber es war wahr. Er floh. Vor seien Gefühlen als wären sie eine Bestie mit messerscharfen Krallen und einen geifernden, blutigen Maul. Cass fand Deans Rückkehr zu dem Fall weit weniger überraschend. Er hatte zwar bemerkt das sein letzter Satz etwas in dem Menschen bewirkt hatte, war aber weit weniger verstört darüber. Hatte Dean etwa nie vermutet das er ihn als Freund, als Teil seines Lebens und somit als Familie ansah? Oder war es Freude über eben jene Äußerung gewesen die den Menschen so überwältigt zu haben schien? Vielleicht deutete Cass auch nur wieder die menschlichen Gefühlsregungen falsch. Schließlich war er unglaublich gerne in Deans Nähe. Er fühlte sich geborgener als bei seien Geschwistern obwohl eine ganze Welt sie beide trennte. Sie waren so verschieden wie Tag und Nacht und das meinte er nicht im charakterlichen Sinne. Sie waren nicht von derselben Art, lebten Tag für Tag völlig unterschiedliche Leben mit unterschiedlichen Gedanken und Prioritäten. Jäh wurden Cass Gedanken unterbrochen, als Dean sich in Bewegung setzte und erklärte er gehe das Haus absuchen. Wahrscheinlich hatte der Jäger Recht. Fürs erste war es das Beste sich um das vor ihnen liegende Problem zu kümmern. Mit all den verwirrenden Gefühlen und Gedanken konnten sie sich später beschäftigen. Vorzugsweiße dann, wenn sie wussten was sie fühlten oder was sie fühlen sollten. Der Engel suchte jeden Raum mit seinen Sinnen nach Fehlern ab. Nach Dingen die nicht stimmten, die geändert oder korrigiert worden waren. Aber das ganze Haus schwirrte von Engelsenergie und den nachwehen des gewaltsamen Todes. „Cass?“ hörte er die dumpfe Stimme aus dem Nebenzimmer. „Ich konnte nichts entdecken. Kein Hinweis auf…“ „Sieh dir das an!“ wurde er sogleich aufgefordert. „Warum ist mir das nicht schon früher aufgefallen? Da!“ Nicht ganz verstehend was an der Wand so besonders war, wartete Cass mit fragender Mine auf Deans Erklärung. „Da fehlt ein Bild an der Wand. Überall in dieser Wohnung wurden Bilder abgenommen. Man erkennt das an den dunkleren Stellen. Da wo Bilder hingen konnte die Farbe nicht verbleichen. Das ist auch im Erdgeschoss zu sehen. Im Gang hängen zwar viele Bilder, aber im Wohnzimmer steht kein Einziges? Es würde mich doch sehr wundern wenn das schon vorher so war.“ „Du meist also der Engel hat Fotos verschwinden lassen?“ Der Unglaube war deutlich in seiner Stimme zu vernehmen. „Nein, es ging nicht um die Bilder. Sondern um die Person die darauf war und ich wette das war nicht unser Opfer.“ „Damit könntest du recht haben“, gab Cass zu. „Wenn wir also ein Bild finden, dass der Engel übersehen hat, dann kommen wir vielleicht der ganzen Sache ein wenig näher.“ „Wonach suchen wir also?“ „Das wissen wir erst wenn wir es gefunden haben“, sagte Dean schmunzelnd und ließ Cass verwirrt im Raum zurück. Wieder eine dieser menschlichen Äußerungen die weder Sinnvoll noch irgendwie nützlich zu sein schienen. Trotzdem machte sich auch Cass auf die Suche. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)