Gegen den Strom des eigenen Blutes von _Shirley ================================================================================ Kapitel 12: Das Tosen der Stimmen… ---------------------------------- Kapitel 12. Das Tosen der Stimmen… …in seinem Kopf wurde leiser. Das strahlende Blau verschwand und zurück blieb eine eigenartige Leere die ihn gefangen zu halten schien. Sein Körper fühlte sich seltsam fremd an, reagierte nur mit äußerster Konzentration auf eine gewünschte Bewegung. Noch immer hallte das Durcheinander von tausenden Stimmen in seinem Kopf nach, quälte ihn, machte ihn fast verrückt! Schwindel erfasste ihn, die Welt um ihn herum gewann an Konturen doch sie alle wirkten verzerrt. Plötzlich schien Oben Unten zu sein und mit dem Schwindelgefühl schien sich der Boden unter seinen Füßen aufzutun. Er fiel! Sein Körper schlug hart auf unebenen Beton. Lange Zeit lag er still da und erst als die Kälte in seine Glieder kroch, jeden Zentimeter von ihm zu durchdringen schien, holte ihn das gänzlich zurück in die Realität. Cass lag schwer atmend auf dem feuchten Boden der alten Lagerhalle. War er bewusstlos gewesen? Wenn ja, für wie lange? Eine brennende Frage, denn je länger er untätig an diesem Ort verblieb, desto höher waren die Chancen für seine Brüder ihn doch noch aufzuspüren. Viel zu viel Kraft hatte er aufwenden müssen, um seine Geschwister von sich fern zu halten. Doch er hatte es geschafft! Die Spur im Äther würde sich in alle Richtungen erstrecken und keine würde Raphael nützlich sein. Nein, nur er wusste wo Cyriac sich aufhielt. Jedoch war dieses Wissen gefährlich! Nur mit Mühe konnte Cass seine Arme bewegen, stützte sich auf dem kalten Boden auf und versuchte sich hoch zu stemmen. Dabei übersah er einige Glassplitter, die sich tief in das Fleisch seiner rechten Handfläche gruben. Für den Schmerz hatte er jedoch keine Zeit. Er musste hier verschwinden! Seine Beine knickten ein, als er sie mit seinem ganzen Körpergewicht zu belasten versuchte. Zusammengesunken kauerte er auf dem rissigen Beton und sammelte den verbleibenden Rest seiner Kraft, konzentrierte sie. Der Plan hatte eigentlich anders ausgesehen. Überzeugt es würde ihm doch leichter fallen seine Geschwister am Lauschen zu hindern hatte er für keinerlei Rückendeckung gesorgt. Ein fataler Fehler, wie er befürchtete. Wahrscheinlich hatte Dean recht gehabt und der Plan war…vornehmer ausgedrückt nicht ganz durchdacht gewesen. Vielleicht lag es auch einfach daran, dass er sich selbst überschätzt hatte. Seine Kraft gleich nach einer Regenerationspause wieder derart zu beanspruchen war vielleicht doch nicht eine seiner besten Ideen gewesen. Geschwächter als gedacht versuchte er erneut auf die Beine zu kommen. „Du bist schwach“, hörte er eine vertraute, sehr arrogante Stimme und wandte den Kopf. Nicht weit von ihm stand ein schlanker, groß gewachsener Mann. Seine Haut war sonnengebräunt und zeigte bereits einige Falten. Dunkles, kurz geschorenes Haar bedeckte seinen runden Kopf. Der Körper war muskulös, aber von langer, harter Arbeit geprägt. „Aber wenn ich es recht bedenke, warst du schon immer schwach“, sprach die Stimme erneut und sie triefte förmlich vor Verachtung. Wäre der Sprecher nicht in einem teuren, schwarzen Anzug gekleidet gewesen, dann hätte man ihn für einen Arbeiter halten können, der hier war, um die letzten Kisten aus dieser Lagerhalle abzutransportieren. Langsam kamen die knirschenden Schritte über den mit Glassplitter besprenkelten Boden näher. „Hallo Sophus“, grüßte Cass. Ein Husten folgte und sein trockener Hals kratzte unangenehm. „Hallo Bruder“, erwiderte Sophus den Gruß. Doch er klang weder freundlich noch wirklich erfreut. Nein, eher siegreich. „Hättest nicht gedacht das ich dich so schnell finden kann, nicht war?“ fragte die arrogante, tiefe Stimme. Die Wände verstärkten den Klang und verliehen der Engelsstimme eine hallende und unheimliche Wirkung. Warum unter all seinen Brüdern musste ihn ausgerechnet Sophus stellen? Warum? Cass erhob sich unsicher. Immer noch schwach spürte er das drängen seiner regenerativen Trance. Sie wollte ihn hinab in die Dunkelheit ziehen, wollte das er ruhte und sich erholte. Aber sollte das geschehen, dann würde er in einer Zelle erwachen. Gefangen für den Rest seiner Tage oder bis Raphael seiner überdrüssig wurde und ihm den Tod gewährte. Mühevoll hatte sich Cass aufgerappelt und sah zu seinem Bruder. Ein bösartiges Lächeln lag auf den Lippen Sophus als er eine schnelle Bewegung machte, mit einem Satz neben Castiel stand und ihn mit einem kräftigen Schlag in die Magengrube durch die Halle beförderte. Hart landete Cass auf dem Beton. Der Schmerz war dumpf, er spürte ihn kaum doch wieder tanzte die Welt vor seinen Augen. Er blinzelte, versuchte die Augen offen zu halten und gegen den Drang anzukämpfen einfach liegen zu bleiben und zu schlafen, sich zu regenerieren. „Ich weiß was du dir denkst, Bruder“, hörte er Sophus Stimme wie aus weiter Ferne hallend zu ihm dringen. „Warum ausgerechnet Ich? Nicht war? Du fragst dich wieso ausgerechnet ich dich sofort durchschauen konnte.“ Tatsächlich, das fragte er sich wirklich. Nur das er Sophus nicht die Genugtuung einer Antwort gönnte. „Ich werde dir sagen warum“, versprach der Engel und plötzlich war seine Stimme ganz nach. Er bückte sich, griff nach Cass Trenchcoat und zog ihn daran auf Augehöhe. Das leichte glimmen der Gnade war deutlich in den dunkelbraunen Augen zu lesen. „Mein Name kommt nicht von ungefähr. Ich bin wirklich der Kluge. Dich zu durchschauen war aber auch nicht sonderlich schwer. Schade eigentlich, ich dachte du währst mir ein würdiger Gegner.“ Enttäuscht warf er Cass schwachen Körper wieder zurück auf den Boden. „Sag mir Bruder, hast du etwas von Cyriac erfahren? Und bitte leugne es erst gar nicht, ich werde dir sonst nur weiterhin Schmerz bereiten. Also lass uns vernünftig Reden. Raphael möchte wissen wo sich unser lieber Bruder versteckt hält. Wir werden ihn auch nicht töten, nur das Balg, das muss sterben. Wenn du kooperierst wird auch dein Tod sinnlos und Raphael wird dich zusammen mit Cyriac weg sperren. So lange bis ihr wieder gelernt habt was es bedeutet ein Engel zu sein.“ Cass räusperte sich, versuchte seine Stimme wieder unter Kontrolle zu bringen. „Ich…ich bin kein Narr.“ Ein lautes Lachen kam als Antwort. „Es war zu befürchten das einer von euch hier eintreffen würde bevor ich fliehen konnte. Ich war darauf vorbereitet.“ „Sag, Bruder, was hat dir deine weiße Voraussicht denn gebracht? Ich bin hier, ich bin stark und ich habe meine Befehle.“ „Das weiß ich. Ich weiß auch wie skrupellos du bist“, spuckte Cass die Wörter aus. Verachtung war ganz deutlich darin zu hören und auch sein Gesicht spiegelte wieder was er von Sophus hielt. Dieser war in einer schnellen und einzigen Bewegung wieder neben dem knienden Körper und trat mit aller Gewalt nach Cass. Dieser wurde von der Wucht des Schlages hoch gehoben und landete erneut schmerzlich auf dem harten Boden. Der bleierne Geschmack von Blut sickerte in seinen Mund und ließ ihn würgen. „Du bist nicht nur schwach, sondern auch dumm!“ schrie ihn Sophus an. „Da irrst du, Bruder.“ „Ach ja? Wo ist die Armee mit der du mich vom Gegenteil überzeugen willst? Du hast nicht einmal für Rückendeckung gesorgt!“ Belustigt von der scheinbaren Dummheit wurde Sophus leichtsinnig. Er hatte die konzentrierte Energie nicht bemerkt. Cass hatte es nun endlich geschafft, all seine verbliebene Energie zu sammeln. Wäre Sophus nicht so schnell dazwischen gekommen, dann wäre er schon längst aus dieser Halle verschwunden. Vielleicht war er auch nur zu lange bewusstlos gewesen. Aber jetzt hatte er es geschafft, jetzt würde er fliehen. Nur ein letztes, kleines Ablenkungsmanöver. „Nur weil dein Name dich als klug preist, heißt das nichts. Ich weiß natürlich warum gerade du hinter mir her geschickt wurdest. Aber soll ich dir etwas sagen Bruder? Währen meiner Zeit bei den Menschen habe ich eine Menge von ihnen gelernt.“ Cass hatte sich an der Hallenwand hoch gezogen und stand nun schräg gegen die verfallene Wand gelehnt da und musterte seinen Bruder. „Zum Beispiel habe ich gelernt das man auch einen schwächeren Gegner niemals unterschätzen sollte aber vor allem wie wichtig ein gutes Ablenkungsmanöver sein kann!“ Mit diesen Worten schlug Cass mit aller Kraft gegen die Wand, brachte das Gebäude so zum schwanken. Die Deckenkonstruktion war instabil genug, um sich unter diesem letzten Hieb komplett zu lösen und nach unten zu stürzen. Das erstaunte Gesicht seines Bruders vor Augen, konzentrierte Cass seine gehortete Magie und verschwand mit einem Flügelschlag dessen Geräusch vom in sich zusammenstürzenden Gebäude verschluckt wurde. ******* Cass fiel, er verlor die Orientierung und stürzte. Seine Kraft war verbraucht, müde und ausgelaugt blieb er liegen. War er am richtigen Ort? Das vermochte er nicht wirklich zu erkennen. Cyriac hatte ihn gerufen und er war gekommen. Zumindest hatte er sein Bestes gegeben um hier her zu gelangen. Sollte er die richtige Stelle wirklich nicht getroffen haben? Oder war das ganze eine Falle seines Bruders der ihm die hilfsbereite Art nicht geglaubt hatte? Warteten Raphaels Schergen nur darauf ihn gefangen zu nehmen? Cass wartete, lauschte. Die Zeit verstrich und nichts rührte sich. Wieder spürte er den Drang sich der Trance zu ergeben und sich zu regenerieren. Noch war das aber zu gefährlich. Erst müsste er mit Cyriac in Verbindung treten und dann zusammen mit seinem Bruder einen sicheren Ort aufsuchen. Sie würden hier nicht bleiben können, zumindest nicht unbegrenzt. Wieder kroch Kälte heran, umfing ihn mit ihren feuchten Armen und ließ ihn zittern. Deans angenehme Wärme kam ihm in den Sinn und er wünschte sich zurück zu ihm. „Bruder?“ eine leise, gebrochene Stimme drang an sein Ohr. Nicht die von Sophus, das war schon mal beruhigend. Wieder versuchte Cass sich zu erheben. Seine rechte Handfläche schmerzte, denn noch immer steckte ein Glassplitter tief in der Haut. Überhaupt vermochte er jetzt das ganze Ausmaß der Schmerzen zu spüren, die seinen Körper peinigten. „Bist du das Castiel?“ hörte er die zittrige Stimme erneut. Es kostete ihn Kraft sich seiner Umgebung bewusst zu werden. Den Kopf in alle Richtungen drehend erkannte er einen steinernen Raum. Die Wände waren grob behauener Fels, von dem das Wasser in kleinen Bächen herab rann. Die Luft war feucht und kalt, roch aber angenehm nach Moos und Waldboden. Nur wenig Licht drang an diesen Ort, wo immer er sich befinden mochte. Und ganz in der Ecke auf einen Haufen alter Blätter bewegte sich etwas. Eine Gestallt saß dort in sich zusammengesunken an die Wand gelehnt. „Cyriac?“ frage Cass röchelnd. „Ja“, kam die leise Antwort. „Du bist verwundet? Ich hab es befürchtet. Als ich dich nach mir rufen hörte da dachte ich bereits das dieses Wagnis bestimmt seinen Preis besäße. Aber du bist hier.“ „Ja…ja ich bin hier.“ „Warum? Ich meine ich kenne dich, Castiel. Jeder Engel weiß was du getan hast. Dein Ungehorsam, deine Rebellion, dein stetes Einmischen, das beschützen der Winchesters…“ die Stimme erstarb in einem Husten. „Du bist ebenfalls verwundet?“ Cass erhob sich, es kostete ihm wirklich alles aber er musste zu Cyriac. Wenn es schlecht um seinen Bruder stand dann musste er dringend an die benötigten Informationen. So schleppte er sich unter seinen wackeligen Beinen in die Richtung seines Bruders. Auf dem feuchten Laub ließ er sich nieder, lehnte den Kopf gegen die kalte Wand und atmete tief ein und schloss für einen Moment die Augen. „Sieh uns nur an, Bruder“, bat Cyriac. „Was hat uns unser Ungehorsam eingebracht? Nichts als einen kurzen Blick auf die Freiheit die doch unerreichbar für uns ist. Und natürlich den Tod.“ „Noch sind wir am Leben“, warf Cass ein. „Ja, aber das wird nicht von langer Dauer sein.“ „Du klingst überzeugt“. „Ich habe auch allen Grund dazu.“ Cass öffnete seine Augen, blickte seinen Bruder zum ersten Mal direkt an. Seine Hülle war gezeichnet von Leid und Schmerz. Der einst athletische Körper war schwach und ausgelaugt. Das blonde Haar klebte in Strähnen an seinem Kopf und die grauen Augen waren ausdruckslos und leer. Ja, dieser Engel stand wirklich kurz vor seinem Ende. Aber Moment, seine Augen waren leer!? Da war nicht das leichte glimmen der Gnade, kein noch so kleiner Funke davon. „Du erkennst was ich getan habe?“ fragte Cyriac wehmütig. „Deine Gnade…“ „Ja, ich hab sie entfernt.“ Dabei zog der ehemalige Engel den Reißverschluss seiner dunkelbraunen Jacke auf und gab den Blick auf sein blut verkrustetes Hemd frei. „Ich musste sie mir aus dem Körper schneiden. Jetzt bin ich ein sterblicher aber dafür können mich unsere Brüder nicht finden. Es sei denn ich will es so. Dir hab ich vertraut, denn ich war mir sicher du würdest verstehen.“ „Wo ist deine Gnade? Was soll das alles hier? Ich verstehe es nicht!“ Frustration war in Castiels Stimme zu hören. Er war schwach, wollte Schlafen und sich erholen. Das Kämpfen darum wach zu bleiben trug nicht gerade positiv zu seiner Stimmung bei. Mit einem Kraftakt hob Cyriac seine Hand und steckte sie in die Innentasche seiner Jacke. Daraus zog er eine kleine Glasphiole hervor in der ein weißes, blendendes Schimmern waberte. Die Gnade eines Engels, lebendes Licht! „Ich hab sie bewahrt, denn wir werden sie noch brauchen.“ „Wozu?“ fragte Castiel. Sein Bruder schwieg lange. Er atmete flach und unregelmäßig. Die Zeit drängte also. „Bitte Bruder, ich muss es verstehen!“ flehte Cass und rüttelte den geschwächten Menschlichen Körper seines Bruders. „Du wirst…verstehen. Alles zu seiner Zeit. Als erstes brauche ich deine Hilfe.“ „Wobei?“ Wieder hob Cyriac seine Arme und griff nach einem Bündel Tücher, welche auf seinem Schoß ruhten. Er nahm die Tücher mit solcher Sorgfalt hoch und übergab sie Cass behutsam. Dieser spürte das unerwartete Gewicht des Bündels und drückte es an seine Brust. Als er die ersten Tücher beiseite schob, erkannte er das Gesicht eines Kleinkindes. Das Mädchen konnte nicht viel älter als ein Jahre alt sein, vielleicht eineinhalb. Ihre Augen waren groß und von so ungewöhnlich heller Farbe das sie fast weiß wirkten. „Meine Tochter“, verkündete der stolze Vater. Das kleine Wesen bewegte sich leicht und gab ein unverständliches Gemurmel von sich. „Sie ist ebenfalls sehr geschwächt. Die wenige Nahrung und die schreckliche Kälte haben sie gefährlich mitgenommen.“ Cass sah von dem wimmernden Mädchen zurück zu seinem Bruder. „Du willst meine Hilfe? Dann musst du es mir erklären!“ forderte er. „Du sollst alles erfahren, doch wo fange ich an? Die Geschichte ist lang, aber wenn sie einer verstehen kann, dann du Castiel.“ „Wie wäre es wenn du damit beginnst, wie dein Auftrag der doch alles für dich war so scheitern konnte.“ Cyriac versuchte ein Lachen und verschluckte sich daran. Hustend griff er sich gegen die Brust und versuchte den Schmerz zu vertreiben. Wäre Cass im besitz seiner Kräfte gewesen, dann hätte er sie mit Cyriac geteilt. Ja, hätte er gerade überhaupt irgendwelche Kräfte besessen, dann wäre alles viel einfacher gewesen. „Gescheitert sagst du. Also gut, ich werde von Vorne beginnen und dir von ihr erzählen. Von der Frau die mein Leben veränderte und die ich mit jeder Faser meines Körpers liebe. Ja, Castiel, ich liebe sie! Bis zu dem Moment wo ich meinen letzten Atemzug nehme werde ich sie lieben.“ Einen Augenblick herrschte schweigen. „Ich werde nichts auslasen und wenn du die ganze Geschichte gehört hast, dann musst du mir etwas versprechen.“ „Was?“ „Du musst meine Tochter beschützen! Sie ist wichtig…so wichtig.“ Wieder unterbrach ihn ein Husten. „Aber bevor ich dir die Wahrheit über das Kind erzähle, sollst du erfahren warum ich meinen Eid brach und genau wie du zu einem ausgestoßenen wurde.“ ******* Das ganze bekam langsam einen zähen Beigeschmack. Natürlich freute sich Dean wieder am Steuer seines Wagens zu sitzen. Besonders da er die letzten Tage in einem miefigen, kleinen Raum verbracht hatte, war die Aussicht wieder durchs Land zu brausen eine willkommene Abwechslung. Eine Led Zeppelin Kassette lief und dem fetzigen Song Traveling Riverside Blues folgte die ruhige Melodie von Stairway To Heaven. Der Titel ließ Dean schlucken und unwillkürlich an Cass denken. Ob es dem Engel gut ging oder ob sein Plan gescheitert war und er bereits wieder in einem himmlischen Gefängnis saß? Bestimmt war ein himmlisches Gefängnis weit weniger himmlisch als es sich anhörte. Aber egal was er auch versuchte, seine Gedanken waren trüb vor lauter Sorge. Die Stunden zogen sich, die Landstraße vor ihm ebenfalls. Die Hitze war noch unerträglicher geworden und die Landschaft draußen immer karger. Jetzt zogen dürre Felder und endloses Brachland an dem geöffneten Fenster vorbei und heiße Luft wirbelte über den Asphalt. Langsam wurde Dean langweilig. Gut, er war schon oft lange Zeit in seinem Auto unterwegs gewesen und das durchaus auch allein. Natürlich war das seltener der Fall gewesen, denn als er dann ohne Dad jagen gegangen war, hatte er sich schon bald Sammy ins Bot, bzw. ins Auto geholt. Wenn es nicht Sam war der neben ihm saß, dann doch hin und wieder Cass. Wenn mal wirklich keiner mit ihm unterwegs war, dann hatte er aber immerhin ein Ziel vor Augen gehabt. Jetzt hatte er nicht einmal das. Er würde einfach der Straße folgen und wenn die endete eine andere nehmen. Ankommen würde er nirgends. Wie lang es wohl dauerte bis Cass sich meldete? Was wenn es dunkel wurde, sollte er einfach weiter fahren? Schließlich wollten sie sich in einem Kaffe oder so treffen und nicht in einem Motel das die Engel bereits im Vorfeld kannten. Sollte er also wirklich die Nacht durchfahren? Wäre nicht das erste mal und ein wirkliches Problem war es ja auch nicht. Wenn da nicht diese nagende Ungewissheit wäre! Dean trat das Gaspedal durch und der Impala jagte die schmale Landstraße entlang. Er wollte jetzt nicht mehr denken, er wollte sich keine Sorgen machen…verdammt! Am liebsten hätte er sein Leben vor der Apokalypse zurück! In einer abgelegenen Tankstelle besorgte sich Dean zusätzlich zum Sprit auch noch Energiedrinks und Süßigkeiten, zwei verpackte Sandwichs aus der Kühlabteilung und wahrscheinlich auch noch ein paar Bakterien des heftig niesenden Angestellten. Die gab es hier wohl gratis. Kaum hatte er die Glasstüre der Tankstelle hinter sich geschlossen, spürte er einen stechenden Blick auf sich ruhen. Die ganze Zeit schon fühlte er sich beobachtet, egal was er tat. Aber hier auf diesem völlig freien und übersichtlichen Gelände war das Gefühl besonders stark. Cass hatte also Recht behalten und ein Engel war ihm auf den Fersen. Da sich dieser bisher noch nicht gezeigt hatte war zu hoffen, dass er ihn bloß im Auge behalten sollte. Trotzdem wurde Dean den Gedanken nicht los, plötzlich könnte jemand neben ihm im Auto erscheinen. So wie es Castiel immer gern tat, nur das dieser Besucher gleichwohl ein Engel, aber nicht sein Engel sein würde. Dean schlug die Autotür hinter sich zu, verstaute die Tüte mit dem Proviant auf dem Beifahrersitz und als er aufblickte sah er ihn! Der gleiche Mann der damals neben dem Impala auf Cass und ihn gewartet hatte! Doch kaum hatte Dean auch nur einmal geblinzelt, da war die Gestallt schon wieder verschwunden. Natürlich wusste der Jäger aus Erfahrung das er sich das keineswegs nur eingebildet hatte. Ein Engel verfolgte ihn…man sollte meinen das dies kein Grund für schlechte Lauen wäre. Bestimmt wären viele Menschen über dieses Wissen erfreut gewesen. Ja, normale Menschen, mit normalen Problemen und ihrem Glauben an normale Engel. Die mit den flauschigen Flügeln und den langen, weißen Gewändern die einen beschützten. Ob Cass auch flauschige Flügel hatte? Trug er im Himmel auch seinen Trenchcoat und würde er ihn wie versprochen beschützen? Verdammt, wann war sein Leben so dermaßen aus den Fugen geraten? Verlor er jetzt das letzte bisschen Normalität in dem er sich nach einem Engel sehnte? So ganz allein auf weiter Straße gefangen mit seinen Gedanken musste Dean sich eingestehen, dass er sich nicht so sehr nach dem Engel sehnte, sondern nach Cass als Person. Es war nicht die Kraft die Cass als Engel besaß, obwohl sie sich öfters als nützlich erwiesen hatte. Nein, er würde Cass auch vermissen wenn dieser kein Engel mehr wäre. Cass gehörte einfach zur Familie, es war klar das er ihn vermisste, aber warum glaubte er dass das nur eine Ausrede war? Wenn er ganz ehrlich zu sich war, dann vermisste er Cass wirklich auf eine ganz andere Art als seinen Bruder. Ja, er wollte Cass nahe bei sich haben, wollte jeden Morgen neben ihm aufwachen, mit ihm zusammen Frühstücken…er vermisste Cass, einen Engel, einen Mann…Gott, gab es überhaupt noch etwas Normales in seinem Leben? Eine Parkbucht in einem kleinen Waldstück hatte sich als verlockende Abwechslung ergeben. Jetzt saß Dean auf der Motorhaube, versuchte das Gefühl des beobachtet Werdens zu unterdrücken und riss die Plastikverpackung seines Sandwichs auf und nahm das erste heraus. Hungrig biss er in das lappige Brot und sogleich verging ihm der Hunger. Das Brot war klebrig, die Scheibe Käse war geschmacklos und der Schinken trocken. Einzig die Gurkenscheibe und die Tomate hatten das Vakuumgefängnis geschmacklich einwandfrei überlebt. Das zweite Sandwich probierte Dean gar nicht erst, sondern gönnte sich einen Schokoriegel der ihm einen angenehmen Geschmack in den Mund zauberte. Das flattern von Flügeln war zu hören und Dean zuckte merklich zusammen. Jedoch war kein Engel aus dem Nichts erschienen, sondern eine Taube die zu seinen Füßen nach Krümeln pickte. Wütend verscheute er das Tier. Hatte es ihn doch wieder zurück zu seinen Grüblereien, zurück zum Thema Cass gebracht. Aber er wollte darüber nicht nachdenken! Wollte sich nicht eingestehen was sich langsam in sein brüderliches Verhältnis zu dem Engel eingeschlichen hatte und vor allem wollte er sich nicht den daraus resultierenden Folgen stellen. So saß Dean noch eine Zeit auf der Motorhaube, blickte in den blauen Himmel und fragte sich erneut wo Cass wohl gerade steckte. So entging ihm das neuerliche Rascheln von Flügeln und die zweite Gestallt die sich unsichtbar für das menschliche Auge zu der ersten gesellte. Beide Männer trugen schwarze Anzüge und standen dicht neben dem Impala. „Hallo Sophus, offenbar ist dir Castiel entwischt“, stellte der kleiner der beiden Männer fest. Er trug einen perfekt sitzenden Anzug der seinen dicklichen Körperbau gut kaschierte. Das braune Haar war kraus und kurz. „Rede nicht als ob du ihn dafür bewundern würdest, Timotheus!“ herrschte Sophus. Der Angesprochene lachte, „ich bewundere unseren Bruder tatsächlich. Er ist nicht besonders stark und trotzdem wehrt er sich erfolgreich gegen alles was sich ihm seiner Meinung nach in den Weg stellt. Das ist bewundernswert.“ „Er ist und bleibt ein kleiner Niemand!“ herrschte Sophus. „Das hat nichts mit Können zu tun, er hat nur Glück. Der Zufall ist ihm gewogen, aber ich werde ihm lehren sich seinen großen Brüdern zu widersetzen!“ „Raphael hat deutlich gemacht was mit Castiel geschehen wird wenn er nicht einlenkt.“ „Ja und unser Bruder wird nicht einlenken. Er wird diesem Affen“, und er deutete auf Dean der verträumt gen Himmel blickte, „beschützen und ihm treu bleiben. Das heißt er wird niemals mit Raphaels Plan einverstanden sein.“ „Das denke ich auch, er wird wieder rebellieren“. „Ja das wird er ganz sicher.“ Sophus ging auf Dean zu und blieb vor dem Menschen stehen. Lange betrachtete er den sterblichen mit seiner üblichen Arroganz. Timotheus befürchtete schon er würde etwas Unüberlegtes tun nur um Castiel damit Schmerz zuzufügen und sich dafür zu rechen das dieser es gewagt hatte ihn in einer Schlacht zu besiegen. Aber Sophus betrachtete den Menschen nur. „Ja, er wird Rebellieren! Wenn er das tut wird Raphael seinen Tod befehlen, seinen und den seines Haustierchens hier. Und es wird mir ein Ehre sein diesen Befehl auszuführen!“ Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)