das dunkle Spiegelbild von -moe- ================================================================================ Kapitel 1: ----------- Was auch immer es genau war, es ging nicht aus seinem Kopf. Irgendetwas in ihm schien ihn nieder zu drücken und zu Boden zwingen zu wollen. Es lag auf ihm, wie ein schwerer, schmutziger Vorhang, der seine gesamte Welt in Düsternis hüllte und ihm das Atmen schwer machte. Mühsam hob er den Kopf, um auf die Straße zu achten. Es war dunkel und das orangefarbene Licht der Straßenlaternen sickerte nur stumpf durch den schwer in der Luft hängenden Nebel. Der feuchte Boden spiegelte das Licht wieder und wenn er hinab blickte, konnte er seine dunkle Silhouette ihm entgegen starren sehen. Niemand sonst, außer ihm und seinem dunklen Spiegelbild, bewegte sich hier draußen, auf der einsamen Straße. Ein lauwarmer Wind blies ihm Feuchtigkeit ins Gesicht, während seine Schritte, wie ein monotones Tropfen, auf den Bürgersteig klatschten. Mit unsicherem Blick sah er um sich und zog die Jacke enger. Nicht, dass es besonders kalt gewesen wäre, aber die Nässe fuhr ihm in die Glieder und ließ ihn hin und wieder frösteln. Außerdem machte ihn die Stille unruhig. Das Gefühl in ihm, wurde langsam, aber stetig größer, bis seine Schritte zu verhallen begannen und er schließlich stehen blieb. Wo war es nur so plötzlich her gekommen? Was nur hatte es ausgelöst? Nun gut, im Grunde konnte er ungefähr sagen, woher diese eisige, verschlingende Leere kam. Doch wie nur hatte er es geschafft, so tief in diesen Abgrund zu geraten? In diesen Irrgarten aus Angst, Wut und Ignoranz. Allmählich sank sein Blick erneut nach unten. Die dunklen, schattenverhangenen Augen blickten ausdruckslos zurück. ‚Wer bist du schon?‘ Schienen sie zu fragen. Schienen ihn klagend zu durchbohren und nach einer Antwort zu verlangen. Mühsam öffnete er die Lippen, doch er fand keine Antwort und so schloss er sie wieder. ‚Was tust du schon?‘ Fragte das dunkle Etwas auf der Straße erneut und die Kälte seines Blickes durchfuhr ihn, ohne dass er in der Lage gewesen wäre, seine Jacke noch etwas enger zu ziehen. Es war, als wäre alle Kraft aus ihm verschwunden und würde niemals mehr zurück kehren. ‚Welchen Sinn erfüllst du schon, mit deinem kläglichen Leben?‘ Ein raues, freudloses Lachen, rauschte in seinen Ohren und der Rest des bisschen Glückes, welches sich noch in dieser Welt befunden hatte, schien aus ihr zu triefen, wie aus einem ausgewrungenen Schwamm. ‚Sterben, müssen wir doch ohnehin alle.‘ Schloss das Wesen und es war ihm, als wären es seine eigenen Lippen, die sich bewegt hatten, seine eigenen Worte, die in der rauschenden Stille wiederhallten. Langsam kam das Etwas näher, bis er Nässe unter sich fühlte und begriff, dass er an der Mauer neben ihm, auf den Boden gesunken war. Seine Hose saugte die Flüssigkeit auf, wie ein Verdurstender und hinterließ eine Gänsehaut auf seinen Beinen. Doch es kümmerte ihn nicht, denn schon saß sein dunkles Spiegelbild neben ihm und betrachtete ihn eingehend. ‚Du weißt, dass alles egal ist, denn es hat ohnehin, nichts einen Sinn.‘ Der Schatten schmunzelte. Milde amüsiert, über diesen zufälligen Reim. „Was kann ich tun…?“ fragte das männliche Geschöpf und Verzweiflung spiegelte sich in seinem, durch das matte, orangefarbene Licht gespenstisch wirkenden Gesicht. ‚Du weißt es.‘ Flüsterte das dunkle Etwas neben ihm und berührte mit kalten Fingern die Stelle auf seiner Brust, an der das Herz lag. Aufbegehrend und sich wehrend, pochte es laut, doch die Kälte betäubte es. ‚Ich bin du. Und du bist ich. Wenn du in die Dunkelheit gehst, verschwinde ich. Doch wenn du an mir fest hältst, verschwindest auch du.‘ Hauchte das dunkle Wesen neben ihm und schien nun, da es die Leichtigkeit dieser Tatsache erklärt hatte, etwas größer zu werden. Es hatte nun zu regnen begonnen und eisige Kälte umschloss seinen Körper, die ihn frösteln und zittern ließ. Es war ein Wunder, dass ihn das niederschmetternde Gefühl noch nicht in seine Tiefen gezerrt und verschlungen hatte. Doch im Grunde, war die Antwort ganz einfach. Das, was er tun musste, war ganz einfach. Für einen Moment spürte er, wie sein Herz heiß in seinem Inneren pulsierte und ihn zum Aufstehen zu zwingen versuchte, doch sein Hirn war taub und blind geworden. Er war das Leiden leid. Das Leben beinhaltete zu viele quälende Fragen und zu wenig erfüllende Antworten. Das Nichts zerrte bereits an ihm und versprach ihm die Ruhe und den Frieden, den er sich immer gewünscht hatte. Ein letztes Mal blickte er zu seinem Spiegelbild, welches nun, da der Boden immer nasser und nasser wurde, ebenfalls an Stärke und Bildhaftigkeit gewann. ‚Die ewige Dunkelheit.‘ verlangte es gierig und zog mit seinen eisigen Fingern an seiner Kleidung. „Ja…“ wisperte er kraftlos und seine Stimme klang vor Erschöpfung wie ein erlischendes Gurgeln. „Die ewige Dunkelheit.“ Und mit einem letzten Blick, in den wolkenverhangenen, grauen Himmel, schloss er die Augen und schlug sie nie wieder auf. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)