Das Buch von Akio21 (Mein Tagebuch von Naruto) ================================================================================ Kapitel 24: Zehnter Eintrag/Der Pilgerschrein --------------------------------------------- Ich ließ seufzend den Kopf hängen und kratzte mich an der Stirn. Natürlich hätte ich sagen können, ich hätte keine Ahnung von diesen Blumen, aber ich war müde und ich hatte auch keine Lust mehr meinen Bruder anzulügen. Es ist genug, dachte ich. Gleichzeitig spürte ich ein Ziehen auf meiner Brust. „Sasuke? Hab dich gar nicht reinkommen hören, was gibt es denn?“ Verwirrt sah ich auf. Itachi stand noch dort, wo er vorher gestanden hatte, die Blumen waren verschwunden. Aber – er hatte mich doch in sein Zimmer gezerrt. „Was meinst du?“ „Hast du nicht zugehört? Was willst du?“ Ich schüttelte den Kopf. „Eigentlich nichts Bestimmtes.“ „Na dann. Wenn du willst kannst du ja lesen, oder Musik hören. Ich muss noch ein Referat fertig machen.“ Er ging zum Schreibtisch und setzte sich. Was war los? Ein Black-Out? Sein Referat hatte er doch fertig. Langsam ging ich auf ihn zu und stellte mich neben ihn. Ja, außer dem Märchen stand alles da. Das Ziehen verstärkte sich. Ich ging einen Schritt zurück und nahm den Halsausschnitt meines T-shirts in die Hand. Dann zog ich es ein wenig weg. Die weiße Kamelienblüte auf meiner Brust leuchtete in einem sanften, goldenen Licht. Ich nahm die Hand wieder weg. „Itachi, ich bin müde. Werd mich morgen früh duschen, jetzt will ich nur noch schlafen.“ Itachi sah auf. „Alles okay?“ „Ja. Alles okay.“ Ich war wirklich müde gewesen, aber die – Veränderung – der Markierung hatte mich wieder hellwach werden lassen. Was bedeutete das nun wieder? Das Ziehen war verschwunden und ich wagte zögernd einen Blick. Sie war wieder normal. Als wäre nichts gewesen. Naruto, hat dich die rote Kamelie die ans Ufer wollte soviel Aufmerksamkeit gekostet, das du vergessen hast, die Blumen verschwinden zu lassen? Aber ergab das einen Sinn? Oder war es vielleicht eine Warnung? „Misch dich nicht ein und helf“ Gut möglich, das Kuruge die Bedeutung wusste, vielleicht auch Kushina, aber es war schon zu spät um nochmal aus dem Haus zu gehen. Und egal, was die Leute hier dachten, ich wusste, Naruto war nicht so. Er hatte auf mich gewartet. Er wollte, das ich sein Buch fand. Und die Kette bekam. Und wenn er wollte, das wir zusammen waren, hatte er auch die Möglichkeit mich zu holen. Das war allerdings etwas, was mich störte. Ich wollte nicht von seinen Stimmungen abhängig sein, gab es nicht auch einen Weg für mich ihn zu rufen? Vielleicht stand ja etwas im Buch darüber. 29. Oktober Ich komm grad aus der Stadt. Mutter hat mich zum Einkaufen losgeschickt. Ich bin hier aufgewachsen und alle kennen mich. Lange Zeit habe ich nicht gewusst, dass mein Vater ein Kami ist. Das ich in seine Fußstapfen treten musste. Nach meinem sechzehnten Geburtstag. Was soll ich sagen? Man hat mich nicht reingelassen. Ins Geschäft. Was willst du, hat er gebrüllt. Und sich versteckt. Tomaten hab ich zurück gebrüllt. Ich bring sie vorbei, hat er gebrüllt. Aber ich muss sie doch bezahlen, hab ich gebrüllt. Ich schenk sie dir, brüllte er, nur lass mich dafür am Leben. Es tat weh. Bin in den Park gegangen und hab mich auf die Bank gesetzt. Dauerte nicht lange, und ich war der Einzige dort, außer den Tieren. Dann bin ich nach Hause, die Tomaten und viele andere Sachen lagen vor der Tür. Ich bin doch kein Shinigami, selbst wenn, auch ein Shinigami greift nicht in den Plan ein, ich erst recht nicht. Mutter sagt, die Leute haben Angst. Deswegen. Angst, dachte ich. War das der Grund für alles? Wenn es das war, dann waren die Einwohner dieser Stadt noch armseliger als ich dachte. Abergläubisch und kindisch erinnerten sie mich an die drei Affen. 30. Oktober Bin spazieren gegangen, und an meiner Schule vorbeigekommen. War auch im Klassensaal. Mein Platz war leer, ich war ehrlich wütend. Weil, das ist einfach ungerecht. Ich hab mir mein Schicksal nicht ausgesucht. Und ich dachte, bis es soweit ist, könnte ich mit meinen Freunden rumhängen. Aber es kam ja noch schlimmer. Weil ich so gerne zeichne hab ich meine Skizzen im Pult liegen lassen. Aber sie waren auch nicht mehr da. Ich hab´s gerochen, dieses Verbrannte. Ja, schon. Ich geh ja nicht mehr zur Schule. Aber deswegen müssen sie doch nicht meine Sachen verbrennen? Ich hab nächtelang, stundenlang an meinen Bildern gesessen und daran gearbeitet, da steckte mein Herzblut drin. Sie waren fast so etwas wie Kinder für mich. Natürlich nur fast. Im Klassenbuch ist mein Name ausradiert worden, und die Fotos, die Klassenfotos die gemacht wurden, da wurde mein Foto raus geschnitten. Hat das ehrlich was mit Angst zu tun? Ich finde das so gemein und richtig unverschämt. Jedenfalls habe ich dafür gesorgt, dass sich keiner mehr von denen jemals wieder meinem Platz nähern kann, oder sich dahin setzen wird, auch nicht, wenn er will. Ach so war das. Deswegen waren noch seine Zeichensachen darin, und deswegen hatte er das Buch dort hinein gelegt. Das Buch mit der Kette. Wahrscheinlich war ich der Erste der sich seit damals wieder auf diesen Platz gesetzt hatte. Meine Überlegungen gingen noch weiter. Hätte er nicht getan, was er getan hatte, die hätten auch noch sein Pult verbrannt. War ja das reinste Mobbing. Von der kompletten Stadt. Das mochte ich mir überhaupt nicht vorstellen, er hatte es doch ohnehin schon schwer genug, weil sein Vater ein Ich sprang fast senkrecht im Bett auf. „Sein Vater war ein GOTT?“ Ein Todesgott etwa? Nein, nein, Naruto hatte geschrieben, er sei kein Shinigami. Und auch, dass er in seine Fußstapfen treten musste. Aber hatte ich nicht vermutet, das er vieles mitbekommen hatte? Ich war also gar nicht so schlecht mit meinen Schlussfolgerungen gewesen. Hey, Naruto, wäre nett gewesen, wenn du dazugeschrieben hättest, wie du dafür gesorgt hast. Dieses Mal hörte ich kein Lachen. Na ja, so komisch war es ja nicht. Und ich hatte gesehen, wie er die Erinnerung von Itachi auslöschte, sozusagen. Nun, besser gesagt, ich hatte die Folgen gesehen, ich hatte nicht gesehen, wie er es gemacht hatte. 31. Oktober/1. November Heute ist eine ganz besondere Nacht. Ich werde beim Schrein erwartet. --------------------------------------------------------------- Ein Schrein? So etwas gab es hier? Davon hörte ich zum ersten mal, wer ihn wohl erwartet hatte? Eine ganz besondere Nacht. Allerheiligen, Halloween, die Nacht der Toten, ja das verstand ich noch. Auch als besondere Nacht. Ich fragte mich, ob wohl alle Leute zu diesem Schrein pilgerten. Aber bis dahin dauerte es noch lange. Bestimmt wusste Kuruge, wo er war. Aber da sie etwas seltsam war, konnte ein Gang zu ihr auch vollkommen sinnlos sein. Ich streckte mich und löschte das Licht. Am nächsten Morgen fragte ich Ino, ob es einen Schrein gab, zu dem man an Halloween pilgerte. Sie bejahte meine Frage, fügte aber hinzu, dass das nur die alten Leute machten. Sie gingen dorthin um für das Wohl ihrer Toten zu beten, erklärte sie. Aber sie hatte nichts dagegen, ihn mir nach der Schule zu zeigen. Nur würden wir allein an Laufzeit schon eine Stunde brauchen, da kein Bus dorthin fuhr. Deshalb wollte sie zuvor noch nach Hause gehen und Bescheid sagen. Ich verzog unwillig das Gesicht, wurde praktisch im gleichen Moment von Sakura um die Hüfte genommen, die sich bereit erklärte, mich gleich nach der Schule dorthin zu begleiten. Bevor es wieder Streit gab, befreite ich mich aus der Umklammerung, nahm ihr Angebot an und verbeugte mich zum Dank. Dann wandte ich mich Ino zu und bat sie, mir kleine, weiße und rote Kamelienbäume am Nachmittag vorbeizubringen. Es war nur so eine Ahnung, aber ich dachte, Naruto würde sich in solch einer Umgebung wohler fühlen. Oder um es ganz offen zuzugeben, ich hoffte, ihn damit anzulocken. Nach der Schule wurde ich allerdings wieder ins Büro des Direktors bestellt. Diesmal hatte ich so überhaupt keine Ahnung, was ich schon wieder hier sollte. Der sonst so smarte und gelassene Kakashi lief wie ein gefangenes Tier im Käfig auf und ab. Sein graues Haar war zerzaust. Unrasiert. „Du hörst nicht auf, hab ich Recht?!“ fing er auf einmal an. „Du willst einfach keine Ruhe geben.“ „Was ist denn jetzt schon wieder? Ich habe doch gar nichts getan!“ „Du lässt den Toten keinen Frieden, nicht wahr? Schickst sogar deinen Bruder vor.“ Ach so, das. „Itachi wollte nur sein Beileid ausdrücken,“ verteidigte ich mich. „Ich mochte die Frau. Sie war freundlich. In welchem Jahr bin ich hier eigentlich? Warum sollte es die Dame (deren Name ich zu meiner Schande leider nicht kannte) stören?!“ „Stell dich nicht dumm. Ich rede nicht von der Dame.“ Ich stellte mich nicht dumm und ich war nicht dumm, aber Kakashi gab mir das Gefühl, es zu sein. Mit beiden Händen fuhr er durch seine Haare und zerzauste sie noch mehr, anstatt zu glätten. „Offenbar hast du zu viel Zeit. Das werden wir ändern.“ Die folgenden zwei Stunden musste ich einen englischen Text abschreiben, und ärgerte mich so sehr, dass ich nun nicht zu dem Schrein kam, das ich mit dem Füller zu fest aufdrückte, und die Feder sich spaltete. Mit Bleistift schrieb ich weiter. Kakashi stand auf. „Gut. Lassen wir es für heute damit bewenden.“ Für heute? Sollte das jeden Tag so gehen? „Soll ich dann morgen den Rest machen?“ fragte ich. „Nicht nur morgen.“ Aha. Wie gedacht. Woran wollten sie mich hindern? Ich sah auf. Kakashi sah sehr zufrieden aus. Es fehlte nur noch, dass er sich die Hände rieb. Sagen wollte ich nichts dazu. Sonst gab ich ihm doch nur noch mehr Gründe, mich hier festzuhalten. Ich packte meine Schreibsachen ein, und verließ das Büro ohne Gruß. „Tz. Wegen diesem Angsthasen werde ich vermutlich noch zum Schulschwänzer mutieren,“ murrte ich auf dem Nachhauseweg vor mich hin. Okay, Naruto war tot, ein Geist, ein Gott oder so - na und? Ich mochte ihn trotzdem. Und er war mein einziger Freund. Ich betrachtete ihn zumindest als solchen. Auf irgendeine Art und Weise hatte er mein Leben bereichert. Grade mal zehn Minuten hatte ich Zeit, um mich zu duschen und umzuziehen. Dann fuhr Mutter mit mir in die nächstgelegene Stadt, 250 km weit entfernt, zur Uniklinik. Sie gab mir zuvor noch ein Päckchen in die Hand, es war ungeöffnet und an mich adressiert. Ich war froh, das Mutter meine Privatsphäre einigermaßen respektierte. Das Päckchen war von der Internetfirma für Detektive. Die drei Gegenstände steckte ich einfach in meine Tasche, täuschte eine Muss-dringend-aufs-klo-Bitte vor, und warf den Karton dort weg. Man hatte die Sachen übertrieben groß verpackt, soviel Papier und Pappe war wirklich nicht notwendig. Auch auf dem restlichen Weg wurde ich nicht gefragt, warum ich so spät aus der Schule gekommen war. Möglicherweise hatte Kakashi sie vorher mit irgendeiner Begründung schon darüber informiert. Was er ihr wohl erzählt hatte? „Mutter, hat Direktor Kakashi Hatake dich darüber informiert, dass er mich noch länger in der Schule behalten hat?“ fragte ich. Wehe, er hatte erzählt, ich hätte etwas angestellt. „Ja, er sagte, es fällt dir schwer dich einzuleben und Kontakt mit deinen Klassenkameraden würdest du meiden. Das ist ja nicht wirklich neu, aber ich bin froh, dass er sich bereit erklärt hat, sich um dich zu kümmern.“ „Kümmern?“ „Ja. Es war doch nett von ihm, dich überall in der Schule herumzuführen, nicht wahr?“ Ich verstand. Ziemlich raffiniert. „Herumgeführt hat er mich nicht Mutter. Dazu hat er als Direktor ja nicht wirklich Zeit, auch wenn er es vorgehabt hat. Letztendlich saß ich nur zwei Stunden lang in seinem Büro und musste einen Text in Englisch abschreiben.“ Ich zeigte ihr meinen Finger, der dick geschwollen und trotz der Dusche noch voller Tinte war. „Dazu kommt noch, das ich mit Ino und Sakura verabredet war. Die beiden Mädchen sind wirklich sehr nett.“ Ich zeigte ihr die SMS, die ich zwischendurch von Sakura bekommen hatte. „Sasuke, ich warte auf dich bis zum Ende der Welt, das weißt du. Aber meine Mutter hat angerufen, dass ich ihr helfen muss. Ino hat das mitgekriegt. Jetzt will sie morgen auch mitkommen. Vielleicht kann ich sie irgendwie abhängen, ich warte vor eurem Haus, und wenn sie mit den Kameliensträußen kommt, fang ich sie ab. Keine Sorge, ich mach das schon.“ Mutter hatte mir das Handy aus der Hand genommen und ich sah, wie sich ihre Finger nun um das Lenkrad klammerten, so dass das Leder eingedrückt wurde. Sie war wütend. „Du hattest eine Verabredung mit einem Mädchen und dieser Direktor – hat es dir vermasselt? Und das andere Mädchen möchte dir Kamelien schenken, und es ist wirklich ein Mädchen.“ Wütend schüttelte sie den Kopf. Ah, es ging darum, das es Mädchen waren, nicht um Klassenkameraden. „Tja, wie gesagt, er hat viel zu tun, als Direktor. Und zugegeben, er nimmt sich für seine Schüler viel Zeit. Er hat mir ja sogar einen Blumenstrauß geschenkt.“ Meine Mutter versteifte sich. Ich hatte voll ins Schwarze getroffen. Sie dachte jetzt, Kakashi hätte Interesse an mir, und mein vermeintliches Date mit den beiden Mädchen absichtlich sabotiert. Zufrieden grinsend lehnte ich mich zurück. Das Handy vibrierte wieder in meiner Hand. Ich sah auf das Display. Es war Itachi. Er informierte mich darüber, das ein seltsames Mädchen mir Blumentöpfe vorbeigebracht hatte, mit Kamelien. Ganze zehn Stück. Er habe versucht sie abzuwimmeln, aber sie habe darauf bestanden sie mir zu geben, wir hätten das in der Schule so besprochen. Das kam wie gerufen. „Ja, ein Schulprojekt von dem wir heute erst erfahren haben. Inos Eltern haben einen Blumenladen. Sag ihr bitte, ich gehe morgen nach der Schule zum Schrein mit ihr, und wenn du schon dabei bist, stell die Blumen doch einfach in mein Zimmer und druck den Weg zum Schrein aus. Ich hab vergessen wie er heißt, aber von zuhause aus, eine halbe Stunde Fußmarsch, danke, du bist der Beste.“ Mit verschränkten Armen lehnte ich mich wieder zurück und ignorierte das wiederholte Vibrieren. Es könnte schon sein, das der Schrein eingezeichnet war, überlegte ich. Immerhin war er weder vernichtet worden, und wurde auch nicht verleugnet. Er war sogar eine Art Pilgerort. Wenn Itachi ihn fand, konnte ich alleine hingehen, das wäre mir ohnehin das liebste gewesen. Ich hatte gar nicht gewusst, dass ich so verschlagen sein konnte, am liebsten hätte ich mir selbst auf die Schulter geklopft. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)