Der andere Harry Potter von -Sanna- ================================================================================ Prolog: Ein paar Fakten und Hypothesen zu Anfang ------------------------------------------------ Mein Name ist Harry, Harry Potter. Oh. Oh nein, nicht der Harry Potter. Und genau das ist mein Problem. Es gibt bestimmt eine Menge Leute, die berühmten Persönlichkeiten ähnlich sehen oder die genauso heißen. Vielleicht haben diese Leute sogar ein paar ähnliche Eigenschaften, wie die Berühmtheiten, denen sie ähnlich sind. Vielleicht haben sie den gleichen Geburtstag, ein gleiches Hobby oder die gleiche Vorliebe für kulinarische Genüsse. All das ist ein wunderbar witziger Einwurf in ein Gespräch unter Freunden. Oder ein Gespräch mit einem Mädchen, das man heiß findet – oder während man auf jemand anderen oder etwas wartet. Aber wisst ihr, was jedes Gespräch zerstört? Wenn man sich in der Zaubererwelt mit dem Namen Harry Potter vorstellt. Ich muss darauf noch ein bisschen näher eingehen. Wenn ein Muggel sich als Harry Potter vorstellen würde, dann wäre das sicherlich kein Problem. Seit Jahren ist der Name Harry schon unter den beliebtesten Vornamen für neugeborene, süße oder weniger süße kleine Wonneproppen, die aus den Bäuchen englischer Mütter purzeln. Und auch der Nachname Potter kommt in London allein wahrscheinlich über hundertmal im Telefonbuch vor. Überhaupt gibt es in der Muggelwelt gar keine Berühmtheit mit dem Namen Harry Potter. Wenn ich also ein Muggel wäre, hätte ich wahrscheinlich weniger Probleme in meinem Leben. Aber das bin ich nicht. Also weiter im Text. Ich bin ein Zauberer mit dem Namen Harry Potter und ich komme – wie man vielleicht schon erraten konnte – aus England, genauer gesagt aus London. Möglicherweise hätte ich ebenfalls keine Probleme, wenn ich aus einem anderen englischsprachigen Land stammen würde. Vielleicht Amerika oder Kanada. Aber das tue ich nicht. Nur einmal angenommen, ein Zauberer würde zu jemandem gehen und sich als ein gewisser Harry Potter vorstellen und angenommen dieser Zauberer wäre, sagen wir einmal fünfzig Jahre alt. Das wäre überhaupt gar kein Problem. Man würde sich danach vielleicht über das Wetter unterhalten, oder über die Frau zuhause oder warum auch immer man sich einander vorgestellt und getroffen hatte. Angenommen, ein fünfjähriger Zaubererjunge würde sich als Harry Potter vorstellen – auch das wäre kein Problem. Wahrscheinlich würde man die Eltern fragen, ob sie ihren Sohn nach dem Harry Potter benannt haben und wahrscheinlich würden sie diese Frage bejahen. Problematisch wird es, wenn man ungefähr so alt ist, wie der Harry Potter. Wenn man – na ja sagen wir mal genau dreihundertvierundsechzig Tage älter ist, als der Harry Potter. Das ist schon ziemlich erstaunlich, sollte man so etwas in einer normalen Konversation einwerfen. Die meisten Zuhörer stutzen dann einen Moment und überlegen: Moment, dreihundervierundsechzig Tage älter? Das ist ja beinahe ein Jahr. Dann hat er also genau einen Tag vor dem berühmten Harry Potter Geburtstag? Seine Eltern haben ihn sicher nach ihm benannt. Nein, warte. Das geht ja gar nicht! Schließlich musste er getauft worden sein, bevor Harry Potter berühmt geworden ist. Richtig, ich wurde getauft, bevor ein gewisser schwarzer Magier die Eltern von dem Harry Potter getötet hat und der kleine einjährige Sohn der Potters bis in alle Ecken und Winkel der Zaubererwelt bekannt wie ein bunter Hund geworden ist. Ich möchte hier nicht den Eindruck vermitteln, dass ich Harry Potter nicht mag. Also ich meine, den Harry Potter, nicht mich selbst. Er kann ja im Grunde nichts für die Dinge, die ihm passiert sind und soweit ich es höre, ist er auch ein ganz netter Kerl. Es ist nur so, dass... wie soll ich sagen? Sein Leben ist wahrscheinlich so unnormal, wie ein Leben nur sein kann – und die Tatsache, dass es ihn gibt und dass sein Leben so unnormal ist, macht auch meines so unnormal, wie es nur sein kann. Und auch dafür kann er nichts. Aber trotzdem ist es so. Die Wahrheit ist, dass ich manchmal gar nicht so sicher bin, ob ich mein Leben überhaupt als mein eigenes bezeichnen kann. Um das zu verstehen, muss ich zwei Dinge klar stellen. Erstens, ich mag vielleicht Harry Potter heißen, aber ich bin nicht derjenige, der als einziger Zauberer einen Todesfluch überlebt hat und mit einer Blitznarbe davon gekommen ist. Ich habe eine Narbe, sogar auf der Stirn – aber die stammt nicht von einem Fluch (und das ist auch eine ganz andere Geschichte). Zweitens – und das ist die Misere – trotzdem scheinen der Harry Potter und ich eine unendliche Vielzahl an Ähnlichkeiten zu besitzen. Vielleicht sollte ich auch davon noch ein bisschen mehr berichten. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)