A Lost Starlight von Ryuu-chan (Seiya x Usagi) ================================================================================ Prolog: Prolog – Ein vergehender Stern -------------------------------------- Hallo zusammen, es ist mittlerweile viel Zeit vergangen, als ich meine letzte Fanfiction geschrieben habe. Dementsprechend dürften auch alle Accounts auf denen ich etwas veröffentlicht hatte nicht mehr existent sein. Hauptsächlich habe ich mich in Fandoms für Gravitation und Fruits Basket bewegt. Dies ist also meine erste SM Fiction – ich gestehe aber, dass ich mich eigentlich gar nicht sonderlich für das Magical Girl Thema interessiert habe. Sailor Moon hingegen war einer der allerersten als Anime zu bezeichnenden (vernachlässigen wir mal Heidi und die gute Maja) Zeichentrickserien im deutschen Fernsehen. Ich verbinde damit also sehr viel aus meiner Kindheit. Fasziniert hat mich aber schon damals das immer wieder auftauchende Thema Zukunft und im Bezug auf diese Story, die Beziehung zwischen Seiya und Usagi mit allen Problemen die daraus folgen – daher auch meine Motivation zu dieser Geschichte. Ich möchte auf Gefühlsebenen eingehen, Schicksale darstellen und möglicherweise auch die Charaktere damit in etwas anderem oder eher unbekanntem Licht darstellen. Dabei kann Tragik eine große Rolle spielen und die Handlung somit etwas düster werden. Das Setting habe ich  ein bis mehrere Jahre nachdem die Starlights die Erde verlassen haben angesetzt. Dabei wird die Handlung nicht nur zwischen Seiya und Usagi, sondern auch zeitlich springen. So, genug davon. :-) Ich wünsche euch viel Spaß beim Lesen und freue mich über Anregungen! P.S.: Ich verzichte generell auf Mamoru-Bashing, aber wer sich nicht mit genannten Personen auseinandersetzen möchte, dem rate ich davon ab weiter zu lesen. Mit Usagi ist natürlich unsere Bunny gemeint. Tankei ist das Königreich und derzeitiger Herrschaftssitz von Kakyuu, Kinmoku der Name des Planeten. Ursprünglich wurde diese FF auf fanfiction.de veröffentlicht. Prolog – Ein vergehender Stern Ungewöhnlich dunkel und kalt brach die Nacht in jenen Tagen über Tankei herein. Obwohl die warme Jahreszeit ihr Kommen schon verkündete, so waren die Fenster und Türen der Stadt heute verschlossen, in manchem Haus sogar die wärmenden Feuerstellen entzündet worden. Ein kalter Wind wehte durch die gepflegten Straßen, denen man es nicht mehr ansah, dass sie vor wenigen Jahren noch Schauplatz eines fürchterlichen Massakers gewesen waren. Jetzt war es der Regen, der sie im Schein des Laternenlichts schimmern ließ, nicht das Blut der Krieger und Unschuldigen, das damals vergossen worden war. Inmitten der stillen Stadt thronte auf einer Anhöhe der Palast. Seine hohen Mauern und Türme glichen in der Dunkelheit einem grimmigen Wächter, dessen Augen und Ohren die Soldaten waren, die auf den Wehgängen stumm patrouillierten. Hell erleuchtet war indes das Herz des Bollwerks, ein fünfstrahliger Stern, dessen Spitzen in hohen, die Mauern um Längen überlagernden, turmartigen Pagoden endeten. Im Mittelpunkt stand ein ähnliches Gebäude, das höchste von allen. Durch überdachte, sich zu den Seiten in die weiten Parkanlagen öffnende Gänge war es von allen Türmen aus zugänglich. Die dort angebrachten, durchscheinenden Vorhänge wehten unruhig im Wind. Schritte hallten hell in den Korridoren, Stimmen wurden lauter und bewegten sich auf das Zentrum zu. „Warum hat uns niemand früher Bescheid geben lassen?!“ Die helle Stimme einer jungen Frau überschlug sich beinahe. Eine männliche Stimme rechtfertigte sich darauf. „Verzeiht mir, aber die Nachricht wurde auf schnellstem Wege übermittelt.“ Noch bevor die junge Frau mit ärgerlichem Gesicht zurückschnappen konnte, unterbrach sie ihre hochgewachsene Begleiterin mit einer bestimmenden Geste. „Beruhige dich, er kann nichts dafür.“ „Heh.“ keuchte die andere nur zur Antwort und schüttelte den Kopf. Ihre langen, silbrig glänzenden Haare fielen dabei in dicken Strähnen über ihren dunklen Mantel. „Wir sind gekommen, so schnell wir konnten.“ setzte die Größere fort. „Das weiß ich, Maker!  Aber wer hat denn die ganze Zeit gesagt, dass wir sie nicht hätten alleine zurücklassen sollen?! Ich wusste, dass etwas geschehen würde!“ Plötzlich wurde sie von ihrer Gefährtin unvermittelt grob beim Arm gepackt und herumgerissen. Auch der in ein weites Gewand gehüllte Begleiter stoppte und runzelte fragend die Stirn. „Das sind unsere Aufgaben, Healer! Wir haben Befehle auszuführen und Pflichten zu erfüllen! “ Die brünette Frau verstärkte den Griff. Ihre graublauen Augen funkelten zornig, während ihr Gegenüber den Ansatz einer Antwort machte, dann aber harsch von ihr unterbrochen wurde. „Ab-“ „Fighter ist erwachsen und entscheidet selbst über das, was sie tut und lässt.“ „Ich weiß.“ Healer löste sich mit Nachdruck, schluckte einen Kloß in ihrem Hals herunter und schwieg. Die Angst um ihre Schwester hatte sie übermannt. Der männliche Begleiter räusperte sich. „Bitte folgt mir doch. Die Prinzessin wartet sicher schon.“ Stumm nickte Maker ihm zur Antwort zu und wandte sich wieder an die Kleinere. „Komm. Sehen wir nach ihr.“ Ihre Stimme klang versöhnlich, während sie sich wieder in Bewegung setzte. Kalt blies der Wind durch die Mauerbögen, als sie geradewegs auf das große Tor der zentralen Pagode zuschritten. Fröstelnd schlug Healer ihren Mantelkragen hoch und schien zu überlegen. Tiefe Falten bildeten sich auf ihrer Stirn. „Warum ist sie eigentlich in den Gemächern der Prinzessin…?“ Maker sah sie an. „Gute Frage. Ich weiß es nicht.“ antwortete sie mit leicht beunruhigtem Unterton, noch während die schweren Türflügel sich öffneten. Schweigend folgten sie dem Mann, der die gleiche Kleidung trug, wie alle von Kakyuus persönlichen Dienern. Die in regelmäßigen Abständen angebrachten Kristalle an den Wänden spendeten ein warmes, sanftes Licht im Inneren. In alter Tradition wusch man ihnen die Füße, bevor sie die große Treppe zu Kakyuus Privaträumen besteigen konnten. Doch der Mann führte sie einen anderen Weg entlang, der direkt hoch in die obersten Stockwerke führte. Alarmiert  sahen sich die beiden Frauen an, sagten aber nichts. Sie schluckten hart, als sich der große Eingang zu den geweihten Hallen in der Spitze des Pagodenbaus vor ihnen auftat. Es roch nach Ölen und Kräutern und mit einem Schauer auf der Haut bemerkten sie die in genauer Anordnung brennenden Kerzen auf dem Boden als einzige Lichtspender. Langsam traten sie an dem Diener vorbei, der die Türen hinter ihnen wieder verschloss. Kakyuu kniete unweit vor ihnen auf einem seidenen Teppich, wendete den Eintretenden dabei den Rücken zu. Zwei ihnen bekannte Gestalten hielten lautlos rechts und links von der rothaarigen Frau Wache. In gebührendem Abstand fielen die Kriegerinnen auf ein Knie und senkten demütig ihre Häupter. „Ihr habt nach uns gerufen, Prinzessin.“ sagte Maker verhalten und wagte es kaum auf das zu blicken, was sie in der Mitte des Raumes fürchtete zu sehen. Nach einer gefühlten Ewigkeit bedeutete ihnen eine kraftlos erscheinende Geste Kakyuus sich zu erheben. Mit klopfendem Herzen blickten die beiden Frauen an ihrer regungslos verharrenden Prinzessin vorbei, während sie mit zitternden Knien aufstanden. Ihre Befürchtungen waren wahr geworden. Kakyuu betete zu den Göttern. Und der Grund für ihre Gebete lag zweifelsohne direkt vor ihnen. Schmerzlich verzerrten sich Healers Gesichtszüge, als sie Fighters Gestalt erspähte. Sie lag gebettet auf einem Altar, gesäumt von Kerzen und Flammschalen, dessen in ihnen verbrennendes Kräuterwerk die Sicht der Anwesenden trübte. Steine und Kristalle waren der Schwarzhaarigen aufgelegt worden, ihre Haut stellenweise kryptisch bemalt. „Ist sie…“ Healers stimme drohte durch die aufsteigenden Tränen zu ersticken. „Nein.“ Entgegnete die tiefe Stimme einer der Männer, die neben Kakyuu standen. Beruhigend legte er seiner jüngeren Schwester eine Hand auf die Schulter und lächelte traurig. „Noch nicht.“ „Was ist passiert?“ meldete sich jetzt auch Maker leise zu Wort, die ihren Blick nicht von dem reglos daliegenden Körper wenden konnte. „Sie ist heute Morgen zusammengebrochen.“ antwortete nun der zweite Mann, der etwa Healers Statue und aschblonde Haare hatte. „Seitdem ist sie nicht mehr bei Bewusstsein.“ Der Körper der Prinzessin zuckte bei seinen Worten unmerklich zusammen. „Aber…Warum…?“ Healers Stimme klang tonlos und ihre Hände zitterten, während sich ein erdrückendes Schweigen um die Gruppe legte. Alle hier Anwesenden konnten ihre eigene Antwort auf diese Frage finden. Mit einem Mal erhob sich Kakyuu und auch diese Bewegung wirkte, als ob sie ihr unbeschreiblich viel Kraft raubte. Mit tränenverschleiertem Blick sah sie die Versammelten schließlich an. „Prinzessin…“ raunte Maker und lächelte traurig. Sie wusste, wie viel Fighter ihrer Herrscherin bedeutete. Die Angesprochene erwiderte das Lächeln. „Ihr Licht erlischt.“ Scharf sogen die beiden Frauen die Luft ein. „Das ist unmöglich!“ Healers Stimme klang verzweifelt, bemerkte jedoch zugleich ihre Unhöflichkeit und senkte ihren Blick. „Verzeiht…“ Kakyuu lächelte mild. „Ich finde keine andere Erklärung.“ Sie wendete sich von den anderen ab und blickte auf ihre ruhende Kriegerin. „Allein die Heilkunst kann ihr nicht mehr helfen. Sie trägt diesen Kampf nun mit sich allein aus.“ „Diese dumme Närrin…“ die Bitterkeit in Healers Worten war spürbar. Eine Träne rollte stumm über ihre Wange, weitere folgten. Wie oft hatte sie ihrer Schwester in das Gewissen reden wollen, bei allem was ihr lieb war einen anderen Weg einzuschlagen? Wie oft hatten sie sich deshalb gestritten? Warum hatte sie nicht hören wollen? Warum hatte sie nicht eingelenkt? „Ja, vielleicht.“ warf die Prinzessin nachdenklich ein, ohne sich ihnen wieder zuzuwenden. „Aber ein solches Band zerschneidet selbst das Schicksal nicht ohne Weiteres. Auch sie nicht. Keiner von uns.“ Schweigend löste sich Maker aus der Gruppe und schritt ehrfürchtig in den flammenden Kreis. Beim Altar angekommen verzog sich ihr Mund in einer bitteren Mine, während sie langsam den Kopf schüttelte. Vorsichtig berührte sie die Wange ihrer Schwester, die sich zu ihrem Erstaunen warm, ja sogar heiß anfühlte. Sanft strich sie ihr ein paar klebrige Strähnen aus dem schweißnassen Gesicht und platzierte einen Kuss auf der bleichen Stirn. Erst jetzt bemerkte sie, dass Fighters Atem rasselte und ihr Mund kaum merklich stumme Worte formte. Hier und da flatterten ihre Lider. Gleichzeitig verwirrt und erschrocken blickte Maker hinüber zu Kakyuu. „Sie ruft.“ antwortete die Prinzessin. Maker runzelte die Stirn und fragte die Frage, die sie sich insgeheim schon selbst beantwortet hatte. „…wen?“ Jetzt war es der größere der Männer, der sprach. „Sie.“ Traurig senkte Maker ihren Blick und betrachtete den ruhenden Körper vor ihr. Niemals hatte Fighter aufgehört, sich nach dem Unmöglichen zu sehnen. Und das hier war das Ergebnis. Wieder legte sich die Hülle des Schweigens um die Anwesenden. „Bringt sie zu ihr.“ Kakyuus harscher Ton ließ jeden unversehens zu ihr blicken. Unverständnis war in den Gesichtern ihrer Untergebenen zu lesen. „Aber ihr wisst doch, dass-“ Healer wurde rüde von Kakyuu unterbrochen. „Tut was ich sage. Sie kann ihr helfen, ich bin mir sicher.“ „Prinzessin, bei allem Respekt. Sie ist keine Wunderheilerin. Hört sie euch doch an.“ Maker deutete auf den sich schnell hebenden und senkenden Brustkorb ihrer Schwester. Kakyuu wurde so laut, dass sie beinahe schrie. „Widersprecht mir nicht! Nehmt sie und geht!“ Sie kannte die Quelle ihrer Verzweiflung, wagte es jedoch nicht sie zu benennen. Ihren Getreuen hatte sie längst nicht alles erzählt. Sofort fielen drei der Anwesenden auf die Knie. Maker hingegen packte den reglosen Körper und hob ihn in die Höhe. „Wie ihr wünscht.“ --------------------------------------------------------------------------------- Schon seit Stunden regnete es in Strömen. Einem unerbittlichen Trommelfeuer gleich, prasselten die schweren Tropfen auf das Dach und klatschten gegen die Scheiben des kleinen Strandhauses. Das Licht des Leuchtturmes war in der Dunkelheit kaum noch zu erkennen. Mit dem Kopf in Harukas Schoß lag Michiru eingewickelt in eine Decke auf der großen Schaukel unter der Veranda und beobachtete schweigend das Meer. Die gewaltigen Wellen tobten über den Strand, zerschellten laut an den Felsen, um sogleich ein weiteres Mal Anlauf zu nehmen. Die See war aufgewühlt heute Nacht. Auch Haruka blickte regungslos in die tiefe Düsternis, während sie geistesabwesend der Frau in ihrem Schoß über die Haare strich. Irgendetwas war und würde geschehen, da waren sie sich stillschweigend einig. Plötzlich tauchten zwei völlig durchnässte Gestalten aus dem Dunkeln auf, aber weder Haruka noch Michiru schienen erstaunt über diesen nächtlichen Besuch. Als hätten die beiden sie erwartet, empfingen sie ihre Gäste und standen auf. Setsunas und Hotarus Gesichter wurden im fahlen Lichtschein, der aus dem Inneren des Hauses drang erkennbar. Sie zogen die Kapuzen ihrer dunklen Mäntel vom Kopf, während ihre Gastgeber sie schweigend und erwartungsvoll musterten. Schließlich nickte Setsuna langsam und sah abwechselnd Michiru und Haruka an. Letztere deutete mit einer Kopfbewegung in Richtung der Haustür. Schweigend trat die Gruppe ein. Diese Nacht würde eine lange werden. --------------------------------------------------------------------------------- Ich hoffe, ich habe euch nicht mit meinen Vorstellungen bezüglich Kinmoku vertrieben. :-) Ich habe mir die Heimat der drei Starlights stets mit einem Mix aus futuristischen Baumaterialien und antikem Pagodenbau vorgestellt. Natürlich mit Fantasyelementen, wie Leuchtkristalle als Lichtspender. Hoffentlich bis zum ersten Kapitel! Kapitel 1: Kapitel 1 - Das neue Leben ------------------------------------- Hallöchen! Auch wenn ich sie schon beantwortet habe: Großen Dank an die Reviewschreiber! Es hilft wahnsinnig zu wissen, ob die Geschichte ankommt, oder sie überhaupt gelesen wird. Und natürlich Kritik; auch die ist nötig. Also tut euch keinen Zwang an. ;-) Höchstmotiviert dann hier die Reinschrift meiner Notizen. Wer so sich so richtig in Stimmung bringen möchte, dem empfehle ich ganz dringend die Hintergrundmusik der 5. Staffel. Ganz viel Spaß wünsche ich beim Lesen! Kapitel 1 – Das neue Leben ~ Zwei Jahre zuvor… ~ Sanft fiel das Morgenlicht auf das Bett und kitzelte die Nase der auf ihm eingerollt schlafenden, schwarzen Katze. Lunas Pfote schob sich vor ihr Gesicht, konnte aber die Tatsache nicht ungeschehen machen, dass es bereits Morgen geworden war. Verschlafen öffnete sie eines ihrer rubinroten Augen. Auch die Vögel begrüßten den beginnenden Tag mit einem frühen Lied, während sich die Vorhänge vor dem Fenster im seichten Wind wogen. Die spätsommerliche Luft erfüllte angenehm das eindeutig mädchenhaft eingerichtete Zimmer. „Zu früh…“ purrte Luna und streckte sich, um sich noch für einige Minuten länger wunderbaren Katzenträumen hinzugeben. Doch wenige Sekunden später stand sie auf allen Vieren. „Usagi…?“ sie sah sich zerstreut nach ihrer Freundin im Zimmer um und bemerkte den Wecker auf dem Nachttisch. Kaum Sieben. Lunas Blick fiel auf das zerwühlte Bett und sie musste sich wohl eingestehen, dass Usagi mal wieder früher aufgestanden war, als sie selbst. Mit einem eleganten Sprung landete die Katze auf dem Teppich, ehe sie durch den Türspalt hinaus in den Flur glitt. Im Haus war es noch ruhig, nur gedämpft drangen Laute von klapperndem Geschirr und das Summen einer weiblichen Stimme an die aufmerksamen Katzenohren. Sie folgte dem Singsang und setzte sich letztendlich vor die geöffnete Badezimmertür. „Guten Morgen, Usagi.“ Luna gähnte herzhaft und zwinkerte mehrmals. „Oh!“ Das blonde Mädchen unterbrach ihr Lied und legte die Bürste beiseite. „Guten Morgen, Luna!“ kurz beugte sie sich hinab und streichelte lächelnd über den Kopf der Katze. Ihr langes Haar fiel dabei offen über ihre schmalen Schultern. „Schon auf?“ Usagi nickte und widmete sich wieder ihrer Morgentoilette. „Ja. Wir treffen uns doch immer etwas früher. Weißt du doch, Luna.“ Gekonnt knotete sie die Haare in bekannter Weise. „So?“ Die Katze streckte sich. „Immer noch diese Feier, ja?“ Das Mädchen runzelte die Stirn und tat einen tadelnden Seitenblick. „Nicht nur einfach eine Feier. Es ist unser Abschlussball. Aber was erwarte ich, wie sollte eine Katze das auch verstehen?“ „Heh!“ „Hihi!“ Usagi grinste und strecke die Zunge dabei heraus. „War nur Spaß. Wir sehen uns dann beim Frühstück.“ Sie schritt an Luna vorbei. Diese seufzte, lächelte dann jedoch. Viel Zeit war vergangen und vieles hatte sich verändert. Eine ganze Weile schon war es ungewöhnlich ruhig auf der Welt. Da gab es plötzlich keinen Feind mehr, nichts was sie in Atem hielt. Alle von Usagis Freundinnen lebten und genossen nun das Leben ganz normaler junger Mädchen. Bald würden sie die Schule verlassen und den nächsten Fuß in eine neue Welt setzen. In die Zukunft, für die sie so lange und hart gekämpft hatten. Sie schmiedeten Pläne, hatten Träume und Wünsche, die sie sich erfüllen wollten. Manchmal hatte die Katze die Entwicklungen eher skeptisch beobachtet. Was würde geschehen, wenn es wieder zu einer neuen Ausnahmesituation käme? Waren sie bereit, waren sie gewappnet? Doch so sehr die Angst um ihre Schützlinge sie auch manchmal zaudern ließ, sie gönnte ihnen das Glück von Herzen. Sie hatten es sich verdient. Luna studierte aufmerksam, wie Usagi pfeifend und leichtfüßig mit ihrer Schultasche zum Treppenabsatz schritt. Ja, sie konnte stolz auf sie sein. Die Heulsuse war erwachsen geworden und würde bald ihr Elternhaus verlassen. Alles würde so sein, wie es vorgesehen war. Ein Poltern gepaart mit einem Aufschrei riss die Katze jäh aus ihren Gedanken. „Das hat weh getan!“ quängelte eine Stimme im Erdgeschoss schließlich lauthals. Luna ließ den Kopf hängen. Manche Dinge änderten sich vielleicht einfach nie. „Mann Usagi, hast Du dir weh getan?“ Shingos Stimme unterbrach ihr Gejammer, während er seiner älteren Schwester eine helfende Hand ausstreckte. Das auf dem Boden hockende Mädchen studierte verdutzt das Gesicht des Jungen über ihr, fand jedoch keine Spur von Bosheit oder Gehässigkeit. Eher aber sogar den Hauch von Sorge. „Danke.“ Sie griff leicht verwundert zu und ließ sich von ihrem Bruder hoch helfen. Gewachsen und kräftig geworden war er. „Wenn das so weiter geht, brichst du dir noch den Hals, ehe du verheiratet bist, du Schussel.“ murrte Shingo, während er die Küche betrat. „Heh, was soll denn das heißen?“ maulte Usagi zurück und folgte ihm, um den allmorgendlichen Geschwisterstreit vom Zaun zu brechen. Ikuko rollte mit den Augen und lächelte ihre nun beinahe gleichgroßen Kinder freundlich an. „Guten Morgen ihr.“ Ja, manche Dinge würden sich wohl nie ändern. Eine knappe halbe Stunde später schlenderte Usagi gut gelaunt durch die Straßen.  Auf ihren Lippen lag noch immer unbemerkt das gleiche Lied wie schon den ganzen Morgen über. Ihre Augen leuchteten beim Anblick der hohen Wolkenkratzer, die größtenteils noch von schwindelerregend hohen Gerüsten umrahmt waren. Kräne und große Transportwagen bewegten auch in der Frühe schon tonnenschwere Lasten durch Tokio. Hier und da grüßte sie freundlich einige bekannte Gesichter der Arbeiter, die sie jeden Morgen auf ihrem Weg zur Schule traf. So viele Menschen waren nun seit fast zwei Jahren Tag für Tag damit beschäftigt, ihre Heimat wieder zu dem zu machen, was sie einst war. Unzählige Freiwillige hatten sich damals eingefunden, um gegen Trümmerfelder und Schuttberge anzutreten, Platz zu machen für Häuser, Straßen und Parkanlagen. Die Früchte ihrer Arbeit stachen nun sichtbar in den Himmel. Fast war es geschafft. „Na, das Lied habe ich aber schon lange nicht mehr gehört.“ Minakos bekannte Stimme drang an Usagis Ohr. Erstaunt wendete diese ihren Blick von der Spitze des Wolkenkratzers und senkte die Hand, die sie zuvor gegen die Sonne gewendet hatte. Ihre Freundin war gerade aus einer Seitenstraße auf sie zugetreten. „Minako! Was tust du denn hier?“ „Eigentlich wollte ich dich zuhause abholen. So früh schon auf den Beinen, Usagi?“ Die junge Frau mit den offenen, blonden Haaren ging weiter. „Warum ist eigentlich jeder unzufrieden mit dem was ich tue? Ob ich nun zu spät komme oder pünktlich bin – immer muss jemand meckern!“ grollte Usagi und setzte sich an die Seite ihrer Freundin. Diese kicherte leise und zwinkerte ihr zu. „Aber Usagi. Ich meckere doch nicht. Man muss sich eben an Dinge gewöhnen. Und bei manchen fällt es eben schwerer.“ „Grrr.“ Gespielt beleidigt schob Usagi ihre Unterlippe vor, blickte ihre Freundin  jedoch in erstaunter Selbsterkenntnis an, als sie deren nächsten Kommentar vernahm. „Das Lied von eben. Three Lights, nicht wahr?“ „Äh… ja. Tatsächlich.“ Usagi kratzte sich am Kopf und schien zu überlegen. Wann hatte sie es überhaupt das letzte Mal gehört? Minakos Seufzen riss sie aus ihren Gedanken. „Schade, dass sie nicht mehr da sind. Ihre Lieder haben damals die ganze Nation bewegt.“ Sie grinste. „Soll ich dir etwas verraten?“ „Was?“ fragte das Mädchen mit den Zöpfen neugierig. „Ich höre mir ihre Lieder immer noch oft an.“ „Ehrlich? Dafür hast du Zeit? Ich dachte immer, du hast genug mit deinen eignen Musikprojekten zu tun.“ fagte Usagi. „Ja, das stimmt. Aber wenn ich einmal nicht mehr weiter weiß oder mir die Muse fehlt, dann ist ihre Musik wie Balsam für die Seele.“ Verträumt sah Minako einem Schwarm fliegender Vögel hinterher. Usagi blieb dieser Blick natürlich nicht verborgen. „Aha.“ machte sie stumpf und fuhr fort, als sich die Freundin einige Augenblicke lang in Schweigen hüllte. „Und weiter? Das war doch nicht etwa alles?“ Verschmitzt lächelte Minako. „Du hast mich ertappt. Damals bei dem Talentcasting…“ Usagi nickte. Sie erinnerte sich noch gut an Minakos ausgefallenes Kleid. „Das hat mir Kraft gegeben, weiter zu machen. Yaten hat mir Kraft gegeben, das zu tun was ich heute tun kann.“ „Minako…“ „Mir ist erst damals klar geworden, wie und vor allem warum man seine Träume leben sollte. Hätte Yaten meine Motive nicht auf die Probe gestellt, hätte ich sicher nicht all die Antworten auf meine nie gestellten Fragen gefunden.“ Minako lächelte sanft als sie den gerührten Ausdruck im Gesicht ihrer Freundin identifizierte. Schließlich fuhr sie fort. „Ich danke ihm dafür.“ Sie seufzte und verschränkte die Arme hinter dem Kopf. „Sag, Usagi. Vermisst du sie nicht auch manchmal?“ „Mh.“ machte die Gefragte. Natürlich vermisste sie die Drei. Nach allem, was sie zusammen durchgemacht hatten, nach all den vergossenen Tränen, nach all dem gemeinsam vergossenen Blut, wer wäre sie, wenn sie es nicht täte. So viele Male hatten sie, hatte vor allem Seiya ihr das Leben gerettet. Diejenigen, die das noch von sich behaupten konnten, waren ihre engsten Freunde. „Ja, ich vermisse sie.“ antwortete sie schließlich wahrheitsgemäß. Minako bemerkte den traurigen Unterton, der in der Stimme ihrer Freundin mitschwang und bereute sofort, Usagi auf Seiya, Yaten und Taiki angesprochen zu haben. Zeitgleich wunderte sie sich, dass es Usagi nach all der Zeit noch immer zu schmerzen schien, über die sie zu sprechen. Minako versuchte einzulenken. „Was sie jetzt wohl gerade machen? Sicher sehen ihre Städte schon genauso gut aus wie unsere hier. Wenn nicht sogar noch prachtvoller, was meinst Du?“ Minako lachte leise. „Vielleicht haben sie ihrer Prinzessin auch ein wunderschönes, großes Schloss gebaut. Ich bin mir sicher, dass es ein Kinderspiel für sie wäre.“ Usagi lächelte. Sie hatte keine Vorstellung von der Heimat ihrer drei Freunde. Sicherlich war sie wunderschön, fremdartig… und verträumt. „Hoffentlich geht es ihnen gut.“ antwortete sie und seufzte. „Ah, na klar doch. Ich bin mir sicher, dass wir die Ersten sind, die es erfahren wenn es anders wäre.“ „Ich nicht.“ Usagi zögerte weiterzusprechen. „Sie sind so schrecklich weit weg. Und seit damals haben wir nichts mehr von ihnen gehört.“ „Das stimmt zwar, aber du unterschätzt Setsuna und die anderen. Wenn irgendwo weit, weit weg, am Rande der Galaxis und darüber hinaus auch nur irgendetwas geschehen sollte, dann sei sicher, dass sie es sofort bemerken.“ Minako untermalte ihre Worte mit einem aufmunternden Lächeln und einer ausholenden Geste ihrer weit ausgebreiteten Arme. Damit Usagi dabei ihre Tasche nicht direkt ins Gesicht bekam, wich sie lachend zur Seite aus und stimmte ihrer Freundin zu. „Ja, du hast Recht.“ „Sieh mal, da sind die anderen.“ Nachdem sie die letzte sich füllende Straße überquert hatten, betraten die Mädchen das Schulgelände und stießen zu ihren Freundinnen Makoto und Ami. „Guten Morgen!“ begrüßte sie die hochgewachsene Makoto. „Hallo ihr beiden! Also, was steht heute auf dem Plan für die Vorbereitungen?“ Usagis getrübte Stimmung schien wie verfolgen. „Makoto könnte Hilfe bei den Blumen gebrauchen.“ erwiderte Ami. „In der Tat. Die Garten-AG hatte ja nie so viele Mitglieder, wie ihr wisst. Alle für die Dekoration und das Special verwendeten Blumen werden aber von uns gestellt. Es gibt also noch viel zu tun.“ Die anderen nickten zustimmend. „Habt ihr denn so viele gezogen?“ fragte Usagi verwundert, während sich die Gruppe auf den Weg machte. Makoto wirkte leicht erschöpft bei ihrer folgenden Erklärung. „Ja, alle Gewächshäuser sind voll. Pünktlich zur Feier in knapp einer Woche können sie geschnitten werden. Aber vorher müssen wir noch entscheiden, welche von ihnen sich an welchem Platz am besten machen.“ „Ahh, ein Saal voller Rosen. Passen bestimmt gut zu meinem Kleid.“ schwärmte Usagi verträumt und erntete einige geringschätzende Blicke. Mamoru hatte ihr fest versprochen, sie an jenem ersehnten Abend zu begleiten. In allen Farben hatte sie sich schon oft ausgemalt, wie sich alle vor Neid verzehren würden, wenn sie mit ihm die ersten Runden über das Tanzparkett drehte. „Haaaaah!“ sie seufzte lange. „Und dann wird er mir einen Antrag machen, ich bin mir ganz sicher.“ „Jetzt bleib mal auf dem Teppich…“ raunte Makoto. „Bis dahin müssen wir uns ins Zeug legen.“ Die vier Mädchen kamen vor einem der Gewächshäuser zum Stehen und blickten in das Innere. „Och, menno. Man wird ja nochmal träumen dürfen.“ „Mh.“ Minako entfuhr ein überlegender Laut. „Sieht nach viel Arbeit aus. Also packen wir’s!“ --------------------------------------------------------------------------------- „Nein, Nein! Das muss hier herüber! Verdammt nochmal, seid ihr- Vorsicht!!!“ Fighters alarmierte Stimme schallte laut über den geschäftigen Palasthof und übertönte die Geräuschkulisse. Mit einem Satz nach vorn packte sie eine Frau, die gerade damit beschäftig gewesen war, einen Korb voller Obst in die Gebäude hinter ihnen zu tragen. Unter einem Aufschrei wurde diese von den Füßen gerissen und kullerte, gehalten von zwei starken Armen, inmitten eines sich ergießenden Meeres von rundlichen Früchten über den gepflasterten Boden. Gekreische wurde rund um die Szene laut, als donnernd eine mannshohe, steinerne Statue auf den Boden genau auf die Stelle krachte, an der vor wenigen Sekundenbruchteilen noch die Bedienstete gestanden hatte. Diese traute sich kaum zu atmen und kniff klopfenden Herzens die Augen fest zusammen. „Alles in Ordnung?“ Die Frau nickte, verharrte jedoch völlig reglos. „Heh, sieh mich an.“ Ihre Augen öffneten und weiteten sich schließlich. Mit einem erkennenden aber nichtsdestotrotz angsterfüllten Blick riss sie sich aus der Umarmung, um sich im gleichen Augenblick vor ihrer Retterin auf den Boden zu werfen. „Habt Dank, große Kriegerin.“ wimmerte sie leise. Fighter seufzte. So ging das schon die ganze Zeit. Langsam sollte sie sich daran gewöhnt haben, sie konnte es nur einfach nicht. Sich mit der behandschuhten Hand fahrig durch das Gesicht streichend, winkte sie die kleine Menschentraube ab, die sich um sie herum gebildet hatte. Glücklicherweise nahm sich jemand der schockierten Dienerin am Boden an. Die langhaarige Kriegerin bemerkte das zerrissene Kleid an ihren Knien, das den Sturz offensichtlich nicht überstanden hatte. Dunkelrotes Blut färbte das Blaue Tuch leicht Lila. Wie sie lange Gewänder hasste. Langsam stand Fighter auf und besah sich nun das Desaster. Die Krankonstruktion stand glücklicherweise noch, aber die Halteseile waren komplett gerissen. Wunderbar. All die Arbeit umsonst. Ihr Blick verharrte unterhalb der Maschine auf denen, die sie bedient hatten. Furchtsam taten einige Arbeiter ein paar Schritte rückwärts. Sie öffnete schon den Mund und wollte gerade zu einer Standpauke ansetzen, die sich wirklich gewaschen hatte, da kam ihr jemand zuvor. „Räumt das hier auf! Na, wird’s bald!“ Fighters rechte Augenbraue schob sich in die Höhe, während sie mit einem knappen Seitenblick die Person musterte, die ihr so hervorragend ins Wort gefallen war. „Ryoku…“ grollte sie. Noch während sich die Arbeiter trollten, entblößte der Angesprochene mit einem breiten Grinsen makellos weiße Zähne. In einer weiten und anmutenden Geste machte der blonde Mann eine tiefe Verbeugung, ehe er betont überzogen weitersprach. „Gebt euch nicht mit diesen Tölpeln ab. Sie sind eure Worte gar nicht wert.“ Fighter verdrehte entnervt die Augen. Ryoku beugte sich nach vorn. „Oh, du blutest.“ Irgendwie ungeschickt machte er sich daran, ein Tuch um das blutende Knie der Frau vor ihm zu binden, ehe diese seine Hände mit einer rohen Geste bei Seite schlug. „Lass den Quatsch.“ zischte sie, während sie sich den hoch geschlossenen Kragen ihres Gewandes zurechtrückte. Sie hoffte erst gar nicht darauf, dass man sie nicht beobachtete. Der Mann lächelte verschmitzt und richtete sich wieder auf. „So schüchtern kennt man dich ja gar nicht, Shoka.“ Wütend funkelten ihn plötzlich ihre stechend blauen Augen an. Bei allen Menschen des Universums, warum musste er ihr heute und noch dazu ausgerechnet jetzt über den Weg laufen? „Nenn mich nicht so! Was willst du?“ herrschte sie ihr Gegenüber an. Ryoku lächelte. „Ich möchte dir eine Einladung aussprechen.“ „Danke, kein Interesse.“ Sie wollte sich gerade umdrehen, da packte er sie beim Handgelenk und hielt sie fest. „Hör mir doch wenigstens zu.“ „Lass. Mich. Los.“ Ihre Blicke durchbohrten den edel gekleideten Mann, der ihrer Aufforderung schnell nachkam. Es war nicht das erste Mal, dass er sich mit ihr anlegte und er kannte ihre Ohrfeigen nur zu gut. Zu seinem Erstaunen jedoch blieb sie stehen. Ihm zwar abgewandt, aber sie blieb. Er fasste sich ein Herz. „Heute Abend ist die Einweihung der großen Arena in der Stadt. Ein großes Fest mit allem, was dazu gehört. Gesang, Musik und Tanz, Theater und Spiele und-„ „Komm zum Punkt.“ Er musterte ihre hochgewachsene Gestalt kurz. „…und da dachte ich mir, dass du mich vielleicht gern begleiten magst?“ Er kam sich zwar wie ein ausgemachter Trottel vor, feierte innerlich jedoch seinen persönlichen, kleinen Sieg. So lange hatte sie ihm noch nie zugehört! Fighter überlegte angestrengt. Nicht etwa, ob sie mitkäme, sondern vielmehr suchte sie nach einer passenden Abfuhr. „Und? Begleitest du mich? Es gibt da doch dieses hinreißende Kleid…“ Mutig machte Ryoku einen Schritt in ihre Richtung. „Es steht dir bestimmt se-„ Unvermittelt wutschnaubend packte sie den nichtsahnenden Mann beim Kragen. „Was bei der Götter Namen bringt dich auf die Idee, dass ich irgendetwas für Dich tragen würde?“ Ryoku hatte offensichtlich einen ganz bestimmten Nerv getroffen, nur leider kam ihm diese Erkenntnis – wie üblich – zu spät. Fighter stieß ihn von sich, sodass er einige Schritte zurück torkelte. Manche der Menschen auf dem Platz beäugten unsicher die Geschehnisse. „Nimm dir eine deiner Konkubinen, steck sie in ein nettes Kostüm und hab deinen Spaß mit ihr. Aber verschone mich damit!“ Mit ihren letzten Worten wendete sich vollends von ihm ab und ging schnellen Schrittes davon. Sollte sich jemand anderes um die Angelegenheiten hier kümmern. Das Klackern ihrer Absätze untermalte markant ihr kochendes Gemüt. Ryoku rückte seine Kleider zurecht und sah Fighter seufzend nach. Schließlich blickte er hinauf zur Palastmauer, fixierte einen Punkt und zeigte eine offensichtliche Geste der Ratlosigkeit. Diese ging ersichtlich in die Richtung einer Person, die sich nun mit wehenden, silbrigen Haaren auf den Weg zu ihm hinab machte. Die schwere Tür donnerte hinter Fighter ins Schloss, ehe ein lauter, wuterfüllter Schrei ihren Lippen entfuhr. „Dummkopf!“ Schnell entledigte sie sich ihrer Schuhe und trat in den großen Saal, der die komplette Fläche des Turmes einnahm, in dem sie wohnte. Der Raum begrüßte jeden Eintretenden mit warmen und gemütlichen Farben. Zwei erschrockene Augenpaare blickten ihr entgegen. „Lasst mich allein, raus hier.“ befahl sie knapp und die beiden Diener kamen nur zu gern schnellstmöglich ihrem Wunsch nach. Erst als sich die Tür wieder geschlossen hatte, trat sie  auf einen großen Standspiegel zu und betrachtete sich darin. Einige Augenblicke verharrte sie stillschweigend davor, ehe sie sich mit einem erneuten Wutlaut den Stoff vom Leib riss. Das Kleid war ohnehin nicht mehr zu retten gewesen, jetzt aber waren von ihm nur noch Fetzen geblieben, die sich rings um ihre Füße verteilten. Ihre Brust bebte. Was nur störte sie an diesem Anblick? Wo nur war heute ihr Problem? Wieder besah sie ihr beinahe nacktes Selbst im Spiegel. Ihre Blicke glitten herab und verharrten am Ende auf ihrem blutverkrusteten Knie. Ihre Gedanken kreisten dabei in ungeordneten Bahnen. Irgendwann löste sie sich von ihrem Anblick und schritt durch den mit schweren Teppichen ausgelegten Raum. Von der Decke hängende, seidene Tücher liebkosten ihre nackte Haut, während sie auf den ausladenden Tisch zusteuerte, auf dem sich in unordentlichen Stapeln Papiere häuften. Als sie diese bemerkte, entfuhr ihr ein verächtlich klingender Laut. Geräuschvoll zog sie den schweren Sessel zurück und ließ sich in ihn sinken. Was tat sie eigentlich hier? Manchmal musste sie sich diese Frage selbst stellen und beantworten, um hinter all dem ihre Motivation, einen Weg oder einen Sinn zu erkennen. Sie hasste die Aufgaben, die ihr vor kurzem aufgetragen worden waren, denn zuvor war es ihr leichter gefallen, ihren Alltag zu meistern. Sie war daran beteiligt gewesen, die Gardisten und Wachen in Städten und Dörfern auszubilden, bei ihrer Arbeit frei zu entscheiden, sich so zu bewegen, wie es ihr Naturell war. Doch dann standen die Aufgaben im Palast an. Aus Mangel an Beamten hatte man ihr organisatorische Gewalt übertragen und sie zum Mitglied des Rates gemacht. Gut, der Kelch war auch an ihren Schwestern und Brüdern nicht vorbei gegangen, aber dennoch. Das war einfach nichts für sie. Ständig rief man nach ihr, verlangte nach Anweisung und Rat. Sie musste diese grässlichen Roben und Kleider tragen, ständig am Hof präsent sein. Die Zeit, in der sie unbeobachtet und für sich allein sein konnte, war vorbei. Eine ganze Weile lang saß sie einfach nur da und blickte aus dem sich vor ihr eröffnenden Balkon in das weite Panorama. Ihre Räume lagen weit über den Häusern der Stadt, ja sogar über den meisten Räumen des Palastes. Niemand hatte Einsicht in ihr Refugium, denn zu dieser Seite hin befand sich hinter den Mauern nur noch der Ozean. Leise vernahm man das beruhigende Rauschen der Wellen und die heiseren Schreie der Vögel dort draußen. Jäh seufzte Fighter und ohne dass sie es selbst bemerkte, glitt ihre rechte Hand zu einer verschlossenen Schatulle, die sich auf dem Tisch vor ihr befand. Sanft fuhren ihre Finger die eingebrannten, kryptischen Muster nach, ehe sie durch ein an der Tür verursachtes Klopfen inne hielten. Erst nachdem sich das Geräusch nach einiger Zeit wiederholte, fuhr Fighters Kopf herum. „Lasst mich allein.“ Zornig beobachtete sie, wie die Tür einfach geöffnet wurde und ihre Schwester eintrat. „Ach, du bist es.“ Fighter wendete sich wieder ab und starrte nach draußen. Nicht, dass sie nach Gesellschaft geschrien hätte, aber eine Person wollte sie jetzt ganz gewiss nicht in ihren Räumen wissen. Sie hätte Ryoku zweifelsohne zugetraut, sie auch noch hier aufzusuchen. Scheinbar war er aber so weise, oder um seine Gesundheit bemüht, das nicht zu tun. Die eingetretene, zierlichere Frau schloss die Tür leise, bemerkte jedoch sofort Fighters Blöße und schließlich das zerrissene Amtskleid am Boden. Sorgenvoll legte sich ihre Stirn in Falten, die silbernen Haare umspielten dabei ihr Gesicht. „Alles in Ordnung?“ fragte sie schließlich und trat zu ihrer Schwester. Als sie keine Antwort bekam, fuhr sie fort. „Das sah ziemlich abenteuerlich da unten aus.“ „Tss.“ machte Fighter nur und winkte ab. „Nichts passiert.“ Sie ignorierte die Tatsache, dass Healer durchaus zweideutig war und sie wohl vorhin zugesehen hatte. Plötzlich verging ihr auch noch das letzte bisschen Lust auf eine Konversation. „Er hat es sicher nicht so gemeint.“ Healer setzte sich auf eine Tischkante des Arbeitstisches, obwohl es hier mehr als genug bequemere Sitzgelegenheiten zu finden gab. „Ah, hat sich jetzt sogar schon meine eigene Schwester gegen mich verschworen?“ Fighter warf der sich setzenden Frau einen vernichtenden Blick zu. „Was willst du? Nein – ich sollte besser fragen, was wollt ihr?“ „Sei nicht so unmöglich!“ zischte Healer zurück und unterdrückte die aufkommende Wut in ihrem Bauch. Da wollte man ihr schon helfen und sie verhielt sich wie eine dumme Gans. Es war ja so typisch. „Er ist ein netter Kerl. Er mag dich aufrichtig und zeigt es dir sogar. Und jedes Mal behandelst du ihn wie den letzten Dreck.“ „Er hat dich also geschickt, um mir das klar zu machen?“ bitter lachte die Schwarzhaarige. „Nein. Sei kein Dummkopf.“ Healer schüttelte leicht den Kopf. „Schau, er ist doch auch niemand ohne Namen. Er ist genau wie du ein Held der großen Kriege. Ich glaube ihr habt vieles gemein.“ „Oh nein.“ schnaubte Fighter und sah ihre Schwester beinahe ungläubig an. Ganz sicher hatten sie so viel Gemeinsames wie eine Katze und eine Maus. Die Rollenverteilung war Fighter dabei glasklar. „Du kannst ihm im Übrigen ausrichten, dass er sich es nicht noch einmal wagen soll, mich bei meinem Namen zu nennen.“ Healer überhörte den letzten Satz einfach und beugte sich zu ihrer Schwester hinab, um ihr eine Hand auf den Oberarm zu legen. „Hör zu. Ich möchte, dass du dich ein wenig amüsierst. Sieh dich an, du bist völlig überarbeitet. Und außerdem… ich habe dich seit unserer Rückkehr damals nicht einmal mit einem Mann gesehen. Vielleicht solltest du-„ Rüde wurde sie unterbrochen. „Diesen Rat gibt mir wer? Jemand der jede Nacht einen anderen neben sich liegen hat?“ schnappte Fighter, stieß ihren Arm beiseite und stand auf. Verletzt und nun wirklich wütend werdend sah Healer zu der Frau vor ihr auf. „Das geht dich gar nichts an.“ „Aber mir erklären wollen, dass er mir helfen kann wo du selbst niemanden findest der dir hilft?“ „Halt deinen Mund!“ fauchte Healer. Aufgebracht rutschte sie vom Tisch und ballte ihre Hände zu Fäusten. Fighter wusste, dass sie zu weit gegangen war und im gleichen Augenblick tat ihr der Einsatz ihrer vorschnellen Zunge ehrlich leid. „Ich für meinen Teil habe alles mir Mögliche getan, um zu meinem normalen Leben zurück zu finden. Ich benehme mich nicht wie ein kleines, verwöhntes Kind, dass die Süßigkeiten nicht bekommt, die es sich wünscht.“ „Nein, eher wie ein Flittchen.“ entgegnete Fighter mit drohendem Blick. Schallend knallte Healers Handfläche in das Gesicht der Frau ihr gegenüber,  deren Kopf unter der Wucht des Schlags zur Seite flog. Sie hatte nicht einmal den Versuch unternommen ihr auszuweichen und wusste, dass sie es verdient hatte. Noch einige Sekunden lang starrte die Besucherin ihre Schwester an, die jedoch in ihrer Position verharrte und sich in Schweigen hüllte. Eine ihrer Wangen wurde indes feuerrot. Schließlich ging Healer, ohne ein Weiteres Wort zu verlieren. Erst als das Geräusch einer sich schließenden Tür zu vernehmen war, sah die schwarzhaarige Frau auf. „Verzeih mir…“ flüsterte sie heiser und seufzte tief. Natürlich hatte Healer Recht, das wusste sie selbst erst nicht seit gestern. Noch einmal fiel ihr Blick auf die hölzerne Schatulle auf dem Tisch und da fasste sie einen Entschluss. --------------------------------------------------------------------------------- Hallo ihr! Danke für’s Lesen. Ich gebe zu, dass ich jetzt die Kapitelnotbremse ziehe. Eigentlich sollte es noch viel länger werden, aber ich schrieb und schrieb und da kamen immer mehr Wörter und Ideen – das kommt dann einfach in das nächste. Ich habe mir schon vor längerem überlegt, ob denn nicht die Starlights auch normale Namen haben. Wäre ja nur natürlich, oder? Ich dachte mir, dass man sie ob ihrer Berühmtheit in ihrer Heimat wahrscheinlich eher mit ihren Kampfnamen anspricht. Jedenfalls hab ich ihnen welche gegeben, die dann Stück für Stück verraten werden. Shoka bedeutet übrigens so viel wie Gesang, Lied oder singen. Ich dachte, das passt zu ihr. :-) Hoffentlich bis zum nächsten Kapitel! Kapitel 2: Kapitel 2 - Verlassen -------------------------------- Und auf ein Neues! Ich gebe zu, der Zeitsprung war gemein. Aber nehmt ihn mir nicht übel – alles wird sich aufklären. Ab dem Ersten Kapitel geht es quasi nur noch chronologisch weiter. Der „Prolog“ war natürlich kein solcher, sondern ein Ausblick. Die Story wird selbstverständlich auch über diesen hinaus gehen. Bitte habt noch ein wenig Geduld. Jetzt jedenfalls fangen die interessanten Geschehnisse an. ;-)  Lasst euch bitte in den Anfängen des Kapitels nicht beirren… *hust* Ohne zu viel zu verraten: Im Verlauf werden Seiyas und Bunnys Gefühle füreinander deutlicher. Ich hatte die Befürchtung, dass das vermisst wird… *hust* ;-) Viel Spaß wünsche ich euch! P.S.: Warum denke ich bei Ryoku nur ständig an Prince Charming von Shrek?! Kapitel 2 – Verlassen „Meine Finger…“ maulte Usagi und blickte mit nassfeuchten Augen auf die unzähligen Pflaster an ihren geschundenen Händen. „Du solltest die Blumen doch nur gießen, Usagi.“ Makoto legte ihrer Freundin bemitleidend lächelnd eine Hand auf die Schulter. „Das verheilt schon wieder.“ „Meinst du?“ schluchzte die Angesprochene leise und natürlich völlig übertrieben. Warum mussten so herrliche Blumen nur so grässliche Stacheln haben? Minako griff ihre Schultasche und erhob sich von ihrem Platz. „Sei froh, dass Rei nicht hier ist. Sie würde nur sagen…“ Das blonde Mädchen verstellte die Stimme, als sie die Tempelschönheit nachahmte. „Dummes Fleisch muss weg, Weichbirne.“ Zustimmend lachten die anderen und mischten sich unter die Schüler, die den Raum nach einem anstrengenden Tag voller Vorbereitungen verließen. Usagi schmollte noch einige Augenblicke, stand schließlich auf und suchte ihre Sachen zusammen. Pflanzen waren einfach nicht ihre Stärke. Als sie sich zum Gehen wendete, glitt ihr Blick auf das verlassene Pult hinter ihr. Sie verharrte in der Bewegung und blieb stehen. Seit über anderthalb Jahren war dieser Platz nun schon unbesetzt. Seit Seiya gegangen war. Geistesabwesend strich sie mit den Fingern ihrer freien Hand über die hölzerne Tischplatte. Seltsam, dass er ihr gerade heute auffiel, lediglich anfangs hatte sie der Anblick des  Möbelstücks durch die Assoziation mit dem Abschied einer vermissten Person tieftraurig gestimmt. Irgendwann, als der Alltag endlich wieder eingekehrt war, wurde auch der Tisch wieder belangloser, kehrte in das Dasein eines normalen, unbelebten Gegenstandes zurück. Ein trauriges Lächeln umspielte Usagis Lippen bei diesem Gedanken. Ja, die Zeit in der Schule war kurz, aber schön und unvergesslich gewesen. Ihre Freundinnen und die drei Jungs hatten schnell zusammen gefunden und vieles erlebt. Seiya, Yaten und Taiki waren ein Teil von allem geworden und schmerzlich stellte sie fest, dass der kommende Abschluss eigentlich auch der, der drei war. Nur leider konnte sie diesen Tag nicht mit ihnen zusammen feiern. Wahrscheinlich hatten ganz andere Dinge für sie momentan höhere Priorität – und das war sicherlich kein Abschlussfest. Während sie gedankenversunken die Tischplatte anhob, entfuhr ihr ein Seufzen. So viel hatte sich in der Zwischenzeit geändert. Sie bemühte sich, jedenfalls nicht ständig, zu spät zu kommen und hatte irgendwie sogar die Abschlussprüfungen gemeistert. Selbst ihren Radiergummi brachte Usagi jetzt immer mit zur Schule, den sie sich zuvor stets bei Seiya geborgt hatte. Das blonde Mädchen stutzte, als sie im Inneren des Tisches etwas entdeckte. Nicht, dass sie damit gerechnet hätte, aber als ihre Finger zwischen jeder Menge Staub behutsam ein paar getrocknete, dunkelrote Rosenblätter befühlten, machte ihr Herz einen kleinen Satz. „Usagi?“ Die Angesprochene blickte auf und fühlte sich zweifellos ertappt, als Ami durch die Klassenzimmertür in den nun verlassenen Raum spähte, in dem sich nur noch Usagi befand. Mit einem sehr geräuschvollen Knall klappte die Platte plötzlich wieder hinunter und entlockte den beiden Mädchen einen erschrockenen Laut. „Was tust du denn noch hier? Die anderen warten schon.“ „Ja.“ Heimlich rutschte eine Hand hinter Usagis Rücken. „Ich komme, Ami.“ Zügigen Schrittes folgte sie ihrer zwar tadelnd aber nichtsdestotrotz freundlich blickenden Freundin nach draußen. Sie musste sich sowieso ein wenig sputen. Heute Abend war sie mit ihrem Freund verabredet. Sie hatten schon lange keine Zeit mehr in Zweisamkeit verbringen können, da er immer mehr und mehr in der Uni und in der Klinik arbeitete. Usagi warf noch einen letzten Blick über ihre Schultern auf das Pult, ehe sie den Raum endgültig verließ und mahnte sich selbst zur Disziplin. Sie hatte allen Grund glücklich zu sein und sollte nicht Trübsal blasen. Alles war endlich  so, wie es immer hätte sein sollen. Und doch trug Usagi den Inhalt ihrer Hand stillschweigend bis nach Hause. --------------------------------------------------------------------------------- Der tosende Applaus unzähliger Besucher schwappte einer Welle gleich durch die gigantische Arena und machte so die Stimmung fast greifbar. Glitzernde Papierfetzen, Luftschlangen und wild geformte Luftballons hingen in der Luft und tanzten ihren eigenen Tanz über den Darbietungen im Zentrum des neuen Bauwerks, das in vielen bunten Lichtern in der Nacht erstrahlte. Hoch oben über den Rängen thronten gewaltige, festlich geschmückte Balkone, von denen aus Fighter eine atemberaubende Aussicht hatte, die sie momentan jedoch herzlich wenig interessierte. Sich plötzlich unwohl und deplatziert fühlend fragte sie sich, warum um der Götter Namen sie doch hier her gekommen war. Sie hasste ihre jüngere Schwester für das schlechte Gewissen, das sie hier hin getrieben hatte und das vor allem auf Makers Mist gewachsen war. Leise aufstöhnend stützte sie sich auf die Lehne des großen Stuhles, auf dem sie saß und ließ ihre Blicke durch die nähere Umgebung schweifen. Sie war umgeben von Menschen, die sie tagtäglich schon genug Nerven kosteten und natürlich hatte man sie prompt als prominentes Mitglied der königlichen Leibwache identifiziert. Einzig ihrem Begleiter war es zu verdanken, dass sie hier oben, weitab dem Gedränge im unteren Teil der Arena, ein wenig mehr Freiraum hatten. Sie sah verstohlen herüber zu Ryoku, den sie noch vor wenigen Stunden mit ihrem plötzlichen Sinneswandel völlig überrascht hatte. Sie hätte blind sein müssen, um die Freudenstrahlen in seinen Augen nicht zu erkennen. „Darf ich etwas anbieten?“ Fighter schreckte von ihrer bequemen Sitzposition hoch und nahm dankbar einen der ihr auf einem Tablett angebotenen Becher. Die Bedienung lächelte freundlich und zog weiter. „Alles in Ordnung?“ rief Ryoku ihr zu und kämpfte, genau wie alle anderen Anwesenden, mit lauter Stimme gegen die noch viel lautere Umgebung. Ohne ihn anzusehen nickte sie und besiegelte ihre Lüge mit einem großen Schluck der roten Flüssigkeit aus ihrem Trinkgefäß. Zufrieden stellte sie den Alkohol darin fest und fand sofort Gefallen daran. Es war lange her, seit sie sich das letzte Mal diesen Luxus gegönnt hatte. „Sicher?“ Ryoku hatte sich etwas näher zu ihr gebeugt, wohl damit sie ihn besser verstehen könnte. Unmerklich lehnte sie sich dabei jedoch in die entgegengesetzte Richtung. „Ja, doch.“ antwortete sie irritiert und erwiderte seinen Blick. Ryoku, musste sie sich eingestehen, war wirklich in Ordnung. Er war aufrecht, ehrlich und meistens auch sehr höflich. Wenn er sie nicht gerade zu irgendetwas überredete, das sie eigentlich gar nicht wollte. Der muskulöse Mann neben ihr war kein Unbekannter im Reich der Prinzessin. Gemeinsam mit Fighters beiden Brüdern war er einer der wenigen überlebenden Krieger, die ihren Heimatplaneten nicht verlassen und sich tapfer gegen die Feinde gestellt hatten, auch wenn ihr Kampf damals noch so aussichtslos gewesen war. Ein großes, edles Schwert an seiner Seite, das für Tapferkeit und Mut stand, war nun Beweis für seine noblen Taten. Kakyuu hatte es ihm in jenen Tagen persönlich überreicht. Plötzlich wurde es schlagartig dunkel um sie herum und die Menge begann zu tuscheln. „Was ist denn jetzt los?“ raunte Fighter mehr zu sich selbst und beugte sich nach vorn, um eine bessere Sicht zu erhaschen. Der seidene, blutrot gefärbte Stoff der sie kleidete, entblößte dabei eine ihrer Schultern. „Schau.“ Ryokus ausgestrecktem Arm folgend erspähte sie die beginnende Darstellung. Feuerwerk stob auf und eingehüllt in Rauch und Musik donnerten die Schauspieler ins Zentrum des Geschehens. Es war eine tragische und schmerzhafte Geschichte, die sie erzählen wollten. Hunderte von Akteuren boten ihren Zuschauern in den nächsten Stunden in farbenprächtigen und natürlich maßlos übertriebenen Gesten und Texten, ein kunstvoll inszeniertes Kriegsspektakel dar, das sich vor wenigen Jahren noch genau hier, auf dem neuen Fundament der großen Arena wahrhaftig abgespielt hatte. Hier und da schmunzelte sie ob der offenen Erzählung und Interpretation, als dann aber die Kriegshelden der Geschichte präsentiert wurden, da musste sie laut auflachen. Mit ihr Ryoku, denn dort unten wurden gerade sie dargestellt. Man hatte sogar versucht, ihnen gewisse Ähnlichkeiten zu geben. Tief ausatmend wischte sich Fighter eine kleine Träne aus dem Gesicht, als das Stück zum Ende gekommen war und die Besucher aus dem Gebäude strömten. Sogar den in diesem Stück nicht thematisierten Nebenschauplatz, die Erde, hatte sie über dieses gewaltige Spektakel zumindest für diesen Moment vergessen. „Wann habe ich eigentlich…“ Sich von ihrem Platz erhebend unterbrach sie sich selbst. Dass der Alkohol seine Wirkung nicht verfehlt hatte, zeigte sich an ihrem Schwanken. „…das letzte Mal so gelacht?“ beendete ihr Begleiter den Satz. Erstaunt blickte Fighter ihn an. „Ich wusste doch, dass du es noch kannst.“ setzte Ryoku schmunzelnd fort, stand ebenso auf und bot der Frau neben ihm seinen entblößten Arm. Das Hemd mit dem hoch geschlossenen Kragen ließ alles ab den Schultern unbedeckt. Ihr Lächeln verschwand langsam. Auch wenn er wohl Recht hatte und sie sich tatsächlich nicht daran erinnern konnte, wann sie das letzte Mal mit ganzem Herzen gelacht hatte, so gab sie ihm noch nicht das Recht, so mit ihr zu sprechen. Gekonnt ignorierte sie seine höfliche Geste und Schritt an ihm vorbei. „Das solltest du dir aber nicht auf deine Rechnung schreiben, Ryoku.“ entgegnete sie dabei spitz. Doch der zurückgelassene Mann lächelte nur versöhnlich und strich sich durch die kurzen, aschblonden Haare während er sich hinter sie setzte. „Sho-, Fighter.“ rief er. „Trotzdem musst du mit mir tanzen. Weil du das Kleid nicht trägst.“ Ihre rechte Augenbraue hob sich. Er konnte es einfach nicht lassen. Unter normalen Umständen hätte sie ihn ohne Umschweife in die sieben Höllen befördert, heute jedoch fiel es ihr leichter eine Ausnahme zu machen. Warum sollte sie eigentlich nicht, es sprach nichts dagegen. Ihr Stillschweigen musste Ryoku wohl als Zustimmung aufgefasst haben, denn irgendwann griff er im Gewühl bestimmt ihren Arm und führte sie auf den mächtigen Vorplatz des Gebäudes. Ein rauschendes Fest war gerade dabei zu beginnen. „Na?“ Ryoku blieb stehen machte eine einladende Geste, die das Spektakel vor ihnen einschloss. Doch Fighter sah sich nur in der Lage dazu, die abertausenden, bunten Lichter und Laternen zu bestaunen, die hoch über ihnen den Platz erleuchteten. Sogar ein Papierdrache schwebte über ihnen. Sie fühlte bei diesem Anblick plötzlich, wie sich ihr Herz zusammenzog, so als ob es von einer namenlosen Sehnsucht erfasst worden war. Ob der Alkohol diesen Eindruck nur verstärkte, oder ob er ihn gar auslöste, konnte sie nicht benennen. Und ehe sie sich versah, wurde sie von Ryoku, dem Fest und den Menschenmassen in die Nacht mitgerissen. Eine ganze Weile später wusste Fighter nicht mehr, wie viel Zeit vergangen war, als sich die immer kleineren Trauben von Besuchern schließlich vollends aufzulösen begannen. Barfuß, lachend, mit den Schuhen in den Händen und recht betrunken schlenderte sie durch die Straßen Tankeis. Neben ihr der ebenso barfüßige Ryoku, der all seine Mühen hatte, sich ob seines nicht mehr ganz nüchternen Zustandes gleichzeitig auf den Beinen zu halten und dabei auf seine Begleitung zu achten. „Hat dir gefallen, stimmt’s?“ Ryoku versuchte hörbar nicht zu nuscheln, seine Stimme verriet ihn jedoch dabei. „Mhm.“ bejahte die Gefragte und musste an die vielen Menschen denken, die sich berauscht der Musik und dem Tanz hingegeben hatten. Es war ganz so, als hätten sie sich die Trauergewänder der vergangenen Jahre abgestreift, um sich endlich wieder lebendig zu fühlen. Vielleicht war auch sie aus diesem Grund hier. „Danke.“ fuhr sie fort und sah Ryoku an. „Es war mir eine Ehre.“ erwiderte dieser sanft und nahm behutsam ihre Hand, die sie das erste Mal seit all der Zeit nicht von sich stieß. Sie blieben mit einem Mal mitten auf der Straße stehen. „Darf ich dich noch begleiten?“ Tief blickte er in ihre blauen Augen, schien gar etwas in ihnen zu suchen und Fighter spürte, dass plötzlich etwas Unausgesprochenes in der Luft lag. „Begleite mich.“ antwortete sie nach einer stillschweigenden Ewigkeit, ehe sie sich nach einem geeigneten Gefährt umsahen, das sie zum Palast bringen würde. Der aschblonde Mann fiel ehrerbietend auf ein Knie und senkte demütig sein Haupt, bevor er seine Prinzessin ersah, die in locker fallenden Gewändern vor einem der Fenster ihrer Gemächer stand und bis zu dieser Minute noch die sternenklare Nacht beobachtet hatte. Sie lächelte fröhlich und trat auf den Ankömmling zu. „Es tut mir leid, dass ich so spät noch nach dir schicken ließ, Watcher.“ Der Angesprochene nahm die ihm dargebotene Hand, hauchte dieser einen Kuss auf und erhob sich. Sein zu einem langen Zopf gebundenes Haar schimmerte im Schein der Kristalle an den Wänden beinahe golden. „Darf ich den Grund erfahren, Prinzessin?“ „Natürlich.“ Sie unterdrückte ein Kichern und trat zum Fenster zurück. Der junge Mann wirkte anlässlich der ungewohnt überschwänglichen Laune seiner Herrin eher irritiert. „Ich habe Nachricht aus dem Tempel erhalten. Sie sind nun auch dort mit den Arbeiten fertig.“ Watchers Gesicht erhellte sich. „Das heißt-„ „Das heißt, dass nun Alles überstanden ist. Somit ist auch das Letzte der großen Bauwerke wieder in Stand gesetzt.“ Kakyuu faltete ihre Hände und legte sie in einer betenden Geste vor ihren Mund. Überglücklich kniff sie die Augen dabei zusammen. Auch der Mann in der langen, weißen Robe lachte. „So kann das Fest beginnen, Prinzessin?“ „Ja. So soll es beginnen. Ich möchte, dass du und dein Bruder euch um alles Weitere kümmert. Sendet die Botschaft hinaus in die Galaxien und ladet sie alle ein. Ich möchte, dass jeder sieht, wie viel Wunderbares hier geschehen ist. Ich möchte ein Fest, das im ganzen Königreich nie wieder vergessen sein wird.“ Der junge Mann schien zu überlegen. „Alle, Herrin?“ Kakyuu lächelte strahlend. „Ja, alle!“ In diesem Moment fiel ihr wieder etwas ein. „Ach, ich muss dich um noch einen Gefallen bitten, Watcher.“ Ihre Stimme klang verschwörerisch. „Jeden.“ „Bitte halte vor deinen Schwestern so lange wie möglich geheim, dass wir sicherlich auch Besuch von der Erde erwarten. Ich möchte, dass es eine Überraschung für die Drei wird.“ „Selbstverständlich, Prinzessin. Meine Lippen sind versiegelt.“ antwortete der Mann und verbeugte sich tief. „Dann beginnt so schnell wie möglich. Ich kann es kaum erwarten, ihre glücklichen Gesichter zu sehen.“ Die Prinzessin kicherte – ein wirklich seltener Anblick, den Watcher erleichtert zur Kenntnis nahm. „Natürlich. Verlasst euch auf uns.“ Er verabschiedete sich und tat eine weitere Verbeugung, bis er den Raum, als auch den größten Pagodenturm verließ und durch die weitläufigen Korridore des inneren Sterns schritt. Wo blieb eigentlich sein nichtsnutziger Bruder? Eigentlich hätte er gerade neben ihm stehen müssen. Wie gerufen tauchte er kurz darauf hinter einer Abzweigung, die zum äußeren Teil der Anlage führte, aus dem Nichts auf und hätte beinahe den kleineren Mann von den Füßen gerissen. „Idiot.“ entfuhr es Watcher, nachdem er gerade noch rechtzeitig ausgewichen war. „Verzeih.“ entgegnete der Größere. Auch er trug ähnliche Gewänder wie sein Gegenüber, sogar sein Zopf mit den rabenschwarzen Haaren war in identischer Weise gebunden. „Etwas Ernstes?“ fragte er, während sich beide wieder in die Richtung wendeten, aus der der Blonde erst gekommen war. Der Gefragte nickte, lächelte aber. „Alle Arbeiten sind fast beendet. Der letzte der Tempel hat seinen Bericht abgegeben und verlauten lassen, dass sie jetzt mit den Baumaßnahmen fertig sind.“ „So. Und das zu dieser Stunde? Ich war gar nicht im Palast.“ „Erklärt wohl auch Dein Nichterscheinen.“ sagte Watcher spitz. Wenn er sich seinen älteren Bruder genauer betrachtete, konnte man ihm genau ansehen, wo er in dieser Nacht wieder gelegen haben musste. „Du weißt doch, wie viel Kakyuu an unserer Heimat liegt. Sie konnte wohl nicht warten.“ „Und man darf annehmen, dass sie uns den Rest der Sache überlässt?“ Die dunkle Stimme des großen Mannes hallte in den Gängen. „Richtig. Kümmere du dich um die Einladungen, ich mache den Rest.“ Stumm nickte der Schwarzhaarige, als er plötzlich eine Hand auf die Schulter des anderen legte und ihm bedeutete, stehen zu bleiben. Angestrengt blickte er dabei in das Halbdunkel eines weiter entfernten Teils des offenen Korridorsystems und schob behutsam einen der Vorhänge zur Seite, um besser sehen zu können. „Sag mal ist das nicht Ryoku?“ murmelte er schließlich. Watcher schob seine Brauen in die Höhe und sah ebenso nach. „Um diese Zeit?“ Der Größere lachte leise. „Und er ist nicht allein. Fighter ist bei ihm.“ „Tatsächlich…“ Mit offenem Mund beobachtete Watcher seine ältere Schwester aus der Ferne dabei, wie sie ihren Turm betrat. In männlicher Begleitung. „Wer hätte das gedacht…“ schmunzelnd wendete sich der Schwarzhaarige wieder ab. Schließlich setzte der kleinere von beiden den Weg neben seinem Bruder wieder fort. „Dinge ändern sich wohl, Breaker.“ Kaum war die schwere Holztür hinter ihnen zugefallen und sie in die nur schwach erleuchtete Halle getreten, packte Ryoku die schwarzhaarige Frau wortlos bei ihren Armen, um sie mit Nachdruck zu sich herumzudrehen. Sein Griff lockerte sich nicht während er ihre Blicke suchte. „Shoka…“ flüsterte er leise. Der Angesprochenen war schwindelig, aber mit geschlossenen Augen imstande etwas zu erwidern. „Du sollst mich nicht s-„ Ihre Worte erstickten an Ryokus Lippen, die sie zu einem sich ausweitenden Kuss einluden. Fighters rechte Hand hob sich zunächst als ob sie zu einem Schlag ausholen wollte, senkte sich kurz darauf jedoch wieder. Ryoku zog sie näher zu sich, fuhr dabei mit einer Hand ihren Rücken hinab. Anfangs steif, jetzt allerdings immer fordernder, bewegte sie ihren Mund und ihren Körper. Frei von jedem weiteren Gedanken über die Geschehnisse, suchte sie die Wärme des anderen, griff in Ryokus Haare und begann rückwärts mit ihm den Raum zu durchqueren. Fighter hatte aufgehört nachzudenken, ihre Glieder bewegten sich wie von allein. Sie wollte einfach alles vergessen, alles hinter sich lassen um nur diesen einen Moment völlig auszukosten. Etwas tun, was sie wollte – und brauchte. Ryoku löste sich von ihr und strich noch im Gehen die Träger ihrer Tunika zur Seite, welche daraufhin geräuschlos auf dem dunkelroten Teppich landete. Die Knöpfe seines Hemdes flogen weit durch den Raum, als Fighter es grob auseinanderzog. „Shoka…“ wisperte Ryoku wieder und küsste die Frau erneut, die sich mit ihm auf einer der ausladenden Sitzgelegenheiten niederließ. „Nenn mich nicht so.“ entgegnete sie heiser, ließ sich zurücksinken und stöhnte auf, als Ryokus Hände an ihr hinab fuhren. „Wie dann?“ murmelte er und küsste ihren Hals entlang. „Wie – ah – alle anderen…“ Fighter biss sich extatisch auf die Unterlippe. Ryokus Stimme war nicht viel mehr als ein Flüstern. „Nur ich als Einziger… Lass mich dich bei deinem Namen nennen.“ Es dauerte etwas, ehe sie den nächsten Kuss lösten und er eine Antwort bekam. „Nein. du nicht.“ Amüsiert lächelte er und rutschte dabei vollends über sie. „So? Wer dann?“ Seit sie sich niedergelegt hatten öffnete sie erstmals wieder die Augen. Langsam weiteten sie sich in einer schmerzhaften Erkenntnis, während Fighters Bewegungen erstarrten und ihr Atem stockte. Nur einer Person hätte sie es zweifelsohne erlaubt, sie Shoka zu nennen. Vor allem in dieser Situation ihren Namen zu rufen. Ein bittersüßer Wunsch war es, sie nach ihr rufen zu hören, doch sie vernahm nur ihr laut und schmerzlich klopfendes Herz. „…Shoka?“ Ryoku sah sie verwundert an als er bemerkte, wie die Frau unter ihm geradewegs an ihm vorbeiblickte. „Was ist?“ Langsam wendete Fighter den Kopf in sein Gesichtsfeld und fixierte den blonden Mann. Ihre sich zusammenziehenden Brauen untermalten den jetzt entsetzt wirkenden Ausdruck in ihren Augen. Ihre Hand fuhr über ihren Mund. Sekundenlang verharrte sie schweigend in dieser Position, ehe sich Ryoku langsam aufsetzte. „Shoka, was-„ sie unterbrach ihn. „Geh.“ sagte sie tonlos. Ein ungläubiger Laut entfuhr dem Mann. „Was…? Hör zu, ich-“ „Raus hier.“ Ihre Stimme erstarb zu einem bitteren Flüstern. Ryoku stand auf und betrachtete die reglos vor ihm liegende Frau. Er verstand die Welt nicht mehr. „Was soll das?“ fragte er schließlich heftiger, als er eigentlich geplant hatte. Als nach einer ganzen Weile immer noch keine Antwort kam, griff er zornig geworden sein Hemd, rückte sich noch im Lauf die Hose zurecht und verließ den Raum. Lautstark schlug die Tür zu. Nun legte sich noch Fighters zweite Hand über ihren Mund, als ihr mit einem Mal speiübel wurde. Was hatte sie getan? Sie fühlte sich wie eine Verräterin. Wie Dreck. Würgend sprang sie auf, schaffte es aber nicht mehr ganz bis auf den Balkon und übergab sich. Minutenlang hockte sie völlig zusammengesunken auf dem Boden vor der Sauerei, die sie angerichtet hatte, während ihre Blicke ins Leere glitten. Es ging nicht. Unmöglich. Egal was sie tat, wie sehr sie sich anstrengte, wie sie sich ablenkte – sie konnte sich die Trauergewänder nicht abstreifen und die Vergangenheit vergessen, als ob nie etwas geschehen war. Als ob sie niemals in ihr Leben getreten war. Wie in Trance erhob sich Fighter von dem kalten Steinboden, schritt hinüber zu ihrem Arbeitstisch und griff die hölzerne Schatulle darauf. Das Kästchen anstarrend, ließ sie sich langsam in den Stuhl sinken. Mechanisch ergriff sie eine Kette um ihren Hals und nahm sie ab. An ihr baumelte ein winziger Schlüssel, der genau in das Schloss der Truhe passte. Es klickte leise, als sich der Deckel öffnete und daraufhin eine leise Melodie erklang. Ihre traurigen, einsamen Klänge fügten sich bald in ein leises Schluchzen der Frau, die in das Innere der Spieluhr starrte. Abgerissene Eintrittskarten für einen Freizeitpark, einige Stifte, ein abgenutztes Radiergummi und ein Foto lagen obenauf. Mit zitternder Hand nahm Fighter das Bild und fuhr in einer zärtlichen Geste eine Linie darauf nach. Es zeigte sie, vielmehr Seiya und ein blondes Mädchen mit zwei langen Zöpfen, die in zwei dicken Knoten gebunden waren. Im Hintergrund des Erinnerungsfotos befand sich ein großes Riesenrad. Das strahlende Lächeln des Mädchens ließ alles um sie herum verblassen und zerbrach Fighters Herz. Ihre Schultern bebten, heiße Tränen rannen plötzlich über ihr Gesicht und ihr Mund verzog sich schmerzlich. Unaufhörlich befürchtete Fighter etwas von ihrer gemeinsamen Zeit vergessen zu können, als die Tage einer nach dem anderen ohne ihre Kostbare Gegenwart vergingen. Ihren Geruch, den Klang ihrer Stimme, ihr Leuchten. Den strahlendsten Stern, den sie je gesehen hatte. Und wenn es geschah – es gab nichts was sie dagegen tun konnte. Was sie tun dürfte. Unter einem gequälten Aufschrei wischte sie einen Stapel Papiere und einige Gegenstände vom Tisch, um schließlich mit voller Wucht ihre Faust auf die Tischplatte zu donnern. Verzweifelt und zornig starrte sie auf ihre schmerzende Hand, da rutschte ein Gegenstand in ihren Schoß. Sie griff ihn und holte bereits zu einem Wurf aus, als sie unvermittelt eine Veränderung an ihr bemerkte und den Gegenstand gleichzeitig als ihre sternförmige Brosche identifizierte. Eine kleine Ewigkeit starrte sie das handtellergroße Schmuckstück an, das sie seit langer Zeit nicht mehr angerührt hatte. Stumm stand sie auf und trat hinüber zu ihrem Spiegel. Seiya Kou blickte ihr entgegen. Seit vielen Monaten zum ersten Mal. Seine Gesichtszüge verformten sich zu einer zornigen Grimasse und unter einem erneuten, hilflosen Aufschrei zerbarst der Spiegel unter dem kommenden Schlag in tausende Splitter. Die Männergestalt sank mit nicht versiegenden Tränen in sich zusammen, die Hände dabei verkrampft vor das Gesicht geschlagen. „Odango…“ presste er mühevoll hervor und hatte das Gefühl, dass sein Herz an der Einsamkeit genauso zersprang, wie sein Spiegelbild. --------------------------------------------------------------------------------- Der Tag war also gekommen. Obwohl die Sonne noch nicht ganz untergegangen war, zeigte sich der Mond schon blass am frühen Abendhimmel. So lange hatten sie sich diesen Tag herbeigesehnt, so lange darauf gewartet – und jetzt warteten sie immer noch auf Usagi. „Das darf ja wohl nicht wahr sein!“ zeterte Rei, die ihre Freunde an diesem Tag natürlich begleitete. Ihre Abschlussfeier würde erst in ein paar Tagen stattfinden und doch ereiferte sie sich jetzt gerade so, als ob es ihre wäre. „Beruhige dich, sie wird sicher gleich kommen.“ beschwichtigte Ami, doch die Schwarzhaarige ließ sich nicht beirren. Ihr hübsches, rotes Kleid wippte im Takt ihrer wilden Gestik. „Ich werde ihr die Ohren langziehen!“ Nun fiel auch Makoto ein. „Usagi hat sich doch so lange darauf gefreut, endlich ihr Kleid tragen zu können, Rei.“ „Selbst wenn! Sie hat sich doch sicherlich schon zig Male auf dem Weg hierher auf die Nase gelegt und es ruiniert.“ Die Besucher, die an ihnen vorbeitraten warfen der Gruppe verwunderte Blicke zu. „Rei…“ Ami lächelte versöhnend. Da kehrte Minako in das Sichtfeld der drei vor der Schule stehenden Mädchen zurück. Im Schlepptau zog sie tatsächlich Usagi hinter sich her, die mit sichtlich verquollenen Augen gewaltig darauf achten musste, auf ihren Hohen Absätzen nicht zu stolpern. „Minako!“ rief Makoto erstaunt. „Wie hast Du dieses Wunder vollbracht?“ „Tadaa! Meine Kontakte sind doch fast so gut, wie die der DNA.“ rief das blonde Mädchen und schob die mitgebrachte Freundin vor sich. „Es heißt…“ setzte Ami korrigierend an, wurde aber von Rei barsch unterbrochen. „Wo bist du gewesen? Musst du ausgerechnet an deinem letzten Tag zu spät kommen?!“ herrschte sie Usagi an, die anstatt etwas zu erwidern nur traurig zu Boden blickte. Sofort taten Rei ihre Worte wieder leid, denn als sie das niedergeschlagene Gesicht des blonden Mädchens vor ihr erspähte, wusste sie dass etwas nicht in Ordnung war. Fragend sah sie Minako an. Diese seufzte mitfühlend. „Mamoru wird heute nicht bei ihr sein können.“ „Oh, Usagi-chan.“ Minako trat vor und nahm das stumme Mädchen in den Arm. Rei streichelte ihr über den Kopf. „Tut mir leid.“ „Schon gut.“ Endlich hatte Usagi die Kraft gefunden, sich zusammen zu reißen und löste sich dankbar aus dem Griff. Leise schluchzend wischte sie sich eine Träne von der Wange. „War es die Klinik?“ fragte nun auch die besorgte Ami, die ein stummes Nicken ihrer Freundin als Antwort erhielt. Es war wohl ein Notfall gewesen, weswegen sie ihn an seinem freien Tag doch noch in die Klinik geholt hatten. Usagi hatte so darauf gehofft, dass er zeitig genug zurück wäre, aber ihre Hoffnung hatte sich dann mit dem Anruf vor einer knappen Stunde endgültig zerschlagen. Es hatte wohl einen Massenunfall auf der Autobahn gegeben. Sie hatte größtes Verständnis für das Studium und die Arbeit ihres Freundes und sie hatte von Anfang an ihr Bestes gegeben, um seinen Ambitionen in keinster Weise im Weg zu stehen. Nur heute; heute konnte sie nicht anders. „Wo sind denn deine Eltern, Usagi?“ fragte Rei. „Sie kommen doch, oder nicht?“ Die Angesprochene nickte. „Sie suchen noch einen Parkplatz, ich hatte ihr Auto abgepasst.“ Minako nahm Usagi bei den Schultern und drehte sie zu sich herum. „So, Usagi-chan. Jetzt werden wir dich ein bisschen frisch machen und alle zusammen den Abschluss der bis jetzt schönsten Zeit unseres Lebens feiern, ja?“ aufmunternd griff auch Ami die Hand ihrer Freundin. Nach kurzer Zeit stahl sich schließlich doch ein Lächeln auf Usagis Lippen. Sie konnte glücklich sein, solche Freunde gefunden zu haben und heute Abend bei ihnen zu sein. „Ja. Verzeiht mir.“ Gemeinsam betraten die Mädchen das Schulgebäude und verschanzten sich zunächst auf der Mädchentoilette. Nach kaum einer Viertelstunde präsentierten Minako und Rei ihnen eine gleich um Längen frischer und fröhlicher wirkende Usagi, die in ihrem rein weißen, bodenlangen Kleid und mit den halb hoch gesteckten Haaren einfach hinreißend aussah. „Ihr seid unglaublich! Danke! Vielen Dank.“ Das blonde Mädchen war den Tränen wieder nahe und Rei versuchte einzulenken. „Nicht, du verschmierst die Schminke!“ Makoto bot ihr zudem einen Arm. „Und wenn du möchtest, dann tanzen wir die ganze Nacht mit dir. Was hältst du davon?“ Jetzt lächelte die zierlichste von allen schon fast wieder fröhlich und hakte sich ein. „Au ja!“ Auf dem Weg in die große, festlich geschmückte Halle, drückte man jedem von ihnen eine rote Rose in die Hand, die mit einer Schleife versehen war. „Dank eurer Hilfe konnte die Garten AG unserer Abschlussklasse das möglich machen.“ erklärte Makoto indes feierlich. „Das ist also euer Special?“ fragte Rei und steckte sich, wie viele andere hier, die Blume ins Haar. Besorgt tat Makoto einen Seitenblick auf Usagi, die sich jedoch nichts anmerken ließ und fuhr schließlich fort. „Genau. Es ist für die Tänze heute Abend gedacht. Nur die Mädchen haben eine bekommen und können später ihren Wunschpartner damit auffordern.“ „Ah.“ machte Rei und sah sich neugierig im menschengefüllten Saal um, in den sie soeben geschritten waren. Man hatte den Raum um dekoriert und Tische mit Stühlen in einen Teil des Raumes gebracht. Der andere Teil konnte wohl später zum Tanzen genutzt werden. Eine AG der baldigen Schulabgänger führte bereits Bühnenprogramm auf, während das Buffet heiß umkämpft wurde. „Minako!“ Aus der Menge löste sich eine Mitschülerin, die sich für die Organisation des heutigen Abends bereit erklärt hatte. Sie wirkte etwas gehetzt, aber dennoch erleichtert, als sie auf die Gruppe zutrat. „Da bist du ja. Ich hatte schon befürchtet, dass du nicht mehr kommst.“ „Ah, Nanami. Entschuldige bitte aber ich musste dringend noch meine Eltern zum Flughafen bringen.“ log Minako gekonnt. „Keine Sorge, ich verpasse meinen Einsatz schon nicht. Ich bleibe hier.“ Auch Minako hatte gemeinsam mit der Musik- und Theater-AG etwas vorbereitet. „Wunderbar!“ lachte das brünette Mädchen und wendete sich zum Gehen. „Wir sehen uns dann später!“ Ami ergriff als Erste das Wort. „Ich freue mich schon auf deine Lieder, Minako!“ Doch die junge Frau mit der markanten Singstimme lächelte nur gequält. „Na, wir werden sehen. Lasst uns zuerst das Buffet plündern. Komm, Usagi-chan!“ Zusammen mischten sie sich unter die Leute, in denen sie später auch Usagis Familie wieder fanden, die sich hervorragend mit alten Bekannten amüsierten. Nachdem ihr Magen gefüllt und auch ein Sitzplatz ergattert war, konnte zunächst der gemütliche Teil des Abends für die Mädchengruppe beginnen. Man lauschte flammenden Reden, selbstkreierten Gedichten zu diesem denkwürdigen Tag, verfolgte spannende Showeinlagen ihrer Lehrer, die Zeugnisvergabe und die Ehrung der besten Schüler. Ami erhielt – natürlich als Erstgekürte - sogar eine kleine Statue mit Gravur, die sie stolz und unter tobendem Applaus gegen das Licht der Scheinwerfer in die Höhe hielt. Ihre andere Hand umklammerte fest das so hart erarbeitete Stipendium. Usagi versuchte bei der Zeugnisvergabe möglichst wenig aufzufallen, stolperte beim Verlassen der Bühne jedoch über ein unsauber verlegtes Kabel und riss gleich zwei Mitschüler mit sich von der Treppe. Die Anwesenden johlten und die peinlich berührte Usagi zog es lieber vor, schnell wieder zurück zu ihrem Platz zu gehen. Natürlich erntete sie für ihren wohl letzten Clou den freundlichen Spott ihrer Freundinnen, den sie ihnen aber herzlichst gönnte. Irgendwann entschuldigte sich Minako und verließ die Gruppe. „Sie muss sich bestimmt vorbereiten.“ raunte Usagi vorfreudig und erhielt das zustimmende Nicken der anderen. In diesem Moment trat die Schülersprecherin auf die Bühne und verschaffte sich Gehör. „Meine lieben Gäste, Lehrer, Eltern, Geschwister und natürlich auch liebe Schüler.“ Ein Jubel kam auf. „Ich danke euch allen, dass wir heute diesen Abend gemeinsam miteinander verbringen und feiern können. Wir alle haben viel Zeit und Energie in die Vorbereitung und Umsetzung dieser Feier investiert und möchten euch natürlich unser kleines Special nicht vorenthalten.“ Erneut antwortete ihr die Menge mit Begeisterung. „Alle weiblichen Besucher haben am Eingang eine Rose erhalten – wenn nicht dann holt euch schnell eine!“ Tatsächlich standen einige Personen auf und gingen zur Tür. „Da bald zum Tanz aufgerufen wird, möchten wir euch bitten, die Rose jetzt dem Tanzpartner eurer Wahl zu geben.“ Der Saal wurde schnell sehr lebendig, nur die Mädchen um Usagi blieben entschlossen sitzen. Die hatte den Braten aber sofort gerochen und wehrte ab. Auch wenn sie bis heute geglaubt hatte, Mamoru ihre Rose geben zu können, war das noch kein Grund wenigstens ihren Freundinnen nicht beim Tanzen zuzusehen. „Bitte bleibt wegen mir jetzt nicht hier!“ sagte sie beinahe flehend zu den anderen, noch bevor eine von ihnen auf die Idee kommen konnte, ihr eine Rose zu geben. „Aber, Usagi…“ begann Makoto, wurde aber bestimmt von ihr unterbrochen. „Kein aber; los geht und amüsiert euch. Es ist ja schließlich auch eure Feier.“ Stumme Blicke. „Na los! Bevor ich es mir anders überlege!“ Usagi lächelte. „Mir geht es gut, ehrlich. Außerdem hab ich mir eine Blase gelaufen…“ flunkerte sie. „Wenn du aber nicht alleine sein möchtest…“ „Dann rufe ich, Makoto. Viel Spaß!“ Usagi machte Handbewegungen, als ob sie gerade Hühner verscheuchen wollte. Letztendlich konnte sie ihre Freundinnen erleichtert dabei beobachten, wie sie ihre Blumen unter die Menge brachten. Kurz darauf stand auch schon wieder die Schülersprecherin auf der Bühne und eröffnete ganz offiziell den Tanz. Usagis Blicke wurden währenddessen jedoch an den Rand der Bühne gelenkt, wo sie Minako wild gestikulierend mit zwei weiteren Mädchen entdeckte, die sie am Ende unvermittelt grob unter den letzten Worten der Schülersprecherin auf die Bühne schoben. Stirnrunzelnd sah sie dem Schauspiel zu – hatte Minako etwa Lampenfieber? „Und nun das Eröffnungslied! Live gesungen von….“ Und als die ersten Töne aus den großen Lautsprechern drangen, wusste Usagi, weshalb Minako wohl versucht hatte, ihren Auftritt abzuwenden. Völlig deplatziert stand Minako nun vor dem mittigen der drei Mikrofone auf der Bühne und schluckte hart. Ihre Kehle fühlte sich trocken an, als der Chor vom Band die ersten Töne sang, sie in den Saal blickte und hoffte, dass Usagi einfach nicht anwesend war. Es tat ihr so schrecklich leid. „Minako, bitte!“ flüsterte das Mädchen neben ihr beschwörend. Doch sie antwortete nicht. Sie konnte jetzt unmöglich einfach von der Bühne verschwinden. Ihr Einsatz rückte näher und schließlich trat sie gemeinsam mit den anderen beiden vor. Ihre Knie zitterten „Kimi wa itsumo kagayaite ta, egao hitotsu chiisana hoshi…“ Usagis Herz klopfte ihr plötzlich völlig unvermittelt bis zum Hals. Sie war aufgesprungen, noch bevor sie die ersten Worte aus Minakos Mund vernommen hatte. Sofort wurde sie von einer längst verdrängten, aber mit diesen Worten so eng verknüpften Erinnerung konfrontiert. „Schau mal! Sind die Sterne nicht wunderschön?“ staunend blickte Usagi hinauf in den Nachthimmel. Sie hatte schon lange keine so klare Sicht mehr auf das Lichtermeer über ihnen gehabt. „Jedes Lebewesen in diesem Universum trägt den hellen Glanz eines Sternes in sich.“ Sagte Seiya statt ihr eine Antwort zu geben. Sie blickte ihn verwundert an. „Den Glanz eines Sternes?“ „Das besagt eine Legende aus einem fernen Land. Ein Stern für jeden. Auch für Dich und mich, Odango.“ Usagi war erstaunt. Auch sie kannte eine ähnliche Legende, nur hatte die einen völlig anderen Hintergrund. „Die Ausstrahlung eines Menschen ist so stark wie sein Stern leuchtet.“ Führte Seiya nun weiter fort, während er sie lächelnd dabei ansah. „Und Dein Stern leuchtet ganz besonders hell.“ Mit einem Mal fühlte sich Usagi verlassen. Sie fühlte sich mutterseelenallein inmitten all der fröhlichen, feiernden und tanzenden Menschen, deren Gefühle sie nicht zu teilen imstande war. Tränen stiegen ihr unaufhaltsam in die Augen, liefen ihre Wangen hinab, während sich die Schultern des Mädchens verkrampften. Warum war niemand bei ihr, warum hielt niemand ihre Hand? Sie schluchzte laut auf. Warum – ja, warum konnte sie nicht einfach glücklich sein? Ein Teil ihrer hochgesteckten Haare löste sich und fiel herab, als sie sich ruckartig umdrehte und durch den Seiteneingang aus dem Saal ins Freie stürzte. Sie ertrug diese sanften Worte nicht, die nicht ihr galten, konnte nicht aushalten, dieses Lied nicht aus seiner Kehle zu hören. Ziellos lief sie im Garten umher, bis sie sich auf eine Bank warf und ihrem Kummer freien Lauf ließ. Ihre Brust schmerzte und ihre Schultern flogen von Tränen geschüttelt auf und ab. Innerlich schalt sie sich selbst für ihre kindischen Gedanken. Was war sie nur für ein Dummkopf? So viel Zeit war vergangen und sie konnte sich noch immer nicht an den Lauf der Dinge gewöhnen. Sie vermisste ihn. Erst jetzt bemerkte sie, dass ihr die Rose aus dem Haar gerutscht und auf den Boden gefallen war. Traurig lächelte sie, als sie sich daran erinnerte, dass Seiya stets eine rote Rose bei sich getragen hatte. Langsam glitt ihre Hand in die kleine Umhängetasche an ihrer Seite und zog einen winzigen Glasbehälter hervor. Vorsichtig öffnete sie ihn und schüttete getrocknete Rosenblätter in ihre Handfläche. Behutsam strich sie über sie und schloss die Augen. Da löste sich lautlos eine Sternschnuppe vom Firmament. „Habt ihr Usagi gesehen?“ fragte Makoto ihre Freundinnen besorgt, nachdem sie beschlossen hatte, das Tanzen für heute gut sein zu lassen. Ami, Minako und Rei verneinten. „Ich fürchte, dass sie nach Hause gegangen ist. Wahrscheinlich kann ich ihr nie wieder unter die Augen treten.“ erwiderte Minako niedergeschlagen. „Das glaube ich kaum.“ Eine ihnen bekannte Stimme drang an ihr Ohr. „Haruka! Michiru!“ rief Ami erfreut. „Hallo.“ Haruka lächelte knapp und sah sich ebenso wie die hinter ihr auftauchende Michiru suchend um. „Schön, dass ihr hier seid. Aber sagt mal, ist etwas passiert?“ Minako runzelte die Stirn. „Wir hoffen nicht.“ entgegnete Michiru. „Ihr hofft?“ Besorgt blickte Rei in die Runde. „Eigentlich wollten wir euch nur gratulieren, aber mich beschleicht seit einiger Zeit ein merkwürdiges Gefühl.“ Michiru senkte besorgt die Brauen. „Können wir irgendwo ungestörter sprechen?“ „Äh, ja. Draußen. Kommt mit.“ Minako führte die Gruppe zur Tür. Langsam hatte sich Usagi wieder beruhigt. Ihre Tränen waren beinahe versiegt und auch das Atmen fiel ihr wieder leichter. Vielleicht sollte sie hinein gehen, die anderen machten sich sicher schon Sorgen. So wie sie zudem auf der Bank saß, würde sie sich außerdem bald den Tod holen. Plötzlich legte sich eine Hand auf ihre. Die Geste fühlte sich vertraut an, etwa so wie der Ton einer erklingenden Stimme. „Tränen stehen euch nicht, Prinzessin.“ Usagis Augen flogen auf. Ein Mann hatte sich über sie gebeugt und im Licht des Mondes fielen seine zu einem einfachen Zopf gebundenen, seidig schimmernden, langen, schwarzen Haare über seine Schultern. Ungläubig starrte sie die Person über ihr an, erkannte ob des sich hinter ihm erhebenden, hellen Mondes jedoch keine Details. Konnte es tatsächlich…? „Seiya…?“ stammelte sie, während ihr Herz wie wild gegen ihren Brustkorb trommelte. Der Mann lachte leise. „Darf ich euch zum Tanz bitten?“ sanft ergriff er Usagi und hob sie in seine Arme, ehe er in die Richtung des Saals schritt. „Was genau meinst Du, Michiru?“ fragte Rei nervös, als sie an die freie Luft traten. Nachdenklich antwortete die Angesprochene. „Das Meer reflektierte das Licht eines neuen Sterns, den ich aber nicht finden konnte.“ „Ein neuer Stern?“ Makoto verstand nicht ganz. „Du meinst einen Besucher?“ „Nein, vielmehr…“ Als die Gruppe um die Ecke des Gebäudes schritt, offenbarte sich ihnen der Anblick eines hoch gewachsenen, in weiß gekleideten Mannes, der eine junge Frau in ebenso weißem Kleid auf den Armen in ihre Richtung trug. Sofort bedeute Haruka den anderen hinter ihr stehen zu bleiben und nahm eine Kampfhaltung ein. Ihr Griff ging in ihre Tasche. „… vielmehr ein Eindringling.“ beendete Haruka ihren Satz mit feindseligem Unterton in der Stimme. Der Angesprochene verharrte und betrachtete die Szene, während Usagi in seinem Arm die Situation nicht ganz verstand. „Ist das nicht…“ Rei trat an Harukas Seite. „Seiya?“ flüsterte sie. „Nein, keinesfalls.“ antwortete Michiru bestimmt, die sich nun ebenfalls positioniert hatte, um den Fremden zu beäugen. „Sein Licht hätte ich erkannt. Aber doch ist es ähnlich.“ „Gib die Prinzessin frei.“ rief Haruka fordernd. Der fremde Mann sah Usagi lächelnd an. „Verzeiht mir Prinzessin, aber ich fürchte wir müssen unseren Tanz verschieben.“ Sanft setzte er sie vor sich ab. Noch immer verwirrt blickte sie zu dem Mann auf, der sie so sehr an Seiya erinnerte. „Komm hier her, Usagi!“ rief Michiru, doch die reagierte nicht darauf. Noch immer war sie gefesselt von dieser Begegnung. „Ich sehe ihr ähnlich, nicht wahr?“ fragte er sie schließlich. Usagi nickte zögernd. Er war groß und muskulös, aber sein Gesicht erschien androgyn. „Usagi!“ schnappte jetzt auch Rei. Der Fremde blickte auf und musterte die Anwesenden eindringlich. Endlich erhob er seine Stimme. „Ich bin nicht gekommen, um eurer Prinzessin Leid zuzufügen. Ich bin vielmehr hier…“ seine Hand schob sich unter seinen Mantel. Argwöhnisch beobachtete Haruka, dass er glücklicherweise nur einen Brief aus seiner Innentasche zog. „… um eine Einladung auszusprechen.“ beendete der Fremde seinen Satz und verbeugte sich mit einem Mal sehr tief vor Usagi. „Mein Name ist Ikioki Kou. Im Auftrag der Prinzessin Kinmokus möchte ich euch dies überreichen und die besten Wünsche überbringen.“ Nun völlig perplex nahm Usagi den ihr dargebotenen Brief entgegen. --------------------------------------------------------------------------------- So – puh! Ich hoffe, es ist nicht zu lang geworden. Jetzt ist es auch raus: Unseren drei Starlights habe ich dreister weise zwei Brüder angedichtet, die hier erstmals als Breaker und Watcher auftreten. Aber auch sie haben ja noch richtige Namen. (s.o.) Ikioki bedeutet übrigens so viel wie Kraft oder Macht. Somit sind es fünf, tja und das eigentlich nur, weil mir der fünfstrahlige Stern für den Palast so gefiel. Ich stelle mir vor, dass in jedem dieser fünf Türme einer von ihnen seine Räumlichkeiten besitzt. Und in der Mitte die Prinzessin – ist doch eigentlich romantisch… :-P Da ich Seiya jetzt genug gequält habe (sorry dafür! ^^“), wird es im nächsten Kapitel wohl ganz schön anders werden. ;-) Vielen Dank, falls ihr es bis hierhin geschafft habt! *wink* Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)